Abteilung IV
D-4189/2006{T 0/2}
Urteil vom 28. September 2007
Mitwirkung:
Richter Fulvio Haefeli, Richterin Therese Kojic, Richter Vito Valenti, Richterin Claudia
Cotting, Richter Robert Galliker
Gerichtsschreiberin Gabriela Freihofer
A._______, Türkei,
vertreten
durch lic. iur. HSG Vedat Erduran, Rechtsanwalt,
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt
für Migration (BFM), vormals Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Verfügung
vom 22. Juni 2005 i.S. Einreisebewilligung und Familienasyl / N
Sachverhalt:
A. Der Beschwerdeführer
verliess 1994 sein Heimatland und begab sich nach Rumänien. Nach Ablauf seines Visums im Jahre 1998
stellte er dort ein Asylgesuch. Am 6. April 2001 wurde er an die Türkei überstellt. Bei seiner
Ankunft in der Türkei wurde er festgenommen, misshandelt und nach drei Monaten Haft entlassen.
B.
Der Beschwerdeführer verliess die Türkei erneut am 5. September 2002 und stellte am 11. September
2002 ein Asylgesuch in der Schweiz. Mit Verfügung des Bundesamtes vom 27. November 2003 wurde er
als Flüchtling anerkannt und ihm Asyl gewährt. Seiner rumänischen Lebenspartnerin, welche
mit dem gemeinsamen Kind am 17. März 2003 in die Schweiz eingereist war und gleichentags ein Asylgesuch
gestellt hatte, verweigerte das Bundesamt mit Verfügung vom 27. November 2003 die Anerkennung als
Flüchtling, lehnte das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an; gleichzeitig
wurden sie und das gemeinsame Kind von der Vorinstanz vorläufig aufgenommen. Diese Verfügung
erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 26. Juli 2004 teilte das Bundesamt der Lebenspartnerin
des Beschwerdeführers mit, dass auch das zweite, am 11. November 2003 in der Schweiz geborene gemeinsame
Kind, in die vorläufige Aufnahme einbezogen werde. Ein Gesuch vom 15. September 2004 um Einbezug
der vorerwähnten gemeinsamen Kinder in die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers
wies das Bundesamt mit Verfügung vom 21. Oktober 2004 ab; diese Verfügung erwuchs unangefochten
in Rechtskraft. Am 16. Dezember 2004 wurde das dritte gemeinsame Kind in der Schweiz geboren, welches
gemäss Schreiben des Bundesamtes vom 22. Februar 2005 ebenfalls in die vorläufige Aufnahme
der Mutter einbezogen wurde. Der Beschwerdeführer lebt zusammen mit seiner rumänischen Lebenspartnerin
und den gemeinsamen Kindern im Kanton B._______.
C. Bereits am 18. Dezember 2003 hatte der Beschwerdeführer
ein Familienzusammenführungsgesuch für die zivilrechtlich angetraute Ehefrau und die nach Brauch
angetraute Frau (Imam-Ehe) sowie für die insgesamt elf Kinder gestellt, welche damals alle in der
Türkei lebten. Nachdem das Bundesamt zunächst nach Abklärungen vor Ort am 3. Februar 2005
sowohl für die zivilrechtlich angetraute Ehefrau und die nach Brauch angetraute Ehefrau als auch
für die Kinder die Einreisebewilligungen zwecks Familienvereinigung erteilt hatte, wurden mit Verfügung
vom 24. Februar 2005 sämtliche Einreisebewilligungen widerrufen. Auf eine gegen die Widerrufsverfügung
erhobene Beschwerde trat die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) mit Urteil vom 18. April 2005
wegen verpasster Beschwerdefrist nicht ein.
D. Ein Sohn des Beschwerdeführers, C._______, war
am 3. Juli 2004 in die Schweiz eingereist und hatte am 5. Juli 2004 ein Asylgesuch gestellt. In der Folge
wurde er mit Verfügung des Bundesamts vom 1. Februar 2005 originär als Flüchtling anerkannt
und es wurde ihm Asyl in der Schweiz gewährt.
