Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-1454/2008{T 0/2}
Urteil
vom 8. Juni 2010
Besetzung
Richter Johannes Frölicher (Vorsitz), Richter Vito Valenti,
Richterin Elena Avenati-Carpani,
Gerichtsschreiberin Susanne Fankhauser.
Parteien
A._______AG,
vertreten
durch Fürsprecher lic. iur. Daniel Buchser,
Beschwerdeführerin,
gegen
SUVA,
Fluhmattstrasse
1, Postfach 4358, 6002 Luzern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Unfallverhütung (Verfügung
vom 29.1.2008).
Sachverhalt:
A.
Die A._______AG mit Sitz in Z._______ beschäftigt
sich gemäss Handelsregister mit der Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten (Akt. 2). Am 29.
Januar 2008 führte die Suva eine Kontrolle auf einer Baustelle in Y._______ durch und stellte fest,
dass Mitarbeiter der A._______AG auf einer Absturzhöhe von ca. 5.5 m ohne Fassadengerüst arbeiteten
(Akt. 9/1). Mit Verfügung vom 29. Januar 2008 ordnete die Suva gegenüber der A._______AG an,
die Arbeiten ab einer Höhe von 3.0 m einzustellen, bis ein Fassadengerüst erstellt sei, weil
eine unmittelbare schwere Gefährdung der Arbeitnehmer bestehe. Die Feststellungen und die angeordneten
Sofortmassnahmen seien telefonisch mit B._______ von der A._______AG und C._______ von D._______AG besprochen
worden (Akt. 1/1). Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Suva der Bauleitung (D._______AG) die getroffene
Massnahme mit und forderte diese auf, allfällige weitere Unternehmen, die Arbeiten ab einer Höhe
von 3.0 m ausführten, entsprechend zu informieren (Akt. 9/3).
B.
Mit Datum vom 29.
Februar 2008 erhob die A._______AG Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und machte sinngemäss
geltend, die Verfügung vom 29. Januar 2008 hätte nicht oder nicht nur ihr gegenüber erlassen
werden dürfen. Gemäss Werkvertrag sei nicht sie für die Erstellung des Gerüstes zuständig
und die anderen auf der Baustelle anwesenden Unternehmen hätten keine solche Verfügung der
Suva erhalten (Akt. 1).
C.
Der mit Zwischenverfügung vom 7. März 2008 eingeforderte
Kostenvorschuss von Fr. 1'000.- (Akt. 3) ging am 12. März 2008 bei der Gerichtskasse ein (Akt. 4).
D.
Am
31. März 2008 liess die Beschwerdeführerin, nun vertreten durch Fürsprecher Daniel Buchser,
eine Beschwerdeergänzung einreichen (Akt. 7). Die Suva habe der Beschwerdeführerin erst nach
Erlass der angefochtenen Verfügung am 11. März 2008 eine formelle Ermahnung geschickt, weshalb
diese erst jetzt zum Vorfall Stellung nehmen könne. Das an die Suva gerichtete Schreiben vom 31.
März 2008 betreffend Einwendungen gegen die Ermahnung vom 11. März 2008 sei als Beschwerdeergänzung
zu den Akten zu nehmen. Weiter liess sie beantragen, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und
die Sache sei zur Neubeurteilung an die Suva zurückzuweisen. Das Vorgehen der Suva stelle eine Verletzung
der Ansprüche auf rechtsgleiche Behandlung, auf rechtliches Gehör und auf die Unschuldsvermutung
dar.
E.
In ihrer Vernehmlassung vom 25. April 2008 beantragte die Suva, die Beschwerde
sei - soweit darauf überhaupt einzutreten sei - abzuweisen (Akt. 9). Anfechtungsgegenstand sei lediglich
die Verfügung vom 29. Januar 2008, nicht aber das Ermahnungsschreiben vom 11. März 2008. Die
in der Verfügung angeordnete Massnahme - das Einstellen der Arbeiten bis ein Fassadengerüst
erstellt sei - werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Deshalb sei auf die Beschwerde
nicht einzutreten.
Zur materiellen Begründung führte die Vorinstanz unter anderem
aus, auf der Baustelle seien ausschliesslich Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin angetroffen worden.
Folgerichtig sei diesen das Arbeiten im Gefahrenbereich verboten und die Verfügung gegenüber
der Beschwerdeführerin erlassen worden. Zudem sei die Bauleitung über die Massnahme in Kenntnis
gesetzt worden. Eine rechtsungleiche Behandlung liege deshalb nicht vor. Das Vorgehen entspreche den
Vorgaben gemäss "Leitfaden für das Durchführungsverfahren in der Arbeitssicherheit"
der Eidgenössischen Koordinationskommission für die Arbeitssicherheit.
F.
Mit
Replik vom 3. Juni 2008 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Beschwerdebegehren fest und präzisierte
diese im Wesentlichen wie folgt (Akt. 11): Die Verfügung vom 29. Januar 2008 und die Ermahnung vom
11. März 2008 seien aufzuheben. Weiter "sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin
auf der Baustelle 'F._______' in Y._______ keine Vorschriften betreffend Sicherung der Baustelle verletzt
hat." In ihrer Begründung nahm sie eingehend zu den Ausführungen der Vorinstanz Stellung.
Ergänzend
führte sie aus, aufgrund der Erfahrungen auf einer anderen Baustelle (in Z._______) habe sich gezeigt,
dass offenbar nicht immer ein Fassadengerüst erforderlich sei bzw. der Vorwurf der rechtsungleichen
Behandlung habe sich bestätigt. Da gemäss Angaben der Suva in Z._______ bei einer Absturzhöhe
von 6 m eine blosse Absturzsicherung auf der Deckenschalung ausreiche, müsse dies auch für
die Baustelle "F._______" in Y._______ gelten, zumal dort die Absturzhöhe maximal 5.5
m betrage. Die angefochtene Verfügung sei somit falsch und deshalb aufzuheben.
Das von
der Suva angezweifelte Rechtsschutzinteresse ergebe sich zudem daraus, dass die angefochtene Verfügung
die Basis für die nachfolgende Ermahnung darstelle, welche wiederum Grundlage für eine spätere
Prämienerhöhung sei. Deshalb bestehe auch ein Interesse an der Feststellung, dass die Beschwerdeführerin
keine Vorschriften zur Unfallverhütung verletzt habe. Weil die Ermahnung und die angefochtene Verfügung
auf die gleiche Baustellenkontrolle zurück gingen, sei die Ermahnung faktisch als weiterer Bestandteil
der angefochtenen Verfügung zu qualifizieren.
G.
Mit Duplik vom 3. Juli 2008 hielt
die Suva an ihren Rechtsbegehren fest und nahm zu den in der Replik vorgebrachten Einwänden Stellung.
Sie erläuterte insbesondere, weshalb bei der Baustelle in Z._______ unter Berücksichtigung
der besonderen Umstände auf ein Fassadengerüst verzichtet werden durfte. Es liege keine rechtsungleiche
Behandlung vor und die angefochtene Verfügung sei rechtmässig.
Zum Anfechtungs-
und Streitgegenstand führte sie ergänzend aus, der Beschwerdeführerin sei im Ermahnungsschreiben
vom 11. März 2008 - mit welchem ihr eine Prämienerhöhung angedroht wurde - Gelegenheit
eingeräumt worden, innert 20 Tagen ihre Einwendungen vorzubringen. Von diesem Recht habe sie mit
Schreiben vom 31. März 2008 denn auch Gebrauch gemacht. Falls sich ihre Einwände als stichhaltig
erwiesen hätten, wäre die Ermahnung zurückgezogen worden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen,
dass sich die Beschwerdeführerin gegen die allfällige spätere Prämienerhöhung,
welche mittels Verfügung angeordnet würde, mit den entsprechenden Rechtsmitteln zur Wehr setzen
könnte.
H.
Mit Verfügung vom 11. Februar 2010 forderte der Instruktionsrichter
die Vorinstanz auf, die gesamten Akten betreffend Unfallverhütung einzureichen und wies sie auf
die Möglichkeit hin, eine ergänzende Stellungnahme betreffend Ermahnung vom 11. März 2008
einzureichen (Akt. 15).
I.
Mit Datum vom 22. Februar 2010 reichte die Suva die Akten
ein und wies erneut darauf hin, dass die Verfügung vom 29. Januar 2008 und nicht die Ermahnung vom
11. März 2008 Anfechtungsgegenstand sei. Zur Ermahnung vom 11. März 2008 hielt sie überdies
fest, die Suva habe der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. April 2008 erklärt, weshalb
an der Ermahnung festgehalten werde (Akt. 17).
J.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien
und die eingereichten Akten wird, soweit für die Entscheidfindung erforderlich, im Rahmen der nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das
Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG vorliegt.
Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33
VGG genannten Behörden. Die Suva ist eine Vorinstanz im Sinne
von Art. 33 Bst. e
VGG. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden
gegen Verfügungen der Suva über Anordnungen zur Verhütung von Unfällen, die nicht
durch Einsprache anfechtbar sind, ergibt sich aus Art. 109 Bst. c
in Verbindung mit Art. 105a
des Bundesgesetzes
vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG,
SR 832.20).
1.2 Das Verfahren
vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz
nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG). Vorbehalten bleiben gemäss Art. 3
Bst. dbis VwVG die besonderen
Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
(ATSG,
SR 830.1).
2.
Angefochten ist die Verfügung der Suva vom 29. Januar 2008,
mit welcher die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde, die Arbeiten auf der Baustelle F._______
ab einer Höhe von 3.0 m einzustellen, bis ein Fassadengerüst erstellt sei, sowie die Ermahnung
der Suva vom 11. März 2008, welche mit der Verfügung vom 29. Januar 2008 in einem engen sachlichen
Zusammenhang steht.
2.1 Nach Art. 59
ATSG ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene
Verfügung (oder den angefochtenen Einspracheentscheid) berührt ist und ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (vgl. auch Art. 48 Abs. 1 Bst. c
VwVG). Schutzwürdig
ist das Interesse grundsätzlich nur dann, wenn es nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern
auch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch ist (BGE
123 II 285 E. 4, Urteil des
Bundesgerichts [BGer]
2C_166/2009 vom 30. November 2009 E. 1.2.1, Urteil BGer
8C_622/2009 vom 3. Dezember
2009 E. 1.1; zu den Ausnahmen vgl. bspw. Urteil BGer
2C_166/2009 vom 30. November 2009 E. 1.2.1, vgl.
auch BGE 135 I 79 E. 1.1). Aktuell ist das Interesse, wenn der durch die angefochtene Verfügung
erlittene Nachteil im Zeitpunkt des Entscheids der Beschwerdeinstanz noch besteht. Ein praktisches Interesse
setzt voraus, dass dieser Nachteil bei Gutheissung der Beschwerde beseitigt werden kann. Das Interesse
ist somit dann schutzwürdig, wenn durch den Ausgang des Verfahrens die tatsächliche oder rechtliche
Situation der beschwerdeführenden Person noch beeinflusst werden kann. Demgegenüber fehlt es
an einem aktuellen praktischen Interesse, wenn der Nachteil auch bei Gutheissung der Beschwerde nicht
mehr behoben werden könnte (
BVGE 2009/31 E. 3.1 mit Hinweisen). Fällt das schutzwürdige
Interesse im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei
der Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (Urteil BGer
2C_166/2009 vom 30. November
2009 E. 1.2.1 mit Hinweisen, Urteil BGer
8C_622/2009 vom 3. Dezember 2009 E. 1.1).
2.2 Mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar sind Verfügungen im Sinne von Art. 5
VwVG (Art. 44
VwVG,
vgl. auch Art. 56 Abs. 1
ATSG). Als Verfügungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1
VwVG gelten individuelle,
an den Einzelnen gerichtete Hoheitsakte, durch die eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung
rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird. Für das
Vorliegen einer Verfügung ist dabei nicht massgebend, ob sie als solche gekennzeichnet ist oder
den gesetzlichen Formvorschriften für eine Verfügung entspricht. Massgebend ist vielmehr, ob
die Strukturmerkmale einer Verfügung vorhanden sind (Urteil BVGer
A-8518/2007 vom 18. September
2008 E. 4.4 mit Hinweisen).
2.3 Nach der Rechtsprechung ist eine behördliche Mahnung
einer Verfügung im Sinne von Art. 5
VwVG gleichzustellen, wenn diese die Rechtsstellung der Betroffenen
verschlechtert (BGE
103 Ib 350 E. 2, vgl. auch BGE
125 I 119 E. 2a). Im Bereich des Disziplinarrechts
liegt insbesondere dann eine anfechtbare Verfügung vor, wenn eine Ermahnung als Disziplinarmassnahme
ausgestaltet ist (BGE
125 I 119 E. 2a). Verwarnungen, Mahnungen und die Androhung belastender Anordnungen
sind anfechtbar, wenn sie notwendige Voraussetzung für spätere, schärfere Massnahmen bilden
(Urteil BGer
5P.199/2003 vom 12. August 2003 E. 1.1), sofern sich die aktuelle Rechtsstellung der betroffenen
Person allein dadurch verschlechtert (vgl. Pierre Tschannen/ Ulrich Zimmerli/Markus Müller, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, § 28 N. 27; Urteil BGer
1P.555/2001 vom 3. Januar 2002 E.
4.2 ff.). Im Falle einer Belehrung, eines Verweises, einer Mahnung oder dergleichen gilt es zu prüfen,
ob diesem Akt Sanktionscharakter zukommt; dies trifft dann zu, wenn er den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens
in sich schliesst, dem Betreffenden nahe legt, dieses in Zukunft zu unterlassen, und objektiv eine Massregelung
darstellt. Von Bedeutung ist sodann, inwiefern sich die früher verhängte Massnahme bei der
Beurteilung in einem allfällig später eingeleiteten Disziplinarverfahren auswirken würde
(Urteil BGer
5P.199/2003 vom 12. August 2003 E. 1.1 mit Hinweisen).
2.4 Mit Schreiben vom
8. Februar 2008 bestätigte die Suva der Beschwerdeführerin, die Hochbauarbeiten könnten
weitergeführt werden, weil das Fassadengerüst erstellt sei (Akt. 17/12). Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung
am 29. Februar 2008 war die von der Vorinstanz erlassene Anordnung demnach bereits umgesetzt. Es stellt
sich daher die Frage, ob im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ein schutzwürdiges Interesse bestanden
hat. Weiter ist zu prüfen, ob der Ermahnung vom 11. März 2008 Verfügungscharakter zukommt.
Um diese Fragen zu klären, ist zunächst auf das Verfahren im Bereich der Unfallverhütung
einzugehen.
2.4.1 Nach Art. 62 Abs. 1
der Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung
von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung, VUV,
SR 832.30)
macht das für die Kontrolle zuständige Durchführungsorgan, wenn sich aufgrund eines Betriebsbesuches
herausstellt, dass Vorschriften über die Arbeitssicherheit verletzt sind, den Arbeitgeber darauf
aufmerksam und setzt ihm eine angemessene Frist zur Einhaltung der Vorschrift. Diese Ermahnung ist dem
Arbeitgeber schriftlich zu bestätigen. Wird der Ermahnung keine Folge geleistet, so ordnet das zuständige
Durchführungsorgan, nach Anhörung des Arbeitgebers und der unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer,
die erforderlichen Massnahmen durch Verfügung an und setzt dem Arbeitgeber eine angemessene Frist
zum Vollzug der Massnahmen (Art. 64 Abs. 1
VUV). In dringenden Fällen ist die Verfügung ohne
vorgängige Ermahnung zu erlassen (vgl. Art. 62 Abs. 2
VUV). Leistet der Arbeitgeber einer vollstreckbaren
Verfügung keine Folge oder handelt er auf andere Weise Vorschriften über die Arbeitssicherheit
zuwider, kann sein Betrieb nach Art. 66 Abs. 1
VUV in Verbindung mit Art. 92 Abs. 3
UVG in eine höhere
Stufe des Prämientarifs versetzt werden (Prämienerhöhung).
2.4.2 Die Durchführung
der Bestimmungen über die Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten obliegt gemäss
Art. 85 Abs. 1
UVG den Durchführungsorganen des Arbeitsgesetzes vom 13. Mai 1964 (ArG,
SR 822.11)
und der Suva. Die gestützt auf Art. 85 Abs. 2
UVG eingesetzte Eidgenössische Koordinationskommission
für die Arbeitssicherheit (EKAS) stimmt die einzelnen Durchführungsbereiche aufeinander ab,
soweit der Bundesrat hierüber keine Bestimmungen erlassen hat; sie sorgt für eine einheitliche
Anwendung der Vorschriften über die Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten
in den Betrieben (Art. 85 Abs. 3
Satz 1 UVG). Die Beschlüsse der EKAS sind für die Versicherer
und die Durchführungsorgane des Arbeitsgesetzes verbindlich und sie kann insbesondere Ausführungsbestimmungen
zum Verfahren erlassen (Art. 85 Abs. 4
UVG, Art. 53 Bst. a
VUV).
2.4.2.1 Der "Leitfaden für
das Durchführungsverfahren in der Arbeitssicherheit" der EKAS (nachfolgend: EKAS-Leitfaden
[Bestellnummer 6030]) unterscheidet zwischen einem ordentlichen und einem ausserordentlichen Durchführungsverfahren.
Ziel des ordentlichen Durchführungsverfahrens ist die (unmittelbare) Durchsetzung der Unfallverhütungsvorschriften
in den einzelnen Betrieben (vgl. Ziff. 4.2). Das ausserordentliche Verfahren soll (subsidiär) dann
angewendet werden, wenn sicherheitswidrige Zustände aufgrund der Art der auszuführenden Arbeit
oder der Arbeitsweise nur vorübergehend und während verhältnismässig kurzer Zeit
bestehen, weshalb das ordentliche Verfahren nicht zielführend wäre (Ziff. 5.2.1).
2.4.2.2
Das ausserordentliche Verfahren dient weiter der Feststellung, wann eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber
- im Sinne von Art. 66 Abs. 1
VUV - "auf andere Weise Vorschriften über die Arbeitssicherheit"
zuwiderhandelt, und ein Betrieb deshalb in eine höhere Stufe des Prämientarifs zu versetzen
ist. Obwohl gemäss Wortlaut von Art. 92 Abs. 3
UVG bereits ein einzelner Verstoss gegen Vorschriften
über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten eine (rückwirkende) Prämienerhöhung
rechtfertigen würde, muss eine solche Sanktion verhältnismässig sein. Deshalb soll - sofern
nicht ein besonders gravierender Verstoss vorliegt oder die Verletzung von Vorschriften zu einem Unfall
geführt hat - nicht bei jeder (allenfalls geringfügigen) Zuwiderhandlung gegen Arbeitssicherheitsvorschriften
eine Prämienerhöhung verfügt werden (vgl. EKAS-Leitfaden Ziff. 5.2 und 7.3.2). Im Normalfall
spricht das Kontrollorgan dreimal eine Ermahnung aus, wenn es einen sicherheitswidrigen Zustand feststellt
(Ziff. 5.3). In der Ermahnung ist anzuführen, welche Mängel festgestellt und welche Bestimmungen
über die Arbeitssicherheit verletzt wurden. Mit der dritten Ermahnung wird dem Betrieb angedroht,
dass bei einem weiteren Verstoss gegen Arbeitssicherheitsvorschriften eine Prämienerhöhung
(von mindestens 20 %, vgl. Art. 113 Abs. 2
UVV) verfügt werde (EKAS-Leitfaden Ziff. 5.3.4).
2.4.2.3
Die beiden Verfahren sind nicht strikte getrennt. Die im ordentlichen Verfahren festgestellten Sicherheitsverstösse
sind auch im ausserordentlichen Verfahren im Hinblick auf eine allfällige Prämienerhöhung
"anzurechnen" (vgl. EKAS-Leitfaden Ziff. 5.2.3). Ob die Feststellung eines Verstoss gegen Arbeitssicherheitsvorschriften
in einer Ermahnung oder - weil aus Dringlichkeit auf eine Ermahnung verzichtet wurde - in der Verfügung
enthalten ist, spielt keine Rolle.
2.4.3 Wie sich aus dem soeben Ausgeführten ergibt, sind
die Ermahnungen des Kontrollorgans in der Regel notwendige Voraussetzung für eine spätere Sanktionierung
in Form einer Prämienerhöhung nach Art. 92 Abs. 3
UVG in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1
VUV
und verschlechtern die aktuelle Rechtsstellung eines betroffenen Betriebes. Diesen Ermahnungen kommt
demnach Sanktionscharakter im Sinne der Rechtsprechung (vgl. E. 2.3) zu. Das Bundesverwaltungsgericht
hat deshalb die Rechtsprechung der Eidgenössischen Rekurskommission für die Unfallversicherung
(REKU) übernommen und die Anfechtbarkeit einer Ermahnung grundsätzlich bejaht (Urteil BVGer
C-3183/2006 vom 6. Juli 2007 E. 3.5, Urteil BVGer
C-640/2008 vom 18. August 2009 E. 2 und 5 mit Hinweisen).
2.4.4
Die ohne vorgängige Ermahnung gestützt auf Art. 62 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1
VUV erlassene Verfügung vom 29. Januar 2008 enthält die Feststellung, dass Arbeitssicherheitsvorschriften
nicht eingehalten wurden (fehlendes Fassadengerüst bei einer Absturzhöhe von 5.5 m), hält
fest, welche Sofortmassnahmen erforderlich sind (ein Fassadengerüst zu erstellen) und untersagt
die Weiterarbeit ab einer Höhe von 3.0 m bis der festgestellte Mangel behoben ist. Die Feststellung
des Verstosses gegen Vorschriften über die Arbeitssicherheit bleibt auch nach der Behebung des Mangels
bestehen und sie kann - wie bei einer Ermahnung - im Hinblick auf eine spätere Prämienerhöhung
berücksichtigt werden. Ist eine Ermahnung mit einer solchen Feststellung anfechtbar, muss dies ohne
Weiteres auch für eine Verfügung gelten. Das aktuelle Rechtsschutzinteresse ist daher gegeben
(vgl. bereits Urteil BVGer
C-3183/2006 vom 6. Juli 2007 E. 3.6).
Dass die Suva in ihrer Ermahnung
vom 11. März 2008 den bereits in der Verfügung vom 29. Januar 2008 angeführten Sicherheitsmangel
erneut festhält, vermag daran nichts zu ändern. Diesbezüglich wäre eine Ermahnung
nicht erforderlich gewesen. Vielmehr hätte es genügt, in der Verfügung - wie bei Ermahnungen
(vgl. EKAS-Leitfaden Ziff. 5.3.3 f.) - auf die mögliche Sanktion einer Prämienerhöhung
hinzuweisen (vgl. auch nachfolgende E. 2.5.4).
2.4.5 Anzufügen bleibt, dass die Eröffnung
des Beschwerdeweges gegen eine - in einer Verfügung oder in einer Ermahnung getroffene - Feststellung
des Kontrollorgans, dass Vorschriften über die Arbeitssicherheit verletzt wurden, auch aus beweisrechtlicher
Sicht angezeigt erscheint, weil zwischen solchen Feststellungen längere Zeit vergehen kann. Wird
eine gestützt auf Art. 92 Abs. 3
UVG verfügte Prämienerhöhung angefochten und soll
die Beschwerdeinstanz erst in diesem Verfahren prüfen, ob die einzelnen Feststellungen damals zu
Recht getroffen wurden, können sich Schwierigkeiten ergeben, den rechtserheblichen Sachverhalt nachträglich
noch festzustellen.
2.5 Die von der Suva vertretene Ansicht, wonach die von einem Kontrollorgan
- in einer Ermahnung oder einer Verfügung - getroffene Feststellung, dass Vorschriften über
die Arbeitssicherheit verletzt wurden, nicht unmittelbar gerichtlich anfechtbar seien, entspricht den
Vorgaben im EKAS-Leitfaden.
2.5.1 Der EKAS-Leitfaden soll wie Verwaltungsverordnungen (zu welchen
bspw. Weisungen, Richtlinien etc. gehören) eine einheitliche, gleichmässige und sachrichtige
Praxis des Gesetzesvollzugs sicherstellen und ist daher für die Durchführungsorgane grundsätzlich
verbindlich (vgl. vorstehende E. 2.4.2; zu den Verwaltungsverordnungen und deren Berücksichtigung
im Gerichtsverfahren siehe BGE
133 V 587 E. 6.1, BGE
133 V 346 E. 5.4.2, je mit Hinweisen, André
Moser/ Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008,
S. 81 Rz. 2.174). Weder eine vollzugslenkende Verwaltungsverordnung noch eine Vollziehungsverordnung
können (allein) Grundlage bilden, um Rechte und Pflichten zu begründen oder einzuschränken
(vgl. Tschannen/Zimmerli/Müller, § 14 N. 11 und 23, § 41 N. 12). Erforderlich wäre
zumindest eine auf einer hinreichend konkreten formell-gesetzlichen Delegationsbestimmung beruhende Verordnung
(vgl. Art. 164
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV,
SR
101], Tschannen/Zimmerli/Müller, § 14 N. 27 und § 19 N. 38).
2.5.2 Der EKAS wurden
keine Rechtsetzungskompetenzen übertragen, welche sie ermächtigen würden, den Rechtsschutz
der betroffenen Betriebe einzuschränken (vgl. Art. 85
UVG und Art. 52 ff
.
VUV), weshalb nicht zu
prüfen ist, ob bzw. in welcher Form eine Einschränkung allenfalls zulässig wäre.
Die im EKAS-Leitfaden nicht vorgesehene Anfechtungsmöglichkeit von Ermahnungen ist für das
Gericht unbeachtlich.
2.5.3 Abweichend von den Musterdokumenten im EKAS-Leitfaden (vgl. Teil II
des Leitfadens S. 81 ff.) sind Ermahnungen, die in einem späteren Zeitpunkt im Hinblick auf eine
Prämienerhöhung nach Art. 92 Abs. 3
UVG berücksichtigt werden können, mit einer Rechtsmittelbelehrung
zu versehen (vgl. Art. 49 Abs. 3
Satz 1
ATSG, Art. 35 Abs. 1
VwVG). Erhebt der ermahnte Betrieb dagegen
Einwände, hat das Kontrollorgan darüber in einem Einspracheentscheid zu befinden (vgl. auch
Urteil BVGer
C-640/2008 vom 19. August 2009 E. 5).
2.5.4 Keine präzisen Vorgaben enthält
der EKAS-Leitfaden, wie die Kontrollorgane vorzugehen haben, wenn sie gemäss Art. 62 Abs. 2
VUV
auf eine Ermahnung verzichten und direkt mit einer Verfügung nach Art. 64 Abs. 1
VUV die erforderlichen
Massnahmen anordnen. Der Leitfaden hält lediglich fest, dass auch solche schwerer wiegende Feststellungen
im Rahmen des ausserordentlichen Durchführungsverfahrens zu berücksichtigen seien (EKAS-Leitfaden
Ziff. 5.2.3). Ob das Kontrollorgan im Anschluss an die Verfügung zusätzlich eine Ermahnung
zu erlassen hat oder sich auf die in der Verfügung getroffenen Feststellungen stützen soll,
geht aus dem Leitfaden nicht hervor (vgl. auch Musterdokumente im Teil II des EKAS-Leitfadens S. 70 ff.).
Mit Blick auf das Ziel, dass streitige Sachverhaltsfeststellungen möglichst frühzeitig überprüft
werden sollen, und im Interesse eines raschen und einfachen Verfahrens, wäre es wünschenswert,
wenn die gestützt auf Art. 62 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1
VUV erlassene Verfügung
auch die Elemente einer Ermahnung im Hinblick auf eine spätere Prämienerhöhung (vgl. EKAS-Leitfaden
Ziff. 5.3.3 f. betreffend 2. und 3. Ermahnung) enthalten würden. Andernfalls wäre in der Verfügung
klarzustellen, dass diese noch keine Feststellung enthält, dass der Verfügungsadressat Arbeitssicherheitsvorschriften
verletzt hat, welche im Hinblick auf eine Prämienerhöhung berücksichtigt werden kann,
und dass eine solche Feststellung erst in einer später zu erlassenden anfechtbaren Ermahnung getroffen
würde. Für einen betroffenen Betrieb muss klar sein, wann bzw. in welchem Verfahren er eine
solche Feststellung des Kontrollorgans bestreiten kann.
2.6 Zu prüfen bleibt, ob auf
die Rügen betreffend Ermahnung vom 11. März 2008 eingetreten werden kann, soweit in dieser
weitere - nicht bereits in der Verfügung vom 29. Januar 2008 enthaltene - Verstösse gegen Arbeitssicherheitsvorschriften
angeführt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat nur auf Beschwerden gegen Verfügungen einzutreten,
die nicht durch Einsprache anfechtbar sind (vgl. Art. 32 Abs. 2 Bst. a
VGG, Art. 109
in Verbindung mit
Art. 105a
UVG). Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt sich vorliegend eine Rückweisung
zum Erlass eines Einspracheentscheides jedoch nicht. Da, wie soeben festgestellt, Ermahnungen in Bezug
auf die Feststellung von Verletzungen der Arbeitssicherheitsvorschriften grundsätzlich anfechtbar
sind, die Beschwerdeführerin die Beurteilung der Ermahnung vom 11. März 2008 ausdrücklich
beantragte, die Vorinstanz sich in einer Prozesserklärung dazu geäussert hat, die Sache spruchreif
ist und in einem engen sachlichen Zusammenhang zur angefochtenen Verfügung steht, ist die Ausdehnung
des Streitgegenstandes auf eine ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes liegende Frage zulässig (vgl.
BGE
122 V 34 E. 2a mit Hinweisen, BGE
130 V 138 E. 2.1).
2.7 Da die übrigen Eintretensvoraussetzungen
(vgl. Art. 60
in Verbindung mit Art. 38 ff
. ATSG, Art. 49 ff
.
VwVG) zweifellos erfüllt sind und
auch der Kostenvorschuss fristgerecht geleistet wurde, ist auf die Beschwerde einzutreten.
3.
In
materieller Hinsicht streitig und im Folgenden zu prüfen ist insbesondere, ob die Beschwerdeführerin
Arbeitssicherheitsvorschriften verletzt hat.
3.1 Gemäss Art. 82 Abs. 1
UVG ist der Arbeitgeber
verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten alle Massnahmen zu treffen,
die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen
angemessen sind. Gestützt auf Art. 83 Abs. 1
UVG hat der Bundesrat neben der VUV weitere Verordnungen
erlassen, in welchen die Anforderungen an die Arbeitssicherheit für bestimmte Tätigkeiten konkretisiert
werden. Dazu gehört namentlich die Verordnung vom 29. Juni 2005 über die Sicherheit und den
Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Bauarbeiten (Bauarbeitenverordnung [BauAV],
SR 832.311.141).
3.2 Nach unbestrittener Feststellung der Suva arbeiteten Mitarbeiter der
Beschwerdeführerin am 29. Januar 2008 auf der Baustelle "F._______" in Y._______ auf einer
Absturzhöhe von ca. 5.5 m ohne Fassadengerüst (oder andere Absturzsicherung).
3.2.1 Die
Beschwerdeführerin bestritt zunächst nicht, dass ein Fassadengerüst erforderlich gewesen
wäre. Vielmehr machte sie geltend, sie sei für das Erstellen des Gerüsts gemäss Werkvertrag
nicht zuständig. Ihre Angestellten seien allenfalls lediglich Gerüstbenutzer (Akt. 1, vgl.
auch Akt. 7). In der Replik wird - unter Hinweis auf eine andere Baustelle in Z._______ - vorgebracht,
es wäre kein Fassadengerüst erforderlich gewesen. Vielmehr hätte auch eine auf der Deckenschalung
montierte Absturzsicherung genügt. Eine solche sei nach Fertigstellung der Deckenschalung auch vorgesehen
gewesen.
3.2.2 Der 4. Abschnitt im 2. Kapitel der BauAV trägt den Titel Absturzsicherungen.
Art. 15
und Art. 16
regeln den Seitenschutz, Art. 18
BauAV die Gerüste. Wird bei Hochbauarbeiten
die Absturzhöhe von 3 m überschritten, so ist ein Fassadengerüst zu erstellen (Art. 18
Satz 1
BauAV). Ist das Anbringen eines Seitenschutzes nach Art. 16 oder eines Gerüstes nach Art.
18
technisch nicht möglich oder zu gefährlich, sind Fanggerüste, Schutznetze oder Seilsicherungen
zu verwenden oder gleichwertige Schutzmassnahmen zu treffen (Art. 19
BauAV). Die Anforderungen an die
einzelnen Gerüste sind im 4. Kapitel (Art. 37 ff
.
BauAV) enthalten.
3.2.3 Die Beschwerdeführerin
macht nicht geltend, das Anbringen eines Gerüstes sei technisch nicht möglich oder zu gefährlich
gewesen. Da die Absturzhöhe von 3 m offensichtlich überschritten war, musste gemäss Art.
18
BauAV ein Fassadengerüst erstellt werden. Daran vermag auch der Hinweis auf die Baustelle in
Z._______ nichts zu ändern. Wie die Suva in der Duplik ausgeführt hat, wurden dort - aufgrund
der besonderen Bautechnik - die Risiken des zusätzlichen Auf- und Abbaus des Fassadengerüstes
höher eingeschätzt als das Risiko einer minderwertigen Absturzsicherung während einer
beschränkten Zeit (Akt. 13 S. 3). Das Argument der Beschwerdeführerin, dass auf der Baustelle
in Z._______ bei einer Absturzhöhe von 6 m auf ein Fassadengerüst habe verzichtet werden können,
weshalb - aus Gründen der Gleichbehandlung - bei einer Absturzhöhe von nur 5.5 m im vorliegend
zu beurteilenden Fall ebenfalls kein Fassadengerüst hätte verlangt werden dürfen, ist
demnach nicht stichhaltig.
