Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-2088/2008{T 0/2}
Urteil
vom 6. April 2009
Besetzung
Richter Andreas Trommer (Vorsitz), Richterin Ruth Beutler,
Richter
Bernard Vaudan,
Gerichtsschreiberin Denise Kaufmann.
Parteien
V._______,
Beschwerdeführerin,
gegen
Bundesamt
für Migration BFM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Verweigerung
eines Visums zu Besuchszwecken.
Sachverhalt:
A.
Die sri-lankische Staatsangehörige
Y._______, geboren 1955, und ihr Sohn J._______, geboren 1990 (im Folgenden: Gesuchsteller) beantragten
am 19. Januar 2008 bei der Schweizerischen Botschaft in Colombo je ein Visum. Als Zweck ihrer Einreise
vermerkten sie, während eines Monats ihre Schwester bzw. Tante V._______ (im Folgenden: Gastgeberin
bzw. Beschwerdeführerin) in W._______ (BE) besuchen und deren Geburtstag feiern zu wollen. Die Schweizer
Vertretung lehnte es ab, in eigener Kompetenz die gewünschten Visa zu erteilen und leitete die Gesuche
zur Prüfung und zum Entscheid an die Vorinstanz weiter.
B.
Zum Antrag begrüsst,
veranlasste der Migrationsdienst des Kantons Bern über die Wohngemeinde bei der Gastgeberin weitere
Abklärungen und leitete deren Ergebnis an die Vorinstanz weiter. Letztere lehnte es in zwei separaten
Verfügungen vom 26. März 2008 ab, die beantragten Besuchervisa zu erteilen. Dies im Wesentlichen
mit der Begründung, die anstandslose und fristgerechte Wiederausreise könne nicht als gesichert
betrachtet werden. Die Gesuchsteller lebten in einer Region, aus der als Folge der dort herrschenden
wirtschaftlichen und soziokulturellen Verhältnisse ein anhaltend hoher Migrationsdruck festzustellen
sei. Umstände, welche trotz dieser Verhältnisse besondere Gewähr für eine fristgerechte
Wiederausreise bieten könnten, seien keine erkennbar. So hätten weder die Gesuchstellerin noch
ihr Sohn berufliche Verpflichtungen, und letzterer sei auch familiär nicht gebunden.
C.
Mit
Rechtsmitteleingabe vom 31. März 2008 (Datum des Poststempels) beantragt die Gastgeberin beim Bundesverwaltungsgericht
implizit die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügungen und die Erteilung der gewünschten Besuchervisa.
Zur Begründung bringt sie sinngemäss vor, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, dass die
Wiederausreise der Gesuchsteller nach einem Besuchsaufenthalt nicht gesichert wäre. Diese hätten
entgegen der Feststellung der Vorinstanz durchaus Verpflichtungen vor Ort: Die Gesuchstellerin habe dort
ihren Ehemann und weitere drei Kinder, um die sie sich kümmern müsse. Der Gesuchsteller gehe
noch zur Schule und wolle nach deren Beendigung eine Lehre absolvieren. Sie (die Beschwerdeführerin)
garantiere für eine fristgerechte Wiederausreise ihrer Gäste.
D.
Die Vorinstanz
hält in ihrer Vernehmlassung vom 15. Mai 2008 an den angefochtenen Verfügungen fest und schliesst
auf Abweisung der Beschwerde. Ergänzend zur Begründung in den angefochtenen Verfügungen
bringt sie vor, vor allem in Anbetracht der in letzter Zeit in Sri Lanka wiederum verstärkt aufgetretenen
militärischen Auseinandersetzungen müsse die anstandslose und fristgerechte Wiederausreise
der Gesuchsteller nach einem Besuchsaufenthalt erheblich in Frage gestellt werden. Diese Einschätzung
werde von der Schweizer Vertretung in Colombo geteilt, welche mit den Verhältnissen vor Ort bestens
vertraut sei.
E.
Die Beschwerdeführerin machte von dem ihr eingeräumten Recht
auf Replik keinen Gebrauch.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (
VGG,
SR 173.32) beurteilt das
Bundesverwaltungsgericht unter Vorbehalt der in Art. 32
VGG genannten Ausnahmen Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021),
welche von einer in Art. 33
VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Darunter fallen u.a.
Verfügungen des BFM, mit denen die Erteilung eines Visums verweigert wird. In dieser Materie urteilt
das Bundesverwaltungsgericht endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17.
Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
1.2 Sofern das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt,
richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG (Art. 37
VGG).
1.3
Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 48 Abs. 1
VwVG zur Beschwerde berechtigt. Auf die frist-
und formgerechte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50
-52
VwVG).
2.
Mit Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat -
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49
VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren
das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4
VwVG an die Begründung der
Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Rechts- und Sachlage zum Zeitpunkt seines
Entscheides (vgl. E. 1.2 des in BGE
129 II 215 teilweise publizierten Urteils
2A.451/2002 vom 28. März
2003).
3.
Das schweizerische Ausländerrecht kennt weder ein allgemeines Recht auf
Einreise noch gewährt es einen besonderen Anspruch auf Erteilung eines Visums. Die Schweiz ist daher
- wie andere Staaten auch - grundsätzlich nicht gehalten, Ausländerinnen und Ausländern
die Einreise zu gestatten. Vorbehältlich völkerrechtlicher Verpflichtungen handelt es sich
dabei um einen autonomen Entscheid (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Ausländerinnen und
Ausländer vom 8. März 2002,
BBl 2002 3774; BGE
133 I 185 E. 2.3 S. 189).
4.
Am
1. Januar 2008 sind das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer
(AuG,
SR 142.20) sowie die dazu gehörigen Ausführungsverordnungen (u.a. die Verordnung vom
24. Oktober 2007 über das Einreise- und Visumverfahren [VEV,
AS 2007 5537]) in Kraft getreten. In
der Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 wurde dem Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung
und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung
an Schengen und an Dublin (
SR 362) zugestimmt. Die entsprechenden Assoziierungsabkommen (darunter das
Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union
und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung
und Entwicklung des Schengen-Besitzstands [SAA,
SR 0.360.268.1]) sind sodann für die Schweiz am
12. Dezember 2008 definitiv in Kraft getreten. Seitdem ist die Schweiz verpflichtet, den übernommenen
Schengen-Besitzstand anzuwenden und umzusetzen, wie u.a. die Bestimmungen zur gemeinsamen Visapolitik,
auf die verschiedentlich in EG-Rechtsakten verwiesen wird. Durch die Übernahme des Schengen-Besitzstandes
wurden im AuG entsprechende Anpassungen notwendig (vgl. u.a. Art. 2 Abs. 4
AuG, wonach die Bestimmungen
über das Visumverfahren und über die Ein- und Ausreise nur gelten, sofern das Schengen-Recht
keine abweichenden Bestimmungen enthält). Im Weiteren ist die VEV total revidiert worden (Verordnung
vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung [VEV,
SR 142.204], in Kraft seit 12.
Dezember 2008). Art. 57
VEV sieht vor, dass hängige Verfahren nach dem neuen, übergeordneten
(Schengen-)Recht fortgeführt werden.
5.
5.1 Bezüglich der Einreisevoraussetzungen
für einen Aufenthalt von höchstens drei Monaten verweist Art. 2 Abs. 1
VEV auf die Verordnung
(EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen
Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex
[SGK, ABl. L 105 vom 13.04.2006, S. 1-32]). Art. 5 Abs. 1 SGK präzisiert die Einreisevoraussetzungen
für Drittstaatsangehörige. Diese benötigen zur Einreise ein oder mehrere gültige
Reisedokumente und - sofern sie der Visumspflicht unterliegen - ein gültiges Visum (Bst. a und b).
Sie müssen den Zweck und die Umstände ihres beabsichtigten Aufenthalts belegen und hierfür
über ausreichende finanzielle Mittel verfügen (Bst. c). Im Weiteren dürfen sie nicht im
Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für
die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen
Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen (Bst. d und e).
5.2 Die Einreisevoraussetzungen
gemäss Schengener Grenzkodex entsprechen im Wesentlichen Art. 5 Abs. 1 Bst. a
-d
AuG. Das in Art.
5 Abs. 1 Bst. c SGK genannte Erfordernis, Zweck und Umstände des geplanten Aufenthalts zu belegen,
wird in Art. 5 Abs. 1
AuG nicht explizit erwähnt. Demgegenüber verlangt Art. 5 Abs. 2
AuG,
dass im Falle eines nur vorübergehenden Aufenthalts für die gesicherte Wiederausreise Gewähr
zu bieten ist. Dies stellt jedoch kein zusätzliches im nationalen Recht verankertes Erfordernis
dar und steht daher nicht im Widerspruch zum Schengener Grenzkodex. Die Angabe des vorübergehenden
Aufenthaltszwecks stellt nämlich zugleich eine Absichtserklärung dar, nach Erfüllung dieses
Zwecks wieder ausreisen zu wollen. Erfolgen widersprüchliche oder unglaubwürdige Angaben zum
Aufenthaltszweck, so kann daraus der Schluss gezogen werden, dass der jeweilige Gesuchsteller nicht willens
ist, nach Ablauf des geplanten Aufenthalts den Schengenraum fristgerecht zu verlassen. In diesem Sinne
äussert sich auch die Gemeinsame Konsularische Instruktion an die diplomatischen Missionen und die
konsularischen Vertretungen, die von Berufskonsularbeamten geleitet werden (GKI, ABl. C 326 vom 22.12.2005,
S. 1-149), die eine analoge Auslegung vornimmt. Die GKI verlangt hinsichtlich des Entscheids über
den Visumsantrag die Einschätzung des Migrationsrisikos; es muss geprüft werden, "ob der
Antragsteller die Absicht hat, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten mit Hilfe eines zu Touristik-,
Studien-, Geschäfts- bzw. zu Familienbesuchszwecken ausgestellten Visums einzuwandern und sich dort
niederzulassen" (vgl. ABl. C 326, S. 10). Die laut Art. 5 Abs. 2 SGK zur Glaubhaftmachung des Aufenthaltszwecks
in Frage kommenden Belege werden beispielhaft in Anhang I des Schengener Grenzkodex aufgelistet.
5.3
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist somit festzuhalten, dass die nach Art. 5 Abs. 1 Bst. c
SGK erforderliche Überprüfung des Aufenthaltszwecks dieselbe Fragestellung aufwirft wie die
Überprüfung des in Art. 5 Abs. 2
AuG genannten Merkmals der gesicherten Wiederausreise. Es
kann daher an die bisherige Praxis und Rechtsprechung bezüglich des letztgenannten Merkmals angeknüpft
werden.
6.
Das Schengen-Recht nimmt eine Differenzierung in Bezug auf die Visumspflicht
von Drittstaatsangehörigen vor. Die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001
(ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1-7) verweist in Art. 1 Abs. 1 und 2 auf die Anhänge I und II, welche
jeweils eine Liste von Drittländern enthalten. In Anhang I sind diejenigen Drittstaaten aufgelistet,
deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen der Schengen-Mitgliedstaaten im
Besitz eines Visums sein müssen; Anhang II dagegen führt diejenigen Drittländer auf, deren
Staatsangehörige von der Visumspflicht befreit sind. Als sri-lankische Staatsangehörige unterliegen
die Gesuchsteller damit der Visumspflicht.
7.
7.1 Zur Prüfung des Kriteriums der
gesicherten Wiederausreise muss ein zukünftiges Verhalten beurteilt werden. Dazu lassen sich in
der Regel keine gesicherten Feststellungen, sondern lediglich Voraussagen machen. Dabei sind sämtliche
Umstände des konkreten Einzelfalles zu würdigen.
7.2 Anhaltspunkte zur Beurteilung
der fristgerechten Wiederausreise können sich aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland der Besucherin
oder des Besuchers ergeben.
7.3 Die Wirtschaft Sri Lankas ist 2007 real um 7,4 % gewachsen.
Das Pro-Kopf-Einkommen betrug 1350 USD, das Bruttoinlandprodukt (BIP) 27 Mrd. USD. Für 2008 wird
erneut ein hohes Wirtschaftswachstum von über 6 % erwartet. Ein Problem für die weitere wirtschaftliche
Entwicklung ist zunehmend die Inflation, die 2007 mit einer Jahresrate von deutlich über 15 % nicht
unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Arbeitslosigkeit beträgt seit längerer Zeit ungefähr
7 %. Die wirtschaftliche Entwicklung Sri Lankas weist allerdings grosse regionale Unterschiede auf. Wirtschaftliches
Zentrum ist die Region rund um Colombo, die fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung erbringt.
Die
grundsätzlich ermutigenden wirtschaftlichen Entwicklungen können aber nicht über die Tatsache
hinwegtäuschen, dass nach wie vor breite Bevölkerungsschichten von vergleichsweise schwierigen
ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen betroffen sind. Darüber hinaus hat sich die Sicherheitslage
im ganzen Land seit Anfang 2006 wieder verschlechtert, nachdem erneut Kämpfe zwischen dem Militär
und der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) ausgebrochen sind. Davon besonders betroffen sind der
Osten und Norden Sri Lankas, Anschläge kommen jedoch auch in der Hauptstadt Colombo und selbst im
Süden des Landes vor (so jüngst ein Selbstmordattentat am 10. März 2009 in Akuressa, bei
dem mindestens 15 Menschen getötet und etwa 60 weitere verletzt wurden [Quelle: Neue Zürcher
Zeitung online, 16. März 2009]). Zudem hat die Regierung am 3. Januar 2008 das Waffenstillstandsabkommen
mit der LTTE offiziell per 16. Januar 2008 gekündigt; die Gefechte im Norden des Landes haben seitdem
immer weiter zugenommen (Quellen: Länder- und Reiseinformationen auf der Webseite des Auswärtigen
Amtes, <http://www.auswaertiges-amt.de>, Länder, Reisen und Sicherheit > Sri Lanka, Stand:
November 2008; Reisehinweise auf der Webseite des Eidgenössischen Departements für Auswärtige
Angelegenheiten [EDA], <http://www.eda.admin.ch>, Reiseziele > Sri Lanka, Stand: 9. März
2009, beide besucht am 12. März 2009; vgl. auch
BVGE 2008/2 E. 7.2 bis 7.5). In den vergangenen
Wochen und Monaten ist die sri-lankische Armee in die letzten von den tamilischen Rebellen kontrollierten
Gebiete vorgerückt und hat die LTTE weiter zurückgedrängt. Doch auch wenn der Armeechef
vor kurzem in einer Fernsehansprache erklärte, das Ende des 25-jährigen Bürgerkriegs sei
in greifbare Nähe gerückt, so ist diese Ankündigung angesichts der vielen gleichartigen
Erklärungen in den vergangenen Monaten zu relativieren. Es ist schwer abzuschätzen, über
welche Reserven die LTTE noch verfügen. Zudem gibt es seit dem Beginn der jüngsten Offensive
im Norden keine unabhängigen Berichte aus dem Krisengebiet mehr, da Journalisten und Helfern der
Zugang dorthin verwehrt wird (zur neueren Entwicklung vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 27. Januar 2009,
S. 3, Webseite des Auswärtigen Amtes, a.a.O., Reise- und Sicherheitshinweis, Stand 12. März
2009 [unverändert gültig seit 21. Februar 2009]).
7.4 Die Tendenz zur Auswanderung
zeigt sich erfahrungsgemäss besonders stark bei jüngeren und ungebundenen Personen, aber auch
sozial eingebundene Menschen reiferen Alters fassen oft diesen Weg ins Auge. Ein bestehendes soziales
Beziehungsnetz (Freunde oder Verwandte) im Ausland ist ein wichtiges Element, das den Auswanderungswillen
noch akzentuieren kann. Die schwierige Lage des Landes spiegelt sich im Übrigen in der schweizerischen
Asylstatistik wider, in der Sri Lanka im Jahre 2008 mit 1'262 Gesuchen die fünftgrösste Gruppe
von Asylsuchenden stellte. Nachdem die Anzahl der Gesuche 2007 im Vergleich zum Jahr 2006 schon um fast
90 % zugenommen hatte, stieg die Anzahl der Gesuche 2008 wegen der Eskalation des bewaffneten Konfliktes
im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 98.4 % (vgl. BFM-Asylstatistik 2008 vom 12. Januar 2009, S. 4 und
9).
7.5 In Anbetracht der geschilderten Verhältnisse in Sri Lanka ist die Beurteilung
der Vorinstanz, die das Risiko einer nicht fristgerechten Wiederausreise als relativ hoch einschätzte,
nicht zu beanstanden. Es wäre jedoch zu schematisch und nicht haltbar, generell und ohne spezifische
Anhaltspunkte ausschliesslich aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsland auf eine nicht hinreichend
gesicherte Wiederausreise zu schliessen. Selbst allgemein schwierige Lebensverhältnisse vor Ort
entbinden die Vorinstanz nicht von einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Namentlich können berufliche,
gesellschaftliche oder familiäre Verpflichtungen die Prognose einer anstandslosen Wiederausreise
begünstigen.
8.
8.1
8.1.1 Bei der Gesuchstellerin handelt es sich um eine 53-jährige,
verheiratete Frau. Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den vier gemeinsamen Kindern im Osten Sri
Lankas in Trincomalee. Für die Reise in die Schweiz und den Besuchsaufenthalt hier möchte sie
ihren älteren Sohn mitnehmen, die restlichen Familienmitglieder würden in Sri Lanka bleiben.
Als Ehefrau und Mutter von offenbar teilweise noch minderjährigen Kindern hat sie durchaus familiäre
Verpflichtungen im Heimatland. Solche Verhältnisse bilden für sich allein aber noch keine Garantie
für eine anstandslose und fristgerechte Wiederausreise nach einem Besuchsaufenthalt. Die Erfahrung
zeigt vielmehr, dass es in aller Regel die individuell herrschenden wirtschaftlich-sozialen und sicherheitspolitischen
Verhältnisse sind, die letztlich über den Verbleib oder Wegzug entscheiden. Dass dabei eine
Familie vorübergehend getrennt wird, wird je nach Interessenlage in Kauf genommen.
8.1.2 Die
Gesuchstellerin selbst ist nicht erwerbstätig. In einem zusätzlich zum persönlichen Gesuch
bei der Schweizer Vertretung in Colombo eingereichten Schreiben, datiert vom 19. Januar 2008, bringt
sie zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen vor, ihr Ehemann sei selbständig erwerbend; er
führe ein eigenes Geschäft und erziele ein monatliches Einkommen von LKR 20'000 (sri-lankische
Rupien; umgerechnet knapp CHF 200). Sie selbst besitze Land und ein Haus in Trincomalee und verfüge
über Bankersparnisse von LKR 100'000 (umgerechnet rund CHF 988). Aufgrund der dem Bundesverwaltungsgericht
zur Verfügung stehenden Akten edierte die Gesuchstellerin ausser zum erwähnten Bankguthaben
allerdings keine weiteren Belege. Anhand der vorliegenden Kopien der Bankbelege fällt zudem auf,
dass die 100'000 Rupien nur wenige Tage vor dem erwähnten Schreiben der Gesuchstellerin an die Schweizer
Vertretung dem Konto gutgeschrieben worden waren. Selbst wenn die Familie vor Ort in vergleichsweise
komfortablen wirtschaftlichen Verhältnisse leben sollte, muss eine Verwurzelung aufgrund der in
Trincomalee herrschenden Sicherheitslage doch stark relativiert werden: Obwohl die Ostprovinz und damit
auch der Trincomalee-Distrikt aus der Sicht der sri-lankischen Regierung als erobert gilt und unter ihrer
Kontrolle steht, herrscht dort immer noch ein Klima der Angst. Die tamilische Bevölkerung fühlt
sich in Gegenwart der zahlreichen Militärcamps eingeschüchtert, und die Bewohner befürchten
eine schleichende Singhalisierung und weitere Vertreibungen. Entwicklungspläne für die Trincomalee-Region
und eine Hochsicherheitszone, aus der 8000 Tamilen vertrieben wurden, erhärten diesen Verdacht (Rainer
Mattern, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Sri Lanka: Aktuelle Situation, Update vom 11. Dezember
2008, S. 6 und 8). Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gesuchstellerin versucht sein könnte,
vorerst sich und ihren älteren Sohn aus der Gefahrenzone abzusetzen.
8.2 Der Gesuchsteller
ist 18 Jahre alt und ledig. Persönliche oder familiäre Verpflichtungen vor Ort sind bei ihm
keine auszumachen. Auch in den beruflichen Verhältnissen sind keine Umstände erkennbar, die
ihn von einer Emigration abhalten könnten. Im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung ging er noch zur
Schule. Ob er inzwischen - wie beabsichtigt - eine Lehrstelle angetreten hat, ist nicht bekannt.
8.3
Die Vorinstanz durfte vor dem aufgezeigten allgemeinen und persönlichen Hintergrund demnach davon
ausgehen, dass keine hinreichende Gewähr für eine fristgerechte und anstandslose Wiederausreise
der Gesuchsteller nach einem Besuchsaufenthalt besteht. An dieser Beurteilung vermag die von der Beschwerdeführerin
abgegebene Zusicherung nichts zu ändern. Diese ist rechtlich nicht verbindlich und faktisch auch
nicht durchsetzbar. Als Gastgeberin kann die Beschwerdeführerin zwar für gewisse finanzielle
Risiken im Zusammenhang mit dem Besuchsaufenthalt, aus nahe liegenden Gründen aber nicht für
ein bestimmtes Verhalten ihrer Gäste garantieren (anstelle vieler vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
C-204/2008 vom 5. März 2009 E. 8.4 und
C-3243/2007 vom 10. Juni 2008 E.5.5).
9.
Aus
vorstehenden Erwägungen folgt, dass die angefochtenen Verfügungen im Lichte von Art. 49
VwVG
nicht zu beanstanden sind. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
10.
Entsprechend dem
Ausgang des Verfahrens wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1
VwVG, Art. 1
, 2
und 3
Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht [
SR 173.320.2]).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt und mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses
Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben)
die Vorinstanz (Akten [...] retour)
den
Migrationsdienst des Kantons Bern.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Andreas
Trommer Denise Kaufmann
Versand: