Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens
des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31];
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG und Art. 6 AsylG).
1.3 Am
1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für
das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur
Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
1.4 Die
Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Be-schwerdeführer hat am Verfahren
vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und
hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher
zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48
Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich
nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
3.
3.1 Gemäss
Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge
sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse,
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen
Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich
die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen
psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
3.2 Wer
um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese
ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu
wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Zur
Begründung der Ablehnung des Asylgesuchs führte das SEM im Wesentlichen aus, angesichts der
mehrfachen Verletzung der Mitwirkungspflicht, der Abwesenheit von überprüfbaren Tatsachen und
aussagekräftigen Beweismitteln und der insgesamt wenig plausiblen Asylbegründung müsse
davon ausgegangen werden, der Beschwerdeführer habe seine Heimat aus anderen Gründen und unter
anderen Umständen verlassen, als er zu Protokoll gegeben habe.
Insbesondere habe er während der Befragungen den Eindruck erweckt, dass er sprachliche Schwierigkeiten
vorschiebe, um daraus Vorteile für sein Asylgesuch ziehen zu können. So habe er bei der BzP
geltend gemacht (...) zu sprechen und die Dolmetscherin gebeten langsam zu sprechen, habe die Befragung
dann aber ohne sichtbare Schwierigkeiten durchführen können. In der ersten Anhörung habe
er dann wiederum bestritten, den Dolmetscher zu verstehen und behauptet, die Übersetzung
auch bei der BzP nicht problemlos verstanden zu haben. Erst als der Befrager mit dem Abbruch der
Anhörung gedroht habe, habe er eingelenkt.
In der Folge habe die Kommunikation
gut funktioniert. Das LINGUA-Gutachten vom 11. Dezember 2017 bestätige im Übrigen, dass
das Standard-Somali des Beschwerdeführers bis auf kleinere grammatikalische Fehler erwartungsgemäss
gut sei. Die Vorbringen, einem Minderheiten-Clan anzugehören und aus der untersten sozialen Schicht
ohne Schulbildung zu stammen, seien nicht glaubhaft, zumal er einen sehr gewandten Umgang mit Zahlen,
Daten und schriftlichen Erzeugnissen offenbart habe. Seine Tante, Onkel und Mutter würden gemäss
seinen Aussagen zwar dem Clan der (...) angehören, betreffend die besonderen Umstände einer
Heirat unter Ungleichen habe er aber nur stereotype Angaben machen können. Bezüglich des Verwandtschaftsgrades
und der Kontakte zur Tante habe er sich sodann in Widersprüche verstrickt. Die durch den LINGUA-Experten
zu seinen Gunsten festgestellten Angaben zu seiner Herkunft und der Sprache würden nichts an den
Ungereimtheiten ändern.
Die eingereichten Beweismittel seien nicht geeignet, die vorgebrachten Ausreisegründe zu bestätigen,
zumal die Geburtsurkunde nicht wie behauptet, ein Original darstelle und eine Totalfälschung sein
könnte. Insbesondere würden die zu den Akten gereichten Arztberichte widerlegen, dass sich
in seinem Körper, wie angegeben, Metallsplitter befinden würden. Die Ellenbogenprobleme seien
offenbar nicht auf einen schlecht verheilten Bruch zurückzuführen, sondern würden eher
entzündlicher Art zu sein scheinen. Der eingereichte Link und der Zeitungsartikel stünden mit
der Sachverhaltsschilderung nicht im Zusammenhang. Die Eingaben erweckten damit den Eindruck, als würde
der Beschwerdeführer beliebige Ereignisse und medizinische Probleme als Belege für seine Asylgeschichte
zu instrumentalisieren versuchen.
Es komme hinzu, dass sich die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ereignisse um die Stürmung
der Militärbasis und den Luftangriff auf das Lager der al-Shabaab in den für das SEM zugänglichen
Dokumentation über militärische Zwischenfälle in der Region Bay nicht nachweisen liessen.
Eine Recherche habe keinerlei Übereinstimmung - auch nicht in örtlicher oder zeitlicher
Nähe - ergeben, so dass der Verdacht entstehe, der Beschwerdeführer erfinde Ereignisse
nach Belieben. Das Hauptvorbringen erscheine denn auch nicht plausibel. Zunächst erscheine fraglich,
wie die Behörden überhaupt auf ihn als Verantwortlichen für die Ermordung der Offiziere
hätten kommen können. Angesichts seiner verzweifelten Situation erscheine es aber auch nicht
nachvollziehbar, dass die Behörden ihn als Verantwortlichen für den Tod seiner Offiziere betrachten
würden, zumal er kaum delikate Informationen preisgegeben habe. Insgesamt erscheine seine Geschichte
überfrachtet und konstruiert, und es sei kaum nachvollziehbar, dass an sich bereits unwahrscheinliche
Ereignisse - wie eine Zwangsrekrutierung und anschliessende Ausbildung, eine Entführung aus
einem Militärlager durch die AI-Shabaab, ein folgender Luftangriff und die folgende abenteuerliche
Rettung aus der Gefangenschaft, das Auffinden und die mehrmonatige Pflege durch eine ihm unbekannte Person
sowie das zufällige Treffen eines Bekannten in einer peripher gelegenen Kleinstadt - sich
innerhalb kurzer Zeit in einem ansonsten offenbar unbewegten Leben kulminieren sollten.
4.2 Dem
wurde in der Beschwerde entgegengehalten, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers sehr
wohl glaubhaft ausgefallen seien. So habe er seine Geschichte in den Anhörungen lebensnah und eindrücklich
geschildert. Seine Erzählungen seien geprägt von Realkennzeichen, und es hätten sich keine
nennenswerten Aussagewidersprüche ergeben. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das SEM seine Schilderungen
als überladen und konstruiert einschätze. Der Beschwerdeführer sei seiner Mitwirkungspflicht
sodann klar nachgekommen.
Die von der Vorinstanz dargelegten Einwände seien nicht stichhaltig beziehungsweise erklärbar.
Das SEM sei seiner Pflicht zur Berücksichtigung der besonderen Aspekte der Minderjährigkeit,
welche es in Verfahren mit UMA zu garantieren habe, nicht nachgekommen. Insbesondere habe sich der Befrager
gegenüber dem Beschwerdeführer nicht neutral verhalten und der Befragungsstil sei nicht «UMA-konform»
ausgefallen. Auch bei der Würdigung der Vorbringen müsse dem Alter Rechnung getragen werden,
was nicht erfolgt sei. Zudem sei das SEM auch mit keinem Wort auf die Feststellungen der Hilfswerksvertretung
und des Arztes eingegangen, wonach der Beschwerdeführer traumatisiert sei.
Was die eingereichten Beweismittel betreffe, so dürfe das SEM nicht die mit schweizerischen
Standards vergleichbaren Massstäbe verlangen. In Somalia bestehe keine einheitliche Registrierung
der Geburten; die Verwaltungen würden seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 1991 nicht mehr funktionieren,
weshalb die Behörden nicht imstande seien, offizielle Dokumente auszustellen. Der Beschwerdeführer
habe die Geburtsurkunde über seinen Onkel mütterlicherseits besorgt, welcher diese für
ihn habe ausstellen lassen. Dies ergebe sich so auch aus dem Dokument. Der Beschwerdeführer habe
mit der Beschaffung der Urkunde versucht, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, wohingegen das SEM
mit der Qualifikation des Dokuments als Totalfälschung einseitig nach Elementen suche, die gegen
den Beschwerdeführer sprechen könnten und damit den Eindruck der Voreingenommenheit erwecke.