3.2.4 Die Vorschriften über die Verhütung von Berufsunfällen
und Berufskrankheiten gelten gemäss Art. 81 Abs. 1
UVG grundsätzlich für alle Betriebe,
die in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen. Adressat der Unfallverhütungsvorschriften ist
- wie aus dieser Bestimmung sowie aus Art. 82 Abs. 1
UVG und Art. 3 ff
. VUV - hervorgeht, in erster Linie
der Arbeitgeber. Überträgt er bestimmte Aufgaben der Arbeitssicherheit einem Arbeitnehmer,
entbindet dies den Arbeitgeber nicht von seinen Verpflichtungen (Art. 7 Abs. 2
VUV). Nach Art. 4 Abs.
1
BauAV muss der Arbeitgeber auf jeder Baustelle eine Person bezeichnen, die für die Arbeitssicherheit
und den Gesundheitsschutz zuständig ist; diese Person kann den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
diesbezügliche Weisungen erteilen. Sind an einem Arbeitsplatz mehrere Betriebe tätig, so haben
deren Arbeitgeber die zur Wahrung der Arbeitssicherheit erforderlichen Absprachen zu treffen und die
notwendigen Massnahmen anzuordnen (Art. 9 Abs. 1
Satz 1 VUV). Dass die Beschwerdeführerin gemäss
Werkvertrag nicht für das Erstellen des Gerüstes zuständig war, ist somit unerheblich,
was sich im Übrigen auch aus Art. 3
BauAV ergibt.
Zur Planung von Bauarbeiten hält
Art. 3
BauAV - soweit vorliegend von Bedeutung - folgende Grundsätze fest: Bauarbeiten müssen
so geplant werden, dass das Risiko von Berufsunfällen, Berufskrankheiten oder Gesundheitsbeeinträchtigungen
möglichst klein ist und die notwendigen Sicherheitsmassnahmen, namentlich bei der Verwendung von
Arbeitsmitteln, eingehalten werden können (Abs. 1). Der Arbeitgeber, der sich im Rahmen eines Werkvertrags
als Unternehmer zur Ausführung von Bauarbeiten verpflichten will, hat vor dem Vertragsabschluss
zu prüfen, welche Massnahmen notwendig sind, um die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz
bei der Ausführung seiner Arbeiten zu gewährleisten. Baustellenspezifische Massnahmen, die
nicht bereits realisiert werden, sowie die von den Ergebnissen der Risikobewertung nach Abs. 1bis abhängenden
Massnahmen sind in den Werkvertrag aufzunehmen und in der gleichen Form zu spezifizieren wie die übrigen
Inhalte des Werkvertrags. Die Massnahmen, die bereits realisiert werden, sind im Werkvertrag anzumerken
(Abs. 2). Als baustellenspezifische Massnahmen gelten Schutzmassnahmen, die von mehreren Unternehmen
benützt werden wie Gerüste, Auffangnetze, Laufstege, Sicherungsmassnahmen in Gräben und
Baugruben sowie Hohlraumsicherungsmassnahmen im Untertagbau (Abs. 3). Demnach wären die Erforderlichkeit
eines Fassadengerüsts bereits vor Vertragsabschluss zu prüfen und die baustellenspezifische
Massnahme im Vertrag entsprechend zu regeln gewesen.
3.2.5 Indem die Beschwerdeführerin ihre
Arbeitnehmenden auf einer Absturzhöhe von etwa 5.5 m ohne Fassadengerüst bzw. ohne entsprechende
Absturzsicherung arbeiten liess, verletzte sie Vorschriften zur Unfallverhütung. Die in der Verfügung
vom 29. Januar 2008 (und der Ermahnung vom 11. März 2008) enthaltende Feststellung einer solchen
Pflichtverletzung ist demnach korrekt.
3.3 In der Ermahnung vom 11. März 2008 wird als
weiterer Mangel angeführt, keiner der anwesenden Mitarbeiter habe einen Schutzhelm getragen.
3.3.1
Die Beschwerdeführerin rügt, diese Feststellung sei offensichtlich falsch. Auf einer der von
der Suva eingereichten Fotos seien zwei ihrer Mitarbeiter zu sehen, wovon der eine einen Helm trage (Akt.
11 S. 2, 4 f. und 9). In der Duplik räumt die Vorinstanz insofern ein Versehen ein, als einer der
Mitarbeiter einen Helm getragen habe, weshalb die Aussage, dass kein Mitarbeiter einen Helm getragen
habe, falsch sei. Obwohl auf dem Fotoblatt nur ein Arbeitnehmer ohne Helm zu sehen sei, hätten bei
der Kontrolle zwei Mitarbeiter der Beschwerdeführerin keinen Helm getragen. Nur der Lehrling, der
nach eigenen Angaben vom Arbeitgeber dazu verpflichtet worden sei, habe einen Helm getragen (Akt. 13
S. 4).
3.3.2 Gemäss Art. 5 Abs. 1
BauAV müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
bei allen Arbeiten, bei denen sie durch herunterfallende Gegenstände oder Materialien gefährdet
werden können, einen Schutzhelm tragen. Abs. 2 bestimmt zudem, bei welchen Tätigkeiten in jedem
Fall ein Schutzhelm getragen werden muss. Dies gilt insbesondere bei Hoch- und Brückenbauarbeiten
bis zum Abschluss des Rohbaus (Bst. a).
3.3.3 Unbestritten ist, dass die Mitarbeiter auf der Baustelle
einen Schutzhelm tragen mussten und zumindest ein Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin keinen Helm
trug. Ob von zwei Mitarbeitern einer oder von drei Mitarbeitern zwei keinen Helm trugen, ist nicht entscheidend.
Auf die diesbezüglich beantragten Beweismassnahmen kann daher verzichtet werden. Nach Art. 5
BauAV
hat nicht nur ein bestimmter Anteil der in einem Gefahrenbereich tätigen Arbeitnehmer einen Schutzhelm
zu tragen, sondern alle. Daher liegt auch dann ein Verstoss gegen die Vorschriften zur Unfallverhütung
vor, wenn lediglich ein Arbeitnehmer entgegen Art. 5
BauAV keinen Schutzhelm trägt. Die in der Ermahnung
vom 11. März 2008 enthaltene Sachverhaltsfeststellung ist jedoch in dem Sinne zu korrigieren, dass
nicht alle der anwesenden Arbeitnehmer einen Schutzhelm trugen.
3.4 Nichts zu ihren Gunsten
ableiten kann die Beschwerdeführerin aus dem Gleichbehandlungsgebot und dem Anspruch auf rechtliches
Gehör.
3.4.1 Der Anspruch auf Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1
BV) gebietet, Gleiches nach
Massgabe der Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe der Ungleichheit ungleich zu behandeln. Das
Rechtsgleichheitsgebot wird insbesondere verletzt, wenn gleiche Sachverhalte ohne sachliche Gründe
ungleich behandelt werden (BGE
131 I 91 E. 3.4 mit Hinweisen). Wie bereits ausgeführt, beruhte die
unterschiedliche Beurteilung der beiden Baustellen in Y._______ (F._______) und in Z._______ durch die
Suva auf einem sachlichen Grund, weshalb die Rüge der rechtsungleichen Behandlung fehlt geht. Da
im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Suva nur Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin auf der Baustelle
F._______ waren, was in der Replik nunmehr anerkannt wird (vgl. Akt. 11 S. 5 und 9), wurde die Anordnung
vom 29. Januar 2008 folgerichtig nur gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen. Entgegen der
Behauptung der Beschwerdeführerin lässt sich auch aus den - mit der Replik eingereichten -
Fotos einer Baustellenkontrolle in Aarau nicht schliessen, dass sie von der Suva rechtsungleich und zum
Teil unangemessen streng behandelt wird.
3.4.2 Unbehelflich ist sodann der Vorwurf, die Vorinstanz
habe den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
BV, Art. 42
ATSG) verletzt, weil sie erst
nach Erlass der Verfügung eine formelle Ermahnung erlassen habe. In dringenden Fällen ordnet
das zuständige Durchführungsorgan, nach Anhörung des Arbeitgebers und der unmittelbar
betroffenen Arbeitnehmer, ohne vorgängige Ermahnung die erforderlichen Massnahmen durch Verfügung
an (Art. 62 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1
VUV). Wie sich der Verfügung vom 29. Januar
2008 entnehmen lässt, wurden die Feststellungen der Suva und die angeordneten Sofortmassnahmen telefonisch
mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin besprochen und die betroffenen Arbeitnehmer
angehört. Dies wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Dass in dringenden Fällen
lediglich eine mündliche Anhörung erfolgt, erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar. Art. 29
Abs. 2
BV verleiht nicht den Anspruch, sich in einer bestimmten - von der betroffenen Person gewünschten
- Form zu äussern (vgl. MICHELE ALBERTINI, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches
Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 336 f.).
Anzufügen
bleibt, dass das Durchführungsorgan nicht verpflichtet ist, vor Erlass einer Ermahnung - selbst
wenn dieser Verfügungscharakter zukommt -, das rechtliche Gehör zu gewähren. Bei Verfügungen,
die durch Einsprache anfechtbar sind, muss das rechtliche Gehör nicht vor Erlass der Verfügung
gewährt werden (Art. 42
Satz 2
ATSG). Auf die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände
hat die Vorinstanz mit Schreiben vom 15. April 2008 Stellung genommen und ausgeführt, weshalb sie
an der Ermahnung festhalte.
3.5 Im Sinne dieser Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen.
4.
Zu
befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.
4.1
Gemäss Art. 63 Abs. 1
VwVG sind die Verfahrenskosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen, wobei
der geleistete Kostenvorschuss zu berücksichtigen ist. Da die Beschwerdeführerin unterlegen
ist, hat sie die Verfahrenskosten zu tragen. Diese bemessen sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache,
Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien (vgl. Art. 2 Abs. 1
des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]). Die Verfahrenskosten sind vorliegend auf Fr. 1'000.- festzulegen.
4.2 Der
obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene
notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1
VwVG). Die
Vorinstanz hat als mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Organisation jedoch keinen Anspruch auf
Parteientschädigung (vgl. BGE
128 V 124 E. 5b sowie Art. 7 Abs. 3
VGKE).
Demnach erkennt
das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
2.
Die
Verfahrenskosten von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten
Kostenvorschuss von Fr. 1'000.- verrechnet.
3.
Es wird keine Parteientschädigung
zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde;
Beilage: Stellungnahme der Suva vom 22. Februar 2010)
die Vorinstanz (Ref-Nr._______; Gerichtsurkunde)
das
Bundesamt für Gesundheit, Dienstbereich Kranken- und Unfallversicherung
Der vorsitzende
Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Johannes Frölicher Susanne
Fankhauser
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung
beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
geführt werden (Art. 82 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [
BGG,
SR
173.110]). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und
die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende
Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).