E. Mit Eingabe vom 8. Juni 2005 an das BFM stellte
der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter erneut ein Familienzusammenführungsgesuch für
die zivilrechtlich angetraute türkische Staatsangehörige und die türkische Konkubine ("Imam-Ehefrau")
sowie für elf Kinder (darunter auch der in der Schweiz bereits als Flüchtling anerkannte Sohn).
F.
Mit Verfügung vom 22. Juni 2005 verweigerte das Bundesamt den vorerwähnten Personen (mit Ausnahme
des bereits in der Schweiz als Flüchtling anerkannten Sohnes) die Einreise in die Schweiz und lehnte
deren Asylgesuche ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass gestützt auf
Art. 51 Abs. 1
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG,
SR 142.31) Ehegatten von Flüchtlingen
und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt würden und Asyl erhielten, sofern
keine besonderen Umstände dagegen sprechen würden. Dabei sei der massgebliche Zeitpunkt zur
Feststellung, ob die Voraussetzungen des Familienasyls erfüllt seien, grundsätzlich derjenige
des Entscheids. Mit den besonderen Umständen, welche gemäss Art. 51 Abs. 1
AsylG gegen einen
Einbezug von Ehegatten und minderjährigen Kindern ins Familienasyl sprechen würden, sollten
Missbrauchstatbestände unterbunden und den Behörden die Möglichkeit gegeben werden, Personen
nicht als Flüchtlinge anzuerkennen und kein Asyl zu gewähren, wenn beispielsweise nicht mehr
von einer Familieneinheit im Sinne des Gesetzes die Rede sein könne. Gemäss Rechtsprechung
des Bundesgerichts und der ARK müsse nämlich eine Familienbeziehung "tatsächlich
gelebt werden" beziehungsweise "intakt erscheinen", damit Art. 51
AsylG Anwendung finden
könne. Der Beschwerdeführer habe sich seit 1994 mehrheitlich in Rumänien aufgehalten.
Er sei mit einer rumänischen Staatsangehörigen eine neue Lebensgemeinschaft eingegangen und
habe mit ihr eine neue Familie gegründet. Seit 1994 habe der Beschwerdeführer bis auf einen
unfreiwilligen vorübergehenden Aufenthalt in den Jahren 2001/2002 nur noch selten Kontakt mit seinen
Familienangehörigen in der Türkei gehabt. Obwohl er, wie sich aus den Akten ergebe, durchaus
die Möglichkeit gehabt habe, auch mit einer oder beiden türkischen Ehefrauen in die Schweiz
einzureisen, habe er sich offensichtlich aber für seine neue rumänische Lebenspartnerin entschieden,
welche ihm in die Schweiz nachgereist sei. Der Beschwerdeführer habe diese Beziehung mit seiner
neuen Partnerin auch in der Schweiz aufrechterhalten, lebe mit ihr und den gemeinsamen drei Kindern in
einer Wohnung. Sein Verhalten in den letzten Jahren lasse somit darauf schliessen, dass er sich augenscheinlich
emotional für diese neue Familiengemeinschaft entschieden habe. Nicht nur könne von einer "tatsächlich
gelebten" Beziehung mit den Familienangehörigen in der Türkei seit 1994 nicht mehr gesprochen
werden, sondern durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer auch klar zu erkennen gegeben, dass
er sich einer neuen Partnerin zugewandt habe und folglich seine türkischen "Ehepartnerinnen"
wesentlich an Bedeutung verloren hätten. Somit sei die in der Zwischenzeit langjährige Lebenspartnerin
des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 51 Abs. 1
AsylG als "eigentliche Ehegattin" zu
betrachten. Es widerspreche sodann der ratio legis von Art. 51 Abs. 1 AsyIG, dass unter dem Begriff Ehegatte
mehrere Personen gleichzeitig subsumiert werden könnten. Es komme nämlich einem Verstoss gegen
den "ordre public" gleich, wenn mehrere Partner indirekt als Ehegatten und somit als Flüchtlinge
anerkannt würden und Asyl erhielten. Es könne daher gestützt auf Art. 51 Abs. 1
AsylG
nur ein Ehegatte in den Genuss des Familienasyls kommen und das könne vorliegend nur die aktuelle
Lebenspartnerin des Beschwerdeführers sein. Zwar sei die Lebenspartnerin nicht als Flüchtling
anerkannt worden und habe kein Asyl erhalten, was aber nicht damit zusammenhänge, dass sie nicht
als Ehegattin im Sinne des Gesetzes anerkannt worden sei, sondern dass sie wegen ihrer Staatszugehörigkeit
nicht in die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers habe einbezogen werden können
und somit auch kein Asyl erhalten habe. Die "Imam-Ehefrau" sei keine nahe Angehörige im
Sinne der Rechtsprechung, weil keine Verwandtschaft vorliege. Zudem müssten gemäss Art. 51
Abs. 2
AsylG besondere Umstände für eine Zusammenführung vorliegen. Diese seien nur dann
gegeben, wenn zum einen die existentielle Bedrohung der betroffenen Person mit der Flucht des sich in
der Schweiz befindenden Flüchtlings in einem ursächlichen Zusammenhang stehe, weil dieser vor
seiner Flucht in entscheidendem Umfang zum Unterhalt der fraglichen Person (also der Imam-Ehefrau) beigetragen
habe und es für die Beseitigung der Notlage keine zumutbare Alternative als die Aufnahme in der
Schweiz gebe. Zum anderen müsse der Angehörige einer Unterstützung bedürfen, welche
durch den in der Schweiz lebenden Familienangehörigen und nicht durch die Schweizer Behörden
oder durch Dritte zu erbringen sei. Gemäss Aktenlage sei davon auszugehen, dass die "Imam-Ehefrau"
auch ohne den Beschwerdeführer nicht in eine existentielle Notlage geraten sei. Wegen der besonderen
Umstände könne weder der zivilrechtlich angetrauten Ehefrau noch der "Imam-Ehefrau"
die Einreise bewilligt werden. Besondere Umstände im Sinne von Art. 51 Abs. 1
AsylG würden
auch bei den zehn minderjährigen Kindern keine vorliegen. Es spreche gegen das Kindeswohl, diesen
Kindern, welche mehrheitlich ohne ihren Vater aufgewachsen seien und teilweise bereits zur Existenzsicherung
der Familiengemeinschaft beigetragen hätten, eine Einreisebewilligung zu erteilen. Die vorrangige
familiäre Beziehung unterhielten diese Kinder offensichtlich mit ihren in einem gemeinsamen Haushalt
lebenden Müttern. Von einer tatsächlich gelebten familiären Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer
und seinen "Familienangehörigen" in der Türkei könne unter den geschilderten
Umständen nicht gesprochen werden.
G. Mit Beschwerde vom 22. Juli 2005 stellte der Beschwerdeführer
durch seinen Vertreter folgende Rechtsbegehren:
"1. Die Verfügung vom 22. Juni 2005 sei
aufzuheben und dem Familienzusammenführungsgesuch meines Mandanten sei stattzugeben.
2. Unter
Kosten- und Entschädigungsfolge."
Auf die Begründung und auf die weiteren Eingaben
sowie auf die als Beweismittel eingereichten Dokumente wird, soweit entscheidwesentlich, in den Erwägungen
eingegangen.
H. Mit Schreiben der ARK vom 25. Juli 2005 wurde dem Rechtsvertreter der Eingang der
Beschwerde angezeigt.
I. In ihrer Vernehmlassung vom 19. August 2005 beantragte die Vorinstanz die
Abweisung der Beschwerde.
J. Mit Eingabe vom 7. September 2005 liess der Beschwerdeführer einen
Ausschnitt aus der Zeitung "Politika" vom 3. September 2005 zu den Akten reichen.
K. Mit
Eingabe vom 12. September 2005 wurden die entsprechende französische Übersetzung des bereits
eingereichten Zeitungsartikels sowie die französische Übersetzung eines weiteren, am 5. September
2005 in der Zeitung "Gündem Haber Merkezi" erschienenen Artikels eingereicht.
L.
Am 8. Juni 2006 liess der Beschwerdeführer um rasche Entscheidung des Falles ersuchen.
M. Eine
vom Beschwerdeführer an den Bundesrat gerichtete Eingabe vom 17. Juli 2006 wurde vom BFM am 11.
August 2006 zuständigkeitshalber an die ARK weitergeleitet.
N. Mit Eingabe vom 23. Februar
2007 erkundigte sich der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nach dem Stand des Verfahrens. Diese
Eingabe wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 9. März 2007 beantwortet.
Das Bundesverwaltungsgericht
zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17.
Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021),
sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33
und 34
VGG genannten
Behörden. Dazu gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das AsylG; das Bundesverwaltungsgericht
entscheidet in diesem Bereich endgültig (Art. 105
AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1
des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es
zuständig ist, am 1. Januar 1007 die Beurteilung der bei der ehemaligen ARK hängigen Rechtsmittel.
Das neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2
VGG).
1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung
von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1
AsylG).
2. Die Beschwerde ist form-
und fristgerecht eingereicht; der Beschwerdeführer ist legitimiert (Art. 6
AsylG i.V.m. Art. 48
Abs. 1
und 50
ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
3.
3.1 Gemäss Art.
51 Abs. 1 AsyIG werden Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge
anerkannt und erhalten Asyl, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen. Andere nahe Angehörige
von in der Schweiz lebenden Flüchtlingen können in das Familienasyl eingeschlossen werden,
wenn besondere Gründe für die Familienvereinigung sprechen (Art. 51 Abs. 2
AsylG). Der massgebliche
Zeitpunkt zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des Familienasyls erfüllt sind, ist grundsätzlich
derjenige des Urteils (vgl.
EMARK 2002 Nr. 20, S. 167, Erw. 5a).
3.2 Gemäss Art. 191
der Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV,
SR 101) sind Bundesgesetze für das
Bundesverwaltungsgericht massgebend, das heisst bindend.
3.3 Wer die Flüchtlingseigenschaft
nicht in der eigenen Person erfüllt, kann im Rahmen des Familienasyls (Art. 51
AsylG) dennoch Asyl
erhalten, sofern keine besonderen Gründe dagegen sprechen: Solchermassen Begünstigte sind der
Ehegatte und die minderjährigen Kinder des Flüchtlings, der Asyl erhalten hat (vgl. Walter
Stöckli, Asyl, in: Peter Uebersax/Peter Münch/Thomas Geiser/Martin Arnold{Hrsg.}, Handbücher
für die Anwaltspraxis, Band VIII, Ausländerrecht, Basel u.a. 2002, S. 336, Rz. 8.36). Zwar
ist der Konkubinatspartner dem Ehegatten gleichgestellt (vgl.
EMARK 1993 Nr. 24 S. 162 ff., insbesondere
S. 169 f., E. 8e,
EMARK 2002 Nr. 20 E. 4b S. 166), aber stets wird in der vorerwähnten Rechtsprechung
lediglich von einer einzigen Beziehungsperson gesprochen.
4. Der Beschwerdeführer macht in
diesem Zusammenhang im Wesentlichen geltend, er lebe zurzeit in der Schweiz mit seiner rumänischen
Lebenspartnerin zusammen. Er habe aber den persönlichen Kontakt zu seinen beiden in der Türkei
lebenden Ehefrauen und zu den elf Kindern nie aufgegeben. Falls er tatsächlich seit 1994 nach seiner
Flucht aus der Türkei nach Rumänien mit seinen Familienangehörigen in der Türkei
keinen Kontakt mehr gehabt haben solle, sei es aber schwer nachvollziehbar, wie er denn mit seinen zwei
türkischen Ehefrauen von 1994 bis 2002 insgesamt noch fünf weitere Kinder gezeugt haben könne.
Diese zweifelsfrei nachweisbare Tatsache belege, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts
in Rumänien sehr wohl eine tatsächlich gelebte intakte Familienbeziehung zu seinen zwei türkischen
Ehefrauen und den Kindern gehabt habe. Im Weiteren sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit
seiner rumänischen Lebenspartnerin seit rund 13 Jahren und mit seinen beiden türkischen Ehefrauen
seit rund 20 Jahren zusammen sei. Vor seiner Einreise in die Schweiz habe der Beschwerdeführer mit
seinen beiden türkischen Ehefrauen und der rumänischen Lebenspartnerin in Istanbul unter einem
Dach zusammengelebt. Offensichtlich seien sich sowohl der Beschwerdeführer als auch sämtliche
drei Frauen darüber einig gewesen, eine Familiengemeinschaft zu bilden. Unter Berücksichtigung
dieser Tatsachen sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz von einer Familieneinheit beziehungsweise
von einer tatsächlich gelebten und intakten Familienbeziehung im Sinne von Art. 51 AsyIG auszugehen.
Der Beschwerdeführer habe im Rahmen seines Asylverfahrens schon bei der ersten Einvernahme den Behörden
des BFF mitgeteilt, dass er Angehöriger der muslimischen Religion sei, eine Beziehung zu drei Frauen
(zwei türkische Ehefrauen und eine rumänische Lebenspartnerin) unterhalte und mit den zwei
türkischen Ehefrauen insgesamt elf Kinder gezeugt habe.
5.
5.1 In casu lebt der Beschwerführer
mit seiner Konkubinatspartnerin in der Schweiz und möchte mindestens seine in der Türkei lebende,
zivilrechtlich rechtmässig angetraute Ehegattin in seine Flüchtlingseigenschaft einbeziehen
lassen (vgl. Beschwerde vom 22. Juli 2005, Ziff. 5). Damit gibt der Beschwerdeführer seine Absicht
zu erkennen, in der Schweiz sowohl mit seiner rumänischen Konkubine als auch mit seiner zivilrechtlich
angetrauten türkischen Ehefrau eine "eheliche" Beziehung leben zu wollen. Wie oben angeführt,
beschränkt sich der Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft des Ehegatten (asylrechtlicher Familiennachzug)
nach Art. 51 Abs. 1
AsylG aber entweder auf eine zivilrechtlich angetraute oder auf eine im Konkubinat
lebende Person, der Einbezug mehrerer Partner oder Partnerinnen lässt sich aus dieser Rechtsprechung
nicht ableiten. Es besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung
abzuweichen, zumal auch gemäss
EMARK 2002 Nr. 20 E. 4a S. 165 f. eine dauerhafte Trennung der ehelichen
Gemeinschaft ein besonderer Umstand darstellt, welcher der Gewährung von Familienasyl entgegensteht.
Es steht fest, dass der Beschwerdeführer weder seine zivilrechtlich angetraute Ehefrau noch seine
türkische Konkubine nach Rumänien nachzog. Vielmehr gründete er dort eine weitere Lebensgemeinschaft
mit einer rumänischen Staatsangehörigen. Seit 1994 hielt sich der Beschwerdeführer mit
Ausnahme einer Periode 2001/2002 ausserhalb der Türkei auf, seit März 2003 lebt er mit seiner
rumänischen Lebenspartnerin in der Schweiz, weshalb nach objektiven Kriterien von einer seit 1994
faktisch annähernd ununterbrochenen, dauerhaften Trennung des Beschwerdeführers von der zivilrechtlich
angetrauten Ehefrau und der türkischen Konkubine auszugehen ist. Der blossen, unbelegten Behauptung
in der Beschwerde, der Beschwerdeführer lebe mit seiner rumänischen Partnerin in einer freien,
nicht stark gefestigten Lebensgemeinschaft wird schon dadurch die Grundlage entzogen, dass eben diese
rumänische Partnerin (und nicht die türkische Ehefrau respektive die nach Brauch angetraute
türkische Frau und deren Kinder) dem Beschwerdeführer mit dem gemeinsamen Kind in die Schweiz
nachreiste und er mit ihr inzwischen drei Kinder hat.
Somit können weder die türkische
Ehefrau noch die türkische Konkubine des Beschwerdeführers aus Art. 51 Abs. 1
und 2
AsylG etwas
zu ihren Gunsten ableiten. Der Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft im Rahmen von Art. 51
AsylG
bleibt diesen Ausländerinnen nach dem Gesagten verwehrt, weshalb die Vorinstanz ihnen zu Recht die
Erteilung einer Einreisebewilligung und das Asyl verweigert hat. Ob die vorgenannten Personen originär
die Flüchtlingseigenschaft erfüllen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weshalb
auf diesbezügliche Abklärungen verzichtet werden kann.
5.2 Betreffend das Beschwerdevorbringen,
das Kindeswohl sei bei behördlichen Entscheiden immer vorrangig zu berücksichtigen, ist Folgendes
festzustellen: Die Frage, ob das in Art. 3 Abs. 1
des Übereinkommens über die Rechte des Kindes
vom 20. November 1989 (
KRK,
SR 0.107) verankerte Prinzip der vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohls
im Asyl- und Wegweisungsverfahren direkt anwendbar ist, hat die ARK bisher offen gelassen (vgl.
EMARK
1998 Nr. 13 E. 5d.bb S. 98). In einem neueren Urteil geht die ARK im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1
KRK
in Bezug auf den Vollzug der Wegweisung von einer völkerrechtskonformen Anwendung des Landesrechts
aus (vgl.
EMARK 2005 Nr. 6 E. 6.1. S. 57). Das Bundesgericht stellte hingegen fest, dass sich der KRK
in Bezug auf die Erteilung von fremdenpolizeilichen Bewilligungen keine gerichtlich durchsetzbaren Ansprüche
entnehmen lassen (vgl. BGE
126 II 377 E. 5d S. 391 f. mit Hinweis auf BGE
124 II 361 E. 3b S. 367). Insbesondere
besteht kein bedingungsloser Anspruch auf Nachzug eines Kindes in die Schweiz, welches unter der Obhut
des im Ausland verbliebenen Elternteils aufgewachsen ist (vgl. BGE
133 II 6 E. 3.1 S. 9). Vor diesem
Hintergrund drängt sich, um Differenzen zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu vermeiden, eine
Anlehnung an diese bei der Prüfung der Frage des auf Art. 51 Abs. 1
AsylG gestützten Nachzugs
von Kindern auf, welche beim im Ausland verbliebenen Elternteil leben.
Zweck des Familiennachzugs
ist gemäss BGE
129 II 249 E. 2.2 S. 252, das familiäre Zusammenleben zu ermöglichen. Sind
die Eltern voneinander getrennt oder geschieden und hält sich der eine Elternteil in der Schweiz,
der andere aber im Ausland auf, kann es nicht um eine Zusammenführung der Gesamtfamilie gehen. In
solchen Fällen entspricht es dem Gesetzeszweck nicht, einen bedingungslosen Anspruch auf Nachzug
der Kinder anzunehmen (BGE
129 II 249 E. 2.2 S. 252; BGE
129 II 11 E. 3.1.1-3.1.3 S. 14 f.; BGE
126 II
329 E. 2b S. 331; BGE
125 II 585 E. 2a S. 586, 633 E. 3a S. 639 f. mit Hinweisen). Ein Nachzugsrecht
setzt vielmehr voraus, dass das Kind zu dem in der Schweiz lebenden Elternteil die vorrangige familiäre
Beziehung unterhält. Dabei kommt es nicht nur auf die bisherigen Verhältnisse an, sondern es
können auch nachträglich eingetretene oder gar künftige Umstände wesentlich werden.
Namentlich kann nicht entscheidend sein, in welchem Land das Kind bisher seinen Lebensmittelpunkt hatte,
bliebe doch sonst ein Nachzugsrecht praktisch immer wirkungslos. Zu berücksichtigen ist aber, bei
welchem Elternteil das Kind bisher gelebt hat beziehungsweise wem die elterliche Gewalt zukommt; wenn
sich das Kindesinteresse in der Zwischenzeit geändert hat, so ist für eine Anpassung der familienrechtlichen
Verhältnisse in der Regel zunächst der privatrechtliche Weg zu beschreiten (BGE
129 II 249
S. 253). Vorbehalten bleiben Fälle, in denen klare Anhaltspunkte für neue familiäre Abhängigkeiten
oder für eine wesentliche Verlagerung der Beziehungsintensitäten bestehen, wie etwa beim Hinschied
desjenigen Elternteils, der das Kind bisher betreut hat (BGE
125 II 585 E. 2a S. 586 f.;
124 II 361 E.
3a S. 366;
118 Ib 153 E. 2b S. 159/160). Im Übrigen wird nach Auffassung des Bundesgerichts das
gesetzgeberische Ziel im Ausländerrecht, das familiäre Zusammenleben zu ermöglichen und
rechtlich abzusichern, nicht erreicht, wenn der in der Schweiz niedergelassene Ausländer jahrelang
von seinem Kind getrennt lebt und dieses erst kurz vor dem Erreichen des 18. Altersjahrs in die Schweiz
holt. Eine Ausnahme kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur gelten, wenn die Familiengemeinschaft
in der Schweiz aus guten Gründen erst nach Jahren hergestellt wird; solche Gründe müssen
sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben (vgl. BGE
125 II 585 E. 2a S. 587,
119 Ib 81 E. 3a
S. 88,
115 Ib 97 E. 3a S. 101). Dabei werden hohe Beweisanforderungen gestellt (BGE
124 II 361 E. 4c
S. 370 f.). Die Verweigerung des Familiennachzugs lässt sich jedenfalls dann nicht beanstanden,
wenn die Familientrennung von den Betroffenen ursprünglich selbst freiwillig herbeigeführt
worden ist, für die Änderung der bisherigen Verhältnisse keine überwiegenden familiären
Interessen bestehen beziehungsweise sich ein Wechsel nicht als zwingend erweist und die Fortführung
und Pflege der bisherigen familiären Beziehungen nicht behördlich verhindert wird (vgl. BGE
129 II 11 E. 3.1.3 S. 15,
124 II 361 E. 3a S. 366 f. mit Hinweisen).
Diese Rechtsprechung
wurde in BGE
133 II 6 fortgeführt, wo sich das Bundesgericht mit der diesbezüglichen Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), insbesondere mit den Urteilen Tuquabo-Tekle
und andere v. Niederland (Nr. 60665/00, Urteil vom 1. Dezember 2005) sowie Sen v. Niederlande (Nr. 31465/96,
Urteil vom 21. Dezember 2001) auseinandersetzte und im Ergebnis festhielt, dass die bundesgerichtlichen
Prüfungskriterien der Strassburger Rechtsprechung standhielten (vgl. BGE
133 II 6 E. 5.2 - 5.3 S.
17 f.).
Die behördliche Untersuchungspflicht im Asylverfahren (Art. 12
VwVG i.V.m. Art.
6
AsylG) gilt nicht uneingeschränkt, sondern korreliert eng mit der Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden
im Sinne von Art. 8 Abs. 1
AsylG. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht insbesondere keine Pflicht,
über die Vorbringen der Beschwerde führenden Seite hinaus den Sachverhalt vollkommen neu zu
erforschen, sondern es kann sich vielmehr darauf beschränken, die Stichhaltigkeit der betreffenden
Vorbringen zu prüfen, es sei denn, bereits die vorinstanzlichen Akten oder aber die Ausführungen
in der Beschwerdeschrift legten zusätzliche Abklärungen zum Sachverhalt nahe (vgl.
EMARK 1995
Nr. 23 E. 5a S. 222 f., BGE
110 V 52 f., Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 61 [1997] Nr.
31 E. 3.2.2., Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 603, 675 f.; Ulrich Häfelin/Georg Müller, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Zürich 2002, Rz. 1625). Asylsuchende sind einerseits nach Art. 8 Abs.
1
AsylG zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhalts verpflichtet. Angesichts der ausserordentlichen
familiären Verhältnisse wäre es Pflicht des Beschwerdeführers gewesen, spätestens
im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die gegenüber den Müttern vorrangige Beziehung zu seinen
in der Türkei lebenden Kindern zu belegen, was er nicht dargetan hat. In diesem Zusammenhang genügt
es nämlich nicht, einen angeblich trotz jahrelanger Abwesenheit im Heimatland nicht abgebrochenen
Kontakt zu seinen Kindern zu behaupten. Der Beschwerdeführer müsste vielmehr darlegen, dass
aufgrund veränderter Betreuungsverhältnisse in der Türkei eine vorrangige Beziehung entstanden
wäre, welche eine Übersiedlung der Kinder in die Schweiz rechtfertigen würde, und er auch
tatsächlich in der Lage wäre, diese Betreuung persönlich zu gewährleisten. Diese
Betrachtungsweise rechtfertigt sich um so mehr, als der Beschwerdeführer nicht vorbringt, er habe
sich bereits um den Nachzug seiner Kinder bemüht, als er noch in Rumänien lebte.
Zudem
ist festzuhalten, dass die Söhne D._______, geboren am , und E._______, geboren am , zwischenzeitlich
das Mündigkeitsalter erreicht haben, weshalb Art. 51 Abs. 1
AsylG nicht mehr auf sie anwendbar ist.
Im Weiteren hat das Kind C._______ originär die Flüchtlingseigenschaft erlangt. Der zweitälteste
Sohn D._______ reiste zwischenzeitlich ebenfalls in die Schweiz ein und stellte am 13. Juli 2007 ein
Asylgesuch. Die übrigen Kinder des Beschwerdeführers, welche heute noch minderjährig sind
und in der Türkei leben, wurden bisher vorrangig von ihren Müttern betreut. Die Beziehung zu
ihrem Vater muss aufgrund der Aktenlage als im besten Fall sporadisch bezeichnet werden. Es würde
dem Kindswohl widersprechen, die minderjährigen Kinder von ihren in der Türkei verbleibenden
Müttern zu trennen, zumal nicht belegt wird, dass die Mütter mit der alleinigen Ausreise ihrer
Kinder einverstanden wären, der Beschwerdeführer zu seinen Kindern eine vorrangige Beziehung
unterhalten würde und tatsächlich in der Lage wäre, zusätzlich zu seinen drei in
der Schweiz lebenden Kindern weitere acht Kinder zu betreuen. Die fehlende vorrangige Beziehung des Beschwerdeführers
zu seinen in der Türkei lebenden Kindern steht somit in casu als besonderer Umstand dem Einbezug
in die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers entgegen. Demzufolge hat die Vorinstanz
auch bezüglich der Kinder des Beschwerdeführers zu Recht den Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft
abgelehnt und die Einreisebewilligung verweigert.
Bei dieser Sachlage ist es entbehrlich,
die beantragten Zeugeneinvernahmen durchzuführen (zur Zulässigkeit der antizipierten Beweiswürdigung
siehe
EMARK 2003 Nr. 13 E. 4c S. 84; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege
des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 39, Rz. 111 mit Hinweis auf BGE
122 V 162,
119 Ib 505 f.).
Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht davon ausgegangen werden, die Vorinstanz habe, wie der Beschwerdeführer
geltend macht, den Untersuchungsgrundsatz verletzt, weshalb kein Anlass besteht, die Sache an das Bundesamt
zurückzuweisen, da der entscheidwesentliche Sachverhalt erstellt ist. Die entsprechenden Anträge
werden daher abgewiesen.
6. Sind die Voraussetzungen des Familienasyls im Sinne von Art. 51 Abs.
1
und 2
AsylG nicht erfüllt, können weder die Bestimmungen von Art. 8
der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK,
SR 0.101) noch jene von Art. 17 und
23 des UNO-Pakts II über bürgerliche und politische Rechte im Asylverfahren oder die Bestimmungen
des KRK, welche nicht über das in Art 51 Abs. 1
und 2
AsylG betreffend Familienasyl verankterte
Recht hinausgehen, ergänzend angewandt werden; die Frage nach einem allfälligen Anspruch auf
Familiennachzug ist gestützt auf die vorerwähnten Bestimmungen von der zuständigen kantonalen
Ausländerbehörde zu prüfen (vgl.
EMARK 2002 Nr. 6 E. 5a und b S. 44 f.). Unter diesen
Umständen erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen und auf die als Beweismittel eingereichten
Dokumente im Einzelnen einzugehen, da sie nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen vermöchten.
7.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt,
den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106
AsylG). Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind
die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.--
festzusetzen (Art. 16 Abs. 1 Bst. a
VGG i.V.m. Art. 2
und 3
des Reglements über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 20. April 2006 [
VGKE,
SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste
Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 600.-- , werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag
ist innert 30 Tagen zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3. Dieses Urteil wird eröffnet:
-
dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (eingeschrieben; Beilage: Einzahlungsschein)
- der
Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten (Ref.-Nr. N )
-
Der
vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Fulvio Haefeli Gabriela Freihofer