Auch der Einwand betreffend die Sprache erscheine voreingenommen. Das LINGUA-Gutachten
bestätige,
dass die Muttersprache des Beschwerdeführers (...) sei. Die Hilfswerksvertretung habe ebenfalls
auf die Verständigungsschwierigkeiten hingewiesen. Der Beschwerdeführer habe diese damit erklärt,
dass der Dolmetscher der ersten Anhörung aus dem äthiopischen Ogaden-Gebiet gestammt habe und
entsprechend eine Varietät des Somali spreche und kein (...) verstehe. Die Dolmetscherin an
der BzP stamme hingegen aus (...)somalia und habe seinen Dialekt verstanden. Dies sei auch bei der
Dolmetscherin der ergänzenden Anhörung der Fall gewesen. Der Dolmetscher in der ersten Anhörung
habe sich eindeutig zu parteiischen und wertenden Aussagen hinreissen lassen, indem er zum Bespiel gesagt
habe, dass es auch Nigerianer gebe, welche sich als Somalis ausgeben würden. Die ersten Fragen der
Anhörung seien denn auch sehr angriffig gestellt worden. Der Beschwerdeführer habe dabei jedoch
lediglich geltend gemacht, dass das Standard-Somali nicht seiner Muttersprache entspreche und er Angst
habe, etwas nicht zu verstehen. Bereits in der BzP habe er erklärt, dass die Dolmetscherin auf Somali
langsam sprechen solle, damit er folgen könne. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb er seine
Tante zur Anhörung mitgenommen habe. Sowohl hier in der Schweiz als auch auf der Flucht habe er
sein Standard-Somali vertiefen können und spreche es immer besser.
Die Angaben betreffend das Verwandtschaftsverhältnis zur Tante seien damit begründbar,
dass die Tante erst mit seiner Ankunft in der Schweiz vom Beschwerdeführer und ihrer Schwester (seine
Mutter), welche nach der Heirat aus der Familie verstossen worden sei, erfahren habe. Die Mutter und
die Tante hätten aber nur denselben Vater. Der in B._______ lebende Onkel, bei dem sich der Beschwerdeführer
oft aufgehalten habe, sei ein gemeinsamer Verwandter. 2003 habe der damals rund (...)jährige
Beschwerdeführer die Tante dort einmal gesehen; allerdings hätten sie von ihrer Verwandtschaft
nichts gewusst und er habe erst später erfahren, dass dies seine Tante sei. Die Mutter habe den
Beschwerdeführer erst als er gross gewesen sei über die schwierigen Familienverhältnisse
aufgeklärt.
Die Schlussfolgerungen der Vorinstanz betreffend die Arztberichte seien gemäss Telefonat mit
dem behandelnden Arzt vom 20. Februar 2018 haltlos. Dass im Thorax keine Metallsplitter gefunden
worden seien, heisse nicht, dass sich nicht ausserhalb dieser Körperregion solche befinden könnten
oder sich diese bereits aus dem Körper herausgearbeitet hätten. Er spüre die Metallsplitter
im Rücken und diese seien auch ertastbar. Ein ankylosierter Ellbogen schliesse einen vorangegangenen
Bruch nicht aus. Vielmehr sei dem Arztbericht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer eine «Ellbogenfraktur
links angetan [worden sei], welche ohne ärztliche Versorgung ankylosiert» sei. Die Beschwerden
seien gemäss Auskunft des behandelnden Arztes denn auch auf einen schlecht verheilten Bruch zurückzuführen.
Weiter habe er darauf hingewiesen, dass er den Beschwerdeführer an eine Psychiaterin verwiesen habe,
da er davon ausgehe, dass er schwer traumatisiert sei und unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung
leide. Diese Vermutung sei bereits durch die Hilfswerkvertretung geäussert worden, worauf das SEM
aber nicht eingegangen sei. Die Verletzungen und die Traumatisierung würden klar für die Glaubhaftigkeit
des Beschwerdeführers sprechen.
Was den eingereichten Zeitungsartikel angehe, so sei der dort erwähnte, zusammen mit seiner
Frau umgebrachte Friedensrichter im Militärlager B._______ Airport stationiert gewesen. Den Video-Link
habe der Beschwerdeführer eingereicht, weil er mit einem der dort erwähnten Jugendlichen in
B._______ rekrutiert worden sei und andere Jugendliche im zweiten Lager in F._______ gesehen habe. Es
sei aber richtig, dass das Video darüber hinaus keinen direkten Zusammenhang mit seinen Vorbringen
aufweise. Selbst wenn das vom SEM ausgearbeitete Länderconsulting die beschriebenen Luftangriffe
nicht erwähne, so bestätige die Recherche jedenfalls, dass die Region um B._______ stark umkämpft
sei. Die Tante des Beschwerdeführers habe sodann Kontakt zum Journalisten G._______ aufgenommen,
welcher regelmässig für die nicht online verfügbare Wochenzeitung (...) schreibe.
Die beigelegten Artikel würden über die vom Beschwerdeführer erlebten Luftangriffe berichten.
4.3 In
der Vernehmlassung räumte das SEM ein, dass es anfangs der ersten Anhörung zwar eine Verwirrung
betreffend angeblicher Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und dem
Dolmetscher entstanden sei. Daraus, dass der mit der Anhörung beauftragte SEM-Mitarbeiter in seinen
Fragen den Beanstandungen des Beschwerdeführers teilweise mit einer gewissen Verwunderung begegnet
sei, könne jedoch nicht gefolgert werden, die Fragen seien aggressiv gestellt worden. Es stimme
zwar und sei bedauerlich, dass sich der damals anwesende Dolmetscher unbefugterweise zum Inhalt der Anhörung
geäussert habe. Aus dem Protokoll gehe indessen nicht hervor, dass dadurch das Aussageverhalten
des Beschwerdeführers nachhaltig gestört worden wäre. Das SEM habe auf Gesuch der Rechtsvertreterin
hin für die ergänzende Anhörung eine neue Dolmetscherin aufgeboten. Den besonderen Aspekten
der Minderjährigkeit sei Rechnung getragen worden, zumal der Beschwerdeführer dazumal bereits
(...) Jahre alt gewesen sei. Es stimme nicht, dass die Anhörung kompliziert oder unpassend gewesen
sei. Vielmehr könne man der Befragung an mehreren Stellen entnehmen, dass der SEM-Mitarbeiter die
Fragen umformuliert habe, wenn der Beschwerdeführer damit Mühe bekundet habe. Er habe ihn sodann
dazu aufgefordert, sich für seine Ausführungen Zeit zu nehmen und sich nicht unter Druck zu
fühlen. Schliesslich würden sich aus den Anhörungsprotokollen keine konkreten Hinweise
ergeben, dass der Beschwerdeführer traumatisiert sei oder seiner psychischen Verfassung während
der Befragung nicht hinreichend Rechnung getragen worden wäre.
4.4 Der
Beschwerdeführer führte in der Replik aus, das SEM übersehe, dass die anwesende Rechtsvertretung
bereits im Protokoll vermerkt habe, dass der SEM-Mitarbeiter seine Ausführungen explizit in Zweifel
gezogen, praktisch kein Blickkontakt zu ihm hergestellt und insgesamt keine Vertrauensatmosphäre
geherrscht habe. Auch der komplizierte Befragungsstil sei explizit moniert worden. Darüber hinaus
würden sich den Protokollen weitere Hinweise auf die fehlende Vertrauensatmosphäre ergeben
und es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer an der ergänzenden Anhörung
nochmals seine ganze Geschichte habe wiederholen müssen, was sehr belastend für ihn gewesen
sei und den Eindruck vermittle, das SEM habe die Befragung dazu benutzt, Widersprüche zu provozieren.
5.
