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Abteilung IV

D-3689/2016

 

 

 

 

 

Urteil vom 13. Dezember 2017

Besetzung

 

Richterin Mia Fuchs (Vorsitz),

Richter Bendicht Tellenbach,

Richterin Claudia Cotting-Schalch;  

Gerichtsschreiberin Simona Risi.

 

 

 

Parteien

 

A._______, geboren am (...),

Irak,  

vertreten durch Beat Zürcher, Fürsprecher,

Beschwerdeführer,

 

 

 

gegen

 

 

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

 

 

 

Gegenstand

 

Unentgeltliche Rechtspflege im Verwaltungsverfahren;

Verfügung des SEM vom 31. Mai 2016 / N (...).

 

 

 


Sachverhalt:

A. 
Am 20. November 2001 gewährte das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (heute: SEM) dem Beschwerdeführer in der Schweiz Asyl (vgl. die Vorakten [nachfolgend: Vi-act.] A37/2).

B. 
Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 teilte das SEM dem Beschwerdeführer mit, es sei vom Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons B._______ darauf aufmerksam gemacht worden, dass er sich im Jahr 2015 auf der irakischen Botschaft in C._______ eine Geburtsurkunde habe ausstellen lassen. Eine als Flüchtling anerkannte Person, die sich vom Verfolgerstaat Dokumente ausstellen lasse, zeige mit diesem Verhalten, dass sie bereit sei, sich wieder unter den Schutz dieses Staates zu stellen. Gestützt auf Art. 1 Bst. C Ziff. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG (SR 142.31) werde das Asyl widerrufen oder die Flüchtlingseigenschaft aberkannt, wenn sich eine Person freiwillig wieder unter den Schutz des Landes gestellt habe, dessen Staatsangehörigkeit sie besitze. Zur beabsichtigten Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft und dem Widerruf des Asyls wurde dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör gewährt (Vi-act. B3/3).

C. 
Am 30. März 2016 zeigte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sein Mandat an und ersuchte um Einsicht in die Akten (Vi-act. B12/2). Am 1. April 2016 reichte er ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt acht Beilagen zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers ein (Vi-act. B16/4). Mit Eingabe vom 22. April 2016 nahm der Rechtsvertreter innert erstreckter Frist zum angekündigten Vorgehen des SEM Stellung (Vi-act. B18/5).

D. 
Mit Verfügung vom 31. Mai 2016 stellte das SEM das Verfahren betreffend Widerruf des Asyls ein und hielt fest, der Beschwerdeführer bleibe als Flüchtling anerkannt (Dispositivziffern 1 und 2). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege lehnte es ab (Dispositivziffer 3; Vi-act. B21/2).

E. 
Der Beschwerdeführer beantragte dem Bundesverwaltungsgericht mit Eingabe vom 13. Juni 2016 die Aufhebung von Dispositivziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung in der Person seines Rechtsvertreters für das vorinstanzliche Verfahren samt gerichtlicher Festsetzung des amtlichen Honorars, eventualiter unter Rückweisung der Sache zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch die Vorinstanz. Im Übrigen beantragte er die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung für das gerichtliche Verfahren (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [nachfolgend: BVGer-act.] 1).

F. 
Mit Verfügung vom 10. März 2017 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung gemäss Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG unter Einsetzung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers als amtlichen Rechtsbeistand gut und lud die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung ein (BVGer-act. 3).

G. 
Das SEM teilte mit Stellungnahme vom 16. März 2017 - die dem Beschwerdeführer am 26. Oktober 2017 zur Kenntnis gebracht wurde - mit, die Beschwerdeschrift enthalte keine neuen erheblichen Tatsachen und Beweismittel, die eine Änderung seines Standpunktes rechtfertigen könnten (BVGer-act. 4, 5).

 

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.   

1.1  Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - und auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG, vgl. für den vorliegenden Fall auch Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 11 E. 1a).

1.2  Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

1.3  Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren (teilweiser) Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf diese ist einzutreten.

2. 
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG und im Übrigen nach Art. 49 VwVG.

3.   

Vorliegend zu beurteilen ist, ob das SEM dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren betreffend Asylwiderruf zu Recht verweigert hat.

3.1  Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird in erster Linie durch das anwendbare Verfahrensrecht geregelt. Unabhängig davon besteht ein solcher Anspruch unmittelbar gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV (BGE 128 I 225 E. 2.3). Danach hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird die unentgeltliche Rechtspflege in Art. 110a AsylG und Art. 65 VwVG konkretisiert. Dagegen fehlt für das erstinstanzliche Asylverfahren als nichtstreitiges Verwaltungsverfahren eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung.

 

Mit EMARK 2001 Nr. 11 erkannte die vormalige Schweizerische Asylrekurskommission, dass bei zeitgemässem Verständnis aus verfassungsrechtlicher Sicht bei gegebenen Voraussetzungen auch das erstinstanzliche Asylverfahren der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung offenstehe (vgl. dort E. 4 S. 80-84, insb. E. 4b/bb, und bereits EMARK 1998 Nr. 13 E. 4b/dd). Ebenso anerkennt die bundesgerichtliche Praxis einen entsprechenden Anspruch unabhängig von der Rechtsnatur der Entscheidungsgrundlagen für jedes staatliche Verfahren, in das eine Person einbezogen wird oder das zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (vgl. BGE 130 I 180 E. 2.2; 128 I 225 E. 2.3; 125 V 32 E. 4a). In diesem Sinne wird auch in der Lehre die Ansicht vertreten, dass es sich bei der unentgeltlichen Rechtspflege um einen verfassungsrechtlichen Anspruch handle (Art. 29 Abs. 3 BV), der für jedes staatliche Verfahren gelte (Marcel Maillard, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016,
Art. 65 N 4). Entgegen seiner ursprünglichen Einordnung im Abschnitt über das Beschwerdeverfahren gelte Art. 65 VwVG heute nicht nur für streitige, sondern auch nichtstreitige Verwaltungsverfahren (Martin Kayser, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum VwVG, 2008, N 2 zu Art. 65 VwVG). Ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung besteht demnach auch im erstinstanzlichen Asylverfahren.

 

3.2   

3.2.1  Mit seiner Eingabe vom 1. April 2016 beantragte der Beschwerdeführer dem SEM, es sei ihm rückwirkend ab dem Datum der Mandatierung seines Rechtsvertreters (30. März 2016) die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen (Vi-act. B16/4). Zur Begründung führte er insbesondere aus, sein Begehren - der Verzicht auf den Widerruf des Asyls - sei nicht von vornherein aussichtslos. Zudem sei er selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass seit seiner Heirat nunmehr auch seine Ehefrau im selben Haushalt lebe, nicht in der Lage, die Verfahrenskosten ohne Beschränkung des lebensnotwendigen Unterhalts zu bestreiten. Sein Einkommen bestehe aus dem Bezug von Ergänzungsleistungen im Betrag von Fr. 2'981.- pro Monat. Diesem Einkommen stehe ein Bedarf von Fr. 3'485.- gegenüber (vgl. Vi-act. B16/4, S. 3). Seine Ehefrau erziele derzeit ebenfalls noch kein Erwerbseinkommen. Über Vermögen verfüge er nicht. Im Übrigen brachte der Beschwerdeführer vor, er sei rechtsunkundig und der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, um sich mit den sich stellenden Fragen auseinanderzusetzen und eine Stellungnahme zum angekündigten Asylwiderruf selbst auszuarbeiten. Deshalb sei er auf anwaltlichen Beistand angewiesen.

3.2.2  Mit Eingabe vom 22. April 2016 äusserte sich der Beschwerdeführer zum vom SEM beabsichtigten Asylwiderruf gestützt auf Art. 1 Bst. C Ziff. 1 FK und Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG (vgl. Vi-act. B3/3) materiell dahingehend, dass er sich tatsächlich in D._______ einen Geburtsschein habe ausstellen lassen. Er habe in D._______ heiraten wollen und zu diesem Zweck versucht, seine in den Akten des SEM liegende Geburtsurkunde erhältlich zu machen. Das SEM habe ihm aber lediglich eine beglaubigte Kopie ausgehändigt. Da dies für die Vornahme der Trauung nach Auskunft der Behörden von D._______ nicht ausgereicht habe, habe seine Frau unter Vorlage seines Flüchtlingsausweises und der beglaubigten Kopie der Identitätskarte bei der irakischen Botschaft in C._______ einen Geburtsschein bezogen. Trete ein Flüchtling aus beachtlichen Gründen mit den heimatlichen Behörden in Kontakt, müsse dies ohne Nachteile für seine Flüchtlingseigenschaft sein. Mit dem Flüchtlingsstatus vereinbar seien beispielsweise das Anfordern eines Ehefähigkeitszeugnisses, die Beschaffung eines Führerausweises oder eine kurze Heimatreise zwecks Besuchs eines todkranken Elternteils (vgl. EMARK 1993 Nr. 22 E. 4a, 1998/29 E. 3b). Die Beschaffung eines aktuellen Geburtsscheins, damit die Ehe geschlossen werden könne, stelle einen achtbaren Grund dar, zumal er den Kontakt zur irakischen Botschaft nicht freiwillig hergestellt habe, sich nicht unter den Schutz seines Heimatstaats habe stellen wollen und die Dokumente zu nichts anderem als zur Eheschliessung verwendet habe.

3.2.3  In der Einstellungsverfügung vom 31. Mai 2016 hielt das SEM fest, es sei aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers vom 22. April 2016 zum Schluss gelangt, dass die Voraussetzungen für einen Asylwiderruf nicht gegeben seien. Betreffend das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege führte es aus, die Notwendigkeit eines anwaltlichen Vertreters sei dann gegeben, wenn sich in einem Verfahren erhebliche Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht ergeben würden, die die asylsuchende Person nicht selber zu lösen vermöge (vgl. EMARK 2000 Nr. 6 E. 10), wobei sich im Asylverfahren vor dem SEM ein Rechtsbeistand durch eine professionelle Rechtsvertretung in aller Regel nicht als notwendig erweise (vgl. EMARK 2001 Nr. 11 E. 5 f.). Die Einwände gegen das beabsichtigte Asylwiderrufsverfahren seien zwar nicht als aussichtslos zu bezeichnen gewesen. Die Bedürftigkeit sei mangels entsprechender Bestätigung der Fürsorgebehörde jedoch nicht vollumfänglich nachgewiesen. Zudem hätten sich im Verfahren keine komplexen Sach- oder Rechtsfragen gestellt, die eine anwaltliche Vertretung notwendig erscheinen liessen. Die kumulativen Voraussetzungen zur amtlichen Beiordnung eines Rechtsbeistands seien somit nicht erfüllt. Das SEM wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege daher ab. Verfahrenskosten wurden dem Beschwerdeführer keine auferlegt.

3.2.4  In der Beschwerde wird den Ausführungen der Vorinstanz insbesondere entgegen gehalten, der Beschwerdeführer sei nicht fürsorgeabhängig, weshalb er - selbst wenn ihm das SEM, wozu es gehalten gewesen wäre, eine Frist zum Beweis der Fürsorgeabhängigkeit angesetzt hätte -einen entsprechenden Nachweis nicht hätte erbringen können. Seit 2007 erhalte er Ergänzungsleistungen und bestreite damit seinen Lebensunterhalt (BVGer-act. 1, S. 5 f.). Betreffend die durch das SEM verneinte Notwendigkeit der Verbeiständung führte der Beschwerdeführer aus, die Vorinstanz hätte sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vom 1. April 2016, wenn es die Komplexität des Falls infrage gestellt hätte, vor Erlass der angefochtenen Verfügung zeitgerecht und sachlich begründet abweisen und damit weiterem anwaltlichem Aufwand den Riegel schieben können. Zur Erkenntnis, dass der Fall angeblich weder in tatbeständlicher noch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten biete, sei das SEM aber offenbar erst im Zeitpunkt des Erlasses des Endentscheids gekommen. In diesem habe es aber zur Begründung ausdrücklich auf die Ausführungen in der Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 22. April 2016 verwiesen; mithin sei der Beizug eines Rechtsbeistands offensichtlich doch nötig gewesen. Sodann stelle der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft einen besonders starken Eingriff in die Rechtsposition der betroffenen Person dar, womit die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung grundsätzlich geboten sei. Im Übrigen wäre es unabhängig davon, ob die rechtlichen Schwierigkeiten im vorinstanzlichen Verfahren komplex gewesen seien oder nicht, wohl selbst für jemanden, der der deutschen Sprache uneingeschränkt mächtig und körperlich sowie geistig fit sei, nicht einfach gewesen, den Zugang zu den vorliegend relevanten rechtlichen Grundlagen und der einschlägigen Rechtsprechung zu finden und diese im Lichte des konkreten Problems zu würdigen. Er sei psychisch beeinträchtigt, daher beruflich und sozial nicht integriert und verfüge infolgedessen nur über mangelhafte Kenntnisse der Landessprachen; zudem sei er rechtsunkundig. Es wäre ihm mithin nicht möglich gewesen, sich im Verfahren alleine zurecht zu finden und eigenständig eine Stellungnahme zu verfassen (BVGer-act. 1, S. 6 ff.).

3.3  Mit der hier (teilweise) angefochtenen Einstellungsverfügung wurde dem Begehren des Beschwerdeführers, vom Widerruf des Asyls und der Flüchtlingseigenschaft abzusehen, entsprochen. Damit ist von einem vollumfänglichen Obsiegen im vorinstanzlichen Verfahren auszugehen. Da dem nichtstreitigen Asylverfahren das Institut der Parteientschädigung bei Obsiegen nicht bekannt ist und sich eine solche auch nicht auf (den lediglich im Beschwerdeverfahren anwendbaren) Art. 64 VwVG abstützen lässt (vgl. in Bezug auf das Asylverfahren EMARK 2001 Nr. 11 E. 6b/dd; vgl. allgemein zur Pflicht zur Entrichtung einer Parteientschädigung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren des Bundes BGE 132 II 47 E. 5.2; auch Marantelli/Huber, Praxiskommentar VwVG, a.a.O., Art. 6 N 45), hat das SEM das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung richtigerweise als solches, mithin gemäss den Kriterien von Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG respektive Art. 29 Abs. 3 BV, geprüft.

3.3.1  Zu Recht ging das SEM davon aus, dass die durch den Beschwerdeführer gestellten Rechtsbegehren zum Zeitpunkt der Gesuchstellung nicht aussichtslos waren. Hingegen griff der Schluss, mangels Vorliegens einer Fürsorgebestätigung sei die finanzielle Bedürftigkeit nicht erstellt, zu kurz. Finanziell bedürftig im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG respektive Art. 29 Abs. 3 BV ist, wer zur Deckung der Gerichts- und Parteikosten jene Mittel angreifen müsste, die er zur Deckung des Grundbedarfs für sich und seine Familie benötigt (BGE 125 IV 161 E. 4a). Bei zusammenlebenden Ehegatten wird für die Beurteilung der Mittellosigkeit eines Ehegatten das Einkommen beider Ehegatten dem Bedarf der Familie gegenübergestellt und das Vermögen beider Ehegatten berücksichtigt. Aufgrund der eingereichten Unterlagen (vgl. Beilagen zu Vi-act. B16/4, insb. Leistungsausweis 2015 der Ausgleichskasse des Kantons B._______, Steuererklärung 2015, Steuerveranlagung 2014, Mietvertrag, Krankenversicherungspolice, Kontoauszug vom 31. Dezember 2015) ist hinreichend belegt, dass die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau im Zeitpunkt der Stellung des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung und im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids eine monatliche Unterdeckung ergab. Die finanzielle Bedürftigkeit ist damit erstellt.

3.3.2  Zu prüfen bleibt die Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren. Diese ist nicht bereits aufgrund des Umstands zu verneinen, dass das vorinstanzliche Verfahren vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht ist (vgl. EMARK 2000 Nr. 6 E. 10, ebenso BGE 125 V 32 E. 4b). Die bedürftige Partei hat Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 mit Verweis auf BGE 128 I 225 E. 2.5.2 und 125 V 32 E. 4b). Ob die anwaltliche Verbeiständung notwendig ist, beurteilt sich nach den konkreten objektiven und subjektiven Umständen. Es ist im Einzelfall zu fragen, ob eine nicht bedürftige Partei unter sonst gleichen Umständen vernünftigerweise eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beiziehen würde, weil sie selber zu wenig rechtskundig ist und das Interesse am Prozessausgang den Aufwand rechtfertigt (vgl. das Urteil des BGer 9C_606/2013  vom 6. März 2014 E. 2.2.1). In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Bundesgericht insbesondere das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung der betroffenen Person sowie die Schwere und Komplexität des Falles (BGE 123 I 145 E. 2b/cc).

Für das Verfahren betreffend Gewährung von Asyl hielt die Asylrekurskommission in EMARK 2001 Nr. 11 fest, das Kriterium der erheblichen Tragweite des Verfahrens für die gesuchstellende Partei sei im erstinstanzlichen Asylverfahren in aller Regel erfüllt. Im Gegensatz dazu werde das weitere Erfordernis komplexer Sach- oder Rechtsfragen nur äusserst selten erfüllt sein (vgl. dort E. 6c, ebenso EMARK 2004 Nr. 9 E. 3a und b). Ein subjektives Zurückbleiben der Partei hinter dem "durchschnittlichen Bewerber" gelte in aller Regel als durch die spezifischen Eigenheiten des Asylverfahrens - wie etwa das Institut der Hilfswerkvertretung, den amtlich bestellten Dolmetscher oder die Existenz von weitgehend unentgeltlich arbeitenden Beratungsstellen - aufgefangen (vgl. EMARK 2001 Nr. 11
E. 6b/bb). Diese Praxis, wonach die unentgeltliche Verbeiständung im erstinstanzlichen Asylverfahren nicht ausgeschlossen, allerdings die Notwendigkeit der Vertretung nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen zu bejahen ist, wurde vom Bundesverwaltungsgericht fortgeführt (vgl. Urteile des BVGer D-4986/2006 vom 14. Juli 2010 E. 4.2 f., D-6652/2010 vom 2. November 2010 E. 4.1 f., D-964/2013 vom 27. Februar 2014 E. 3).

Vorliegend zu berücksichtigen ist, dass es sich beim vorinstanzlichen Verfahren nicht um ein Standardverfahren betreffend die Gewährung von Asyl handelte, bei dem der Beschwerdeführer seitens des SEM in Anwesenheit einer Hilfswerkvertretung mündlich angehört worden wäre, sondern um ein Verfahren betreffend den (beabsichtigten) Widerruf der Flüchtlingseigenschaft und des Asyls, bei dem ihm einzig das rechtliche Gehör schriftlich gewährt wurde. Mit der potenziellen Aufhebung des zuvor gewährten Asyls stand für den Beschwerdeführer eine bedeutende Rechtsposition auf dem Spiel. Aus dem Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ergibt sich zudem, dass er beruflich nicht integriert und rechtsunkundig ist. Im Beschwerdeverfahren wurde ausserdem präzisiert, er leide an einer psychischen Beeinträchtigung und sei auch sozial nur mangelhaft integriert. Aufgrund der Ankündigung des SEM vom 2. Februar 2016 musste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass ihm infolge seiner Kontaktaufnahme mit den heimatlichen Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und das Asyl widerrufen würde. Nachdem zur Begründung des Einstellungsentscheids vollumfänglich auf die Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 22. April 2016 abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass diese für den Ausgang des Verfahrens ausschlaggebend war. Dass es dem Beschwerdeführer gelungen wäre, den Sachverhalt ebenso verständlich darzustellen und zu erklären sowie die einschlägige Rechtsprechung zu eruieren, ist nicht anzunehmen. Ebenfalls ist nicht davon auszugehen, dass das SEM das Verfahren auch ohne eine entsprechende Stellungnahme eingestellt hätte. Die anwaltliche Vertretung des Beschwerdeführers hat sich damit als notwendig erwiesen.

3.3.3  Zusammenfassend waren die Voraussetzungen zur Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Zeitpunkt der Gesuchstellung respektive des Erlasses der angefochtenen Verfügung gegeben.

4. 
Gestützt auf die vorangehenden Erwägungen ist festzuhalten, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen. Dispositivziffer 3 der angefochtenen Verfügung ist aufzuheben und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung in der Person des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers gutzuheissen.

Mit der Beschwerde reichte der Rechtsvertreter eine Kostennote betreffend das vorinstanzliche Verfahren ein (Beilage 12 zu BVGer-act. 1). Demnach wandte er seit dem 30. März 2016  für Besprechungen mit dem Beschwerdeführer und Eingaben an das SEM  sowie den kantonalen Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst 13.5 Stunden auf. Der geltend gemachte Stundenansatz liegt bei Fr. 250.-. Zusätzlich werden Auslagen in der Höhe von Fr. 72.70 aufgeführt. Dieser Aufwand erscheint als überhöht, weshalb er zu kürzen ist. Für das vorinstanzliche Verfahren ist unter Berücksichtigung der Länge und Komplexität der Eingaben von einem notwendigen Aufwand von 10 Stunden auszugehen. Der in der Kostennote zur Anwendung gebrachte Stundenansatz ist im Rahmen des amtlichen Honorars ebenfalls zu kürzen. Bei amtlicher Rechtsvertretung nach Art. 110a AsylG wird für anwaltliche Vertreterinnen und Vertreter praxisgemäss von einem Stundenansatz von Fr. 200.- bis Fr. 220.- ausgegangen (vgl. Art. 12 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Es rechtfertigt sich, diese Praxis auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Demnach ist das SEM anzuweisen, dem amtlichen Rechtsvertreter für das      vorinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'238.50 inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer auszurichten.

5.   

5.1  Bei diesem Verfahrensausgang sind für das Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

5.2  Dem obsiegenden Beschwerdeführer ist für die ihm erwachsenen notwendigen Kosten eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 7 Abs. 1 VGKE). Gemäss der eingereichten Kostennote (Beilage 14 zu BVGer-act. 1) beliefen sich die Bemühungen seines Rechtsvertreters im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren auf 14.25 Stunden. Zusätzlich werden Auslagen in der Höhe von Fr. 89.80 geltend gemacht. Auch dieser Aufwand erscheint überhöht. Das Gericht geht von einem notwendigen Aufwand von 8 Stunden aus, wobei aufgrund des Obsiegens der geforderte Stundenansatz von Fr. 250.- zu vergüten ist. Dem Beschwerdeführer ist daher durch das SEM eine Parteientschädigung von Fr. 2'255.95 inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer auszurichten.

 

(Dispositiv nächste Seite)


Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositivziffer 3 der angefochtenen Verfügung wird aufgehoben, das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung in der Person des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, Fürsprecher Beat Zürcher, gutgeheissen und das SEM angewiesen, dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'238.50 auszurichten.

2. 
Für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3. 
Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'255.95 auszurichten.

4. 
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer und das SEM.

 

Die vorsitzende Richterin:

Die Gerichtsschreiberin:

 

 

Mia Fuchs

Simona Risi

 

 

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