Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-7063/2008{T 0/2}
Urteil
vom 15. Mai 2009
Besetzung
Richterin Ruth Beutler (Vorsitz), Richter Bernard Vaudan,
Richter Blaise Vuille, Richter Antonio Imoberdorf,
Richter Andreas Trommer
Gerichtsschreiberin
Viviane Eggenberger.
Parteien
M._______,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Frei,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt
für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Reisedokumente
für ausländische Personen.
Sachverhalt:
A.
M._______ (nachfolgend:
Beschwerdeführer) ist 1969 geboren und irakischer Staatsangehöriger. Am 18. Dezember 1998 reiste
er in die Schweiz ein und stellte in der Folge ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 15. Juni 2001 wurde
er vom damaligen Bundesamt für Flüchtlinge (BFF; heute: Bundesamt für Migration [BFM])
als Flüchtling anerkannt und ihm wurde Asyl gewährt. Am 5. Juli 2001 wurde ihm ein Reiseausweis
für Flüchtlinge ausgestellt, welcher im Jahre 2004 verlängert wurde.
B.
Am
17. Februar 2004 wurde ihm im Kanton Zürich die Niederlassungsbewilligung erteilt.
C.
Nach
einem Grenzübertritt nach Deutschland wurde er am 21. April 2006 vorläufig festgenommen und
tags darauf gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen in Untersuchungshaft
gesetzt. Das Landgericht Waldshut-Tiengen verurteilte ihn am 15. Januar 2007 wegen mehrfachen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren
und 2 Monaten. Seither befindet sich der Beschwerdeführer in Deutschland im Strafvollzug.
D.
Mit
Schreiben vom 31. Juli 2007 lehnte das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt gegenüber dem ersuchenden
deutschen Bundespolizeiamt die Rückübernahme des Beschwerdeführers ab. Zur Begründung
gab es an, dieser verfüge nicht mehr über einen gültigen Aufenthaltsstatus in der Schweiz.
Zudem halte er sich seit April 2006 in Deutschland auf, weshalb gemäss Art. 6 des Abkommens vom
20. Dezember 1993 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (im Folgenden: Rückübernahmeabkommen,
SR 0.142.111.368) kein Rückübernahmeersuchen mehr gestellt werden könne.
E.
Am
19. September 2007 verfügte das Regierungspräsidium Freiburg i. Br. die Ausweisung des Beschwerdeführers
aus der Bundesrepublik Deutschland. Es wurde ihm die Abschiebung in den Irak oder in die Schweiz bzw.
in einen anderen Staat, der die Einreise erlaube oder zur Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht.
Weiter wurde die Abschiebung aus der Haft angeordnet.
F.
Am 10. Dezember 2007 ersuchte
das Regierungspräsidium Freiburg das BFM um Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers
ab dem 1. April 2009. Dieses reagierte auf diese Anfrage über ein halbes Jahr später und auf
eine entsprechende Nachfrage seitens des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22. Juli 2008 hin mit
einem Schreiben vom 21. August 2008. Darin hielt es im Wesentlichen fest, dass sich aus dem Rückübernahmeabkommen
für die Schweiz keine Rückübernahmeverpflichtung in Bezug auf den Beschwerdeführer
ergebe, da sich dieser seit April 2006 - und damit seit mehr als einem Jahr - mit Wissen von Deutschland
in dessen Hoheitsgebiet aufhalte.
G.
Aufgrund der Verurteilung vom 15. Januar 2007 widerrief
das BFM mit Verfügung vom 20. Dezember 2007 gegenüber dem Beschwerdeführer das Asyl, hielt
jedoch gleichzeitig fest, die Flüchtlingseigenschaft bleibe nach wie vor bestehen. Der Asylwiderruf
erstrecke sich nicht auf die Flüchtlingseigenschaft, weshalb der Beschwerdeführer weiterhin
dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (nachfolgend: Flüchtlingskonvention
bzw. FK,
SR 0.142.30) unterstehe. Der Vollzug der Wegweisung sei weiterhin unzulässig.
H.
Mit
Schreiben vom 7. Februar 2008 und vom 26. September 2008 ersuchte der Beschwerdeführer um Verlängerung
bzw. Erneuerung seines am 5. Juli 2007 abgelaufenen Reiseausweises für Flüchtlinge.
I.
Mit
Schreiben an das Regierungspräsidium Freiburg vom 30. Juni 2008 teilte die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen
mit, dass auf den Zeitpunkt der Abschiebung oder Auslieferung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland,
frühestens jedoch ab dem 19. Januar 2009, gegenüber dem Beschwerdeführer von der weiteren
Strafvollstreckung gemäss Urteil vom 15. Januar 2007 abgesehen werde. Mit Verfügung vom 22.
August 2008 verlegte die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen den frühest möglichen Zeitpunkt
der Abschiebung um einen Monat, auf den 19. Dezember 2008, vor.
J.
Mit Verfügung
vom 9. Oktober 2008 wies das BFM das Gesuch um Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge
ab. Zur Begründung führte es aus, gemäss Art. 28 Ziff. 1
FK stellten die Vertragsstaaten
der Flüchtlingskonvention den Flüchtlingen, die sich rechtmässig in ihrem Gebiet aufhielten,
- vorbehältlich zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - Reiseausweise
aus, die ihnen Reisen auch ausserhalb dieses Gebietes gestatteten. Gestützt auf diese Bestimmung
sehe Art. 3 Bst. a
der Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten
für ausländische Personen (RDV,
SR 143.5) vor, dass eine ausländische Person, welche von
der Schweiz als Flüchtling anerkannt worden sei, Anspruch auf einen Reiseausweis für Flüchtlinge
habe. Auch Art. 59 Abs. 2 Bst. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen
und Ausländer (Ausländergesetz bzw. AuG,
SR 142.20) stütze sich auf Art. 28 Ziff. 1
FK,
auch wenn im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt sei, dass es sich bei den angesprochenen Personen
um solche handle, die sich rechtmässig in der Schweiz aufhalten würden. Ein völkerrechtlicher
Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge setze demnach voraus, dass der
Gesuchsteller neben seiner Anerkennung als Flüchtling zusätzlich über einen rechtmässigen
Aufenthalt in der Schweiz verfüge. Da die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers inzwischen
erloschen sei, sei dies nicht mehr der Fall. Sein Gesuch sei dementsprechend abzuweisen.
K.
Gegen
diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer mit Rechtsmitteleingabe vom 7. November 2008 beim
Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragt die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und
die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge sowie in verfahrensrechtlicher Hinsicht
die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. In der Begründung führt
er einleitend aus, vorliegend sei die Besonderheit zu beachten, dass mit der Beschwerde bezweckt werde,
dem Beschwerdeführer nach dessen Entlassung aus dem Strafvollzug in Deutschland (welche frühestens
im Dezember 2008 möglich sei, sofern er zu diesem Zeitpunkt in einen anderen Staat abgeschoben werden
könne) die Rückkehr in die Schweiz zu ermöglichen. Angesichts des Umstands, dass die Schweiz
den Flüchtlingsstatus des Beschwerdeführers ausdrücklich anerkenne, liege es wohl letztlich
an ihr, seine Wiedereinreise zu dulden, zumal seine Ehefrau über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht
in der Schweiz im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verfüge. Es stelle sich die Frage,
ob sich die Behauptung der Vorinstanz, der Anspruch auf Erteilung eines Reisedokuments setze neben der
Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den rechtmässigen Aufenthalt des Flüchtlings
in der Schweiz voraus, mit Sinn und Geist der Flüchtlingskonvention vereinbaren lasse. Art. 28 Ziff.
1
Satz 1 FK enthalte eine völkerrechtlich verpflichtende Absichtserklärung, welche die Pflicht
zur Ausstellung von Reisedokumenten mit Blick auf die Garantie der Reisefreiheit von Flüchtlingen
festhalte. Aus Kapitel V der Flüchtlingskonvention werde deutlich, dass die vertragsschliessenden
Staaten gehalten seien, das Los der auf ihrem Gebiet anwesenden Flüchtlinge nicht stärker zu
erschweren als dasjenige ihrer eigenen Staatsbürger. Die Schweiz könne einem eigenen Staatsangehörigen,
der nach der Verbüssung einer Strafe im Ausland heimreisen wolle, die Einreise nicht verweigern.
Vorliegend sei von derselben Rückübernahmeverpflichtung auszugehen. Zudem würden weder
Art. 59 Abs. 2 Bst. a
AuG noch Art. 3 Bst. a
RDV dem entgegenstehen, da beide Bestimmungen den Anspruch
auf Erteilung eines Reisedokuments nicht an die Voraussetzung eines rechtmässigen Aufenthalts knüpften.
Die angefochtene Verfügung verstosse deshalb gegen Bundes- und Völkerrecht und sei folglich
aufzuheben.
L.
In ihrer Vernehmlassung vom 17. Dezember 2008 spricht sich die Vorinstanz
unter Erläuterung der bereits erwähnten Gründe für die Abweisung der Beschwerde aus.
Ein Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises gestützt auf die Flüchtlingskonvention würde
neben der Anerkennung als Flüchtling voraussetzen, dass der Beschwerdeführer über einen
rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz verfügen würde. Unbestritten sei, dass infolge
des Asylwiderrufs seine Niederlassungsbewilligung erloschen sei und er demnach über keinen rechtmässigen
Aufenthalt in der Schweiz verfüge. Der Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge
nach Art. 3 Bst. a
RDV verlange demgegenüber nicht, dass dieser über einen rechtmässigen
Aufenthalt in der Schweiz verfüge, sondern lediglich die formelle Anerkennung als Flüchtling
durch die Schweiz. Die Ausstellung eines Reiseausweises sei jedoch gemäss Landesrecht unter anderem
dann zu verweigern, wenn dies einer gestützt auf Bundes- oder kantonales Recht erlassenen Verfügung
einer Behörde widersprechen würde (Art. 13 Abs. 1 Bst. b
RDV). Der beantragte Reiseausweis
würde es dem Beschwerdeführer erlauben, während seiner Gültigkeitsdauer jederzeit
- allenfalls auch illegal - in die Schweiz zurückzukehren und sich hier auch illegal aufzuhalten.
Die Einräumung eines solchen Rechts würde folglich dem behördlich festgestellten Erlöschen
jeglichen Aufenthaltsrechts widersprechen.
M.
Mit Replik vom 22. Dezember 2008 führt
der Beschwerdeführer aus, da er sich seit längerem in Deutschland im Strafvollzug befinde,
sei zwar seine Niederlassungsbewilligung kraft Gesetzes erloschen. Es liege jedoch keine Verfügung
einer schweizerischen Behörde betreffend einen Widerruf oder eine sonstige Aufhebung seines Aufenthaltsrechts
vor. Er sei nie aus der Schweiz ausgewiesen worden. Daher liege keine Verfügung vor, welche der
Ausstellung eines Reiseausweises entgegenstehen würde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass seine
Ehefrau in der Schweiz als Flüchtling anerkannt worden sei und hier über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht
im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verfüge. Die Weigerung, ein Reisedokument auszustellen,
stelle daher auch eine Verletzung des Anspruchs der Eheleute auf ein ungestörtes eheliches Zusammenleben
im Sinne von Art. 8
EMRK dar.
N.
Mit einer weiteren Eingabe vom 14. Januar 2009 reichte
der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend seine finanzielle Situation zu den Akten.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht - unter Vorbehalt der in Art.
32
VGG genannten Ausnahmen - Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20.
Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021), welche von einer in Art. 33
VGG
aufgeführten Behörde erlassen wurden. Dazu gehören Verfügungen des BFM betreffend
Reisedokumente für ausländische Personen. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet endgültig
(vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 6
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
1.2
Gemäss Art. 37
VwVG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit
das Gesetz nichts anderes bestimmt.
1.3 Der Beschwerdeführer ist als Adressat der Verfügung
vom 9. Oktober 2008 zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1
VwVG). Auf die frist- und formgerecht
eingereichte Beschwerde ist folglich einzutreten (Art. 49 ff
. VwVG).
2.
Mit Beschwerde
an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhaltes sowie, wenn nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat, die
Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49
VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren
das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4
VwVG an die Begründung der
Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines
Entscheides (vgl. E. 1.2 des in BGE
129 II 215 teilweise publizierten Urteils des Bundesgerichts
2A.451/2002
vom 28. März 2003 sowie Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-135/2006 vom 20. Dezember 2007, E.
2 mit weiteren Hinweisen).
3.
3.1 Gemäss Art. 28 Ziff. 1
Satz 1 FK stellen die Vertragsstaaten
der Flüchtlingskonvention den Flüchtlingen, die sich rechtmässig auf ihrem Gebiet aufhalten,
- vorbehältlich zwingender Gründe der inneren oder äusseren Sicherheit oder der öffentlichen
Ordnung - Reiseausweise aus, die ihnen Reisen ausserhalb dieses Gebiets gestatten. Mit den beiden letzten
Erfordernissen (dem rechtmässigen Aufenthalt und dem Fehlen zwingender Gründe für die
Nichtausstellung) statuiert die Flüchtlingskonvention für den Anspruch auf Ausstellung eines
Reiseausweises für Flüchtlinge zwei im Landesrecht (dazu sogleich) in dieser Weise nicht erwähnte
Voraussetzungen.
Auf der Ebene des Landesrechts ist der Anspruch ausländischer Personen, welche
die Flüchtlingseigenschaft gemäss Flüchtlingskonvention erfüllen, auf Reisepapiere
in Art. 59 Abs. 2 Bst. a
AuG verankert. Gestützt auf die erwähnte Bestimmung der Flüchtlingskonvention
sieht sodann Art. 3 Bst. a
RDV vor, dass diejenigen ausländischen Personen Anspruch auf einen Reiseausweis
für Flüchtlinge nach der Flüchtlingskonvention haben, welche von der Schweiz als Flüchtling
anerkannt wurden.
Dem Wortlaut der genannten Konventionsbestimmung ist zu entnehmen, dass es Zweck
des Reiseausweises für Flüchtlinge ist, diesen während seiner Gültigkeitsdauer grenzüberschreitende
Reisen mit allfälliger anschliessender Rückkehr in das Land zu ermöglichen, welches den
Ausweis ausgestellt hat (vgl. die Rückkehrklausel in § 13 Ziff. 1 des Anhangs zur Flüchtlingskonvention).
Diese Reisen können zeitlich begrenzter - geschäftlicher oder touristischer - Natur sein; den
Flüchtlingen soll aber auch bzw. vornehmlich ermöglicht werden, sich auf die Suche nach einem
Ort - auch ausserhalb des Zufluchtsstaates - zu begeben, wo sie sich ansiedeln möchten (vgl. Amt
des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen - UNHCR [Hrsg.], Internationaler Rechtsschutz
für Flüchtlinge, Beschlüsse des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars
der Vereinten Nationen, Genf 1988 [zit.: Beschlüsse Exekutiv-Komitee], Beschluss Nr. 49 (XXXVIII)
Reiseausweise für Flüchtlinge von 1987, S. 116; ebenso JAMES C. HATHAWAY, The Rights of Refugees
under International Law, Cambridge etc. 2005 [zit.: HATHAWAY], S. 846 f.).
3.2 Aus dem Sachverhalt
geht hervor, dass das damalige BFF den Beschwerdeführer am 15. Juni 2001 als Flüchtling gemäss
Art. 3
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG,
SR 142.31) anerkannt hat. Der Flüchtlingsbegriff
gemäss Art. 3
AsylG stimmt inhaltlich weitgehend mit demjenigen gemäss Art. 1 A Ziff. 2 FK
überein (vgl. dazu das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
E-4207/2006 vom 11. September 2008 E.
5.1 mit weiteren Hinweisen).
Aufgrund dessen, dass der Beschwerdeführer straffällig geworden
war, wurde ihm zwar mit Verfügung vom 20. Dezember 2007 gestützt auf Art. 63 Abs. 2
AsylG das
Asyl widerrufen. Die Flüchtlingseigenschaft war dadurch jedoch nicht tangiert, was in der fraglichen
Verfügung ausdrücklich festgehalten wurde.
Die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers
war - unbestrittenermassen - im Oktober 2006 aufgrund des seit dem 21. April 2006 - und damit länger
als sechs Monate - andauernden tatsächlichen Aufenthalts in Deutschland erloschen (vgl. Art. 9 Abs.
3 Bst. c des ehemaligen Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung
der Ausländer [ANAG, BS 1 121] sowie für das geltende Recht Art. 61 Abs. 2
Satz 1 AuG). Denn
als tatsächlicher Aufenthalt im Ausland im Sinne dieser Bestimmung, welcher bei hinreichender Dauer
das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung bewirken kann, gilt auch ein unfreiwilliges Verweilen,
beispielsweise im Zusammenhang mit der Verbüssung einer Freiheitsstrafe (vgl. dazu PETER KOTTUSCH,
Die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 6
ANAG - Eine Übersicht, in: Schweizerisches Zentralblatt
für Staats- und Verwaltungsrecht [ZBl] 1986, S. 513 ff., S. 542). Auf den Asylwiderruf war das Erlöschen
der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers demgegenüber - entgegen von der Vorinstanz
vernehmlassungsweise vertretener Ansicht - nicht zurückzuführen: Ein solcher führt nicht
zum Verlust einer Niederlassungsbewilligung (vgl. Art. 61
AuG e contrario). Entsprechend fällt denn
auch eine allfällige Wegweisung eines Flüchtlings überhaupt erst in Betracht, wenn einerseits
das Asyl widerrufen und andererseits die kantonale Ausländerbehörde die ausländerrechtliche
Aufenthaltsberechtigung aufgehoben hat (vgl. ANDREAS ZÜND/LADINA ARQUINT HILL, in: Peter Uebersax/Beat
Rudin/Thomas Hugi Yar/Thomas Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, Handbücher für die Anwaltspraxis
Bd. 8, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 8.91; vgl. dazu auch untenstehende E. 3.3.2.1). Das Erlöschen der
Niederlassungsbewilligung seinerseits hatte ebenfalls keinen Einfluss auf das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft.
Auch
sonst ist es bislang zu keiner formellen Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers
gekommen. Dieser ist daher nach wie vor von den schweizerischen Behörden formell anerkannter Flüchtling.
3.3
Ein völkerrechtlicher Anspruch gegenüber den schweizerischen Behörden auf Ausstellung
eines Reiseausweises für Flüchtlinge gestützt auf Art. 28 Ziff. 1
Satz 1
FK setzt neben
der Flüchtlingseigenschaft - wie erwähnt - voraus, dass der Beschwerdeführer "rechtmässigen
Aufenthalt" (in der authentischen französischen bzw. englischen Fassung des Konventionstexts:
"résidence régulière" respektive "lawful stay") in der Schweiz hat.
3.3.1
Es stellt sich daher zunächst die Frage, wie der Ausdruck des "rechtmässigen Aufenthalts"
im Sinne von Art. 28 Ziff. 1
Satz 1 FK zu verstehen ist.
3.3.1.1 Bei der Auslegung der Flüchtlingskonvention
ist zwar das Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK,
SR
0.111) nicht unmittelbar, jedoch als Ausdruck allgemeiner Regeln des Völkerrechts anwendbar (vgl.
Art. 4
VRK). Aus den Art. 31
- 33
VRK, in denen allgemeine Regeln der Auslegung völkerrechtlicher
Verträge kodifiziert sind, geht hervor, dass die Auslegung einem völkerrechtlichen Vertrag
zu seinem "effet utile", seiner bezweckten Wirkung, verhelfen soll. Es ist somit jene Auslegung
zu wählen, die dem Vertragszweck am besten zum Durchbruch verhelfen kann. Diesem Ziel soll in erster
Linie die Auslegung nach der wörtlichen, systematischen und teleologischen Methode dienen, die grundsätzlich
als ebenbürtig zu betrachten sind (vgl. zum Ganzen: WALTER KÄLIN/ASTRID EPINEY/MARTINA CARONI/JÖRG
KÜNZLI, Völkerrecht, Eine Einführung, 2. Aufl., Bern 2006, S. 32 ff., sowie auch das Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts
E-4207/2006 vom 11. September 2008 E. 6.1; vgl. zu den Auslegungsmethoden
sowie dem bei der Auslegung befolgten Methodenpluralismus: BGE 134 II 308 E. 5.2 S. 311 mit zahlreichen
weiteren Hinweisen).
3.3.1.2 Die verschiedenen Rechte, die einem Flüchtling gestützt auf
die Flüchtlingskonvention zustehen können, knüpfen an unterschiedliche Voraussetzungen
hinsichtlich der Intensität seiner Bindung zum Zufluchtsstaat an. In der Literatur ist in diesem
Kontext zum Teil von verschiedenen "levels of attachment" die Rede (so HATHAWAY, a.a.O., S.
156 ff.). Der Terminus "lawful stay", an den die Flüchtlingskonvention den Anspruch auf
Ausstellung eines Reiseausweises knüpft, steht dabei für eines der engsten dieser "levels
of attachment" (vgl. HATHAWAY, a.a.O., S. 156; ATLE GRAHL-MADSEN, The Status of Refugees in International
Law, Vol. II, Leiden 1972 [zit.: GRAHL-MADSEN, Status], S. 332; GUY S. GOODWIN-GILL/JANE MCADAM, The
Refugee in International Law, 3. Aufl., Oxford 2007 [zit.: GOODWIN-GILL/MCADAM], S. 524 ff.). Der Begriff
"lawful residence", welcher beispielsweise im die Zuständigkeit für die Erneuerung
und Verlängerung der Gültigkeit eines Reiseausweises regelnden § 6 Ziff. 1 des Anhangs
zur Flüchtlingskonvention verwendet wird, wird in der Literatur überwiegend mit demjenigen
des "lawful stay" gleichgesetzt (dazu ATLE GRAHL-MADSEN, Commentary on the Refugee Convention
1951, Articles 2-11, 13-37, Genf 1997 [zit.: GRAHL-MADSEN, Commentary], Rz. 1 zu § 6 des Anhangs
zur Flüchtlingskonvention). Eine Pflicht zur Ausstellung eines Reiseausweises besteht seitens desjenigen
Staates, zu dem der Flüchtling die engste räumliche Bindung ("the strongest territorial
connection - namely, the country of his or her lawful stay -") hat (vgl. HATHAWAY, a.a.O., S. 856
f.).
Der "lawful stay" zeichnet sich durch eine offiziell sanktionierte, anhaltende Anwesenheit
in einem Vertragsstaat, die Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts oder die Begründung
eines Wohnsitzes aus. Dies gilt grundsätzlich ungeachtet dessen, ob die Flüchtlingseigenschaft
formell anerkannt worden ist oder nicht. Ein hinsichtlich Dauer bzw. Zweck nicht beschränkter Aufenthaltsstatus,
die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Ausstellung eines Reisedokuments oder eines Rückreisevisums
stellen dabei Anhaltspunkte für die Vermutung dar, dass es sich beim Aufenthalt der betreffenden
Person um einen "lawful stay" handelt. Diese kann beispielsweise umgestossen werden, wenn der
betreffende Staat darlegt, dass die Aufnahme des Flüchtlings in zeitlicher Hinsicht oder in Bezug
auf den Zweck beschränkt erfolgt oder die Verantwortung ihn betreffend auf einen anderen Staat übergegangen
ist (HATHAWAY, a.a.O., S. 186 ff.; ebenso GOODWIN-GILL/ MCADAM, a.a.O., S. 525 f.).
Die Verfasser
des Konventionstexts betonten, dass die faktischen Umstände, in welchen sich ein Flüchtling
befindet, für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei seinem Aufenthalt um einen "lawful
stay" handle, ausschlaggebend seien. Der Ausdruck "lawful stay" impliziert ein "settling
down" (also ein "Eingewöhnen" bzw. "Einleben") und folglich eine gewisse
Dauer des Aufenthalts. Dieser kann jedoch auch lediglich ein vorübergehender sein; einzig ein ganz
kurzer Aufenthalt genügt nicht für die Annahme eines rechtmässigen im Sinne von Art. 28
Ziff 1
FK (vgl. GRAHL-MADSEN, Status, a.a.O., S. 352 f.). In diesem Zusammenhang ist daher beispielsweise
zu berücksichtigen, wenn jemand seine Besitztümer in ein Land schafft, dort ein Anwesenheitsrecht
hat, Bemühungen unternimmt, Familienmitglieder nachkommen zu lassen, oder der Umstand, dass anderweitig
dauerhafte Bindungen zum Land des (beabsichtigten) Aufenthalts bestehen (HATHAWAY, a.a.O., S. 186 ff.).
In diesem Kontext findet auch der Begriff des Lebensmittelpunkts bzw. des "centre of his personal
interests" Erwähnung; nach Ansicht des betreffenden Autors genügt dieser jedoch sogar
für die Annahme des an strengere Voraussetzungen knüpfenden "establish lawful residence"
im Sinne des bereits erwähnten § 6 Ziff. 1 des Anhangs zur Flüchtlingskonvention (GRAHL-MADSEN,
Commentary, a.a.O., Rz. 1 zu § 6 des Anhangs). Die Bedeutung, die der faktischen Bindung zu einem
Staat in diesem Zusammenhang zukommt, zeigt sich auch darin, dass ein Flüchtling bei einer hinreichenden
solchen Bindung auch nach einem allfälligen Ablauf der Gültigkeitsdauer einer Aufenthaltsbewilligung
- selbst wenn davon auszugehen wäre, dass mit diesem bereits der Verlust der rechtlichen Bindung
zum Vertragsstaat einhergehen würde - nach wie vor als dort "lawfully staying" betrachtet
wird (GRAHL-MADSEN, Commentary, a.a.O., Rz. 1 zu § 6 des Anhangs). Ebenso ist unter derselben Voraussetzung
von einem "rechtmässigen Aufenthalt" auszugehen, wenn die betreffende Person nicht mehr
physisch im betreffenden Vertragsstaat anwesend ist (GRAHL-MADSEN, Status, a.a.O., S. 354; vgl. zum Ganzen
auch GOODWIN-GILL/MCADAM, a.a.O., S. 524 ff.).
Deutlich wird aus diesen Ausführungen sodann,
dass der "lawful stay", der rechtmässige Aufenthalt im Sinne von Art. 28 Ziff. 1
Satz
1 FK, nicht mit einem Aufenthaltstitel nach Schweizer Recht gleichzusetzen ist.
3.3.2 Vorliegend
fragt sich, ob der Beschwerdeführer "rechtmässigen Aufenthalt" im Sinne der fraglichen
Konventionsbestimmung (nach wie vor) in der Schweiz hat oder ob er sich - insbesondere angesichts seines
Aufenthalts in Deutschland seit April 2006 - mittlerweile dort rechtmässig aufhält.
3.3.2.1
Wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, hielt sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise am 18.
Dezember 1998 bis zu seiner Festnahme nach seinem Grenzübertritt nach Deutschland am 21. April 2006
- und damit während insgesamt über sieben Jahren - legal in der Schweiz auf, zunächst
im Rahmen eines Asylverfahrens, danach als anerkannter Flüchtling, welchem Asyl gewährt und
in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden war (vgl. Art. 60 Abs. 1
AsylG). Ab Februar 2004
schliesslich war er im Besitz einer Niederlassungsbewilligung im Kanton Zürich (vgl. Art. 60 Abs.
2
AsylG). Im Anschluss an die formelle Anerkennung als Flüchtling - welche nach wie vor Bestand
hat - hatte ihm das BFF erstmals im Juli 2001 einen entsprechenden Reiseausweis ausgestellt, welchen
es im Mai 2004 verlängerte. Dieser Ausweis wurde dem Beschwerdeführer in der Folge - soweit
aus den Akten ersichtlich - seitens des BFF bzw. BFM auch nicht wieder entzogen (vgl. Art. 16 Abs. 1
RDV). Bereits im September 2001 hatte der Beschwerdeführer zudem ein Gesuch um Familienzusammenführung
in Bezug auf seine Ehefrau und seinen Sohn gestellt, auf welches hin das BFF deren Einreise zwecks Familienvereinigung
bewilligt hatte (zu einer Ausreise aus dem Irak kam es zu jenem Zeitpunkt jedoch aufgrund eines Verkehrsunfalls
- bei welchem der Sohn ums Leben kam - nicht); im Juli 2006 reiste die Ehefrau des Beschwerdeführers
schliesslich in die Schweiz ein, worauf sie mit Verfügung des BFM vom 19. September 2006 gestützt
auf Art. 51 Abs. 1
AsylG ebenfalls als Flüchtling anerkannt und ihr Asyl gewährt wurde. Seither
lebt sie in der Schweiz.
Mit Blick auf die dargelegten Kriterien erscheint unzweifelhaft, dass eine
faktische Bindung im dargelegten Sinne des Beschwerdeführers zur Schweiz bestand und nach wie vor
besteht. Insbesondere die lange Dauer seiner Anwesenheit hierzulande sowie der Umstand, dass er - obwohl
seit dem Jahre 2001 im Besitz eines Reiseausweises - offenkundig keinen Wunsch hegte, sich anderswo niederzulassen,
er sich vielmehr auch bald darum bemühte, seine Familie hierher nachkommen zu lassen, sprechen dafür,
dass sich der Beschwerdeführer hierzulande längst eingelebt, er hier gar seinen Lebensmittelpunkt
hatte. Zusätzlich gefestigt wurde diese faktische Bindung dadurch, dass seit dem Jahre 2006 nun
auch seine Ehefrau in der Schweiz lebt.
Trotz der Straffälligkeit des Beschwerdeführers
wurde gegen diesen weder seitens der kantonalen Ausländerbehörde eine Entfernungsmassnahme
([altrechtliche] Ausweisung gestützt auf Art. 10 Abs. 1 Bst. a
ANAG [vgl. die sich insofern vom
vorliegenden Fall unterscheidende Konstellation, welche dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-1088/2006
vom 23. September 2008 zugrunde lag, bei welcher eine rechtskräftige Ausweisungsverfügung vorlag
und auch die Anordnung des Vollzugs der Ausweisung rechtskräftig geworden war] - wobei Art. 32 Ziff.
1
FK sowie Art. 65
AsylG zu beachten gewesen wären) noch seitens des BFM eine Fernhaltemassnahme
(Einreisesperre nach Art. 13 Abs. 1
ANAG respektive Einreiseverbot nach Art. 67 Abs. 1 Bst. a
AuG) verfügt.
Mit
Verfügung vom 20. Dezember 2007 widerrief das BFM gegenüber dem Beschwerdeführer zwar
das Asyl. Folge eines solchen Widerrufs ist jedoch lediglich die Unterstellung unter die allgemeinen
ausländerrechtlichen Regelungen (vgl. JÖRG KÜNZLI, Der Widerruf des Asyls, in: Asyl 1990/1
S. 6 ff., S. 9). Vorliegend hielt das BFM in der fraglichen Verfügung gleichzeitig - wie erwähnt
- ausdrücklich fest, der Vollzug der Wegweisung sei weiterhin unzulässig (vgl. Art. 14a Abs.
3
ANAG bzw. Art. 83 Abs. 3
AuG). Damit stehen auch nach dem Dafürhalten der Vorinstanz völkerrechtliche
Verpflichtungen der Schweiz (womit die verschiedenen Bestimmungen angesprochen sind, die einer Rückschiebung
entgegenstehen, namentlich das flüchtlingsrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 33 Abs. 1
FK,
Art. 25 Abs. 2
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV,
SR
101] und Art. 5
AsylG) einem Wegweisungsvollzug entgegen.
Die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers
wurde auch nicht etwa durch die kantonale Ausländerbehörde widerrufen; vielmehr ist sie aufgrund
des Zeitablaufs erloschen (Entsprechendes wurde jedoch - wiederum entgegen von der Vorinstanz in der
Vernehmlassung vertretener Ansicht - nie verfügungsweise festgestellt). Nach dem Dargelegten steht
jedoch der Umstand, dass der Beschwerdeführer somit nicht mehr über einen Aufenthaltstitel
in der Schweiz verfügt, der Annahme eines rechtmässigen Aufenthalts im Sinne der Flüchtlingskonvention
hierzulande ebensowenig entgegen wie derjenige, dass er sich seit April 2006 nicht mehr in der Schweiz
aufhält.
Zusammenfassend ist somit trotz des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Ausland
seit April 2006 vom weiteren Bestehen einer Bindung im geschilderten Sinne zur Schweiz auszugehen. Insbesondere
ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass seitens der Behörden - namentlich
des BFM - nichts unternommen wurde, was dafür sprechen würde, dass diese Bindung als aufgehoben
zu betrachten wäre.
Somit besteht aufgrund sämtlicher Umstände die Vermutung, der
Beschwerdeführer habe auch zum aktuellen Zeitpunkt rechtmässigen Aufenthalt im Sinne von Art.
28 Ziff. 1
Satz 1 FK in der Schweiz. Daran knüpft die Annahme, die Schweiz sei als verantwortlicher
Staat zuständig für die Ausstellung von Reisepapieren, es sei denn, die Verantwortung für
den Beschwerdeführer sei auf einen anderen Staat (Deutschland) übergegangen.
3.3.2.2 Im
Zusammenhang mit einem allfälligen Verantwortungsübergang sind einerseits die §§
6 und - insbesondere - 11 des Anhangs zur Flüchtlingskonvention und andererseits die - diese konkretisierenden
- Bestimmungen der Europäischen Vereinbarung vom 16. Oktober 1980 über den Übergang der
Verantwortung für Flüchtlinge (im Folgenden: Europäische Vereinbarung bzw. Vereinbarung,
SR 0.142.305) von Bedeutung.
3.3.2.2.1 Während § 6 des Anhangs zur Flüchtlingskonvention
die Zuständigkeit des ausstellenden Staates hinsichtlich der Erneuerung oder Verlängerung eines
Reiseausweises bzw. der Ausstellung eines neuen regelt, bestimmt § 11, unter welchen Voraussetzungen
ein anderer Staat für die Ausstellung eines Reiseausweises für einen bestimmten Flüchtling
verantwortlich wird. Der Verantwortungsübergang knüpft danach daran, dass sich der Flüchtling
auf dem Gebiet eines anderen Vertragsstaats "rechtmässig niederlässt" (in der englischen
Fassung: "lawfully taken up residence").
In der Literatur herrscht bezüglich der
Frage des Zeitpunkts des Verantwortungsübergangs gestützt auf die Flüchtlingskonvention
und dabei insbesondere bezüglich dessen, wie die Ausdrücke "established lawful residence"
("niedergelassen") in § 6 Ziff. 1 respektive "lawfully taken up residence" ("rechtmässig
niederlässt") in § 11 des Anhangs zu verstehen sind, Unklarheit. Einhellig scheint man
einzig der Auffassung zu sein, dass unter letzterem Begriff eine mindestens gleich starke Bindung zu
verstehen ist, wie sie der "lawful stay" darstellt (GRAHL-MADSEN, Commentary, a.a.O., zu §
11; HATHAWAY, a.a.O., S. 857).
In Bezug auf Deutschland konnte der Beschwerdeführer jedoch
bereits deshalb keine faktische Bindung - als Voraussetzung für einen "lawful stay" -
entwickeln, weil es sich bei seinem Aufenthalt dort von Beginn weg, wie erwähnt, nie um einen freiwilligen,
sondern stets um einen solchen in Haftanstalten (zunächst in Untersuchungshaft danach zum Zwecke
der Strafverbüssung) handelte. Er hatte weder die Absicht noch - aufgrund der Umstände - die
Möglichkeit, sich dort in irgendeiner Weise einzuleben bzw. heimisch zu werden. Umso weniger kann
daher von einer rechtmässigen Niederlassung des Beschwerdeführers in Deutschland im Sinne von
§ 11 des Anhangs zur Flüchtlingskonvention die Rede sein.
3.3.2.2.2 Mit dem Abschluss
der Europäischen Vereinbarung verfolgten die unterzeichnenden Mitgliedstaaten des Europarates laut
Präambel das Ziel, die Anwendung von Art. 28
FK sowie der §§ 6 und 11 ihres Anhangs namentlich
in Fällen zu erleichtern, in denen ein Flüchtling seinen Wohnsitz ordnungsgemäss in einen
anderen Vertragsstaat verlegt. Zu diesem Zweck sollten insbesondere die Bedingungen, unter welchen in
solchen Konstellationen die Verantwortung für die Ausstellung eines Reiseausweises auf eine andere
Vertragspartei übergeht, geregelt werden. Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung kamen die Mitgliedstaaten
des Europarates auch der in Bst. e des 1978 gefassten Beschlusses Nr. 13 (XXIX) Reiseausweise für
Flüchtlinge des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der
Vereinten Nationen enthaltenen Empfehlung nach, "zur Vermeidung unterschiedlicher Auslegungen der
Paragraphen 6 und 11 des Anhangs und daraus resultierender Härten für Flüchtlinge (...)
geeignete Vereinbarungen über den Übergang der Verantwortung für die Ausstellung von Reiseausweisen"
zu treffen und in diesem Zusammenhang auch bilaterale oder multilaterale Abkommen abzuschliessen (vgl.
Beschlüsse Exekutiv-Komitee, a.a.O., Beschluss Nr. 13 (XXIX) Reiseausweise für Flüchtlinge
von 1978, S. 26 f.).
Diese Ausführungen ebenso wie die oben erwähnten Unklarheiten hinsichtlich
der in diesem Zusammenhang geltenden Voraussetzungen und Begriffe gemäss der Flüchtlingskonvention
legen eine Beantwortung der Frage des Verantwortungsübergangs vornehmlich anhand der Bestimmungen
der Europäischen Vereinbarung nahe (vgl. auch HATHAWAY, a.a.O., S. 843 sowie S. 857, insb. Fn. 639;
vgl. betreffend eine ähnliche Konstellation auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
D-4790/2007
vom 26. September 2007 E. 4.2).
Art. 3 Abs. 1 der Europäischen Vereinbarung hält in grundlegender
Weise fest, dass der Reiseausweis bis zum Übergang der Verantwortung durch den Erststaat verlängert
oder erneuert wird. Vom Zeitpunkt des Übergangs der Verantwortung an ist der Erststaat gemäss
Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung nicht mehr für die Verlängerung oder Erneuerung des Reiseausweises
verantwortlich; es obliegt dann auch dem Zweitstaat, dem Flüchtling einen neuen Reiseausweis auszustellen.
Dabei
gilt gemäss Art. 2 Abs. 1 1. Abschnitt der Vereinbarung der Übergang der Verantwortung als
erfolgt, sobald sich der Flüchtling während eines Zeitraums von zwei Jahren tatsächlich
und ununterbrochen mit Zustimmung der Behörden des Zweitstaates daselbst aufgehalten hat, oder zu
einem früheren Zeitpunkt, wenn der Zweitstaat dem Flüchtling gestattet hat, - ständig
oder über die Gültigkeitsdauer seines Reiseausweises hinaus - in seinem Hoheitsgebiet zu bleiben.
Gemäss Abs. 2 Bst. b dieses Artikels wird die Dauer der Inhaftierung eines Flüchtlings, die
mit einer strafrechtlichen Verurteilung zusammenhängt, für die Berechnung des Zeitraums nach
Abs. 1 nicht mit eingerechnet.
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Festnahme am
21. April 2006 - und damit seit über zwei Jahren - ununterbrochen in Deutschland auf. Spätestens
seit dem Urteil des Landsgerichts Waldshut-Tiengen vom 15. Januar 2007 ist dieser Aufenthalt jedoch als
im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Verurteilung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Bst. b der Vereinbarung
stehend zu betrachten. Seine Dauer ist daher bei der Berechnung der Zweijahresfrist nach Art. 2 Abs.
1 der Vereinbarung nicht mit einzuberechnen, so dass diese nicht erreicht ist. Was den dritten Übergangstatbestand
gemäss Art. 2 Abs. 1
der Vereinbarung anbelangt, so kann angesichts der Bemühungen Deutschlands,
die Schweiz zur Rückübernahme bzw. Wiederaufnahme des Beschwerdeführers zu bewegen (vgl.
dazu sogleich ausführlicher), von einer Gestattung seines Aufenthalts über den am 5. Juli 2007
erfolgten Ablauf seines am 7. Mai 2004 durch das damalige BFF verlängerten Reiseausweises hinaus
nicht die Rede sein. Vielmehr hatte es angesichts der Weigerung der Schweizer Behörden zur Rückübernahme
des Beschwerdeführers keine andere Wahl, als diesen vorerst weiterhin auf eigenem Staatsgebiet inhaftiert
zu lassen. Die Verantwortung den Beschwerdeführer betreffend ist dementsprechend nicht gestützt
auf Art. 2 Abs. 1 der Europäischen Vereinbarung auf Deutschland übergegangen.
Gemäss
Art. 2 Abs. 3 der Europäischen Vereinbarung gilt der Übergang der Verantwortung auch dann als
erfolgt, wenn die Wiederaufnahme im Erststaat aufgrund von Art. 4 der Vereinbarung nicht mehr verlangt
werden kann. Gemäss Abs. 1 dieses Artikels wird ein Flüchtling jederzeit im Hoheitsgebiet des
Erststaates wieder aufgenommen, solange der Übergang der Verantwortung gemäss Art. 2 Abs. 1
und 2 der Vereinbarung nicht erfolgt ist; ist sein Reiseausweis abgelaufen, so erfolgt die Wiederaufnahme
im Erststaat unter der Voraussetzung eines innert einer Frist von sechs Monaten seit Ablauf der Gültigkeit
des Ausweises gestellten einfachen Ersuchens des Zweitstaates.
Der Reiseausweis des Beschwerdeführers
war, wie erwähnt, bis zum 5. Juli 2007 gültig. Wäre also davon auszugehen, dass die deutschen
Behörden bis zum 5. Januar 2008 gegenüber den schweizerischen kein Ersuchen um Wiederaufnahme
des Beschwerdeführers gestellt haben, hätte die Verantwortung gestützt auf Art. 2 Abs.
3 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung als auf Deutschland übergegangen zu gelten. Aus dem Sachverhalt
geht hervor, dass das Bundespolizeiamt Weil am Rhein mit Datum vom 31. Juli 2007 die in dieser Sache
zuständige basel-städtische Behörde um Rückübernahme des Beschwerdeführers
ersuchte (diese lehnte das Gesuch unter Berufung auf Art. 6
Rückübernahmeabkommen mit der Begründung
ab, es sei verspätet). Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 ersuchte zudem das Regierungspräsidium
Freiburg das BFM um Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers ab dem 1. April
2009, dem Zeitpunkt, ab welchem die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen damals von der weiteren Strafvollstreckung
zum Zwecke der Abschiebung bzw. Rücküberstellung abzusehen entschieden hatte. Die deutschen
Behörden haben folglich innert der Sechsmonatsfrist gemäss Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung gegenüber
den Schweizer Behörden wiederholt förmlich um Rückübernahme des Beschwerdeführers
ersucht. Ein solches Rückübernahmeersuchen erfüllt - a fortiori bzw. a maiore ad minus
- ohne Weiteres auch die Anforderungen an ein "einfaches Ersuchen" um Wiederaufnahme im Sinne
von Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung, zumal sich die deutschen Behörden im zweiten Gesuch ausdrücklich
auch auf die seitens der Schweizer Behörden erfolgte Anerkennung des Beschwerdeführers als
Flüchtling beriefen. Damit ist die Verantwortung für den Beschwerdeführer auch nicht gestützt
auf Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Europäischen Vereinbarung übergegangen.
Der
Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Rückübernahmeabkommen ohnehin einen
Vorbehalt zugunsten der Anwendung der Flüchtlingskonvention statuiert (vgl. Art. 11
Rückübernahmeabkommen).
Es
hat somit in Bezug auf den Beschwerdeführer kein Übergang der Verantwortung auf Deutschland
stattgefunden.
3.3.2.3 Zusammenfassend ist folglich festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer
angesichts seiner rechtlichen und faktischen Bindung zur Schweiz sowie des Umstands, dass kein Verantwortungsübergang
stattgefunden hat, nach wie vor im Sinne von Art. 28 Ziff. 1
Satz 1
FK rechtmässig hierzulande aufhält.
Dass
einerseits die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zwischenzeitlich erloschen ist und
er sich andererseits derzeit nicht in der Schweiz aufhält, steht dieser Einschätzung, wie dargelegt,
nicht entgegen.
3.4 Der Beschwerdeführer ist folglich nach wie vor (von den schweizerischen
Behörden anerkannter) Flüchtling und hat - nach dem soeben Dargelegten - rechtmässigen
Aufenthalt im Sinne von Art. 28 Ziff. 1
Satz 1 FK in der Schweiz. Dementsprechend hat er - gestützt
auf diese Bestimmung - grundsätzlich Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge.
4.
Der
Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises steht nach Art. 28 Ziff. 1
Satz 1
FK unter dem Vorbehalt,
dass "keine zwingenden Gründe der Staatssicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen"
(in der englischen Fassung: "unless compelling reasons of national security or public order otherwise
require").
Gemäss dem dieser Konventionsbestimmung nachgebildeten Art. 59 Abs. 3
AuG besteht
kein Anspruch auf Ausstellung von Reisepapieren bei einem erheblichen oder wiederholten Verstoss gegen
die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland oder einer entsprechenden
Gefährdung sowie bei einer Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz.
4.1
Art. 59 Abs. 3
AuG kann keine weitergehenden Voraussetzungen bzw. Einschränkungen für den Anspruch
auf Ausstellung eines Reiseausweises vorsehen als die einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen.
In der Botschaft zum neuen Ausländergesetz ist bezüglich dem heutigen Art. 59 Abs. 3
AuG denn
auch festgehalten, dass dieser Ausschluss mit der Flüchtlingskonvention vereinbar sei (Botschaft
zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002,
BBl 2002
3709 ff., 3806). In den parlamentarischen Beratungen schlossen sich die Räte diskussionslos dem
bundesrätlichen Entwurf an (Amtliches Bulletin der Bundesversammlung [AB] 2004 N 1082 sowie
AB 2005
S 312). Offensichtlich war es somit auch der Wille des Gesetzgebers, eine mit der Flüchtlingskonvention
vereinbare Regelung der Ausnahme von der Ausstellungspflicht vorzusehen.
Mit der gewählten
Formulierung des Vorbehalts in Art. 28 Ziff. 1
Satz 1
FK sollte gemäss der Absicht seiner Verfasser
betont werden, dass ein Vertragsstaat lediglich in Ausnahmefällen von der Pflicht zur Ausstellung
eines Reiseausweises an einen sich rechtmässig dort aufhaltenden Flüchtling entbunden sein
würde (vgl. die Wortmeldungen der Staatenbevollmächtigten vom 12. Juli 1951 in den U.N. Doc.
A/CONF.2/SR. 17, S. 4 - 12, wiedergegeben in: ALEX TAKKENBERG/ CHRISTOPHER C. TAHBAZ, The Collected Travaux
Préparatoires of the 1951 Geneva Convention relating to the Status of Refugees, Vol. III: The Conference
of Plenipotentiaries on the Status of Refugees and Stateless Persons, 2 - 25 July 1951, Amsterdam 1990
[zit.: TAKKENBERG/TAHBAZ], S. 353 - 357; vgl. auch HATHAWAY, a.a.O., S. 863). Deutlich macht dies auch
der in der von den Verfassern ursprünglich verabschiedeten Fassung des Artikels verwendete Ausdruck
"imperative reasons", welcher in der Folge vom Style Committee durch die Wendung "compelling
reasons" ersetzt wurde, ohne dass durch diese neue Formulierung der Sinn der Bestimmung hätte
geändert werden sollen (vgl. GRAHL-MADSEN, Commentary, a.a.O., Rz. 5 zu Art. 28
FK).
Gemäss
dem australischen Bevollmächtigten - dessen Meinungsäusserung den Tenor bzw. die allgemeine
Stossrichtung der Debatte wiedergibt - sollten die Ausnahmefälle, in welchen eine Verweigerung der
Ausstellung zulässig sein sollte, auf ein Minimum beschränkt werden. Steuerausstände oder
das Nichtleisten des Militärdienstes beispielsweise sollten daher klar keinen hinreichenden Verweigerungsgrund
darstellen. Mit der verabschiedeten Fassung solle - so wurde betont - sichergestellt werden, dass jeglicher
Missbrauch des Vorbehalts vermieden werde (TAKKENBERG/TAHBAZ, a.a.O., S. 355 ff.).
4.2 Diese
Ausführungen machen deutlich, dass ratio legis des Vorbehalts gemäss der Flüchtlingskonvention
sowie folglich von Art. 59 Abs. 3
AuG in erster Linie nur sein kann, einem Vertragsstaat die Möglichkeit
offenzuhalten, einem Flüchtling die Ausstellung eines Reiseausweises zu verweigern, wenn Anlass
zur Befürchtung besteht, dass der ersuchte Ausweis zu Zwecken verwendet werden könnte, für
welche er offensichtlich nicht vorgesehen sein kann. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Ausstellung
namentlich verweigert werden kann, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Ausweis dazu benutzt werden
könnte, im Ausland Straftaten zu begehen.
Sinn und Zweck des Vorbehalts gemäss der Flüchtlingskonvention
respektive der Ausschlussklausel von Art. 59 Abs. 3
AuG kann es demgegenüber nicht sein, dass sich
ein Staat, dem nach den einschlägigen Bestimmungen der anwendbaren internationalen Abkommen die
Verantwortung für einen Flüchtling zukommt, unter Berufung auf diese Vorbehalte seiner Verantwortung,
namentlich der Pflicht zur Wiederaufnahme eines Flüchtlings (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Europäischen
Vereinbarung sowie auch Art. 5 des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über
die Abschaffung des Visumzwanges für Flüchtlinge [
SR 0.142.38]), entziehen kann.
4.3
Vorliegend geht es ausschliesslich darum sicherzustellen, dass dem Beschwerdeführer die Wiedereinreise
in die Schweiz ermöglicht wird. Dies entspricht im Übrigen auch dem von diesem geltend gemachten
Verwendungszweck des beantragten Reiseausweises. Das Verhalten des BFM in dieser Sache erweckt demgegenüber
den Eindruck, als ob es ihm einzig darum gegangen wäre und ginge, ebendies nach Möglichkeit
zu verhindern.
Grundsätzlich sind nebst der Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge
auch andere Wege denkbar, wie dem Beschwerdeführer die Wiedereinreise ermöglicht werden kann.
Das BFM gab in einem an diesen gerichteten Schreiben vom 14. Januar 2008 an, für eine - im selben
Atemzuge abgelehnte - Überstellung an die Schweiz wäre ein Laissez-Passer nicht notwendig.
An dieser Stelle kann jedoch ohnehin offen bleiben, in welcher Form bzw. mittels welchen Dokuments die
Vorinstanz die Wiederaufnahme ermöglichen könnte oder ob - worauf das erwähnte Schreiben
schliessen lässt - gar eine formlose Übernahme möglich wäre. Da die Vorinstanz darüber
nicht befunden hat, bilden diese Möglichkeiten nicht Gegenstand des Verfahrens. Es bleibt ihr jedenfalls
aber unbenommen, auf den Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft auf andere
Weise als mittels der Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge zu seiner Wiederaufnahme
Hand zu bieten. Sollte es nicht dazu kommen, so könnte ihm der Vorbehalt von Art. 28 Ziff. 1
Satz
1
FK bzw. Art. 59 Abs. 3
AuG - wie unter E. 4.2 ausgeführt - nicht entgegengehalten werden; er hätte
folglich einen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises. Diesfalls wäre das BFM verpflichtet,
ihm einen solchen auszustellen. Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang, dass die Ausgestaltung dieses
Ausweises dann wiederum Sache des BFM wäre und nichts dagegen spricht, einen solchen auch zu einem
beschränkten Zweck (die Wiedereinreise in die Schweiz) bzw. für einen wesentlich kürzeren
als den in Art. 10 Abs. 1 Bst. a
RDV vorgesehenen Zeitraum auszustellen.
Schliesslich ist festzuhalten,
dass vorliegend offen bleiben kann, wie die Frage der Verweigerungsgründe nach Art. 28
FK bzw. Art.
59 Abs. 3
AuG zu beurteilen wäre, wenn der Beschwerdeführer - unter im Übrigen gleichbleibenden
Umständen - bei einem Aufenthalt hierzulande um Ausstellung des fraglichen Ausweises ersuchen würde,
es folglich nicht nur darum ginge, ihm damit die Wiedereinreise in die Schweiz zu ermöglichen.
4.4
Dementsprechend hat der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises
für Flüchtlinge nach der Flüchtlingskonvention gestützt auf Art. 28 Ziff. 1
Satz
1
FK, soweit ihm auf den Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Haft hin nicht auf andere Weise die Wiedereinreise
in die Schweiz ermöglicht werden sollte.
5.
Die angefochtene Verfügung ist
daher in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die nach Art. 1
RDV für die Ausstellung von Reisedokumenten
für ausländische Personen zuständige Vorinstanz anzuweisen, dem Beschwerdeführer
den nachgesuchten Ausweis auszustellen, sollte seine Wiederaufnahme auf jenen Zeitpunkt hin nicht auf
andere Weise erfolgt sein.
6.
Zu befinden bleibt schliesslich über die Verfahrens-
und Parteikosten sowie über das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs.
1 e
contrario
VwVG). Gestützt auf Art. 64 Abs. 1
VwVG i.V.m. Art. 7 ff
. des des Reglements vom 21.
Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE,
SR
173.320.2) ist ihm ausserdem eine Parteientschädigung zu Lasten der Vorinstanz zuzusprechen. Dem
Gericht liegt keine Kostennote vor, weshalb die Parteientschädigung aufgrund der Akten (Art. 14
Abs. 2
VGKE) auf Fr. 1'800.- (inkl. Auslagen und MWST) festzusetzen ist.
Das Gesuch um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege ist damit als gegenstandslos abzuschreiben.
Demnach erkennt
das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen
und die angefochtene Verfügung vom 9. Oktober 2008 aufgehoben.
2.
Die Vorinstanz
wird angewiesen, dem Beschwerdeführer - sollte auf den Zeitpunkt seiner Haftentlassung keine Wiederaufnahme
durch die Schweiz erfolgen - einen Reiseausweis für Flüchtlinge gemäss der Flüchtlingskonvention
auszustellen.
3.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
4.
Die Vorinstanz
hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Fr. 1'800.-
(inkl. Auslagen und MWST) zu entschädigen.
5.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben.
6.
Dieses Urteil geht an:
den
Beschwerdeführer (Einschreiben)
die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [...] retour)
das Migrationsamt
des Kantons Zürich (Ref-Nr. [...])
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Ruth
Beutler Viviane Eggenberger
Versand: