Sachverhalt:
A.
Die
Beschwerdeführenden sind äthiopische Staatsangehörige amharischer Ethnie und stammen aus
D._______. Gemäss eigenen Angaben sind sie seit dem 12. April 2011 miteinander verheiratet.
B.
Mit
einem Schengenvisum in einem gefälschten Pass verliess zunächst der Beschwerdeführer am
22. Mai 2011 mit Hilfe eines Schleppers Äthiopien, am 26. Mai 2011 reiste er in die Schweiz ein
und ersuchte gleichentags um Asyl.
C.
Anlässlich
der Befragung zur Person (BzP) am 6. Juni 2011 brachte er vor, bereits sein Vater sei in der AAPO (All
Amhara People's Organization) politisch aktiv gewesen. Im Jahr 1995 oder 1996 sei dieser im Gefängnis
verstorben. Auch er selbst sei seit 1998 Mitglied der AAPO und habe Mitglieder geworben und vor den Wahlen
im Jahr 2000 Flyer verteilt. Von Mitgliedern der Regierungspartei IHADEG (auch Ethiopian People's Revolutionary
Democratic Front [EPRDF]) sei er deshalb mehrmals kurz festgenommen und dann wieder freigelassen worden.
Mit Hilfe seiner Tante habe er nach Ägypten fliehen können, wo er rund zwei Jahre geblieben
sei, vom 13/14. November 2000 bis 26. August 2003. In Ägypten sei er für rund 15 Monate im
Gefängnis gewesen. Er sei dann in Richtung Israel weitergereist. Dort habe er beim UN-Hochkommissariat
für Flüchtlinge (UNHCR) Asyl beantragt. Nach ungefähr neun Monaten sei er im Juni 2004
auch dort inhaftiert worden, noch bevor der Entscheid des UNHCR ergangen sei; insgesamt sei er dreieinhalb
Jahre in Israel im Gefängnis gewesen. Sein Name sei auf einer Resettlement-Liste für in Israel
inhaftierte äthiopische Flüchtlinge gestanden, die hätten nach Kanada weiterwandern sollen.
Die israelischen Behörden hätten diese Weiterwanderung jedoch verhindert. 2007 sei er von Israel
nach Äthiopien zwangsausgeschafft und den äthiopischen Behörden übergeben worden.
Man habe ihn direkt vom Flughafen in das Gefängnis des Sicherheitsdienstes in E._______ gebracht,
wo er geschlagen worden sei. Danach habe man ihn in das Gefängnis von F._______ verlegt, wo er vom
(...) 2006 bis zum (...) 2010 inhaftiert gewesen sei. Wegen einer Krankheit habe man ihn schliesslich
nach D._______/G._______ verlegt, dort habe man ihn nach einem Monat freigelassen, auf Grund einer Bürgschaft.
Seine Freilassung sei auch im Zusammenhang mit den anstehenden Wahlen gestanden. Einen Monat nach der
Freilassung hätten jugendliche Anhänger der Regierungspartei (IHADEG) Parolen der Opposition
übersprayt. Er habe sich in einer Zeitung geäussert, dass dies nicht korrekt sei. Er sei mit
Namen und Foto abgebildet gewesen. Drei Monate später, am 2. Oktober 2010, habe er eine Vorladung
erhalten und sei gleich mitgenommen worden. Man habe ihn erneut nach G._______ gebracht. Am 17. März
2011 sei er dort entlassen worden. Man habe ihm mündlich den Termin für eine Gerichtsverhandlung
am 7. Juni 2011 mitgeteilt. Die schriftliche Vorladung habe seine Frau erhalten, da er zu dieser Zeit
bereits das Land verlassen habe. Er sei geflüchtet, weil er befürchtete, erneut verurteilt
zu werden, auch weil er das Land illegal verlassen habe und bereits vorher im Gefängnis gewesen
sei und schon sein Vater im Gefängnis gestorben sei. Zum Beleg reichte der Beschwerdeführer
Kopien von Dokumenten betreffend seine Haft in Israel ein, sowie - jeweils in Kopie - eine
Polizeivorladung, eine Gerichtsvorladung für eine Urteilseröffnung, ein Gerichtsschreiben an
das Gefängnis und ein Schreiben der äthiopischen Polizei, das ihm bei der Ankunft von Israel
kommend, ausgehändigt worden war.
D.
Am
8. Juli 2011 reichte der Beschwerdeführer der Vorinstanz zwei Zeitungsartikel als Beweismittel ein.
Auf einem ist er mit einem Kommentar mit Bild abgebildet, auf dem zweiten ist ein Foto mit Demonstranten
zu sehen, der Artikel stammt aus dem Jahr 2010.
E.
Am
12. September 2011 reichte der Beschwerdeführer die Kopie eines Schreibens eines kanadischen Parlamentsmitglieds
des House of Commons an einen israelischen Anwalt in H._______ vom 19. September 2005 ein, sowie ein
Befragungsprotokoll eines Gerichts in Israel. Im Begleitschreiben ersucht der Beschwerdeführer um
eine baldige Gutheissung seines Gesuchs.
F.
Am
10. September 2012 ersuchte die Rechtsvertreterin (unter Vorlage einer Vollmacht vom 7. September 2012)
um Akteneinsicht, sofern die entsprechenden Abklärungen bereits erfolgt seien. Am 17. September
2012 gewährte die Vorinstanz Akteneinsicht.
G.
Am
13. Dezember 2012 beantragte die Rechtsvertreterin Akteneinsicht in die Akten betreffend seine Haft in
Israel. Am 21. Dezember 2012 wurden die entsprechenden Dokumente in Kopie übermittelt.
H.
Am
18. Mai 2013 ersuchte die Rechtsvertreterin die Vorinstanz um Auskunft betreffend den Verfahrensstand.
I.
Am
30. Mai 2013 informierte die Vorinstanz, es könne kein Termin für die Beendigung des Asylverfahrens
mitgeteilt werden.
J.
Am
10. August 2013 reichte die Rechtsvertreterin bei der Vorinstanz das Schreiben eines Anwaltskomitees
für Äthiopische Flüchtlinge Weltweit mit Sitz in Dallas, USA, ein, in welchem das UNHCR-Büro
in Genf um Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling ersucht wird. Die Organisation
würde nach erfolgter Flüchtlingsanerkennung die Umsiedlung des Beschwerdeführers in die
Vereinigten Staaten von Amerika garantieren.
K.
Am
17. September 2013 ersuchte die Beschwerdeführerin im Empfangs- und Verfahrenszentrum H._______
um Asyl, wo sie am 27. September 2013 summarisch befragt wurde.
L.
Am
13. Januar 2015 forderte das SEM den Beschwerdeführer auf, innert Frist die von ihm in Kopie eingereichten
Dokumente betreffend seine Verhaftungen und Gerichtsverfahren im Original vorzulegen und entsprechende
Übersetzungen nachzureichen.
M.
Am
30. Januar 2015 legte der Beschwerdeführer Übersetzungen seiner Beweismittel vor, erklärte
jedoch, keine Originale beibringen zu können.
N.
Am
12. März 2015 traf ein Bestätigungsschreiben des [Exilorganisation] beim SEM ein, aus dem hervorgeht,
der Beschwerdeführer sei Mitglied dieser Vereinigung und es drohe im in Äthiopien Verfolgung.
O.
Am
31. März 2015 wurde der Beschwerdeführer einlässlich zu seinen Asylgründen angehört.
Er erklärte, seit seiner Einreise im Jahr 2011 sei er Mitglied des [Exilorganisation]. Er berichtete
erneut über seine Haft zuerst in Ägypten und danach in Israel, von wo er im Mai 2007 zurück
nach Äthiopien deportiert worden sei. Zu seinen Fluchtgründen bracht er vor, er habe vor den
Wahlen im Jahr 2000 Flyer verteilt und an Demonstrationen teilgenommen. Bereits sein Vater sei ein führendes
Mitglied der MAAD-Partei gewesen. Er sei nach den Wahlen von 2000 für ein bis zwei Monate festgenommen
worden und nur gegen eine Kaution entlassen worden. Die Familie seines Vaters habe dann seine Ausreise
nach Ägypten organisiert, er sei dort bei der UNO registriert gewesen, sei auch befragt worden.
Anderthalb Jahre sei er dort gewesen. Weil er keinen Ausweis gehabt habe, sei er bei einer Kontrolle
festgenommen und für rund anderthalb Jahre im Gefängnis in J._______ inhaftiert gewesen. Er
habe von dort fliehen können und sei über den Sinai nach Israel gelangt, wo er sich ebenfalls
bei der UN registriert habe, jedoch einen negativen Entscheid erhalten habe. Nach etwa neun Monaten habe
man ihn auch in Israel inhaftiert und in das K._______-Gefängnis in L._______ gebracht. Vertreter
der äthiopischen Botschaft hätten verlangt, dass er und 90 andere Inhaftierte wieder nach Äthiopien
zurückkehren sollten, da sie dem Staat schadeten. Die Behörden von Israel und Äthiopien
hätten sich abgesprochen. Schliesslich habe man ihn im Mai 2007 nach Äthiopien zwangsausgeschafft
und den Behörden übergeben. Diese hätten ihn sofort für zwei Wochen in das Gefängnis
von E._______ gebracht. Am 17. Mai 2007 sei er nach E._______ gekommen, das ein Folter-Gefängnis
sei. Man habe ihn dort geschlagen und gefoltert und mit dem Tod bedroht. Man habe ihn wiederholt befragt,
was er der UNO und dem Roten Kreuz gesagt hätte. Jede Nacht habe man ihn verhört und geschlagen.
Er sei nach zwei Wochen vor Gericht gestellt und am (...) 2007 zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
Die Haft habe er im Gefängnis L._______ verbracht. Da er nach zwei Jahren und zehn Monaten an Malaria
erkrankt sei, habe man ihn sodann nach G._______ verlegt, das sei in D._______. Am (...) 2010 habe
man ihn entlassen. Nach der Entlassung sei er in sein Elternhaus zurückgekehrt. Im Mai 2010 habe
es wieder Wahlen gegeben. Er habe sich in einer Zeitung - den Artikel habe er eingereicht -
kritisch über Sprayereien der Regierungsanhänger geäussert. Am (...) 2010 habe er
eine Vorladung erhalten und sei direkt von der Polizei mitgenommen worden. Von September/Oktober (Meskarem)
bis Anfang März/April (Megabit) 2011 sei er dann erneut m Gefängnis von G._______ inhaftiert
gewesen. Nach der Entlassung aus dieser Haft am (...) 2011 habe er seine Frau geheiratet. Diese habe
er als junger Mann bei einem Konzert im (...) Park, wo er für die AAPO Flyer verteilt habe,
kennengelernt. Kurz danach habe er das Land verlassen. Für den (...) Juni 2011 habe er
eine Vorladung erhalten, er sei jedoch bereits am (...) Mai 2011 ausgereist gewesen. In der
Schweiz sei er exilpolitisch aktiv, er poste kritische Inhalte auf Facebook, die er von Mitgliedern der
Partei (...) erhalte. Er habe sich auch bei einer Kundgebung in Genf geäussert, das Interview
sei in ESAT übertragen worden.
P.
Am
27. April 2015 wurde die Beschwerdeführerin einlässlich zu ihren Asylgründen angehört.
Sie erklärte, sie habe von 2006/2007 bis zur Ausreise im Jahr 2012/2013 mit ihrer Schwester ein
eigenes Elektrogeschäft betrieben, von dessen Erträgen sie sehr gut habe leben können.
Politische Parteien hätten in ihrem Geschäft ihre Plakate aushängen dürfen. Ihren
Mann habe sie als Jugendliche kennengelernt, sie hätten beide oft Veranstaltungen besucht, er habe
ihr auch Tickets für Konzerte besorgt. Im April 2011 hätten sie geheiratet. Im Mai 2011 habe
sie ihren Mann das letzte Mal vor seiner Ausreise gesehen, es sei sehr schwer für sie gewesen. Sie
hätten nach seiner Flucht versucht, regelmässigen Kontakt zu halten. Ihre eigenen Probleme
hätten begonnen, nachdem die Behörden an ihrem Laden Parolen der Opposition übersprayt
hätten. Ihr Ehemann habe sich im April 2011 dazu in einer Zeitung kritisch geäussert, es sei
auch der Name ihres Geschäftes genannt worden. Danach sei ihr Mann festgenommen worden. Er habe
nach der Freilassung das Land verlassen. Zwei Polizisten hätten ihr dann eine Vorladung des Gerichts
für ihn überbracht. Da ihr Mann nicht dagewesen sei, habe einer der Männer sie gepackt
und wie eine Verbrecherin abgeführt. Im Juni 2011 hätten die Polizisten erneut ihr Geschäft
aufgesucht. Sie hätten Waren mitgenommen und gesagt, sie seien auf der Suche nach Dokumenten. Sie
sei zum Polizeiposten gebracht worden und man habe sie nach dem Verbleib ihres Ehemanns befragt. Einen
Tag lang habe man sie auf dem Posten festgehalten und dort bedroht und gedemütigt. Sie habe keine
Auskunft gegeben, wo ihr Mann sei. Man habe sie als Feinde der Regierung beschimpft, die kein Recht hätten
im Land zu leben. Man habe sie auch mit einer Pistole bedroht. Nach diesem Vorfall sei ihr Laden immer
wieder, etwa fünf Mal, durchsucht worden, sie habe dadurch viel Kundschaft verloren. Sie sei von
den Behörden unter Druck gesetzt worden. Viele ihrer Klientinnen und Klienten seien Mitglieder von
Oppositionsparteien gewesen, sie habe in ihrem Laden für sie Poster kopiert und Werbung gemacht.
Kurz vor ihrer Ausreise, im Mai 2013, habe es eine grosse Demonstration gegeben. Sie habe vor dieser
Demonstration 3000 Flyer für die Partei (...) gedruckt. Sie habe auch an der Demonstration teilgenommen.
Zwei ihrer Freundinnen seien festgenommen worden. Im gleichen Monat habe ihr Mann dem Fernsehsender ESAT
ein Interview gegeben. Er habe gesagt, dass in Äthiopien Diktatoren und Mörder an der Regierung
seien und die Europäer dem Land helfen müssten. Im Juni/Juli 2013 seien erneut Polizisten in
den Laden gekommen und hätten Geld und Telefone beschlagnahmt und sie mit zum Posten genommen, wo
man sie eine Nacht lang misshandelt habe. Sie selbst sei nie Mitglied einer Partei gewesen, habe jedoch
die oppositionellen Parteien unterstützt mit Geld
oder sie habe Broschüren
an Freunde, Klienten und Kollegen verteilt, zum Beispiel, wenn eine Demo geplant gewesen sei. Die Beschwerdeführerin
gab an, im September 2013 mit einem Visum, welches sie mit Hilfe eines Schleppers erhalten habe, legal
aus Äthiopien ausgereist zu sein. Zum Beleg ihrer Vorbringen reichte sie Fotos ein, welche sie in
ihrem Geschäft, sowie bei der Eheschliessung auf dem Zivilstandsamt und bei einer exilpolitischen
Veranstaltung zeigten. Sie reichte ferner ihre Heiratsurkunde in Kopie ein, sowie weitere Belege ihres
exilpolitischen Engagements und ihrer Integrationsbemühungen in der Schweiz.
Q.
Am
25. August 2015 lehnte die Vorinstanz die Asylgesuche der Beschwerdeführenden mit zwei Verfügungen
ab, verfügte in beiden Fällen die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Wegweisungsvollzug
an.
Im Wesentlichen hielt das SEM die Ausführungen der Beschwerdeführenden für zu wenig
substantiiert und für in zentralen Punkten widersprüchlich. Der Beschwerdeführer habe
nicht glaubhaft machen können, in seinem Heimatland bereits vor der Ausreise in asylbeachtlicher
Form verfolgt gewesen zu sein. Da er kein herausragendes politisches Profil aufweise, sei davon auszugehen,
dass er sich durch seine exilpolitischen Aktivitäten auch nicht in einer Weise exponiert habe, wonach
ihn die äthiopischen Behörden als Regimegegner identifiziert hätten. Aus diesem Grund
verneinte die Vorinstanz auch das Vorliegen einer objektiv begründeten Furcht vor Verfolgung aufgrund
des exilpolitischen Engagements. Auch die Beschwerdeführerin habe sich zu den angeblich erduldeten
Behelligungen durch die äthiopische Polizei oder Behördenmitglieder im Nachgang zur Nachsuche
nach ihrem Ehemann widersprüchlich geäussert. So habe sie unterschiedliche Begründungen
für die zweimaligen Festhaltungen durch die Polizei geliefert. Da das SEM die Vorbringen des Beschwerdeführers
bezüglich seiner geltend gemachten Vorverfolgung nicht für glaubhaft erachte, sei den Vorbringen
der Beschwerdeführerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Behelligungen durch die äthiopischen
Behörden die Grundlage entzogen. Ihr eigenes exilpolitisches Engagement sei niederschwellig, sie
werde nicht als prominente Regimegegnerin wahrgenommen. Aus diesen Gründen kam das SEM zum Schluss,
dass die Vorbringen der Beschwerdeführenden den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft
nicht standzuhalten vermöchten.
Da der Sachverhalt keine Hinweise auf Wegweisungsvollzugshindernisse aufweise,
hielt das SEM den
Vollzug der Wegweisung für zulässig, zumutbar und möglich. Die Verfügungen wurden
am 26. August 2015 eröffnet.
R.
Am
25. September 2015 reichten die Beschwerdeführenden mit Hilfe ihres neuen Rechtsvertreters (Vollmachten
vom 11. September 2015) zwei Beschwerden ein. Sie beantragten die Aufhebung der angefochtenen Verfügungen
und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vor-instanz. Eventualiter sei ihre Flüchtlingseigenschaft
festzustellen und ihnen Asyl zu gewähren, subeventualiter sei ihre vorläufige Aufnahme anzuordnen.
In prozessualer Hinsicht wurde die Koordination der beiden Verfahren beantragt, sowie die unentgeltliche
Prozessführung, der Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und die amtliche Verbeiständung
durch den Rechtsvertreter. In den Beschwerden wurde ausführlich dargelegt, weshalb die Schlussfolgerungen
der Vorinstanz unzutreffend seien. Aufgrund der in Äthiopien vorherrschenden Situation liessen sich
die von der Vorinstanz identifizierten angeblichen Widersprüche auflösen. Gerügt wurde
ferner, dass die Vorinstanz die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel pauschal als Fälschungen
abgetan und nicht berücksichtigt habe. Zudem verkenne das SEM, dass der Beschwerdeführer aufgrund
seiner glaubhaften Vorbringen zu seinem politischen Engagement in Äthiopien auch in der Schweiz
betreffend seine exilpolitischen Aktivitäten durchaus im Fokus des Geheimdienstes stehe. Insbesondere
sei die Beschwerdeführerin von den Behörden aufgesucht, befragt und schikaniert worden, nachdem
er anlässlich einer Demonstrationsveranstaltung dem regierungskritischen Fernsehsender ESAT ein
längeres Interview gegeben hatte. Man habe sie zweimal auf einen Polizeiposten verbracht und dort
festgehalten.
S.
Mit
Zwischenverfügungen vom 20. Oktober 2015 stellte die Instruktionsrichterin fest, die Beschwerdeführenden
könnten den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Sie hiess die Gesuche um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gut, verzichtete auf die Erhebung eines
Kostenvorschusses und ordnete den Rechtsvertreter jeweils als amtlichen Rechtsbeistand bei.
T.
Am
17. November 2016 erkundigte sich der Rechtsvertreter nach dem Verfahrensstand und reichte eine Kostennote
ein.
U.
Am
20. Dezember 2016 lud die Instruktionsrichterin die Vorinstanz zur Vernehmlassung ein.
V.
Nach
erstreckter Frist nahm die Vorinstanz am 2. Februar 2017 Stellung zu den Beschwerden und hielt an deren
Abweisung fest. Der Beschwerdeführer habe seine diversen Beweismittel bisher nur in Kopie eingereicht
und habe sich in der Anhörung auf Nachfragen nach den Originalen jeweils ausweichend geäussert.
Die mit der Beschwerde eingereichten Fotos liessen ferner keine Rückschlüsse auf eine asylbeachtliche
und glaubhafte Verfolgung zu, da die dokumentierten Verletzungen auch in einem anderen Kontext entstanden
sein könnten. Betreffend sein exilpolitisches Engagement auf [Soziales Medium] habe der Beschwerdeführer
nicht darlegen können inwieweit er sich für die äthiopischen Behörden identifizierbar
gemacht habe. Schliesslich agiere er auf [Soziales Medium] unter einem Pseudonym. In der Stellungnahme
im Verfahren der Beschwerdeführerin wurde auf die Ausführungen im Verfahren des Beschwerdeführers
verwiesen.
W.
In
der Replik vom 22. Februar 2017 warf der Rechtsvertreter der Vorinstanz Versäumnisse vor. Richtig
sei zwar, dass der Beschwerdeführer die meisten seiner Beweismittel nur in Kopie habe einreichen
können, allerdings habe er diesen Umstand - entgegen der Behauptung der Vorinstanz -
auch zu erklären vermocht. Das SEM hätte dagegen betreffend die Glaubhaftigkeit seiner Vorbringen
auch weitere Nachforschungen unternehmen können. Da die angeblich von der Vorinstanz identifizierten
Widersprüche in der Beschwerdeschrift ausgeräumt worden seien und deshalb von der Glaubhaftigkeit
der Vorbringen ausgegangen werden müsse, seien auch die vorgelegten Fotos der Narben der Folterspuren
geeignet, das Vorbringen zu untermauern. Der Name "M._______" sei schliesslich kein Pseudonym,
sondern der zweite Vorname des Beschwerdeführers, unter dem er auch in seinem Umfeld von Jugend
an bekannt sei und den er sogar als Tattoo trage, was er durch ein ins Recht gelegtes Foto belegen könne.
Ausserdem könne der Beschwerdeführer anhand seines Profilfotos auf seinem (...)-Account
ohne weiteres identifiziert werden. Das äthiopische Regime verfüge nicht nur über Spitzel
im Ausland, sondern auch über entsprechende Überwachungsmechanismen, deshalb sei davon auszugehen,
dass die äthiopischen Behörden Kenntnis über die Aktivitäten des Beschwerdeführers
in der Schweiz hätten. Der Rechtsvertreter reichte Kostennoten ein.
X.
Am
(...) wurde die gemeinsame Tochter C._______ geboren.
Y.
Am
29. Mai 2018 erkundigte sich das zuständige kantonale Migrationsamt, wann mit einem Urteil zu rechnen
sei.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens
des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83
Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1
BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG und Art. 6 AsylG).
1.3 Die
Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der
Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung
der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52
Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1 Aufgrund
des engen sachlichen und persönlichen Zusammenhangs werden die Verfahren der Beschwerdeführenden
vereinigt.
2.2 Die
gemeinsame Tochter C._______, geboren am (...), wird in das Verfahren ihrer Eltern einbezogen.
3.
Die
Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich
nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl.
BVGE 2014/26 E. 5).
4.
4.1 Die
Beschwerdeführenden verlangen die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, da diese den Sachverhalt
nur sehr einseitig gewürdigt habe (vgl. Beschwerdeeingabe Beschwerdeführer, Ziff. 4.1, ab S.
15 f.). Das SEM habe sich zu den sehr ausführlichen Schilderungen des Beschwerdeführers sowie
den eingereichten Unterlagen zu seiner Inhaftierung in
Israel nicht geäussert
und nichts unternommen, um seine Angaben, allenfalls durch Nachfrage bei den Behörden Israels, zu
verifizieren. Auch habe das SEM seinerseits keine Abklärungen vorgenommen, ob gegen den Beschwerdeführer
ein Strafverfahren in Äthiopien hängig sei. Eine solche Nachfrage könne dieser selbst
nicht unternehmen. Auch betreffend seine Inhaftierung in Äthiopien und die vom Beschwerdeführer
vorgebrachte Folter im Gefängnis E._______ wird gerügt, dass das SEM dieses Vorbringen schlicht
ausgeblendet und dadurch den Untersuchungsgrundsatz sowie die Begründungspflicht verletzt habe,
obwohl der Beschwerdeführer seine Folterspuren bereits in der BzP gezeigt und später durch
Fotos dokumentiert und im Rahmen der Anhörung die Folter anschaulich beschrieben habe.
4.2 Tatsächlich
fallen die Ausführungen des SEM in der Verfügung betreffend die Inhaftierung des Beschwerdeführers
im Ausland sehr knapp aus und das SEM nahm auch seinerseits keine weiteren Abklärungen vor. Dies
ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass das SEM die Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich
seiner Inhaftierungen aufgrund seiner regimekritischen Haltung und seines entsprechenden Engagements
vor seiner Ausreise nach Europa nicht glaubte und seine Beweismittel auch als nicht tauglich erachtete,
da er jeweils nur Kopien eingereicht hatte. Dass die Vorinstanz die Vorfluchtgründe des Beschwerdeführers
als zu unsubstantiiert und widersprüchlich erachtete und deshalb nicht davon ausging, er habe eine
ihm drohende asylbeachtliche Verfolgung glaubhaft vorgebracht, prägt die Würdigung der eingereichten
Beweismittel und der Folterspuren. So sprach das SEM in seiner Stellungnahme zu den Beschwerdevorbringen
den Belegen der Folterspuren die Beweiskraft ab und erklärte, die vom Beschwerdeführer dokumentierten
Narben könnten auch auf Verletzungen zurückzuführen sein, die er anderswo erlitten habe.
Ob diese in der Tat sehr knapp gehaltene Auseinandersetzung des SEM mit den eingereichten Beweismitteln
den Anspruch auf das rechtliche Gehör verletzt, kann im vorliegenden Fall offengelassen werden.
Wie die nachfolgenden Erwägungen ergeben, sind die Beschwerden gutzuheissen und die angefochtenen
Verfügungen ohnehin aufzuheben. Daher erübrigt es sich, die geltend gemachten Gehörsverletzungen
im Einzelnen zu beurteilen (in diesem Sinne auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-5779/2013
vom 25. Februar 2015 E. 4.2 [als Referenzurteil publiziert]).
5.
5.1 Gemäss
Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge
sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse,
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen
Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich
die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen
psychischen Druck bewirken, den frauenspezifischen Vorbringen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2
AsylG).
5.2 Wer
um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese
ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu
wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
6.
6.1 Das
SEM erachtete die Vorbringen beider Beschwerdeführenden als widersprüchlich und unsubstantiiert.
6.1.1 Im
Fall des Beschwerdeführers führte es aus, dass dieser nicht widerspruchsfrei über seine
Aktivitäten als Jugendmitglied in der AAPO-Partei habe berichten können. Auch seine Angaben
betreffend die Rolle seines Vaters in der Partei seien widersprüchlich ausgefallen. Betreffend die
ersten Festnahmen im Zusammenhang mit den Wahlen des Jahres 2000 sei er sehr vage geblieben und habe
die nötigen Informationen nicht geliefert. Auch betreffend der zweiten, längeren Inhaftierung
nach der Rückführung aus Israel, seien seine Angaben ungenügend ausgefallen. So habe er
den Grund der Inhaftierung nicht nennen können, was nicht nachvollziehbar sei, müsse doch einer
langen Haftstrafe ein Urteil vorausgegangen sein. Aus Sicht des SEM wäre zu erwarten gewesen, dass
er genau wisse, was man ihm vorgeworfen und weshalb man ihn verurteilt habe. Schliesslich seien auch
seine Angaben betreffend die Haftumstände und seine Freilassung unpräzise. Was den Kommentar
in einer Zeitung angehe, der ursächlich gewesen sein solle für die erneute Inhaftierung im
Jahr 2010, so sei nicht nachvollziehbar, weshalb er für seine sehr gemässigte Äusserung
so lange ins Gefängnis habe gehen müssen. Unklar sei auch, wie er überhaupt an diese Zeitung
gelangt sei. Sehr widersprüchlich sei schliesslich die Schilderung seiner Festnahme durch die Polizei
und/oder den Staatsanwalt. Aus all diesen Gründen erachtete das SEM die vorgebrachte Inhaftierung
vor der Ausreise nicht als glaubhaft gemacht.
Diese Einschätzung wirke sich, so die Vorinstanz, auch auf die Gewichtung seiner exilpolitischen
Tätigkeiten aus. Da er keine politisch motivierte Vorverfolgung habe glaubhaft machen können,
bestehe kein Anlass für die Annahme, der Beschwerdeführer sei vor seiner Ausreise als regimefeindliche
Person ins Blickfeld der äthiopischen Behörden geraten oder als solche registriert worden.
Es sei daher nicht ersichtlich, dass die äthiopischen Behörden von den Tätigkeiten des
Beschwerdeführers überhaupt Kenntnis genommen hätten. Vielmehr zeigten die äthiopischen
Behörden nur Interesse an Personen, deren Aktivitäten vom Regime als konkrete Bedrohung wahrgenommen
würden. Die dafür nötige Exponierung sei vorliegend nicht erkennbar und daher auch nicht
von einer Gefährdung des Beschwerdeführers auszugehen. Schliesslich äussere er seine Kritik
am Regime in den sozialen Netzwerken auch nur unter einem Pseudonym und könne daher nicht identifiziert
werden.
6.1.2 Aus
Sicht der Vorinstanz hat sich auch die Beschwerdeführerin in ihren Aussagen betreffend ihre Unterstützung
von Oppositionellen und ihrer Aktivitäten für die MAAD-Partei widersprochen. Sie habe im Rahmen
der BzP erwähnt, für die MAAD-Partei Mitglieder geworben zu haben, dies jedoch bei der Bundesanhörung
nicht mehr erwähnt, sondern auf Nachfrage lediglich erklärt, verschiedenen oppositionellen
Parteien geholfen zu haben. Ferner habe sie die Behelligungen durch die äthiopischen Behörden
nicht genau datieren können und sich auch in Bezug auf den Zeitrahmen dieser Ereignisse widersprochen.
Ferner sei die Ursache ihrer Schwierigkeiten mit den Behörden und auch ihrer zweimaligen Festhaltung
durch die Polizei unklar geblieben, sie habe diese zunächst mit dem Umstand begründet, Plakate
von Oppositionsparteien aufgehängt zu haben, später habe sie gesagt, die Behelligungen hätten
erst angefangen, nachdem sich der Beschwerdeführer kritisch in der Zeitung geäussert habe.
Schliesslich habe sie gesagt, es sei erst richtig schlimm geworden, nachdem ihr Mann das Land verlassen
habe. Die Unglaubhaftigkeit der Vorbringen des Beschwerdeführers schlügen auf die Vorbringen
seiner Frau durch, so dass ihr die geltend gemachten Schwierigkeiten mit den äthiopischen Behörden
aufgrund seiner angeblichen Probleme vor der Ausreise nicht geglaubt werden könnten. Ebenso wie
die exilpolitischen Aktivitäten ihres Ehemanns erachtete das SEM auch das Engagement der Beschwerdeführerin
als unbedeutend.
6.2 In
der Beschwerdeeingabe des Beschwerdeführers wurde vorgebracht, das SEM verkenne die Situation des
Beschwerdeführers völlig. Er sei der Sohn eines wichtigen Mitgliedes der AAPO der sich von
Jugend an als Freiwilliger in der Partei engagiert habe. Deshalb sei er bereits als Jugendlicher mit
den Behörden in Konflikt geraten und mehrfach festgehalten worden. Aus diesem Grund sei er auch
schon früh ausser Landes gegangen und habe zunächst in Ägypten und dann in Israel Schutz
gesucht. In Israel habe er an einem Weiterwanderungsprogramm nach Kanada teilnehmen wollen, dies sei
jedoch verhindert worden. Schliesslich sei er nach mehrjähriger Haft von Israel nach Äthiopien
deportiert worden, wo man ihn sofort wieder festgenommen und für mehrere Jahre inhaftiert habe,
weil er als Regimegegner gegolten habe. Bekannt sei, dass die äthiopischen Behörden bei den
Verhaftungen und Verurteilungen von Personen, die sie als dem Regime kritisch identifiziert hätten,
sehr willkürlich vorgingen. Dieser Umstand erkläre, warum der Beschwerdeführer auch gar
nicht genau gewusst habe, was ihm eigentlich vorgeworfen worden sei. Zur erneuten Ausreise habe er sich
schliesslich entschlossen, nachdem er sich nach den Wahlen im Jahr 2010 in einem Zeitungskommentar kritisch
geäussert hatte, was seine erneute Festhaltung und Inhaftierung nach sich gezogen habe. Entgegen
der Einschätzung des SEM sei sein Kommentar nicht nur kritisch gewesen, sondern man habe ihn und
das Geschäft seiner Ehefrau auch genau identifizieren können, da beides namentlich benannt
worden sei. Alle von der Vorinstanz ausgemachten Widersprüche des Beschwerdeführers liessen
sich erklären und auflösen. Aufgrund der von ihm glaubhaft vorgebrachten Vorverfolgung sei
daher erstellt, dass er bereits vor der Ausreise in die Schweiz auf dem Radar des Regimes gewesen sei
und er im Fall der Rückkehr eine asylbeachtliche Verfolgung zu befürchten habe. Unter diesen
Vorzeichen sei auch sein exilpolitische Engagement, anders als vom SEM beurteilt, viel erheblicher und
er stehe aufgrund dieser Aktivitäten immer noch und weiterhin im Fokus der Behörden. Der Umstand,
dass er sein (...)-Profil unter seinem zweiten Namen "M._______" betreibe, schütze
ihn vor einer Observation durch den äthiopischen Geheimdienst in keiner Weise, da er auch in seinem
Heimatort unter diesem Namen bekannt sei und zudem durch sein Profilfoto deutlich erkannt und identifiziert
werden könne.
6.3 In
der Eingabe betreffend die Beschwerdeführerin wird der Einschätzung des SEM entgegengehalten,
dass diese auch in der Anhörung geäussert habe, verschiedene oppositionelle Parteien unterstützt
zu haben, lediglich habe sie die MAAD-Partei nicht namentlich genannt, dies allein begründe noch
keinen Widerspruch. Auch betreffend den Anfang und die Ursache der Behelligungen der Beschwerdeführerin
sei kein Widerspruch zu erkennen. Sie habe schlüssig erklärt, dass die Behörden aufgrund
des Zeitungsartikels ihres Mannes, in dem ihr Elektrogeschäft namentlich erwähnt worden sei,
auf sie aufmerksam geworden seien. Wenn sie sage, das Jahr 2010 sei für sie "normal"
gewesen, so heisse das nur, sie selbst sei nicht ins Gefängnis gekommen - anders als ihr Ehemann.
Tatsächlich sei sie erst ein Jahr nach Erscheinen des Artikels in Haft genommen worden, da ihr Mann
selbst erst drei Monate nach Erscheinen des Zeitungsartikels für sieben Monate in Haft gekommen
und dann nach Leistung einer Kaution zunächst auf freien Fuss gekommen sei - und das Land
verlassen habe. Erst nachdem er nach der gerichtlichen Vorladung dem Termin am (...) Juni 2011 nicht
Folge geleistet habe, hätten die Behörden mit ihrer Nachsuche nach dem Beschwerdeführer
und mit den Behelligungen der Beschwerdeführerin begonnen. Dieses Vorbringen sei schlüssig.
Ferner sei offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin während der Schilderung der Ereignisse
und ihrer Festhaltungen durch die Polizei emotional sehr aufgewühlt gewesen sei, was die Unklarheiten
und Verwechslungen der Daten in ihren Ausführungen zu erklären vermöge. Allerdings seien
ihre Aussagen insgesamt schlüssig, was auch für die Schilderung betreffend ihre zweite Festhaltung
nach dem ESAT-Interview ihres Ehemannes gelten müsse.
6.4 Das
Bundesverwaltungsgericht erachtet Vorbringen grundsätzlich dann als glaubhaft, wenn sie genügend
substantiiert, in sich schlüssig und plausibel sind; sie dürfen sich nicht in vagen Schilderungen
erschöpfen, in wesentlichen Punkten widersprüchlich sein oder der inneren Logik entbehren und
auch nicht den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung widersprechen. Darüber hinaus muss die asylsuchende
Person persönlich glaubwürdig erscheinen, was insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn sie
ihre Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abstützt (vgl. Art. 7 Abs.
3 AsylG), aber auch dann, wenn sie wichtige Tatsachen unterdrückt oder bewusst falsch darstellt,
im Laufe des Verfahrens Vorbringen auswechselt, steigert oder unbegründet nachschiebt, mangelndes
Interesse am Verfahren zeigt oder die nötige Mitwirkung verweigert. Glaubhaftmachung bedeutet ferner
- im Gegensatz zum strikten Beweis - ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus Raum
für gewisse Einwände und Zweifel an den Vorbringen der Gesuchstellenden. Eine Behauptung gilt
bereits als glaubhaft gemacht, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit nicht völlig überzeugt ist,
sie aber überwiegend für wahr hält, obwohl nicht alle Zweifel beseitigt sind. Für
die Glaubhaftmachung reicht es demgegenüber nicht aus, wenn der Inhalt der Vorbringen zwar möglich
ist, aber in Würdigung der gesamten Aspekte wesentliche und überwiegende Umstände gegen
die vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung sprechen. Entscheidend ist im Sinne einer Gesamtwürdigung,
ob die Gründe, die für eine Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen
oder nicht; dabei ist auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen (vgl. BVGE 2012/5 E. 2.2; 2010/57
E. 2.3).
6.5 Der
vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ist komplex und erstreckt sich über mehr als zehn Jahre.
Auch ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren bereits sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat.
So verging zwischen BzP und Bundesanhörung des Beschwerdeführers ein Zeitraum von rund zweieinhalb
Jahren, auch die Beschwerdeverfahren sind seit geraumer Zeit hängig. Bei dieser Ausgangslage hält
das Bundesverwaltungsgericht es für angezeigt, die verschiedenen geltend gemachten Ereignisse gesondert
zu überprüfen.
6.5.1 In
Bezug auf die Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Engagement als Jugendlicher für die
MAAD-Partei, welcher auch sein Vater angehörte, ist festzuhalten, dass er diesen Aspekt seines Vorbringens,
der sich bereits weit in der Vergangenheit ereignet hat, insgesamt detailliert und genügend substantiiert
vorbringen konnte. Es erscheint glaubhaft und nachvollziehbar, dass seine Probleme mit seinen Unterstützungstätigkeiten
im Zusammenhang mit der Wahl im Jahre 2000 begannen. Diese Ereignisse fanden rund elf Jahre vor der Ausreise
statt und er war damals noch ein Jugendlicher. Zu seinen Aktivitäten führte der Beschwerdeführer
an verschiedenen Stellen der Anhörung aus, er habe sich als junger Mann nach der Schule für
die AAPO engagiert, die Partei, bei der auch sein Vater bereits aktiv war. Dem Vorhalt des SEM, er habe
seine Aufgaben für die Partei nicht genügend nachvollziehbar geschildert, ist zu entgegnen,
dass sich aus seinen Berichten an vielen Stellen seiner Anhörung ein schlüssiges Bild über
seine Aktivitäten ergibt. So erklärte er beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kennenlernen
seiner späteren Frau, dass er an Jugendanlässen und Konzerten für die Anliegen der Partei
warb. Jeweils an Jungendtreffpunkten, bei Anlässen oder bei Konzerten, habe er Flyer verteilt und
so versucht, Mitglieder zu werben (vgl. Ausführungen in act. A37/33, F. 70 - 73, F. 85). Diese
Schilderungen decken sich auch mit den Aussagen der Beschwerdeführerin (vgl. act. A38/27, F. 102
- 117). Sie erklärte, der Beschwerdeführer sei "involviert" gewesen, was
auf eine aktivere Rolle hindeutet, er war nicht nur ein blosser Konzertbesucher (vgl. act. A38/27, F.
117). Es ist im äthiopischen Länderkontext plausibel, dass der Beschwerdeführer wegen
dieser Aktivitäten wiederholt für kurze Zeit festgenommen wurde (vgl. act. A37/33, F. 104 ff.).
Dass er diese kurzen Festnahmen im Einzelnen nicht mehr genau datieren konnte, sondern nur berichtete,
sie hätten im Zusammenhang mit den Wahlen von 2000 gestanden, ist aufgrund des langen Zeitablaufs
nachvollziehbar und vermag die Glaubhaftigkeit des Vorbringens insgesamt nicht zu erschüttern. Immerhin
lieferte er Details über die Abläufe der Festhaltungen (vgl. act. A37/33, F. 110,
111). Auch die Rolle seines Vaters erläuterte der Beschwerdeführer genügend substantiiert.
Dass er selbst damals noch jugendlich war, vermag zu erklären, dass er nicht im Detail wusste, welche
Funktion sein Vater in der Parteihierarchie genau bekleidete. Das Gericht erkennt auch keinen erheblichen
Widerspruch darin, dass er seinen Vater in der Anhörung zunächst als Führer der Partei
(vgl. act. A37, F. 85), an anderer Stelle dann als Ratgeber der Administration der Partei (vgl. act.
A37/33, F. 102, 103) bezeichnete. Beides schliesst sich nicht aus und das Gericht hält es für
glaubhaft gemacht, dass der Beschwerdeführer Sohn eines Oppositionellen war, der eine bedeutsamere
Funktion hatte, als bloss ein Mitglied zu sein ("Er bekam Lohn", vgl. act. A37/33, F. 102).
Das Gericht erachtet es daher als glaubhaft gemacht, dass der Beschwerdeführer - als Sohn
eines Oppositionellen und aktiven Mitglieds der MAAD-Partei - die Partei in ihrer Jugendarbeit
unterstützte und dabei wiederholt mit den äthiopischen Sicherheitsbehörden in Konflikt
geriet. Schliesslich gipfelte diese Situation darin, dass ihn seine Familie ausser Landes schickte.
In Bezug auf die Umstände rund um die Inhaftierung im Ausland und die darauf folgende Deportation
nach Äthiopien ist folgendes festzustellen. Das Gericht erachtet es als glaubhaft gemacht, dass
sich der Beschwerdeführer mehrere Jahre in Israel in Haft befand und von dort schliesslich nach
Äthiopien zwangsrückgeführt wurde. Richtig ist zwar, dass der Beschwerdeführer seine
zahlreichen Unterlagen nur in Kopie vorlegte. Dennoch sind diese Dokumente zu spezifisch und stammen
aus so vielfältigen Quellen, als dass sie pauschal als Fälschungen abgetan werden dürften.
Zwar haben Kopien grundsätzlich nur einen geringen Beweiswert. Vorliegend untermauern die in Kopie
eingereichten Dokumente jedoch den geltend gemachten Sachverhalt in vielerlei Hinsicht. Sie belegen,
dass sich äthiopische Organisationen im Exil für das Resettlement des Beschwerdeführers
als möglichen Angehörigen der Opposition, beziehungsweise als Regimegegner einsetzten. Sie
illustrieren, dass Asylorganisationen unter Berufung auf das dortige Büro des Hochkommissariats
für Flüchtlinge,
UNHCR, den Ablauf des israelischen Asylverfahrens kritisierten,
in welchem der Beschwerdeführer einen negativen Entscheid erhielt. Sie stützen jedenfalls die
Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in Israel in Haft war und die israelischen Behörden
mit den äthiopischen Behörden kooperiert hätten (ebenda, vgl. act. A37/33, F. 185). Im
Rahmen der Anhörung erklärte er auch, er sei während der Haft in Israel wiederholt von
äthiopischen Funktionären aufgesucht worden (vgl. act. A37/33, F. 188, 189). Seine Schilderung
wirkt überzeugend und enthält Realkennzeichen (vgl. ebenda, F. 188: "Wir haben sie mit
Wasser bespritzt"). Das SEM hätte unter diesen Umständen die eingereichten Beweismittel
stärker berücksichtigen müssen. Das SEM hat dem Beschwerdeführer des Weiteren vorgeworfen,
er könne sich an die Gründe für seine langjährige Haftstrafe nach der Deportation
aus Israel nicht genügend konkret erinnern. Dass der Beschwerdeführer - wie er auch selbst
in den Beschwerdeeingaben erläuterte - nach all den unter Erwägung 3.5.1 geschilderten,
glaubhaften Aktivitäten von den äthiopischen Behörden sofort nach der Ausschaffung aus
Israel in Haft genommen wurde, ist jedoch im Länderkontext Äthiopien durchaus vorstellbar.
Auch seine Schilderungen der Haft in E._______ sind überzeugend und detailliert genug ausgefallen.
Das Gericht hält es demnach für überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer
nach der Ausschaffung aus Israel aufgrund seines, den heimatlichen Sicherheitsbehörden bereits bekannten
Profils, erneut als oppositionell beziehungsweise regimekritisch eingestuft wurde und deshalb in Haft
kam.
6.5.2 Unbestritten
ist der Beschwerdeführer mit Foto in einer Zeitung erschienen. Inwieweit sein Kommentar als wenig
kritisch und unpolitisch gelten kann, hängt sehr stark auch von der Wahrnehmung der Rezipienten
ab. Die diesbezüglichen Erläuterungen des Rechtsvertreters sind in diesem Punkt überzeugend
(vgl. Beschwerdeeingabe, Ziff. 3 Bst. f., S. 10), die Ausführungen des SEM greifen dagegen zu kurz.
Das SEM hat sich überdies sehr stark darauf fokussiert, dass der Beschwerdeführer nicht mehr
genau erklären konnte, wie es dazu kam, dass er in der Zeitung genannt wurde. Dies ist jedoch letztlich
ein eher unbeachtlicher Aspekt. Relevant ist, dass der Beschwerdeführer eindeutig in einer Zeitung
mit Bild erschienen ist, dabei namentlich erwähnt und auch der Name des Geschäfts der Beschwerdeführerin
genannt wurde ("N._______, [...]-Inhaber", vgl. Beweismittel 8 im Beweismittelcouvert
in den Vorakten). Selbst wenn er seine Kritik in seiner Äusserung eher gemässigt formuliert
haben sollte, so hat er sich doch in der Öffentlichkeit geäussert und auch dieses Ereignis
bildet einen weiteren Mosaikstein des oppositionellen Profils des Beschwerdeführers. Zudem ist festzuhalten,
dass der Beschwerdeführer auch seine Verhaftung im Nachgang zu seiner kritischen Äusserung
in der Zeitung nach den Wahlen 2010 im Grundsatz schlüssig erklären konnte. Er schilderte nicht
nur den Ablauf der Verhaftung, sondern beschrieb auch den Gefängnisalltag in nachvollziehbarer und
detaillierter Weise (vgl. act. A37/33, F. 156 - 164). Dass er sich dabei beispielsweise nicht genau
an den Wortlaut des Strafbefehls/Vorladung erinnern konnte, ist mehr als fünf Jahre nach dem Ereignis
durchaus möglich und schliesst die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens nicht aus. Dass er -
wie ihm von der Vorinstanz vorgehalten - zunächst nur von drei Polizisten und dann von drei
Personen, wovon einer der Staatsanwalt gewesen sei gesprochen hat - fällt dabei nicht ins
Gewicht, zumal der Beschwerdeführer ein juristischer Laie ist. Immerhin erklärte er, dass der
"Staatsanwalt" in Zivil erschien und die beiden Polizisten ihn begleiteten, um sicherzustellen,
dass er sich der Verhaftung nicht entziehen könne.
6.5.3 Die
Vorbringen der Beschwerdeführerin sind in Zusammenschau mit denen ihres Ehemanns des Beschwerdeführers
zu sehen. Selbst wenn gewisse Zweifel bleiben, so ist auch sie betreffend festzuhalten, dass ihre Schilderungen
im grossen Ganzen schlüssig sind. Ob sie - nach der Ausreise des Beschwerdeführers -
tatsächlich in der von ihr geschildeten Weise behelligt wurde oder ob die äthiopischen Sicherheitsbehörden
die Gelegenheit nutzten, sich unter dem Vorwand von Kontrollen an ihren Waren zu vergreifen und deshalb
das Geschäft wiederholt aufsuchten, kann schliesslich offen blieben. Die Beschwerdeführerin
selbst hat nie behauptet, von sich aus ein grosses politisches Engagement gehabt zu haben. Sie habe jedoch
der Opposition geholfen, wo sie habe helfen können, besondere Sympathien habe sie für die (...)-Partei
(vgl. act. A38/27, F. 137, 196 - 202). Sie bezeichnete zwei Vorsitzende der Frauenorganisation
der (...)-Partei, O._______ und P._______ als Freundinnen, die verhaftet wurden (vgl. act. A38/27
F. 138). Tatsächlich wurden zwei Frauen dieses Namens verhaftet, beziehungsweise nach der Demonstration
als vermisst gemeldet (vgl. Information auf der Homepage der (...)-Partei vom 17. März 2014,
[Länderinformation gekürzt], besucht am 19.12.2018). Ihre Gründe, für das Verlassen
des Landes, liegen jedoch im Schwerpunkt in den Aktivitäten des Beschwerdeführers begründet
- dies hat auch die Vorinstanz zutreffend festgestellt, wenn sie daraus auch andere Schlüsse
gezogen hat.
6.6 In
einer Gesamtwürdigung gelangt das Bundesverwaltungsgericht zur folgenden Einschätzung: Zwar
ist der Beschwerdeführer kein herausragend prominenter Oppositioneller. Dennoch ist das Gericht
der Überzeugung, dass es sich bei ihm um eine Person handelt, die sich von Jugend an in einer Art
und Weise politisch engagiert hat, dass sie auf den Radar der äthiopischen Sicherheitsbehörden
gelangte. Da er aus gut situierten Verhältnissen stammt, ist auch nachvollziehbar, dass die Familie
versuchte, ihn ausser Landes zu bringen, um ihn vor weiteren Behelligungen zu schützen (vgl. act.
A 37/33, F. 85, S. 10). Er konnte schlüssig erklären, dass er sich nach seinem Aufenthalt in
Ägypten nach Israel begab, weil er sich dort bessere Schutzbedingungen erhoffte und sich dann, nach
Ablehnung seines Gesuchs in einem defizitären Asylverfahren, um das Resettlement nach Kanada bemühte.
Dass er unter diesen Umständen nach der Ausschaffung bei der Rückkehr nach Äthiopien inhaftiert
wurde, ist plausibel. Über die Jahre muss der Beschwerdeführer den Behörden immer wieder
negativ aufgefallen sein. Wie Mosaiksteine setzt sich aus den einzelnen Ereignissen das Bild einer Person
zusammen, die dem äthiopischen Regime als Gegner aufgefallen sein muss. Zwar hat der Beschwerdeführer
seine Beweismittel nur in Kopie vorgelegt, die Dokumentation ist jedoch sehr umfangreich und die einzelnen
Beweismittel sind so spezifisch, dass das Gericht nicht davon ausgeht, es handle sich um Fälschungen.
Vielmehr ist in diesem Punkt der überzeugenden Argumentation in der Beschwerde zu folgen.
Im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller Indizien,
welche für oder gegen die Glaubhaftigkeit der
Vorbringen sprechen, sind die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Vorbringen unter Berücksichtigung
des Beweismassstabs gemäss Art. 7 AsylG glaubhaft. Es ist somit davon auszugehen, dass er aufgrund
der oppositionellen Tätigkeit (Demonstrationsteilnahmen, Verteilung von Flugblättern, Zugehörigkeit
zur AAPO-Partei, Akquirierung von neuen Unterstützern, kritische Äusserungen in den Medien)
bereits als Jugendlicher mehrmals von Regierungskräften festgehalten wurde, nach seiner Deportation
aus Israel wieder im Gefängnis landete und kurz vor seiner Ausreise erneut inhaftiert wurde, nachdem
er sich in einer Zeitung kritisch äusserte. Seiner Ehefrau wurde nach seiner Ausreise eine gerichtliche
Vorladung übermittelt. Nachdem er dieser keine Folge leistete, behelligten die Behörden die
Beschwerdeführerin, bis auch diese schliesslich das Land verliess.
7.
7.1 Die
von den Beschwerdeführenden geltend gemachten Vorverfolgungshandlungen durch das äthiopische
Regime waren gezielt und in ihrer Gesamtheit auch genügend intensiv. Es handelte sich nicht nur
um zu tolerierende Diskriminierungen, sondern um Eingriffe, welche geeignet sind, eine drohende Verfolgung
zu indizieren.
7.2 In
einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob die Vorbringen des Beschwerdeführers geeignet sind,
eine aktuell und zukünftig bestehende objektiv begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne von
Art. 3 AsylG zu begründen.
7.3 Bei
der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft interessiert zwar in erster Linie die im Zeitpunkt der
Ausreise der asylsuchenden Person(en) bestehende Verfolgungssituation. Nach Lehre und Praxis wird jedoch
dann auf die Gefährdungslage im Moment des Asylentscheides abgestellt, wenn sich die Lage im Heimatstaat
zwischen Ausreise und Asylentscheid massgeblich zu Gunsten oder zu Lasten der asylsuchenden Person(en)
verändert hat (vgl. BVGE 2011/51 E. 6.1, BVGE
2008/34 E. 7.1, BVGE
2008/12 E. 5.2, sowie Walter Stöckli,
Asyl, in: Peter Uebersax/Beat Rudin/Thomas Hugi Yar/Thomas Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Auflage,
Basel 2009, Rz. 11.17; zur Relevanz des Zeitpunkts des Entscheides für die Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft
ferner Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK]
1994 Nr. 6 E. 5, 1995 Nr. 2 E. 3a S. 17).
7.4 Zumindest
bis im Frühjahr 2018 war die allgemein herrschende politische und menschenrechtliche Situation in
Äthiopien als sehr schwierig zu bezeichnen. Im Rahmen der Parlamentswahlen vom Mai 2015 hatte die
Regierungspartei Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF) sämtliche 547 Sitze errungen,
was nach übereinstimmender Einschätzung auf die rigorose Unterdrückung jeglicher oppositioneller
Meinungsäusserung im Land zurückgeführt wurde. In den Jahren 2008 und 2009 wurden Gesetze
erlassen mit der Zielsetzung, die regierungskritische Opposition verstärkter Kontrolle zu unterwerfen.
Personen, die unter dem Verdacht standen, regimekritische Haltungen zu vertreten, wurden verhaftet und
teilweise zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Misshandlung und Folter in polizeilichem Gewahrsam
sowie in Gefängnissen sind in Äthiopien weit verbreitet. Im Jahr 2011 wurden gestützt
auf das Antiterror-Gesetz mehrere oppositionelle Bewegungen zu terroristischen Organisationen erklärt.
Seit November 2015 herrschten in Äthiopien Unruhen und Proteste, welche sich immer mehr zu einem
Ausbruch der über Jahre angestauten Frustration über die politische und wirtschaftliche Marginalisierung
entwickelte. Gleichzeitig intensivierte sich auch die Repression durch Sicherheitskräfte mit Todesfolgen,
was wiederum die Wut der Bevölkerung gegen die Behörden verstärkte. Aufgrund des massiven
Vorgehens der Sicherheitskräfte, zahlreicher Erschiessungen und Massenverhaftungen nahm der Unmut
der Bevölkerung weiter zu. Am 9. Oktober 2016 ordnete die äthiopische Regierung die Verhängung
des Ausnahmezustands (state of emergency) für einen Zeitraum von sechs Monaten an, erstmalig seit
der Machtübernahme der EPRDF in Äthiopien vor 25 Jahren. Obwohl die Proteste und Gewalt nur
zwei von neun regional states umfasste (Oromia und Amhara), verhängten die Behörden den Ausnahmezustand
über das ganze Land. Insbesondere wurden dabei Aktivitäten verboten, welche Zweifel und Konflikte
in der Bevölkerung schüren könnten. Am 11. November 2016 informierte das State of Emergency
Inquiry Board, es seien seit Inkraftsetzung des Ausnahmezustandes 11'607 Personen festgenommen worden.
Zwar sind seither die meisten Proteste verstummt und es kommt kaum mehr zu Schiessereien in den Strassen,
jedoch blieben willkürliche Inhaftierungen und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Über
die genaue Anzahl Personen, welche bis heute inhaftiert wurden respektive verschwunden sind, herrscht
Unklarheit. Je nach Quelle wird von 20 000 bis 70 000 Personen gesprochen. Im August 2017 wurde der Ausnahmezustand
zwar wieder aufgehoben, die inhaftierten Personen verblieben jedoch in den sogenannten "rehabilitation
camps" (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-860/2016 vom 13. Juli 2017 E. 4.6 mit weiteren
Hinweisen). Die vor drei Jahren ausgebrochenen Anti-Regierungsproteste mündeten im Februar 2018
im Rücktritt des damaligen Premierministers Hailemariam Desalegn (Vgl. Reuters, Ethiopian government
and opposition start talks on amending anti-terrorism law, 30. Mai 2018: https://uk.reuters.com/article/uk-ethiopia-politics/ethiopian-government-and-opposition-start-talks-on-amen-ding-anti-terrorism-law-idUKKCN1IV1RL.,
abgerufen am 14.12.2018).
Im April 2018 wurde ein neuer Premierminister ernannt.
Seit dem Amtsantritt von Premierminister Abiy
Ahmed befindet sich das Land in einer Umbruchsituation.
Abiy Ahmed unternimmt Anstrengungen, in vielen
Bereichen Reformen anzustossen oder durchzuführen (vgl. dazu: The Africa Report, Nicholas
Norbrook: Ethiopia: The Abiy effect, 15.10.2018, www.theafricareport.com/East-Horn-Africa/ethiopia-the-abiy-effect.html,
abgerufen am 14.12.2018). Dies betrifft auch den Umgang mit regierungskritischen Personen, gegen die
das herrschende Regime bisher mit grosser Härte vorging. Die Regierung hat beispielsweise Oppositionelle
im Exil zur Rückkehr und zur Teilnahme am politischen Prozess in Äthiopien aufgerufen (The
Washington Post, Ethiopia's ethnic divides rock capital as reports of killings prompt angry protests,17.09.2018,
www.washingtonpost.com/-world/ethiopias-ethnic-divides-rock-capital-as-reports-ofkillings-prompt-angry-protests/2018/09/17/8701bd0a-ba74-11e8-bdc0-90f81cc-58c5d_-story.html?utm_term=.e8ea4b1732a1,
abgerufen am 14.12.2018). Human Rights Watch vermeldete im Juli 2018, dass tausende politische Gefangene
freigelassen, die für Folter und unmenschliche Behandlung bekannte Maekelawi Haftanstalt geschlossen
und zuvor blockierte Internet-Seiten zugänglich gemacht wurden (vgl. Human Rights Watch, Task of
Ethiopia's New Leader: End Torture, 30. Juli 2018: www.hrw.org/news-/2018-/07/30/task-ethiopias-new-leader-end-torture,
abgerufen am 14.12.2018). Politische Dissidenten, ehemaligen Rebellen, Abspaltungsanführer und Journalisten
sind seit der Ernennung von Abiy Ahmed zum Premierminister nach Äthiopien zurückgekehrt. Laut
Al-Jazeera begrüssen politische Analysten die von der äthiopischen Regierung eingeleiteten
Schritte. Damit diese effektiv seien, müsse die Regierung nun aber die restriktive Gesetzgebung,
insbesondere das Anti-Terror-Gesetz überarbeiten und die Strukturen der Sicherheitskräfte,
das Justizsystem und die Wahlkommission reformieren, zitiert Al-Jazeera Hallelujah Lulie (Programmdirektor
von Amani Africa, Media and Research Services), (vgl. al Jazeeera vom 5. Juli 2018, Hamza
Mohamed, Ethiopia removes OLF, ONLF and Ginbot 7 from terror list, www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html).
Maria Burnett von Human Rights Watch fordert, dass Abiy Ahmed nach den angekündigten Reformen nun
die Straflosigkeit für schwere Menschenrechtsverletzungen, insbesondere der weit verbreiteten Folter,
beenden müsse (vgl. Human Rights Watch, Task of Ethiopia's New Leader: End Torture, 30. Juli
2018, a.a.O.). Inwieweit die vom neuen Ministerpräsidenten angestossenen Reformprozesse nachhaltig
sein werden, ist derzeit nicht absehbar. Die durchaus positiven Entwicklungen sind noch immer sehr fragil
und es ist nicht absehbar, ob sich der neue Ministerpräsident an der Macht halten kann. Bereits
im Juni 2018 entging er knapp einem Attentat (vgl. die Berichterstattung des britischen Evening Standards,
Asher Mcshane, Grenade 'assassination attempt' on Ethiopia's
prime minister Abiy Ahmed, 23. Juni 2018, www.standard.co.uk/-news/world/grenade-assassination-attempt-on-ethiopias-prime-minister-abiy-ahmed-a3870241.html,
besucht am 19.112.2018). Erst kürzlich wurde berichtet, dass der ehemalige Chef des Geheimdienstes
für dieses Attentat verantwortlich gemacht wird (vgl. ESAT News vom 12. November 2018, Engidu
Woldie, Ex-spy chief planned botched assassination attempt on PM: Prosecutor says, https://ethsat.com/2018/11/ex-spy-chief-planned-botched-assassination-attempt-against-pm-prosecutor-says/,
besucht am 19.12.2018). Bei dieser Ausgangslage ist zum heutigen Zeitpunkt keine sichere Prognose möglich,
inwiefern die Bemühungen des neuen Präsidenten um Aussöhnung mit der Opposition und ihren
Anhängern fruchten und ob sich die Behandlung von politisch Oppositionellen und exilpolitisch aktiven
Personen nachhaltig zum Besseren wenden kann. Von Stabilität ist Äthiopien weit entfernt.
7.5 Begründet
ist die Furcht vor Verfolgung, wenn ein konkreter Anlass zur Annahme besteht, letztere hätte sich
- aus der Sicht im Zeitpunkt der Ausreise - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer
Zeit verwirklicht oder werde sich - auch aus heutiger Sicht - mit ebensolcher Wahrscheinlichkeit
in absehbarer Zukunft verwirklichen. Es müssen damit hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete
Bedrohung vorhanden sein, die bei jedem Menschen in vergleichbarer Lage Furcht vor Verfolgung und damit
den Entschluss zur Flucht hervorrufen würden. Dabei hat die Beurteilung einerseits aufgrund einer
objektivierten Betrachtungsweise zu erfolgen und ist andererseits durch das von der betroffenen Person
bereits Erlebte und das Wissen um Konsequenzen in vergleichbaren Fällen zu ergänzen. Wer bereits
staatlichen Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt war, hat objektive Gründe für eine ausgeprägtere
(subjektive) Furcht (vgl. BVGE 2014/27 E. 6.1 und 2010/57 E. 2).
7.6 Es
ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit als Oppositioneller und Regimegegner
sowie mindestens als Sympathisant AAPO oder der (...)-Partei identifiziert wurde, wobei er einer
erneuten Inhaftierung oder anderen Behelligungen durch das äthiopische Regime durch seine Flucht
zu entgehen vermochte. Gleichzeitig kann trotz der beschriebenen positiven Entwicklungen keineswegs als
gesichert gelten, dass sich die Menschenrechtslage und damit die Behandlung von politisch Oppositionellen
und exilpolitisch aktiven Personen in Äthiopien nachhaltig verbessert hat (vgl. E. 7.4). Vor diesem
Hintergrund ist die Furcht des Beschwerdeführers vor politisch motivierter Inhaftierung und Bestrafung
nach wie vor objektiv begründet, zumal zu berücksichtigen ist, dass er bereits während
seiner Haft in E._______ geschlagen, gefoltert und mit dem Tod bedroht worden sei (vgl. Bst. O. und E.
6.5.1) und er sich auch in der Schweiz durch einen längeren Fernsehauftritt im Sender ESAT exponiert
hat, was dem äthiopischen Geheimdienst nicht verborgen geblieben sein wird. Nach dem Gesagten macht
der Beschwerdeführer zu Recht eine auch objektiv begründete Furcht vor ernsthaften Nachteilen
im Sinne von Art. 3 AsylG geltend.
7.7 Dies
gilt auch für die Beschwerdeführerin, die zwar keine eigenes politisches Profil aufweist, deren
Gefährdung sich im Sinne einer drohenden Reflexverfolgung jedoch aus der Verfolgungsgefahr für
ihren Ehemann ableitet.
7.8 Zusammenfassend
ergibt sich, dass den Beschwerdeführenden für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien
zum heutigen Zeitpunkt eine objektiv nachvollziehbare subjektiv begründete Furcht vor ernsthaften
Nachteilen im Sinne von Art. 3 AsylG zu attestieren ist, zumal eine innerstaatliche Schutzalternative
offensichtlich nicht vorhanden wäre. Sie erfüllen demnach die Flüchtlingseigenschaft.
Aus den Akten ergeben sich überdies keine Anhaltspunkte für eine Asylunwürdigkeit im Sinne
von Art. 53 AsylG.
7.9 Die
Beschwerde ist demnach gutzuheissen, die Verfügungen des SEM vom 25. August 2015 sind aufzuheben
und das SEM anzuweisen, den Beschwerdeführenden in der Schweiz Asyl zu gewähren und das gemeinsame
Kind gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG in die Flüchtlingseigenschaft und das Asyl der Beschwerdeführenden
einzubeziehen.
8.
8.1 Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 3 VwVG i.V.m. Art. 37 VGG).
8.2 Den
vertretenen Beschwerdeführenden ist angesichts ihres Obsiegens in Anwendung von Art. 64 Abs. 1 VwVG
und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor
dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihm erwachsenen
notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten zuzusprechen. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführenden
hat am 22. Februar 2017 eine Kostennote zu den Akten gereicht. Der geltend gemachte Aufwand beläuft
sich für beide Beschwerdeverfahren demnach auf 12.85 Stunden, was angemessen erscheint. Den Beschwerdeführenden
ist somit eine Parteientschädigung zu Lasten des SEM in der Höhe von Fr. 2787.- (inkl.
Mehrwertsteuer und Auslagen) zuzusprechen. Die gewährte amtliche Rechtsverbeiständung wird
mit diesem Entscheid gegenstandslos.
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