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Abteilung IV

D-5964/2012

 

 

 


Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass die Beschwerdeführerin sich mit Schreiben vom 27. September 2006 mit einem in englischer Sprache abgefassten Schreiben an die schweizerische Vertretung in Colombo wandte und darin sinngemäss um Bewilligung der Einreise in die Schweiz und um Gewährung des Asyls ersuchte,

dass sie in einem weiteren in englischer Sprache gehaltenen Schreiben vom 7. November 2006 ergänzende Ausführungen zu ihren in der Eingabe vom 27. September 2006 enthaltenen Begehren anbrachte und gleichzeitig verschiedene Beweismittel in Kopie zu den Akten reichte,

dass sie dabei im Wesentlichen vortrug, sie sei sri-lankische Staatsangehörige tamilischer Ethnie und stamme aus B._______ (Distrikt Trincomalee, Ostprovinz),

dass ihr Ehemann sowie ihre älteste Tochter C._______ bei der französischen Nichtregierungsorganisation D._______ gearbeitet hätten,

dass am 4. August 2006 auf das Büro der D._______ in E._______ (Distrikt Trincomalee) ein Anschlag verübt worden sei, bei dem 17 lokale Mitarbeiter, darunter auch ihr Ehemann und ihre Tochter C._______, ums Leben gekommen seien,

dass sie seither mit ihren drei anderen Kinder (zwei erwachsene Söhne und eine ebenfalls erwachsene Tochter) auf sich selbst gestellt sei,

dass sie sich auch um ihre Sicherheit sowie um diejenige ihrer Kinder sorge und daher kaum noch das Haus verlasse,

dass sie insbesondere befürchte, man würde sie und ihre Kinder aufgrund ihrer tamilischen Ethnie mit den "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) in Verbindung bringen und demzufolge als Terroristen betrachten,

dass das BFM ohne vorgängige persönliche Befragung der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 11. September 2007 deren Einreise in die Schweiz nicht bewilligte und das Asylgesuch ablehnte,

dass die Vorinstanz zur Begründung im Wesentlichen ausführte, sie habe grosses Verständnis dafür, dass die Beschwerdeführerin nach dem tragischen Vorfall von August 2006 bei der schweizerischen Vertretung und bei anderen Botschaften um Asyl ersucht habe,

dass der Ehemann und die Tochter der Beschwerdeführerin jedoch in Sri Lanka während Jahren bei der französischen Nichtregierungsorganisation D._______ angestellt gewesen seien und im Rahmen dieses Engagements ihr Leben verloren hätten,

dass diese Anstellung bei der D._______ Beziehungen und Bindungen zu Frankreich hätten entstehen lassen, was - wenn auch in einem weniger starken Ausmass - gleichzeitig auch für ihre Angehörigen gegolten habe,

dass es der Beschwerdeführerin - auch wenn Frankreich über kein formalisiertes Asyl- und Einreiseverfahren auf seiner Vertretung in Sri Lanka verfüge - zumutbar sei, ein Gesuch um Erteilung einer Einreisebewilligung auf der französischen Botschaft in Colombo einzureichen, zumal in einem konkreten Fall die französischen Behörden den Familienangehörigen eines ebenfalls beim Massaker von E._______ getöteten D._______-Mitarbeiters Asyl gewährt hätten,

dass den Akten auch zu entnehmen sei, dass die Beschwerdeführerin über gewisse familiäre Beziehungen zu in Frankreich wohnhaften Personen verfüge,

dass überdies bekannt sei, dass die Beschwerdeführerin bereits bei der französischen Botschaft und bei den kanadischen Behörden Asylgesuche gestellt habe, wobei das BFM über eine allfällige Stellungnahme seitens der französischen Behörden nicht orientiert sei,

dass zusammenfassend festzuhalten sei, dass die Beschwerdeführerin über keinerlei Beziehungsnähe zur Schweiz verfüge, jedoch die Möglichkeit einer anderweitigen Schutzsuche habe,

dass die Beschwerdeführerin somit die Anforderungen an eine Aufnahme in der Schweiz gemäss Art. 52 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) nicht erfülle, weshalb ihre Einreise in die Schweiz nicht zu bewilligen und das Asylgesuch abzulehnen sei,

dass die schweizerische Vertretung in Colombo die Verfügung des BFM vom 11. September 2007 der Beschwerdeführerin per eingeschriebener Post zukommen liess und von dieser - gemäss den Angaben der schweizerischen Vertretung - am 25. September 2007 entgegengenommen wurde,

dass die Beschwerdeführerin mit englischsprachiger Eingabe vom 5. Oktober 2007 (Eingangsstempel der schweizerischen Vertretung in Colombo: 9. Oktober 2007) sinngemäss die Aufhebung der BFM-Verfügung vom 11. September 2007, die Bewilligung der Einreise in die Schweiz und die Gewährung des Asyls beantragte,

dass die Eingabe vom 5. Oktober 2007 indessen erst am 16. November 2012 vom BFM an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde,

dass das BFM dem Bundesverwaltungsgericht in einem der Beschwerdeeingabe beigelegten Schreiben vom 15. November 2012 mitteilte, anlässlich einer Ende März 2012 stattgefundenen internen Revision seien auf der Botschaft in Colombo zahlreiche nicht vorschriftsgemäss behandelte Dokumente und Unterlagen - darunter auch die fragliche Beschwerdeschrift - gefunden und in der Folge zur genauen Prüfung der Inhalte dem Bundesamt zugestellt worden,

 

und zieht in Erwägung,

dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]) des BFM entscheidet, ausser - was in casu nicht zutrifft - bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor dem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Ar. 31-33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32], Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110),

dass sich gemäss ständiger Praxis die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs auch auf die Verweigerung der Einreisebewilligung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 AsylG erstreckt,

dass die Beschwerde nicht in einer Amtssprache des Bundes abgefasst ist, indessen auf die Ansetzung einer Frist zur entsprechenden Beschwerdeverbesserung im Sinne von Art. 52 VwVG praxisgemäss aus prozessökonomischen Gründen verzichtet werden kann, da - mit Ausnahme der angefochtenen Verfügung - die Eingaben des vorinstanzlichen Verfahrens ebenfalls in englischer Sprache gehalten sind und die Rechtsmitteleingabe verständlich ist, so dass ohne weiteres darüber befunden werden kann,

dass der vorliegende Entscheid jedoch in deutscher Sprache ergeht (Art. 33a Abs. 2 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG), 

dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),

dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 52 VwVG),

dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit geprüft werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),

dass über offensichtlich begründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG), und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),

dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,

dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit Eingang des Schreibens des BFM vom 15. November 2012 am 19. November 2012 Kenntnis von der rechtzeitig bei der schweizerischen Vertretung in Colombo eingereichten Beschwerde erhalten hat,

dass es für das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der jahrelangen Verzögerung in der Übermittlung der Beschwerdeschrift heute nicht mehr möglich ist zu prüfen, ob das BFM in seiner Verfügung vom 11. September 2007 den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig festgestellt hat und ob dieser angemessen ist, zumal sich seit Ergehen der angefochtenen Verfügung und der Einreichung der Beschwerdeschrift die Verhältnisse in Sri Lanka massgeblich verändert haben,

dass es darüber hinaus auch nicht Sache der Beschwerdeinstanz sein kann, Versäumnisse der Vorinstanz - zumal solche, wie in casu geschehen, gröbster Art - auf Rekursebene nachzuholen, umso weniger, als dadurch der Beschwerdeführerin ein Instanzenzug verloren gehen würde,

dass aufgrund der Aktenlage - und unter ausdrücklichem Hinweis auf BVGE 2007/30 E. 5 - auch eine Befragung der Beschwerdeführerin (diese wurde bis anhin nicht persönlich angehört) angezeigt erscheint, 

dass der angefochtene Entscheid daher aufzuheben und von Amtes wegen zur vollständigen, aktuellen Sachverhaltsfeststellung und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist (Art. 61 Abs, 1 VwVG),

dass aus den Akten keine konkreten Hinweise für eine der Beschwerdeführerin akut drohende Lebensgefahr hervorgehen, welche die Erteilung einer sofortigen Einreisebewilligung erfordern würde, zumal sich die allgemeine Lage in Sri Lanka seit dem Ende des bewaffneten Konflikts zwischen der sri-lankischen Armee und den LTTE im Mai 2009 erheblich verbessert hat (vgl. BVGE 2011/24),

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Kosten zu erheben sind (Art. 63 Abs. 1 und VwVG),

dass vorliegend keine Parteientschädigung zuzusprechen ist, zumal davon auszugehen ist, dass der nicht vertretenen Beschwerdeführerin durch die Beschwerdeführung keine verhältnismässig hohen Kosten entstanden sind (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]).

 

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