Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. Prozessvoraussetzungen
1.1 Die
Verfügung der Vorinstanz vom 18. Oktober 2010 ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1
des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Das Bundesverwaltungsgericht,
das gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) als Beschwerdeinstanz
Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG beurteilt, ist nach Art. 33 Bst. f VGG für die
Behandlung der vorliegenden Streitsache zuständig, zumal keine Ausnahme nach Art. 32 VGG greift.
1.2 Die
Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und ist durch die angefochtene
Verfügung besonders berührt. Sie hat zudem ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse
an deren Aufhebung oder Änderung, weshalb sie zur Beschwerde legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG).
Ihr Vertreter haben sich rechtsgenüglich durch Vollmacht ausgewiesen (Art. 11 Abs. 2 VwVG). Die
Eingabefrist sowie die Anforderungen an Form und Inhalt der Beschwerdeschrift sind gewahrt (Art. 50 und
52 Abs. 1 VwVG). Der Kostenvorschuss wurde fristgemäss bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG).
Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
2. Persönlicher
Anwendungsbereich
2.1 Das
Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen vom 6. Oktober 1995 (Kartellgesetz,
KG, SR 251) bezweckt, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und
anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen
marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern (Art. 1 KG). Es gilt
für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden
treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen (Art. 2 Abs.
1 KG).
2.2 Als
Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess,
unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform (Art. 2 Abs. 1bis
KG). Es werden alle Formen unternehmerischer Tätigkeit erfasst, soweit sich daraus eine Wettbewerbsbeschränkung
ergeben kann (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-420/2008 vom 1. Juni 2010 E.3).
Der Unternehmens-begriff des KG geht damit von einer funktionalen, ökonomischen Betrachtungsweise
aus (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 23. November 1994 zu einem Bundesgesetz über Kartelle und
andere Wettbewerbsbeschränkungen, BBl 1995 468, 533 [Botschaft 1994]).
2.3 Die
Vorinstanz hält in ihrer Verfügung lediglich in einem Satz fest, dass die in das vorliegende
Verfahren involvierten Unternehmen ohne Weiteres unter den Unternehmensbegriff des Art. 2 Abs. 1bis
KG fallen würden (vgl. Verfügung Rz. 165). Weitere Ausführungen, insbesondere zur Konzernstruktur
der Beschwerdeführerin, macht sie nicht.
2.4
Nicht die einzelnen Konzerngesellschaften, sondern der Konzern als Ganzes wird als Unternehmen
im Sinne von Art. 2 Abs. 1bis KG betrachtet
(vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 3, veröffentlicht in:
RPW 2013/1, S. 114 ff.; BVGE 2977/2007, E. 4, veröffentlicht in: RPW 2010/2, S. 329 ff.; Roland
Von Büren, Der Konzern Rechtliche Aspekte
eines wirtschaftlichen Phänomens, in: von Büren et al. (Hrsg.), Schweizerisches Privatrecht,
Bd. VIII/6, 2. Aufl., Basel 2005, S. 470; Roger Zäch, Schweizerisches
Kartellrecht, 2. Aufl., Bern 2005, Rn. 256). Folglich
werden Konzernverhältnisse vom kartellrechtlichen Unternehmensbegriff gemäss Art. 2 Abs. 1bis
KG als wirtschaftliche Einheit und damit als ein Unternehmen erfasst, wenn es den Tochtergesellschaften
an wirtschaftlicher Selbständigkeit fehlt, wenn mit anderen Worten die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft
effektiv zu kontrollieren vermag und diese Möglichkeit tatsächlich auch ausübt, so dass
die Tochtergesellschaften nicht in der Lage sind, sich von der Muttergesellschaft unabhängig zu
verhalten (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe,
E. 3, veröffentlicht in: RPW 2013/1, S. 114 ff.; BVGE 2977/2007, E. 4, veröffentlicht in: RPW
2010/2, S. 329 ff.; vgl. auch RPW 2004/2, S. 419 Rn. 58
Swisscom ADSL; RPW 2006/1, S. 82 Rn. 125
Kreditkarten-Interchange Fee;
Zäch, a.a.O., Rn. 256).
2.5 Die
Beschwerdeführerin ist eine 100%ige Tochtergesellschaft von Siegenia D. Aufgrund der vollständigen
Konzernierung der Beschwerdeführerin hätte es sich vorliegend aufgedrängt, zumindest zu
erläutern, weshalb die Beschwerdeführerin als abhängige Konzerngesellschaft in Abweichung
zur Erfassung des Konzerns als Ganzes ohne Weiteres als Unternehmen im Sinne von Art. 2 Abs.1bis
KG zu qualifizieren ist. Denn grundsätzlich wäre die Beschwerdeführerin wohl trotz ihrer
rechtlichen Selbständigkeit aufgrund ihrer fehlenden wirtschaftlichen Autonomie (vgl. E. 2.7 hiernach)
eben gerade nicht als selbständiges Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne zu betrachten.
2.6 Demgegenüber
hält die Vorinstanz in ihrer Eingabe vom 16. Juli 2012 zu der anlässlich der Instruktionsverhandlung
vom 29. Mai 2012 gestellten Frage, inwiefern sie die Konzernstruktur der Beschwerdeführerin bei
der Sanktionierung beachtet habe, fest, diese Frage habe sich für die Vorinstanz im vorliegenden
Verfahren zu keinem Zeitpunkt gestellt. Die Vorinstanz begründet ihre Auffassung damit, dass die
Beschwerdeführerin an den vorliegend zu beurteilenden Absprachen beteiligt und folglich als Abredeteilnehmerin
zu betrachten gewesen sei. Zudem habe sich die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben stets in eigenem
Namen geäussert. Ferner habe es im eigenen Ermessen der Beschwerdeführerin gelegen, über
die Art und Weise der Umsetzung der Preiserhöhungen selbst zu entscheiden, obwohl die Muttergesellschaft
die Beschwerdeführerin angewiesen habe, die (feststehenden) Preiserhöhungen in der Schweiz
umzusetzen. Schliesslich habe die Beschwerdeführerin einen eigenständigen Antrag auf Erlass
einer allfälligen Sanktion (infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten) gestellt. Aus diesen Gründen
habe für die Vorinstanz im Lichte des eigenständigen, kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs
festgestanden, dass die Beschwerdeführerin in der Schweiz am Markt autonom tätig gewesen sei
und sich an den vorliegend zu beurteilenden Absprachen beteiligt habe, weshalb sie zu sanktionieren gewesen
sei (vgl. Schreiben vom 16. Juli 2012).
2.7 Angesichts
des unbestrittenen Vorliegens von Anweisungen zur Durchsetzung der auf Herstellerebene beschlossenen
Preiserhöhungen seitens der Muttergesellschaft muss vorliegend jedoch in Frage gestellt werden,
ob die Vorinstanz das Marktverhalten der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Erhöhung
des Materialteuerungszuschlags (MTZ) zu Recht als autonom qualifiziert hat. Denn nach ständiger
Rechtsprechung führt im europäischen Wettbewerbsrecht bereits die Einflussnahme auf strategische
Angelegenheiten zur Bejahung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit einer Tochtergesellschaft und
damit zum Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs
(vgl. den Verweis der Vorinstanz auf die ständige Rechtsprechung des EuGH in ihrem Entscheid vom
16. Dezember 2011 i.S. Wettbewerbsabreden im Strassen- und Tiefbau im Kanton Aargau, Rn. 891 ff. [Entscheid
noch nicht rechtskräftig]). Entsprechend ist die Einflussnahme der Muttergesellschaft auf den operativen
und damit wettbewerbssensiblen Geschäftsbereich nicht zwingende Voraussetzung für das Bestehen
einer wirtschaftlichen Einheit. Wenn aber bereits die Einflussnahme auf die Strategie der Tochtergesellschaft
für eine Bejahung ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit spricht, dann muss konsequenterweise
ein autonomes Marktverhalten der Beschwerdeführerin umso eher verneint werden, wenn die Muttergesellschaft
- wie im vorliegenden Fall - mittels expliziter Weisungen zur Preiserhöhung unmittelbar
in das operative Geschäft der Beschwerdeführerin eingreift.
2.8 Für
die Vorinstanz hätte es sich im vorliegenden Verfahren folglich aufdrängen müssen, die
Beschwerdeführerin als 100%ige Tochtergesellschaft zusammen mit ihrer Muttergesellschaft als ein
Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne und damit als Normadressat zu qualifizieren. Erst in einem zweiten
Schritt wären - aufgrund der fehlenden Rechtspersönlichkeit des Konzerns als Ganzem
- die Verfügungsadressatin und damit das Sanktionssubjekt zu bestimmen gewesen, da auch im
Anwendungsbereich des schweizerischen Kartellrechts Verfügungsadressat nur sein kann, wer selbst
Subjekt mit Rechtspersönlichkeit und somit Träger von Rechten und Pflichten ist (vgl. Jens
Lehne, in: Marc Amstutz/Mani Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar, Kartellgesetz,
Art. 2 Rn. 21). Entsprechend kommen als Verfügungsadressaten in Konzernsachverhalten nur
die rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften in Frage.
2.9 Die
Vorinstanz weist bei der Bestimmung des materiellen Verfügungs- und damit Sanktionsadressaten in
Konzernverhältnissen bislang keine einheitliche Praxis auf. Entsprechend qualifiziert sie entweder
die Muttergesellschaft, die Tochtergesellschaft oder die Mutter- und die Tochtergesellschaft zusammen
in solidarischer Haftung als Sanktionsadressatinnen (vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen
der Vorinstanz in ihrem Entscheid
vom 16. Dezember 2011 i.S. Wettbewerbsabreden im Strassen- und Tiefbau
im Kanton Aargau, veröffentlicht in: RPW 2012/2, S. 270,
Rn. 904 [Entscheid noch nicht rechtskräftig]). Diese Fragen können im vorliegenden Fall
wegen des Ausgangs des Verfahrens jedoch offen bleiben.
3.
Formelle Rüge
3.1
In formeller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 6 EMRK. Es
sei unbestritten, dass es sich bei der Sanktion um eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Abs.
1 EMRK handle (vgl. BVGE 2011/32, Swisscom, E. 4.2; Urteil B-2977/2007
des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2010, Publigroupe,
veröffentlicht in: RPW 2010/2, S. 329 ff., 358 E. 8.1.3). Die Vorinstanz sei mit dem Sekretariat
der Wettbewerbskommission, welches die Untersuchung leite, organisatorisch-funktionell verflochten. Die
Wettbewerbskommission könne daher nicht als EMRK-konformes Gericht angesehen werden, was nicht bloss
seitens der praktisch einhelligen Lehre, sondern auch von der Vorinstanz selbst anerkannt werde (vgl.
BVGE 2011/32, Swisscom, E. 5.4.3). Das BVGer gehe zwar davon aus,
dass es den Mangel heilen könne, da es ausreiche, wenn die strittige Sanktion durch eine gerichtliche
Instanz mit voller Kognition überprüft werden könne (vgl. Urteil B-2977/2007 des Bundesverwaltungsgerichts,
Publigroupe, a.a.O., S. 357 E. 8.1.1.5). Dies bedinge aber, dass das BVGer auch die Sanktionshöhe
festsetze und nicht bloss prüfe, ob die Vorinstanz ihren Ermessensspielraum missbraucht habe. Selbst
dann sei gemäss Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Heilung
nicht möglich, könne doch eine kartellrechtliche Sanktion nicht dem Strafrecht zweiter Klasse
zugeordnet werden. Es sei widersprüchlich zu behaupten, das Gericht könne seine Kognition einschränken,
soweit die Natur der Streitsache dies sachlich gebiete. Eine solche Einschränkung, die gestützt
auf das innerstaatliche Recht durchaus möglich sei, führe gerade dazu, dass kein unabhängiges
Gericht mit voller Kognition den angefochtenen Sanktionsbetrag überprüfe.
3.2 Mit
Urteil i.S. Menarini Diagnostics S.R.L. c. Italie vom 27. September
2011 (Nr. 43509/08, Rn. 57 ff.) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erstmals
in einem Kartellverfahren (mit hohen Bussgeldern) festgehalten, dass die Anforderungen an Art. 6 EMRK
auch erst im Verwaltungsgerichtsverfahren erfüllt werden könnten; insoweit lasse es die EMRK
zu, dass die Verwaltung im Verwaltungsverfahren Sanktionen mit strafrechtlichem Charakter ausspreche,
sofern ein Gericht mit voller Kognition im Rechtsmittelverfahren entscheide. Auch der EFTA Court (i.S.
Posten Norge AS v. EFTA Surveillance Authority vom 18. April 2012
[E-15/10]) und der EuGH (EuGH, KME Germany u.a./Kommission,
C-389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 118 ff.)
haben in Bezug auf Art. 6 EMRK bzw. den diesem vergleichbaren Art. 47 der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union (GRC, ABl. 2007 C 303/01 ff.) gleich entschieden wie der Gerichtshof in Strassburg.
3.3 Unter
Hinweis auf die genannten Urteile hielt auch das Bundesgericht mit Entscheid i.S. Publigroupe
vom 29. Juni 2012 (BGE 139 I 72 E. 4.2 ff.) erstmals explizit (zur früheren identischen Rechtsprechung
vgl. Urteil B-2050/2007 des Bundesverwaltungsgerichts, a.a.O., S. 270 ff. E. 5) fest, aus der Sicht der
EMRK bedürfe es keiner institutionellen Strukturänderung des schweizerischen Kartellverfahrens.
3.4 Entsprechend
ist auch im vorliegenden Verfahren Art. 6 EMRK mit Bezug auf die Anforderungen an ein EMRK-konformes
Gericht nicht verletzt, da das Bundesverwaltungsgericht mit freier und umfassender Kognition entscheidet.
4. Das
Beweisrecht im kartellrechtlichen Sanktionsverfahren
4.1 Geltung
des Untersuchungsgrundsatzes
4.1.1 Bezüglich
der Beweisführung ist festzuhalten, dass ein Verstoss gegen das Kartellgesetz gemäss der auch
im Kartellverfahren anwendbaren Untersuchungsmaxime grundsätzlich durch die Behörden zu untersuchen
ist (Art. 39 f. KG i.V.m. Art. 12 VwVG; Entscheid der REKO/WEF FB/2005-4 vom 11. Juli 2006, Buchpreisbindung,
E. 6.1, veröffentlicht in: RPW 2006/3, S. 548 ff.). Dies bedeutet, dass die Wettbewerbsbehörde
für die Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen verantwortlich ist, allen relevanten Tatsachen nachzugehen
hat und dass sie sich nicht auf die Aussagen, Informationen und Beweismittel von Verfahrensbeteiligten
beschränken darf. Sie muss vielmehr aus eigener Initiative erforderliche Sachverhaltselemente abklären.
Dies gilt sowohl für den Nachweis von unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen als auch
für Elemente, welche deren Rechtfertigung ermöglichen (Art. 5 Abs. 2 bis 4 KG). Sie hat die
Pflicht, den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen richtig und vollständig abzuklären,
wobei die Parteien gestützt auf Art. 13 VwVG eine Mitwirkungspflicht trifft. Als rechtserheblich
gelten alle Tatsachen, welche den Ausgang der Entscheidung beeinflussen können (vgl. BGE 117 V 282
E. 4a; Entscheid der REKO/WEF FB/2004-1 vom 27. September 2005, Ticketcorner,
E. 5.1, veröffentlicht in: RPW 2005/4, S. 672 ff.).
4.2 Freie
Beweiswürdigung
4.2.1 Die
Bestandsaufnahme der rechtserheblichen Tatsachen ist in einem ersten Schritt auf deren Überzeugungskraft
hin zu prüfen. Dabei gilt auch im Kartellverwaltungsverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung
(Art. 39 KG i.V.m. Art. 19 VwVG und Art. 40 Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess [BZP, SR 273]).
Demnach zieht der Richter aus dem Beweisergebnis nach freier Überzeugung die Schlüsse darüber,
was er als bewiesen erachtet.
4.2.2 Frei
ist die Beweiswürdigung vor allem darin, dass sie nicht an bestimmte starre Beweisregeln gebunden
ist, die dem Richter genau vorschreiben würden, wie ein gültiger Beweis zustande kommt. Für
das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass der Richter alle Beweismittel unabhängig davon, von
wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen
eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a).
Der Beweis ist erbracht, wenn der Richter gestützt auf die Beweiswürdigung zur Überzeugung
gelangt, dass sich der rechtserhebliche Sachumstand verwirklicht hat (vgl. Entscheid der REKO/WEF FB/2005-4
vom 11. Juli 2006, Buchpreisbindung, E. 6.2, veröffentlicht
in: RPW 2006/3, S. 548 ff.).
4.3 Beweismass
des Vollbeweises
4.3.1 In
einem zweiten Schritt ist zu entscheiden, ob die gewürdigten Tatsachen den erforderlichen Grad des
Beweismasses und damit der Überzeugung erreichen.
4.3.2 Sowohl
im ordentlichen Verwaltungsverfahrensrecht als auch im Kartellrecht gilt grundsätzlich das Beweismass
des Vollbeweises, mithin der Gewissheit (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 vom 19.
Dezember 2013, Gaba, E. 5). Dabei stellt sich jedoch die Frage,
ob auch bei Vorliegen einer Selbstanzeige im kartellrechtlichen Sanktionsverfahren die gleichen Anforderungen
an das Beweismass zu stellen sind.
4.3.3 Nach
dem Regelbeweismass des Vollbeweises ist für den Nachweis erforderlich, dass der Richter nach objektiven
Gesichtspunkten von der Verwirklichung der Tatsache überzeugt ist (vgl. René
Rhinow/Heinrich Koller/Christina Kiss-Peter/Daniela Thurnherr/Denise Brühl-Moser, Öffentliches
Prozessrecht, 3. Aufl., Basel 2014, Rn. 999). Die Verwirklichung der Tatsache braucht indessen nicht
mit Sicherheit festzustehen, sondern es genügt, wenn allfällige Zweifel unerheblich erscheinen
(vgl. BGE 130 III 321, E. 3.2; Max Berger/Roman Nogler,
Beweisrecht die Last mit dem Beweis(en), recht 2012,
S. 171; Stefan Bilger, Das Verwaltungsverfahren zur Untersuchung
von Wettbewerbsbeschränkungen, Diss., Fribourg 2002, S. 305; Fritz
Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 279).
4.3.4 Vom
Regelbeweismass des Vollbeweises zu unterscheiden sind die Beweismasse einerseits der Glaubhaftmachung
und andererseits der hohen bzw. überwiegenden Wahrscheinlichkeit: Das Glaubhaftmachen stellt das
tiefste Beweismass dar, welches mehr ist als ein blosses Behaupten, aber weniger als der strikte Beweis.
Ein Glaubhaftmachen erfordert somit lediglich - aber immerhin - eine begründete, plausible
Behauptung, die mindestens punktuell durch Beweismittel erhärtet ist (vgl. Roger
Groner, Beweisrecht, Bern 2011, S. 195 f.). Dieses tiefe Beweismass stellt eine Ausnahme dar und
ist für das ordentliche Verfahren im Kartellrecht irrelevant. Das Beweismass der hohen Wahrscheinlichkeit
bzw. in der Terminologie des Bundesgerichts und eines
Teils der Lehre der überwiegenden Wahrscheinlichkeit
ist demgegenüber höher als bei der Glaubhaftmachung und gilt dann als erbracht, wenn für
die Richtigkeit der Sachbehauptung nach objektiven Gesichtspunkten derart wichtige Gründe sprechen,
dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen (vgl.
Berger/Nogler, a.a.O., S. 171). Auch das Beweismass der
hohen bzw. überwiegenden Wahrscheinlichkeit stellt eine Ausnahme zum sog. Regelbeweismass dar und
ergibt sich einerseits aus dem Gesetz selbst und andererseits in gewissen durch die Rechtsprechung gebildeten
Fällen, wo kein strikter Beweis möglich erscheint. Den Ausnahmen liegt die Überlegung
zu Grunde, dass die Rechtsdurchsetzung nicht an Beweisschwierigkeiten scheitern darf, die typischerweise
bei bestimmten Sachverhalten auftreten (vgl. Groner, a.a.O.,
S. 184).
4.3.5 Bei
der Bestimmung des erforderlichen Beweismasses im schweizerischen Kartellrecht gilt es insbesondere danach
zu unterscheiden, ob die beweisrechtlichen Anforderungen bereits vor Einführung der direkten Sanktionen
galten oder erst danach statuiert wurden.
4.3.6 Vor
Einführung der direkten Sanktionen wurde hinsichtlich des kartellrechtlichen Verwaltungsverfahrens
von der REKO/WEF festgehalten, dass der Beweis erbracht sei, wenn der Richter gestützt auf die Beweiswürdigung
zur Überzeugung gelangt ist, dass sich der rechtserhebliche Sachverhalt verwirklicht habe. Es brauche
dabei nicht absolute Gewissheit, unter Umständen genüge der Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (vgl. Entscheid der REKO/WEF FB/2002-1 vom 22. Dezember 2004, Betosan,
E. 8, veröffentlicht in: RPW 2005/1, S. 183 ff.). Dies erscheine im wettbewerbsrechtlichen Zusammenhang
als besonders angezeigt, zumal ökonomische Erkenntnisse immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet
seien (vgl. Entscheid der REKO/WEF FB/2005-4 vom 11. Juli 2006, Buchpreisbindung,
E. 6.2, veröffentlicht in: RPW 2006/3, S. 548 ff.). Das Bundesgericht hielt im Entscheid Buchpreisbindung
fest, der bundesrechtliche Regelbeweis gelte als erbracht, wenn das Gericht nach objektiven Gesichtspunkten
von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt sei, wobei angesichts der Komplexität kartellrechtlicher
Sachverhalte keine übertriebenen Ansprüche an das Beweismass gestellt werden dürften (Urteil
des Bundesgerichts 2A.430/2006, veröffentlicht in: RPW 2007/1, S. 129 ff., E. 10.4; ähnlich
auch BVGE 2009/35, E. 7.4; vgl. Paul Richli, Kartellverwaltungsverfahren,
in: SIWR V/2, S. 454; Hans-Ueli Vogt, Auf dem Weg zu einem
Kartellverwaltungsverfahrensrecht, AJP 1999, S. 844). Im Schrifttum wird das Beweismass der überwiegenden
bzw. hohen Wahrscheinlichkeit einerseits befürwortet (vgl.
Bilger, a.a.O., S. 306), wobei aber der Vollbeweis dann
für einschlägig gehalten wird, wenn die kartellrechtliche Rechtsfolge besonders schwer ist
(vgl. Marc Amstutz/Stefan Keller/Mani Reinert, "Si
unus cum una...", Vom Beweismass im Kartellrecht, BR 2005, S. 119); andererseits wird der strikte
Beweis als Regelbeweis im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren gefordert (vgl.
Raphael Brütsch, Parallelverhalten im Oligopol als
Problem des schweizerischen Wettbewerbsrechts, Diss., Bern 2003, S. 150 f.; