Entscheid aufgehoben durch BGer mit
Urteil vom 7.10.2021 (2C_146/2018)

 

 

 

 

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Abteilung II

B-842/2015

 

 

 

 

 

Urteil vom 19. Dezember 2017

Besetzung

 

Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),

Richterin Maria Amgwerd,

Richter David Aschmann,

Gerichtsschreiber Said Huber.

 

 

 

Parteien

 

Dr. X._______,

Apotheke Dr. X._______,

(...),

(...),

Beschwerdeführer,

 

 

 

gegen

 

 

Wettbewerbskommission WEKO,

(...),

(...),

Vorinstanz.

 

 

 

 

Gegenstand

 

Sanktionsverfügung: Hors-Liste Medikamente

(Publikumspreisempfehlungen für Viagra Levitra und Cialis).

 

 

 


Sachverhalt:

A.a 
Die Pharmaunternehmen Pfizer AG (Pfizer), Bayer (Schweiz) AG (Bayer) und Eli Lilly (Suisse) SA (Eli Lilly) vertreiben unter anderem ihre (vom Mutterkonzern hergestellten und - bis auf Viagra - zur Zeit noch patentgeschützten) Medikamente gegen erektile Dysfunktion, Viagra (Pfizer), Levitra (Bayer) und Cialis (Eli Lilly). Angesichts ihres gesundheitlichen Gefährdungspotenzials sind diese Arzneimittel verschreibungspflichtig (Verkaufskategorie B; vgl. zu den übrigen Kategorien Art. 23-27 der Arzneimittelverordnung vom 17. Oktober 2001 [VAM, SR 812.212.21]), aber nicht auf der krankenversicherungsrechtlichen Spezialitätenliste aufgeführt und damit nicht kassenpflichtig (sog. Hors-Liste Medikamente).

In der Schweiz waren im Jahr 2006 insgesamt 4'857 Medikamente heilmittelrechtlich zugelassen. Die nachfolgende Übersicht schlüsselt die Anteile nach Rezeptpflicht bzw. Freiverkäuflichkeit sowie einer allfälligen Listung in der Spezialitätenliste (SL) auf:

 

 

 

  (Quelle: Wettbewerbskommission in Recht und Politik des Wettbewerbs [RPW] 2010/4, S. 650)

A.b  Am 10. Mai 2005 eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission (Sekretariat) eine Vorabklärung nach Art. 26 des Kartellgesetzes vom 6. Oktober 1995 (KG, SR 251), da Pfizer, Bayer und Eli Lilly damals zu Viagra, Levitra und Cialis unverbindliche Publikumspreisempfehlungen an Grossisten und Verkaufsstellen abgaben bzw. über eine Datenbankbetreiberin an diese weiterleiten liessen.

A.c  Wegen Anhaltspunkten für unzulässige Wettbewerbsabreden eröffnete das Sekretariat am 26. Juni 2006 eine Untersuchung (1.) gegen Pfizer, Eli Lilly und Bayer, (2.) gegen die Grossisten Galexis AG, Unione Farmaceutica Distribuzione SA, Voigt AG und Amedis-UE AG, (3.) gegen die Datenbankbetreiberin e-mediat AG, (4.) gegen alle in der Schweiz niedergelassenen 1'672 Apotheken sowie (5.) gegen alle dort praktizierenden 3'693 selbstdispensierenden Ärzte.

B. 
In der Folge führte das Sekretariat mit grossem Erhebungs- und Auswertungsaufwand eine langjährige Untersuchung bei über 800 Marktteilnehmern durch, um deren Wettbewerbssituation auszuleuchten.

B.a 
Nachdem Pfizer, Eli Lilly und Bayer zum Antrag des Sekretariats vom 2. Februar 2009 Stellung genommen hatten, erliess die Wettbewerbskommission (WEKO) am 2. November 2009 eine rund hundertseitige Sanktionsverfügung (RPW 2010/4, S. 649 ff.) mit folgendem Dispositiv:

"1.Es wird festgestellt, dass das Veröffentlichen und das Befolgen von Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 KG darstellt.

2.Den Herstellern Pfizer, Eli Lilly und Bayer wird verboten, die Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra weiterhin zu veröffentlichen.

3.Die Grossisten Galexis, Unione Farmaceutica Distribuzione, Voigt und Amedis-UE und e-mediat dürfen bezüglich dieser Publikumspreisempfehlungen keine Gehilfenhandlungen (z.B. Weiterleiten, Aufbereiten, Publizieren von Preisempfehlungen etc.) mehr vornehmen.

4.Die Hersteller Pfizer, Bayer und Eli Lilly werden für das unter Ziff. 1 dieses Dispositivs genannte Verhalten für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2008 gestützt auf Art. 49a Abs. 1 KG mit folgenden Beträgen belastet:

- Pfizer: CHF [...]

- Eli Lilly: CHF [...]

- Bayer: CHF [...]

5.Im Übrigen wird die Untersuchung eingestellt.

6.Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung können mit Sanktionen gemäss Art. 50 bzw. 54 KG belegt werden.

7.Die Verfahrenskosten von insgesamt CHF 692'118.- Franken werden den drei Pharmaunternehmen Pfizer AG, Eli Lilly SA und Bayer (Schweiz) AG jeweils zu einem Sechstel, d.h. je CHF 115'353.- Franken, und unter solidarischer Haftung auferlegt.

8.(Rechtsmittelbelehrung)

9.(Eröffnung einzeln)

10. (Eröffnung durch amtliche Publikation)"

B.b  Die drei Unternehmen Pfizer, Bayer und Eli Lilly wurden mit einem Sanktionsbetrag von insgesamt Fr. 5.7 Millionen belastet (veröffentlicht in der Medienmitteilung der WEKO vom 27. November 2009, siehe unter: www.weko.admin.ch > Startseite > Aktuell > Medieninformationen > Medienmitteilungen 2009).

C. 
Diese Sanktionsverfügung focht der Inhaber der "Apotheke Dr. X._______", Dr. Y._______ X._______ (Beschwerdeführer), am 18. Januar 2010 beim Bundesverwaltungsgericht an mit folgendem Antrag:

"Es sei der Entscheid der Wettbewerbskommission vom 2. November 2009 in der Untersuchung 22-0326 (Preise für Hors-Liste Medikamente) vollumfänglich aufzuheben und es sei die Wettbewerbskommission anzuweisen, die Untersuchung ohne Folgen für die Apotheke Dr. X._______ einzustellen."

D. 
Am 20. April 2010 informierte das Bundesverwaltungsgericht durch amtliche Publikation im Bundesblatt alle von der Vorinstanz nicht direkt angeschriebenen Adressaten der Sanktionsverfügung, dass dagegen am 18. Januar 2010 Beschwerde erhoben worden war (vgl. BBl 2010 2518).

E.   

E.a  Am 12. Juli 2010 beantragte die Vorinstanz nach erstreckter Frist, die Beschwerde sei unter Kostenfolge abzuweisen.

E.b  Mit Zwischenverfügung vom 19. August 2010 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich bis zum 20. September 2010 zur vorinstanzlichen Eingabe vernehmen zu lassen.

F.   

F.a  Nach erstreckter Frist reichte der Beschwerdeführer am 8. Oktober 2010 seine Stellungnahme ein. Darin nahm er zur Vernehmlassung der Vorinstanz eingehend Stellung unter Bekräftigung seines Antrags, wonach der Entscheid der Vorinstanz aufzuheben beziehungsweise diese anzuweisen sei, die Untersuchung folgenlos einzustellen.

F.b  Am 11. Oktober 2010 liess das Bundesverwaltungsgericht dieses Schreiben der Vorinstanz zur Kenntnis zukommen.

G. 
Mit Zwischenverfügung vom 18. November 2010 sistierte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren, unter Vorbehalt eines gegenteiligen Antrags der Parteien, bis zur Eröffnung der bundesgerichtlichen Entscheide zu den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts B-2050/2007 vom 24. Februar 2010 (i.S. Swisscom/Mobilterminierung; veröffentlicht in BVGE 2011/32 und in RPW 2010/2, S. 242 ff.) und B-2977/2007 vom 27. April 2010 (i.S. Publigroupe/Kommissionierungsrichtlinien; veröffentlicht in RPW 2010/2, S. 329 ff.).

H. 
Am 6. Februar 2013 hob das Bundesverwaltungsgericht die Verfahrenssistierung auf, nachdem das Bundesgericht am 29. Januar 2013 die Begründung des öffentlich beratenen Urteils 2C_484/2010 vom 29. Juni 2012 im Fall Publigroupe SA (vgl. BGE 139 I 72) schriftlich eröffnet hatte.

I. 
Am 3. September 2013 informierte die Instruktionsrichterin den Beschwerdeführer, dass sich in einem weiteren Beschwerdeverfahren zur selben Sanktionsverfügung Fragen zum sog. "fil rouge" gestellt hätten, die auch hier bedeutsam seien. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer eine anonymisierte Kopie der Zwischenverfügung B-364/2010 vom 3. September 2013 zugestellt, die zeigt, dass die "fils rouges" der Untersuchung 22-0326 als Interna - mangels Beweiseignung - in keinem Beschwerdeverfahren als Bestandteil der Akten anerkannt wurden.

J. 
Mit Urteil B-320/2010 vom 3. Dezember 2013 trat das Bundesverwaltungsgericht mangels Beschwer auf die Beschwerde nicht ein.

K. 
Mit Urteil 2C_73/2014 vom 28. Januar 2014 hiess das Bundesgericht die von Dr. X._______ dagegen erhobene Beschwerde gut und wies die Sache zu neuem Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht zurück.

L. 
Auf die dargelegten und weitere Vorbringen der Verfahrensbeteiligten wird, soweit sie für das Urteil erheblich sind, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1. 
Nachfolgend ist gemäss dem bundesgerichtlichen Rückweisungsurteil 2C_73/2014 vom 28. Januar 2015 (E. 3) zu klären, ob die Feststellung der Vorinstanz, wonach das Befolgen von Publikumspreisempfehlungen für Viagra, Levitra und Cialis in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne der Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 KG darstelle, Bundesrecht verletzt.

Soweit der Beschwerdeführer jedoch darüber hinaus die vollständige Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt, ist, wie bereits im Urteil B-320/2010 vom 3. Dezember 2013 in E. 1.2.6 festgehalten worden war, nach wie vor in sechs Punkten auf die Beschwerde nicht einzutreten:

1.1  In der Dispositiv-Ziffer 2 wird Pfizer, Eli Lilly und Bayer verboten, ihre Publikumspreisempfehlungen für Viagra, Cialis und Levitra weiterhin zu veröffentlichen. Als materielle Adressaten dieser Anordnung sind in erster Linie diese Unternehmen beschwerdebefugt, zumal nur ihnen gegenüber rechtsverbindlich ein Veröffentlichungsverbot für ihre Preisempfehlungen auferlegt wird (vgl. Vera Marantelli/Said Huber, in: Waldmann/ Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Rz. 24 zu Art. 48 VwVG). Diese drei Unternehmen haben die strittige Sanktionsverfügung ebenfalls angefochten, zumal ihnen gegenüber neben dem Verbot insbesondere auch erhebliche Sanktionsbeträge (inkl. Verfahrenskosten) auferlegt worden sind (vgl. Beschwerdeverfahren B-846/2015 betr. Pfizer, B-844/2015 betr. Bayer und B-843/2015 betr. Eli Lilly).

Soweit der Beschwerdeführer die Dispositiv-Ziffer 2 anficht, scheint er zu Gunsten der besagten Pharmaunternehmen Beschwerde führen zu wollen, ohne dass ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung dieser Dispositiv-Ziffer ersichtlich wäre, welches über dasjenige eines Popularbeschwerdeführers hinausginge (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-4364/2009 vom 18. November 2009 E. 2.4, m.w.H.). Zudem liegt hier keine der in der Rechtsprechung anerkannten Konstellati-onen für eine zulässige Beschwerde zu Gunsten eines belasteten Dritten vor (vgl. Marantelli/Huber, a.a.O., Rz. 34-36 zu Art. 48 VwVG, m.H.).

1.2  In der Dispositiv-Ziffer 3 wird den Grossisten Galexis, Unione Farmaceutica Distribuzione, Voigt und Amedis-UE und e-mediat verboten, bezüglich der fraglichen Publikumspreisempfehlungen weiterhin "Gehilfenhandlungen" (im Sinne von "Weiterleiten, Aufbereiten, Publizieren von Preisempfehlungen etc.") vorzunehmen.

Auch diese Anordnung betrifft und beschwert den Beschwerdeführer nicht direkt. Vielmehr will er auch hier zu Gunsten der angeblichen "Gehilfen" Beschwerde führen, ohne dass ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung dieser Dispositiv-Ziffer ersichtlich wäre, das über dasjenige eines Popularbeschwerdeführers hinausginge. Auch wenn der Beschwerdeführer - als Inhaber einer Apotheke - im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit mit den Grossisten Galexis, Unione Farmaceutica Distribuzione, Voigt, Amedis-UE und e-mediat in Vertragsbeziehungen steht und insofern auch Gläubigerstellung hat, genügt dieser Umstand für eine Drittbeschwerde "pro Adressat" in der Regel nicht, um das schutzwürdige Interesse und damit die Beschwerdelegitimation zu begründen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2233/2006 vom 30. Mai 2007 E. 1.3.1).

1.3  In der Dispositiv-Ziffer 4 wurde Pfizer, Bayer und Eli Lilly für das in der Dispositiv-Ziffer 1 genannte Verhalten (für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2008) je ein Sanktionsbetrag auferlegt, dessen jeweilige Höhe dem Beschwerdeführer gegenüber nie offen gelegt worden ist. Wie bereits in der Erwägung 1.1 erwähnt, haben die drei sanktionierten Unternehmen dagegen beim Bundesverwaltungsgericht rekurriert.

Auch hier will der - selber nicht "gebüsste" - Beschwerdeführer zu Gunsten der sanktionierten Unternehmen Beschwerde führen, ohne dass ersichtlich wäre, inwiefern sich seine Interessenlage von der eines Popularbeschwerdeführers unterscheiden könnte.

1.4  Gemäss der Dispositiv-Ziffer 5 wird die Untersuchung eingestellt.

Hiermit wird genau das angeordnet, was der Beschwerdeführer mit seinem Antrag anstrebt, wonach die Vorinstanz anzuweisen sei, "die Untersuchung ohne Folgen für die Apotheke Dr. X._______ einzustellen". Abgesehen davon, macht dieser Antrag auch wenig Sinn, nachdem die vorliegende Untersuchung mit Erlass der angefochtenen Verfügung ohnehin abgeschlossen worden ist (vgl. Beschwerdeentscheid der REKO/WEF FB/2003-4 vom 9. Juni 2005 E. 1.4, publiziert in RPW 2005/3, S. 530). In diesem Zusammenhang ist erneut in Erinnerung zu rufen, dass sich nach konstanter Praxis des Bundesverwaltungsgerichts weder die Eröffnung noch die Fortführung einer Untersuchung im Beschwerdeverfahren anfechten lässt (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-2050/2007 vom 24. Februar 2010 E. 1.2.3 sowie B-3863/2013 vom 2. September 2013 E. 1.2.2.3.2).

1.5  In der Dispositiv-Ziffer 6 wird festgehalten, dass Zuwiderhandlungen gegen die angefochtene Verfügung mit Sanktionen gemäss Art. 50 bzw. 54 KG belegt werden können.

In dieser Ziffer wird lediglich die kartellgesetzliche Rechtslage wiederholt, ohne dass aber Inhalte verfügt würden, die über die rechtsgestaltenden Anordnungen der angefochtenen Verfügung hinausgehen. Daher ist auch der Dispositiv-Ziffer 6 Dispositivqualität abzusprechen, weshalb für den Beschwerdeführer kein schützenswertes Interesse an der Aufhebung dieser Ziffer ersichtlich ist (vgl. Marantelli/Huber, a.a.O., N 15 zu Art. 48 VwVG).

1.6  In der Dispositiv-Ziffer 7 schliesslich werden die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 692'118.- je zu einem Sechstel einzig den sanktionierten Pharmaunternehmen auferlegt. Der Beschwerdeführer wurde mit keinerlei Verfahrenskosten belastet.

Entsprechend den in der Erwägung 1.3 angestellten Überlegungen verfügt der Beschwerdeführer auch in diesem Punkt über kein schutzwürdiges Interesse, um die angefochtene Verfügung anzufechten.

1.7  Diese Überlegungen gelten nach wie vor und wurden vom Bundesgericht im Rückweisungsurteil nicht in Frage gestellt.

2.   

2.1  Strittig ist, ob sich der Beschwerdeführer - durch sein allfälliges Befolgen der Publikumspreisempfehlungen für Viagra, Levitra und Cialis "in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang" - an einer unzulässigen Wettbewerbsabrede im Sinne der Art. 4 Abs. 1 i.V.m. 5 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 4 KG beteiligt habe. Hierzu räumt das Bundesgericht im Rückweisungsurteil zwar ein, "aus pragmatischen Gründen" sei eine direkte Sanktionierung des Beschwerdeführers unterblieben. Doch sei ihm mit der Verfügung kundgetan worden, er habe gesetzeswidrig, "näherhin kartellrechtswidrig gehandelt" (Urteil 2C_73/2014 vom 28. Januar 2015 E. 2.3.2). Deshalb stehe die "verfügte Feststellung des gesetzeswidrigen Verhaltens" im Raum, was vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen sei.

2.2  Die hier strittige angebliche Unzulässigkeit des Befolgens der frag-lichen Publikumspreisempfehlungen steht im engen Sachzusammenhang mit dem in der angefochtenen Sanktionsverfügung - zur Hauptsache - an Pfizer, Eli Lilly und Bayer gerichteten und direktsanktionierten Verbots, weiterhin Publikumspreisempfehlungen für Viagra, Cialis und Levitra zu veröffentlichen.

2.3  Mit den ebenfalls am 19. Dezember 2017 gefällten Urteilen in den Beschwerdeverfahren B-846/2015 (betr. Pfizer), B-844/2015 (betr. Bayer) und B-843/2015 (betr. Eli Lilly) hat das Bundesverwaltungsgericht erneut erkannt, dass die Vorinstanz mit der verfügten Sanktion sowie dem Veröffentlichungsverbot für die strittigen Publikumspreisempfehlungen Bundesrecht verletzt. Dementsprechend hat es die drei Beschwerden, soweit darauf einzutreten war, teilweise gutgeheissen und die Dispositiv-Ziffern 1, 2, 4 und 7 der angefochtenen Verfügung aufgehoben.

Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht jeweils mit ausführlicher Begründung festgehalten, im sanktionierten Zeitraum hätten weder zu Viagra noch zu Levitra noch zu Cialis nach Art. 49a Abs. 1 KG sanktionswürdige vertikale Abreden im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG (i.V.m. Art. 5 Abs. 4 KG) vorgelegen. Insbesondere seien keine Empfehlungen über die Einhaltung von Mindest- oder Festpreisen und insofern auch keine abgestimmten Verhaltensweisen mit wettbewerbsbeschränkender Wirkung (im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG i.V.m. Art. 5 Abs. 4 KG) nachgewiesen worden.

2.4  Diese Beurteilung gilt auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren:

Weder das Veröffentlichen der Publikumspreisempfehlungen zu Viagra, Levitra und Cialis (durch Pfizer, Bayer, Eli Lilly) noch das von der Vorinstanz kritisierte teilweise Befolgen der Publikumspreisempfehlungen lässt sich kartellgesetzlich beanstanden. Soweit sich daher auch ein allfälliges Befolgen dieser Empfehlungen durch den Beschwerdeführer im konkreten Fall ereignet haben sollte, was dieser nur andeutet (vgl. Beschwerde S. 2 und 4) und die Vorinstanz bezogen auf ihn weder vertieft untersucht noch beanstandet hat, liesse sich dies nicht bemängeln. Insofern ist die Beschwerde insoweit begründet und gutzuheissen, als die angefochtene Dispositiv-Ziffer 1 bereits im Rahmen der Hauptsanktionsverfahren B-846/2015 (Pfizer), B-844/2015 (Bayer) und B-843/2015 (Eli Lilly) aufzuheben war und daher auch für keinen der weiteren potenziellen, nicht sanktionierten Adressaten ("Verkaufsstellen") Auswirkungen entfalten kann.

2.5  Zusammenfassend ist die Beschwerde daher gutzuheissen. Nachdem das Bundesgericht im Urteil 2C_73/2014 vom 28. Januar 2015 (E. 2.3) der Ziffer 1 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung anfechtbaren Feststellungscharakter verliehen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht nach dem Gesagten hier festzustellen, dass das Veröffentlichen und das Befolgen von Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang keine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne der Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 4 KG darstellt.

3.   

3.1  Das Bundesverwaltungsgericht auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG).

Bei diesem Verfahrensausgang obsiegt der Beschwerdeführer überwiegend. Deshalb sind ihm in stark ermässigtem Umfang Verfahrenskosten aufzuerlegen, soweit auf dessen Beschwerde nicht eingetreten werden kann (E. 1). Dem Beschwerdeführer werden Verfahrenskosten von Fr. 300.- auferlegt. Diese werden mit dem (im Vorverfahren B-320/2010) geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 2'500.- verrechnet, weshalb dem Beschwerdeführer nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils der Restbetrag von Fr. 2'200.- zurückzuerstatten sein wird.

3.2  Weder der (nicht anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer noch die Vorinstanz haben Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 VwVG i.V.m. Art. 7 VGKE).

 


Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. 
Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, gutgeheissen.

1.1 
Es wird festgestellt, dass das (im Zeitraum vom 1. April 2004 bis am 31. Dezember 2008 erfolgte) Veröffentlichen wie auch das Befolgen von Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang keine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 4 KG darstellt.

2.   

2.1  Die Verfahrenskosten von Fr. 300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem (im Vorverfahren B-320/2010) geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 2'500.- verrechnet. Der Restbetrag von Fr. 2'200.- wird dem Beschwerdeführer nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

2.2  Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.


3. 
Dieses Urteil geht an:

-        den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde;
Beilage: Rückerstattungsformular)

-        die Vorinstanz (Ref-Nr. 22-0326; Gerichtsurkunde)

-        das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und
Forschung (Gerichtsurkunde)

 

 

Die vorsitzende Richterin:

Der Gerichtsschreiber:

 

 

 

 

Vera Marantelli

Said Huber

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

 

Versand: 10. Januar 2018

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