5.1 Der
Beschwerdeführer stellt in Frage, ob das SEM den zu beachtenden besonderen Verfahrensgarantien für
unbegleitete minderjährige Asylsuchende angemessen Rechnung getragen hat. Damit rügt er eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs, wobei sich auch die Frage stellt, ob der Sachverhalt hinreichend
abgeklärt wurde. Da formelle Rügen unter Umständen geeignet sind, eine Kassation des Verfahrens
zu begründen, sind diese vorab zu prüfen.
5.2
5.2.1 Der
mit Grundrechtsqualität ausgestattete Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2
BV) umfasst eine Anzahl verschiedener verfassungsrechtlicher Verfahrensgarantien. Der in Art. 32
VwVG konkretisierte Teilgehalt verpflichtet die Behörde nicht nur, den Parteien zu ermöglichen,
sich zu äussern und ihre Vorbringen tatsächlich zu hören (Art. 30 f. VwVG),
sondern sie auch sorgfältig und ernsthaft zu prüfen und in der Entscheidfindung zu berücksichtigen.
5.2.2 Ist
eine asylsuchende Person - wie dies der Beschwerdeführer während des vorinstanzlichen
Verfahrens noch war - minderjährig und unbegleitet, so haben die Behörden spezifische
verfahrensrechtliche Garantien zu beachten. Dies, um der besonderen Schutzbedürftigkeit der UMA
Rechnung zu tragen und insbesondere sicherzustellen, dass sie hinreichend gehört werden. Was die
Anhörung betrifft, so hat diese in der Regel in Anwesenheit des gesetzlichen Vertreters oder der
Vertrauensperson zu erfolgen. Die anhörende Person hat zudem dafür zu sorgen, dass den besonderen
Aspekten der Minderjährigkeit Rechnung getragen wird (Art. 7 Abs. 5 der Asylverordnung
1 vom 11. August 1999 [AsylV 1, SR 142.311]). Dabei sind insbesondere das Alter und der Reifegrad
und gegebenenfalls spezifische Verletzlichkeiten der UMA zu berücksichtigen. Sollte dies für
das Wohlbefinden der UMA während der Anhörung angezeigt sein, sind geeignete Massnahmen zu
treffen. Das SEM hat unter anderem in Bezug auf die Art und Weise der Befragung gewisse Regeln zu beachten.
Ein grosses Augenmerk ist im Rahmen der Anhörung auf eine den UMA gerecht werdende Atmosphäre
ab Beginn der Anhörung und eine empathische Haltung der befragenden Person - sowie insgesamt
auf ein vertrauensvolles Klima - zu richten, das es den UMA ermöglichen soll, vom Erlebten
zu berichten. Zu diesem Zweck soll die Vorinstanz den UMA bereits zu Beginn der Anhörung in einer
altersgerechten Sprache das Ziel der Befragung sowie die darauf anwendbaren Regeln erläutern. Ferner
soll es ihr alle Personen, die an der Anhörung mitwirken, vorstellen und deren Rolle erklären.
Die UMA sollen zu den sie im Verfahren unterstützenden Personen Vertrauen aufbauen können.
Dazu ist es notwendig, dass die befragende Person das Verhalten der UMA während der Anhörung
beobachtet und jede Form der nonverbalen Kommunikation vermerkt. Auch hat sie sich um eine wohlwollende
und neutrale Haltung zu bemühen. Insbesondere in einer ersten Phase sollten die Fragen sodann offen
formuliert werden, um einen freien Bericht zu fördern (vgl. zum Ganzen BVGE 2014/30 E. 2.3
m.w.H.).
5.2.3 Gemäss
Art. 12 VwVG stellt die Behörde den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls
der unter Buchstaben a-e aufgelisteten Beweismittel. Der Untersuchungsgrundsatz findet seine Grenze
an der Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden (Art. 8 AsylG, Art. 13 VwVG). Die Sachverhaltsfeststellung
ist unrichtig, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird
oder Beweise falsch gewürdigt worden sind; unvollständig ist sie, wenn nicht alle für
den Entscheid rechtswesentlichen Sachumstände berücksichtigt werden (vgl. Kölz/
Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl.,
2013, Rz. 1043).
5.3 Die
soeben dargelegten Grundsätze an ein Verfahren eines UMA wurden vorliegend kaum eingehalten:
5.3.1 Zunächst
ist festzustellen, dass von der Vorinstanz nicht in Frage gestellt wurde, dass es sich beim Beschwerdeführer
um einen unbegleiteten Minderjährigen (vgl. Art. 1a Bst. d AsylV 1) handelt. Was
die Verständigungsschwierigkeiten bei den Befragungen betrifft, so gibt es aufgrund der Akten keinen
Grund daran zu zweifeln, dass die Muttersprache des Beschwerdeführers (...) ist. Darauf hatte
er von Anfang an hingewiesen (vgl. Personalienblatt [SEM-Akte 1/2] S. 1; A5 S. 1; Schreiben
vom 12. Dezember 2016), und seine Herkunft aus B._______ gilt aufgrund des vom SEM in Auftrag gegebenen
LINGUA-Gutachtens als gesichert. Gemäss dem LINGUA-Experten ist (...) in dieser Region die vorherrschende
Sprache und angesichts der in der somalischen Sprache des Beschwerdeführers enthaltenen Fehler und
seines Akzents, gehe er davon aus, dass dessen Muttersprache, wie von ihm angegeben, (...) sei. Dem
Gutachten ist auch zu entnehmen, dass sein Somali, wie es bei Personen aus dieser Region zu erwarten
sei, der (...)-Varietät entspricht (vgl. ebd. S. 9 f.).
5.3.2 Bei
UMA ergeben sich im Asylverfahren oft Verfahrenssituationen, die sie aufgrund ihrer altersbedingten Unerfahrenheit
überfordern und
denen sie umso weniger gewachsen sind, je mehr sich der Kultur-
und Rechtskreis, aus dem sie stammen, vom schweizerischen unterscheidet, und je weniger sie die Sprache
verstehen, in welcher das Verfahren geführt wird. Beherrscht ein Beschwerdeführer die an der
Anhörung gewählte Sprache nicht, so ist ihm eine Mitwirkung nicht zuzumuten (vgl. Entscheidungen
und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission
[EMARK] 1998 Nr. 13
E. 4.b.ee S. 94; 1993 Nr. 36 E. 4.b und d). Vor-
liegend ist zwar
davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Somali verständigen und die Anhörung
- auch dank der Anwesenheit der Tante, welche unterstützend eingreifen konnte - in dieser
Sprache durchgeführt werden konnte. Es ist aber naheliegend, dass es für ihn einfacher gewesen
wäre, über die ohnehin schwierigen Erlebnisse in seinem Heimatland in seiner Muttersprache
berichten zu können. Seine Erklärung, die Dolmetscherin der BzP und der ergänzenden Anhörung
hätten aus (...)-somalia gestammt (wo gemäss LINGUA-Bericht im Somali der (...)-Dialekt
vorherrscht; vgl. ebd. S. 5), während der Dolmetscher der ersten Anhörung aus Äthiopien
beziehungsweise aus dem Ogaden-Gebiet komme (wo der Darood-Dialekt vorherrschend ist; vgl. ebd.), weshalb
ihm die Verständigung bei dieser Befragung noch schwieriger gefallen sei, ist sodann überzeugend
(vgl. A21 F4; Beschwerde S. 5 f.). Dass der Beschwerdeführer seine Sprache vorschob, um
für sein Verfahren ungerechtfertigte Vorteile abzuleiten, ist den Akten nicht zu entnehmen. Nachdem
er das SEM weder über seine Herkunft noch über seine Sprache getäuscht hat, ist der vorinstanzliche
Vorwurf der Verletzung der Mitwirkungspflicht unberechtigt.
5.3.3 Hinzu
kommt, dass sich - entgegen der Ansicht des SEM - aus den Akten deutliche Hinweise auf eine
Traumatisierung des Beschwerdeführers ergeben (vgl. Arztbericht von Dr. med. H._______, Facharzt
FMH, vom 3. November 2016 S. 1 [SEM-Akten A22]; Stellungnahme der Hilfswerksvertretung [A21
Unterschriftenblatt der Hilfswerkvertretung]; Arztbericht von Dr. med. E._______, a.a.O., vom 24. September
2019, S. 1 ff.) und er geltend macht, als 15-Jähriger Opfer einer behördlichen Zwangsrekrutierung
geworden zu sein und massive Gewalt erfahren zu haben, was vom Gericht als glaubhaft erachtet wird (vgl.
nachgehend E. 6). Auch wenn er bei der Anhörung bereits 17-jährig und damit in seiner
Entwicklung bereits weiter fortgeschritten war, wären die gesundheitliche Vulnerabilität und
die sprachbedingten Nachteile durch einfache, behutsame Fragen und die Schaffung einer besonders vertrauenswürdigen
Atmosphäre auszugleichen gewesen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sich
bei zwangsrekrutierten Kindern und Jugendlichen spezielle völkerrechtliche Verpflichtungen für
die Schweizer Behörden ergeben (vgl. insbes. Art. 6 Abs. 3 des von der Schweiz ratifizierten
Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung
von Kindern an bewaffneten Konflikten vom 25. Mai 2000; SR 0.107.1 [Fakultativprotokoll zur KRK]).
5.3.4 Dass
auf die besondere Situation des minderjährigen Beschwerdeführers eingegangen worden wäre,
ist den Anhörungsprotokollen nicht zu entnehmen. Weder in der ersten noch in der ergänzenden
Anhörung wurden einleitende Fragen des SEM zu Beginn der Befragung - etwa nach seinem Befinden,
dem bisherigen Verlauf in der Schweiz oder Ähnlichem - gestellt (vgl. A16 F1 ff., A21
F1 ff.), welche darauf abzielten, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Der in der Beschwerde erhobene
Einwand, dass sich der Dolmetscher der ersten Anhörung in wertender Weise über den Beschwerdeführer
geäussert hat und die von ihm verlangte Objektivität vermissen liess, wird vom SEM nicht bestritten
(vgl. Beschwerde S. 4 und 6 sowie auch die im Nachgang der Anhörung eingereichte Stellungnahme
der Rechtsvertretung vom 21. Dezember 2016 [vgl. SEM-Akte A17/2]). In der Vernehmlassung räumt
die Vorinstanz vielmehr ein, es stimme und sei bedauerlich, dass der damals anwesende Dolmetscher sich
unbefugterweise zum Inhalt der Anhörung geäussert habe (vgl. ebd. S. 2). Was die Haltung
des Sachbearbeiters betrifft, lässt sich aus den Anhörungsprotokollen zwar per se nicht auf
einen aggressiven Befragungsstil schliessen; er anerkennt jedoch selbst, zu Beginn auf die (wie dargelegt
berechtigten) Beanstandungen des Beschwerdeführers «mit einer gewissen Verwunderung» reagiert
zu haben (ebd.). Die Fragen zur Sache wurden zudem nicht, wie es vor allem in der ersten Phase der Befragung
angezeigt wäre, offen gestellt, sondern richteten sich einschränkend auf spezifische Themen
und förderten damit das freie Berichten nicht (vgl. A16 F11 ff., A21 F2 ff.). Dass der
Sachbearbeiter die Erzählungen des Beschwerdeführers an besonders schwierigen Stellen der Sachverhaltsgeschichte
mit Fragen unterbrach (vgl. z.B. A21 F74) oder auf emotionale Regungen nicht in erkennbarer Weise einging
(vgl. A21 F48 und F151) lässt nicht auf die emphatische Haltung schliessen, welche bei der Befragung
eines UMA erforderlich ist. Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle auf die Stellungnahme
der Hilfswerksvertretung sowie auf die von der Rechtsvertretung am Schluss der ergänzenden Anhörung
angebrachte Bemerkung hinzuweisen, in welchen ein fehlender Blickkontakt sowie ein unangemessener Befragungston
seitens des Sachbearbeiters moniert wurde (vgl. A21 F149, Unterschriftenblatt der HWV).
5.3.5 An
mehreren Stellen der Befragungen wird sodann offensichtlich, dass der Beschwerdeführer Mühe
hatte, die Fragen zu verstehen oder sogar überfordert schien. Der Vorwurf in der Beschwerde, wonach
die Fragestellungen teilweise kompliziert ausgefallen seien, ist berechtigt (vgl. z.B. A16 F40, F42,
F78 f.; A21 F8-12, F15, F13-27, F71, F73 f., F87 ff.). Insbesondere versuchte
der Sachbearbeiter den Beschwerdeführer in der ergänzenden Anhörung wiederholt zu einem
Perspektivenwechsel zu bewegen, womit der Minderjährige offenkundig überfordert war (vgl. z.B.
A21 F7 f., F11 f., F28, F36-38, F41 f.). Nachdem die erste Anhörung (am frühen
Nachmittag) nicht aus einem aus den Akten erkennbaren Grund unter-
brochen wurde (vgl.
A16 F77), ist sodann nicht nachvollziehbar, weshalb das SEM in der ergänzenden Anhörung nicht
einfach die Erstellung des Sachverhalts weiterführte, sondern den Beschwerdeführer das bereits
Dargelegte noch einmal erzählen liess (vgl. insbes. A21 F13-27). Im Verlauf dieser Anhörung
forderte ihn der Sachbearbeiter zur gleichen Frage teilweise sogar mehrmals auf, seine Ausführungen
noch einmal zu konkretisieren, obwohl die vorigen Antworten bereits detailliert ausfielen (vgl. z.B. A21
F27-39, F41-49, F73-76, F83-86, F94 f.). Ob der in der
Beschwerde
erhobene Einwand, ein solches Verhalten erwecke den Eindruck, als wollte der Sachbearbeiter Widersprüche
provozieren, berechtigt ist, muss nicht abschliessend geprüft werden; es ist zumindest naheliegend,
dass eine solche Befragungsweise für eine minderjährige Person verunsichernd sein kann, was
an mehreren Stellen des Protokolls zum Ausdruck kommt (vgl. insbes. A21 F15 f., F19, F20, F22 ff.,
F48 f.). Unter den aufgezeigten Umständen dauerte die ergänzende Anhörung sodann
insgesamt achteinhalb Stunden, was für eine minderjährige Person offenkundig zu lange ist.
5.3.6 Nach
dem zuvor Gesagten ist festzustellen, dass sowohl bei der ersten als auch bei der ergänzenden Anhörung
die nötige Atmosphäre und die erforderliche Neutralität, in welcher ein traumatisierter
Jugendlicher gegenüber den anwesenden erwachsenen Fachpersonen Vertrauen aufbauen könnte, nicht
gegeben war.
5.4 Es
stellt sich unter diesen Umständen die Frage, ob aufgrund dieser Mängel der Sachverhalt als
hinreichend erstellt betrachtet werden kann.
5.4.1 Aufgrund
der Anhörungsprotokolle ist zwar festzustellen, dass die Protokollierung der Aussagen des Beschwerdeführers
aufgrund der nicht einwandfreien Verständigung an mehreren Stellen nur im Rahmen von Rückfragen
des Dolmetschers oder durch Ergänzungen der anwesenden Tante gewährleistet werden konnte (vgl.
A16 F76 S. 11; A21 F68; F42, F56, F72, F74, F83, F86, F96, F97, F99, F112, F114, F140, F144 ff.).
Bei der Rückübersetzung der ergänzenden Anhörung räumte die Dolmetscherin bei
der Beanstandung der Protokollierung der Frage 18 sodann ein, dass der Beschwerdeführer Vieles gesagt
habe und sie nicht habe «Eins-zu-Eins» übersetzen können (vgl. A21 S. 23), was
weitere Fragen aufwirft. Es gibt auch zudem Hinweise auf Übersetzungsfehler beziehungsweise darauf,
dass das Protokoll an gewissen Stellen lückenhaft ist (vgl. A16 F76 S. 11 versus A21 F72 [betreffend
Toll anstatt (...)]; ausserdem A21 F139, F140, F144 ff.).
5.4.2 Trotz
dieser Besonderheiten ist den Protokollen aber eine insgesamt hinreichende Sachverhaltsschilderung zu
entnehmen und dem Beschwerdeführer ist es trotz der unvorteilhaften Befragungssituation gelungen,
seine Ausreisegründe substanziiert darzulegen. So berichtete er sowohl bei der ersten als auch bei
der ergänzenden Anhörung ausführlich über seine persönliche Situation und die
Nachteile, die er in seinem Heimatstaat erfahren hat. Auf die Frage, was nach der Ausbildung im Rekrutierungscamp
passiert sei, antwortete der Beschwerdeführers beispielsweise über vier Protokollseiten hinweg
in freier Rede (vgl. A16 F76 S. 10-13) und auch auf die mehrheitlich geschlossenen Fragen
in der ergänzenden Anhörung hin machte er regelmässig detaillierte Angaben (vgl. z.B.
A21 F41, F51, F72, F83 f., F91 f.). Die Gesamtdauer aller Befragungen betrug mehr als 15 Stunden.
Auf dieser Grundlage ist es möglich, ein vollständiges Bild über die Asylgründe des
Beschwerdeführers zu erhalten und der rechts-erhebliche Sachverhalt kann in diesem Sinne als hinreichend
erstellbar qualifiziert werden.
5.5 Gemäss
Art. 61 Abs. 1 VwVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich in der Sache
selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Die
Wahl der Entscheidform liegt weitgehend im pflichtgemässen Ermessen der Beschwerdeinstanz, wobei
die Urteilsform verhältnismässig und auf den jeweiligen individuell-konkreten Fall zugeschnitten
sein muss. Eine Rückweisung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn weitere Tatsachen festgestellt
werden müssen und ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen ist (vgl. Madeleine
Camprubi, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG-Kommentar,
2. Aufl. 2019, Art. 61 Abs. 1 Rz. 10; Phillipe
Weissenberger /
Astrid Hirzel,
in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Art. 61 VwVG Rz. 16).
Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der Sachverhalt, wie zuvor dargestellt,
als insgesamt hinreichend
abgeklärt betrachtet werden kann. Inwiefern die oben erwähnten Mängel des erstinstanzlichen
Verfahrens, für sich alleine oder insgesamt, eine Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz
rechtfertigen würden, braucht hier nicht abschliessend geprüft zu werden. Nach einer Würdigung
sämtlicher vorliegender Elemente, kommt das Gericht nämlich zum Schluss, dass es die Entscheidreife
selbst herstellen kann. Dem Beschwerdeführer erwächst mit einem reformatorischen Entscheid
schon deshalb kein Nachteil, weil die Beschwerde, wie gleich aufgezeigt wird, auch inhaltlich gutzuheissen
ist.
6.
6.1 Glaubhaftmachen
im Sinne des Art. 7 Abs. 2 AsylG bedeutet im Gegensatz zum strikten Beweis
ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus Raum für gewisse Einwände und Zweifel an
den Vorbringen. Eine Behauptung gilt bereits als glaubhaft gemacht, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit
nicht völlig überzeugt ist, sie aber überwiegend für wahr hält, obwohl nicht
alle Zweifel beseitigt sind. Entscheidend ist im Sinne einer Gesamtwürdigung, ob die Gründe,
die für eine Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht; dabei
ist auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen (BVGE 2015/3 E. 6.5.1). Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind,
den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel
abgestützt werden (Art. 7 Abs. 3 AsylG).
Die Glaubhaftigkeit von Aussagen asylsuchender Personen kann im Rahmen
eines inhaltsorientierten
Ansatzes aufgrund sogenannter Realkennzeichen beurteilt werden. Die Realkennzeichen
ermöglichen
eine Differenzierung zwischen erlebnisbasierten und erfundenen respektive verfälschten Aussagen.
Je mehr Realkennzeichen eine Aussage enthält, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass
die Aussage auf eigenem Erleben beruht. Dabei sind immer die Fähigkeiten der aussagenden Person
und die Komplexität des vorgebrachten Geschehens zu berücksichtigen. Zu den Realkennzeichen
gehören insbesondere die logische Konsistenz, die ungeordnete, aber inhaltlich letztlich stimmige
Darstellung, der quantitative Detailreichtum, raum-zeitliche Verknüpfungen, die Wiedergabe von Gesprächen,
ausgefallene Einzelheiten, spontane Verbesserungen der eigenen Aussagen, das Eingeständnis von Erinnerungslücken
sowie die Schilderung von Interaktionen, Komplikationen, Nebensächlichkeiten, unverstandenen Handlungselementen
und eigenen psychischen Vorgängen (vgl. Angelika Birck, Traumatisierte
Flüchtlinge, Wie glaubhaft sind ihre Aussagen?, Heidelberg 2002, S. 82 ff. und S. 139 ff.;
Revital Ludewig / Daphna Tavor / Sonja Baumer, Wie können aussagepsychologische
Erkenntnisse Richtern, Staatsanwälten und Anwälten helfen?, in: AJP 11/2011,
S. 1423 ff.; vgl. auch BGE 129 I 49 E. 5 sowie BVGE 2015/3 E. 6.5.1, 2013/11
E. 5.1 und 2012/5 E. 2.2, jeweils m.w.H.).
6.2 Nach
einer Würdigung sämtlicher für und gegen die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Beschwerdeführers
sprechenden Elemente, erachtet das Bundesverwaltungsgericht die geltend gemachten Asylgründe für
überwiegend glaubhaft.
6.2.1 Den
Aussagen des Beschwerdeführers sind ungewöhnlich viele Realkennzeichen zu entnehmen und zwar
in Bezug auf alle für das Asylverfahren massgebenden Sachverhaltselemente: die behördliche
Zwangsrekrutierung, den bei der Ausbildung erlebten Bestrafungsmethoden, der Entführung durch Mitglieder
der Al-Shabaab und die dort erlebte massive Gewalt sowie seine Flucht aus der Gefangenschaft und aus
Somalia. Sowohl die Ausführungen bei der BzP als auch bei der ersten und ergänzenden Anhörung
ergeben ein substanziiertes und widerspruchfreies Bild. Auch der Arztbericht vom 24. September 2019,
welchem im Rahmen der ärztlichen Anamnese eine ausführliche Wiedergabe des vom Beschwerdeführer
im Heimatland Erlebten zu entnehmen ist, lässt sich lückenlos in die bereits bei den Asylbehörden
gemachten Aussagen einfügen. Obwohl die darin diagnostizierte schwere PTBS allein noch kein Beleg
für die attestierten zugrunde gelegten Erfahrungen darstellt, kann der Bericht dennoch als Indiz
für die Glaubhaftigkeit der Sachverhaltsdarstellung gewertet werden, zumal die von der Ärztin
beschriebenen Erzählungen rund drei Jahre nach den Anhörungen des Beschwerdeführers im
Rahmen des Asylverfahrens stattfanden.
6.2.2 Auffallend
bei den Schilderungen des Beschwerdeführers sind insbesondere die vielen (auch unerwarteten) Details,
welchen den Anhörungsprotokollen zu entnehmen sind und zwar nicht nur in Bezug auf die Kernaussagen,
sondern auch hinsichtlich scheinbar unwesentlicher Sachverhaltselemente.
6.2.3 Bei
der Rekrutierung durch die behördlichen oder regierungsnahen Soldaten legt er nicht nur die relevanten
Umstände ausführlich dar (vgl. A16 F74 S. 9; A21 F27 ff., F149), sondern beschreibt
auch die Zeit der Festnahme (bei Sonnenuntergang, als er nach Hause habe gehen wollen), den genauen Ort
der Rekrutierung (auf dem Weg nach Hause auf der asphaltierten Strasse an der I._______- und der J._______-Stelle)
und den Ablauf lebensnah (vgl. A16 F74 S. 9; A21 F27, F39). Authentisch wirkt beispielsweise die
spontane Antwort auf die - an jener Stelle der ergänzenden Anhörung kaum zu erwartenden
- Frage des Rechtsvertreters nach der Anzahl der Soldaten, welche ihn damals aufgegriffen hätten
(vgl. A21 F149). Auch die Umschreibung der beiden Ausbildungsorte, seiner Tätigkeiten in der Küche
sowie der von den Ausbildnern angewandten Bestrafungsmethoden weisen einen hohen Detailierungsgrad auf
(vgl. A16 F74 S. 9 f, F76 S. 10; A21 F27, F40, F51 f., F 62 f., F67 f.;
A5 Ziff. 5.01 S. 9). Nicht nur Nebensächlichkeiten, wie etwa, dass sie bei der ersten Instruktion
durch die Soldaten auf rotem Sand gesessen seien und es heiss gewesen sei (vgl. A21 F44 f.) oder
es am zweiten Ort viele Läuse gehabt habe (vgl. A16 F76 S. 10), lassen die Erzählungen
echt erscheinen. Auch der Umstand, dass er Situationen zu relativeren vermag (vgl. z.B. A21 F60 f.)
sowie die Vielzahl an spontanen Verknüpfungen des Erlebten mit persönlichen Erinnerungen, zum
Beispiel der Hinweis, die äthiopischen Soldaten habe man an einer Markierung «oben rechts»
am T-Shirt erkannt (vgl. A21 F58; weiter auch A16 F74 S. 10; A21 F51, F65), weisen auf selbst erlebte
Erfahrungen hin. Die diversen Fragen des Sachbearbeiters namentlich zu seiner Einheit, dazu, wie sein
Vorgesetzter geheissen habe und wie sie diesen gegrüsst hätten sowie wer die Personen gewesen
seien, die ihn schlecht behandelt hätten, vermochte er alle, ohne Zögern zu beantworten, wobei
er auch hier ungefragt und proaktiv weitere Details bekannt gab und das Erlebte teilweise mit Körpersprache
untermauerte (vgl. A21 F56, F58, F59, F67 ff. F70, F74 S. 10). Die Schilderungen des Beschwerdeführers
zur damaligen Situation in B._______ und der allgemeinen Lage fügen sich schliesslich in das durch
die dem Gericht zugänglichen öffentlichen Quellen vermittelte Bild ein. So lässt sich
diesen entnehmen, dass Zwangsrekrutierungen von Jugendlichen in Somalia nicht nur seitens der Al-Shabaab
verbreitet sind, sondern auch durch das somalische Militär und ihre Verbündeten vorkommen (vgl.
insb. United States Department of State, Country Reports
on Human Rights Practices for 2019, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/SOMALIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf,
alle Links zuletzt abgerufen am 21.4.2020, S. 1 und S. 12 f.). In der Zeit der geltend
gemachten Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers im Januar 2015 wird zudem von politischen Spannungen
und Demonstrationen in B._______ berichtet, was ebenfalls zur die Sachverhaltsschilderung des Beschwerdeführers
passt (vgl. A16 F 74 S. 9; A21 F28; insbes. EASO Country of Origin Information Report: Somalia
Security Situation, Februar 2016, S. 38 ff.; AllAfrica, [...]).
6.2.4 Die
Aussagen in Bezug auf die Entführung durch die Al-Shabaab, die dort erlebten Misshandlungen sowie
die nachfolgende Flucht aus dem Camp der islamistischen Miliz sind ebenfalls substanziiert und enthalten
eine Vielzahl von Realkennzeichen, welche auf persönliche Erfahrungen hinweisen. Alles andere als
stereotyp fällt etwa die Beschreibung aus, wie die Jugendlichen beim Angriff der behördlichen
Militärbasis von den Al-Shabaab-Kämpfern gezwungen worden seien, in eine Reihe zu stehen, er
und vier weitere Personen aus dieser Reihe herausgenommen - und bevor sie mit dem Fahrzeug weggebracht
- worden seien und noch hätten Waren aufladen müssen (vgl. A16 F76 S. 10 f.).
Die Ergänzung, auch einige Al-Shabaab-Mitglieder hätten beim Aufladen mitgeholfen (ebd.), wirkt
ebenfalls lebensecht. Eindrücklich fällt auch auf, wie das Erlebnis, dass einem der entführten
Soldaten der Kopf abgeschnitten und den Jugendlichen als Warnung gezeigt worden sei, offensichtlich in
unterschiedlichem Kontext zum Referenzpunkt der Erinnerungen des Beschwerdeführers wird (vgl. A21
F77, F83, F79). Dass der Beschwerdeführer das Erlebte aus unterschiedlichen Blickwinkeln einzuordnen
vermag, zeigt sich unter anderem an den kongruenten Antworten bei den Fragen in der ergänzenden
Anhörung (vgl. A21 F41 und F70), wo der Name der Person, welche getötet worden sei und welche
ihn geschlagen habe, mit der Aussage in der der ersten Anhörung übereinstimmt, er habe jenen
Namen bekannt gegeben, der sie oft beschimpft habe (vgl. A16 F76 S. 11). An mehreren Stellen zeigte er
dem Sachbearbeiter sodann unaufgefordert Narben oder wies ihn auf Körperteile hin, von welchen er
aufgrund der Schläge noch heute gezeichnet ist (vgl. A21 F83, F84, F91). Auch die Umschreibung des
Luftangriffs durch äthiopische Streitkräfte, welcher zur Befreiung aus dem Al-Shabaab-Camp
führte, sowie die nachgehende Flucht, enthalten viele lebensbasierte Eindrücke, unter anderem
der Hinweis, dass er in jener Nacht aufgrund von Schmerzen nicht gut habe schlafen können und die
spontane Verknüpfung der Geräusche, die er plötzlich gehört habe, mit einer Erinnerung
aus vergangenen Tagen, als es in seiner Heimatregion zu Luftangriffen gekommen sei (vgl. A21 F92; weitere
Realkennzeichen: vgl. A5 Ziff. 5.01 S. 9; A16 F76 S. 11 f.; A21 F72, F74, F83 f.,
F91 ff).
6.2.5 Die
Schilderung, wie er zusammen mit dem Nomaden, der ihm bei der Flucht geholfen habe, auf einem Markt einen
Bekannten seiner Familie traf, scheint zwar auf den ersten Blick im Vergleich zu den soeben dargelegten
Aussagen etwas weniger substanziiert (vgl. z.B. A21 F14). Auch wirkt der Sachverhaltsvorhalt, wonach
ein lokaler Radiosender den Namen des Beschwerdeführers bekannt gegeben und ihn im Beitrag spezifisch
für die Tötung der somalischen Soldaten verantwortlich gemacht habe, was er über diesen
Bekannten erfahren habe (vgl. A16 F76 S. 13), nicht naheliegend. Die Darstellung, dass über
das Radio in Erfahrung gebracht werden konnte, dass die entführten Jugendlichen insgesamt für
die Tötung verantwortlich gemacht worden sind, wie es der Beschwerdeführer in der ergänzenden
Anhörung nahelegt (vgl. A21 F12, F15, F18), erscheint hingegen nicht unwahrscheinlich. Immerhin
lassen sich zumindest, wie zuvor festgestellt, in Bezug auf die Schilderung der von der Al-Shabaab erpressten
Informationen, Realkennzeichen entnehmen (vgl. insb. A16 F76 S. 11; A21 F10, F41, F70). Dies gilt
auch für die Darstellung der Begegnung des Beschwerdeführers mit einem Bekannten, unter anderem
der Hinweis auf die vielen Autos, die es beim Tiermarkt gehabt habe, dass er diese Person an einer religiösen
Trauung kennen gelernt habe und, wie sie einander erkannt hätten, als der Blickkontakt entstanden
sei (vgl. A16 F76 S. 13, A21 F143 f.). Dass sein Vater nach seiner Flucht inhaftiert worden
sei, erwähnte er sodann bereits bei der BzP und bestätigte dies an beiden Anhörungen (vgl.
A5 Ziff. 7.01; A16 F76 S. 13; A21 F3 ff.). Es ist sodann festzustellen, dass sich gerade
bei den diesbezüglichen Ausführungen einige Anhaltspunkte für eine unvollständige
Protokollierung ergeben (vgl. insbes. A21 F15, F144-148). Angesichts des hier massgebenden Beweismasstabs
dürfen gewisse Zweifel an einer Behauptung schliesslich bestehen bleiben, da es ausreicht, wenn
sie das Gericht bei einer Abwägung der Gesamtumstände als überwiegend wahr ansieht.
6.2.6 Im
Rahmen dieser Gesamtabwägung ist festzustellen, dass angesichts der Vielzahl der Realkennzeichen
- welche oben im Übrigen noch nicht abschliessend dargelegt worden sind - die für
die Glaubhaftigkeit des Beschwerdeführers sprechenden Elemente eindeutig überwiegen. Das SEM
unterliess es indessen, diese bei seiner Glaubhaftigkeitsprüfung zu berücksichtigen und würdigte
die wenigen, gegen die Glaubhaftigkeit sprechenden Punkte einseitig zu seinen Ungunsten. Die Argumente
der Vor-instanz vermögen dabei nicht zu überzeugen.
So erscheinen etwa die vom SEM dargelegten angeblichen Ungereimtheiten zum Verwandtschaftsverhältnis
des Beschwerdeführers und seiner Tante, gesamthaft betrachtet nicht wesentlich und sind angesichts
des in der Beschwerde Dargelegten erklärbar (vgl. ebd. S. 6 f.). Dass die
Vorinstanz
nahelegt, aufgrund der fehlenden öffentlich zugänglichen Quellen bezüglich den geltend
gemachten Luftangriffen, sei zu vermuten, dass der Beschwerdeführer Ereignisse nach Belieben erfinde,
ist ein unzulässiger Schluss. Zum einen heisst der Umstand, dass das SEM bei seinen Recherchen keine
Belege für die vorgebrachten Ereignisse gefunden hat, noch nicht, dass solche nicht stattgefunden
haben, zumal davon ausgegangen werden muss, dass über den kriegerischen Konflikt in (...)somalia
nicht lückenlos berichtet wird. Zum anderen wurde bereits zuvor dargelegt, dass sich das Bild, das
sich aus den öffentlich zugänglichen Quellen ergibt, in die Schilderungen des Beschwerdeführers
einfügen lassen. Die dort dargelegten für den Beschwerdeführer sprechenden Erkenntnisse,
welche zum Teil auch dem internen Länderconsulting zu entnehmen sind (vgl. SEM-Akte A25), blieben
vom SEM jedoch ungewürdigt. Auch die Erkenntnisse aus den Arztberichten stehen der Sachverhaltsschilderung
des Beschwerdeführers sodann nicht entgegen, und es wird im Rechtsmittel zu Recht darauf hingewiesen,
dass der Umstand, wonach keine Metallsplitter im Thorax des Beschwerdeführers gefunden worden sind,
nicht gegen die beschriebenen Schmerzen spricht. Es ist sodann richtig, dass der Arzt darauf hinwies,
dass die Entzündungen auf einen Ellbogenbruch in seinem Heimatland zurückzuführen sein
könnten (vgl. Beschwerde S. 7 f.; Arztbericht vom 3. November 2016, a.a.O., S. 1).
Es erübrigt sich auf die weiteren Einwände des SEM einzugehen, da sie nicht geeignet sind,
am Eindruck der insgesamt glaubhaft gemachten Sachverhaltsdarstellung etwas zu ändern.
6.3 Im
Ergebnis konnte der Beschwerdeführer demnach glaubhaft machen, dass er als Minderjähriger 2015
von behördlichen oder regierungsnahen Truppen zwangsrekrutiert wurde, um für den militärischen
Kampf gegen die Al-Shabaab ausgebildet zu werden. Im Rahmen der Ausbildung wurde er durch Mitglieder
der Al-Shabaab entführt und während dieser Entführung Opfer massiver Gewalterfahrungen.
Ebenfalls ist als überwiegend glaubhaft zu erachten, dass er den Mitgliedern der Al-Shabaab Namen
somalischer Soldaten, welche dem (...)-Clan angehören, bekanntgab und diese
im Anschluss an die Entführung der Jugendlichen von diesen getötet wurden. Bei dieser Sachlage
ist auch das Vorbringen nachvollziehbar, dass die entführten Jugendlichen, inklusive der Beschwerdeführer,
behördlich gesucht wurden. Aufgrund von durch ihn nicht beeinflussbaren Umständen konnte der
Beschwerdeführer vom Camp der Al-Shabaab fliehen und schliesslich sein Heimatland verlassen.
7.
7.1 Nach
dem Gesagten ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes
die Flüchtlingseigenschaft erfüllt.
7.2 Nach
Lehre und Rechtsprechung erfüllt eine asylsuchende Person die Flüchtlingseigenschaft im Sinne
von Art. 3 AsylG und Art. 1A des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung
der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30), wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer
Zukunft mit gutem Grund Nachteile von bestimmter Intensität befürchten muss, die ihr gezielt
und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive zugefügt zu werden drohen und vor denen sie keinen ausreichenden
staatlichen Schutz erwarten kann (vgl. BVGE 2007/31 E. 5.2 f.; 2008/4 E. 5.2, jeweils
m.w.H.). Die fünf in Art. 3 Abs. 1 AsylG erwähnten Verfolgungsmotive sind über
die sprachlich allenfalls engere Bedeutung ihrer Begrifflichkeit hinaus so zu verstehen, dass die Verfolgung
wegen äusserer oder innerer Merkmale, die untrennbar mit der Person oder Persönlichkeit des
Opfers verbunden sind, erfolgt ist beziehungsweise droht (vgl. BVGE 2014/27 E. 6.3). Aufgrund der
Subsidiarität des flüchtlingsrechtlichen Schutzes setzt die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft
ausserdem voraus, dass die betroffene Person in ihrem Heimat- oder Herkunftsstaat keinen ausreichenden
Schutz finden kann (vgl. BVGE 2008/12 E. 7.2.6.2; 2008/4 E. 5.2). Massgeblich für die
Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Situation im Zeitpunkt des Entscheids, wobei allerdings
erlittene Verfolgung oder im Zeitpunkt der Ausreise bestehende begründete Furcht vor Verfolgung
auf andauernde Gefährdung hinweisen kann. Veränderungen der Situation zwischen Ausreise und
Asylentscheid sind zugunsten und zulasten der asylsuchenden Person zu berücksichtigen (vgl. BVGE
2010/57 E. 2, 2010/9 E. 5.2, 2007/31 E. 5.3 f., jeweils m.w.H.).
7.3 Das
Bundesverwaltungsgericht kommt nach Würdigung der gesamten Aktenlage und aufgrund des als glaubhaft
zu erachtenden Sachverhalts zum Schluss, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach
Somalia einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
7.3.1 Zunächst
ist darauf hinzuweisen, dass die Zwangsrekrutierung von minderjährigen Personen im humanitären
Völkerrecht grundsätzlich verboten ist. Die Rekrutierung von Kindern unter 15 Jahren stellt
ein Kriegsverbrechen dar und wird im Rahmen des Universalitätsprinzips auch in der Schweiz strafrechtlich
verfolgt, selbst wenn die Tat im Ausland begangen wurde (vgl. Art. 2 Fakultativprotokoll zur KRK;
Art. 8 Abs. 2 Bst. b xxvi und Bst. e vii Römer Statut des Internationalen
Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, SR 0.312.1; Art. 264f
i.V.m. Art. 264m StGB). Eine gegen den Willen eines minderjährigen
Jugendlichen erfolgte Einziehung ins Militär und seine Ausbildung zur Teilnahme an Kampfhandlungen
kann demnach per se keine staatlich legitimierte Massnahme darstellen (vgl. Christa
Luterbacher, Die flüchtlingsrechtliche Behandlung von Dienstverweigerung und Desertion, 2004,
S. 61 ff.).
Die behördliche Zwangsrekrutierung des damals knapp 15-jährigen Beschwerdeführers
und dessen Aussetzung in einer kriegerischen Situation erfüllen die geforderte Intensität der
ernsthaften Nachteile im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AsylG demnach genauso wie die im Rahmen der
Entführung durch die Al-Shabaab erlebten Misshandlungen.
7.3.2 Betreffend
das flüchtlingsrechtlich relevante Motiv ist Folgendes festzustellen: Der Beschwerdeführer
deutet in seinem Sachverhaltsvorhalt darauf hin, dass seine Rekrutierung insbesondere auf seinen Beruf
als Schuhputzer beziehungsweise seiner Zugehörigkeit zum als minderwertig angesehenen (...)-Clan
zurückzuführen ist (vgl. A21 F28, F30, F32). Zwar fokussieren sich viele der öffentlich
zugänglichen Quellen auf Zwangsrekrutierungen durch die radikal islamische Al-Shabaab, die dortigen
Erkenntnisse lassen aber auch Rückschlüsse auf die Rekrutierungsprofile der Regierungstruppen
und regierungsnahen Milizen zu. Aufgrund dieser Quellen ist zu schliessen, dass Ziel von Zwangsrekrutierungen
von Jugendlichen vor allem marginalisierte Gesellschaftsschichten betreffen (vgl. insb. Human Rights
Watch, It's Like We're Always in a Prison: Abuses Against Boys Accused of National Security
Offenses in Somalia, 21. Februar
2018, https://www.hrw.org/sites/default/files/report_pdf/somalia0218_
web.pdf, S. 15 f.; in Bezug auf die Heimatregion des Beschwerdeführers vgl. REACH, Somalia:
Joint Multi Cluster Needs Assessment - Initial Findings, September 2018, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/reach_som_initial_findings_report_joint_multi_
cluster_needs_assessment_2018.pdf, S.6). Es war demnach kein Zufall, dass der Beschwerdeführer als
Schuhputzer und Angehöriger einer Minderheitengruppe Opfer der behördlichen Zwangsrekrutierung
wurde. Diese war vielmehr gezielt und hing mit Merkmalen zusammen, die mit seiner Persönlichkeit
untrennbar verbunden sind. Die Verfolgungssituation wird durch die Tötung von Soldaten, welche dem
in der Region vorherrschenden (...)-Clans angehören, um eine ethnische Komponente erweitert.
Was die Entführung durch die Al-Shabaab betrifft, deren Ziel die Errichtung eines islamischen Staates
in Somalia ist (vgl. BVGE 2013/27 E. 8.5.2), so ist das Motiv religiös beziehungsweise politisch
bedingt.
7.3.3 Anders
als die behördliche Zwangsrekrutierung, sind die zugefügten Nachteile durch die Al-Shabaab,
welche in der Heimatregion des Beschwerdeführers nicht mehr die faktischen Kontrolle ausüben,
nicht-
staatlicher Natur. Aufgrund des jahrlangen Bürgerkriegs finden sich in
Somalia keine funktionierenden behördlichen Strukturen vor und zumal gewisse Teile (...)somalias
weiterhin von der Al-Shabaab beherrscht werden, kann bei einer Verfolgung durch die islamische Miliz
nicht ohne Weiteres vom Schutz der Behörden ausgegangen werden (vgl. BVGE 2014/27 E. 5.2 f.;
2013/27 insbes. E. 8.5.5; Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, UNHCR
Position on Return to Southern and Central Somalia, Mai 2016, abzurufen unter: https://www.unhcr.org/ke/wp-content/uploads/sites/2/2016/05/UNHCR-Somalia-Returns-Advisory-May-201
62.pdf, 21.4.202, S. 2 ff.).
Der Beschwerdeführer ist als Angehöriger einer Minderheitengruppe nicht nur nicht durch
einen Mehrheits-Clan geschützt; vielmehr dürfte ihm dieser aufgrund der Bekanntgabe der Namen
von Soldaten des Mehrheits-Clans und der daraufhin erfolgten Tötung dieser Männer feindlich
gesinnt sein. Auch angesichts des fluchtbedingten Entzugs aus der militärischen Ausbildung kann
er einen solchen Schutz nicht erwarten. Eine zumutbare innerstaatliche Schutzalternative in einem anderen
Landesteil Somalias kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil das SEM die Wegweisung nach Somalia
als grundsätzlich unzumutbar qualifiziert (und den Beschwerdeführer vorläufig in der Schweiz
aufgenommen hat). Schliesslich war die Verfolgung im Zeitpunkt der Landesflucht noch aktuell.
7.4 Nach
dem Gesagten ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer Somalia aufgrund einer flüchtlingsrechtlich
relevanten Verfolgung verlassen hat. Damit erfüllte er im Zeitpunkt seiner Flucht die Flüchtlingseigenschaft.
7.5 Praxisgemäss
besteht die Regelvermutung, dass von erlittener, mit der Ausreise in Kausalzusammenhang stehender Vorverfolgung
ohne Weiteres auf das Bestehen einer begründeten Furcht vor weiterer, zukünftiger Verfolgung
zu schliessen ist (vgl. BVGE 2009/51 E. 4.2.5 m.w.H.; Walter Kälin,
Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S. 126 ff.). Vorliegend besteht kein Grund, von dieser Regelvermutung
abzuweichen.
7.6 Nach
Würdigung der gesamten Aktenlage bleibt festzustellen, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen
für die Zuerkennung der originären Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG
erfüllt. Da den Akten keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die auf das Vorliegen von Ausschlussgründen
im Sinne von Art. 53 AsylG hindeuten würden, ist ihm in der Schweiz Asyl zu gewähren (vgl.
Art. 49 AsylG). Die Rüge der Verletzung von Bundesrecht erweist sich damit als berechtigt.
Die Beschwerde ist gutzuheissen.
8.
8.1 Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG).