Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-6991/2008{T 0/2}
Urteil
vom 1. September 2010
Besetzung
Richterin Ruth Beutler (Vorsitz),
Richterin Elena
Avenati-Carpani,
Richter Jean-Daniel Dubey, Richter Antonio Imoberdorf, Richter Bernard Vaudan,
Gerichtsschreiberin
Viviane Eggenberger.
Parteien
X._______,
vertreten durch Substitutin lic. iur. Magda
Zihlmann,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration BFM,
Quellenweg
6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.
Sachverhalt:
A.
Der
Beschwerdeführer, geboren [...] 1960, stammt ursprünglich aus Albanien. Er reiste im Jahre
1991 in die Schweiz ein und durchlief hier ein Asylverfahren. Nachdem sein Asylgesuch rechtskräftig
abgewiesen worden war, heiratete er am 15. Dezember 1992 die schweizerische Staatsangehörige Y._______,
geboren [...] 1909.
B.
Auf Gesuch vom 4. Oktober 2002 hin wurde der Beschwerdeführer
am 18. Juni 2003 in der Schweiz erleichtert eingebürgert.
C.
Mit Urteil des Bezirksgerichts
Zürich vom 5. Juli 2004 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit der Schweizer Bürgerin
geschieden. Anschliessend heiratete er am 13. Oktober 2004 die albanische Staatsangehörige Z._______,
geboren [...] 1971, mit welcher er zuvor das Kind A._______, geboren [...] 2004, gezeugt hatte. In der
Folge wies der Heimatkanton das Bundesamt für Migration (BFM) mit Schreiben vom 27. Mai 2005 auf
die Scheidung und die Wiederverheiratung des Beschwerdeführers hin und beantragte, die Nichtigerklärung
der erleichterten Einbürgerung zu prüfen.
D.
[...] 2007 wurde das zweite Kind
B._______ geboren, welches gestützt auf die Einbürgerung des Beschwerdeführers - wie bereits
das Kind A._______ - ebenfalls das Schweizer Bürgerrecht erhielt.
E.
Mit (nicht
eingeschriebenem) Schreiben vom 18. März 2008 teilte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer mit,
dass die Einbürgerung nach Art. 41 Abs. 1
des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (BüG,
SR 141.0) für nichtig erklärt werden könne, wenn sie durch falsche Angaben oder die Verheimlichung
erheblicher Tatsachen erschlichen worden sei. In diesem Zusammenhang unterbreitete das BFM dem Beschwerdeführer
verschiedene Fragen betreffend die Ehe mit Y._______ und ersuchte ihn, bis zum 11. April 2008 dazu Stellung
zu nehmen.
F.
Mit Datum vom 2. April 2008 (Ausgangsstempel BFM: 3. April 2008) sandte
die Vorinstanz dem Beschwerdeführer - wiederum nicht eingeschrieben - ein praktisch identisches
Schreiben, wobei in der Adresse neu der Zusatz "c/o D._______" verwendet und als letzter Termin
für die Einreichung einer Stellungnahme der 16. April 2008 genannt wurde.
G.
Nachdem
bis zum festgesetzten Zeitpunkt keine Antwort eingegangen war, forderte die Vorinstanz den Beschwerdeführer
(nochmals) zur Stellungnahme "innert eines Monats" auf. Diese Aufforderung wurde ihm durch
Publikation im Bundesblatt am 14. Mai 2008 eröffnet.
H.
Mit Verfügung vom 3.
Juni 2008 erklärte das BFM daraufhin die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers
für nichtig. Gleichzeitig hielt die Vorinstanz fest, dass sich die Nichtigkeit auf alle Familienmitglieder
erstrecke, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruhe.
Zudem wurde für den Erlass der Verfügung eine Gebühr von Fr. 400.- erhoben. Diese Verfügung
wurde ihm - wiederum durch Publikation im Bundesblatt - gleichentags eröffnet. Der Beschwerdeführer
habe, so wurde zur Begründung ausgeführt, die Gelegenheit erhalten, die Vermutung der erschlichenen
Einbürgerung umzustossen. Er habe jedoch auf die beiden an ihn gerichteten Schreiben nicht geantwortet,
obwohl es sich bei der von der Vorinstanz verwendeten Anschrift um seine - gemäss Auskunft der Einwohnerkontrollbehörde
Zürich - aktuelle Wohnadresse gehandelt habe und obwohl die Schreiben von der Post nicht als unzustellbar
an das BFM zurückgesandt worden seien. Da der Beschwerdeführer keinerlei Absicht bekundet habe,
zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu beziehen, werde die erleichterte Einbürgerung
in Abwesenheit nichtig erklärt.
I.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 ersuchte die
Vorinstanz den Kanton Aargau als Heimatkanton um (aufgrund des Ablaufs am 18. Juni 2008 der in Art. 41
Abs. 1
BüG festgelegten Fünfjahresfrist) "rasche Zustimmung" zur Nichtigerklärung
der erleichterten Einbürgerung des Beschwerdeführers. Diese wurde ihr anderntags von der zuständigen
kantonalen Behörde erteilt.
J.
Am 29. Juli 2008 wandte sich der Beschwerdeführer
per Telefax an das BFM. In seinem Schreiben machte er geltend, er habe heute von seiner Wohngemeinde
zufällig erfahren, dass seine erleichterte Einbürgerung sowie diejenige seiner beiden Kinder
nichtig erklärt worden sei, und bat er die Vorinstanz um Zustellung allfälliger Verfügungskopien.
K.
Mit
E-Mail vom 3. August 2008 sowie mit weiterem Telefax-Schreiben vom 4. August 2008 ersuchte der Beschwerdeführer
das BFM nochmals darum, ihm Kopien allfälliger Verfügungen per Post zuzustellen.
L.
Am
13. August 2008 antwortete die Vorinstanz mit eingeschriebenem Brief, dass gegen den Beschwerdeführer
mit Schreiben vom 18. März 2008 ein Verfahren betreffend Nichtigerklärung eingeleitet worden
sei. Dieses Schreiben sei unbeantwortet geblieben, obwohl es an seine heutige Adresse gesandt worden
sei. Ebenso wenig habe der Beschwerdeführer auf das zweite Schreiben vom 2. April 2008 reagiert.
