Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-6570/2007{T 0/2}
Urteil
vom 29. Mai 2009
Besetzung
Richter Michael Peterli (Vorsitz), Richter Johannes Frölicher,
Richter
Francesco Parrino,
Richter Alberto Meuli,
Richter Vito Valenti,
Gerichtsschreiberin Dominique
Gross.
Parteien
santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer,
handelnd durch
santésuisse Bern, Waisenhausplatz 25, Postfach 605, 3000 Bern 7,
und diese vertreten durch
Rechtsanwalt lic. iur. Andreas Gafner, Neuengasse 19, Postfach 653, 2501 Biel,
Beschwerdeführerin,
gegen
Regierungsrat
des Kantons Bern,
Postgasse 68, 3011 Bern,
vertreten durch die Gesundheits- und Fürsorgedirektion
(GEF) des Kantons Bern,
Rathausgasse 1, 3011 Bern,
Vorinstanz,
A._______,
vertreten
durch Fürsprecher Daniel Kurt, Bernstrasse 70, Postfach 297, 3072 Ostermundigen,
Beschwerdegegner,
Gegenstand
Krankenversicherung
- Tarifvertragsgenehmigung - stationäre Behandlung.
Sachverhalt:
A.
Santésuisse,
Die Schweizer Krankenversicherer, handelnd durch santésuisse, Geschäftsstelle Bern (nachfolgend:
santésuisse) hat am 15. September 2006 mit A._______ (beziehungsweise mit B._______ als deren Rechtsvorgängerin)
einen Tarifvertrag gemäss Art. 46
des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung
(
KVG,
SR 832.10) abgeschlossen betreffend die Behandlung von stationären Akutpatienten der allgemeinen
Abteilung in öffentlichen Spitälern des Kantons Bern. Dieser Tarifvertrag enthält in Anhang
2 ein Musterformular für die Eintrittsmeldung, Gesuch um Kostengutsprache und Verlängerungsgesuch,
wonach der Leistungserbringer insbesondere die Rubrik "Eintrittsindikation oder -diagnose"
auszufüllen und dem Versicherer weiterzugeben hat. Anhang 3 des Vertrages gibt ein Muster für
ein gemeinsames Rechnungsformular wieder. Demgemäss muss in der Rechnung des Leistungserbringers
an den Versicherer insbesondere die Diagnose gemäss Art. 42 Abs. 4
KVG sowie der Eingriffscode gemäss
ICD-9 (chop-2) angegeben werden.
B.
Mit Beschluss Nr. 1445 vom 29. August 2007 genehmigte
der Regierungsrat des Kantons Bern (nachfolgend: Regierungsrat) gemäss Art. 46 Abs. 4
KVG den zwischen
santésuisse und A._______ abgeschlossenen Vertrag (Ziffer 1 des Dispositivs), mit Ausnahme der in
Ziff. 1.1 und 1.2 des Dispositivs erwähnten Vertragsteile. Mit Ziff. 1.1 des Dispositivs wurde im
Musterformular von Anhang 2 des Vertrags in der Rubrik "Eintrittsindikation oder -diagnose"
der Teil "oder -diagnose" nicht genehmigt. Mit Ziff. 1.2 des Dispositivs wurden die in Anhang
3 zum Vertrag auf dem Ergänzungsblatt zur Rechnung enthaltenen Felder "Diagnose gemäss
Art. 42 Abs. 4
KVG" und "Eingriffscode gemäss ICD-9-Code (chop-2)" nicht genehmigt.
Zur
Begründung führte der Regierungsrat betreffend Ziff. 1.1 des Dispositivs insbesondere aus,
dass die von den Spitälern vorzunehmende Eintrittsmeldung dem Versicherer ermöglichen müsse
zu prüfen, ob die versicherte Person für die gemeldete Behandlung tatsächlich bei ihm
obligatorisch versichert sei. Dazu sei mit Blick auf Art. 84a Abs. 6
KVG keine Kenntnis der Diagnose
erforderlich. Insbesondere reiche es aus, dass der Versicherer den Behandlungsgrund kenne, wie dies auf
der Eintrittsmeldung vorgesehen sei (Krankheit, Unfall oder Mutterschaft), und dass er aufgrund der Angaben
des Spitals beurteilen könne, ob es sich um eine Pflichtleistung nach KVG handle, für die er
grundsätzlich leistungspflichtig sei. Dazu genüge die Angabe der Eintrittsindikation, d.h.
eine allgemein gehaltene Angabe. Sofern der Versicherer zur Beurteilung seiner Leistungspflicht auf die
Diagnose angewiesen sei, könne die Diagnose dem Vertrauensarzt des Versicherers bekannt gegeben
werden.
Betreffend Ziff. 1.2 des Dispositivs führte der Regierungsrat im Wesentlichen aus,
Art. 42 Abs. 4
KVG sehe eine Bekanntgabe der Diagnose erst auf einer der Rechnungsstellung nachfolgenden
zweiten Stufe vor. Gleiches gelte für den Eingriffscode, den die Spitäler nicht systematisch,
das heisst bereits auf der ersten Stufe der Rechnungsstellung, bekannt geben dürften. Mit einem
solchen stufenmässigen Vorgehen werde sichergestellt, dass keine Daten fliessen, welche die Versicherung
nicht auch tatsächlich für die Beurteilung der Leistungspflicht im Einzelfall, in dem die Kosten
aufgrund der Informationen auf der Rechnung ungewöhnlich hoch erschienen, benötige.
C.
Gegen
diese Verfügung erhob santésuisse (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 28. September 2007
Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragte in der Hauptsache insbesondere, den Regierungsratsbeschluss
insoweit aufzuheben, als die Tarifvertragsteile gemäss Dispositiv Ziff. 1.1 und 1.2 des Beschlusses
nicht genehmigt worden seien. Die entsprechenden im Regierungsratsbeschluss nicht genehmigten Teile des
Vertrages seien zu genehmigen. Im Sinne einer vorsorglichen Massnahme sei überdies zu verfügen,
dass die im angefochtenen Regierungsratsbeschluss nicht genehmigten Vertragsteile bis zum Vorliegen eines
rechtskräftigen Entscheides Anwendung fänden.
Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin
in materieller Hinsicht im Wesentlichen aus, die Krankenversicherer seien zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit
und der Zweckmässigkeit der medizinischen Leistungen darauf angewiesen, dass ihnen die hierzu erforderlichen
Informationen und mithin insbesondere die Diagnosen und Eingriffscodes überwiesen würden. Es
sei widersinnig, den Krankenversicherern mit der Weigerung der systematischen Bekanntgabe der Diagnose
und des Eingriffscodes die Triage derjenigen Fälle, welche überhaupt einer Wirtschaftlichkeitskontrolle
unterzogen werden sollten, zu verunmöglichen. Ferner sei auch nicht einzusehen, inwiefern diese
Angaben seitens der Versicherer zu Missbräuchen führen könnten oder sonstwie nachteilig
für die Patienten wären. Vielmehr liege es sowohl im Interesse des Patienten als auch der Allgemeinheit,
dass die Krankenversicherer ihren gesetzlichen Auftrag effizient und erfolgreich erfüllen könnten.
Entsprechend seien die umstrittenen Stellen des Vertrages zu genehmigen.
D.
Mit Zwischenverfügung
vom 1. November 2007 lehnte das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Erlass der vorsorglichen Massnahme
ab.
E.
Mit Vernehmlassung vom 19. Dezember 2007 beantragte der Regierungsrat in der Hauptsache
die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte er in Ergänzung zu seiner Verfügung
insbesondere aus, dass der Persönlichkeitsschutz der Patienten - wobei vorliegend die Bearbeitung
besonders schützenswerter Personendaten zu beurteilen sei - nicht aus Gründen der Effizienzsteigerung
und Aufwandminimierung herabgesetzt werden könne. Art. 42
KVG, welcher ein stufenweises Vorgehen
erfordere, sei auch hinsichtlich der Eintrittsmeldung anzuwenden. Die Wirtschaftlichkeitskontrolle könne
sodann in pseudonymisierter Form vorgenommen werden.
F.
Am 14. Februar 2008 beantragte
A._______ formal die Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch (als Tarifvertragspartner der Beschwerdeführerin)
in der Begründung eine neutrale Stellung ein.
G.
Mit Vernehmlassung vom 14. April
2008 legte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) dar, dass die Beschwerde gutzuheissen sei und auch
die nicht genehmigten Vertragsteile - allenfalls unter Auflage einer datenschutzkonformen Anwendung -
zu genehmigen seien.
Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass Art. 42
KVG so
auszulegen sei, dass sich die datenschutzrechtlichen Anforderungen und die Wirtschaftlichkeitskontrolle
nach KVG gegenseitig nicht ausschliessen würden. Art. 42 Abs. 3
KVG stehe einer tarifvertraglichen
Vereinbarung, wonach Diagnosen systematisch auf den Rechnungen figurieren müssten, nicht entgegen.
Entscheidend sei, dass die Grundsätze des Datenschutzes, insbesondere das Verhältnismässigkeitsprinzip,
gewahrt bleibe. Hierbei seien insbesondere der Detaillierungsgrad der angegebenen Diagnose, die tatsächliche
Verwendung der Daten durch den Empfänger und der Zweck der Datenbekanntgabe wichtige Faktoren.
H.
Mit
Eingabe vom 15. Mai 2008 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest.
I.
A._______
verzichtete mit Eingabe vom 19. Mai 2008 auf eine weitere Stellungnahme.
J.
Mit Eingabe
vom 20. Mai 2008 hielt die Vorinstanz ihre Anträge aufrecht. Zugleich beantragte sie die Einholung
einer Stellungnahme des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB).
K.
Am
19. Juni 2008 legte der EDÖB dar, dass eine Gutheissung der Beschwerde nur unter Vorbehalt von Datenschutzauflagen
erfolgen dürfe. In casu seien insbesondere eine pseudonymisierte Wirtschaftlichkeitskontrolle und
die vertragliche Regelung des Umfangs der bekannt zu gebenden Daten zu regeln.
L.
Mit
Eingabe vom 13. August 2008 verzichtete A._______ wiederum auf die Einreichung einer weiteren Stellungnahme.
M.
Die
Vorinstanz beantragte mit Eingabe vom 28. August 2008 erneut die Abweisung der Beschwerde. Am 24. September
2008 reichte sie ein zu Handen von "H+ Die Spitäler der Schweiz" erstelltes Rechtsgutachten
vom 28. März 2008 zur Weitergabe von Patientendaten an die Krankenversicherer nach.
N.
Mit
Eingabe vom 25. September 2008 hielt die Beschwerdeführerin ihre Anträge aufrecht.
O.
Auf
die weiteren Parteivorbringen und die eingereichten Unterlagen wird - soweit für die Entscheidfindung
erforderlich - im Rahmen der Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht
in Erwägung:
1.
1.1 Verfahrensbestimmungen sind grundsätzlich mit ihrem Inkrafttreten
anzuwenden (siehe ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht,
5. Aufl., Zürich u.a. 2006, Rz. 327a). Entsprechend beurteilt sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
vorliegend nach den Bestimmungen des KVG in der durch Ziff. I des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung
vom 21. Dezember 2007 (Spitalfinanzierung;
AS 2008 2049 2057;
BBl 2004 5551; in Kraft seit 1. Januar
2009) geltenden Fassung.
1.2 Gemäss Art. 53 Abs. 1
KVG in Verbindung mit Art. 90a Abs.
2
KVG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen
nach Art. 46
KVG. Der Regierungsrat hat am 29. August 2007 einen Beschluss im Sinne der aufgeführten
Bestimmung erlassen.
1.3 Die Beschwerdeführerin ist gemäss ihren Statuten zur Wahrung
der Interessen ihrer Mitglieder berufen. Die Mehrheit der Mitglieder ist in ihren Interessen betroffen,
so dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist
und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Sie hat ferner am Verfahren
vor der Vorinstanz teilgenommen (siehe BGE
127 V 80 E. 3).
Die Beschwerdeführerin ist somit
gemäss Art. 48 Abs. 1
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren
(VwVG,
SR 172.021) beschwerdelegitimiert (im Sinne einer egoistischen Verbandsbeschwerde).
1.4
Da die Beschwerde im Übrigen frist- und formgerecht (Art. 50 ff
. VwVG) eingereicht wurde, ist darauf
einzutreten.
2.
2.1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt nach
Art. 24
KVG (nachfolgend wird das KVG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung zitiert, da
betreffend das materielle Recht auf den Zeitpunkt der Verfügung abzustellen ist [Ulrich Häfelin/Georg
Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich u.a. 2006, Rz. 326 f.])
die Kosten für die Leistungen gemäss Art. 25
-31
KVG nach Massgabe der in den Art. 32
-34
KVG
festgelegten Voraussetzungen. Nach Art. 43 Abs. 4
KVG sind die entsprechenden Tarife und Preise in Verträgen
zwischen Versicherern und Leistungserbringern (Tarifverträgen) zu vereinbaren oder werden in den
vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt. Dabei ist auf eine
betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten. Die Vertragspartner
und die zuständigen Behörden achten darauf, dass eine qualitativ hoch stehende und zweckmässige
gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht wird (Art. 43 Abs. 6
KVG).
2.2
Parteien eines Tarifvertrags sind nach Art. 46 Abs. 1
KVG einzelne oder mehrere Leistungserbringer oder
deren Verbände einerseits, sowie einzelne oder mehrere Versicherer oder deren Verbände andererseits.
Der Tarifvertrag bedarf gemäss Art. 46 Abs. 4
KVG der Genehmigung der zuständigen Kantonsregierung
oder, wenn er in der ganzen Schweiz gelten soll, des Bundesrats. Die zuständige Genehmigungsbehörde
- vorliegend, da der streitige Tarifvertrag für im Kanton Bern durchgeführte stationäre
Behandlungen gelten soll, der Regierungsrat des Kantons Bern - prüft, ob der Tarifvertrag mit dem
Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit in Einklang steht.
2.3 Bevor die
Legislative oder Exekutive des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde einen Preis festsetzt oder genehmigt,
der von den Beteiligten an einer Wettbewerbsabrede oder von einem marktmächtigen Unternehmen beantragt
wird, hört sie nach Art. 14 Abs. 1
des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (
PüG,
SR 942.20) die Preisüberwachung an. Diese kann empfehlen, auf eine Preiserhöhung ganz oder
teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken. Dies gilt namentlich
auch für die Genehmigung von Tarifverträgen und die hoheitliche Festsetzung von Tarifen gemäss
den Bestimmungen des KVG (RKUV 6/1997 348). Die Preisüberwachung ist nicht verpflichtet, zu jedem
ihr unterbreiteten Tarif eine Stellungnahme abzugeben.
Der Regierungsrat hat vor der Tariffestsetzung
die Preisüberwachung konsultiert. Diese hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 auf die Abgabe einer
Empfehlung verzichtet. Die Kantonsregierung ist damit ihrer Konsultationsspflicht nachgekommen.
2.4
Nach Art. 37
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) richtet sich das Verfahren
vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, sofern das VGG nichts anderes bestimmt. Die Beschwerdeführerin
kann im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs
oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des
Sachverhalts sowie die Unangemessenheit des Entscheids beanstanden (Art. 49
VwVG).
2.5 Streitig
und vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen ist, ob der bernische Regierungsrat mit seinem Beschluss
vom 29. August 2007 dem Tarifvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und A._______ zu Recht die
Genehmigung versagt hat hinsichtlich der von den Leistungserbringern zu Handen der Versicherung bekannt
zu gebenden Diagnose in der Eintrittsmeldung gemäss Musterformular in Anhang 2 einerseits, der Diagnose
und des Eingriffcodes gemäss Musterformular in Anhang 3 andererseits.
3.
Die Krankenversicherer
gelten im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung als Bundesorgane im Sinne von Art. 2 Abs.
1 Bst. b
des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG,
SR 235.1) in Verbindung
mit Art. 3 Bst. h
DSG (vgl. BGE
133 V 359 E. 6.4 mit Hinweisen). Diese dürfen nach Art. 17 Abs.
2
DSG besonders schützenswerte Personendaten wie insbesondere Daten über die Gesundheit (Art.
3 Bst. c Ziff. 2
DSG) grundsätzlich nur dann bearbeiten, wenn ein Gesetz im formellen Sinn es ausdrücklich
vorsieht (vgl. zu den Ausnahmen, in denen [lediglich im Einzelfall] von einer formell-gesetzlichen Grundlage
abgesehen werden kann, Art. 17 Abs. 2 Bst. a
-c
DSG und hierzu insbesondere Yvonne Jöhri/Marcel Studer,
Art. 17, in: Urs Maurer-Lambrou/Nedim Peter Vogt [Hrsg.], Datenschutzgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl.,
Basel 2006, Rz. 47 ff. zu Art. 17).
In einem ersten Schritt ist deshalb nachfolgend zu prüfen,
ob vorliegend eine rechtsgenügliche formell-gesetzliche Grundlage besteht, damit tarifvertraglich
die systematische Weitergabe durch den Leistungserbringer an den Versicherer, der Diagnose im Rahmen
der Eintrittsmeldung, der Diagnose und des Eingriffscodes im Rahmen der Rechnungsstellung, vorgesehen
werden kann.
3.1
3.1.1 Wie bereits erwähnt übernimmt nach Art. 24
KVG die obligatorische
Krankenpflegeversicherung nach Massgabe der in den Art. 32
-34
KVG festgelegten Voraussetzungen die Kosten
für Leistungen gemäss Art. 25
-31
KVG. Nach Art. 25
KVG trägt demnach der Versicherer namentlich
die Kosten für Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen.
Ferner übernimmt er unter jeweils bestimmten Voraussetzungen die Kosten für die medizinische
Prävention (Art. 26
KVG), für Geburtsgebrechen (Art. 27
KVG), Unfälle (Art. 28
KVG), Mutterschaft
(Art. 29
KVG), straflosen Abbruch der Schwangerschaft (Art. 30
KVG) und für bestimmte zahnärztliche
Behandlungen (Art. 31
KVG).
Daraus ergibt sich, dass der Versicherer jeweils im Einzelfall prüfen
muss, ob er nach Art. 25 ff
. KVG leistungspflichtig ist, und die entsprechenden Rechnungen zu kontrollieren
hat. Bei dieser Rechnungskontrolle geht es vor allem darum, die Übereinstimmung der einzelnen Positionen
der Honorarrechnungen mit den tarifvertraglichen Vereinbarungen sowie den für bestimmte Therapien
gesetzlich umschriebenen Vorgaben zu prüfen (Urteil des Bundesgerichts vom 11. Juli 1996, K 39/95,
teilweise veröffentlicht in KSK 1996 S. 146). Darüber hinaus kann sich die Frage stellen, ob
in Rechnung gestellte Leistungen überhaupt erbracht worden sind, und ob allenfalls eine betrügerische
Rechnungstellung und damit ein strafbares Verhalten vorliegt (zum Ganzen: Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle
ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 86 f.; siehe auch Urteil
des Bundesgerichts vom 16. Juni 2004, K 124/03, E. 6.1.2).
3.1.2 Nach Art. 56 Abs. 1
KVG muss sich
der Leistungserbringer in seinen Leistungen auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten
liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist. Für Leistungen, die über dieses Mass
hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden, respektive kann eine zu Unrecht bezahlte Vergütung
zurückgefordert werden (Art. 56 Abs. 2
KVG).
Entsprechend setzt auch Art. 32 Abs. 1
KVG für
die Übernahme der Kosten der im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach Art. 25
-31
KVG erbrachten Leistungen neben der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit auch deren Wirtschaftlichkeit
voraus (siehe hierzu Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen
mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 35 ff.; siehe auch Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in:
Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel u.a.
2007, insbesondere Rz. 297 ff.).
Der Versicherer hat demnach die erbrachten Leistungen jeweils namentlich
auf deren Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen.
3.2 Art. 84 Bst. c
KVG befugt die
mit der Durchführung, der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung dieses Gesetzes
betrauten Organe, wozu auch die Krankenversicherer gehören (siehe auch Botschaft des Bundesrates
über die Anpassung und Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten
in den Sozialversicherungen vom 24. November 1999 [
BBl 2000 263]), die Personendaten, einschliesslich
besonders schützenswerter Personendaten und Persönlichkeitsprofile, zu bearbeiten oder bearbeiten
zu lassen, die sie benötigen, um die ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen,
namentlich um Leistungsansprüche zu beurteilen sowie Leistungen zu berechnen und zu gewähren.
Gemäss Art. 84a Abs. 1 Bst. a
KVG dürfen ferner Organe, die mit der Durchführung, der
Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung des KVG betraut sind, Daten (in Abweichung von
Art. 33
ATSG) namentlich anderen entsprechend mit den Belangen des KVG betrauten Organen bekannt geben.
Hinsichtlich
der Weitergabe der Diagnose im Rahmen der Eintrittsmeldung (soweit vorhanden) erscheint damit - unter
der vorliegend erst im Rahmen der Verhältnismässigkeit zu prüfenden Voraussetzung, dass
die Diagnose im Sinne des Gesetzes benötigt wird, um die Leistungspflicht und die Wirtschaftlichkeit
zu beurteilen - eine formell-gesetzliche Grundlage gegeben.
3.3 Aufgrund von Art. 42 Abs.
3
KVG muss - spezialgesetzlich zu den oben erwähnten Bestimmungen - der Leistungserbringer "dem
Schuldner eine detaillierte und verständliche Rechnung zustellen. Er muss ihm auch alle Angaben
machen, die er benötigt, um die Berechnung der Vergütung und die Wirtschaftlichkeit der Leistung
überprüfen zu können." Der Versicherer kann, so sieht es Art 42 Abs. 4
KVG vor, eine
genaue Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen. Nach Art. 42 Abs.
5
KVG schliesslich ist der Leistungserbringer in begründeten Fällen berechtigt und auf Verlangen
der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische Angaben nur dem Vertrauensarzt des Versicherers
nach Art. 57
KVG bekannt zu geben.
3.3.1 Die Vorinstanz - gestützt auf die Position des EDBÖ
(siehe insbesondere EDBÖ, TARMED und Datenschutz, Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten
vom 22. Juni 2004, S. 7 f.; vgl. auch die Vernehmlassung des EDBÖ vom 19. Juni 2008) - hatte dargelegt,
dass der Gesetzgeber mit Art. 42 Abs. 3
und 4
KVG eine stufenweise Bekanntgabe der Behandlungsdaten durch
den Leistungserbringer vorgesehen habe. Mit Art. 42 Abs. 4
KVG mache er deutlich, dass der Versicherer
im Einzelfall, nach Eingang der Rechnung, über den Vertrauensarzt zusätzliche Angaben einverlangen
könne (siehe auch EDBÖ, 10. Tätigkeitsbericht 2002/2003, S. 50 f.; BRUNO BAERISWYL, Entwicklungen
und Perspektiven des Datenschutzes in öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern - Erfahrungen aus
dem Kanton Zürich, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im
Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 62; vgl. auch die entsprechenden Hinweise bei GEBHARD EUGSTER/RUDOLF
LUGINBÜHL, Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto
Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 102 f., sowie bei
PETER MEIER, Wieviel muss oder darf die Krankenkasse wissen?, Schweizerische Ärztezeitung 2004,
S. 1164 f.).
Dies schliesse folglich die systematische Weitergabe von Behandlungsdaten und Diagnosen
in detaillierter Form an die Verwaltung des Versicherers aus.
3.3.2 Hinsichtlich der Weitergabe
der Diagnose und des Eingriffscodes im Rahmen der Rechnungsstellung ist deshalb fraglich, ob der spezialgesetzliche
Art. 42 Abs. 4
KVG, wonach der Versicherer eine genaue Diagnose oder zusätzliche Auskünfte
medizinischer Natur verlangen kann, als Präzisierung zu Art. 42 Abs. 3
KVG zu verstehen ist, wonach
der Leistungserbringer dem Versicherer eine detaillierte und verständliche Rechnung zustellen muss,
und ihm alle Angaben machen muss, die dieser benötigt, um die Berechnung der Vergütung und
die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen zu können - und somit eine formell-gesetzliche
Grundlage für die systematische Weitergabe der Diagnose und des Eingriffscodes mit der Rechnungsstellung
an die Verwaltung des Versicherers besteht - oder ob vielmehr entsprechende (medizinische) Auskünfte,
soweit erforderlich, lediglich in einem der Rechnungsstellung nachfolgenden zweiten Schritt, über
den Vertrauensarzt des Versicherers, einverlangt werden können.
3.3.3 Nach Art. 42 Abs. 5
KVG
ist der Leistungserbringer in begründeten Fällen berechtigt und auf Verlangen der versicherten
Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische Angaben nur dem Vertrauensarzt des Versicherers bekannt
zu geben. Versicherer und Leistungserbringer können in den Tarifverträgen laut Art. 59 Abs.
2
der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV,
SR 832.102) vereinbaren, welche
Angaben und Diagnosen in der Regel nur dem Vertrauensarzt des Versicherers bekannt zu geben sind (vgl.
auch EDBÖ, TARMED und Datenschutz, Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten vom
22. Juni 2004, S. 8, wonach es sich empfehle, die Umsetzung gewisser gesetzlicher Vorgaben des KVG in
einem Tarifvertrag zu konkretisieren). Die Bekanntgabe der Diagnose richtet sich - wie dies Art. 59 Abs.
2
KVV explizit festhält - im Übrigen nach Art. 42 Abs. 4
(und 5)
KVG, wonach der Versicherer
eine Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen kann.
Nach dem
Wortlaut und der Systematik des Gesetzes stellt somit die Bekanntgabe medizinischer Daten an den Vertrauensarzt
den Ausnahmefall dar, die Weitergabe an die Verwaltung des Versicherers die Regel (vgl. auch die Botschaft
über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991 [
BBl 1991 I 171]; GEBHARD EUGSTER/RUDOLF
LUGINBÜHL, Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto
Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 100 f.). Entsprechend
ist es zulässig, dass die medizinischen Auskünfte - wie im hier zu beurteilenden Tarifvertrag
- grundsätzlich der Verwaltung des Versicherers bekannt zu geben sind, und nicht systematisch dem
Vertrauensarzt.
3.3.4
3.3.4.1 Wie die Vorinstanz richtig darlegte, müssen die medizinischen
Angaben, die der Versicherer zur Prüfung des Leistungsanspruchs und der Wirtschaftlichkeit benötigt,
von Gesetzes wegen nicht zwingend auf der Rechnung figurieren; vielmehr genügt den Anforderungen
des Gesetzes, wenn die Daten nur auf Antrag, im Rahmen von Art. 42 Abs. 4
KVG, bekannt zu geben sind.
Umgekehrt
schliesst allerdings der Wortlaut von Art. 42 Abs. 3
und 4
KVG ein solches automatisiertes Vorgehen (soweit
es tarifvertraglich vereinbart wurde) auch nicht aus (Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz
in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna
[Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 101).
3.3.4.2 In Art. 59
KVV regelt
der Bundesrat, entsprechend dem Auftrag von Art. 42 Abs. 3
KVG, die Einzelheiten der Rechnungstellung.
Nach Art. 59 Abs. 1
KVV haben die Leistungserbringer in ihren Rechnungen folgende Angaben zu machen:
a) Kalendarium der Behandlungen; b) erbrachte Leistungen im Detaillierungsgrad, den der massgebliche
Tarif vorsieht; c) Diagnosen im Rahmen von Abs. 2; dieser bestimmt seinerseits, dass tarifvertraglich
vereinbart werden kann, welche Angaben und Diagnosen in der Regel nur dem Vertrauensarzt bekannt zu geben
sind, und dass sich die Weitergabe der Diagnose ferner nach Art. 42 Abs. 4
und 5
KVG richtet.
Somit
geht die bundesrätliche Verordnung zu Art. 42
KVG - in Einklang mit dem gesetzlichen Wortlaut -
davon aus, dass die systematische Weitergabe bestimmter medizinischer Auskünfte, insbesondere der
Diagnose und der erbrachten Leistungen, tarifvertraglich vereinbart werden kann (siehe auch Isabelle
Häner, Datenschutz in der Krankenversicherung, DIGMA 2003, S. 148; Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl,
Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas
Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 109; Ueli Kieser, Leistungserbringer
in der Krankenversicherung, SJZ 2003, S. 581). Die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen
Vereinbarung ergibt sich folglich auch aus einer systematischen Zusammenschau des Gesetzes mit der Verordnung.
3.3.4.3
Die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelung erschliesst sich im Übrigen
auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts in BGE
133 V 359 (zu diesem Urteil kurz Ursula Uttinger,
Empfehlungen des EDÖB vom 17. April 2007 und Urteil des Bundesgerichts vom 21. März 2007, K
12/06, HAVE 2007, S. 256 f.) und daran anschliessenden Praktikabilitätsüberlegungen: Das Bundesgericht
hielt in diesem Urteil fest, dass ein Krankenversicherer zwecks Durchführung der Wirtschaftlichkeitskontrolle
(in casu betreffend Pflegeheime) vom Leistungserbringer die nicht bereits mit der Rechnung eingereichten
medizinischen Auskünfte, die sich für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer Leistung
als notwendig erweisen, namentlich Pflegeberichte und Vitalzeichenkontrollen zur Überprüfung
der Einreihung in eine bestimmte Pflegebedarfsstufe, einverlangen könne, ohne dass es hierzu einer
Begründung bedürfte.
Erwiese sich - wie nachfolgend im Rahmen der Ausführungen über
das Verhältnismässigkeitsprinzip noch zu prüfen sein wird - die Diagnose und der Eingriffscode
zur Prüfung der Leistungspflicht oder der Wirtschaftlichkeit regelmässig als notwendig, so
stellte es vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung für die Versicherer einen grossen und kaum
zu begründenden administrativen Mehraufwand dar, wenn diese Angaben zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich
übertragenen Aufgaben in jedem Einzelfall (beziehungsweise in jedem Fall, in dem sie eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
vornehmen möchten, vgl. hierzu nachfolgend) nachverlangt werden müssten, zumal diese Gesuche
keiner Begründung bedürften.
Für die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen
Regelung sprechen somit auch Praktikabilitätsgründe.
3.3.4.4 Schliesslich spricht auch
die Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991 (
BBl 1991 I 118) zumindest
nicht gegen die tarifvertragliche Vereinbarung der systematischen Weitergabe bestimmter medizinischer
Auskünfte. Vielmehr wird darin lediglich festgehalten, dass die Versicherungsträger das Recht
(zu ergänzen wäre: und auch die Pflicht) haben, die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit
zu kontrollieren, namentlich indem sie die Bekanntgabe der ärztlichen Diagnose verlangen können.
3.3.4.5
Eine entsprechende systematische Weitergabe der Diagnosen und von Tarifpositionen sieht überdies
auch der (auf denselben Rechtsgrundlagen beruhende) Rahmenvertrag TARMED zwischen santésuisse und
der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) vom 5. Juni 2002 vor, welcher vom Bundesrat
am 30. September 2002 genehmigt worden ist. Gemäss dieser Vereinbarung müssen die Rechnungen
(unter anderem) ein Kalendarium der Leistungen, der äusserst detaillierten Tarifpositionen mit Nummer
und Bezeichnung, sowie die Diagnosen nach dem vereinbarten Diagnosecode (zur Zeit: Diagnosecode für
ambulante Behandlungen gemäss Anhang 4 zum Rahmenvertrag) enthalten.
3.3.4.6 Insgesamt ist
somit Art. 42 Abs. 3
und 4
KVG, in Verbindung mit Art. 84
KVG und 84a
KVG - welche (gemeinsam mit den
weiteren einschlägigen unten zitierten Bestimmungen), wie nachfolgend dargestellt wird, insbesondere
auch die Verhältnismässigkeit der entsprechenden Massnahme erfordern - an sich als genügende
formell-gesetzliche Grundlage für die tarifvertragliche Vereinbarung der systematischen Weitergabe
der Diagnose und des Eingriffscodes mit der Rechnungsstellung zu erachten.
4.
Der Gesetzgeber
räumt den Vertragsparteien somit einen erheblichen Spielraum bei der Ausgestaltung des Tarifvertrages
ein und belässt ihnen namentlich die Möglichkeit, die systematische Weitergabe bestimmter medizinischer
Auskünfte mit der Eintrittsmeldung oder der Rechnungsstellung zu vereinbaren. Dabei haben die Vertragsparteien
jedoch - zusätzlich zu den zwingenden Bestimmungen des KVG - insbesondere auch die allgemeinen verfassungs-,
verwaltungs- und sozialversicherungsrechtlichen Prinzipien zu respektieren, wozu (als Ausfluss des durch
Art. 13
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV,
SR 101] grundrechtlich
geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Versicherten) auch die datenschutzrechtlichen
Bestimmungen gehören (siehe Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz in der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz
im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 101).
Insbesondere ist demnach bei der Bearbeitung von
Personendaten der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten, wie dies auch in Art. 4 Abs.
2
DSG explizit festgehalten ist (vgl. auch Art. 5 Abs. 2
BV und, hinsichtlich der Einschränkung
von Grundrechten, Art. 36 Abs. 3
BV). Gemäss diesem Grundsatz muss eine Massnahme geeignet und notwendig
sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und der angestrebte Zweck muss in einem vernünftigen
Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Privaten auferlegt werden (vgl. Ulrich Häfelin/Georg
Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich u.a. 2006, Rz. 581 ff.,
mit Hinweisen).
Die Auskunftspflicht der Leistungserbringer gegenüber den Versicherern kann
sich somit nur auf Angaben erstrecken, die objektiv erforderlich und geeignet sind, um die Leistungspflicht
und die Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen überprüfen zu können, und sie muss
ferner zu diesem Zweck in einer vernünftigen Relation stehen (siehe BGE
131 II 413 E. 2.5; Urteil
des Bundesgerichts vom 27. November 2001, K 90/01, E. 2c; Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz
in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna
[Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 81; Bruno Baeriswyl, Entwicklungen und
Perspektiven des Datenschutzes in öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern - Erfahrungen aus dem
Kanton Zürich, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen,
Zürich 2001, S. 62 f.; Jean-Louis Duc, Quelques considérations sur le secret médical,
la collecte des données relatives à la santé ainsi qu'à l'incapacité de travail
et les médecins-conseils dans les assurances sociales, in: Jean-Louis Duc, Etudes de droit social,
Genf 2001, S. 64; Thomas Eichenberger, Löcher im Datenschutz der Krankenversicherer, Schweizerische
Ärztezeitung 2006, S. 505; Isabelle Häner, Datenschutz in der Krankenversicherung, DIGMA 2003,
S. 147).
4.1 Vorliegend kollidieren die Datenschutzinteressen der Versicherten mit dem Interesse
der Versicherer an der Verfügbarkeit medizinischer Daten zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen
Pflichten, insbesondere der Prüfung und Berechnung ihrer Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeitskontrolle.
Überdies kann auch der einzelne Versicherte als Patient über ein Interesse daran verfügen,
dass der Versicherer notwendigenfalls auf die medizinischen Leistungen Einfluss nehmen und beispielsweise
bei nicht erfolgsversprechenden (Über-)behandlungen eingreifen kann. Ferner besteht auch ein öffentliches
Interesse, den administrativen Aufwand der Leistungserbringer und der Versicherer in einem vernünftigen
Mass zu halten, und deren Leistungen auf den gesetzlich geschuldeten Umfang zu beschränken, um so
einen weiteren steten Anstieg der Krankenkassenprämien zu vermeiden (ISABELLE HÄNER, Datenschutz
in der Krankenversicherung, DIGMA 2003, S. 146).
4.2
4.2.1 Die Vorinstanz bringt mit Verweis
auf den EDBÖ vor, dass im Rahmen der Eintrittsmeldung die Diagnose beziehungsweise im Rahmen der
Rechnungsstellung der Eingriffscode und die Diagnose grundsätzlich nicht erforderlich seien. Wenn
der Versicherer aufgrund der auf der Rechnung enthaltenen Informationen zum Schluss komme, dass der Rechnungsbetrag
ungewöhnlich hoch sei, könne er ja gemäss Art. 42 Abs. 4
KVG von den Leistungserbringern
die entsprechenden medizinischen Auskünfte einverlangen, wobei diese Zusatzinformationen den Vertrauensärzten
bekannt zu geben seien. So werde sichergestellt, dass keine Daten fliessen, welche die Versicherung nicht
auch tatsächlich für die Prüfung der Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit im Einzelfall
benötige. Sobald es hingegen nicht mehr um die Überprüfung der Rechnung gehe, sondern
um die Abklärung der Frage, ob die Leistungserbringer wirtschaftlich arbeiteten, brauche es keine
personenbezogenen medizinischen Angaben mehr. Diese Beurteilung könne auf der Basis pseudonymisierter
Angaben erfolgen.
4.2.2 Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlichen Tätigkeit nach
Art. 56
KVG kann einerseits nach einer statistischen Methode erfolgen (Durchschnittskostenvergleich),
andererseits aber auch nach einer analytischen Methode (Einzelfallprüfung), oder schliesslich nach
einer Kombination beider Methoden (BGE
119 V 454 E. 4d; vgl. auch Christian Schürer, Honorarrückforderung
wegen Überarztung bei ambulanter ärztlicher Behandlung - Materiellrechtliche Aspekte, in: René
Schaffhauser/Ueli Kieser [Hrsg.], Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, St. Gallen
2001, S. 78 ff.; Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen
mit statistischen Methoden, Bern 2003, insbesondere S. 74 ff.). Nach der (anlässlich der Beurteilung
ambulanter Leistungen) etablierten Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die statistische Methode der
analytischen wo möglich vorzuziehen. Die analytische Methode gelangt im allgemeinen nur dann zur
Anwendung, wenn es an zuverlässigen Angaben für einen Durchschnittskostenvergleich fehlt (Urteil
des Bundesgerichts vom 18. Mai 2004, K 150/03, E. 6.1).
Die Methodenwahl ist jedoch letztlich eine
Frage der Zweckmässigkeit und steht im Ermessen der Prüfinstanzen (siehe nur Gebhard Eugster,
Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003,
S. 87, mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre).
4.2.3 Die Wirtschaftlichkeitskontrolle nach
der statistischen Methode setzt namentlich voraus, dass sich das Vergleichsmaterial hinreichend ähnlich
zusammensetzt. Hinsichtlich der ambulanten Behandlungen frei praktizierender Ärzte bedeutet dies,
dass die wesentlichen Merkmale der Praxen der Vergleichsgruppe untereinander und mit der Praxis des geprüften
Arztes übereinstimmen müssen, die Vergleichsgruppe eine Mindestgrösse mit einer Mindestzahl
von Krankheitsfällen aufweisen muss, der Vergleich sich über einen genügend langen Zeitraum
erstrecken und beim geprüften Arzt eine ausreichend grosse Zahl von Behandlungsfällen einbezogen
werden muss (zum Ganzen ausführlich Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher
Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 138 ff.; siehe auch kurz Gebhard Eugster, Krankenversicherung,
in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel
u.a. 2007, Rz. 793, mit Hinweisen).
An die qualitative Zusammensetzung der Vergleichsgruppe sind
- da sich sonst eben kein aussagekräftiger Vergleich anstellen lässt - hohe Ansprüche
zu stellen. In quantitativer Hinsicht wird in der Literatur - im Gegensatz zur Praxis des Bundesgerichts,
die in den Erwartungen an die Grösse einer Vergleichsgruppe bescheidener ist - gut begründet
vertreten, dass die Zahl von zehn Vergleichspraxen in keinem Fall unterschritten werden sollte (Gebhard
Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden,
Bern 2003, S. 169 ff., mit zahlreichen Hinweisen, auch zur Praxis des Bundesgerichts).
4.2.4 Im
stationären Bereich setzt die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit mittels statistischer Methode nach
Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in qualitativer Hinsicht namentlich voraus, dass die Vergleichsgruppen
insbesondere ein vergleichbares Leistungsangebot und Patientengut umfassen (vgl. RKUV 3/2002 195). So
gebietet doch der Grundsatz der Rechtsgleichheit, dass die Leistungen und Kosten innerhalb der Vergleichsgruppe
der Spitäler (derselben Versorgungsstufe) anhand bestimmter Kriterien fassbar und vergleichbar sind,
so insbesondere hinsichtlich Diagnostik und Therapie, Zahl und Art sowie Schweregrad der Fälle.
Die Erfahrung mit Vergleichen zwischen Spitälern zeigt, dass sich daraus schlüssige Vergleiche
nicht durch eine blosse Gegenüberstellung der Tarife gewinnen lassen (vgl. hinsichtlich des [diesbezüglich
vergleichbaren] Benchmarkings gestützt auf Art. 43 Abs. 4
und 6
KVG RKUV 3/2005 159).
4.2.5
Aufgrund der wie aufgezeigt hohen Anforderungen insbesondere an die hinreichende Vergleichbarkeit geht
das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit stationärer
Leistungen grundsätzlich nach der analytischen Methode (Einzelfallprüfung), allenfalls durch
eine genügend grosse Anzahl von (gezielten) Stichproben (zur Stichprobenkontrolle vgl. BGE
133 V
359 E. 8.1), vorgegangen werden muss, und die aufwändige statistische Methode nur im Ausnahmefall
anwendbar ist.
4.2.6 Entsprechend hat die vorliegend zu beurteilende Prüfung der Wirtschaftlichkeit
(sowie die Prüfung der Rechnungsstellung) im Einzelfall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts
regelmässig bereits im Rahmen der Eintrittsmeldung respektive der Rechnungsstellung zu erfolgen.
Laut
Art. 5 des hier zu beurteilenden Tarifvertrags melden die Leistungserbringer den Versicherern die Eintritte,
Wiedereintritte und Verlängerungen der Spitalaufenthalte der Patienten auf dem durch die Vertragsparteien
vereinbarten Formular gemäss Anhang 2 und verlangen eine Kostengutsprache. Die Versicherer können
innerhalb von drei Arbeitstagen gegenüber dem Spital eine Kostengutsprache schriftlich begründet
ablehnen. Nach dieser Frist gilt die Kostengutsprache als erteilt (unter Vorbehalt von Nichtpflichtleistungen).
Ohne anders lautende Informationen des Versicherers wird Kostengutsprache für 30 Tage erteilt.
Gemäss
dieser hier zu beurteilenden vertraglichen Vereinbarung soll demnach die Wirtschaftlichkeitskontrolle
(nach der analytischen Methode) - in Einklang mit den oben aufgezeigten Grundlagen - wo möglich
bereits im Stadium der Eintrittsmeldung durchgeführt werden.
4.2.7 Eine Einzelfallprüfung
anhand der in einem bestimmten Zeitraum ergangenen Rechnungen kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts
nicht auf eine blosse Rechnungskontrolle beschränken, sondern hat sich auch darauf zu erstrecken,
ob der Behandlungsaufwand unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes und des angestrebten Heilerfolges
notwendig und vertretbar war (Urteil des Bundesgerichts vom 11. Juli 1996, K 39/95, teilweise veröffentlicht
in KSK 1996 S. 146; vgl. auch Christian Schürer, Honorarrückforderung wegen Überarztung
bei ambulanter ärztlicher Behandlung - Materiellrechtliche Aspekte, in: René Schaffhauser/Ueli
Kieser [Hrsg.], Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, St. Gallen 2001, S. 78).
Sie
setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts voraus, dass für jeden Einzelfall Kenntnis über
die Diagnose, die durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen sowie das angestrebte diagnostische
und therapeutische Ziel besteht (so explizit Urteil des Bundesgerichts vom 15. Juli 2003, K 108/01, E.
6.2; Urteil des Bundesgerichts vom 13. Mai 2003, K 107/01, E. 6.2.1, mit Hinweisen). In BGE
133 V 359
schliesslich erachtete das Bundesgericht (hinsichtlich der Pflegebedarfseinstufung in Pflegeheimen) Pflegeberichte
und Vitalzeichenkontrollen als adäquate Grundlage zur Wirtschaftlichkeitskontrolle.
Nach Ansicht
des Bundesverwaltungsgerichts erweisen sich die Diagnose und der Eingriffscode somit als geeigneter und
adäquater Ausgangspunkt zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit (siehe auch die Ausführungen
von Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen
Methoden, Bern 2003, S. 82 f., zur "gemilderten Einzelfallprüfung").
Sollte sich
anhand dieser Ausgangsinformationen zeigen, dass weitere medizinische Auskünfte erforderlich sind,
so könnten diese im Rahmen von Art. 42 Abs. 4
und 5
KVG - gegebenenfalls über den Vertrauensarzt
- einverlangt werden.
4.3 Bereits aufgrund der gleichzeitigen Übermittlung der Eintrittsmeldung
und der Diagnose respektive der Rechnung und der Diagnose und dem Eingriffscode dürfte sich eine
Anonymisierung beziehungsweise Pseudonymisierung der medizinischen Daten in der Regel als nicht praktikabel
erweisen. Zudem ist der Versicherer insbesondere in einem System von Fallkostenpauschalen darauf angewiesen,
über eventuelle mehrfache Hospitalisationen in ein und demselben Fall orientiert zu sein, was bedingt,
dass der Versicherte identifizierbar sein muss. Eine entsprechende Notwendigkeit wiesen auch die in das
Gutachten des Datenschützers eingebundenen Krankenversicherer nach (EDBÖ, TARMED und Datenschutz,
Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten vom 22. Juni 2004, S. 10 f.).
Anders stellt
sich die Lage bei der vom Bundesamt für Statistik erstellten medizinischen Statistik der Krankenhäuser
nach Art. 43 Abs. 4
und 6
KVG dar, welche den Tarifpartnern und den zuständigen Behörden die
Durchführung von Vergleichen zwischen den Spitälern ermöglicht, um im Rahmen von Tariffestsetzungsverfahren
die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungen (global) zu überprüfen (siehe hierzu
auch E. 4.2.4). Vor dem Hintergrund des "patientenübergreifenden" Zwecks dieser Statistik
erweist sich hierbei eine Anonymisierung der Personendaten aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips
als angebracht und ohne weiteres möglich (vgl. hierzu kurz Bruno Baeriswyl, Entwicklungen und Perspektiven
des Datenschutzes in öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern - Erfahrungen aus dem Kanton Zürich,
in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich
2001, S. 64 f.). Aufgrund des unterschiedlichen Zwecks und Hintergrunds dieser Statistik kann jedoch
hieraus für den vorliegend zu beurteilenden Fall, der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der
Rechnungskontrolle im Einzelfall, gerade nicht derselbe Schluss gezogen werden.
4.4 Aus diesen
Gründen erweist sich somit die tarifvertragliche Vereinbarung der systematischen Weitergabe von
Diagnosen mit der Eintrittsmeldung respektive von Diagnosen und von Eingriffscodes mit der Rechnung,
in der Regel in nicht anonymisierter Form (zumindest hinsichtlich Einzelfallprüfungen), an sich
nicht als unverhältnismässig.
5.
Im vorliegend zu prüfenden Vertrag haben
die Tarifpartner vereinbart, dass die Leistungserbringer im Rahmen der Eintrittsmeldung die (Eintrittsindikation
oder) -diagnose anzugeben und dem Versicherer weiterzugeben hat, sowie im Rahmen der Rechnungsstellung
die "Diagnose gemäss Artikel 42 Absatz 4
KVG" sowie den "Eingriffs-Code gemäss
ICD-9-Code (CHOP-2)". Nachfolgend ist deshalb zu prüfen, ob hiermit eine genügend präzise
vertragliche Vereinbarung besteht, welche in concreto den Ansprüchen des Verhältnismässigkeitsprinzips
und insbesondere dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs genügt.
5.1
5.1.1 Nach
dem Wortlaut von Art. 42 Abs. 5
KVG ist der Leistungserbringer in begründeten Fällen berechtigt
und auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische Angaben nur dem Vertrauensarzt
bekannt zu geben. Entgegen dem Wortlaut der ersten Tatbestandsvariante ist aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips
davon auszugehen, dass - sofern notwendig - die medizinischen Auskünfte zwingend an den Vertrauensarzt
erfolgen müssen.
Als notwendig erweist sich die Weitergabe medizinischer Auskünfte an
den Vertrauensarzt bei "heiklen" beziehungsweise von einem (erheblichen) Teil der Bevölkerung
als stigmatisierend empfundenen Krankheiten. So drängt sich die Weitergabe an den Vertrauensarzt
beispielsweise auf bei bestimmten psychischen Erkrankungen, Geschlechtskrankheiten oder bei Folgeschäden
nach Suizidversuchen. Den Leistungserbringern kommt hierbei ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu.
In Zweifelsfällen ist der Weg über den Vertrauensarzt einzuschlagen (siehe auch betreffend
TARMED Peter Meier, Wieviel muss oder darf die Krankenkasse wissen?, Schweizerische Ärztezeitung
2004, S. 1160).
5.1.2 Der Versicherte muss - beispielsweise im Rahmen der von ihm auszufüllenden
Eintrittsdokumentation - ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er gemäss Art. 42 Abs.
5
KVG die Weitergabe der medizinischen Angaben an den Vertrauensarzt verlangen kann (siehe auch Gebhard
Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, in: Barbara
Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001,
S. 99, wonach der Leistungserbringer verpflichtet ist, den Patienten über die Anfrage des Krankenversicherers
zu informieren, wenn der Patient ein mögliches Interesse an der Weitergabe der Information nur an
den Vertrauensarzt haben könnte).
5.1.3 Um Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung zu vermeiden,
erweist es sich als zwingend, die Modalitäten hinsichtlich der Weitergabe bestimmter Daten an den
Vertrauensarzt (beispielsweise durch die Etablierung einer nicht abschliessenden Aufzählung) sowie
der Information der Patienten über ihre diesbezüglichen Rechte auf tarifvertraglicher Ebene,
gemäss beziehungsweise in Analogie zu Art. 59 Abs. 2
KVV, zu regeln.
5.2 Ferner regelt
der hier zu beurteilende Vertrag nicht, ob, gegebenenfalls in welcher Form und wie lange die fraglichen
medizinischen Daten aufbewahrt werden sollen. Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint es jedoch unverhältnismässig,
die personenbezogenen medizinischen Daten unbeschränkt und in der ursprünglichen Form aufzubewahren,
so dass die Vertragsparteien entsprechende Regelungen vorzusehen haben (vgl. auch Art. 59 Abs. 1ter
KVV
in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung).
5.3 Das Verhältnismässigkeitsprinzip
erfordert ferner, dass die Diagnosen nur in der Art und dem Detaillierungsgrad weitergegeben werden,
wie dies der Zweck, das heisst namentlich die Prüfung der Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit
durch die Versicherer im Hinblick auf ein wirtschaftliches Gesundheitssystem, erfordert.
5.3.1 Weitergegeben
dürfen deshalb insbesondere nur Diagnosen, die im Rahmen der erbrachten Leistung relevant sind,
die also im Zusammenhang mit der Behandlung stehen (vgl. auch die entsprechende Stellungnahme der in
EDBÖ, TARMED und Datenschutz, Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten vom 22. Juni
2004, S. 10).
5.3.2 Die Codierung von Diagnosen hat - im Gegensatz zu Klartextdiagnosen - den Vorteil,
dass damit eine Standardisierung erreicht werden kann, und somit insbesondere auch Vergleiche ermöglicht
werden (siehe Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung,
in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich
2001, S. 106). Ferner könnten nicht mit den Dossiers betraute Personen aus den Codes weniger leicht
auf die entsprechende Diagnose schliessen. Aus datenschützerischer Sicht ist deshalb eine Codierung
vorzusehen.
5.3.3 Durch die Weitergabe sehr unbestimmter, allgemeiner Diagnosen (beispielsweise:
"orthopädische Erkrankung") können die Versicherer die ihnen gesetzlich übertragenen
Aufgaben, die Prüfung ihrer Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit, nicht erfüllen. Hingegen
könnte durch die Weitergabe sehr präziser Diagnosen, insbesondere soweit sie Rückschlüsse
auf die soziale Situation erlauben, bestimmte Verhaltensweisen kennzeichnen oder von einem Teil der Bevölkerung
als stigmatisierend empfunden werden, das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt werden. Namentlich
enthalten auch diverse Diagnosen der ICD-Codierung Angaben über Einflüsse aus dem familiären
oder beruflichen Umfeld (vgl. auch Gebhard Eugster/Rudolf Luginbühl, Datenschutz in der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz
im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 106 f.; Isabelle Häner, Datenschutz in der Krankenversicherung,
DIGMA 2003, S. 149).
5.3.4 Es obliegt deshalb den Tarifpartnern, im Vertrag die Art und den Detaillierungsgrad
der Diagnosen - beispielsweise entsprechend dem Diagnosecode, wie er für die ambulanten Behandlungen
in Anhang 4 zum TARMED Rahmenvertrag vereinbart und aktuell verwendet wird - umfassend zu regeln. Generell
lässt sich diesbezüglich sagen, dass, je höher der Detaillierungsgrad einer Diagnose ist,
desto höhere Anforderungen auch an die "flankierenden Massnahmen" wie beispielsweise die
Weitergabe der Daten an den Vertrauensarzt zu stellen sind.
5.3.5 Analog ist auch die Weitergabe
des Eingriffscodes gemäss der Schweizerischen Operationsklassifikation ICD-9 (chop-2) vertraglich
zu präzisieren, insbesondere hinsichtlich des Einbezugs des Vertrauensarztes und der Aufbewahrung
der Daten.
Die Zulässigkeit der Weitergabe des Eingriffscodes in der Form des ICD-9 (chop-2),
welcher (wie jedoch namentlich auch die mit dem TARMED eingeführte Tarifstruktur) eine sehr detaillierte
und präzise Struktur vorgibt, wird nur dann bejaht werden können, wenn sie von entsprechend
gut greifenden flankierenden Massnahmen begleitet wird.
6.
Es ergibt sich somit aufgrund
der vorstehenden Erwägungen, dass die Weitergabe der Diagnose und des Eingriffscodes mit der Eintrittsmeldung
respektive mit der Rechnungsstellung - im Rahmen insbesondere des Verhältnismässigkeitsprinzips
und der übrigen datenschutzrelevanten Bestimmungen - nur dann zulässig ist, wenn deren genaue
Ausgestaltung gemäss dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs von den Parteien tarifvertraglich
geregelt wird.
7.
Vorliegend besteht kein Anlass, den vom Regierungsrat mit Beschluss
vom 29. August 2007 genehmigten Teil des Vertrages (zur Zulässigkeit einer Teilgenehmigung, soweit
dies zwischen den Parteien unbestritten ist, vgl. den [unveröffentlichten] Entscheid des Bundesrates
vom 1. Juli 1998 i.S. Festsetzung eines Pflegeheimtarifs im Kanton TG, E. 2) einer fundierten gerichtlichen
Prüfung zu unterziehen, so dass dieser genehmigte Teil mit dem vorliegenden Urteil in Rechtskraft
erwachsen wird.
8.
Zusammengefasst erweist sich somit der angefochtene Regierungsratsbeschluss
Nr. 1445 vom 29. August 2007, mit dem insbesondere die fraglichen Bestimmungen zur Weitergabe der Diagnose
beziehungsweise des Eingriffscodes an die Versicherer nicht genehmigt worden sind, im Ergebnis (nicht
aber in der Begründung) als richtig. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
9.
Zu
entscheiden ist noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.
9.1
Die Verfahrenskosten werden auf Fr. 1'500.-- festgelegt und sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin
zu auferlegen (Art. 63
VwVG; der Beschwerdegegner hat sich vorliegend sinngemäss nicht mit eigenen
Anträgen am Verfahren beteiligt; hierzu André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler,
Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, S. 206 Rz. 4.41 mit Hinweisen). Sie werden
mit dem von dieser geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'500.- verrechnet.
9.2
Es ist keine Parteientschädigung zu gewähren (Art. 64 Abs. 1
VwVG e contrario).
10.
Aufgrund
von Art. 83 Bst. r
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (
BGG,
SR 173.110) kann gegen diesen Entscheid
keine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht geführt werden
(wobei sich der dortige Verweis auf Art. 34
VGG als gesetzgeberisches Versehen erweist, wurde doch diese
Bestimmung per 1. Januar 2009 durch Ziff. II des BG vom 21. Dezember 2007 [Spitalfinanzierung] aufgehoben
und durch Art. 53 Abs. 1
KVG und Art. 90a
KVG abgelöst [beide eingefügt gemäss Ziff. I
des BG vom 21. Dezember 2007]).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt und mit dem von dieser geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
3.
Es
wird keine Parteientschädigung gewährt.
4.
Dieses Urteil geht an:
die
Beschwerdeführerin (mit Gerichtsurkunde)
den Beschwerdegegner (mit Gerichtsurkunde)
die
Vorinstanz (mit Gerichtsurkunde)
das Bundesamt für Gesundheit (mit Gerichtsurkunde)
den
Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (mit Gerichtsurkunde)
Der
vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Michael Peterli Dominique
Gross
Versand: