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Abteilung IV

D-3136/2022

 

 

 

 

 

Urteil vom 22. August 2022

Besetzung

 

Einzelrichterin Jeannine Scherrer-Bänziger,

mit Zustimmung von Richter David R. Wenger;

Gerichtsschreiber Matthias Schmutz.

 

 

 

Parteien

 

A._______, geboren am (...),

Usbekistan, 

Beschwerdeführer,

 

 

 

gegen

 

 

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

 

 

 

Gegenstand

 

Verweigerung vorübergehender Schutz;

Verfügung des SEM vom 15. Juni 2022 / N (...).

 

 

 


Sachverhalt:

A.   

A.a  Der Beschwerdeführer reiste am (...) in die Schweiz ein und stellte am (...) im Bundesasylzentrum (BAZ) der Region (...) ein Gesuch um Gewährung vorübergehenden Schutzes.

A.b  Am 25. Mai 2022 fand die mündliche Kurzbefragung durch das SEM statt.

Dabei gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus (...), Usbekistan. Aus beruflichen Gründen sei er im (...) nach (...), Ukraine, gezogen. Er besitze eine befristete Aufenthaltsbewilligung für die Ukraine. Seine Ehefrau und seine (...) erwachsenen Kinder seien in Usbekistan geblieben und lebten mit seiner Mutter in seinem Haus. Seit einem Jahr sei er mit einer ukrainischen Staatsangehörigen zusammen; sie seien gute Freunde. Seine Freundin habe in einem ungefähr 40 km entfernten Vorort von (...) gelebt, wo er sie jeweils über das Wochenende besucht habe. Aufgrund des Krieges sei er zusammen mit seiner Freundin geflohen. Er habe in Usbekistan nie Probleme gehabt und habe keine Einwände, dort zu leben. Allerdings sei seine Freundin (...) und benötige seine Unterstützung, weshalb er mit ihr in die Schweiz gekommen sei.

Der Beschwerdeführer reichte seinen usbekischen Reisepass (gültig von [...] bis [...]) und seine befristete Aufenthaltsbewilligung für die Ukraine (gültig bis [...]) zu den Akten.

B. 
Mit Verfügung vom 15. Juni 2022 - eröffnet am 17. Juni 2022 - lehnte das SEM das Gesuch um vorübergehenden Schutz ab, verfügte die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz und ordnete den Wegweisungsvollzug an.

C. 
Mit Eingabe vom 18. Juli 2022 erhob der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen diese Verfügung und beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und ihm sei vorübergehender Schutz zu gewähren. Eventualiter sei er unter Feststellung der Unzulässigkeit und Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig in der Schweiz aufzunehmen. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung samt Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und um Einsetzung eines amtlichen Rechtsvertreters.

Der Beschwerde waren die angefochtene Verfügung, eine Kurzbeurteilung des (...) vom (...), diverse Fotos und eine Bestätigung des (...) für den Bezug von Unterstützungsleistungen vom (...) beigelegt.

D. 
Die vorinstanzlichen Akten lagen dem Bundesverwaltungsgericht am 19. Juli 2022 in elektronischer Form vor.

E.   

Am 19. Juli 2022 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.

 

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.   

1.1  Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - wie auch vorliegend - endgültig (Art. 72 i.V.m. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

1.2  Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

1.3  Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 72 i.V.m. 105 und Art. 108 Abs. 6 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG).

1.4  Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. 
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.   

Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 72 i.V.m. Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachfolgend aufgezeigt, handelt es sich um eine solche, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 72 i.V.m. Art. 111a Abs. 2 AsylG).

Gestützt auf Art. 72 i.V.m. Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

4.   

4.1  Gestützt auf Art. 4 AsylG kann die Schweiz Schutzbedürftigen für die Dauer einer schweren allgemeinen Gefährdung, insbesondere während eines Krieges oder Bürgerkrieges sowie in Situationen allgemeiner Gewalt, vorübergehenden Schutz gewähren. Der Bundesrat entscheidet, ob und nach welchen Kriterien Gruppen von Schutzbedürftigen vorübergehender Schutz gewährt wird (Art. 66 Abs. 1 AsylG).

4.2  Am 11. März 2022 hat der Bundesrat gestützt auf Art. 66 Abs. 1 AsylG eine Allgemeinverfügung zur Gewährung des vorübergehenden Schutzes im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine erlassen (BBI 2022 586). Gemäss Ziff. I der Allgemeinverfügung gilt der Schutzstatus S für folgende Personenkategorien:

a)schutzsuchende ukrainische Staatsbürgerinnen und -bürger und ihre Familienangehörige (Partnerinnen und Partner, minderjährige Kinder und andere enge Verwandte, welche zum Zeitpunkt der Flucht ganz oder teilweise unterstützt wurden), welche vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine wohnhaft waren;

b)schutzsuchenden Personen anderer Nationalitäten und Staatenlosen gemäss Definition in Buchstabe a, welche vor dem 24. Februar 2022 einen internationalen oder nationalen Schutzstatus in der Ukraine hatten;

c)Schutzsuchenden anderer Nationalität und Staatenlosen sowie ihren Familienangehörigen gemäss Definition in Buchstabe a, welche mit einer gültigen Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung belegen können, dass sie über eine gültige Aufenthaltsberechtigung in der Ukraine verfügen und nicht in Sicherheit und dauerhaft in ihre Heimatländer zurückkehren können.

5.   

5.1  Das SEM führte zur Begründung des verweigerten vorübergehenden Schutzes aus, der Beschwerdeführer gehöre nicht zu der vom Bundesrat definierten Gruppe der schutzberechtigten Personen. Den Akten liessen sich keine Vorbringen entnehmen, die gegen eine sichere und dauerhafte Rückkehr des Beschwerdeführers nach Usbekistan sprechen würden. Seine ukrainische Bekannte würde er zudem erst seit einem Jahr kennen und es sei nicht ersichtlich, inwiefern seine Anwesenheit in der Schweiz für sie notwendig sei. Ihr sei vorübergehender Schutz gewährt worden, weshalb sie Zugang zu finanzieller Unterstützung und medizinischer Betreuung durch die schweizerischen Behörden habe.

5.2  Der Beschwerdeführer entgegnete in der Rechtsmittelschrift, als Partner einer ukrainischen Staatsbürgerin gehöre er zu der vom Bundesrat definierten Gruppe der schutzberechtigten Personen, weshalb er Anrecht auf Gewährung vorübergehenden Schutzes habe. Er führe zu seiner Freundin eine gefestigte Beziehung im Sinne eines Konkubinats. Er habe sie vor ungefähr einem Jahr kennengelernt, als er öfters (...) habe. Bei diesen Gelegenheiten hätten sie sich ineinander verliebt. Da seine Partnerin auf Hilfe angewiesen sei, habe sie bei ihren Eltern gewohnt. Er habe sie dort in seiner Freizeit und an den Wochenenden jeweils besucht. Seit sie am (...) nach (...) geflohen seien, könnten sie ihre Beziehung freier gestalten. In der Ukraine sei dies schwierig gewesen. Sie hätten in der Ukraine zusammenziehen wollen, jedoch sei dann der Krieg ausgebrochen.

Er habe sich nicht getraut, ihre Beziehung anlässlich der Kurzbefragung entsprechend auszuführen, weil ihm die Frage als Verheirateter unangenehm gewesen sei. Zudem habe er sich vor den anwesenden jüngeren Frauen geschämt.

Er macht weiter geltend, er müsse bei seiner Partnerin in der Schweiz bleiben, weil sie seine Unterstützung brauche. Sie sei (...) und habe (...). Es sei noch keine Gemeinde gefunden worden, welche bereit sei, sie aufzunehmen und ihre benötigte Vollzeitpflege zu übernehmen. Aus diesem Grund würden sie immer noch im (...) wohnen.

6.   

6.1  Zunächst ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht über einen Schutzstatus in der Ukraine verfügt, womit die Anwendung von Buchstabe b der Allgemeinverfügung vom 11. März 2022 (vgl. E. 4.2 hievor) ausser Betracht fällt. Ferner ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer nicht in Sicherheit und nicht dauerhaft nach Usbekistan zurückkehren könnte (vgl. act. SEM 1170314-4/6, F27 ff.). Somit ist auch die Anwendung von Buchstabe c der Allgemeinverfügung ausgeschlossen.

6.2  Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe als Partner der schutzsuchenden ukrainischen Staatsbürgerin B._______ (N [...]) Anrecht auf vorübergehenden Schutz gemäss Buchstabe a der Allgemeinverfügung, ist Folgendes festzuhalten:

Selbst wenn der Beschwerdeführer tatsächlich wie dargelegt eine Beziehung mit B._______ führen sollte, erreicht die geschilderte Beziehung die Schwelle einer Partnerschaft im Sinne von Buchstabe a der Allgemeinverfügung nicht. Der Beschwerdeführer und B._______ kennen sich den Angaben zufolge erst seit einem Jahr und haben vor ihrer Ausreise aus der Ukraine nicht gemeinsam gewohnt (vgl. Beschwerde, Ziff. II). Es handelt sich folglich um eine noch kurze und kaum gefestigte Beziehung. Dazu kommt der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Usbekistan eine Ehefrau und (...) (erwachsene) Kinder hat. Trotz seiner beruflichen Tätigkeiten im Ausland ist davon auszugehen, dass seine Familie in Usbekistan insofern intakt ist, als seine Ehefrau und die (...) Kinder mit seiner Mutter in seinem Haus leben und er für deren Lebenskosten aufkommt (vgl. act. SEM 1170314-4/6, F17 ff.). Aus den Aussagen des Beschwerdeführers      oder den Akten ist sodann nicht ersichtlich, dass er planen würde, sich von seiner Ehefrau scheiden zu lassen. Es ist demnach nicht davon auszugehen, dass es sich bei der geltend gemachten Beziehung mit B._______ um eine ernsthafte und auf Dauer ausgelegte Partnerschaft handelt. Auch weitere Kriterien für eine ernsthafte Partnerschaft wie wirtschaftliche Verflechtung, (auf Dauer angelegte) Übernahme wechselseitiger Verantwortung und gegenseitige Bindung durch gemeinsame Interessen erfüllt die geschilderte Beziehung nicht.

Die eingereichten Beweismittel sind nicht geeignet, zu einer anderen Einschätzung zu führen. Weder die Fotos noch das Schreiben des Leiters (...) bescheinigen der Beziehung eine grössere Bedeutung.

Nach dem Gesagten ist der Beschwerdeführer kein Angehöriger von B._______ im Sinne von Buchstabe a der obgenannten (vgl. E. 4.2) Allgemeinverfügung. Es fehlt damit an einer wesentlichen Voraussetzung für die Gewährung vorübergehenden Schutzes. Daran vermag auch das Vorbringen, B._______ sei auf die Unterstützung des Beschwerdeführers angewiesen, nichts zu ändern. Erstens ist das Vorbringen nicht geeignet, eine Partnerschaft zu begründen und zweitens hat die Vorinstanz zu Recht festgehalten, dass B._______ Anspruch auf Unterstützung durch die schweizerischen Behörden hat.

6.3  Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Gewährung des vorübergehenden Schutzes offensichtlich nicht erfüllt und das SEM das entsprechende Gesuch zu Recht abgelehnt hat.

7.   

Die Ablehnung des Gesuchs um Gewährung des vorübergehenden Schutzes hat in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge. Da dem Beschwerdeführer vorliegend keine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.), steht die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und wurde demnach von der Vorinstanz ebenfalls zu Recht angeordnet.

8.   

8.1  Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 83 Abs. 1 AIG [SR 142.20]; vgl. Urteil des BVGer D-2832/2022 vom 7. Juli 2022).

8.2  Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).

8.3   

8.3.1  Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).

8.3.2  Der Beschwerdeführer hat in der Schweiz kein Asylgesuch gestellt und auch den Akten sind keine Hinweise auf eine Verletzung des flüchtlingsrechtlichen Refoulement-Verbots (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]) zu entnehmen. Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, §§ 124-127 m.w.H.). Eine solche Gefahr ist aus den Akten auch nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. Weiter kann der Beschwerdeführer auch aus Art. 8 EMRK nichts zu seinen Gunsten ableiten. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann sich jemand nur dann auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK berufen, wenn eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung vorliegt (BGE 135 I 143 E. 3.1 m.w.H.; zuletzt Urteil des Bundesgerichts 2C_561/2021 vom 22. November 2021 E. 4.3; vgl. auch BVGE 2013/49 E. 8.4.1). Zwar fallen auch Konkubinatspartnerschaften in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, mit Verweis auf oben E. 6.2 führen der Beschwerdeführer und B._______ jedoch keine faktische gelebte Familienbeziehung im Sinne dieser Rechtsprechung.

8.3.3  Somit erweist sich der Vollzug als zulässig.

8.4   

8.4.1  Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren.

8.4.2  Die allgemeine Lage in Usbekistan ist weder von Bürgerkrieg noch von allgemeiner Gewalt gekennzeichnet, so dass der Vollzug der Wegweisung dorthin grundsätzlich zumutbar ist.

8.4.3  Auch in individueller Hinsicht erweist sich der Vollzug der Wegweisung als zumutbar. Der Beschwerdeführer ist ein gesunder Mann mit internationaler Berufserfahrung. Er lebte in seiner Heimat offensichtlich in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen. So gab der Beschwerdeführer anlässlich seiner Befragungen an, er habe in Usbekistan ein grosses Haus gebaut (vgl. act. SEM 1170314-4/6, F10). Es ist daher davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in sein Heimatland für seinen Lebensunterhalt wird aufkommen können. Sodann hat auch der Beschwerdeführer selber keine Einwände, in Usbekistan zu leben, vorgebracht (vgl. act. SEM 1170314-4/6, F27 ff.).

8.5  Schliesslich verfügt der Beschwerdeführer über einen gültigen Reisepass, weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AIG).

8.6  Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AIG).

9.   

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

10.   

10.1  Der Antrag auf Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses erweist sich mit vorliegendem Urteil als gegenstandslos.

10.2  Nach Prüfung der Akten haben sich die gestellten Rechtsbegehren als aussichtslos erwiesen, weshalb die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und um amtliche Rechtsverbeiständung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG und Art. 72 i.V.m. Art. 102m AsylG unbesehen der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers abzuweisen sind.

10.3  Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und insgesamt auf Fr. 750.- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und der amtlichen Rechtsverbeiständung werden abgewiesen.

3.   

Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4. 
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

 

Die Einzelrichterin:

Der Gerichtsschreiber:

 

 

Jeannine Scherrer-Bänziger

Matthias Schmutz

 

 

Versand:

 

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