Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens
des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31];
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG und Art. 6 AsylG).
1.3 Die
Beschwerden sind frist- und formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführerinnen haben am Verfahren
vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und
haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; sie sind daher
zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 2 AsylG; Art. 48
Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die
Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich
nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
3.
3.1 Gemäss
Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge
sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse,
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen
Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich
die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen
psychischen Druck bewirken; (...) (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
Die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG
erfüllt eine asylsuchende Person nach Lehre und Rechtsprechung dann, wenn sie Nachteile von bestimmter
Intensität erlitten hat beziehungsweise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft
befürchten muss, welche ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive durch Organe des Heimatstaates
oder durch nichtstaatliche Akteure zugefügt worden sind beziehungsweise zugefügt zu werden
drohen (vgl. BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37). Die Furcht vor künftiger Verfolgung umfasst allgemein
ein auf tatsächlichen Gegebenheiten beruhendes objektives Element einerseits sowie die persönliche
Furchtempfindung der betroffenen Person als subjektives Element andererseits. Begründete Furcht
im Sinne von Art. 3 AsylG hat demnach, wer gute - das heisst von Dritten nachvollziehbare -
Gründe (objektives Element) für seine Furcht (subjektives Element) vorweist, mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft das Opfer von Verfolgung zu werden; eine bloss entfernte
Möglichkeit reicht nicht (vgl. BVGE 2013/11 E. 5.1; 2011/50 E. 3.1.1; 2011/51 E. 6; 2008/4 E. 5.2,
je m.w.H.). Es müssen somit hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Bedrohung vorhanden
sein, die bei jedem Menschen in vergleichbarer Lage Furcht vor Verfolgung und damit den Entschluss zur
Flucht hervorrufen würden. Dabei hat die Beurteilung einerseits aufgrund einer objektivierten Betrachtungsweise
zu erfolgen und ist andererseits durch das von der betroffenen Person bereits Erlebte und das Wissen
um Konsequenzen in vergleichbaren Fällen zu ergänzen. Wer bereits staatlichen Verfolgungsmassnahmen
ausgesetzt war, hat objektive Gründe für eine stärker ausgeprägte (subjektive) Furcht
(vgl. BVGE 2010/57 E. 2.5).
Eingriffe in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter, die für sich allein betrachtet
keine ernsthaften Nachteile darstellen, weil sie zu wenig intensiv sind, können in ihrer Gesamtheit
asylrechtlich dennoch erheblich sein. Dies ist anzunehmen, wenn aufgrund ihrer Art, Dauer oder Wiederholung
für die betroffene Person ein unerträglicher psychischer Druck entsteht, der ihr einen weiteren
Verbleib im Heimatstaat unter menschenwürdigen Umständen objektiv betrachtet verunmöglicht.
Ausschlaggebend ist dabei nicht allein, wie die betroffene Person die Situation subjektiv erlebt, sondern
ob aufgrund der tatsächlichen Situation auch für Aussenstehende nachvollziehbar ist, dass der
psychische Druck unerträglich geworden ist. (vgl. BVGE 2014/29 E. 4.3 f., Urteile des BVGer E-3522/2020
vom 12. August 2020 E. 6.5 und E-4140/2014 vom 13. Oktober 2014 E. 5.2; Constantin
Hruschka in: Spescha et al. [Hrsg.], Kommentar zum Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, Art. 3 AsylG
N. 9, Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH [Hrsg.], Handbuch zum Asyl- und Wegweisungsverfahren,
3. Aufl. 2021, S. 190 f.).
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Frage nach der im
Zeitpunkt der Ausreise vorhandenen Verfolgung oder begründeten Furcht vor einer solchen. Die Situation
im Zeitpunkt des Asylentscheids ist jedoch im Rahmen der Prüfung nach der Aktualität der Verfolgungsfurcht
ebenfalls wesentlich. Veränderungen der objektiven Situation im Heimatstaat zwischen Ausreise und
Asylentscheid sind deshalb zugunsten und zulasten der das Asylgesuch stellenden Person zu berücksichtigen
(vgl. BVGE 2008/4 E. 5.4, Walter Stöckli, § 14 Flüchtlinge
und Schutzbedürftige, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 3. Aufl.
2022, Rz. 14.38 und 14.39). Aufgrund der Subsidiarität des flüchtlingsrechtlichen Schutzes
setzt die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausserdem voraus, dass die betroffene Person in
ihrem Heimatland keinen ausreichenden Schutz finden kann (vgl. BVGE 2011/51 E. 7, 2008/12 E. 7.2.6.2,
2008/4 E. 5.2).
3.2 Wer
um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese
ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu
wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Die
Vorinstanz begründete ihre Verfügungen im Wesentlichen damit, die Beschwerdeführerinnen
hätten hauptsächlich geltend gemacht, wegen der Probleme ihres Vaters und wegen der Machtübernahme
der Taliban ausgereist zu sein. Ihnen selber sei aber nie etwas zugestossen und sie seien nie persönlich
durch die Taliban verfolgt worden. Bevor die Taliban das ganze Land eingenommen hätten, hätten
sie ein mehr oder weniger geregeltes Leben führen können. Vor ihrer Ausreise habe keine zielgerichtete
Verfolgung bestanden und ein zeitlich-kausaler Zusammenhang zwischen den ihren Vater betreffenden Ereignissen
und ihrer Ausreise sei nicht ersichtlich. Somit gebe es keine Anzeichen für eine begründete
Furcht vor einer (Reflex-)Verfolgung in der Zukunft. Ihre Vorbringen seien folglich gemäss Art.
3 AsylG nicht flüchtlingsrechtlich relevant.
Ferner mache die Beschwerdeführerin 1 geltend, aufgrund der Arbeit beim Schulradio könnten
sie in Afghanistan Probleme bekommen. Diese Tätigkeit liege bereits lange zurück und sei nur
während kurzer Zeit ausgeführt worden. Es sei deshalb nicht davon auszugehen, dass die Taliban
ein erhöhtes Interesse an ihnen hätten. So hätten sie auch nicht geltend gemacht, in der
Vergangenheit in diesem Zusammenhang Probleme gehabt zu haben. Sodann sei diese Tätigkeit nicht
ausschlaggebend gewesen für ihre Ausreise.
Zum Vorbringen, die Taliban würden Frauen nur eine Schulbildung bis zur sechsten Klasse erlauben
und sie seien als Hazara zusätzlich gefährdet, führte das SEM aus, dabei handle es sich
um Probleme, die mit der allgemeinen Lage nach der Machtübernahme der Taliban einhergehen würden.
Die Vorinstanz gehe nicht von einer Kollektivverfolgung der Hazara durch die Taliban aus. Auch diese
Vorbringen seien demgemäss nicht geeignet, eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung zu
begründen.
4.2 Dem
wurde in den Beschwerden entgegnet, die Beschwerdeführerinnen hätten vor der Machtübernahme
der Taliban keineswegs ein normales Leben führen können. Nach der Flucht des Vaters habe sich
die Familie versteckt halten müssen, sie hätten das Haus kaum noch verlassen. Zu ihrer Sicherheit
hätten sie ihren Aufenthaltsort immer wieder zwischen den Häusern in Kabul und Ghazni gewechselt.
Auch hätte die Familie selbstverständlich bereits zum Zeitpunkt der Flucht des Vaters ausreisen
wollen, die Organisation der Reise habe sich jedoch nicht so einfach gestaltet. So hätten sie bereits
im Jahr 2019 versucht, Visa für den Iran oder für Pakistan zu erhalten. Dafür habe ihnen
aber das Geld gefehlt. Mit dem Beginn der Coronapandemie sei alles noch schwieriger geworden, da alle
Ämter geschlossen gewesen seien und es keine Flüge mehr gegeben habe. Eine Flucht auf dem Landweg
wäre für die sechsköpfige Familie zu gefährlich gewesen. Sie seien in ihrem Land
eingeschlossen gewesen, was für sie sehr belastend gewesen sei. Als die für Passangelegenheiten
zuständigen Ämter Mitte 2021 wieder geöffnet hätten, hätten sie sofort ihre
Pässe verlängert und pakistanische Visa beantragt, diese seien jedoch nicht bewilligt worden.
Schliesslich habe ihr Vater von der Schweiz aus über geschäftlich Bekannte die Ausreise organisieren
können. Betreffend die Aussage der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin 1 hätte in Kasachstan
bleiben können, wurde angeführt, dies sei nicht der Fall, nach Ausbruch der Coronapandemie
habe die Universität geschlossen und sie habe kein gültiges Visum mehr gehabt. Auch die Beschwerdeführerin
2 hätte nach ihrem dreiwöchigen Aufenthalt in Indien im Jahr 2018 nicht einfach dortbleiben
können, da das Visum und der gesamte Aufenthalt im Rahmen des Programms für Empowerment und
Leadership, aufgrund wessen der Aufenthalt stattgefunden habe, organisiert worden sei. Sie hätte
sich nicht einfach abschotten und in Indien bleiben können.
5.
5.1 Das
Bundesverwaltungsgericht hat sich in der Vergangenheit in verschiedenen Urteilen zur allgemeinen Lage
in Afghanistan geäussert (vgl. die Referenzurteile D-4705/2016 vom 14. Juni 2021; D-4287/2017 vom
8. Februar 2019; D-5800/2016 vom 13. Oktober 2017). Dabei bezog sich die Analyse auf die jeweilige Sicherheitslage
in einzelnen Städten und betraf damit ausschliesslich die Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.
Die Beschwerdeführerinnen wurden von der Vorinstanz vorläufig aufgenommen, weshalb das Vorliegen
von Vollzugshindernissen vorliegend nicht von Interesse ist. Ferner hat sich das Gericht vor einigen
Jahren - vor der Machtübernahme durch die Taliban - in einem Referenzurteil zur allgemeinen
Lage der Frauen in Afghanistan geäussert. Dabei wurde festgehalten, dass nicht davon ausgegangen
werden könne, Frauen würden bei den afghanischen Sicherheitskräften Schutz vor einer Verfolgung
durch ihre Familienangehörigen erhalten. Afghanistan sei weiterhin ein für Frauen und Mädchen
sehr gefährliches Land. Tief verwurzelte Diskriminierung von Frauen sei dort endemisch. Gewalt gegen
Frauen und Mädchen bleibe weit verbreitet, wobei Straflosigkeit für solche Verbrechen die Regel
sei. Die Umsetzung von Gesetzen zum Schutz von Frauenrechten gehe nur sehr langsam voran. Den Behörden
fehle der Wille, solche Gesetze konsequent umzusetzen, dies besonders in ländlichen Gebieten. Die
grosse Mehrzahl der Fälle, einschliesslich schwerer Verbrechen gegen Frauen, würden weiterhin
durch traditionelle Streitschlichtungsmechanismen vermittelt, statt strafrechtlich verfolgt zu werden,
wie es das Gesetz verlange. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen hindere viele daran, eine
Beschwerde zu machen. Diese hätten kaum andere Möglichkeiten, als weiterhin in missbräuchlichen
Situationen zu leben. Die Polizei inhaftiere Frauen, die von ihnen selbst erlittene sexuelle Gewalt anzeigten.
Vor diesem Hintergrund fehle es in Afghanistan insbesondere am Schutzwillen der afghanischen Behörden
bei geschlechtsspezifischen Übergriffen, aber auch an der Infrastruktur (vgl. Referenzurteil des
Bundesveraltungsgerichts D-3501/2019 vom 21. August 2019, E. 5.4.5).
5.2 Nachdem
sich die Lage mit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 jedoch grundlegend verändert
hat, ist die Lage der Frauen unter dem neuen Regime zu analysieren. Für die vorliegende Analyse
wurden im Wesentlichen folgende Quellen verwendet (aufgelistet in alphabetischer Reihenfolge nach Herausgeberschaft
und Chronologie):
-
Afghanistan Analysts Network (AAN I), How Can a Bird Fly On Only
One Wing? Afghan women speak about life under the Islamic Emirate, 22. November 2022, <https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/rights-freedom/how-can-a-bird-fly-on-only-one-wing-afghan-women-speak-about-life-under-the-islamic-emirate/>,
abgerufen am 19. April 2023
-
Afghanistan Analysts Network (AAN II), Strangers in Our Own Country:
How Afghan women cope with life under the Islamic Emirate, 28. Dezember 2022, <https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/rights-freedom/strangers-in-our-own-country-how-afghan-women-cope-with-life-under-the-islamic-emirate/>,
abgerufen am 19. April 2023
-
European Union Agency For Asylum (EUAA), Country Guidance: Afghanistan,
Januar 2023, <https://euaa.europa.eu/country-guidance-afghanistan-2023>, abgerufen am 20. April
2023
-
Freedom House, Freedom in the World 2022, Afghanistan,
<https://freedomhouse.org/country/afghanistan/freedom-world/2022>, abgerufen am 20. April 2023
-
International Crisis Group (ICG), Taliban Restrictions on Women's
Rights Deepen Afghanistan's Crisis, 23. Februar 2023, <https://icg-prod.s3.amazonaws.com/s3fs-public/2023-02/329-afghanistan-womens-rights.pdf>,
abgerufen am 20. April 2023
-
UN Human Rights Council (UNHRC), Situation of human rights in
Afghanistan - Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Afghanistan, Richard
Bennett (A/HRC/52/84), 9. Februar 2023, <https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/sessions-regular/session52/advance-version/A_HRC_52_84_AdvanceEditedVersion.docx>,
abgerufen am 14. April 2023
-
UN Human Richts Council (UNHRC II), Situation of human rights
in Afghanistan - Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Afghanistan
and the Working Group on discrimination against women and girls (A/HRC/53/21), 20. Juni 2023,
<https://www.ohchr.org/en/documents/country-reports/ahrc5321-situation-women-and-girls-afghanistan-report-special-rapporteur>,
abgerufen am 28. Juni 2023
-
UN Human Rights Office of the High Commissioner (UN High Commissioner), Afghanistan:
Systematic crackdown on women's and girl's rights, UN experts say, 5. Mai 2023, <https://www.ohchr.org/en/statements/2023/05/afghanistan-systematic-crackdown-womens-and-girls-rights-un-experts-say>,
abgerufen am 19. Mai 2023
-
UN Security Council, The situation in Afghanistan and its implications
for international peace and security, 27. Februar 2023, <https://unama.unmissions.org/sites/default/files/a77772-s2023151sg_report_on_afghanistan.pdf>,
abgerufen am 18. April 2023
-
UN Women, Gender alert no. 1: Women's rights in Afghanistan:
Where are we now?, Dezember 2021, <https://www.unwomen.org/sites/default/files/2021-12/Gender-alert-Womens-rights-in-Afghanistan-en.pdf>,
abgerufen am 18. April 2023
-
UN Women, Gender alert no. 2: Women's rights in Afghanistan
one year after the Taliban take-over, 15. August 2022, <https://www.unwomen.org/sites/default/files/2022-08/Gender-alert-2-Womens-rights-in-Afghanistan-one-year-after-the-Taliban-take-over-en_0.pdf>,
abgerufen am 18. April 2023
-
UN Women, Gender alert no. 3: Out of jobs, into poverty: The impact
of the ban on Afghan women working in NGOs, 13. Januar 2023, <https://www.unwomen.org/sites/default/files/2023-01/Gender-alert-3-Out-of-jobs-into-poverty-Afghanistan-en.pdf>,
abgerufen am 18. April 2023
-
Human Rights Watch (HRW), Afghanistan, Events of 2022,
<https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/afghanistan>, abgerufen am 20. April 2023
-
U.S. Department of State, 2021 Country Reports on Human Rights
Practices: Afghanistan, 12. April 2022, <https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights-practices/afghanistan/>,
abgerufen am 19. April 2023
5.3 Die
Autorität der ehemaligen Regierung Afghanistans, die vor August 2021 an der Macht war, wurde bereits
damals durch Aufstände der Taliban sowie Gewalt, Korruption und mangelhafte Wahlverfahren untergraben.
Dennoch bot sie eine breite Palette von individuellen Rechten und es waren gewisse Fortschritte zu verzeichnen.
Im April 2021 verkündete der Präsident der Vereinigten Staaten, Joe Biden, den vollständigen
Abzug des Militärs aus Afghanistan bis September 2021. Dieser Abzug wurde im Juli beschleunigt,
so dass die Militärpräsenz der Vereinigten Staaten im August 2021 endete. In der Folge setzten
die Taliban, welche seit Mai 2021 eine erneute Offensive gegen die Regierung geführt hatten, die
gewählte Regierung ab. Die Hauptstädte der Provinzen fielen im August und Kabul wurde am 15. August
von den Taliban überrannt. Am gleichen Tag floh Präsiden Ashraf Ghani aus dem Land. Die Taliban
ernannten im September 2021 ein Kabinett, dessen Mitglieder aus deren oberen Rängen stammen. Viele
afghanische Bürger und Bürgerinnen versuchten zu fliehen und mehrere Länder organisierten
eine Luftbrücke, wobei die Vereinigten Staaten zwischen Ende Juli und Ende August 2021 über
122'000 Menschen evakuierten. Etwa 700'000 Menschen wurden innerhalb Afghanistans vertrieben. Seither
bestimmen die Taliban die Politik Afghanistans alleine. Opposition gegen ihre Herrschaft wird nicht geduldet
und die Rechte von Frauen und Minderheiten werden immer mehr beschnitten. Persönliche und politische
Freiheiten wurden eingeschränkt. Demonstrationen wurden gewaltsam niedergeschlagen und private Diskussionen,
die als kritisch gegenüber der Taliban-Herrschaft angesehen werden, unterdrückt. Ferner verübte
die militärische Gruppierung Islamischer Staat, Provinz Khorasan (IS-K) zahlreiche Anschläge,
dies vor aber auch nach der Machtübernahme durch die Taliban. Unter anderem übernahm diese
Gruppierung die Verantwortung für einen Bombenanschlag im August 2021 in der Nähe des Flughafens
von Kabul, bei welchem über 170 Zivilisten und 13 amerikanische Militärs getötet wurden.
Bei zwei Anschlägen auf Moscheen in Kabul wurden im Oktober 2021 über 135 Menschen getötet
und mindestens 19 im November 2021 bei einem Anschlag auf ein Militärkrankenhaus in Kabul (vgl.
Freedom House, a.a.O.). Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich die allgemeine Situation
für einen Grossteil der Bevölkerung verschärft, insbesondere für Minderheiten und
die weibliche Bevölkerung. Auf letztere soll in der Folge detaillierter eingegangen werden.
5.4 Vorab
werden für eine bessere Übersicht im Sinne einer Zeitlinie die wichtigsten der von den Taliban
seit deren Machtübernahme am 15. August 2021 verkündeten Erlasse, mit welchen Frauen und Mädchen
in ihren Rechten eingeschränkt werden, aufgelistet (vgl. AAN II, a.a.O. sowie UNHRC II a.a.O.):
-
5. September 2021: erster Vorfall der Gewaltanwendung gegen eine Demonstrantin.
-
17. September 2021: Schliessung des Ministeriums für Frauenangelegenheiten (Ministry of women's
Affairs, MWA).
-
17./18. September 2021: Wiedereröffnung der Schulen, die High Schools für Mädchen
bleiben geschlossen.
-
19. September 2021: Beamtinnen werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben bis sie anderweitig informiert
würden.
-
11. November 2021: Frauen dürfen Parks und Freizeitanlagen nur noch mit einem «mahram»,
einem nahen männlichen Verwandten in der Funktion einer Anstandsdame, betreten.
-
26. Dezember 2021: Frauen dürfen Distanzen, die weiter als 72 Kilometer sind, nur noch in
Begleitung eines «mahram» zurücklegen.
-
10. Januar 2022: strikte Hijab-Regeln werden erhoben.
-
26. Februar 2022: an den Universitäten gilt Geschlechtertrennung.
-
23. März 2022: entgegen entsprechenden Versprechen werden die High Schools für Mädchen
nicht wiedereröffnet.
-
27. März 2022: Frauen dürfen keine Flüge antreten ohne «mahram».
-
28. März 2022: in Parks gilt die Geschlechtertrennung.
-
3. Mai 2022: Frauen dürfen keine Fahrzeuge mehr lenken.
-
7. Mai 2022: Frauen müssen in der Öffentlichkeit ihr Gesicht verdecken und sollen das
Haus nur bei Notwendigkeit verlassen.
-
17. Mai 2022: die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC) wird abgeschafft.
-
21. Mai 2022: Fernsehsprecherinnen müssen ihr Gesicht verdecken vor der Kamera.
-
1. Juni 2022: alle Mädchen der vierten bis zur sechsten Klasse müssen ihr Gesicht bedecken
auf dem Weg in die Schule.
-
22. August 2022: Gründung eines Departements für weibliche Moralpolizei innerhalb des
neuen Ministeriums für die Verbreitung von Tugend und die Prävention des Lasters.
-
23. August 2022: weibliche Regierungsangestellte werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
-
14. Oktober 2022: Studentinnen dürfen in den Fächern Ingenieurwesen, Veterinärmedizin,
Agrikultur und Geologie keine Aufnahmeprüfungen zur Universität ablegen.
-
13. November 2022: Frauen ist es verboten, Parks, Fitnessstudios und öffentliche Bäder
zu betreten.
-
14. November 2022: die vollständige Umsetzung von Sharia-Recht wird angekündigt.
-
18. November 2022: erste offizielle Auspeitschung von drei Frauen aufgrund von Moralverbrechen.
-
20. Dezember 2022: Frauen ist der Zugang zu Universitäten und weiteren Bildungsinstitutionen
verwehrt.
-
22. Dezember 2022: alle Formen der Bildung nach der sechsten Primarklasse sind Mädchen verwehrt.
-
24. Dezember 2022: Frauen ist es verboten, für Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten.
-
4. April 2023: Afghanischen Frauen ist es untersagt, für die UNO zu arbeiten.
5.5 Die
Machtübernahme durch die Taliban und der Abzug der internationalen Truppen hatten drastische Auswirkungen
auf alle Bereiche des Lebens in Afghanistan. Die komplexe humanitäre Katastrophe, welche sich dort
abspielt, ist gezeichnet durch geschlechtsspezifische Einschränkungen, welche sich direkt auf die
Möglichkeit für Frauen und Mädchen, ihre Rechte auszuüben, auswirken. Afghanische
Frauen und Mädchen sind deshalb in besonderem Masse gefährdet. Als die Taliban im August 2021
die Macht übernahmen, enthielten ihre ersten Erklärungen Zusicherungen, dass Frauen ihre Rechte
im Rahmen des islamischen Rechts wahrnehmen könnten, einschliesslich ihres Rechts auf Studium und
Arbeit. Trotz dieser verbalen Zusagen erlebten Frauen und Mädchen jedoch eine rasche Verschlechterung
in der Möglichkeit zur Ausübung ihrer Rechte. Frauen aus dem ganzen Land berichten von einer
Zunahme restriktiver Geschlechternormen und -praktiken, die sich auf die Bewegungs-
und Meinungsfreiheit, den Zugang zu lebensrettenden Diensten, Informationen, Schutz, Bildung, Beschäftigung
und Lebensunterhalt auswirken (vgl. UN Women I a.a.O.). Es zeigt sich, dass die Taliban ihre Position
in Bezug auf Frauenrechte seit ihrer ersten Machtperiode von 1996 bis 2001 nicht substanziell geändert
haben. Frauen werden systematisch ausgeschlossen vom öffentlichen und politischen Leben, eingeschränkt
im Zugang zu Bildung, humanitärer Unterstützung, Arbeit sowie Rechts- und Gesundheitsdienstleistungen.
Ihre Aussichten sind auf das eigene Heim beschränkt. Die kurz- und langfristigen Kosten dieser Rückwärtstendenz
werden als enorm eingestuft. Suizidraten bei jungen Frauen sind gestiegen; von einem Anstieg der Sterblichkeitsrate,
inklusive Müttersterblichkeit, ist auszugehen; die allgemeinen Kosten des Ausschlusses der Frauen
aus der Arbeitswelt wird auf bis zu eine Milliarde US-Dollars geschätzt (vgl. UN Women II a.a.O.).
Im September 2021 kündigten die Taliban eine «geschäftsführende Regierung» an,
die von ethnischen Paschtunen dominiert wird, der keine Frauen und nur wenige Angehörige von Minderheiten
angehören, davon keine auf Kabinettsebene. Die humanitäre Krise in Afghanistan hat sich im
Jahr 2022 verschlimmert, vor allem aufgrund des Wirtschaftskollapses, welcher auf die Machtübernahme
der Taliban folgte. Über 90 Prozent der Bevölkerung war während des Jahres von Nahrungsunsicherheit
betroffen. Frauen und Mädchen sind von dieser Krise überproportional betroffen und sehen sich
vor grössere Hindernisse gestellt um Nahrung, Gesundheitsversorgung und finanzielle Ressourcen zu
erhalten (vgl. HRW a.a.O.). Seit dem Zusammenbruch der Republik haben die Behörden den rechtlichen
und institutionellen Rahmen abgebaut und regieren mit den extremsten Formen der Frauenfeindlichkeit,
wobei die relativen Fortschritte bei der Geschlechtergleichstellung, die in den letzten zwei Jahrzehnten
erzielt worden waren, zunichte gemacht werden. Das Leben von Frauen und Mädchen in Afghanistan wird
durch die Missachtung ihrer Menschenrechte zerstört («We are alive, but not living»).
Frauen, die friedlich gegen diese repressiven Massnahmen protestieren, sind Drohungen, Schikanen, willkürlichen
Verhaftungen und Folter ausgesetzt. Zahlreiche Frauen berichten von Gefühlen der Angst und extremen
Beklemmung. Sie beschreiben ihre Situation als ein Leben unter Hausarrest. Die weit verbreiteten psychischen
Probleme und Berichte über Selbstmorde von Frauen und Mädchen sind alarmierend. Da Mädchen
und Frauen keine höheren Schulen oder Universitäten besuchen können, aber nur von weiblichen
Ärzten behandelt werden dürfen, drohen, sollten diese Einschränkungen nicht rasch rückgängig
gemacht werden, zahlreiche vermeidbare Todesfälle, die einem Femizid gleichkommen könnten (vgl.
UN High Commissioner, a.a.O.). Die Diskriminierung von Frauen und Mädchen in Afghanistan betrifft
alle Bereiche ihres Lebens. Im Folgenden wird auf die verschiedenen Aspekte (Bewegungsfreiheit und Kleidung,
Arbeit, Bildung, Verhalten und Zugang zu Justiz, Gesundheit sowie politische Teilnahme) detailliert eingegangen,
wobei diese alle eng miteinander verflochten sind.
5.5.1 Die
Taliban haben verschiedene Regeln aufgestellt, die Frauen und Mädchen in ihrer Bewegungsfreiheit
sowie der Wahl ihrer Kleidung einschränken. Die allgemeine Unsicherheit und im Speziellen die Rechtsunsicherheit
sowie das Verantwortlichmachen der Männer für das Verhalten der mit ihnen verwandten Frauen
haben zur Folge, dass sie nicht nur von den Behörden, sondern auch durch ihre Familien in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, zu ihrem eigenen Schutz (vgl. UN Women I a.a.O.). Berichten
zufolge seien Männer, welche Frauen oder Mädchen begleiteten, die farbige Kleidung tragen oder
ihr Gesicht nicht verdeckt hatten, von Taliban-Vertretern geschlagen worden, auch wenn die Verwandtschaft
nicht belegt sei (vgl. UNHRC II a.a.O.). Am 7. Mai 2022 haben die Behörden eine Richtlinie erlassen,
wonach alle Frauen den islamischen Hijab tragen und ihr Gesicht ausserhalb des Hauses vollständig
- mit Ausnahme der Augen - verdecken müssen. Verletzungen dieser Regel führen zur
Bestrafung der männlichen Verwandten, womit diese dafür verantwortlich werden, die Regeln durchzusetzen.
Diese Richtlinie stärkt die Dominanz und Kontrolle der Männer über das Leben der Frauen
und vertieft die bestehende Ansicht, Frauen seien schwach, bräuchten Schutz und provozierten sündiges
Verhalten. Dazu kommen frühere Richtlinien, wie die Notwendigkeit eines männlichen Begleiters
bei Reisen von mehr als 72 Kilometern und jeglichen Flugreisen (sog. «mahram») sowie verschiedene
Vorgaben betreffend Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit. In der Praxis gehen die Einschränkungen
der Freiheiten der Frauen oft weiter als der Wortlaut der Richtlinien. Frauen berichten, dass die Familien,
die Gemeinschaft und Arbeitgeber präventiv die Bewegungsfreit von Frauen und Mädchen beschränken.
Dies zeigt, wie die Angst vor Konsequenzen bereits genügen kann, um Frauen von Männern zu trennen
und in den privaten Bereich zu verbannen (vgl. UN Women II a.a.O.). Ferner kann Frauen, die sich nicht
wie von den Taliban vorgeschrieben kleiden, der Zugang zu Verkehrsmitteln verweigert werden. Ausserdem
sorgen aufdringliche Checkpoints, welche dazu dienen, mögliche Regimegegner zu erkennen und die
Richtlinien der Taliban durchzusetzen, für eine grosse Unsicherheit und können Bewegungen im
öffentlichen Raum gefährlich machen (vgl. Freedom House a.a.O.). Beamte der Moralpolizei überprüfen
gemäss Berichten an öffentlichen Orten die Kleidung der Frauen unter den Burkas (vgl. UNHRC
II, a.a.O.). In gewissen Provinzen wurden Frauen, die sich ohne Begleitung durch einen «mahram»
in der Öffentlichkeit bewegten, von Taliban festgenommen. Teilweise wird die Geschlechtertrennung
auch in Restaurants durchgesetzt. Seit der Machtübernahme der Taliban werden Frauen bedeutend weniger
in der Öffentlichkeit gesehen. Aus Städten wie Herat und Kabul wurde berichtet, Taliban würden
teilweise Frauen auf der Strasse anhalten, einschüchtern und nach Hause schicken, wenn sie ohne
Begleitung unterwegs seien. Verheiratete Frauen können sich in den grösseren Städten noch
in der Öffentlichkeit bewegen, während in Provinzen wie Kandahar und Helmand fast alle Frauen
in ihren vier Wänden eingeschlossen sind. Im Mai 2022 verkündeten die Taliban eine neue Richtlinie,
welche Frauen dahingehend instruiert, das Haus nicht ohne «tatsächliche Notwendigkeit»
zu verlassen und wenn dann nur unter Berücksichtigung der strikten Kleidervorschriften (vgl. EUAA
a.a.O.). Mitte November 2022 hat die afghanische Regierung Bestimmungen erlassen, die es Frauen und Mädchen
untersagt, Parks, Sportanlagen und öffentliche Bäder zu besuchen (vgl. UNHRC a.a.O.). Alle
diese Bestimmungen führen dazu, dass sich Frauen und Mädchen nicht mehr mit Freunden und in
Gruppen treffen können. Es wird berichtet, dass Gruppen von mehr als drei Frauen regelmässig
durch Beamte aufgelöst werden, mit der Begründung, es sollen Proteste vermieden werden (vgl.
UNHRC II a.a.O.).
5.5.2 Nach
der Machtübernahme durch die Taliban haben sodann viele Frauen ihre Stellen verloren, dies aufgrund
der neuen Einschränkungen betreffend Bewegungsfreiheit und Teilnahme am öffentlichen Leben.
Die Hauptinformanten von UN Women haben anlässlich einer Umfrage im Oktober 2021 ausnahmslos angegeben,
Frauen zu kennen, die im letzten Monat ihre Stelle verloren haben (vgl. UN Women I a.a.O.). Das im Dezember
2022 durch die Taliban verfügte Verbot für Frauen, bei nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen
zu arbeiten, stellt eine Weiterführung der systematischen Verletzung von fundamentalen Rechten von
Frauen und Mädchen dar, die seit August 2021 stattfindet. Teilweise ist es Frauen möglich,
von zu Hause aus zu arbeiten, jedoch führt auch dies zu einer vermehrten Isolation und zu psychologischen
Problemen. Die Tatsache, dass Frauen gar nicht oder von zu Hause aus arbeiten, führt zu einem langsamen
Verschwinden der Frauen aus der Gesellschaft. Forschungen aus der Coronapandemie zeigen eine Erhöhung
der Zahlen von häuslicher Gewalt wegen vermehrter Heimarbeit. Im afghanischen Kontext, wo häusliche
Gewalt bereits zuvor weit verbreitet war, ist die Verbreitung von Heimarbeit deshalb gefährlich.
Frauen verfügen über keine Anlaufstellen, wo sie Hilfe und Unterstützung finden können,
geschweige denn rechtliche Strukturen (vgl. UN Women III a.a.O.). Das Arbeitsverbot betreffend nationale
und internationale Nichtregierungsorganisationen wurde damit begründet, dass dort Kleidervorschriften
und weitere nicht genauer genannte Regeln verletzt würden. So seien lokale Mitarbeiterinnen der
UNO bedroht worden und die Behörden hätten versucht, verschiedene Arbeitsplätze der UNO
zu inspizieren (vgl. UN Security Counsel a.a.O.). Nach dem 15. August 2021 verboten die Taliban den meisten
weiblichen Regierungsangestellten zu arbeiten, wobei sie behaupteten, dass die Gehälter weiterhin
bezahlt würden. Führungskräfte der Afghanischen Industrie- und Handelskammer für
Frauen versuchten in der Folge, ein Treffen mit dem von den Taliban kontrollierten Wirtschaftsministerium
zu organisieren, um Klarheit darüber zu erhalten, ob die Taliban den schätzungsweise 57'000
von Frauen geführten Privatunternehmen des Landes erlauben würden, weiterhin zu operieren.
Ihnen sei kein formelles Treffen mit hochrangigen Taliban-Entscheidungsträgern gewährt, sondern
informell zugesichert worden, dass Frauen arbeiten dürften, «wenn diese Arbeit mit dem islamischen
Recht übereinstimmt». Die Taliban informierten dahingehend, dass sie ihre Version der Sharia
implementieren würden, die es Frauen untersage, zusammen mit Männern zu arbeiten. Im Oktober
2021 informierten Vertreter der Taliban darüber, dass Frauen nur noch Arbeiten ausführen dürften,
wenn diese nicht durch Männer erledigt werden könnten (vgl. US Department of State). Die Politik
der Taliban, die Frauen von den meisten bezahlten Tätigkeiten ausschliesst, verschlimmert die Situation,
insbesondere für Haushalte, in denen Frauen die Allein- oder Hauptverdienerinnen waren. In den Fällen,
in welchen die Taliban Frauen die Arbeit grundsätzlich erlauben, wird dies durch repressive Auflagen
fast unmöglich gemacht. Gemäss Angaben des World Food Programms fehlt es nahezu 100% der von
Frauen geführten Haushalten an adäquater Nahrung, wobei fast alle «drastische Mittel»
ergreifen müssen, um sich versorgen zu können (vgl. HRW a.a.O.).
5.5.3 Auch
betreffend Bildung hat sich die Situation von Frauen und Mädchen seit der Machtübernahme durch
die Taliban negativ entwickelt. Dies einerseits aufgrund immer strengerer Regeln und Verbote, andererseits
da Familien keinen Sinn darin sehen, ihre Töchter ausbilden zu lassen, wenn diese ohnehin keine
Möglichkeit haben, zu arbeiten (vgl. UN Women I a.a.O.). Per April 2022 sind 80 Prozent der Mädchen
von der sekundären Bildung ausgeschlossen (7. bis 12. Schuljahr). Trotz gegenteiligen Versprechungen
hat die Regierung am 23. März 2022 darüber informiert, dass weiterführende Schulen (ab
der 7. Klasse) für Mädchen geschlossen bleiben. Die Tatsache, dass Mädchen die Schule
nicht besuchen können, führt zu einem erhöhten Risiko der Ausbeutung und Misshandlung,
darunter Kinder- und Zwangsehen. Schon vor der Schliessung der Universitäten für Frauen haben
viele diese nicht mehr besucht, dies beispielsweise infolge der Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit,
von zu grossen Hürden und dem Gefühl, dort nicht sicher zu sein, aufgrund der Geschlechtertrennung
sowie auf Frauen abzielender Einschränkungen. Dazu kommt ein entsprechender Druck der Familien (vgl.
UN Women II a.a.O.). Gegen Ende des Jahres 2022 haben die Behörden verschiedene Entscheidungen getroffen,
welche die Rechte von Frauen und Mädchen weiter einschränkten. So informierte das Bildungsministerium
im Dezember 2022 in einem Schreiben darüber, dass die Universität für Frauen nicht mehr
zugänglich sei, bis das «richtige Sharia-Umfeld», welches im Einklang mit der afghanischen
«Kultur» stehe, etabliert worden sei (vgl. UN Security Counsel a.a.O.). Mädchen und Jungen
im Primarschulalter werden geschlechtergetrennt, zu unterschiedlichen Zeiten, unterrichtet (vgl. EUAA
a.a.O.). Es ist beim Führer der Taliban, Hibatullah Akhundzada, aufgrund dessen persönlicher
Überzeugungen weder davon auszugehen, dass er seine ideologischen Ansichten noch sein Streben nach
Macht in absehbarer Zukunft ändern wird. Nach der Schliessung der Universitäten für Frauen
stellten sich bewaffnete Taliban an Checkpoints um die Universitäten herum auf und hielten sowohl
Studentinnen als auch Professorinnen davon ab, diese zu betreten. In verschiedenen Städten kam es
in der Folge zu Protesten, welche von den Taliban mit Wasserkanonen, Schlägen und Festnahmen zerstreut
wurden (vgl. ICG a.a.O.).
5.5.4 Gewalt
gegen Frauen ist in Afghanistan schon lange weit verbreitet und die Möglichkeit, dagegen Schutz
zu erhalten, sehr begrenzt (vgl. hierzu das Referenzurteil D-3501/2019 vom 21. August 2019). Bereits
vor dem 15. August 2021 waren die Zahlen von Gewaltvorfällen gegen Frauen und Mädchen
extrem hoch, wobei gemäss Studien 87 Prozent der afghanischen Frauen und Mädchen in ihrem Leben
Gewalt erfahren haben. Mit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich der Zugang zu Hilfe nach
solchen Vorfällen erschwert, wobei die Nachfrage steigt. Anbieter solcher Hilfeleistungen, wo es
solche gibt, berichten über Drohungen aufgrund ihrer Unterstützung von Frauen und Mädchen.
Viele sahen sich aus Sicherheitsgründen gezwungen, ihre Angebote zu schliessen, so dass Frauen und
Mädchen, die Gewalt erfahren haben, keinen Ort mehr haben, wo sie Hilfe und Unterschlupf erhalten
können. Für den Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen gibt es verschiedene Gründe.
Wie in jeder Krise nimmt diese zu, wenn Frauen zu Hause eingeschlossen sind. Weitere Gründe sind
der Verlust des Einkommens, die Zunahme der Armut, Inflation und höhere Preise. So sind aufgrund
wirtschaftlicher Unsicherheit auch die Zahlen der Ehen von minderjährigen Mädchen gestiegen
(vgl. UN Women I a.a.O.). Gewalt gegen Frauen ist in Afghanistan weit verbreitet und die wachsende männliche
Vorherrschaft in allen Lebensbereichen führt dazu, dass diese sich immer mehr befugt fühlen,
Gewalt auszuüben, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Fehlens eines funktionierenden Rechenschaftsmechanismus.
Die immer gefährlicher und hoffnungsloser werdende Situation für Frauen und Mädchen trägt
zu einem Anstieg der Selbstmorde unter Frauen bei. Ein Anstieg von Kinder- und Zwangsehen ist zu verzeichnen
- trotz einer Richtlinie, die diese Praktiken verbietet. Gründe dafür sind neben wirtschaftlichem
Druck und Fehlen der Möglichkeit auf Bildung und Arbeitstätigkeit für Mädchen auch
die Praktik der Taliban, Frauen und Mädchen zu einer Ehe mit ihren Kämpfern zu zwingen. Dies
verleitet Familien dazu, ihre Mädchen und Frauen präventiv anderweitig zu verheiraten. Der
Zugang von Frauen und Mädchen zum Justizsystem bei Vorkommen von geschlechtsspezifischer Gewalt
ist so gut wie nicht existent. Wenn Fälle gemeldet werden, drohen den Frauen und Mädchen Festnahme
und Verfolgung aufgrund sogenannter moralischer Verbrechen (vgl. UN Women II a.a.O.). Einige Frauen sehen
sich zur Prostitution gezwungen, da die Wirtschaft zusammengebrochen ist. Frauen, die früher für
die Regierung gearbeitet haben, müssen nun auf der Strasse betteln (vgl. AAN I a.a.O.). Die Behörden
agieren gemäss Berichten willkürlich. So sei beispielsweise ein Mädchen am helllichten
Tag ohne jegliche Erklärung von Behördenmitgliedern mitgenommen, vergewaltigt und in der Folge
ihrer Familie zurückgegeben worden. Sie habe in der Folge Suizid begangen (vgl. UNHRC II a.a.O.).
Am 19. September 2021 verschafften sich bewaffnete Vertreter der Taliban Zugang zu einem Frauenhaus in
Kabul, befragten Angestellte und Bewohnerinnen während mehrerer Stunden und zwangen die Leitung,
ein Schreiben zu unterzeichnen, mit welchem sie versprachen, niemanden ohne Einwilligung der Taliban
das Gebäude verlassen zu lassen. Die Taliban stellten in Aussicht, dass sie die verheirateten Bewohnerinnen
zu ihren Peinigern zurückbringen und die unverheirateten mit Talibankämpfern verheiraten würden.
Über weitere ähnliche Vorfälle wurde berichtet (vgl. US Department of State a.a.O.). Währenddessen
wurden Täter, welche aufgrund geschlechtsspezifischer Gewalt verurteilt worden waren, unter den
Taliban befreit (vgl. Freedom House a.a.O.). Frauen, die sich von ihren Männern scheiden lassen
wollen oder aus gewalttätigen Beziehungen zu entkommen suchen, werden oft gezwungen, in diesen Beziehungen
zu bleiben. Es wurden von Bemerkungen von Richtern berichtet wie «deine Hand ist nicht gebrochen,
dein Bein ist nicht gebrochen, weshalb willst du eine Scheidung», «du brauchst die Zustimmung
deines Mannes» oder einfach «du kannst dich nicht scheiden lassen». Von Polizeibeamten
werden nach Anzeigen wegen häuslicher Gewalt Reaktionen wie «man sollte sich nicht beschweren»,
«wahrscheinlich hast du die Schläge verdient» und «Privates sollte in der Familie
bleiben» berichtet. Die Tendenz, Frauen zu zwingen, in ihren gewalttätigen Beziehungen zu bleiben,
wurde noch verstärkt mit einem Edikt, gemäss welchem alle während der Republik vollzogenen
Scheidungen überprüft werden können. Männer können so Scheidungen annullieren
lassen, was dazu führt, dass ihre Ex-Frauen zu ihnen zurückkehren müssen. In einem Fall
führte dies sogar dazu, dass der neue Ehemann sowie der Vater der Betroffenen und diese selber,
da sie sich weigerte, zu ihrem Ex-Ehemann zurückzukehren, inhaftiert wurden, während die junge
Tochter zwangsverheiratet wurde (vgl. UNHRC II a.a.O.). Die Sharia unterscheidet nicht zwischen einvernehmlicher
sexueller Beziehung ausserhalb der Ehe und Vergewaltigung. Beides wird als «zina» bezeichnet
und durch Steinigung oder Auspeitschen bestraft. Wenn Frauen alleine leben, wird dies als unpassendes
Verhalten angesehen und kann zu einer Anklage wegen «moralischer Verbrechen» führen (vgl.
EUAA a.a.O.).
5.5.5 Teil
der humanitären Krise in Afghanistan ist sodann der Zugang zu Gesundheitsversorgung. Frauen mit
komplexeren Bedürfnissen, wie beispielsweise Schwangere, haben gemäss Berichten grosse Mühe
beim Zugang zur Gesundheitsversorgung. Probleme stellen Angst und Unsicherheit dar, Einschränkungen
der Bewegungsfreiheit, grosse Distanzen, Fehlen eines sicheren Transportmittels sowie das Fehlen von
ausgebildetem weiblichen Gesundheitspersonal. Dazu kommen finanzielle Aspekte (vgl. UN Women I, a.a.O.).
Im März 2022 wies das Taliban-Gesundheitsministerium an, weibliche Patienten ohne Hijab nicht zu
behandeln. Auch liegen Berichte vor, wonach unbegleitete Frauen von Taliban aus einer Klinik geworfen
worden seien, eine Hebamme festgenommen worden und medizinischem Personal Verfolgung drohe, wenn dieses
alleinstehende, gebärende Frauen begleitet habe (vgl. EUAA a.a.O.).
5.5.6 Die
vor der Machtübernahme durch die Taliban verzeichneten Fortschritte in Bezug auf politische Teilnahme
von Frauen wurden rückgängig gemacht. Aktuell beträgt der Anteil von Frauen in der Politik
null Prozent, während vor dem 15. August 2021 28 Prozent der Parlamentarier Frauen waren. Ferner
wurde das im Jahr 2001 etablierte Ministerium für Frauenangelegenheiten unter den Taliban aufgelöst
und durch das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters ersetzt
(vgl. UN Women I a.a.O.). Demonstrationen werden regelmässig gewaltsam niedergeschlagen, selbst
solche, die bewilligt worden waren, sowie Teilnehmerinnen und Organisatorinnen festgenommen. Auch Männer,
die sich für Frauen einsetzen, müssen mit Festnahmen rechnen. So wurde der Gründer einer
lokalen Nichtregierungsorganisation, die sich für das Recht auf Bildung einsetzt, am 27. März
2023 festgenommen und befindet sich nach wie vor in Haft, ohne eine klare Anklage (vgl. UNHRC II, a.a.O.).
5.6 Zusammenfassend
lässt sich festhalten, dass die Taliban nach ihrer Machtübernahme jeglichen Fortschritt für
Frauen und Mädchen zunichte gemacht haben. Es ist ein systematischer und institutionalisierter Ausschluss
von Frauen und Frauenrechten zu beobachten. Entsprechende Erlasse und Praktiken sorgen dafür, dass
Frauen in einem Umfeld von Angst und Unsicherheit leben. Im ersten Jahr der Talibanherrschaft wurden
Frauen fast ganz aus dem öffentlichen und vollständig aus dem politischen Leben entfernt (vgl.
UN Women II a.a.O.). Befragte afghanische Frauen äussern sich dahingehend, dass es sich bei den
verschiedenen Einschränkungen, die von den Taliban seit deren Machtübernahme verfügt worden
sind, nicht lediglich um Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Auswahl der eigenen Kleidungsstücke
handelt, sondern eine Aneignung ihrer Unabhängigkeit und Würde bedeute, was zu einer Zerstörung
ihres Selbstwertgefühls und jeglicher Zukunftsperspektive für sie führe. Als wichtigste
Veränderungen nennen dazu befragte Frauen das Bildungsverbot für Mädchen sowie die Hijab-Vorschrift.
Diese Voraussetzungen würden dazu führen, dass Frauen sich nicht an offizielle Stellen wenden
könnten, da sie keinen Zugang hätten und auch keine Frauen in offiziellen Positionen arbeiteten.
Sie könnten nicht mehr am sozialen und politischen Leben teilnehmen. Missbrauch und Demütigung
würden vorherrschen (vgl. AAN I a.a.O.). Die Verfassung aus dem Jahr 2004 bleibt nach wie vor suspendiert,
ohne jegliche Klarheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen. Am 10. Januar 2023 wurde ein Entscheid
des Talibanführers Hibatullah Akhundzada veröffentlicht, welcher besagt, dass alle Bestimmungen,
welche während des vorangehenden Regimes erstellt worden seien, automatisch aufgegeben werden, da
diese gegen Sharia-Recht verstossen würden. Aktuell ist deshalb unklar, ob es überhaupt national
gültige Gesetze gibt, die die Rechte von Frauen und Mädchen schützen (vgl. UNHRC II, a.a.O.).
Währenddessen hat UNAMA bereits 63 Menschenrechtsverletzungen registriert, welche durch das Ministerium
für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters verübt worden sind. Diese
Verletzungen würden aus Folter (vor allem Schlägen) sowie willkürlichen Festnahmen und
Inhaftierungen bestehen. Neben den landesübergreifenden Einschränkungen wurden ferner weitere,
lokale Massnahmen durch das Regime implementiert, wie beispielsweise die Schliessung von von Frauen geleiteten
Geschäften in Kandahar und die Verweigerung des Zugangs zu Koranschulen für Frauen und Mädchen
in Kabul (vgl. UN Security Counsel a.a.O.).
5.7 Auch
der Special Rapporteur des UNHRC, Richard Bennet, zeichnet in seinen letzten zwei Berichten (letzterer
wurde in Zusammenarbeit mit der «Working Group on discrimination against women and girls» erstellt)
ein tragisches Bild der Situation und macht entsprechende Empfehlungen an die Staatengemeinschaft sowie
an die Regierung. Es seien Massnahmen ergriffen worden, um Frauen von allen öffentlichen Plätzen
fernzuhalten. Diese systematische Diskriminierung der Frauen durch die Taliban gebe in ihrer Gesamtheit
Anlass zur Sorge, dass internationale Verbrechen vorliegen könnten. Die neuesten Erlasse, mit welchen
Frauen und Mädchen von allen Bildungsinstituten nach der Primarstufe, öffentlichen Orten wie
Parks, Sportanlagen und öffentlichen Bädern sowie der beruflichen Tätigkeit für Nichtregierungsorganisationen
ferngehalten würden, würden die bereits existierenden Einschränkungen der Frauenrechte
noch verstärken, wobei diese bereits vor diesen Erlassen zu den drakonischsten der Welt gehört
hätten. Die diskriminierende Verweigerung der grundlegenden Menschenrechte von Frauen und Mädchen
könne eine geschlechtsspezifische Verfolgung darstellen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Anstatt der Diskriminierung von Frauen und Mädchen entgegenzuwirken, würden die Taliban diese
normalisieren. Versprechungen der Taliban, höhere Bildungsstätten für Frauen wieder zu
öffnen, erschienen vor dem Hintergrund der Schliessung der Universitäten für Frauen als
unglaubhaft. Während Taliban-Vertreter behaupten würden, die Schliessungen der Schulen und
Universitäten für Frauen seien nur vorübergehend und zur Begründung logistische statt
ideologischer Hindernisse anführten, schlossen sich in Wirklichkeit immer mehr Türen für
Frauen, was das Muster der Ausreden und der praktischen Verweigerung von Rechten widerspiegle, das in
den 1990er Jahren zu beobachten gewesen sei. Zum Thema Gesetzgebung äussert sich der Special Rapporteur
dahingehend, dass die Regierung durch Einführung von irregulären Verfahren, Mangel an Justizbehörden
und Annullierung von bestehenden Gesetzen eine schwierige Situation geschaffen habe. Der Mangel an kodifizierten
Gesetzen sei bedenklich; zwar würden sich die Behörden darauf berufen, dass sie sich an die
Sharia halten (Hanafi-Lehre), dies sei jedoch offen für Interpretationen. Die Verfassung aus dem
Jahr 2004 sei nach wie vor suspendiert. Gemäss Berichten würde bei Verbrechen oft kurzer Prozess
gemacht, die Verdächtigen festgenommen und bestraft, oft alles an einem Tag, ohne jeglichen Anschein
eines ordnungsgemässen Verfahrens oder einer gerichtlichen Überprüfung. Es gebe auch Vorwürfe
wegen Bestechung. Der Zugang der Frauen zu den Gerichten bleibe äusserst eingeschränkt. Frauen
müssten generell von einem Mann begleitet werden und ihre Aussagen würden oft nicht zugelassen
oder hätten weniger Gewicht als jene von Männern. Weibliche Richter und Angehörige von
Minderheiten, wie beispielsweise Shia Muslime, seien von ihren Posten entfernt worden. Auch weibliche
Rechtsvertreter seien nicht mehr zugelassen. Der Mangel an einem funktionierenden Justizsystem führe
zusammen mit der Unklarheit, welche Gesetze anwendbar und welche Behörden zuständig seien,
dazu, dass sich die Bevölkerung vermehrt an informelle und traditionelle Mechanismen zur Streitbelegung
wenden würden, wie Jirgas, Ältestenräte, Gemeinschaften und religiöse Führer,
welche über keinerlei juristisches Wissen verfügten und die Rechte von Frauen und Minderheiten
oft nicht respektieren würden. Der Special Rapporteur fordert den Internationalen Strafgerichtshof
auf, die beispiellose Verschlechterung der Rechte der Frauen zur Kenntnis zu nehmen und schlägt
der Staatsanwaltschaft vor, den Straftatbestand der geschlechtsspezifischen Verfolgung zu prüfen.
(vgl. UNHRC und UNHRC II, a.a.O.).
6.
6.1 Die
Vorgängerorganisation des Bundesverwaltungsgerichts betreffend Asylrecht, die Schweizerische Asylrekurskommission
(ARK), hat sich in ihrem Grundsatzentscheid EMARK 2006 Nr. 32 allgemein zum Thema frauenspezifische Verfolgung
geäussert und festgestellt, dass ein nach Art. 3 Abs. 1 AsylG relevantes Verfolgungsmotiv in Nachachtung
von Art. 3 Abs. 2 zweiter Satz AsylG («Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu
tragen») grundsätzlich auch dann vorliegen kann, wenn eine Verfolgung allein an das Geschlecht
anknüpft, also wenn keines der in Art. 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsmotive vorliegt (vgl.
E. 8, a.a.O.). Dabei wurde im Zuge der Auslegung von Art. 3 Abs. 2 zweiter Satz AsylG zunächst festgehalten,
dass sich aus dessen Entstehungsgeschichte jedenfalls nicht schliessen liesse, dass eine asylsuchende
Person die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, wenn die Gründe für die Verfolgung
ausschliesslich frauen- beziehungsweise geschlechtsspezifischer Natur sind. Was sich aufgrund der Materialien
feststellen lasse, sei, dass der Flüchtlingsbegriff nach AsylG nicht zuletzt angesichts der wichtigen
Rolle, welche die konventionsrechtliche Flüchtlingsdefinition auch im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten
gespielt hat, völkerrechtskonform, das heisst im Lichte von Art. 1 A Ziff. 2 FK anzuwenden sei.
Weiter wurde festgehalten, dass unter systematischen Gesichtspunkten Art. 3 Abs. 2 zweiter Satz AsylG
zwar eng verstanden werden könnte, als nähere Erläuterung der Verfolgungsformen und der
dabei erforderlichen Verfolgungsintensität. Gegen ein solches Verständnis spreche aber der
Begriff «Fluchtgründe», welcher nicht auf bestimmte Formen der Verfolgung verweise, sondern
vielmehr in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Verfolgungsgründen stehe. Entsprechend sei
davon auszugehen, dass sich der Auftrag an die Rechtsanwendung, frauenspezifischen Fluchtgründen
Rechnung zu tragen, auf alle Elemente des Flüchtlingsbegriffs beziehe. Sowohl das
UNHCR wie auch verschiedene Vertragsstaaten der FK würden der Interpretation folgen, wonach das
Geschlecht in die Kategorie der bestimmten sozialen Gruppe fallen könne. In der bisherigen Schweizer
Asylpraxis sei darauf verzichtet worden, die asylgesetzlichen beziehungsweise konventionsrechtlichen
Verfolgungsmotive näher zu definieren. Davon könne auch weiterhin abgesehen werden. Schliesslich
könne die Erfüllung der Flüchtlingseigenschaft bei einem zeitgemässen Verständnis
des Flüchtlingsbegriffs nicht von einer bestimmten Definition eines Verfolgungsmotivs abhängig
sein, bestimme doch letztlich der Verfolger allein, wen er weshalb verfolge, und damit auch, ob und wie
er von ihm verfolgte «Rassen» oder «soziale Gruppen» definiere. Ausschlaggebend müsse
deshalb sein, ob die Verfolgung wegen äusserer Merkmale erfolgt sei beziehungsweise künftig
drohe, die untrennbar mit der Person oder Persönlichkeit des Opfers verbunden seien, wie sie etwa
den Merkmalslisten in verfassungsrechtlichen und internationalen Diskriminierungsverboten entnommen werden
könnten. Der Aspekt der Diskriminierung sei im Verfolgungskonzept, das der Flüchtlingskonvention
und dem Asylgesetz zugrunde liege, mit enthalten; der Unterschied zwischen Diskriminierung und flüchtlingsrechtlicher
Verfolgung liege vorab in der Intensität des Eingriffs. Daher brauche die in der Asylpraxis anderer
Staaten beziehungswiese in der flüchtlingsrechtlichen Lehre oft diskutierte Frage, ob Frauen eine
bestimmte soziale Gruppe bilden, nicht näher geprüft zu werden. Ziele nämlich der Verfolger
mit gewissen Massnahmen darauf ab, das weibliche Geschlecht zu unterdrücken, sei das für die
Entstehung der Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Abs. 1 AsylG beziehungsweise Art. 1 A Ziff.
2 FK relevante Verfolgungsmotiv gegeben. Dies sei nicht im Sinne der Schaffung eines neuen, selbständigen
Verfolgungsmotivs zu verstehen. Vielmehr werde der allgemeine Schluss gezogen, dass ein flüchtlingsrechtlich
relevantes Verfolgungsmotiv stets daran zu erkennen sei, dass eine Verfolgung in diskriminierender Weise
an persönliche Merkmale der verfolgten Person anknüpfe, zu welchen auch das Geschlecht zähle.
Diese Auslegung orientiere sich an Sinn und Zweck von Art. 3 AsylG und dabei in besonderem Masse an der
antidiskriminatorischen Zielsetzung der Flüchtlingskonvention, berücksichtige die Weiterentwicklung
des Völkerrechts auf dem Gebiet der frauenspezifischen Menschenrechte und entspreche damit einem
zeitgemässen völkerrechtskonformen Verständnis des Flüchtlingsbegriffs. Selbstredend
müssten dabei neben dem flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmotiv auch die übrigen
Kriterien von Art. 3 Abs. 1 AsylG erfüllt sein. Dabei sei gerade mit Blick auf das Erfordernis einer
bestimmten Intensität erlittener (oder in Zukunft befürchteter) Nachteile zu beachten, dass
geschlechtsspezifische Diskriminierung für sich allein in der Regel keine flüchtlingsrechtlich
relevante Verfolgung darstelle.
6.2 Die
Anwendung dieser Rechtsprechung rechtfertigt sich nach wie vor zumal diese, wie festgehalten, auf einem
zeitgemässen völkerrechtskonformen Verständnis des Flüchtlingsbegriffs beruht. Insbesondere
lässt sich diese Rechtsprechung mit dem Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung
jeder Form von Diskriminierung der Frau (SR 0.108, nachfolgend: CEDAW) vereinbaren. Gemäss dem Wortlaut
von Art. 2 Bst. d CEDAW verpflichten sich die Vertragsstaaten kraft der Konvention «eine Politik
zur Beseitigung der Diskriminierungen der Frau zu verfolgen und [...] zu diesem Zweck Handlungen
oder Praktiken zu unterlassen, welche die Frau diskriminieren, und dafür zu sorgen, dass alle staatlichen
Behörden und öffentlichen Einrichtungen im Einklang mit dieser Verpflichtung handeln».
Die Bestimmung richtet sich in erster Linie an jene Institutionen, die auf politischer und gesellschaftlicher
Ebene operieren (vgl. Urteil des BVGer B-2184/2017 vom 7. Februar 2018 E. 7 sowie Schläppi
Erika, in: Schläppi/Ulrich/Wyttenbach
[Hrsg.], CEDAW-Kommentar, Bern 2015, N 7ff. zu Art. 2 Ingress, lit. a, b, c, d S. 248 ff.). Nichtsdestotrotz
sind die Bestimmungen der CEDAW bei der Auslegung anderer Anspruchsnormen zu berücksichtigen.
In
ihren Empfehlungen vom 5. November 2014 legt der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung
der Frau dar, die Staaten sollten den Flüchtlingsbegriff in Übereinstimmung mit ihrer antidiskriminatorischen
Verpflichtung und jener für Gleichstellung auslegen (vgl. UN Committee on the Elimination of Discrimination
Against Women, General recommendation No. 32 on the gender-related dimensions
of refugee status, asylum, nationality and statelessness of women, 5. November 2014 < Refworld
| General recommendation No. 32 on the gender-related dimensions of refugee status, asylum, nationality
and statelessness of women >, abgerufen am 06.06.2023).
6.3 Die
Vorinstanz stützt sich bei ihrer Beurteilung darauf, bei den von den Beschwerdeführerinnen
genannten Problemen mit Bezug auf ihr Geschlecht handle es sich um solche, die mit der allgemeinen Lage
nach der Machtübernahme der Taliban einhergehen würden. Dies ist wohl dahingehend zu verstehen,
dass das SEM eine diskriminierende Gesetzgebung für sich allein flüchtlingsrechtlich nicht
als relevant erachtet, sofern im betreffenden Land eine Frau nicht stärker betroffen ist als alle
anderen. Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bräuchte es demnach eine oppositionelle
Haltung, eine Auflehnung gegen die diskriminierende Gesetzgebung, welche dem Begriff der politischen
Anschauung gleichzustellen wäre; das heisst, es wird ein aktives sich Widersetzen verlangt. Dies
könnte in der Form von offenen Protesten und Demonstrationen gegen die erlassenen Gesetze, bewusster
Missachtung der Vorschriften oder Auflehnung gegen soziale Normen und Moralvorstellungen zum Ausdruck
gebracht werden. Es wäre jeweils im Einzelfall abzuwägen, ob die Anforderungen an die flüchtlingsrechtliche
Relevanz - unter Vorbehalt der Glaubhaftmachung - erfüllt sind. Eine solche Auslegung
muss dahingehend verstanden werden, dass frauenspezifischer Fluchtgründe nur asylrelevant sein können,
wenn sie in Kombination mit einem weiteren Verfolgungsmotiv - wie beispielsweise der politischen
Anschauung - vorliegen würden. Diese Auffassung entspricht jedoch nicht der oben zitierten
Praxis des Gerichts. Zwar trifft zu, dass in der Regel eine diskriminierende Gesetzgebung für sich
gesehen mangels genügender Intensität keine flüchtlingsrechtliche Relevanz zu begründen
vermag. Aus den oben zitierten Berichten ergibt sich in Bezug auf Afghanistan jedoch ein Bild, das sich
nicht auf das Vorliegen diskriminierender Gesetzgebung beziehungsweise Massnahmen beschränkt. Frauen,
die sich gegen die Regeln der Taliban auflehnen beziehungsweise diese nicht befolgen und sich aktiv widersetzen,
haben mit drastischen Strafen zu rechnen - allenfalls nicht nur von Seiten der Taliban, sondern
auch von Seiten der Familie und des Umfeldes, welche wiederum stellvertretend ebenfalls mit Bestrafung
zu rechnen haben, wenn sie die Regelungen bei den ihnen angehörigen Frauen und Mädchen nicht
durchsetzen. In Afghanistan sorgt nicht nur die Angst vor den Taliban dafür, dass deren Regeln eingehalten
werden, ihr ganzes Regelwerk führt durch den auf die Männer ausgeübten Druck und der ihnen
zugestandenen Macht dazu, dass Frauen und Mädchen auch im privaten Umfeld unterdrückt und diskriminiert
werden. Ausserdem haben sie keine Möglichkeit, Schutz zu erhalten. Der einzige Weg für eine
Frau in Afghanistan, unbeschadet zu leben, ist somit, sich den diskriminierenden Regeln und der willkürlichen
Kontrolle und Bestrafung durch die Regierung zu fügen. Es stellt sich damit die Frage, ob und inwieweit
von einer Person vernünftigerweise erwartet werden kann, die drohende Verfolgung durch das eigene
Verhalten abzuwenden, beziehungsweise wie viel Anpassung von einer Person zu Lasten ihrer Freiheit und
Menschenwürde verlangt werden kann. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Gerichts
zur Annahme von asylrelevanter Verfolgung aufgrund des Glaubens oder der sexuellen Orientierung zu verweisen,
welche hier sinngemäss herangezogen werden kann (vgl. die beiden Referenzurteile D-4952/2014 vom
23. August 2017 und D-6539/2018 vom 2. April 2019). So kann Personen aus dem entsprechenden Kulturkreis
eine gewisse Anpassung an kulturelle Begebenheiten zugemutet werden. Zu beurteilen ist, ob die Grenze,
ab welcher ein unerträglicher psychischer Druck vorliegt aufgrund der Diskriminierungen, überschritten
ist oder nicht. Aus den oben zitierten und wiedergegebenen Berichten ergibt sich ein Bild der Hoffnungs-
und Perspektivenlosigkeit für Mädchen und Frauen in Afghanistan. Ebenfalls lässt sich
den Berichten entnehmen, dass genau dies bereits zu psychischen Erkrankungen und Suiziden führt,
sowie zu kontraproduktiven Anpassungen, die zu weiteren Diskriminierung und Unterdrückung führen
(wie beispielsweise Verheiratungen «zum eigenen Schutz», damit keine Zwangsverheiratung an
einen Talibankämpfer erfolgt, immer öfter auch vor Erreichen der Volljährigkeit). Die
Massnahmen und Regelungen der Taliban führen zu einer zunehmenden Trennung der Geschlechter und
einem starken Machtgefälle zwischen diesen. Von Mädchen und Frauen wird verlangt, sich nicht
nur den herrschenden Regeln zu fügen, sondern auch den willkürlichen Massnahmen einerseits
der Taliban und andererseits der Familie und der Gesellschaft.
6.4 Zusammenfassend
ergibt sich aus dem Gesagten, dass ein selbstbestimmtes Leben für Frauen und Mädchen in Afghanistan
unter dem aktuellen Regime nicht möglich ist. Aufgrund der diskriminierenden Regeln und Massnahmen
und der Durchsetzung derselben durch die Taliban kann sich ein unerträglicher psychischer Druck
im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AsylG ergeben, der es einer Frau oder einem Mädchen persönlich
verunmöglicht, in Afghanistan ein menschenwürdiges Leben zu führen. Somit ist in der Diskriminierung
von Frauen und Mädchen in Afghanistan, in der Art und Intensität wie sie von den Taliban gehandhabt
wird - unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die betroffenen Frauen
und damit auch die Beschwerdeführerinnen eine "bestimmte soziale Gruppe" gemäss
Art. 3 Abs. 1 AsylG bilden - ein flüchtlingsrechtlich erhebliches Verfolgungsmotiv zu erblicken.
Frauen oder Mädchen, die dem Regime der Taliban entfliehen, bringen in der Regel mit ihrer Ausreise
zum Ausdruck, dass der auf ihnen lastende psychische Druck nicht mehr erträglich war.
6.5 Bei
den Beschwerdeführerinnen handelt es sich um zwei junge ledige Frauen. Als solche wären sie
in Afghanistan nicht nur dem Risiko einer Zwangsheirat ausgesetzt, sondern hätten auch keine Möglichkeit
der Aus- und Weiterbildung oder der Ausübung eines Berufs und müssten sich den für Frauen
diskriminierenden Regeln des Regimes unterwerfen, von dem sie zudem selbstredend keinen adäquaten
Schutz im Falle von Übergriffen auf ihre physische und psychische Integrität erwarten könnten.
Aufgrund ihres persönlichen Hintergrundes (vgl. Sachverhalt Bst. D) ist ohne weiteres davon
auszugehen, dass die Rückkehr nach Afghanistan für die Beschwerdeführerinnen zwangsläufig
mit einem psychischen Druck verbunden wäre, der ihnen ein menschenwürdiges Leben verunmöglicht.
6.6 Die
festgestellte Verfolgung von Frauen und Mädchen betrifft das ganze Land und droht somit auch den
Beschwerdeführerinnen landesweit - damit ist eine innerstaatliche Schutzalternative ausgeschlossen.
6.7 Nach
dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerinnen die Flüchtlingseigenschaft erfüllen.
Den Akten sind keinerlei Hinweise auf das Vorliegen von Asylausschlussgründen im Sinne von Art. 53
AsylG zu entnehmen. Die Beschwerden sind demnach gutzuheissen und die angefochtenen Verfügungen
aufzuheben. Die Beschwerdeführerinnen sind gestützt auf Art. 3 AsylG als Flüchtlinge anzuerkennen
und das SEM anzuweisen, ihnen in der Schweiz Asyl zu gewähren.
7.
Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG).
8.
Den
vertretenen Beschwerdeführerinnen ist angesichts ihres Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG
und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihnen notwendigerweise
erwachsenen Parteikosten zuzusprechen.
Es wurde keine Kostennote eingereicht, weshalb die notwendigen Parteikosten aufgrund
der Akten zu
bestimmen sind (Art. 14 Abs. 2 in fine VGKE). Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden
Bemessungsfaktoren (Art. 9-13 VGKE) ist den Beschwerdeführerinnen zulasten der Vorinstanz
eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 500.- zuzusprechen.
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