Das BFM habe aufgrund dieser Verletzung der Mitwirkungspflicht das Verfahren "in contumaciam"
weitergeführt. Das Verfahren sei inzwischen rechtskräftig abgeschlossen und es sei kein Grund
ersichtlich, weshalb wiedererwägungsweise darauf zurückgekommen werden müsste.
M.
Mit
auf den 15. August datiertem Schreiben (Datum Telefax-Übermittlung: 18. August 2008) erklärte
der Beschwerdeführer dem BFM, mit dem Inhalt des Antwortschreibens nicht einverstanden zu sein.
Er habe die beiden Briefe vom 18. März 2008 und 12. (recte: 2.) April 2008 leider nicht erhalten,
sondern nur zufällig am 29. Juli 2008 auf der Einwohnerkontrolle von der Nichtigerklärung der
erleichterten Einbürgerung erfahren. Hätte er die beiden Schreiben erhalten, hätte er
nicht erst nach dem Abschluss des Verfahrens versucht, das BFM zu kontaktieren. Er bitte um Entschuldigung,
aber wahrscheinlich habe er ein Problem mit dem Briefkasten bzw. dem Briefträger. Bis dieses Problem
gelöst sei, bitte er darum, ihm sämtliche Korrespondenz eingeschrieben zu senden. Er werde
für die daraus entstehenden Mehrkosten aufkommen.
N.
Mit ergänzender Telefax-Eingabe
vom 22. September 2008 bat der Beschwerdeführer die Vorinstanz nochmals um eine Stellungnahme.
O.
Am
7. Oktober 2008 richtete sich der Beschwerdeführer erneut per Telefax an die Vorinstanz. In diesem
Schreiben machte er namentlich geltend, er versuche seit ca. zwei Monaten fast zwei Mal pro Woche vergeblich,
den zuständigen Sachbearbeiter telefonisch zu erreichen, und er habe noch immer keine Verfügungskopie
erhalten. Das Begehren um Zustellung einer Verfügungskopie wiederholte er auch im nachfolgenden
Brief vom 10. Oktober 2008.
P.
Am 22. Oktober 2008 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer
persönlich Einsicht in die Verfahrensakten am Sitz der Behörde.
Q.
Am folgenden
Tag wandte sich der Beschwerdeführer erneut schriftlich an das BFM und machte unter anderem geltend,
dass die Anschrift des ersten Schreibens nicht korrekt gewesen sei, da der Zusatz "c/o D._______"
gefehlt habe. Er verstehe insbesondere nicht, weshalb der zweite Brief unter diesen Umständen nicht
eingeschrieben verschickt worden sei.
R.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 hielt das
BFM an seinem Standpunkt fest und verwies den Beschwerdeführer auf den Rechtsmittelweg.
S.
Am
5. November 2008 reichte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein. In seiner
Rechtsmitteleingabe beantragt er in materieller Hinsicht, es sei die Nichtigkeit der Verfügung vom
3. Juni 2008 festzustellen, eventualiter sei die vorinstanzliche Verfügung und damit die Nichtigerklärung
der erleichterten Einbürgerung sowie die Auferlegung der Verwaltungsgebühr aufzuheben.
T.
In
ihrer Vernehmlassung vom 5. Januar 2009 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.
U.
Mit
Zwischenverfügung vom 9. Januar 2009 hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, die vorinstanzliche
Verfügung vom 3. Juni 2008 entfalte für die Dauer des Beschwerdeverfahrens keine Rechtswirkungen.
V.
Mit
Replik vom 9. Februar 2009 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen und deren Begründung
fest.
W.
Mit ergänzender Beweismitteleingabe vom 2. März 2009 reichte der Beschwerdeführer
zwei an ihn adressierte Briefumschläge von Bekannten zu den Akten. Diese beiden Briefe seien von
der Post an die jeweilige Absenderin retourniert worden. Es sei nicht plausibel, dass ausgerechnet nur
dem BFM falsch adressierte Postsendungen nicht zurückgeschickt worden sein sollten.
X.
Auf
die weitergehenden Ausführungen in den Eingaben auf Beschwerdeebene wird - soweit entscheiderheblich
- in den Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das
Bundesverwaltungsgericht unter Vorbehalt der in Art. 32
VGG genannten Ausnahmen Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021),
welche von einer der in Art. 33
VGG aufgeführten Behörden erlassen wurden. Darunter fallen
gemäss Art. 51 Abs. 1
BüG Verfügungen des BFM betreffend Nichtigerklärung einer erleichterten
Einbürgerung nach Art. 41 Abs. 1
BüG.
1.2 Gemäss Art. 37
VGG richtet sich
das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, sofern das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts
anderes bestimmt.
2.
Als Verfügungsadressat ist der Beschwerdeführer durch
die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Juni 2008 besonders berührt und er hat ein schutzwürdiges
Interesse an ihrer Aufhebung bzw. an der Feststellung ihrer Nichtigkeit (Art. 48 Abs. 1
VwVG).
Hinsichtlich
der Einhaltung der Beschwerdefrist wird geltend gemacht, die am 3. Juni 2008 im Bundesblatt publizierte
Verfügung der Vorinstanz sei nicht korrekt eröffnet worden, da keine der in Art. 36
VwVG genannten
Voraussetzungen für eine amtliche Publikation erfüllt gewesen seien. Aus mangelhafter Eröffnung
dürfe aber kein Nachteil erwachsen (Art. 38
VwVG), weshalb die Veröffentlichung nicht als fristauslösend
angesehen werden könne. Der Beschwerdeführer macht geltend, erstmals am 29. Juli 2008 vom Umstand
erfahren zu haben, dass er nicht mehr über das Schweizer Bürgerrecht verfüge. Am 15. August
2008 (vgl. Schreiben des BFM vom 13. August 2008) sei er schliesslich dahingehend informiert worden,
dass seine Einbürgerung in Abwesenheit für nichtig erklärt worden sei. Den genannten Mitteilungen
könne keine fristauslösende Wirkung zukommen, da er nach wie vor keine Kenntnis vom Inhalt
der fraglichen Verfügung gehabt habe. Selbst wenn von einer Eröffnung am 29. Juli bzw. am 15.
August 2008 auszugehen wäre, müsste die Beschwerdefrist als gewahrt betrachtet werden. Das
BFM wäre nämlich verpflichtet gewesen, seine Eingaben vom 4. und 18. (recte 15.) August 2008
als sinngemässe Beschwerden in Anwendung von Art. 8 Abs. 1
VwVG an das Bundesverwaltungsgericht
weiterzuleiten. Schliesslich habe er erst am 22. Oktober 2008 Einsicht in die Akten der Vorinstanz und
damit Kenntnis von der angefochtenen Verfügung nehmen können. Ausgehend von einer Eröffnung
an diesem Tag wäre die Rechtsmittelfrist von 30 Tagen mit vorliegender Beschwerdeeingabe vom 5.
November 2008 ebenfalls gewahrt.
Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung ist die Nichtigkeit
eines Entscheides jederzeit und von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden von Amtes wegen zu
beachten (vgl. nur BGE
133 II 366 E. 3.1 S. 367 sowie BGE
132 II 342 E. 2.1 S. 346 jeweils mit Hinweisen).
Sie kann daher - unter dem Vorbehalt rechtsmissbräuchlichen Zuwartens - auch jederzeit und vor jeder
Instanz geltend gemacht werden (vgl. BGE
129 I 361 E. 2.3 S. 365 sowie zum Ganzen: Yvo Hangartner, Die
Anfechtung nichtiger Verfügungen und von Scheinverfügungen, Aktuelle Juristische Praxis [AJP]
2003 S. 1053 ff., S. 1054, Markus Müller, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG, Kommentar
zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich/St. Gallen 2008, N 10 zu Art. 5
, Felix
Uhlmann/Alexandra Schwank, in: Waldmann/Weissenberger, Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, N 4 zu
Art. 38 mit Hinweisen). Vorliegend erübrigen sich angesichts untenstehender Erwägungen (vgl.
insb. E. 8) sodann Ausführungen zur Frage des Eröffnungszeitpunkts bzw. der Rechtzeitigkeit
der Beschwerdeerhebung.
3.
Mit seinem Hauptbegehren beantragt der Beschwerdeführer,
es sei die Nichtigkeit der Verfügung vom 3. Juni 2008 festzustellen. Zur Begründung führt
er im Wesentlichen an, er habe die beiden Schreiben des BFM vom 18. März bzw. vom 2. April 2008
nicht erhalten und so seinen gesetzmässigen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs
(Art. 30
VwVG) nicht wahrnehmen können. Weiter sei die Verfügung nicht korrekt eröffnet
worden. Diese hätte - in Anwendung von Art. 34 Abs. 1
VwVG - schriftlich eröffnet werden müssen,
nicht aber durch amtliche Publikation. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei Art. 36 Bst. b
VwVG
vorliegend nicht anwendbar. Er halte sich in der Schweiz auf, sein Aufenthaltsort sei bekannt und eine
Zustellung an der Wohnadresse möglich.
4.
Fehlerhafte Entscheide sind gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn
er sich als offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar erweist und wenn zudem die Rechtssicherheit
durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (vgl. Ulrich Häfelin/Georg
Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, Rz. 956 ff.). Als
Nichtigkeitsgründe fallen vorab die (funktionelle oder sachliche) Unzuständigkeit der entscheidenden
Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht (BGE
133 II 366 E. 3.2 S. 367, BGE
132 II 21 E.
3.1 S. 27, BGE
129 I 361 E. 2.1 S. 364 jeweils mit Hinweisen), ebenso schwerwiegende Form- bzw. Eröffnungsfehler
(vgl. Felix Uhlmann/Alexandra Schwank, a.a.O., N 3 zu Art. 38, Markus Müller, a.a.O., N 10 zu Art.
5).
Eine Verfügung, die in Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen ist,
ist sodann in der Regel nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (BGE 135 V 134 E. 3.2 S. 138 und
BGE
129 I 361 E. 2.1 S. 364 je mit Hinweisen; Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch
auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 450 ff.). Jedoch
haben solche Gehörsverletzungen Nichtigkeit zur Folge, wenn es sich um einen besonders schwerwiegenden
Verstoss gegen grundlegende Parteirechte handelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die betroffene
Person von einer Verfügung mangels Eröffnung keine Kenntnis hat bzw. gar keine Gelegenheit
erhalten hat, am Verfahren, das zur beanstandeten Verfügung geführt hat, teilzunehmen (BGE
129 I 361 E. 2.1 S. 364 mit Hinweisen, vgl. auch das Urteil des Bundesgerichts
4A_277/2009 vom 11. November
2009 E. 4.3 in fine).
Eine nichtige Verfügung entfaltet keinerlei Rechtswirkungen; sie ist
von ihrem Erlass an (ex tunc) und ohne amtliche Aufhebung absolut unwirksam respektive inexistent (vgl.
Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., Rz. 955, Markus Müller, a.a.O., N 10
zu Art. 5; BGE
132 II 21 E. 3.1 S. 27, BGE
129 I 361 E. 2.3 S. 364 f.). Ob eine Verfügung als nichtig
zu betrachten ist, ist deshalb im Zusammenhang mit den Prozess- bzw. Eintretensvoraussetzungen zu prüfen:
Wird eine Verfügung als nichtig erachtet, liegt nach dem Gesagten kein Anfechtungsobjekt vor; es
ergeht deshalb ein entsprechender Feststellungsentscheid (vgl. Yvo Hangartner, a.a.O., S. 1054; BGE
132
II 342 E. 2.3 S. 349).
5.
5.1 Im Folgenden ist zunächst zu untersuchen, ob die
Vorinstanz den in Art. 29 Abs. 2
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April
1999 (BV,
SR 101) verankerten verfassungsmässigen Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches
Gehör verletzt hat (zu dessen Inhalt allgemein vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix
Uhlmann, a.a.O., Rz. 1672 ff., Michele Albertini, a.a.O., S. 202 ff.). Eine solche Verletzung läge
insbesondere vor, wenn er keine Kenntnis vom gegen ihn laufenden Verfahren betreffend Nichtigerklärung
der erleichterten Einbürgerung und infolgedessen auch keine Gelegenheit erhalten hätte, von
seinem Recht auf Äusserung und Mitwirkung am vorinstanzlichen Verfahren Gebrauch zu machen (vgl.
das Urteil des Bundesgerichts
6B_682/2008 vom 16. Februar 2009 E. 1.1 mit Hinweis; Michele Albertini,
a.a.O., S. 206 ff. sowie S. 259 ff.).
Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang insbesondere
geltend, er habe die beiden Schreiben des BFM vom 18. März und vom 2. April 2008 (vgl. Sachverhalt
Bst. E und F) mit der Mitteilung der Verfahrenseinleitung sowie der Aufforderung zur Stellungnahme nicht
erhalten bzw. diese seien ihm nicht zugestellt worden.
5.2 Verfügungen werden den Parteien
grundsätzlich schriftlich eröffnet (Art. 34 Abs. 1
VwVG). Sie gelten nach herrschender Lehre
und Praxis dann als zugestellt, wenn sie in den Machtbereich der betreffenden Person gelangen und diese
so die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen. Tatsächliche Kenntnisnahme oder gar Lektüre
ist nicht vorausgesetzt (vgl. BENOÎT BOVAY, Procédure administrative, Bern 2000, S. 274, ALFRED
KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl.,
Zürich 1998, Rz. 341; Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes
A-6799/2007 vom 4. Dezember 2007 E.
3.4).
5.3 Aus den Akten geht hervor, dass die Justizabteilung des Departements des Innern
des Kantons Aargau, Sektion Bürgerrecht und Personenstand, mit Schreiben vom 27. Mai 2005 an das
BFM gelangte und unter Verweis auf bestimmte Dokumente (u.a. Ehescheidung des Beschwerdeführers
von seiner Schweizer Ehefrau, Wiederverheiratung mit einer Landsfrau) die Durchführung eines Verfahrens
nach Art. 41 Abs. 1
BüG beantragte. Erstmals am 18. März 2008 und nachfolgend am 2. April 2008
gelangte das BFM, wie erwähnt, an den Beschwerdeführer und ersuchte ihn um Stellungnahme im
eröffneten Verfahren betreffend Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.
Für
die Tatsache sowie den Zeitpunkt der Zustellung der fraglichen Schreiben ist die Vorinstanz beweispflichtig.
Gelingt ihr der Beweis nicht, hat sie dementsprechend die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Mit Blick
auf die Eigenheiten der Massenverwaltung erfolgt die Feststellung von Tatsachen, welche für die
Zustellung bzw. Eröffnung einer Verfügung erheblich sind, anhand des Beweisgrades der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit; der wahrscheinlichste Geschehensablauf ist daher massgebend. Wird die Tatsache oder
der Zeitpunkt der Zustellung einer nicht eingeschriebenen (also ohne Zustellnachweis verschickten) Verfügung
bzw. Sendung bestritten, können diese nicht allein anhand des üblichen administrativen Ablaufs
als erstellt betrachtet werden; hingegen kann der Nachweis aufgrund weiterer Indizien oder der Gesamtumstände
(wie beispielsweise der Erfüllung einer Forderung, der Korrespondenz, dem Verhalten einer Person
oder Zeugenaussagen) erbracht werden. Aufgrund der Beweislastverteilung ist jedoch im Zweifel auf die
Darstellung des Empfängers abzustellen (vgl. zum Ganzen insbesondere Urteile des Bundesgerichts
9C_348/2009 vom 27. Oktober 2009 E. 2.1 und I 218/04 vom 31. August 2004 E. 5.1 sowie auch
C 192/02 vom
29. August 2003 E. 1.2 und I 738/01 vom 18. April 2002 E. 1b und 1c je mit Hinweisen).
Gelingt vorliegend
der Vorinstanz der Beweis der Zustellung der beiden Verfügungen vom 18. März und 2. April 2008
nicht, ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer keine Kenntnis vom gegen ihn eröffneten
Verfahren und von den Aufforderungen zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs hatte.
5.4
Von der Vorinstanz wird nicht in Abrede gestellt, dass die beiden Briefe nicht als eingeschriebene Sendungen,
sondern mit gewöhnlicher Post versandt wurden, so dass hinsichtlich der Zustellung kein förmlicher
Beweis erbracht werden kann. Gemäss der soeben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtes genügt
der Verweis auf den normalen organisatorischen Ablauf bei der Verwaltung den Beweisanforderungen in diesem
Zusammenhang nicht. Die Ausführungen der Vorinstanz in der Vernehmlassung vom 5. Januar 2009, beide
Briefe trügen amtsinterne Ausgangsstempel, seien an die offizielle Wohnadresse des Beschwerdeführers
(der erste jedoch ohne den Zusatz "bei D._______"; gemäss Bestätigung des Personenmeldeamts
Zürich vom 30. Oktober 2008 gehört dieser Zusatz jedoch zur offiziellen Adresse) gerichtet
gewesen und keines der fraglichen Schreiben sei als unzustellbar retourniert worden, sind daher unbehelflich.
Sie erbringen - entgegen der Auffassung des BFM - nicht den Beweis dafür, dass die Verfügungen
dem Briefkasten des Beschwerdeführers auch tatsächlich "ordnungsgemäss zugeführt
werden konnten".
5.5 Es stellt sich daher die Frage, ob der Nachweis der Zustellung
aufgrund von weiteren Indizien oder gestützt auf die gesamten Umstände mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit als erbracht zu betrachten ist (vgl. dazu die unter E. 5.3 zitierte
Rechtsprechung). Entsprechende Hinweise oder Umstände sind vorliegend jedoch keine ersichtlich.
Wohl mag es nicht alltäglich sein, dass gleich zwei Briefe den Empfänger nicht erreichen. Dies
genügt jedoch nicht, um ohne Weiteres von einer erfolgten Zustellung ausgehen zu können, zumal
die Vorinstanz offenbar im Falle des Briefes vom 18. März 2008 selbst ein mögliches Problem
bei der postalischen Zustellung nicht ausschloss und am 2. April 2008 ein zweites Schreiben versandte,
diesmal mit dem Zusatz "c/o D._______". Weiter ist festzuhalten, dass bis dahin kein Verfahren
hängig gewesen war, in dessen Rahmen bereits mehrere schriftliche oder mündliche Kontakte stattgefunden
hätten, die es als höchst wirklichkeitsfremd erscheinen liessen, dass ausgerechnet die in Frage
stehenden Schreiben den Beschwerdeführer nicht erreicht haben sollten. Auch sonst liegen keine Umstände
vor, die bezüglich der Annahme der erfolgten Zustellung keine Zweifel zuliessen bzw. die erfolgte
Zustellung als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen würden. Die vom Beschwerdeführer
als Beweismittel eingereichten beiden Kuverts (dritter Absender; ebenfalls ohne den Zusatz "c/o
D._______" in der Adressierung), bei welchen es erwiesenermassen zu Zustellungsproblemen gekommen
ist, sprechen vielmehr für die Plausibilität seiner Darstellung.
Folglich ist auf die
Darstellung des Empfängers abzustellen, wonach ihm die fraglichen Postsendungen nicht zugestellt
wurden. Bei dieser Sachlage können Mutmassungen darüber unterbleiben, ob bzw. wo und bei wem
ein Fehler passiert sein könnte (Briefsendungen vom Empfänger irrtümlich nicht beachtet,
Nichtversand der Briefe, Verwendung einer falschen Adresse, Probleme bei der Postzustellung, als unzustellbar
retournierte Sendungen in den Verfahrensakten nicht abgelegt etc.).
5.6 In der Folge erliess
die Vorinstanz eine Verfügung mit der Bezeichnung "Eröffnung eines Verfahrens betreffend
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung". Darin wurde der Beschwerdeführer
aufgefordert, "innert eines Monats nach Publikation" zur allfälligen Nichtigerklärung
der Einbürgerung Stellung zu nehmen. Diese Verfügung wurde nicht auf dem Postweg versandt,
sondern am 14. Mai 2008 im Bundesblatt publiziert (
BBl 2008 3411). Art. 23
VwVG sieht vor, dass die Behörde,
die eine Frist ansetzt, gleichzeitig auch die Folgen der Versäumnis androht, wobei im Versäumnisfalle
nur die angedrohten Folgen eintreten. Abgesehen davon, dass die Eröffnung von Verfügungen per
amtlicher Publikation dem Beschwerdeführer (entgegen der eben wiedergegebenen Vorschrift) nie angedroht
worden war und die Verfügung vom 14. Mai 2008 ihrerseits (wiederum entgegen der erwähnten Bestimmung)
keine Säumnisfolgen androht, erliess das BFM die Endverfügung (Nichtigerklärung der erleichterten
Einbürgerung) am 3. Juni 2008 und damit noch vor Ablauf der mit der Verfügung vom 14. Mai 2008
eingeräumten einmonatigen Frist zur Stellungnahme. Selbst wenn man die Frage der Zulässigkeit
der Eröffnung dieser Verfügung (sowie derjenigen vom 3. Juni 2008) durch Publikation im Bundesblatt
an dieser Stelle ausser Acht lässt bzw. mit der Vorinstanz (vgl. Vernehmlassung des BFM vom 5. Januar
2009, S. 4 Abschnitt 3) von der Zulässigkeit dieser Form der Eröffnung ausgehen würde
(vgl. dazu sogleich E. 6), so ist festzuhalten, dass das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers
ohnehin verletzt wurde: Durch den Erlass der Verfügung während noch laufender Frist für
die Stellungnahme wurde er seiner Mitwirkungsmöglichkeiten bzw. seines Rechts auf vorgängige
Äusserung beraubt (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-3445/2007 vom 24. August 2010 E.
6).
5.7 Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass die Verfügungen des BFM vom
18. März, 2. April und 14. Mai 2008 dem Beschwerdeführer nie zugestellt bzw. eröffnet
wurden oder die ihm eingeräumte Frist zur Stellungnahme nicht beachtet wurde. Infolgedessen konnte
er - in Verletzung seines verfassungsmässigen Anspruchs auf rechtliches Gehör - in keiner Weise
am vorinstanzlichen Verfahren mitwirken.
6.
Wie im Sachverhalt erwähnt (Bst. H),
wurde die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Juni 2008 durch amtliche Publikation im Bundesblatt eröffnet
(
BBl 2008 4433). Ob die Vorinstanz von dieser Art der Eröffnung unter den gegebenen Umständen
Gebrauch machen durfte oder ob darin vielmehr ein Eröffnungsfehler zu sehen ist, ist im Folgenden
zu untersuchen.
6.1 Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerdeeingabe vom 5. November
2008 geltend, die Voraussetzungen von Art. 36
VwVG seien nicht erfüllt gewesen und die Vorinstanz
hätte ihre Verfügung gemäss Art. 34 Abs. 1
VwVG schriftlich und individuell eröffnen
müssen. Sein Aufenthaltsort sei bekannt und eine Zustellung an der Wohnadresse wäre möglich
gewesen. Die Vorinstanz setze sich selbst in Widerspruch, wenn sie einerseits annehme, die Verfügungen
vom 18. März 2008 und vom 2. April 2008 hätten ihn erreicht, andererseits aber davon ausgehe,
die Zustellung der Endverfügung sei unmöglich oder der Adressat sei unbekannten Aufenthalts.
In
seiner Vernehmlassung vom 5. Januar 2009 führt das BFM aus, die angefochtene Verfügung sei
in Anwendung von Art. 36 Bst. b
VwVG (Unmöglichkeit der Zustellung) publiziert worden. Dies stehe
nicht im Widerspruch zur Tatsache, dass frühere Verfügungen hätten zugestellt werden können.
Die Unmöglichkeit der Zustellung nach Art. 36 Bst. b
VwVG sei nicht auf den Fall beschränkt,
dass eine postalische Zustellung an die gemeldete und aktuelle Wohnadresse des Betroffenen nicht möglich
sei. Der Grundgedanke der Regelung in Art. 36 Bst. a
und b
VwVG bestehe in der ersatzweisen Zustellung
von Postsendungen durch amtliche Publikation auch in Fällen, wo der Zustellung aus Gründen
wie Annahmeverweigerung oder Verfahrensvereitelung keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei. In Berücksichtigung
von BGE
119 Ib 429 sei Art. 36
VwVG weit auszulegen. Danach seien Sachverhalte miterfasst, in denen der
Adressat einer Postsendung deren Annahme willentlich verweigere und dadurch zu erkennen gebe, dass er
sich dem Verfahren in seiner Gänze entziehe. Hieraus ergebe sich eine die amtliche Publikation rechtfertigende
Unmöglichkeit. Nachdem der Beschwerdeführer auf zwei ihm zugesandte Eröffnungsverfügungen
nicht reagiert habe, sei auf Aussichtslosigkeit weiterer Zustellversuche geschlossen worden. Das BFM
führt weiter aus, es habe die Zustellung aufgrund von willentlicher und grundloser Annahmeverweigerung
wie auch aufgrund der Verletzung gebotener Umsicht bzw. der aus Treu und Glauben erwachsenden Sorgfalts-
bzw. Mitwirkungspflicht bezüglich der Annahme von Postsendungen als unmöglich erachtet und
das Verfahren in Anwendung von Art. 36
VwVG in Abwesenheit mittels öffentlicher Publikation im Bundesblatt
fortgeführt. In diesem Vorgehen sie kein Mangel zu erblicken.
In seiner Replik vom 9. Februar
2009 bestreitet der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Ausführungen der Vorinstanz. Insbesondere
weist er den Vorwurf der willentlichen und grundlosen Annahmeverweigerung der erwähnten Verfügungen
zurück. Zudem sei Art. 36 Bst. b
VwVG von Vornherein auf Fälle beschränkt, in denen sich
der Adressat im Ausland aufhalte. Insofern sei der Verweis auf BGE
119 Ib 429 (einen Fall mit Auslandbezug
betreffend) nicht einschlägig.
6.2 Die Eröffnung einer Verfügung durch amtliche
Publikation stellt nicht eine alternative Eröffnungsart dar, sondern ist als ausserordentliche Form
der Eröffnung nur unter den engen Voraussetzungen von Art. 36
VwVG zulässig, d.h. wenn eine
Partei auf normalem Weg nicht oder nur erschwert erreicht werden kann (Bst. a und b) oder wenn es sich
um sogenannte Massenverfahren handelt (Bst. c und d). In allen anderen Fällen besteht Anspruch auf
individuelle Zustellung im Sinne von Art. 34 Abs. 1
VwVG (vgl. Lorenz Kneubühler, in: Auer/Müller/Schindler,
a.a.O., N 2 zu Art. 34 und N 5 zu Art. 36, Felix Uhlmann/Alexandra Schwank, a.a.O., N 1 zu Art. 36).
6.2.1
Dass der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes (gewesen) wäre, macht auch die Vorinstanz
nicht geltend. Art. 36 Bst. a
VwVG gelangt daher nicht zur Anwendung und kommt vorliegend als Rechtsgrundlage
für die erfolgte amtliche Publikation nicht in Frage. Gleiches gilt im Übrigen für die
Bst. c und d der genannten Bestimmung.
6.2.2 Art. 36 Bst. b
VwVG, auf den sich die Vorinstanz für
die Publikation im Bundesblatt, wie erwähnt, stützen will, ist nach seinem unzweideutigen Wortlaut
ausschliesslich auf Sachverhalte mit Auslandbezug anwendbar. Die Behörde kann nach dieser Bestimmung
ihre Verfügungen durch Veröffentlichung in einem amtlichen Blatt eröffnen "gegenüber
einer Partei, die sich im Ausland aufhält und keinen erreichbaren Vertreter hat, wenn die Zustellung
an ihren Aufenthaltsort unmöglich ist oder wenn die Partei entgegen Artikel 11b Absatz 1
kein Zustellungsdomizil
in der Schweiz bezeichnet hat" (Hervorhebung nicht im Original). Die Unmöglichkeit der Zustellung
- ob faktisch oder rechtlich (BGE
119 Ib 429 E. 2b S. 431) - bezieht sich damit immer auf Personen im
Ausland. Schon aus diesem Grund ist nicht einsichtig, dass - entsprechend "dem Grundgedanken der
Regelung", wie dies die Vorinstanz offenbar annimmt - das Kriterium der Unmöglichkeit auch
auf Fälle, in welchen sich der Beschwerdeführer - an einer bekannten Adresse - im Inland aufhält,
Anwendung finden soll.
6.3 Eröffnet die zuständige Behörde ein Verfahren betreffend
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung, so hört sie - entsprechend dem Grundsatz
des Anspruchs auf rechtliches Gehör - die betroffene Person vorher an (Art. 29
und 30 Abs. 1
VwVG).
Als anzudrohende Säumnisfolgen (vgl. Art. 23
VwVG) kommen in vorliegendem Zusammenhang etwa die
Fortführung des Verfahrens ohne die einverlangte Stellungnahme oder die Annahme des Verzichts auf
eine Stellungnahme in Betracht (vgl. URS PETER CAVELTI, in: Auer/Müller/Schindler, a.a.O., N 15
zu Art. 23
). Angezeigt wäre ebenfalls ein Hinweis auf die Mitwirkungspflicht gemäss Art. 13
Abs. 1 Bst. a
VwVG. Diese Bestimmung findet auch im Verfahren betreffend Nichtigerklärung der erleichterten
Einbürgerung Anwendung (obwohl dieses nicht auf Begehren des Betroffenen eingeleitet wurde), da
es mit dem früheren, von diesem in die Wege geleiteten Einbürgerungsverfahren konnex ist (Urteil
des Bundesgerichts
5A.9/2006 vom 7. Juli 2006 E. 2.4.1; vgl. auch CHRISTOPH AUER, in: Auer/Müller/Schindler,
a.a.O., N 13 und 15 f. zu Art. 13). Im Übrigen hat die Partei, die die ihr zumutbare Mitwirkungspflicht
verweigert, damit zu rechnen, dass ihr Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend gewichtet
wird (Art. 19
VwVG i.V.m. Art. 40
des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
[BZP,
SR 273]).
