Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal

Abteilung IV
D-3896/2006
{T 0/2}

Urteil vom 27. Oktober 2008

Besetzung
Richter Walter Lang (Vorsitz),
Richterin Nina Spälti Giannakitsas,
Richter Daniel Schmid,
Gerichtsschreiber Martin Maeder.

Parteien
A._______, geboren (...),
Türkei,
vertreten durch lic. iur. Fidan Köle, Freiplatzaktion Zürich, (...),
Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand
Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFF vom 9. November 2004 / N (...).

Sachverhalt:

A.
A.a Der Beschwerdeführer verliess sein Heimatland nach eigenen Angaben im November 2000 durch Überqueren der Landgrenze zum Iran und gelangte 10 bis 15 Tage später in den Irak, wo er sich bis September 2004 im Gebiet von Xenere und Kandil als Kämpfer der PKK (Partiya Karkerên Kurdistan [Arbeiterpartei Kurdistans]) aufhielt. Von dort aus sei er zunächst mit einem Personenwagen via Mosul und Bagdad nach Jordanien und anschliessend als Passagier eines Frachtschiffes nach Ägypten gelangt. Am 22. Oktober 2004 sei er - ankommend aus Kairo - mit einem türkischen Beamtenpass der in Mosul kontaktierten Schlepperorganisation ohne Visum über den Flughafen von Genf in die Schweiz eingereist.
A.b Am 27. Oktober 2004 suchte der Beschwerdeführer in der Empfangsstelle (heute: Empfangs- und Verfahrenszentrum [EVZ]) Kreuzlingen um Asyl nach, wobei er ein Dokument zu seiner Identifizierung schuldig blieb und als Begründung angab, seine Identitätskarte (Nüfus) habe er bei der PKK hinterlegen müssen. Das BFF (seit dem 1. Januar 2005 Bestandteil des BFM) befragte ihn am 29. Oktober 2004 in der Empfangsstelle summarisch zum Reiseweg und zu den Gründen für das Verlassen des Heimatlandes. Am gleichen Ort führte es am 4. November 2004 mit ihm die Anhörung zu den Asylgründen durch.
A.c Bei der Einreichung des Asylgesuchs in der Empfangsstelle machte der Beschwerdeführer die rubrizierten Angaben zu seiner Person. Ergänzend führte er an, er gehöre der kurdischen Volksgruppe an, sei sunnitischen Glaubens und stamme aus einem Dorf namens B._______ (Landkreis C._______, Provinz Van). Zur Begründung seines Asylgesuchs machte er im Wesentlichen geltend, er sei wegen Protestes gegen die Verhaftung von Abdullah Öcalan in Haft versetzt und im Rahmen eines Massenverfahrens vor das Staatssicherheitsgericht Istanbul-Besiktas gestellt worden. Auch nach seiner Freilassung eineinhalb Jahre später hätten die Behörden ihn weiterhin belästigt, indem sie ihn mit verschiedenen Druckmitteln zur Mithilfe als Informant in Istanbul oder zur Übernahme des Dorfschützeramtes in seinem Herkunftsort zu zwingen versucht hätten. Von seiner Geburt bis ins Jahr 2000 sei er eigentlich immer in B._______ ansässig geblieben, wenn er auch nach der Absolvierung des Militärdienstes im Jahre 1993 jeweils zum Ende des Winters nach Istanbul gezogen sei, um dort als Saisonarbeiter auf verschiedenen Baustellen Geld zu verdienen. Im Februar 1999 sei er festgenommen und auf die Polizeiwache gebracht worden. Heute sei ihm klar, dass Leute, die von der Polizei engagiert worden seien, hinter seiner Verhaftung gestanden hätten. Im damaligen Kontext nach der Festnahme des PKK-Vorsitzenden Öcalan habe es genügt, wie ein Kurde auszusehen, um in Istanbul festgenommen und vor Gericht gezerrt zu werden. Ungefähr eine Woche nach der Festnahme habe man ihn zum ersten Mal vor das Staatssicherheitsgericht ("DGM") im Istanbuler Stadtteil Besiktas geführt. Danach sei er in das Gefängnis D._______ in Istanbul verbracht worden. Während seiner Gefangenschaft sei er an Hepatitis erkrankt. Heute befinde sich die Krankheit bei ihm in einem fortgeschrittenen Stadium. Nachdem er insgesamt acht- oder neunmal dem Staatssicherheitsgericht vorgeführt worden sei, sei er schliesslich im Oktober 2000 wegen fehlender stichhaltiger Beweise freigelassen worden. In einer der Gerichtsverhandlungen sei eine Person erschienen, die belastende Aussagen gegen ihn gemacht und ihn als Aktivisten der PKK bezeichnet habe. Seinerseits habe er jedoch glaubhaft versichert, diese Person nicht zu kennen. Erst später habe er erfahren, dass es sich bei der Person um einen von der Polizei bestellten Anhänger der MHP (Milliyetçi Hareket Partisi [Partei der Nationalistischen Bewegung]) gehandelt habe. Das Verfahren, in welchem er im Übrigen zusammen mit einer Gruppe anderer inhaftierter Kurden von Rechtsanwälten einer Anwaltskanzlei verteidigt worden sei, sei gleichwohl weitergeführt worden. Das Staatssicherheitsgericht habe einmal ein Urteil gegen ihn gefällt, in dem ihm die Mitgliedschaft bei der PKK zur Last gelegt worden sei. Heute wisse er nicht genau, wie der Stand des Verfahrens sei. Ungefähr fünf Tage nach der Haftentlassung sei er auf dem Weg an seinen früheren Arbeitsort von Zivilpolizisten in ein Auto gezerrt, an einen Waldrand gefahren und dort mit gegen die Schläfe gehaltener Waffe aufgefordert worden, entweder in Istanbul eine Zusammenarbeit mit ihnen einzugehen oder in seinem Herkunftsort das Dorfschützeramt zu übernehmen. In derselben Zeit habe ihm sein Vater telefonisch berichtet, dass innert kurzer Zeit zweimal die Gendarmerie vor dem Haus in B._______ erschienen sei und nach seinem Aufenthaltsort gefragt habe. In ihrer Angst habe seine Familie den Gendarmen die Auskunft gegeben, er sei als Kämpfer in die Berge gegangen. Dies habe er dann auch tatsächlich getan. Ende Oktober 2000, ungefähr 20 Tage nach seiner Freilassung, habe er Istanbul verlassen. Im November 2000 habe er auf dem Rücken eines Pferdes die türkisch-iranische Grenze überquert. Von dort habe er seine Reise zunächst weiter mit dem Pferd und später mit einem Personenwagen bis in den Nordirak fortgesetzt. Im Januar 2001 habe er sich als aktives Mitglied der PKK angeschlossen und sich bis September 2004 als Guerilla-Kämpfer in den Bergen um Kandil und Xenere aufgehalten. Dieses Gebiet liege in Südkurdistan, auf irakischem Territorium unweit der Grenze zum Iran. Heute bezeichne sich die Organisation mit Kongra-Gel (Kongra Gelê Kurdistan [Volkskongress Kurdistan]). Während dieser vier Jahre habe er eine Waffe getragen, damit jedoch - der damaligen defensiven Strategie des Anführers gehorchend - keine Angriffshandlungen ausgeführt. Ausserdem sei er in der Parteiideologie und in der Geschichte Mesopotamiens, Europas und Asiens ausgebildet worden. Nach Entstehen des Kongra-Gel im Jahre 2003 sei er für die Pressearbeit zuständig gewesen. Konkret habe er eine Monatszeitschrift redigiert, die Reportagen, kulturelle Beiträge, Gedichte oder Erlebnisberichte von Kämpfern umfasst habe. Daneben habe er auch im Krankenhaus bei der Pflege von Verwundeten ausgeholfen. Zudem sei er im logistischen Bereich wie etwa bei der Lagerung von Lebensmitteln eingesetzt worden. Weil seine Krankheit ihn zusehends geschwächt habe und eine Behandlung im Irak zu gefährlich gewesen sei, habe er sich innerhalb von drei Monaten entschlossen, in die Schweiz zu reisen. Den Kontakt zur Schlepperorganistion in Mosul habe er selber hergestellt. Die Reisekosten habe hingegen der Kongra-Gel übernommen. Eine Rückkehr in die Türkei sei für ihn wegen seiner politischen Aktivitäten auf gar keinen Fall möglich.

B.
Mit Verfügung vom 9. November 2004 - eröffnet am gleichen Tag - stellte das BFF fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete deren Vollzug an. In der Entscheidbegründung führte das BFF zusammenfassend aus, die Vorbringen des Beschwerdeführers hielten zum einen Teil bereits den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) nicht stand und wiesen zum andern Teil keine Relevanz für das Erfüllen der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG auf.

C.
Mit Beschwerde vom 9. Dezember 2004 liess der Beschwerdeführer die Verfügung des BFF vom 9. November 2004 durch seinen damaligen Rechtsvertreter bei der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) anfechten. Als hauptsächliches Begehren brachte er ein, es sei die angefochtene Verfügung vollumfänglich aufzuheben, seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihm Asyl zu gewähren. Im Eventualpunkt beantragte er, es sei die Unzulässigkeit und allenfalls die Unzumutbarkeit seiner Wegweisung festzustellen und seine vorläufige Aufnahme anzuordnen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Verzicht auf das Erheben eines Kostenvorschusses.

Zusammen mit der Beschwerdeschrift reichte der Beschwerdeführer zur Stützung seiner Vorbringen sieben Fotos in der Form von Ausdrucken auf Normalpapier, einen Familienregisterauszug (Nüfus Kayit Örnegi), eine Wohnsitzbescheinigung (Ikametgah Ilmühaberi) des zuständigen Gemeindevorstehers (Muhtar), ein Schuldiplom sowie ein unvollständiges Telefax des nach seiner Aussage mit der Übermittlung von Gerichtsdokumenten in die Schweiz betrauten Anwalts in der Türkei zu den Akten.

D.
Mit Verfügung vom 28. Dezember 2004 bestätigte der zuständige Instruktionsrichter der ARK die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Anwesenheit in der Schweiz bis zum Abschluss des Verfahrens. Gleichzeitig verlegte er die Beurteilung des Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf einen späteren Zeitpunkt, verzichtete antragsgemäss auf das Erheben eines Kostenvorschusses und ordnete die Überweisung der Akten an die Vorinstanz zur Vernehmlassung an.

E.
In seiner Vernehmlassung vom 12. Januar 2005 beantragte das BFM die Abweisung der Beschwerde.

F.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 17. Januar 2005 brachte der Instruktionsrichter der ARK dem Beschwerdeführer die vorinstanzliche Vernehmlassung zur Kenntnis und räumte ihm das Recht ein, bis zum 1. Februar 2005 darauf zu replizieren.

G.
Am 1. Februar 2005 reichte der Beschwerdeführerin seine Replik auf die Vernehmlassung vom 12. Januar 2005 zu den Akten. Darin beantragte er - subsidiär zum Begehren um Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung - zusätzlich die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Im Übrigen hielt er an seinen Begehren und deren Begründung in der Beschwerdeeingabe vollumfänglich fest.

Als weitere Beweismittel gab er die schriftliche Zeugenaussage eines in den Achtzigerjahren in der Schweiz als Flüchtling anerkannten Landsmannes und heutigen Schweizer Bürgers, Papierausdrucke von im Internet publizierten Presseberichten (diepresse.com vom 9. Oktober 2004, NZZ vom 10. Juni 2004, 4. November 2004 und 9. November 2004) sowie zwei zuhanden von Verwaltungsgerichten deutscher Bundesländer erstellte Gutachten vom 25. September 2004 und vom 4. Oktober 2004 zum Dossier. Ausserdem wurde eine Kostennote zu den Akten gereicht.

H.
Mit Folgeeingabe vom 31. Januar 2006 (Poststempel) zeigte der Beschwerdeführer die Mandatsübernahme durch die rubrizierte Rechtsvertretung an. Gleichzeitig ergänzte er das Beweismaterial mit den Abzügen von zwei der sieben bereits eingereichten Fotos auf Fotopapier, und einem zusätzlichen Foto - ebenfalls als Entwicklung auf beschichtetem Fotopapier - sowie mit den Kopien von in vier Teile zerfallenden türkischsprachigen Dokumenten, die er selber als Urteile des "Staatlichen Sicherheitsgerichts Nummer 4" (Teile 1-3) und als Stellungnahme seines Anwalts vom 26. Februar 1999 (Teil 4) deklarierte.

I.
Am 1. Januar 2007 übernahm das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren von der ARK.

J.
J.a Am 27. August 2007 erkundigte sich der Beschwerdeführer nach dem Verfahrensstand und bat um Orientierung über den voraussichtlichen Urteilszeitpunkt.
J.b In seinem diesbezüglichen Antwortschreiben vom 18. September 2007 teilte der Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts dem Beschwerdeführer mit, dass das von ihm angehobene Beschwerdeverfahren nicht prioritär sei und konkrete Zusicherungen hinsichtlich einer beschleunigten Beurteilung der Beschwerde oder eine zuverlässige Prognose über den Urteilszeitpunkt nicht möglich seien.

K.
Mit Eingabe vom 31. Juli 2008 äusserte der Beschwerdeführer seinen Wunsch nach einer baldigen Entscheidfällung.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden, zu welchen auch das BFM (Art. 33 Bst. d VGG) zählt. Art. 32 VGG sieht für Verfügungen auf dem Gebiet des Asyls keine Ausnahme vor, womit die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als Beschwerdeinstanz im Asylverfahren gegeben ist (Art. 105 AsylG). Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110]) bestätigt diese Zuständigkeit und schliesst gleichzeitig die Weiterzugsmöglichkeit an das Bundesgericht aus.

Als Folge der so definierten Zuständigkeit (vgl. Art. 53 Abs. 2 VGG) hat das Bundesverwaltungsgericht per 1. Januar 2007 die Beurteilung der seit dem 9. Dezember 2004 bei der ARK hängig gewesenen Beschwerde des Beschwerdeführers gegen einen Entscheid des BFF - als Vorgänger des BFM auf dem Gebiet des Asyls - übernommen (vgl. Bst. I hiervor). Diese Beurteilung geschieht nach neuem Verfahrensrecht (vgl. Art. 53 Abs. 2 in fine VGG; BVGE 2007/11 E. 4.2 S. 119).

1.2 Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 50 und 52 VwVG). Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Verfügung berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Demzufolge ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

3.
Die Schweiz gewährt Flüchtlingen unter Vorbehalt von Ausschlussgründen auf Gesuch hin Asyl (vgl. Art. 2 Abs. 1 und Art. 49 AsylG). Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen (Art. 7 Abs. 1 AsylG). Die Flüchtlingseigenschaft erfüllen Personen, welche in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 AsylG).

3.1 Die im Gesetz so definierte Flüchtlingseigenschaft erfüllt eine asylsuchende Person nach Lehre und Rechtsprechung dann, wenn sie Nachteile von bestimmter Intensität erlitten hat beziehungsweise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft begründeterweise befürchten muss, welche ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive durch Organe des Heimatstaates oder durch nichtstaatliche Akteure zugefügt worden sind beziehungsweise zugefügt zu werden drohen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006 Nr. 18 E. 7 und 8 S. 190 ff., 2005 Nr. 21 E. 7 S. 193; BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37). Aufgrund der Subsidiarität des flüchtlingsrechtlichen Schutzes setzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausserdem voraus, dass die betroffene Person in ihrem Heimatland keinen ausreichenden Schutz finden kann (vgl. EMARK 2006 Nr. 18 E. 10 S. 201 ff., 2005 Nr. 21 E. 7.3. S. 194 und E. 11.1. S. 201 f.; BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37 f.).

3.2 Glaubhaft sind die Vorbringen eines Asylsuchenden grundsätzlich dann, wenn sie genügend substanziiert, in sich schlüssig und plausibel sind; sie dürfen sich nicht in vagen Schilderungen erschöpfen, in wesentlichen Punkten nicht widersprüchlich sein oder der inneren Logik entbehren und auch nicht den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung widersprechen. Darüber hinaus muss die gesuchstellende Person persönlich glaubwürdig erscheinen, was insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn sie ihre Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abstützt, aber auch dann, wenn sie wichtige Tatsachen unterdrückt oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens Vorbringen auswechselt, steigert oder unbegründet nachschiebt, mangelndes Interesse am Verfahren zeigt oder die nötige Mitwirkung verweigert. Glaubhaftmachung bedeutet ferner - im Gegensatz zum strikten Beweis - ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus Raum für gewisse Einwände und Zweifel an den Vorbringen des Gesuchstellers. Entscheidend ist, ob im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung des Asylsuchenden sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen (vgl. Art. 7 Abs. 2 und 3 AsylG; EMARK 2005 Nr. 7 E. 6 S. 64 ff., Nr. 21 E. 6.1. S. 190 f., 1996 Nr. 27 E. 3c.aa S. 263 f., Nr. 28 E. 3a S. 270).

4.
4.1 Den solchermassen gelockerten Beweisanforderungen vermag der Beschwerdeführer nach Auffassung der Vorinstanz mit einem Grossteil seiner Vorbringen nicht zu genügen. Seine dürftigen Angaben zum angeblichen vierjährigen Aufenthalt bei der PKK-Guerilla in den Bergen im Nordirak zeugten von unzureichenden Kenntnissen über geografische Belange, den Typ der angeblich getragenen Waffe und über die Entwicklung innerhalb der PKK und dessen Nachfolgeorganisation Kongra-Gel seit der Verhaftung von Abdullah Öcalan. Diese Feststellung und die betreffenden, "klar nachvollziehbaren" Erwägungen in der angefochtenen Verfügung vermöge der Beschwereführer mit den nachgereichten Beweismitteln nicht umzustossen. Bei den eingereichten Fotografien handle es sich um Abzüge von Digitalfotos, deren Beweiswert wegen der leichten Manipulierbarkeit nicht über alle Zweifel erhaben sei. Weiter sei auch die mit Drohungen untermalte Aufforderung zur Zusammenarbeit mit der Polizei oder zur Übernahme des Dorfschützeramtes wenig glaubhaft, zumal die Art der Zusammenarbeit vom Beschwerdeführer nicht spezifiziert worden sei. Ausserdem sei es nicht nachvollziehbar, warum die Aufforderung erst nach der Haftentlassung hätte an den Beschwerdeführer ergehen sollen. Dass der Beschwerdeführer nach der Haftentlassung weiterhin gesucht worden sei, sei ebenso wenig plausibel. Zwar sei eine solche Entwicklung grundsätzlich möglich, doch sei die vom Beschwerdeführer gelieferte Begründung, sein Vater habe der Gendarmerie die Information über seinen Aufenthalt in den Bergen preisgegeben, nicht glaubhaft, zumal die betreffende Bekanntgabe gemäss seinen Ausführungen ohne Druck erfolgt sei. Sodann liessen die Verurteilung durch ein DGM (Devlet Güvenlik Mahkemesi [Gericht für Staatssicherheit], Anm. des Bundesverwaltungsgerichts) und die Haftentlassung den Schluss zu, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer abgeschlossen sei. Die Angaben des Beschwerdeführers betreffend eine angebliche Weiterführung des Verfahrens seien als unsubstanziiert und unplausibel zu werten. Ohnehin seien die Vorbringen, welche sich auf das Jahr 2000 und die Zeit davor bezögen, asylrechtlich nicht relevant, weil die Asylgewährung voraussetze, dass die darum ersuchende Person im Zeitpunkt des Entscheides von Verfolgung bedroht sei und Schutz benötige. Der Beschwerdeführer gestehe ein, seit dem Jahre 2000 keine Probleme mehr mit den türkischen Behörden gehabt zu haben, da er sich seither in den Bergen im Nordirak aufgehalten habe. Angesichts der Haftentlassung im Oktober 2000 wegen fehlender Beweise sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer in der Türkei keine staatliche Verfolgung drohe. Weil es insoweit an der Asylrelevanz mangle, bestehe selbst bei hypothetisch unterstellter Echtheit der nachgereichten Beweismittel kein Grund zur Änderung des in der angefochtenen Verfügung erläuterten Standpunktes.

4.2 Soweit das Bundesamt einen Aufenthalt des Beschwerdeführers als Kämpfer der PKK in den auf nordirakischem Boden liegenden Kandil-Bergen zwischen Januar 2001 (act. 1/10, S. 2) und September 2004 als unglaubhaft erachtet und an dieser Einschätzung auch nach Einreichung diverser einschlägiger Fotos festhält, wendet es die Beweisregel von Art. 7 AsylG zu restriktiv an. Auf den im Beschwerdeverfahren beigebrachten Fotos ist eine Person abgebildet und gekennzeichnet, an deren Übereinstimmung mit dem Beschwerdeführer bei einem Vergleich mit dem Ende Oktober 2004 in der Empfangsstelle angefertigten Passfoto keine ernsthaften Zweifel bestehen können. Das Bundesamt stellt diese optische Übereinstimmung als solche denn auch nicht in Abrede. Es attestiert den eingereichten Fotos aus einem anderen Grund einen "nicht über alle Zweifel erhabenen" Beweiswert, aus demjenigen nämlich, dass es sich um Abzüge von Digitalfotografien handle, welche leicht manipulierbar seien. Eine solche Sichtweise erscheint indes überspitzt, zumal vom Bundesamt nicht erläutert wird, ob und inwiefern es gerade bei den vom Beschwerdeführer eingereichten Ausdrucken Anzeichen für eine nachträgliche Veränderung der zugehörigen Originalvorlage festgestellt hat. Vom Beschwerdeführer wird diesbezüglich in der Replik vom 1. Februar 2005 nicht zu Unrecht im Sinne eines Echtheitsindizes geltend gemacht, dass die Fotos in verschiedenen Jahreszeiten und bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen geschossen worden seien, was eine Manipulation unwahrscheinlich mache. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 30. Januar 2006 drei Fotos vorlegt, bei denen es sich im Unterschied zu den mit der Beschwerde eingereichten Exemplaren nicht um Papierausdrucke von gescannten Bilddateien (vgl. Replik vom 1. Februar 2005, S. 1), sondern um Erstabzüge auf Fotopapier handelt. Des Weiteren ist es als Hinweis auf die Authentizität des eingereichten Bildmaterials zu werten, dass der Beschwerdeführer bereits in der Anhörung vom 4. November 2004 die Möglichkeit der Beschaffung von ebensolcher Fotos aus seiner Zeit bei der Guerilla erwähnte. Eine Garantie für die Einreichung solcher Fotos innert nützlicher Frist mochte er demgegenüber nicht abgeben, was jedenfalls nicht den Eindruck entstehen lässt, er habe seine Aussage im Wissen um eine ihm offen stehende Option gemacht, Fotodateien nötigenfalls auch nach seinen Bedürfnissen manipulieren zu lassen (act. 12/12, S. 8).

Im Vergleich hierzu fallen die vom Bundesamt als Unglaubhaftigkeitsmerkmale gewerteten Aktenbestandteile deutlich weniger ins Gewicht. Dass der Beschwerdeführer, wie dies vom Bundesamt in der Entscheidbegründung als Argument angeführt wird, eine bloss unzureichende Beschreibung der angeblich über einen Zeitraum von vier Jahren frequentierten Gebirgsregion hat geben können, wird bei einer Prüfung der betreffenden Passagen im Anhörungsprotokoll in dieser Form nicht bestätigt. So zählte er beispielsweise fünf Ortschaften im Kandil-Gebiet auf, in denen er sich nach seiner Darstellung als Kämpfer der Guerilla aufgehalten hat. Vor allem aber erwähnte er aus eigener Initiative den besonders schneereichen Winter des Jahres 2003, berief sich auf Kommentare der Einheimischen zur Schneemenge und erwähnte den Verlust von zwei Kameraden nach Lawinenniedergängen. Ohne das Erzählen erfundener und einstudierter Sachverhalte durch Asylsuchende als Phänomen ausschliessen zu wollen, erscheint die Annahme weit hergeholt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der entsprechenden Rückfrage eine derartige Phantasie und Spontanität hat an den Tag legen können (act. A12/12, S. 3). Nicht vorbehaltlos zuzustimmen ist der Vorinstanz sodann auch bezüglich der Feststellung, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, substanzielle Angaben zur Entwicklung innerhalb der PKK und des Kongra-Gel seit der Verhaftung von Abdullah Öcalan, zu führenden Persönlichkeiten und zu internen Fraktionskämpfen zu machen. So vermochte der Beschwerdeführer zum Namen, zum Herkunftsort und zur politischen Vergangenheit des Vorsitzenden des Kongra-Gel Angaben zu machen, die vom Bundesamt nicht in Frage gestellt werden. Zudem sponn er einen Faden zur eigenen Geschichte, indem er erwähnte, den Vorsitzenden an zwei Kongressen persönlich gesehen zu haben. Auf die Rückfrage nach dem Austragungsort und dem Zeitpunkt der Kongresse hin gab er Antworten, die vom Bundesamt nicht in Zweifel gezogen werden (act. 12/12, S. 13). Des Weiteren blendet das Bundesamt bei seiner Einschätzung aus, dass der Beschwerdeführer zu denjenigen Belangen innerhalb des Kongra-Gel, die ihn nach seiner Schilderung persönlich betrafen, sehr wohl detaillierte Auskünfte zu geben wusste. Insbesondere konnte er nach der Erwähnung seiner Tätigkeit als Redakteur einer Zeitschrift auf sämtliche Ergänzungsfragen wie namentlich jenen nach dem Inhalt, dem Aufbau, der Auflagenzahl und der Erscheinungsfrequenz klare Antworten geben. Von sich aus nannte er sogar die durchschnittliche Seitenzahl (act. 12/12, S. 13 f.).

4.3 Nach dem Gesagten lässt sich als Zwischenfazit festhalten, dass der Beschwerdeführer den Aufenthalt als Kämpfer bei der PKK beziehungsweise beim Kongra-Gel in den Kandil-Bergen (Nordirak) in der Zeit von Januar 2001 bis September 2004 glaubhaft im Sinne von Art. 7 Abs. 2 und 3 AsylG zu machen vermag. Bei gesamthafter Betrachtung unter Einbezug der im Beschwerdeverfahren eingereichten Beweismittel ist bezüglich dieses Vorbringens ein Übergewicht an Hinweisen, die für dessen Wirklichkeit sprechen, gegenüber solchen, die auf dessen blosse Inszenierung hindeuten, mit hinreichender Klarheit zu erkennen.

5.
5.1 Im Prinzip korrekt führt das Bundesamt in der Entscheidbegründung aus, dass für die Bestimmung der Flüchtlingeigenschaft der Zeitpunkt des Asylentscheides massgebend sei (vgl. BVGE 2008/4 E. 5.4 S. 38 f.). Unzutreffend ist jedoch die Schlussfolgerung, wonach die für das Jahr 2000 und die Zeit davor geltend gemachten Ereignisse "in Ermangelung der zeitlichen Relevanz" nicht asylrelevant seien, weil der Beschwerdeführer selber ausgesagt habe, seit dem Jahre 2000 keine Probleme mit den türkischen Behörden gehabt zu haben (act. 14/9, Ziff. I.3. S. 4 f.). Hier verkennt das Bundesamt die - selber nicht angezweifelte - Tatsache, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland eigenen Angaben zufolge im November 2000 (act. 1/10, S. 2 und S. 6 f.; act. 12/12, S. 8) verlassen (act. A12/12, S. 8) und sich in der Folge bis September 2004 auf irakischem Territorium (Kandil-Berge, Nordirak) aufgehalten hat. Zur Begründung seines Asylgesuchs wies der Beschwerdeführer ausschliesslich auf die Gefahr einer erneuten Inhaftierung durch die türkischen Behörden wegen seiner Aktivitäten für die PKK und den Kongra-Gel hin. Eine Furcht vor Verfolgung durch Repräsentanten des irakischen Staates (vgl. hierzu grundsätzlich BVGE 2008/4) wie insbesondere von Machtträgern oder Behördenvertretern der PUK (Patriotische Union Kurdistans) und der KDP (Kurdische Demokratische Partei) brachte er niemals zur Sprache. Die Ausreise aus dem Heimatland ist bei der Beurteilung eines Asylgesuchs insofern bedeutungsvoll, als die erlittene Verfolgung respektive die begründete Furcht vor künftiger Verfolgung immer in einer sachlich und zeitlich kausalen Verbindung zu ihr stehen muss, um zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und zur Asylgewährung führen zu können; darüber hinaus muss die erlittene Verfolgung beziehungsweise die begründete Furcht vor künftiger Verfolgung grundsätzlich auch im Moment des Asylentscheides noch aktuell sein (EMARK 2005 Nr. 21 E. 7.2., EMARK 1999 Nr. 7 E. 4b S. 45 f. und E. 4d S. 46 f. mit weiteren Hinweisen). Das Faktum der Ausreise aus dem Heimatstaat und das danach im Ausland gezeigte Verhalten können - für sich alleine genommen - demgegenüber wohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zur Folge habe, nicht jedoch die Gewährung von Asyl (subjektive Nachfluchtgründe, Art. 54 AsylG).

5.2 Für den vorliegenden Fall ist nach dem Gesagten festzuhalten, dass es sich beim - glaubhaft - geltend gemachten Aufenthalt des Beschwerdeführers als Kämpfer der PKK beziehungsweise des Kongra-Gel in der Zeit von Oktober 2000 bis September 2004 um einen Sachverhalt handelt, der sich nach dem Verlassen des Heimatlandes zugetragen hat. Infolgedessen hätte das Bundesamt nicht die in diesem Zeitraum ausgebliebene Behelligung durch die türkischen Behörden als Hinweis auf eine fehlende Verfolgungsgefahr im Heimatland werten dürfen. Vielmehr wäre es verpflichtet gewesen, zur Frage Stellung zu nehmen, ob der Beschwerdeführer sich in diesem Zusammenhang berechtigterweise auf subjektive Nachfluchtgründe im Sinne von Art. 54 AsylG berufen kann. Von einer solchen Stellungnahme sowie gegebenenfalls von den dazu notwenigen Sachverhaltsabklärungen war es schon deshalb nicht dispensiert, weil der Beschwerdeführer seine Haltung, wonach er auf keinen Fall in die Türkei zurückkehren könne und mit diesem Staat nichts mehr zu tun habe, gerade auch mit dem vierjährigen Aufenthalt in den Bergen begründete (act. A12/12, S. 12 oben und S. 17).

5.3 In der angefochtenen Verfügung schliesst das Bundesamt seine Erwägungen mit der Erkenntnis ab, dass die Vorbringen, welche "sich auf das Jahr 2000 und davor" bezögen, als nicht asylrelevant zu werten seien. Mit dem Hinweis auf die "mangelnde zeitliche Relevanz" nimmt es Bezug auf das Ausbleiben jeglicher weiterer Behelligungen durch die türkischen Behörden während des anschliessenden Aufenthalts des Beschwerdeführers in den Bergen im Nordirak (vgl. hierzu auch den Hinweis in der Vernehmlassung vom 12. Januar 2005 auf die "Prüfung der Asylrelevanz" in der angefochtenen Verfügung). Als Folge dieser verfehlten Argumentationsweise unterlässt es das Bundesamt aufzuzeigen, wie es im Einzelnen die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Situation im Moment der - im November 2000 vollzogenen - Ausreise im Hinblick auf das Vorliegen einer erlittenen Verfolgung oder einer begründeten Furcht vor einer ebensolchen Entwicklung einschätzt. Ebenso wenig macht es transparent, wie es die Risiken beurteilt, dass der Beschwerdeführer auch aus der Optik bei Erlass der Verfügung vom 9. November 2004 betrachtet auf Grund seines Verhaltens vor der Ausreise noch verfolgt werden könnte. Eine solche Prüfung ist jedoch insofern unentbehrlich, als eine darauf basierende Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling - andere Ausschlussgründe wie insbesondere die Asylunwürdigkeit nach Art. 53 AsylG einmal beiseite gelassen - im Gegensatz zu den subjektiven Nachfluchtgründen zur Asylgewährung führen würde (Art. 2 Abs. 1 und Art. 49 AsylG). Diesem Umstand schenkt das Bundesamt nicht die nötige Beachtung. Es zieht die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gefangenschaft und die Verurteilung durch ein DGM wegen Zugehörigkeit zu einer verbotenen Organisation einerseits als erstellte Tatsachen nicht in Zweifel, erörtert in der Folge jedoch nur unzureichend, welche Auswirkungen diese Tatsachen auf das allfällige Bestehen einer aktuellen Verfolgung oder einer Gefahr erneuter Verfolgungshandlungen im Moment der - bloss 20 Tage nach der Haftentlassung erfolgten - Ausreise haben mochten. Dass ein entlassener Strafgefangener in der Türkei weiterhin gesucht wird, erachtet es in der angefochtenen Verfügung als "grundsätzlich möglich" (act. 14/9, Ziff. I.2. S. 3). Nichtsdestotrotz führt es in der Entscheidbegründung an anderer Stelle aus, "angesichts" der Freilassung im Jahre 2000 aus Mangel an Beweisen sei "davon auszugehen", dass dem Beschwerdeführer keine staatliche Verfolgung drohe (act. 14/9, Ziff. I.3. S. 4). Das Argument schliesslich, wonach es wenig glaubhaft sei, dass der Vater den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ohne besonderen Druck der Gendarmerie preisgegeben habe, gründet auf einer unkorrekten Sachverhaltsfeststellung. In den beiden Befragungen gab der Beschwerdeführer nämlich übereinstimmend an, er sei noch in Istanbul gewesen, als ihm der Vater telefonisch von zwei Erkundigungsbesuchen der Gendarmerie erzählt habe (act. 1/10, S. 5 unten; A12/12, S. 12). Nach der Darstellung des Beschwerdeführers in den Befragungen ist sein Vater somit nicht "ohne besonderen Druck" mit einer als wahr erachteten Information herausgerückt, sondern hat aus Angst vor einer Bestrafung durch die Gendarmerie eine Aussage gemacht, ohne eigentlich über den erforderlichen Kenntnisstand zu verfügen. Das Bundesamt gibt die diesbezügliche Protokollstelle in der angefochtenen Verfügung nicht richtig wieder. Abgesehen davon blendet es die zusätzliche Aussage des Beschwerdeführers aus, wonach die Dorfschützer es gewesen seien, die gesagt hätten, er halte sich in den Bergen auf (act. A12/12, S. 12).

6.
Nach dem Gesagten lässt sich zusammenfassend festhalten, dass das Bundesamt im Rahmen der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft Bundesrecht verletzt hat, indem es insbesondere die Bestimmungen von Art. 3, Art. 7 und Art. 54 AsylG unrichtig angewandt hat. Von einem reformatorischen Entscheid durch das urteilende Gericht nach allfälliger Vornahme weiterer Sachverhaltsabklärungen oder von einem weiteren Schriftenwechsel ist abzusehen, weil Rechtsfragen grundsätzlicher Natur betroffen sind. Dem Beschwerdeführer soll angesichts der fallspezifischen Umstände im Falle einer Bestätigung der Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder der Ablehnung des Asylgesuchs ein ungeschmälerter Rechtsschutz ohne Instanzenverlust und mit Zugriff auf die ordentliche Beschwerdefrist von 30 Tagen (Art. 108 Abs. 1 AsylG) zustehen. Die angefochtene Verfügung ist deshalb vollumfänglich aufzuheben, und die Sache ist mit der Weisung an das BFM zurückzuweisen (Art. 37 VGG i.V.m. Art. 61 Abs. 1 VwVG), das Asylgesuch des Beschwerdeführers unter Zugrundlegung einer Ausreise aus dem Heimatstaat im November 2000 und einer Aktivität als Kämpfer im Rückzugsgebiet der PKK beziehungsweise des Kongra-Gel in den Kandil-Bergen (Nordirak) zwischen Januar 2001 und September 2004 im Sinne der vorstehenden Erwägungen (E. 4 und 5) nochmals zu prüfen.

7.
7.1 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit im Nachgang zu dieser (vgl. Replik vom 1. Februar 2005, S. 2) die Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 9. November 2004 und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung beantragt wurde. Damit ist mit Blick auf die Kostenliquidation von einem vollständigen Obsiegen des Beschwerdeführers auszugehen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind weder dem Beschwerdeführer (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG), dem keine Verletzung von Verfahrenspflichten vorzuwerfen ist (vgl. Art. 63 Abs. 3 VwVG), noch der unterliegenden Vorinstanz (vgl. Art. 63 Abs. 2 VwVG) Kosten aufzuerlegen. Das Gesuch um Gewährung der vollständigen unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG ist unter diesen Umständen als gegenstandslos geworden zu betrachten.

7.2 Dem Beschwerdeführer ist - als vollständig obsiegender Partei - für die ihm im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Kosten eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21. Februar 2008 [VGKE, SR 173.320.2]). Sein vormaliger Rechtsvertreter hatte bei der ARK zusammen mit der Replik vom 1. Februar 2005 eine am nämlichen Tag erstellte Honorarnote eingereicht. Darin wird der erforderliche Zeitaufwand bei einem Stundenansatz von Fr. 190.-- auf insgesamt 8.20 veranschlagt. Dieser Aufwand erscheint dem Umfang und der Komplexität der Streitsache angemessen. Auch die ausgewiesenen Auslagen (Porti, Kopien/Spesen) in der Höhe von insgesamt Fr. 41.60 können als verhältnismässig bezeichnet werden und rechtfertigen mithin eine volle Entschädigung (Art. 9 Abs. 1 Bst. b und Art. 11 Abs. 2 VGKE). Zusätzlich sind die Leistungen der rubrizierten Rechtsvertretung zu entschädigen, welche nach der Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer am 31. Januar 2006 erbracht wurden. Diesbezüglich fehlt eine detaillierte Kostennote in den Akten. Auf die Einforderung einer solchen ist indes zu verzichten, zumal sich der notwendige Zeitaufwand (Art. 10 Abs. 1 VGKE) mit hinreichender Genauigkeit abschätzen lässt und dafür auf der Grundlage des für nichtanwaltliche Vertretungen geltenden Stundenansatzes (Art. 10 Abs. 2 VGKE) ein Entschädigungsbetrag von Fr. 150.-- festzusetzen ist (Eingaben vom 31. Januar 2006 und vom 27. August 2007). Neben den Kosten der Vertretung macht der Beschwerdeführer keine weiteren notwendigen Auslagen geltend (Art. 8 VGKE). Die ihm vom BFM geschuldete Parteientschädigung ist alsdann auf insgesamt Fr. 1'900.-- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.
Die Verfügung des BFF vom 9. November 2004 wird aufgehoben und die Sache wird zur Neubeurteilung an das BFM im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Das BFM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'900.-- auszurichten.

5.
Dieses Urteil geht an:
die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers (Einschreiben)
das BFM, Abteilung Asylverfahren I, mit den Akten Ref.-Nr. N (...) (per Kurier; in Kopie)
(...)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Walter Lang Martin Maeder

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