Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden auf
dem Gebiet des Asyls zuständig und entscheidet über diese in der Regel - wie auch vorliegend
- endgültig (vgl. Art. 83 Bst d Ziff. 1 BGG). Die Beschwerdeführenden sind zur Beschwerdeführung
legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten
(Art. 108 Abs. 3 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art.
37 VGG und Art. 6 AsylG).
2.
Mit
Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des
Ermessens) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren
das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung
der Begehren gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt des Entscheids
(BGE 139 II 534 E. 5.4.1; BVGE 2014/1 E. 2).
3.
Dieses
Urteil ergeht gestützt auf Art. 25 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) i.V.m. Art. 32 Abs. 3bis
des Geschäftsreglements vom 17. April 2008 für das Bundesverwaltungsgericht (VGR, SR 173.320.1).
4.
4.1 Die
Beschwerdeführenden monieren, die Vorinstanz sei seit Erlass des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts
F-33/2020 am 10. Januar 2020 bis zum Ersuchen der italienischen Behörden um Zusicherungen bezüglich
Unterkunft am 18. September 2020 untätig geblieben. Aus den Akten seien keine Gründe ersichtlich,
die eine derartige Verzögerung rechtfertigen würden. Folglich sei das Verbot der Rechtsverzögerung
nach Art. 29 Abs. 1 BV (SR 101) verletzt.
4.2 Das
Verbot der Rechtsverzögerung ergibt sich aus Art. 29 Abs. 1 BV. Danach hat jede Person Anspruch
auf eine Beurteilung ihrer Sache innert angemessener Frist (sog. Beschleunigungsgebot). Von einer Rechtsverzögerung
ist auszugehen, wenn behördliches Handeln zwar nicht (wie bei einer Rechtsverweigerung) grundsätzlich
infrage steht, aber die Behörde nicht binnen gesetzlicher oder - falls eine solche fehlt -
angemessener Frist handelt und für das "Verschleppen" keine objektive Rechtfertigung vorliegt
(BGE 144 II 486 E. 3.2; 130 I 312 E. 5; Müller/Bieri,
in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum VwVG, 2. Aufl. 2019, Art. 46a
N. 16). Wird gegen den mittlerweile ergangenen Akt beschwerdemässig ins Feld geführt, die Behörde
habe diesen hinausgezögert, handelt es sich nicht um eine Rechtsverzögerung. Nach der Lehre
wird hier im Rahmen einer allgemeinen Verwaltungsbeschwerde geltend gemacht, die Behörde habe im
Verfahren auf Erlass der konkreten Verfügung bestimmte Verfahrensregeln (z.B. Behandlungsfristen)
missachtet. Eine solche Rüge wird nur dann materiell behandelt, wenn noch ein schutzwürdiges
Interesse an der Feststellung der Verzögerung besteht (Müller/Bieri,
a.a.O., Art. 46a N. 24).
4.3 Die
Vorinstanz ist mit Verfügung vom 4. Dezember 2020 auf das Asylgesuch der Beschwerdeführenden
nicht eingetreten und hat deren Wegweisung angeordnet. Das vorinstanzliche Verfahren wurde damit mit
einer anfechtbaren Verfügung abgeschlossen. Die Rüge der Rechtsverzögerung erweist sich
zum heutigen Zeitpunkt als obsolet, womit kein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung einer
Verzögerung besteht.
5.
5.1 Auf
Asylgesuche wird in der Regel nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können,
der für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig
ist (Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG). In diesem Fall verfügt das SEM in der Regel die Wegweisung
aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an (Art. 44 AsylG).
5.2 Gemäss
Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der
nach den Kriterien des Kapitels III (Art. 8-15 Dublin-III-VO) als zuständiger Staat bestimmt
wird (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen
Mitgliedstaates wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Asylantrag gestellt wird
(Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO). Im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens (Art. 23-25 Dublin-III-VO)
findet grundsätzlich keine (neue) Zuständigkeitsprüfung nach Kapitel III Dublin-III-VO
mehr statt (vgl. zum Ganzen BVGE 2017 VI/5 E. 6.2 und 8.2.1).
Die italienischen Behörden stimmten dem Übernahmeersuchen der Vor-instanz innert der in
Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO festgelegten Frist zu. Die Zuständigkeit Italiens ist somit grundsätzlich
gegeben.
5.3 Erweist
es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat
zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren
und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen
aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels
4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende
Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein
anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäss
diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten
Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit
prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO).
5.4 Abweichend
von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO kann jeder Mitgliedstaat beschliessen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen
oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den
in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Art.
17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO). Dieses sogenannte Selbsteintrittsrecht wird durch Art. 29a
Abs. 3 der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311) konkretisiert. Gemäss
dieser Bestimmung kann das SEM das Asylgesuch aus humanitären Gründen auch dann behandeln,
wenn dafür gemäss Dublin-III-VO ein anderer Staat zuständig wäre. Liegen individuelle
völkerrechtliche Überstellungshindernisse vor, ist der Selbsteintritt zwingend (BVGE 2015/9
E. 8.2.1).
6.
6.1 Die
Beschwerdeführenden rügen, die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Italien gemäss
Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO habe mit der Verfügung vom 19. Dezember 2019 zu laufen begonnen
und sei mittlerweile abgelaufen. Folglich habe ein Zuständigkeitsübergang auf die Schweiz stattgefunden.
Schliesslich könne es nicht sein, dass die Überstellungsfrist mit einer Beschwerde immer wieder
unterbrochen werde und nach einem Rückweisungsentscheid und Erlass einer neuen Verfügung erneut
zu laufen beginne. Dadurch könnten Verfahren unverhältnismässig verlängert werden,
was dem Charakter des Dublin-Verfahrens als beschleunigtes Verfahren zuwiderlaufe.
6.2 Vorab
ist festzuhalten, dass die Bestimmungen zur Überstellungsfrist in der Dublin-III-VO "self-executing"-Charakter
haben (BVGE 2015/19 E. 4.5), weshalb sich die Beschwerdeführenden darauf berufen können.
6.3 Die
Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Bst. c oder
d Dublin-III-VO (Drittstaatsangehörige, die ihren Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen
oder nach abgelehntem Antrag einen neuen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt haben) aus dem
ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäss den innerstaatlichen
Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald
dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der
Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen
Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese gemäss Art. 27
Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO).
Der Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung ist unter schweizerischem Recht die Beschwerde
gemäss Art. 107a AsylG. Die Beschwerde hat von Gesetzes
wegen keine aufschiebende Wirkung (Art. 107a Abs. 1
AsylG). Auf Antrag hin kann das Gericht die aufschiebende Wirkung gewähren (Art. 107a
Abs. 2 und 3 AsylG). Demnach kommt es nur zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist im
Sinne von Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gerichtlich
zuerkannt worden ist. Wird der entsprechende Antrag in einer Zwischenverfügung abgelehnt oder gegenstandslos
durch einen direkten Beschwerdeentscheid, so wird die Überstellungsfrist nicht unterbrochen. Die
Aussetzung des Vollzugs gestützt auf Art. 56 VwVG bis zum Eintreffen der Akten hat keine unterbrechende
Wirkung. Wird allerdings die Vollzugsaussetzung in einer Zwischenverfügung nicht aufgehoben, kommt
dies faktisch einer Gewährung der aufschiebenden Wirkung während des ganzen Beschwerdeverfahrens
gleich. In einem solchen Fall erfolgt eine Unterbrechung der Frist, und die Überstellungsfrist beginnt
mit der endgültigen Entscheidung über die Beschwerde neu zu laufen (BVGE 2015/19 E. 5.4; Urteil
des BVGer D-1980/2019 vom 13. Juni 2019 E. 4).
Ein Rückweisungsentscheid im Dublin-Verfahren ist zwar ein Endentscheid im Sinne von Art. 61
VwVG, der das Verfahren vor der Beschwerdeinstanz abschliesst, aber es handelt sich dabei nicht um eine
endgültige Entscheidung über die Zuständigkeitsfrage. Die Dauer des Rückweisungsverfahrens
ist deshalb der Beschwerde als Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung zuzurechnen. Dies hat zur Folge,
dass die Überstellungsfrist erst nach Vorliegen einer zweiten (nicht angefochtenen) Verfügung
der Vorinstanz mit einer neuen negativen Zuständigkeitsentscheidung oder eines Gerichtsurteils,
mit dem die zweite Beschwerde gegen den Zuständigkeitsentscheid endgültig abgewiesen wird,
neu zu laufen beginnt (BVGE 2015/19 E. 5.4; Filzwieser/Sprung,
Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 K7).
6.4 Am
11. Juni 2019 haben die italienischen Behörden dem Übernahmeersuchen der Vorinstanz zugestimmt.
Im Beschwerdeverfahren gegen den Nichteintretensentscheid vom 18. Juni 2019 setzte das Gericht den Vollzug
im Sinne einer vorsorglichen Massnahme einstweilen per sofort aus. Der Vollzugsstopp wurde bis zum Rückweisungsentscheid
vom 12. November 2019 nicht aufgehoben, womit es sich bei der Beschwerde um einen Rechtsbehelf mit
aufschiebender Wirkung handelte und die Überstellungsfrist unterbrochen war. Während des wiederaufgenommenen
erstinstanzlichen Verfahrens blieb die Überstellungsfrist weiterhin ausgesetzt, da das Verfahren
der Beschwerde mit aufschiebender Wirkung zuzurechnen ist. Die Überstellungsfrist, welche mit dem
zweiten Nichteintretensentscheid vom 19. Dezember 2019 neu zu laufen begonnen hatte, wurde durch das
anschliessende Beschwerdeverfahren, in welchem ebenfalls ein bis zum Urteil vom 10. Januar 2020 geltender
Vollzugsstopp angeordnet wurde, erneut unterbrochen. Dasselbe gilt für den dritten Nichteintretensentscheid
vom 4. Dezember 2020 und das vorliegende Beschwerdeverfahren, in welchem der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zuerkannt wurde. Folglich ist die sechsmonatige Überstellungsfrist durch die jeweiligen
Beschwerdeerhebungen unterbrochen worden. Die Überstellungsfrist ist somit nicht abgelaufen und
es hat kein Zuständigkeitswechsel auf die Schweiz stattgefunden.
7.
7.1 Die
Beschwerdeführenden monieren, seit der Zustimmung Italiens zum Überstellungsgesuch seien 18 Monate
vergangen. Eine weitere Verlängerung des Verfahrens sei mit dem beschleunigten Charakter des Dublin-Verfahrens
nicht vereinbar. Angesichts des Beschleunigungsgebots und der Dauer des vorliegenden Dublin-Verfahrens
rechtfertige sich die Aufnahme des nationalen Verfahrens.
7.2 Das
Dublin-System dient dazu, die Einleitung paralleler oder einander nachfolgender Asylverfahren in verschiedenen
Staaten des Vertragsgebiets (sog. "asylum shopping") zu verhindern. Zugleich soll es den Antragstellern
innert vernünftiger Frist einen effektiven Zugang zum Asylverfahren in einem der Vertragsstaaten
gewährleisten (Urteil des BVGer
E-6654/2017 vom 23. März 2020 E. 6.1).
Das Bundesverwaltungsgericht hat nur in seltenen Ausnahmefällen einen Selbsteintritt aufgrund der
langen Verfahrensdauer bejaht. So beispielsweise wenn das Zuständigkeitsverfahren seit Stellung
des Asylgesuchs bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts weit über zwei Jahre hinaus gedauert
hat und die Verfahrensdauer nicht dem Beschwerdeführer anzulasten war (Urteile des BVGer E-6654/2017
vom 23. März 2020: 32 Monate; D-3394/2017 vom 30. August 2019: 30 Monate E-1532/2017
vom 8. November 2017: 35 Monate;
E-26/2016 vom 16. Januar 2019: 41 Monate).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es auch Zuständigkeitsverfahren gab, die trotz ähnlicher
oder längerer Dauer nicht zu einem Selbsteintritt führten (Urteile des BVGer E-7092/2017 vom
25. Januar 2021; E-5474/2018 vom 21. Dezember 2018). Zu einem Selbsteintritt bei kürzerer
Verfahrensdauer kam es ausnahmsweise, wenn weitere Gründe vorlagen; beispielsweise wenn eine Aufhebung
der Verfügung und Rückweisung der Sache aufgrund von Verfahrensmängeln angezeigt gewesen
wäre, was zu einer weiteren Verlängerung des Zuständigkeitsverfahrens geführt hätte
(Urteile des BVGer
D-6982/2011 vom 9. August 2013; E-1768/2014 vom 22. Mai
2014;
E-2514/2014 vom 29. Oktober 2014; E-4664/2014 vom 1. September 2014;
D-3277/2015 vom 26. August 2015).
Die Beschwerdeführerin hat am 27. März 2019 das Asylgesuch in der Schweiz eingereicht.
Das Zuständigkeitsverfahren, welches bereits zwei Beschwerdeverfahren und das vorliegende Koordinationsverfahren
mit einer aktuellen Analyse der Lage in Italien umfasst, dauert bis jetzt 31 Monate. Da diese Verfahrensdauer
noch nicht als überaus lang eingestuft werden kann und mit vorliegendem Urteil das Zuständigkeitsverfahren
endgültig abgeschlossen wird, ist ein Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO
nicht angezeigt. Dies umso weniger, als die Umstände sich nicht in einer Weise geändert haben,
die einen Selbsteintritt - beispielsweise wegen des Alters des Kindes - gebieten würde.
8.
8.1 Die
Beschwerdeführenden machen unter Verweis auf das Referenzurteil des Bundesverwaltungsgerichts E-962/2019
vom 17. Dezember 2019 geltend, die Zusicherungen der italienischen Behörden betreffend Unterkunft
seien ungenügend. Bei einer Überstellung nach Italien drohe ihnen eine Verletzung von Art. 3
EMRK. Die Schweiz sei daher gehalten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Nachfolgend
ist somit zu prüfen, ob hinreichend konkrete Garantien für eine adäquate, familiengerechte
Unterbringung der Beschwerdeführenden in Italien vorliegen oder ob das Selbsteintrittsrecht nach
Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 auszuüben
ist.
8.2 Die
Vorinstanz begründet die Nichtausübung des Selbsteintrittsrechts damit, Italien habe am 4. November
2020 dem Übernahmeersuchen mittels des Formulars "nucleo familiare" ausdrücklich
zugestimmt. In der Zustimmung seien die Beschwerdeführenden namentlich erwähnt und als Familie
anerkannt worden. Zudem habe Italien ihre Unterbringung in einem Aufnahmezentrum garantiert, welches
Familien vorbehalten und in der Liste vom 24. April 2020 aufgeführt sei sowie im Einklang mit
dem Rundschreiben vom 8. Januar 2019 stehe. Die Aufnahmestruktur könne allerdings erst in der
Überstellungsphase auf der Grundlage der aktuellen Verfügbarkeit und der besonderen Bedürfnisse
der Familienmitglieder festgelegt werden. Die auf der Liste vom 24. April 2020 aufgeführten Unterkünfte
würden kleine Strukturen aufweisen und seien Familien und alleinstehenden Frauen vorbehalten. Sie
würden unter anderem gesundheitliche, psychologische und soziale Unterstützung sowie Sprachkurse
bieten. Das Rundschreiben vom 8. Januar 2019 gewährleiste, dass Personen nach einer Überstellung
im Dublin-Verfahren Aufnahmestrukturen zugeführt würden, die eine adäquate Aufnahme aller
anspruchsberechtigter Personen bieten und die Einhaltung der Grundrechte garantieren würden, namentlich
die Wahrung der Familieneinheit und den Schutz der Minderjährigen. Folglich sei mit der individualisierten
Zustimmung die Wahrung der Familieneinheit und eine familiengerechte Unterkunft nach der Ankunft der
Beschwerdeführenden in Italien garantiert. Ihre Überstellung nach Italien stehe somit im Einklang
mit der Rechtsprechung des EGMR sowie des Bundesverwaltungsgerichts und stelle keine Verletzung von Art.
3 EMRK dar. Zudem sei das Gesetzesdekret Nr. 130/2020 vom 21. Oktober 2020 am 22. Oktober
2020 für 60 Tage in Kraft getreten. Es erleichtere Asylsuchenden den Zugang zur Gesundheitsversorgung.
In Erstaufnahmezentren ermögliche es den systematischen Zugang zu Leistungen wie soziale und psychologische
Unterstützung und verbessere dadurch die Betreuung von Asylsuchenden und Identifikation von Vulnerabilitätsmerkmalen.
Nach Abschluss des Identifikationsprozesses würden die Asylsuchenden im Rahmen der verfügbaren
Unterbringungsplätze in die SAI transferiert, wobei Familien Priorität hätten. Es sei
daher möglich, dass die Beschwerdeführenden in einem zweiten Schritt in das System SAI transferiert
würden. Insgesamt gebe es keinen Grund für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach
Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 29a Abs. 3
AsylV 1.
8.3 Die
Beschwerdeführenden bringen vor, das Bundesverwaltungsgericht sei im Referenzurteil E-962/2019 zum
Ergebnis gekommen, die seitens Italiens im Formular "nucleo familiare" abgegebene Zusicherung
einer adäquaten Unterkunft genüge seit Inkrafttreten des Salvini-Dekrets nicht mehr als Garantie.
In Ermangelung detaillierter und verlässlicher Informationen betreffend die Unterbringungsverhältnisse
und den Schutz der Familieneinheit sei eine Überstellung nicht zulässig, weil damit das Risiko
einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergehe. Weder der Verweis auf das Rundschreiben vom 8. Januar
2019 noch die Angabe, in den Erstaufnahme- und Notaufnahmezentren seien Räume für Familien
reserviert, stellten konkrete Garantien im Sinne der Tarakhel-Rechtsprechung dar. Gemäss den italienischen
Behörden seien die Unterkünfte auf der Liste vom 24. April 2020 zwar Aufnahmeeinrichtungen
spezifisch für Familien; die Vorinstanz habe es aber versäumt darzulegen, inwiefern damit tatsächlich
eine adäquate Unterkunft für Familien gewährleistet sei. Daran ändere auch das Gesetzesdekret
Nr. 130/2020 nichts, da es im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung noch nicht in ein Gesetz umgewandelt
worden sei. Zusammenfassend sei der Sachverhalt im Hinblick auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts
nach wie vor nicht rechtsgenüglich abgeklärt.
8.4 In
der Duplik führt die Vorinstanz aus, das Gesetzesdekret Nr. 130/2020 stelle eine weitreichende
Reform des italienischen Aufnahmesystems für Asylsuchende und Personen mit internationalem Schutzstatus
dar, indem es die Restriktionen des Salvini-Dekrets rückgängig mache. Das neue Zweitaufnahmesystem
"Sistema di accoglienza e integrazione" (SAI) stehe nicht mehr ausschliesslich Personen mit
einem internationalen Schutzstatus oder unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden zur Verfügung,
sondern allen Asylsuchenden. Im SAI hätten die Asylsuchenden Anspruch auf eine Gesundheitsversorgung,
soziale und psychologische Unterstützung, kulturelle und sprachliche Vermittlung, Italienischkurse
sowie Länder- und Rechtsberatung. Auf der Internetseite der SAI-Services sei eine Liste mit den
laufenden Aufnahmeprojekten, den verfügbaren Plätzen und deren Art respektive Eignung für
bestimmte Personen sowie der geographischen Lage geführt. Mit Rundschreiben vom 8. Februar
2021 hätten die italienischen Behörden alle Dublin-Mitgliedstaaten über die jüngsten
Gesetzesänderungen in Italien informiert und garantiert, dass Familien mit minderjährigen Kindern
in SAI-Strukturen und im Einklang mit dem Tarakhel-Urteil untergebracht würden sowie die Einheit
der Familie gewahrt werde. Mit Schreiben vom 23. März 2021 hätten die italienischen Behörden
der Schweiz mitgeteilt, Familien, für welche Zustimmungen im Rahmen der "alten" Garantien
vorlägen, würden im Sinne des Rundschreibens vom 8. Februar 2021 aufgenommen werden. Demnach
würden die Beschwerdeführenden in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EGMR, insbesondere
des Tarakhel-Urteils, unter Wahrung der Familieneinheit in einer SAI-Struktur untergebracht werden. Gemäss
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle es keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar, wenn die
italienischen Behörden die konkrete Unterkunft, in welcher die Beschwerdeführenden untergebracht
würden, zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt hätten. Insgesamt hätten sich die Rechtslage
und die Aufnahmesituation in Italien seit dem Referenzurteil
E-962/2019 und dem Inkrafttreten
des Gesetzesdekrets Nr. 130/2020 entscheidend weiterentwickelt, womit die im Referenzurteil zusätzlich
gestellten Anforderungen an die einzuholenden Garantien obsolet geworden seien. Es gebe keine Gründe
für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts.
8.5 Die
Beschwerdeführenden bringen in der Triplik vor, das Gesetzesdekret Nr. 130/2020 sei erst seit
einigen Monaten in Kraft. Die Vorinstanz stütze ihre Ausführungen lediglich auf den Gesetzestext
und nicht auf Erfahrungswerte. Verschiedene Berichte liessen darauf schliessen, dass sich die Rechtsstellung
von Familien beziehungsweise Flüchtlingen in Italien seit dem Referenzurteil E-962/2019 und im Anschluss
an das Inkrafttreten des Gesetzesdekrets Nr. 130/2020 nicht entscheidend positiv weiterentwickelt
habe. Der pauschale Verweis auf die Gesetzesänderung stelle keine hinreichend konkrete Garantie
im Sinne der Tarakhel-Rechtsprechung dar. Eine Überstellung nach Italien berge das Risiko einer
Verletzung von Art. 3 EMRK.
9.
9.1 Vorab
ist darauf hinzuweisen, dass Italien Signatarstaat der EMRK, des Übereinkommens vom 10. Dezember
1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK,
SR 0.105) und des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK,
SR 0.142.30) sowie des Zusatzprotokolls der FK vom 31. Januar 1967 (SR 0.142.301) ist und seinen entsprechenden
völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Es darf davon ausgegangen werden, dass dieser Staat
die Rechte, die sich für Schutzsuchende aus den Richtlinien des Europäischen Parlaments und
des Rates 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung
des internationalen Schutzes (sog. Verfahrensrichtlinie) sowie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung
von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (sog. Aufnahmerichtlinie)
ergeben, anerkennt und schützt. Das italienischen Asylverfahren und Aufnahmesystem weisen demnach
keine systemischen Mängel auf (Referenzurteil des BVGer E-962/2019 vom 17. Dezember 2019 E. 6.3;
Urteil des BVGer F-685/2021 vom 23. Februar 2021 E. 6).
9.2 Diese
Ansicht wird durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt, indem
er in seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, dass die Unterstützung und Einrichtungen für
Asylsuchende in Italien keine systematische Mängel aufwiesen, obwohl die allgemeine Situation und
insbesondere die Lebensumstände von Asylsuchenden, anerkannten Flüchtlingen und Personen mit
einem subsidiären Schutzstatus in Italien gewisse Mängel aufweisen würden (Urteile des
EGMR Mohammed Hussein und andere gegen die Niederlande und Italien vom 2. April 2013, Nr. 27725/10, Ziff.
78; Tarakhel gegen die Schweiz vom 4. November 2014, Nr. 29217/12, Ziff. 114 f.; S.M.H. gegen die Niederlande
vom 17. Mai 2016, Nr. 5868/13, Ziff. 46). Folglich liegen keine Gründe für die Annahme vor,
das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Italien würden systemische
Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO aufweisen. Eine Anwendung von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO
ist daher nicht gerechtfertigt.
10.
10.1 Der
EGMR stellte im Urteil vom 4. November 2014 in Sachen Tarakhel gegen die Schweiz fest, angesichts
der Zweifel an der Kapazität der italienischen Aufnahmestrukturen bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit,
dass Dublin-Rückkehrer/innen in Italien keine oder nur eine überfüllte Unterkunft vorfinden
würden, in welcher keine Privatsphäre und allenfalls sogar gesundheitsgefährdende und
gewaltgeprägte Bedingungen herrschten. Im Hinblick auf die Verletzlichkeit von Asylsuchenden im
Allgemeinen und von Kindern im Besonderen würde es daher eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen,
wenn die Schweizer Behörden eine Überstellung von Familien mit Kindern nach Italien vornähmen,
ohne zuvor von den italienischen Behörden eine individuelle Garantie für eine kindgerechte
und die Einheit der Familie wahrende Unterbringung erhalten zu haben (Urteil des EGMR Tarakhel gegen
die Schweiz, a.a.O., Ziff. 115 und 120-122).
10.2 Das
Bundesverwaltungsgericht präzisierte im Grundsatzurteil vom 12. März 2015 das Tarakhel-Urteil
dahingehend, dass die einzuholenden Garantien einer kindgerechten und die Einheit der Familie wahrenden
Unterbringung eine Voraussetzung der völkerrechtlichen Zulässigkeit der Anordnung einer Überstellung
seien. Demzufolge müsse im Zeitpunkt der vor-
instanzlichen Verfügung eine
konkrete und individuelle Zusicherung, insbesondere unter Namens- und Altersangaben der betroffenen Personen,
vorliegen, mit welcher namentlich garantiert werde, dass eine dem Alter des Kindes entsprechende Unterkunft
bei der Ankunft der Familie in Italien zur Verfügung stehe und die Familie bei der Unterbringung
nicht getrennt werde (BVGE 2015/4 E. 4.3).
In einem weiteren Grundsatzurteil vom 7. April 2016 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest,
das Schreiben der italienischen Behörden, in welchem die Beschwerdeführenden unter Namensnennung
und Altersangabe als Familiengemeinschaft (nucleo familiare) anerkannt werde, stelle eine ausreichende
individuelle Zusicherung im Sinne von BVGE 2015/4 dar. Das Schreiben äussere sich zwar nicht zur
konkreten Unterbringung, müsse aber im Zusammenhang mit den vom italienischen Staat abgegebenen
allgemeinen Garantien (sog. Rundschreiben) gesehen werden. In den Rundschreiben werde die Unterbringung
der im Rahmen des Dublin-Verfahrens überstellten Familien in familiengerechten Unterkünften
unter Wahrung der Familieneinheit zugesichert und eine Liste der Einrichtungen des "Sistema di protezione
per richiedenti asilo e rifugiati" (SPRAR) aufgeführt (BVGE 2016/2 E. 5.2).
Der EGMR bestätigte ebenfalls in mehreren Urteilen, dass eine ausreichende Garantie gemäss
Tarakhel-Urteil vorliege, wenn der überstellende Staat die italienischen Behörden über
die familiäre Situation und die geplante Ankunft der nach Italien zurückzuführenden Personen
informiere und die italienischen Behörden durch eine allgemeine Garantie in Form eines Rundschreibens
die Zusicherung abgäben, die Betroffenen in einer familiengerechten Aufnahmeeinrichtung unterzubringen.
Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass ihnen bei der Ankunft in Italien keine Plätze in einer solchen
Unterkunft zur Verfügung stehen würden (Urteile des EGMR J.A. und anderer gegen die Niederlande
und Italien vom 3. November 2015, Nr. 21459/14, Ziff. 30; F.M. und andere gegen Dänemark
vom 13. September 2016, Nr. 20159/16, Ziff. 28; Ali und andere gegen die Schweiz und Italien
vom 6. Oktober 2016, Nr. 30474/14, Ziff. 34).
10.3 Mit
dem am 5. Oktober 2018 in Kraft getretenen Gesetzesdekret Nr. 113/2018 (Salvini-Dekret) und
dem dazugehörigen Umwandlungsgesetz vom 1. Dezember 2018 (Gesetzesdekret Nr. 132/2018)
erfuhr das italienische Asylwesen eine Umstrukturierung. Das Asylverfahren bestand zwar immer noch aus
einem zweistufigen System (Erstregistrierung des Asylgesuchs mit Überprüfung der Identität
und Staatsangehörigkeit [fotosegnalamento]); danach formale Registrierung des Asylgesuchs [verbalizzazione]
bei der zuständigen Präfektur [Questura], womit das Asylverfahren in Gang gesetzt wurde). Eine
wesentliche Änderung erfuhr aber die Unterbringung der Asylsuchenden. Das Zweitaufnahmesystem SPRAR
wurde in "Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non
accompagnati" (SIPROIMI) umbenannt und stand nur noch Personen mit internationalem Schutzstatus
und unbegleiteten Minderjährigen offen. Andere Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer, darunter
auch Familien mit Kindern und vulnerable Personen, wurden in den grösseren Kollektivzentren der
Erstaufnahme (Centri governativi di prima accoglienza; ehemals: Centri di accoglienza per richiedenti
asilo [CARA])
oder in temporären Einrichtungen (Strutture temporanee; ehemals:
Centri di accoglienza straordinaria [CAS]) untergebracht. Diese Zentren waren oftmals überfüllt
und die Verfügbarkeit sowie die Qualität der Dienstleistungen hat, insbesondere infolge der
Kürzung der staatlichen Finanzbeiträge, abgenommen. So wurden Italienischkurse, psychologische
Unterstützung und die Organisation von Freizeitbeschäftigungen nicht mehr angeboten. Die rechtliche
Unterstützung und die kulturelle Mediation wurden drastisch gekürzt. Für schutzbedürftige
Personen waren keine besonderen Dienstleistungen mehr vorgesehen; ihre Betreuung erfolgte auf freiwilliger
Basis (vgl. Asylum Info Database [AIDA], Country Report: Italy, Update 2019, S. 34 ff., 94 ff.,
< https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2020/05/
report-download_aida_it_2019update.pdf >;
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien. Aktualisierter Bericht zur Lage
von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, in Italien,
Januar 2020, S. 40 ff. < https://www.fluechtlingshilfe.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Dublinlaenderberichte/
200121-italien-aufnahmebedingungen-de.pdf.pdf >,
alle abgerufen am 07.05.2021).
10.4 Angesichts
der geänderten Situation in Italien seit dem Erlass des Salvini-Dekrets kam das Bundesverwaltungsgericht
im Referenzurteil
E-962/2019 vom 17. Dezember 2019 zum Ergebnis, die seitens
Italien mittels des Formulars "nucleo familiare" abgegebene Zusicherung einer adäquaten
Unterkunft reiche nicht als Garantie für die Zuweisung einer adäquaten, familiengerechten Unterbringung
aus. Gemäss dem Rundschreiben der italienischen Behörden vom 8. Januar 2019 an die übrigen
Dublin-Staaten würden fortan alle asylsuchenden Personen (mithin auch jene, die im Rahmen eines
Dublin-Verfahrens nach Italien überstellt worden seien) in Erstaufnahmezentren oder Notaufnahmezentren
untergebracht (Urteil des BVGer E-962/2019 E. 6.2.8). Obwohl im erwähnten Rundschreiben versichert
werde, dass in diesen Aufnahmezentren die Einheit der Familie und der Schutz von Minderjährigen
gewährleistet sei, könne im blossen Verweis auf dieses Rundschreiben keine hinreichend konkrete
Garantie im Sinne des Tarakhel-Urteils erblickt werden. Es seien daher weitergehende Zusicherungen betreffend
familiengerechte Unterbringung, Schutz der Einheit der Familie und Gewährleistung der nötigen
medizinischen Versorgung einzuholen (Urteil des BVGer E-962/2019 E. 8.3.3 f.).
10.5 Am
20. Dezember 2020 ist das Umwandlungsgesetz Nr. 173/2020 zum Gesetzesdekret Nr. 130/2020
vom 21. Oktober 2020 (< https://www.
normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:legge:2020-12-18;173!vig=2020-12-21. >,
abgerufen am 18.05.2021) in Kraft getreten. Das Gesetzesdekret Nr. 130/2020 sieht eine umfassende
Reform des Aufnahmesystems für Asylsuchende in Italien vor, indem zentrale Bestimmungen des Salvini-Dekrets
geändert und ein engverflochtenes Aufnahme- und Integrationssystem implementiert wurde. Das neue
Aufnahmesystem ist vergleichbar mit jenem, das vor Erlass des Salvini-Dekrets geherrscht hat. Die Asylsuchenden
werden für den Identifikationsprozess und die Gesundheitsuntersuchungen zur Feststellung allfälliger
Schutzbedürftigkeit in Erstaufnahmezentren oder CAS untergebracht. In den Erstaufnahmezentren sind
die Achtung der Privatsphäre, geschlechtsspezifische Unterschiede, altersbedingte Bedürfnisse,
der Schutz der körperlichen und der geistigen Gesundheit, die Einheit der Familie, die Bereitstellung
spezifischer Unterstützung für Personen mit besonderen Bedürfnissen und die Ergreifung
geeigneter Massnahmen zur Verhinderung jeglicher Form von Gewalt sowie zur Gewährleistung der Sicherheit
und des Schutzes der Asylsuchenden zu gewährleisten. Es sind angemessene Standards für Hygiene,
Gesundheit, Unterbringung und Sicherheit festgelegt. Dienstleistungen wie beispielsweise Gesundheitsvorsorge,
soziale und psychologische Betreuung, Beratung, sprachlich-kulturelle Vermittlung und Italienischkurse
werden wiedereingeführt. Allerdings ist die Finanzierung und Erbringung dieser Dienstleistungen
mit den bisherigen Ressourcen zu bewältigen (Art. 4 Gesetzesdekret Nr. 130/2020). Für
das weitere Asylverfahren werden die Asylsuchenden in das Aufnahme- und Integrationssystem SAI (Sistema
di accoglienza e integrazione) überführt. Das Zweitaufnahmesystem SAI, welches das SIPROIMI
ablöst, bedeutet eine Rückkehr von einem zentralisierten und sicherheitsorientierten Ansatz
der öffentlichen Aufnahmezentren hin zu einem von lokalen Behörden verwalteten, dezentralisierten
und flächendeckenden Aufnahmesystem, ähnlich dem einstigen SPRAR. Das SAI steht wieder allen
Asylsuchenden, also auch den im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Italien überstellten Personen,
offen. Schutzbedürftige Personen, denen eine besondere Form der Unterstützung zugesichert wurde,
geniessen bei der Überstellung von einem Erstaufnahmezentrum in das Zweitaufnahmesystem SAI Priorität.
Zu diesem Personenkreis zählen Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte,
Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, ältere Menschen, Menschen mit schweren Krankheiten
oder psychischen Störungen, Schwangere, Opfer von Menschenhandel
oder Genitalverstümmelung
sowie Menschen, die nachweislich Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Formen psychischer, physischer
oder sexueller Gewalt erlitten haben (Art. 17 Gesetzesdekret Nr. 142/2015; Monia
Giovannetti, La riforma del Sistema di accoglienza e integrazione per richiedenti e titolari di
protezione internationale, in: Diritto, Immigrazione e Cittadinanza, Fascicolo, n. 1/2021, S. 39).
Das SAI ist in zwei Stufen unterteilt. Die erste Stufe steht den Asylsuchenden offen und bietet soziale
und psychologische Betreuung, Rechtsberatung, Gesundheitsversorgung, sprachlich-kulturelle Vermittlung,
Italienischkurse und Überweisung an lokale Dienste. Es werden auch spezielle Projekte für die
Unterstützung schutzbedürftiger Personen angeboten. Eine zweite Stufe richtet sich an Personen,
die internationalen Schutz geniessen; ihnen stehen zusätzliche Dienstleistungen wie Berufsausbildung
zur Verfügung, welche auf die Integration in die italienische Gesellschaft abzielen (Art. 4 f.
Gesetzesdekret Nr. 130/2020; "L'ennesimo 'decreto immigrazione-sicurezza' (d.l.
21 ottobre 2020, n. 130): modifiche al codice penale e altre novità" vom 23. Oktober
2020, < https://www.sistemapenale.it/it/scheda/decreto-immigrazione-130-2020-profili-penalistici >;
"Come funziona l'accoglienza dei migranti in Italia" vom 6. April 2021, < https://www.openpolis.it/parole/come-funziona-laccoglienza-dei-migranti-in-italia/ >;
< https://www.retesai.it/la-storia/ >, alle abgerufen am 07.05.2021). Ziel des SAI ist
es, die Asylsuchenden zu betreuen und den schutzbedürftigen Asylsuchenden, insbesondere Familien,
Dienstleistungen anzubieten, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind (Monia
Giovannetti, a.a.O., S. 45). Des Weiteren ermöglicht das Gesetzesdekret Nr. 130/2020
den Asylsuchenden wieder, sich im kommunalen Einwohnerregister registrieren zu lassen (Art. 3). Mit der
Registrierung erhalten sie einen Ausländerausweis, der ihnen den Zugang zu den regionalen Dienstleistungen,
wie beispielsweise der medizinischen Versorgung, erleichtert. Die Aufenthaltserlaubnis aus humanitären
Gründen wird de facto unter dem Begriff "Aufenthaltserlaubnis für besonderen Schutz"
(permesso di soggiorno per protezione speciale) wiedereingeführt. Sie ist für zwei Jahre gültig
und wird Asylsuchenden erteilt, welche die Kriterien für internationalen Schutz nicht erfüllen,
denen aber bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland Folter oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung
drohen würde. Zudem wird sie Personen gewährt, bei denen es ernsthafte Gründe für
die Annahme gibt, dass ihre Abschiebung eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens
bedeuten würde ("In vigore il nuovo decreto in materia di immigrazione (D.L. n. 130 del 21
ottobre 2020): luci e ombre" vom 22. Oktober 2020, < https://www.unionedirittiumani.it/in-vigore-il-nuovo-decreto-in-materia-di-immigrazione-d-l-n-130-del-21-ottobre-2020-luci-e-ombre/ >,
abgerufen am 07.05.2021). Die Aufenthaltserlaubnis kann in eine Arbeitserlaubnis umgewandelt werden.
Die Aufenthaltserlaubnis zur medizinischen Behandlung (permesso di soggiorno per cure mediche) wurde
auf Personen ausgeweitet, die an schweren psychosomatischen Erkrankungen leiden. Eine weitere wichtige
Änderung liegt im Ausschluss schutzbedürftiger Personen vom beschleunigten Asylverfahren, welches
für gewisse Herkunftsländer vorgesehen ist (Paolo Cognini,
Le modifiche ai decreti-sicurezza, vom 22. Oktober 2020, < https://www.meltingpot.org/Le-modifiche-ai-decreti-sicurezza-Illustrazione-aggiornata.html#.X9iWgPlKi1t >,
abgerufen am 07.05.2021).
10.6 Der
EGMR setzte sich im Urteil vom 23. März 2021 in Sachen M.T. gegen die Niederlande mit der Rechtmässigkeit
der Überstellung einer alleinstehenden Frau mit zwei minderjährigen Kindern im Rahmen des Dublin-Verfahrens
nach Italien auseinander, unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage, insbesondere des Gesetzesdekrets
Nr. 130/2020. Er stellte fest, die neuste Reform des italienischen Asylwesens habe zur Folge, dass
Asylsuchende im Rahmen der verfügbaren Plätze wieder Zugang zum Zweitaufnahmesystem SAI (ehemals
SIPROIMI) hätten. Da die italienischen Behörden die Beschwerdeführerin als Antragstellerin
auf internationalen Schutz anerkannt hätten, komme sie für eine Unterbringung im SAI in Betracht.
Ausserdem gehöre sie als alleinerziehende Mutter mit zwei minderjährigen Kindern zu den schutzbedürftigen
Personen, die bei der Unterbringung im Zweitaufnahmesystem Vorrang geniessen würden. Es gebe keine
Gründe für die Annahme, sie würden bei ihrer Ankunft in Italien keinen Platz in einem
SAI-Aufnahmezentrum erhalten. Selbst bei einer vorübergehenden Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung
erhielten sie die nötige Betreuung, da das Dienstleistungsangebot in diesen Zentren ausgebaut worden
sei und der Zugang dazu durch die Wiedereinführung der Registrierung am Wohnsitz gewährleistet
sei. Eine Überstellung der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder nach Italien führe damit
nicht zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK (Urteil des EGMR M.T. gegen die Niederlande vom 23. März
2021, Nr. 46595/19, Ziff. 58-62).
11.
11.1 Die
Beschwerdeführerin gehört als alleinstehende Frau mit einem minderjährigen Kind zu den
schutzbedürftigen Personen gemäss Tarakhel-Urteil. Ihre Überstellung nach Italien ist
folglich nur zulässig, wenn von den italienischen Behörden eine ausreichende Garantie für
eine kindgerechte und die Einheit der Familie wahrende Unterbringung vorliegt. Mit dem Erlass des Salvini-Dekrets
wurde Asylsuchenden, auch Familien, der Zugang zum Zweitaufnahmesystem verwehrt; ihnen standen nur die
grösseren Kollektivzentren der Erstaufnahme oder temporäre Einrichtungen offen. In der Folge
stufte das Bundesverwaltungsgericht das Formular "nucleo familiare" und die italienischen Rundschreiben
zu den Unterbringungsplätzen als ungenügende Garantien für eine familiengerechte Unterbringung
ein und wies die Vorinstanz in den zwei vorangegangenen, die Beschwerdeführenden betreffenden Urteilen
an, den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig abzuklären (Urteile des BVGer F-3306/2019
und F-33/2020). Seither haben die Rechts- und Sachlage in Italien wesentliche Änderungen erfahren.
Mit dem definitiven Inkrafttreten des Gesetzesdekrets Nr. 130/2020 am 20. Dezember 2020 wurde das
Zweitaufnahmesystem SAI wieder für alle Asylsuchenden zugänglich gemacht, wobei Familien und
vulnerable Personen bei der Überstellung in eine SAI-Unterkunft Vorrang geniessen. Das Angebot der
Dienstleistungen für die Asylsuchenden wurde wieder ausgebaut und auch auf die Bedürfnisse
schutzbedürftiger Personen ausgerichtet (vgl. E. 10.5). Im Januar 2021 umfasste das SAI 30'049 Unterbringungsplätze
und 760 Projekte (< https://www.retesai.it/i-numeri-dello-sprar/ >, abgerufen am
07.05.2021).
11.2 Vor
diesem Hintergrund sind die von den italienischen Behörden im vorliegenden Fall abgegebenen Zusicherungen
zu werten. Im Formular "nucleo familiare" vom 4. November 2020 führten sie Vor- und
Nachnamen, Geburtsdaten und Nationalität der Beschwerdeführenden auf. Sie gaben die Zusicherung
ab, dass die Beschwerdeführenden als Familie in einem der Aufnahmezentren untergebracht würden,
das Familien vorbehalten und in der Liste vom 24. April 2020 aufgeführt sei sowie im Einklang
mit dem Rundschreiben vom 8. Januar 2019 stehe. Das konkrete Aufnahmezentrum werde zum Zeitpunkt
der Überstellung anhand der verfügbaren Kapazitäten und spezifischen Bedürfnisse
der Familie ausgewählt. Mit Rundschreiben vom 8. Februar 2021, welches jenes vom 8. Januar
2020 ersetzt, informierten die italienischen Behörden die Dublin-Staaten über das Inkrafttreten
des Gesetzesdekrets Nr. 130/2020 und die Schaffung des Aufnahme- und Integrationssystems SAI. Sie
garantierten, dass Familien mit minderjährigen Kindern, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach
Italien überstellt werden, im SAI-System unter Wahrung der Einheit der Familie und in Übereinstimmung
mit dem Tarakhel-Urteil untergebracht würden. Mit Schreiben vom 23. März 2021 teilten
die italienischen Behörden der Schweiz mit, Familien, für welche "alte" Garantien
vorlägen, würden in Übereinstimmung mit dem Rundschreiben vom 8. Februar 2021 untergebracht
werden.
Es liegt somit eine genügend konkrete und individuelle Garantie der italienischen Behörden
vor, dass die Beschwerdeführenden nach ihrer Überstellung in eine kindgerechte und die Einheit
der Familie wahrende Unterkunft des Zweitaufnahmesystems SAI untergebracht werden. Es bestehen derzeit
keine Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführenden bei ihrer Ankunft in Italien keinen Platz in
einer Unterkunft des SAI erhalten würden. Folglich gibt es keinen Grund mehr zur Annahme, eine Überstellung
der Beschwerdeführenden nach Italien würde zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen.
Diese Schlussfolgerung stützt der EGMR mit Urteil vom 23. März 2021. Darin hält er
überdies fest, dass Familien auch bei einer vorübergehenden Unterbringung in einem Erstaufnahmezentrum
Zugang zu den nötigen Dienstleistungen erhalten (Urteil des EGMR M.T. gegen die Niederlande, a.a.O.,
Ziff. 58-62). Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Italien um einen
funktionierenden Rechtsstaat handelt, auf dessen Zusicherungen die Schweiz gemäss dem völkerrechtlichen
Prinzip, wonach die Staaten einen Vertrag, an den sie gebunden sind, nach Treu und Glauben zu erfüllen
haben (vgl. Art. 26 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai
1969 über das Recht der Verträge [VRK, SR 0.111]), grundsätzlich vertrauen darf
und soll. Aus diesem Prinzip folgt, dass ausser bei klar erkennbarem
Rechtsmissbrauch oder bei Widersprüchen kein Anlass besteht, an den Sachverhaltsdarstellungen und
Erklärungen anderer Staaten zu zweifeln (BGE 142 II 161 E. 2.1.3 am Ende). Im vorliegenden
Kontext ergibt sich daraus zudem, dass keine überhöhten Anforderungen an die Zusicherung gestellt
werden dürfen, indem etwa verlangt würde, dass die Unterkunft genau benannt werde; dies wäre
ohnehin kaum praktikabel (BVGE 2016/2 E. 5.2).
11.3 Zusammenfassend
ist festzuhalten, dass die mittels des Formulars "nucleo familiare" unter Namens- und Altersangaben
abgegebene Anerkennung der Familieneinheit und Zusicherung einer familiengerechten Unterbringung sowie
die Rundschreiben, welche eine Unterbringung im Zweitaufnahmesystem SAI zusichern, als hinreichend konkretisierte
und individualisierte Zusicherungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des
EGMR zu werten sind. Angesichts dieser Zusicherungen ist nicht davon auszugehen, dass eine Überstellung
der Beschwerdeführenden nach Italien eine Verletzung von Art. 3 EMRK nach sich ziehen würde.
Es liegt somit kein Anlass für einen Selbsteintritt der Schweiz nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO
i.V.m. Art. 29a Abs. 3 AsylV 1 vor. Folglich ist
auch das Eventualbegehren, die Sache zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts an die Vorinstanz
zurückzuweisen, abzuweisen.
12.
Nach
dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Mit dem vorliegenden Urteil fällt die mit Zwischenverfügung
vom 18. Dezember 2020 angeordnete aufschiebende Wirkung dahin.
13.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten den Beschwerdeführenden aufzuerlegen
(Art. 63 Abs. 1 VwVG). Da indessen von der Bedürftigkeit der Beschwerdeführenden
auszugehen ist und ihre Rechtsbegehren nicht als aussichtslos betrachtet werden können, ist das
Gesuch um unentgeltliche Prozessführung nach Art. 65 Abs. 1 VwVG gutzuheissen. Demnach sind keine
Verfahrenskosten aufzuerlegen.
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