Damit ist die zuständige Behörde unter Umständen befugt, einen Sachentscheid
zu fällen, obwohl der Betroffene, der vom eingeleiteten Verfahren Kenntnis hat und dem in gesetzeskonformer
Weise Gelegenheit zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs gegeben wurde, von seinen Parteirechten
nicht Gebrauch gemacht hat. Dies enthebt die Behörde jedoch nicht ihrer Pflicht, die Verfügung
entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu eröffnen. Das Gesetz schreibt ihr zwar nicht vor,
auf welche Art die gemäss Art. 34 Abs. 1
VwVG in schriftlicher Form ausgefertigte Verfügung
den Parteien überbracht bzw. zugestellt wird. Aus Beweisgründen wird sie dies auf dem Postweg
per Einschreiben, mit Einschreiben/Rückschein oder Gerichtsurkunde tun. Der Zeitpunkt der Eröffnung
richtet sich dabei nach Art. 20 Abs. 1
VwVG; bleibt der Zustellversuch erfolglos, greift die Zustellfiktion
nach Abs. 2bis der genannten Bestimmung (zu den Voraussetzungen der Zustellfiktion vgl. das Urteil des
Bundesgerichts
1C_491/2008 vom 10. März 2009 E. 2.2.2). Weshalb vorliegend nicht im beschriebenen
Sinn an die offizielle Adresse des Beschwerdeführers hätte zugestellt werden können, ist
nicht ersichtlich und wird von der Vorinstanz auch nicht begründet. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer
auf die Verfügungen vom 18. März und vom 2. April 2008 nicht reagierte, kann bzw. durfte jedenfalls
nicht auf die Unmöglichkeit der Zustellung an die bekannte Adresse geschlossen werden; schliesslich
steht es Verfahrensbeteiligten auch frei, von ihren Mitwirkungsrechten nicht Gebrauch zu machen respektive
- unter Inkaufnahme der Säumnisfolgen - ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachzukommen. Die Voraussetzungen
gemäss Art. 36
VwVG waren jedenfalls, wie dargelegt, nicht erfüllt, so dass für eine amtliche
Publikation kein Raum blieb, die Vorinstanz vielmehr zur individuellen Zustellung der Verfügung
an den Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre. Die vorinstanzliche Verfügung vom 3.
Juni 2008 ist folglich nicht gesetzeskonform eröffnet worden.
7.
Zu den schwerwiegenden
Verletzungen des Gehörsanspruchs und den Eröffnungsfehlern kommt ein weiterer Mangel hinzu:
Das BFM hat mit Verfügung vom 3. Juni 2008 die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers
für nichtig erklärt, obwohl ihm die - von Art. 41 Abs. 1
BüG dafür vorausgesetzte
- Zustimmung des Heimatkantons zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag, es darum vielmehr noch nicht einmal
ersucht hatte: Erst am 10. Juni 2008 beantragte die Vorinstanz der zuständigen Behörde des
Heimatkantons des Beschwerdeführers die Erteilung der Zustimmung zur Nichtigerklärung. Diese
kam dem Ersuchen am 11. Juni 2008 nach. Zum Zeitpunkt des Erlasses der in Frage stehenden Verfügung
war damit eine der beiden formellen Voraussetzungen, welche das Gesetz für eine Nichtigerklärung
vorsieht, nicht erfüllt. Damit erweist sich die Verfügung vom 3. Juni 2008 unter einem weiteren
Aspekt als fehlerhaft.
8.
Im Folgenden ist zu prüfen, ob die festgestellten Mängel
die Annahme der Nichtigkeit der Verfügung vom 3. Juni 2008 rechtfertigen.
Die unterlassene
Orientierung hinsichtlich der Eröffnung eines Verfahrens, die daraus folgende vollständige
Unterbindung der Möglichkeit zur Teilnahme bzw. Mitwirkung und die nicht erfolgte Mitteilung eines
(sich zudem in schwerwiegender Weise auf die Rechtsstellung des Beschwerdeführers auswirkenden)
Entscheides sind als krasse Verletzungen von dessen Anspruch auf rechtliches Gehör zu qualifizieren.
Daneben sind der Vorinstanz im Zusammenhang mit dem Zustandekommen der Verfügung vom 3. Juni 2008,
wie dargelegt, weitere Fehler vorzuhalten (explizit erwähnt seien nur noch einmal die Art. 23
VwVG
zuwiderlaufende Ansetzung von Fristen ohne Androhung von Säumnisfolgen, der Erlass einer Verfügung
vor Ablauf einer für eine Stellungnahme gesetzten Frist und die Publikation im Bundesblatt ohne
Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 36
VwVG und damit anstelle der gebotenen individuellen Eröffnung).
In
einem bereits mehrfach erwähnten Entscheid hat das Bundesgericht ausgeführt, eine einen besonders
schwerwiegenden Verstoss gegen grundlegende Parteirechte darstellende Verletzung des rechtlichen Gehörs
habe die Nichtigkeit des in Frage stehenden Rechtsakts zur Folge. Von einem solchen Verstoss sei beispielsweise
auszugehen, wenn die betroffene Person von einem Entscheid mangels Eröffnung gar nichts wisse bzw.
wenn sie gar keine Gelegenheit erhalten habe, an einem gegen sie laufenden Verfahren teilzunehmen (BGE
129 I 361 E. 2.1 S. 364; vgl. auch - mit Hinweis auf diesen Entscheid - das Urteil des Bundesgerichts
4A_277/2009 vom 11. November 2009 E. 4.3 in fine). Zwar hat das Bundesgericht in einem weiteren (nicht
publizierten) Urteil betreffend dieselbe Konstellation die Frage, ob von der Nichtigkeit des angefochtenen
Entscheids auszugehen sei, offen gelassen mit der Begründung, die in Frage stehende Verfügung
sei innert Rechtsmittelfrist angefochten worden, und den Entscheid (lediglich) aufgehoben (Urteil
6B_682/2008
vom 16. Februar 2009 E. 1.1 und 1.3). Die rechtsanwendenden Behörden haben jedoch die Nichtigkeit
von Amtes wegen zu berücksichtigen und diese ist, da sie die Frage des Vorliegens eines Anfechtungsobjekts
beschlägt, wie erwähnt (E. 4), bereits bei den Eintretensvoraussetzungen zu prüfen. Vor
dem Hintergrund der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind die vorliegend festgestellten
Gehörsverletzungen als so schwerwiegend zu qualifizieren (die Vorinstanz hat mit ihrer Vorgehensweise
die fundamentalsten Aspekte des Gehörsanspruchs des Beschwerdeführers verletzt), dass sie alleine
bereits die Annahme der Nichtigkeit der in Frage stehenden Verfügung rechtfertigen würden.
Jedenfalls
aber wäre die dafür erforderliche Schwere der der Vorinstanz vorzuhaltenden Verfahrensfehler
mit Blick auf ihre Anzahl bzw. Häufung anzunehmen. Im Zusammenhang mit Verfahrensfehlern im Allgemeinen
bzw. Gehörsverletzungen im Besonderen hat das Bundesgericht bereits mehrfach festgehalten, auch
eine Häufung von (für sich allein betrachtet allenfalls weniger gewichtigen) Fehlern bzw. Rechtsverletzungen
könne zur Qualifizierung eines Mangels als schwerwiegend führen bzw. dazu, dass ein Verfahren
als derart mangelhaft erscheine, dass eine Heilung im Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen sei (vgl.
BGE
124 V 180 E. 4b S. 183 f. sowie die Urteile des Bundesgerichts
1A.57/2000 vom 8. Mai 2000 E. 6a und
1A.160/2004 vom 10. März 2005 E. 2.2). Zwar handelte es sich dabei jeweils um Konstellationen,
in welchen nicht eine allfällige Nichtigkeit eines Entscheids in Frage stand, sondern es lediglich
um die Anfechtbarkeit eines solchen ging. Doch lässt sich die dahinterstehende Überlegung,
wonach sich im Falle des Zusammentreffens mehrerer Rechtsverletzungen andere (weiterreichende) Konsequenzen
rechtfertigen als beim Vorliegen "lediglich" einer einzelnen solchen Verletzung, auf andere
Fragestellungen übertragen (in diese Richtung weist denn auch das Urteil des Bundesgerichts
2C_336/2009
vom 23. Februar 2010 E. 2.4).
Die dargelegten Fehler erreichen damit (zum Teil bereits einzeln,
umso mehr aber aufgrund der vorliegenden ausserordentlichen Häufung) die für die Annahme der
Nichtigkeit vorausgesetzte Schwere. Im Übrigen sind sie ohne weiteres als offensichtlich bzw. leicht
erkennbar zu bezeichnen. Der Beschwerdeführer hat sich schliesslich gegen die Nichtigerklärung
umgehend nach Erhalt von Hinweisen bezüglich eines entsprechenden Verfahrens und im Rahmen des ihm
Zumutbaren gewehrt. Es kann ihm daher keinerlei Versäumnis vorgeworfen werden. Mit Zwischenverfügung
vom 9. Januar 2009 stellte das Bundesverwaltungsgericht zudem fest, die Verfügung vom 3. Juni 2008
entfalte für die Dauer des Beschwerdeverfahrens keine Rechtswirkungen. Es gilt daher vorliegend
nicht, das Vertrauen allfälliger gutgläubiger Dritter in einen lange unangefochten gebliebenen
Entscheid zu schützen. Die Rechtssicherheit erscheint damit durch die Annahme der Nichtigkeit der
vorinstanzlichen Verfügung nicht tangiert.
Die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Juni 2008
erweist sich damit als qualifiziert fehlerhaft; da auch die übrigen Voraussetzungen für die
Annahme der Nichtigkeit erfüllt sind, ist sie als nichtig zu betrachten. Sie ist folglich von ihrem
Erlass weg inexistent und entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. In Bezug auf den Beschwerdeführer
bedeutet dies, dass seine Rechtsstellung nach wie vor dieselbe ist wie vor ihrem Erlass: Er ist nach
wie vor im Besitz des Schweizer Bürgerrechts, wie auch seine Kinder folglich im Besitz des (auf
seiner Einbürgerung beruhenden) ihrigen.
9.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass
sich die vorinstanzliche Verfügung vom 3. Juni 2008 aufgrund ihrer unter verschiedenen Gesichtspunkten
bestehenden, schwerwiegenden Fehlerhaftigkeit als nichtig erweist. In Gutheissung der Beschwerde vom
5. November 2008 ist daher die Nichtigkeit der fraglichen Verfügung festzustellen.
10.
Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs.
1 e
contrario
VwVG). Der bereits geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- ist ihm von
der Gerichtskasse zurückzuerstatten.
Zudem ist dem Beschwerdeführer für die ihm erwachsenen
notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten eine Parteientschädigung zu Lasten der Vorinstanz
zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1
VwVG i.V.m. Art. 7
und 14
des Reglements vom 21. Februar 2008 über
die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]). Dem Gericht
liegt keine Kostennote vor, weshalb die Parteientschädigung aufgrund der Akten (Art. 14 Abs. 2
VGKE)
auf Fr. 2'200.- (inkl. Auslagen und MWST) festzusetzen ist.
(Dispositiv S. 21)
Demnach
erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und es wird
die Nichtigkeit der Verfügung des BFM vom 3. Juni 2008 betreffend Nichtigerklärung der erleichterten
Einbürgerung festgestellt.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der vom
Beschwerdeführer am 21. Januar 2009 geleistete Kostenvorschuss von Fr. 800.- wird ihm von der Gerichtskasse
zurückerstattet.
3.
Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren
vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'200.- (inkl. Auslagen und MWST)
zu entrichten.
4.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde;
Beweismittel im Original retour; Formular "Zahladresse")
die Vorinstanz (Akten Ref-Nr.
[...] retour; Einschreiben)
das Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Sektion
Bürgerrecht und Personenstand
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste
Seite verwiesen.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Ruth
Beutler Viviane Eggenberger
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid
kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 [
BGG,
SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat,
beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
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