Sachverhalt:
A.
Der
Beschwerdeführer ersuchte am 12. August 2016 um Asyl in der Schweiz. Anlässlich der Befragung
zur Person vom 18. August 2016 sowie den Anhörungen vom 25. August 2017 und 7. November
2017 führte er im Wesentlichen aus, er sei im Iran geboren. Etwa im Jahr 2001 (Beginn der Regierungszeit
von Hamid Karzai) sei er mit seinen Eltern und Geschwistern nach Kabul, Afghanistan, zurückgekehrt.
An der Universität B._______ in Kabul habe er circa im Jahr 2014 den Bachelorabschluss als Bauingenieur
gemacht. Er habe zwei Jahre in der amtlichen Finanzabteilung des technischen Instituts C._______ gearbeitet.
Die C._______ sei von der USAID finanziert worden. Danach sei er circa ein Jahr bei der Baufirma D._______
als Techniker im Labor und vor Ort auf den Baustellen tätig gewesen. D._______ habe ausschliesslich
Aufträge der afghanischen Regierung, die von der amerikanischen Regierung finanziert und überwacht
worden seien, ausgeführt. Danach habe er circa zehn Monate als Bauingenieur bei der Baufirma E._______
an einem Schulbauprojekt gearbeitet. Die Projekte der E._______ seien von der Regierung unterstützt
und von USAID finanziert worden. Für die Ausführung der jeweiligen Bauprojekte habe er alleine
in unsichere Provinzen reisen müssen. Bei einem von der afghanischen Regierung organisierten Projekt
sei es um eine Wasseraufbewahrung gegangen. Dafür habe er via F._______ in die Stadt G._______,
Provinz H._______, reisen müssen. In den Orten habe es Checkpoints der Taliban gegeben und eine
grosse Unsicherheit geherrscht. Wenn ihn die Taliban mit den mitgeführten Projektdokumenten und
technischen Geräten erwischt hätten, wäre er in Gefahr gewesen. Beim letzten Projekt,
dem Bau einer Schule in I._______, sei er mehrmals durch die unsicheren Orte Shir und Robatak nach I._______
gefahren. Unterwegs habe er die Kleider und die Fahrzeuge wechseln müssen, um nicht von den Taliban
erwischt zu werden. Er habe Glück gehabt, dass er nicht von den Taliban entführt worden sei.
Einmal sei in J._______ auf sein Fahrzeug geschossen worden. Zudem habe er während des Schulbauprojektes
eine Liebesbeziehung mit einer Frau der Sayed-Sippe angefangen. Nach vier Monaten, bei Abschluss des
Projektes, habe er die Beziehung beendet. Ihr späterer Ehemann habe bemerkt, dass sie keine Jungfrau
mehr sei und von ihrer früheren Beziehung erfahren. Daraufhin hätten ihr Vater und zwei Onkel
ihn zu Hause gesucht und seinen Vater bedroht. Sein Vater habe zur Bestätigung der Drohungen beim
Dorfoberhaupt ein Schreiben verfassen lassen und dieses dem Sicherheitsamt überreicht.
Der Beschwerdeführer reichte eine Tazkira im Original, ein Zeugnis der 14. Klasse am Institut
C._______, ein Abiturdiplom im Original, eine Bestätigung des Universitätsabschlusses im Original,
ein Diplom seines Abschlusses im Bereich Konstruktion im Original, ein Arbeitszeugnis der C._______ im
Original, ein Certificate of Performance der D._______ im Original, ein Certificate of Appreciation der
E._______ im Original, einen Passierschein im Original (mit Übersetzung), ein Schreiben des Dorfoberhauptes
vom 3. Dezember 1395 (afghanischer Kalender; mit Übersetzung), eine Arbeitsbestätigung
der K._______ in Kopie und einen Quellensteuerbeleg in Kopie als Beweismittel ein.
B.
Mit
Verfügung vom 9. April 2019 (gleichentags eröffnet) verneinte die Vor-
instanz
die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, lehnte sein Asylgesuch ab und ordnete die
Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.
C.
Mit
Eingabe vom 10. Mai 2019 erhob der Beschwerdeführer am Bundesverwaltungsgericht Beschwerde.
Er beantragt, die angefochtenen Verfügung sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer
die Flüchtlingseigenschaft erfülle, und es sei ihm in der Schweiz Asyl zu gewähren. Eventualiter
sei die Unzumutbarkeit und Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und der Beschwerdeführer
sei in der Schweiz vorläufig aufzunehmen. Es sei dem Beschwerdeführer vollständige Akteneinsicht
zu gewähren und es sei ihm eine angemessene Frist einzuräumen, um zu den bisher nicht zur Einsicht
geöffneten Akten Stellung nehmen zu können. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche
Prozessführung zu gewähren und es ihm in der Person der unterzeichneten Rechtsanwältin
eine unentgeltliche Rechtsbeiständin zu bestellen.
Der Beschwerdeführer reichte eine "Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Informationen zur
traditionellen Regierungsführung auf Dorfebene" vom Austrian Centre for Country of Origin and
Asylum Research and Documentation (ACCORD) vom 15. März 2016, eine "Anfragebeantwortung
zu Afghanistan: Aktuelle Situation der Volksgruppe der Hazara" von ACCORD vom 27. Juni 2016,
einen Arztbericht vom 12. Juli 2018, ein Rezept für das Medikament Trittico vom 18. Januar
2019 und eine Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung ein.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Am 1. März 2019 ist die Teilrevision (AS 2016 3101) des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR
142.31) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der
Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
1.2 Am
1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) teilrevidiert
(AS 2018 3171) und in Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anzuwendenden
Gesetzesartikel (Art. 83 Abs. 1-7 und Art. 84) sind unverändert vom AuG ins AIG übernommen
worden, weshalb das Gericht nachfolgend die neue Gesetzesbezeichnung verwendet.
2.
Gemäss
Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach
Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - wie auch
vorliegend - endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG). Der Beschwerdeführer
ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die frist-
und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (aArt. 108 Abs. 3 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
3.
3.1 Mit
Beschwerde in Asylsachen kann die Verletzung von Bundesrecht sowie die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Im Bereich
des Ausländerrechts richtet sich die Kognition nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
3.2 Die
Beschwerde erweist sich als offensichtlich begründet und ist im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit
mit Zustimmung eines zweiten Richters oder einer zweiten Richterin (Art. 111 Bst. e AsylG)
ohne Weiterungen und mit summarischer Begründung zu behandeln (Art. 111a
Abs. 1 und 2 AsylG).
4.
Das
Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss
Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung der Begehren gebunden und kann die Beschwerde
auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen; massgebend sind grundsätzlich
die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Entscheides (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1,
2011/1 E. 2).
5.
5.1 Der
Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dabei handelt es sich um
eine formelle Rüge, welche vorab zu beurteilen ist, da sie allenfalls geeignet wäre, eine Kassation
der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken.
5.2 Gemäss
Art. 29 VwVG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher als Mitwirkungsrecht alle
Befugnisse umfasst, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt
wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3; BVGE
2009/35 E. 6.4.1). Mit dem Gehörsanspruch korreliert die Pflicht der Behörden, die
Vorbringen tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen
zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten
einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE
143 III 65 E. 5.2).
Die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts in Verletzung der behördlichen Untersuchungspflicht bildet einen Beschwerdegrund
(Art. 106 Abs. 1 Bst. b AsylG). Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn der Verfügung
ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird oder Beweise falsch gewürdigt worden
sind; unvollständig ist sie, wenn nicht alle für den Entscheid rechtswesentlichen Sachumstände
berücksichtigt werden (vgl. Kölz/Häner/Bertschi,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 1043).
6.
6.1 Der
Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihn nicht mit den angeblichen Widersprüchen
zwischen seinen Aussagen zu seiner Liebesbeziehung mit einer jungen Frau und ihren Erkenntnissen konfrontiert
und ihm keine Gelegenheiten gegeben, sich vor der Fällung ihres Entscheides dazu zu äussern.
Die Vorinstanz
hielt in ihrer Verfügung die Ausführungen des Beschwerdeführers zu
seiner Liebesbeziehung
mit einer jungen Frau und die daraus resultierenden Probleme für unglaubhaft,
da sie den bekannten
Lebensumständen und Verhaltensweisen von Frauen in Afghanistan widersprechen
und als konstruiert
erscheinen würden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers verpflichtet
das rechtliche Gehör eine Behörde nicht, einer Partei die Gelegenheit einzuräumen, sich
zu jedem möglichen Ergebnis, das von ihr ins Auge gefasst wird, zu äussern. Die Vorinstanz
hat dem Beschwerdeführer demzufolge die beabsichtigte Begründung oder den Verfügungsentwurf
nicht zur Stellungnahme zu unterbreiten (Patrick Sutter,
Art. 29 N 15, in: Auer/Müller/Schindler (Hrsg.), Kommentar zum VwVG, 2. Aufl. 2019).
Diesbezüglich liegt k eine Gehörsverletzung vor.
6.2 Der
Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe ihm zwar eine Kopie des Deckblattes des Beweismittelcouverts
zugestellt, die Beweismittel seien ihm aber nicht zugestellt worden. Er habe nicht von allen Beweismitteln
eine Kopie angefertigt. Seiner Rechtsvertreterin seien daher nicht alle Beweismittel bekannt. Dies sei
aber eine Voraussetzung für eine wirksame Rechtsvertretung.
Eine Partei
hat unter anderem Anspruch auf Einsicht in ihre Eingaben an die Behörden und in
alle als Beweismittel
dienenden Aktenstücke (Art. 26 Abs. 1 Bst. a und b VwVG). Der Beschwerdeführer
hat
demnach ein Recht auf Einsicht in seine eingereichten Beweismittel. Grundsätzlich wäre
es möglich, dies auf Beschwerdeebene nachzuholen. Indes leidet die Verfügung - wie in
den nachfolgenden Erwägungen aufgezeigt wird - an weiteren Mängeln, die eine solch schwere
Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen, dass eine Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs
im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist. Die Vorinstanz ist somit anzuweisen, dem Beschwerdeführer
im Rahmen der Wiederaufnahme des erstinstanzlichen Verfahrens vollständige Einsicht in seine eingereichten
Beweismittel zu geben.
6.3 Die
Vorinstanz hielt in ihrer Verfügung als Sachverhalt fest, der Beschwerdeführer habe als Bautechniker
in unsichere Provinzen reisen und dabei auch technische Geräte mitnehmen müssen, was die Reisen
zusätzlich gefährlich gemacht habe. Er habe jedoch immer Glück gehabt, da ihm nichts Gravierendes
passiert sei. Diese Sachverhaltsfeststellung lässt wesentliche, entscheidrelevante Sachverhaltselemente
völlig ausser Acht. So hat der Beschwerdeführer mehrmals widerspruchsfrei ausgeführt,
er habe für Firmen gearbeitet, die Aufträge für die afghanische Regierung ausgeführt
hätten. Diese Aufträge seien jeweils von der amerikanischen Regierung finanziert worden. Als
Bauingenieur habe er für die Ausführung der Projekte in unsichere Provinzen reisen und dabei
Checkpoints der Taliban passieren müssen. Einmal sei auf sein Fahrzeug geschossen worden. Der rechtserhebliche
Sachverhalt wurde somit unvollständig festgestellt.
6.4 Die
Vorinstanz hat sich bei der Begründung ihres Entscheides mit den zentralen, entscheidrelevanten
Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Dieser Begründungspflicht ist sie nicht
nachgekommen. In der Verfügung führte sie lediglich aus, die Asylbegründung des Beschwerdeführers
würde sich auf die kritische Sicherheitslage in Afghanistan beziehen, welche ihm insbesondere die
Reisen in die Provinzen erschwert habe. Etwas Gravierendes sei ihm aber nicht passiert. Seine Vorbringen
seien nicht asylrelevant, da sie vorwiegend in der allgemeinen Lage im Heimatland liegen und grosse Teile
der Bevölkerung in ähnlicher Weise betreffen würden. Die Vorinstanz ging mit keinem Wort
auf die Tatsache ein, dass der Beschwerdeführer für Baufirmen tätig war, deren Projekte
durch die amerikanische Regierung finanziert worden sind. Ebenso wenig berücksichtigte sie die Tatsache,
dass er mit Arbeitsinstrumenten durch von Taliban kontrollierte Gebiete reisen musste und sein Fahrzeug
einmal beschossen wurde. Die eingereichten Beweismittel, welche seine Tätigkeit belegen, ignorierte
sie gänzlich. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Risikogruppen
in Afghanistan (vgl. u.a. Urteile des BVGer E-7205/2017 vom 27. Februar 2018; E-4258/2016 vom
20. Dezember 2017) wurde zu Unrecht ebenfalls ausser Acht gelassen. Es liegt somit eine schwere
Verletzung der Begründungspflicht vor.
6.5 Zusammenfassend
ist festzustellen, dass die Vorinstanz den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör
verletzt hat. Eine Heilung ist aufgrund der Schwere der Verletzung der Verfahrensgrundsätze vorliegend
ausgeschlossen. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen. Die Verfügung vom 9. April 2019 ist
aufzuheben und die Sache ist im Sinne der Erwägungen zur vollständigen Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts sowie zur Gewährung des rechtlichen Gehörs und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Die Vorinstanz ist insbesondere gehalten, die Vorbringen des Beschwerdeführers
zu seiner Tätigkeit als Bauingenieur im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
zu den Risikogruppen in Afghanistan einlässlich zu prüfen.
7.
7.1 Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Damit
ist das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos geworden.
7.2 Dem
vertretenen Beschwerdeführer ist angesichts seines Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG und Art.
7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht
(VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihm notwendigerweise erwachsenen Parteikosten
zuzusprechen. Es wurde keine Kostennote eingereicht, weshalb die notwendigen Parteikosten aufgrund der
Akten zu bestimmen sind (Art. 14 Abs. 2 in fine VGKE). Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden
Bemessungsfaktoren (Art. 9-13 VGKE) ist dem Beschwerdeführer zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung
von insgesamt Fr. 1'500.- (inkl. Auslagen) zuzusprechen. Das Gesuch um Beiordnung seiner Rechtsvertreterin
als unentgeltliche Rechtsbeiständin ist damit gegenstandslos geworden.
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