Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-1135/2006{T 0/2}
Urteil
vom 28. August 2009
Besetzung
Richter Andreas Trommer (Vorsitz),
Richter Blaise
Vuille, Richterin Elena Avenati-Carpani,
Gerichtsschreiber Julius Longauer.
Parteien
A._______,
Beschwerdeführerin,
vertreten
durch lic. iur. Lisa Etter-Steinlin, Rechtsanwältin,
gegen
Bundesamt für
Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Erleichterte
Einbürgerung.
Sachverhalt:
A.
Die Beschwerdeführerin ist 1959 geboren
und dominikanische Staatsangehörige. Am 3. Juli 1998 heiratete sie den Schweizer Bürger Roland
B._______ (geb. 1952) und erhielt im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton
St. Gallen. Heute ist sie im Besitz der Niederlassungsbewilligung.
B.
Am 23. Januar 2004
ersuchte die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Ehefrau eines Schweizer Bürgers um
erleichterte Einbürgerung nach Art. 27
des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (
BüG,
SR 141.0).
C.
C.a Im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens holte die Vorinstanz schriftliche
Auskünfte ein bei den Referenzpersonen, welche die Beschwerdeführerin auf Aufforderung hin
bezeichnet hatte. Ferner gab die Vorinstanz bei den Behörden des Kantons St. Gallen zwei Erhebungsberichte
in Auftrag. Da die Untersuchungsmassnahmen Hinweise auf das Fehlen einer stabilen ehelichen Beziehung
und mögliche Scheidungsabsichten ergaben (in diese Richtung äusserte sich eine Referenzperson
gegenüber der Vorinstanz sowie eine nicht genannt sein wollende Quelle gegenüber der Wohngemeinde,
wobei dort als Problempunkt der Sohn der Beschwerdeführerin genannt wurde), veranlasste die Vorinstanz
am 18. November 2005 getrennte Einvernahmen der Ehegatten. Die Einvernahmen wurden von der Kantonspolizei
St. Gallen am 13. bzw. 15. Dezember 2005 durchgeführt.
C.b Die Beschwerdeführerin gab
anlässlich ihrer Einvernahme vom 13. Dezember 2005 zu Protokoll, sie habe drei voreheliche Kinder.
Ihr jüngstes Kind, ein 21-jähriger Sohn, wohne hier in der Schweiz bei ihr. Ein weiterer Sohn
und eine Tochter lebten bei ihrer Mutter in der Dominikanischen Republik. Ihr Eheleben bezeichnete die
Beschwerdeführerin als intakt. Sie lebe und arbeite gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Bauernhof.
Auf das Verhältnis zwischen ihrem Sohn und ihrem Ehemann angesprochen meinte die Beschwerdeführerin,
ihr Ehemann sei nicht der leibliche Vater. Da liege es auf der Hand, dass nicht immer alles zum Besten
stehe. Die Probleme seien aber nicht schwerwiegend. Manchmal komme es zu verbalem Streit wie in jeder
anderen normalen Familie. Weiter führte die Beschwerdeführerin aus, sie und ihr Ehemann würden
öfters gemeinsam in den Ausgang gehen und Verwandte und Bekannte ihres Ehemannes besuchen. Auf ausdrückliche
Nachfrage stellte die Beschwerdeführerin Eheprobleme oder eigene Scheidungsabsichten in Abrede.
Die Beschwerdeführerin wurde schliesslich damit konfrontiert, dass die Behörden über Eheprobleme
und Scheidungsabsichtigen informiert worden seien, und gefragt, ob ihr jemand schlecht gesinnt sei. Darauf
wusste die Beschwerdeführerin keine Antwort zu geben.
C.c Anlässlich seiner Einvernahme
vom 15. Dezember 2005 bezeichnete der Ehemann sein Verhältnis zum Sohn der Beschwerdeführerin
als "gar nicht gut". Deshalb wohne er auch nicht bei ihnen. Seit Sommer 2004, dem Beginn der
Probleme mit dem Sohn, gestalte sich auch das Verhältnis zur Beschwerdeführerin als "nicht
mehr so schön". Zur Zeit würden sie mehr oder weniger aneinander vorbei leben, es sei
keine richtige Beziehung mehr. Auf die Aussage der Beschwerdeführerin angesprochen, mit dem Eheleben
stehe alles zum Besten, meinte er, das stimme überhaupt nicht. Bevor er sich zur Einvernahme auf
den Polizeiposten begeben habe, hätte ihm die Beschwerdeführerin noch gesagt, er müsse
zu Protokoll geben, dass zwischen ihnen alles in Ordnung sei. Er könne nicht ausschliessen, dass
das Verhalten der Beschwerdeführerin mit der Einbürgerung zu tun habe. Bereits im Sommer 2004
habe er sich scheiden lassen wollen, die Scheidung sei ihm aber ausgeredet worden. Scheidungsgedanken
habe er nach wie vor, könne sich einen solchen Schritt jedoch finanziell nicht leisten. Er und die
Beschwerdeführerin würden seit eineinhalb Jahren praktisch nicht mehr gemeinsam in den Ausgang
gehen. Auf die abweichende Darstellung (punkto gemeinsame Aktivitäten) durch die Beschwerdeführerin
angesprochen gab er zu Protokoll, je länger je mehr hege er den Verdacht, dass seine Ehefrau tatsächlich
nur noch bei ihm bleibe, bis sie eingebürgert sei und ihn danach verlassen werde.
D.
Mit
Schreiben vom 20. Februar 2006 informierte die Vorinstanz die Beschwerdeführerin über ihres
Erachtens bestehende erhebliche Zweifel am Vorhandensein einer stabilen ehelichen Gemeinschaft und stellte
die Ablehnung des Einbürgerungsgesuches in Aussicht. Es lägen Informationen vor, wonach Scheidungsabsichten
bestehen würden. Hinzu komme, dass sie und ihr Ehemann anlässlich der getrennten Einvernahmen
teilweise widersprüchlich ausgesagt hätten. Die Beschwerdeführerin wurde auf die Möglichkeit
hingewiesen, das Gesuch ohne Kostenfolge zurückzuziehen oder eine anfechtbare Verfügung zu
verlangen. Ohne einen Gegenbericht innert zweier Monate werde davon ausgegangen, dass sie auf eine Weiterbehandlung
ihres Gesuchs verzichte. Mit Erklärung vom 27. März 2006 ersuchte die Beschwerdeführerin
um Erlass einer anfechtbaren Verfügung.
E.
Mit Verfügung vom 27. April 2006
wies die Vorinstanz das Gesuch der Beschwerdeführerin um erleichterte Einbürgerung ab. Zur
Begründung führte sie aus, zwei der fünf angeschriebenen Auskunftspersonen hätten
das Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft bestätigt, eine habe nicht geantwortet. Zwei Personen
hätten ausgesagt, die Ehegatten würden in der Öffentlichkeit nicht gemeinsam als Ehepaar
in Erscheinung treten; eine Person habe zusätzlich angegeben, sie habe Kenntnis von bestehenden
Scheidungsabsichten. Die Ehegatten hätten anlässlich der getrennten Einvernahmen teilweise
sich widersprechende Aussagen gemacht und die negativen Feststellungen in den Referenzauskünften
in einigen Punkten bestätigt. Selbst wenn somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt latent bestehende
Scheidungsabsichten nicht in die Tat umgesetzt würden, so sei momentan die Stabilität der Ehe
dennoch ernsthaft in Frage gestellt. Unter diesen Umständen könne die erleichterte Einbürgerung
nicht erteilt werden.
F.
Gegen diese Verfügung gelangte die Beschwerdeführerin
mit einer Eingabe vom 26. Mai 2006 an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) als
der damals zuständigen Rechtsmittelinstanz. Sie stellte das Begehren, die Verfügung sei aufzuheben
und das Gesuch um erleichterte Einbürgerung sei gutzuheissen.
G.
In ihrer Beschwerdeergänzung
vom 16. August 2006 rügt die Beschwerdeführerin in formeller Hinsicht, ihr Anspruch auf rechtliches
Gehör sei verletzt worden, da sie sich zu den negativen Referenzauskünften und den Aussagen
ihres Ehemannes nie habe äussern können. Materiell wendet sie ein, aus ihrer Sicht sei die
Ehe intakt gewesen und sei es immer noch. Scheidungsabsichten habe sie nie gehegt. Die vom Ehemann anlässlich
seiner Befragung erwähnten Eheprobleme seien auf Reibereien wegen des Verhaltens des Sohnes zurückzuführen.
Der Sohn sei jedoch zwischenzeitlich aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen und die Streitigkeiten hätten
sich gelegt. Sie und ihr Ehegatte hätten noch nie getrennt gewohnt. Bei den negativen Referenzauskünften
handle es sich um blosse Behauptungen. Die in der angefochtenen Verfügung vorgebrachten Gründe
seien in der Zwischenzeit weggefallen, die Ehe könne momentan als stabil und gut bezeichnet werden
und es bestünden weder bei ihr noch bei ihrem Ehemann Scheidungsabsichten.
Der Beschwerdeergänzung
wurden unter anderem ein Schreiben des Ehemannes vom 5. Juli 2006 sowie zwei weitere Referenzschreiben
von Bekannten des Ehepaares vom 20. bzw. 21. Juni 2006 beigelegt.
H.
In ihrer Vernehmlassung
vom 28. September 2006 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Dabei bestreitet sie, gegenüber
der Beschwerdeführerin den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu haben. Die Beschwerdeführerin
sei mit den vom Ehemann geäusserten und von Drittpersonen bestätigten Scheidungsabsichten sowohl
anlässlich ihrer Befragung als auch mit dem Schreiben vom 20. Februar 2006 konfrontiert worden und
habe dazu Stellung nehmen können. Die Erhebungen hätten in klarer Weise ergeben, dass in der
ehelichen Gemeinschaft gravierende Schwierigkeiten bestehen. Es sei zwar möglich, dass sich die
eheliche Situation in der Zwischenzeit entschärft habe. Dies ändere aber nichts daran, dass
die eheliche Gemeinschaft im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung nicht als stabil bezeichnet werden
konnte und die Ablehnung des Gesuchs daher zu Recht erfolgt sei. Sie (die Vorinstanz) sei jedoch bereit,
nach Ablauf von zwei Jahren und einer Stabilisierung der ehelichen Gemeinschaft auf Ende April 2008 ein
neues Einbürgerungsgesuch entgegenzunehmen.
I.
Mit Replik vom 2. November 2006 hält
die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest. Sie habe eingeräumt, dass es wegen des
Verhaltens ihres Sohnes zwischen ihr und ihrem Ehemann zu Unstimmigkeiten gekommen sei. Sie habe jedoch
nie Scheidungsabsichten gehabt. Die damaligen Probleme bei der Kindererziehung hätten nichts mit
der ehelichen Beziehung zu tun gehabt. Es habe nun in dieser Hinsicht eine Lösung zur beidseitigen
Zufriedenheit gefunden werden können. Dies zeige gerade auf, dass die Ehe intakt sei. Wenn sich
Dritte dennoch in eine andere Richtung geäussert hätten, so sei dies blosses Gerede. An der
Auffassung, wonach die Vorinstanz ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, halte sie
fest.
J.
In einer Eingabe vom 21. Juli 2009 bestätigt die Beschwerdeführerin
auf Anfrage, dass sie nach wie vor mit ihrem Ehemann zusammen wohne und ein intaktes Eheleben führe.
K.
Auf
den weiteren Akteninhalt wird - soweit entscheiderheblich - in den Erwägungen eingegangen.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Verfügungen des BFM, die
gestützt auf das BüG erlassen wurden, können mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht
angefochten werden (Art. 51 Abs. 1
BüG i.V.m. Art. 31 ff
. des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17.
Juni 2005 [VGG,
SR 173.32]).
1.2 Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verwaltungsgerichtsgesetzes
beim EJPD bereits hängige Rechtsmittelverfahren vorliegenden Inhalts wurden vom Bundesverwaltungsgericht
übernommen. Die Beurteilung erfolgt nach neuem Verfahrensrecht (Art. 53 Abs. 2
VGG). Gemäss
Art. 37
VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Bundesgesetz vom 20.
Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021), soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz
nichts anderes bestimmt (vgl. auch Art. 2 Abs. 4
VwVG).
1.3 Die Beschwerdeführerin ist
als Verfügungsadressatin zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert. Auf ihre im Übrigen
frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 48 ff
. VwVG).
2.
Mit
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Rechtsmittelinstanz verfügt hat
- die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49
VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren
das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4
VwVG an die Begründung der
Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines
Entscheides (vgl. E. 1.2 des in BGE
129 II 215 teilweise publizierten Urteils
2A.451/2002 vom 28. März
2003).
3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei nie mit der Auskunft
einer der Referenzpersonen konfrontiert worden, wonach Scheidungsabsichten bestünden, und habe sich
dazu nie äussern können. Damit sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Eine weitere Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass
ihr das Protokoll der Einvernahme ihres Ehemannes vom 15. Dezember 2005 nicht zugestellt worden sei und
sie keine Gelegenheit erhalten habe, dazu Stellung zu nehmen. Den Einwand der Vorinstanz, wonach eine
Konfrontation anlässlich der protokollarischen Einvernahme vom 13. Dezember 2005 und mit Schreiben
vom 20. Februar 2006 erfolgt sei, lässt die Beschwerdeführerin nicht gelten. Es sei ihr nicht
mitgeteilt worden, dass die Vorinstanz über Scheidungsabsichten informiert worden sei. Sie sei lediglich
gefragt worden, ob sie Scheidungsabsichten hege. Weiter sei sie mit dem Schreiben vom 20. Februar 2006
nicht zur Stellungnahme eingeladen worden. Die Vorinstanz habe ihr stattdessen die Abweisung des Gesuchs
in Aussicht gestellt und ihr die Wahl gelassen, entweder das Gesuch kostenfrei zurückzuziehen oder
eine kostenpflichtige Verfügung zu verlangen. Mit diesem Vorgehen sei ihr Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt worden.
3.2 Der in Art. 29 Abs. 2
der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV,
SR 101) garantierte und durch Art. 26 ff
. VwVG für das
Bundesverwaltungsverfahren konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt, dass der Partei
Gelegenheit gegeben wird, sich vor dem Erlass einer Verfügung zu allen entscheidserheblichen Sachfragen
und Beweisergebnissen zu äussern (Art. 30 Abs. 1
VwVG). Unerlässliche Vorbedingung für
eine wirksame Inanspruchnahme des Äusserungsrechts bilden diverse Informationszugangsrechte. Dazu
gehören das im VwVG nicht explizit erwähnte Recht auf Orientierung und das Recht auf Akteneinsicht
(Art. 26 ff
. VwVG). Während die Akteneinsicht in der Regel auf Gesuch hin zu gewähren ist (vgl.
BERNHARD WALDMANN / MAGNUS OESCHGER, in: Bernhard Waldmann / Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar
zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich usw. 2009, N. 69 ff. zu Art. 26
VwVG),
hat die Behörde aktiv über einen von Amtes wegen ermittelten Sachverhalt zu orientieren und
der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Der Umfang der Orientierung hängt vom
Einzelfall ab. Entscheidend ist, ob die Partei in die Lage versetzt wird, ihr Äusserungsrecht angemessen,
wirksam und effizient wahrzunehmen (MICHELE ALBERTINI, Der Verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches
Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 220). Gleichem Leitgedanken hat
die Ausgestaltung der Anhörungsmodalitäten zu folgen, sofern das massgebliche Verfahrensrecht
keine besondere Ordnung vorsieht. Eine ausdrückliche Einladung zur Stellungnahme ist in aller Regel
nicht erforderlich (ALBERTINI, a.a.O., S. 332).
3.3 Entgegen ihrer Darstellung wurde die Beschwerdeführerin
während der Einvernahme vom 13. Dezember 2005 damit konfrontiert, dass der Behörde Informationen
über Scheidungsabsichten zugetragen worden seien (vgl. Einvernahmeprotokoll S. 2 in fine). Dieselbe
Information erhielt die Beschwerdeführerin ein zweites Mal mit Schreiben der Vorinstanz vom 20.
Februar 2006. Spätestes aufgrund dieses Schreibens wusste sie ferner, dass auch ihr Ehemann zum
Zustand der ehelichen Gemeinschaft einvernommen worden war und von ihr abweichende Aussagen gemacht hatte.
Zwar genügt der blosse Hinweis auf Widersprüche zwischen zwei Einvernahmen den Anforderungen
an eine rechtsgenügliche Orientierung in aller Regel nicht. In Anbetracht der Umstände des
vorliegenden Falles - Beschränkung der Einvernahme auf einige wenige Fragen zu einem eng umrissenen
Thema, dem Zusammenleben der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes im gemeinsamen Haushalt - kann
jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin wusste, auf welche Punkte sich die
Widersprüche bezogen. Etwas anderes macht sie nicht geltend. Somit verfügte die Beschwerdeführerin
über alle für eine wirksame Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte notwendigen Informationen. Ausreichend
Gelegenheit zur Stellungnahme bestand ebenfalls. Wohl enthält das Schreiben vom 20. Februar 2006
keine ausdrückliche Einladung zur Stellungnahme. Als Ausschluss einer Äusserungsmöglichkeit
kann es jedoch in guten Treuen nicht verstanden werden. Im Übrigen stellte die Beschwerdeführerin
im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens verschiedentlich unter Beweis, dass sie zu Interventionen
auch ohne ausdrückliche Einladung in der Lage ist (vgl. Eingaben vom 10. November 2005, 14. April
2005 und 23. September 2004). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich somit
als unbegründet.
4.
Sofern die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 26
BüG
erfüllt sind, kann eine ausländische Person, die mit einem Schweizer Bürger verheiratet
ist, gestützt auf Art. 27 Abs. 1
BüG um erleichterte Einbürgerung ersuchen, wenn sie insgesamt
fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat (Bst. a), seit einem Jahr hier wohnt (Bst. b) und seit drei
Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Schweizer Bürger lebt (Bst. c). Dabei bedeutet der Begriff
der "ehelichen Gemeinschaft" mehr als nur das formelle Bestehen einer Ehe. Verlangt wird eine
tatsächliche Lebensgemeinschaft, getragen vom Willen beider Ehegatten, die Ehe auch künftig
aufrecht zu erhalten (vgl. BGE
128 II 97 E. 3a S. 99 mit Hinweisen). Sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen
müssen sowohl im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch anlässlich der Einbürgerungsverfügung
erfüllt sein (vgl. BGE
130 II 482 E. 2 S. 484). Die Beweislast dafür trägt der Gesuchsteller
bzw. die Gesuchstellerin (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-5286/2007 vom 4. November 2008 E. 3.2).
5.
5.1
Die Vorinstanz vertritt in der angefochtenen Verfügung den Standpunkt, dass am Bestehen einer beidseitig
intakten, auch auf die Zukunft gerichteten Ehewillens erheblich zu zweifeln sei, was eine erleichterte
Einbürgerung ausschliesse. Sie stützt sich dabei auf den folgenden Sachverhalt:
Im Rahmen
des Einbürgerungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin nach Personen gefragt, die bestätigen
könnten, dass sie und ihr Ehemann in der Öffentlichkeit als Ehepaar aufträten. Die fünf
von der Beschwerdeführerin bezeichneten Personen wurden von der Vorinstanz im Zeitraum von Mai bis
September 2004 angeschrieben und um schriftliche Auskunft gebeten. Eine Referenzperson gab an, dass das
Ehepaar gemeinsam an geselligen Anlässen teilnehme. Eine andere Referenzperson antwortete, dass
"man sich oft auch als Ehepaar treffe". Zwei weitere Referenzpersonen verneinten kategorisch,
dass die Ehegatten in der Öffentlichkeit gemeinsam als Ehepaar auftreten würden, wobei die
eine anfügte, es sei ihr bekannt, dass sich der Ehemann von der Beschwerdeführerin scheiden
lassen wolle (Schreiben vom 11. Juni und 20. September 2004).
Die Referenzen veranlassten die Vorinstanz
am 18. März 2005, einen zweiten Erhebungsbericht in Auftrag zu geben, der am 19. Juli 2005 von der
kommunalen Einbürgerungsbehörde der Wohngemeinde der Beschwerdeführerin erstellt wurde.
Der Bericht kommt zum Schluss, dass eine stabile eheliche Gemeinschaft nicht besteht und verweist auf
ein Schreiben des Gemeindepräsidenten vom 17. Juni 2005 an den Kanton. Der Gemeindepräsident
führt darin aus, es sei ihm aus zuverlässiger Quelle, die nicht genannt werde wolle, zugetragen
worden, dass nach wie vor Scheidungsabsichten bestünden. Die Eheprobleme seien insbesondere wegen
des Konflikts zwischen dem Ehemann und dem Sohn der Beschwerdeführerin entstanden. Im Weiteren pflegten
die Eheleute zur Zeit kaum gemeinsame Aktivitäten.
Anlässlich der in der Folge durchgeführten
getrennten Einvernahmen vom 13. und 15. Dezember 2005 gaben die Ehegatten bezüglich der Qualität
der ehelichen Beziehung voneinander diametral abweichende Einschätzungen zu Protokoll. Während
die Beschwerdeführerin jedwelche Eheprobleme in Abrede stellte und die Beziehung als stabile Ehe
mit normalen Aussenkontakten beschrieb, berichtete der Ehemann von tiefen Konflikten und eigenen Scheidungsabsichten,
die er aus finanziellen Gründen leider nicht verwirklichen könne.
5.2 Zu Recht bestreitet
die Beschwerdeführerin nicht, dass der Zustand der ehelichen Beziehung aus der Sicht des Ehemannes
schlecht war und er sich seit längerem mit Scheidungsgedanken trug, wie aus dessen Einvernahme vom
15. Dezember 2005 mit aller Deutlichkeit hervorgeht. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus den
Informationen, welche die Vorinstanz von dritter Seite erhielt, sodass das Bemühen der Beschwerdeführerin
unverständlich ist, diese Informationen als unbegründete Behauptungen zu disqualifizieren.
Die Beschwerdeführerin beruft sich stattdessen auf ihre persönliche Sicht der Dinge. Von ihrem
Standpunkt aus sei die Ehe intakt und ohne Probleme gewesen und sei es immer noch, was sie so anlässlich
ihrer Einvernahme vom 13. Dezember 2005 zu Protokoll gegeben habe. Die Widersprüche zwischen den
Aussagen der Ehegatten sind indessen derart, dass sie nicht als Ausdruck unterschiedlicher subjektiver
Sicht auf denselben Lebensvorgang gewertet werden könnten. Zudem sagte der Ehemann aus, die Beschwerdeführerin
habe vor seiner Einvernahme versucht, ihn dazu zu bewegen, die Ehe als intakt darzustellen. Es muss deshalb
davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Einvernahme versuchte,
den Zustand der Ehe wahrheitswidrig zu beschönigen. Hauptsächlich aber verkennt die Beschwerdeführerin
mit ihrer Argumentation, dass es nicht genügt, wenn sie die Ehe als intakt bewertet und sie keine
Scheidungsabsichten hegt. Die erleichterte Einbürgerung setzt vielmehr eine beidseitig intakte Ehe
voraus. Am Element der Beidseitigkeit fehlte es aber offensichtlich, wie sich aus der Einvernahme des
Ehemannes ergibt. Ob die Haltung des Ehemannes bei objektiver Betrachtung begründet war, ist dabei
ohne Belang. Mehr bleibt diesem Punkt nicht anzufügen.
5.3 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten,
dass die zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung bestehende Aktenlage nicht nur erhebliche Zweifel
am Vorhandensein einer beidseitig intakten ehelichen Beziehung rechtfertigte. Über erhebliche Zweifel
hinaus, die als Folge der Beweislastverteilung für sich allein zu einer Abweisung des Gesuchs führen
mussten, konnte aus der damaligen Aktenlage ohne Willkür der Schluss gezogen werden, dass eine solche
beidseitig intakte eheliche Beziehung in Wahrheit nicht bestand. Mithin waren die Voraussetzungen für
eine erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 Abs. 1
BüG klarerweise nicht erfüllt. Gestützt
auf die damalige Aktenlage ist die angefochtene Verfügung zu Recht ergangen.
6.
6.1
Im Rechtsmittelverfahren macht die Beschwerdeführerin eine nachträgliche Änderung der
Sachlage geltend. Sie führt in der Beschwerdeschrift aus, nach dem zwischenzeitlich erfolgten Wegzug
des Sohnes aus der ehelichen Wohnung sei die eigentliche Ursache für die ehelichen Probleme dahingefallen.
Heute betrachte auch ihr Ehemann die eheliche Beziehung als intakt. Scheidungsabsichten hege er nicht
mehr. Zum Beweis reicht sie ein Schreiben des Ehemannes vom 5. Juli 2006 zu den Akten, worin er den Wegzug
des Sohnes sowie die Besserung der ehelichen Beziehung bestätigt und ausführt, die Ehe könne
zur Zeit als gut bewertet werden. Er glaube nicht mehr, dass ihn die Beschwerdeführerin nach erfolgter
Einbürgerung verlassen werde. In einer weiteren Eingabe vom 21. Juli 2009 bekräftigt die Beschwerdeführerin
diese Sachverhaltsentwicklung. Sie und ihr Ehemann wohnten nach wie vor zusammen und führten ein
intaktes Eheleben.
6.2 Mit diesen Vorbringen werden echte Nova in das Verfahren eingeführt.
Das ist dem Grundsatz nach zulässig (vgl. oben E. 2). In der vorliegenden Konstellation eines zu
Recht abgewiesenen Gesuchs jedoch ist die Zulassung echter Nova mit einem Eingriff in den funktionellen
Instanzenzug verbunden. Gründe der Verfahrensökonomie fallen als Rechtfertigung dahin, denn
die Entscheidreife kann nicht ohne grösseren Aufwand herbeigeführt werden. Da aber die Vorinstanz
in der Vernehmlassung ihre Bereitschaft erklärte, das Anliegen der Beschwerdeführerin nach
zwei Jahren neu zu prüfen, dieser Zeitpunkt bereits verstrichen ist und die Ehe der Beschwerdeführerin
nach wie vor besteht, erachtet es das Bundesverwaltungsgericht nicht als sinnvoll, die Beschwerde abzuweisen
und die Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit zur Einreichung eines neuen Einbürgerungsgesuchs
zu verweisen. Stattdessen ist die Verfügung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Abklärung
des aktuellen Sachverhalts und zum neuen Entscheid zurückzuweisen. In diesem Sinne ist die Beschwerde
gutzuheissen.
7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art.
63 Abs. 1
und 2
VwVG). Der Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 64
VwVG i.V.m. Art. 7 ff
.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht
(VGKE,
SR 173.320.2) zu Lasten der Vorinstanz eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.
Dispositiv
S. 13
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird
gutgeheissen.
2.
Die Verfügung des BFM vom 27. April 2006 wird aufgehoben und die
Sache im Sinne der Erwägungen zum neuen Entscheid an das BFM zurückgewiesen.
3.
Es
werden keine Verfahrenskosten auferlegt. Der geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 700.--
wird zurückerstattet.
4.
Der Beschwerdeführerin wird zu Lasten der Vorinstanz
eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- (inkl. MwSt.) zugesprochen.
5.
Dieses
Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (...)
die Vorinstanz (...)
das Amt für
Bürgerrecht und Zivilstand des Kantons St. Gallen
Für die Rechtsmittelbelehrung
wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter:
Der Gerichtsschreiber:
Andreas Trommer Julius Longauer
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen
diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss
den Art. 82 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG,
SR 173.110) gegeben
sind. Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift
zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende
Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
Versand: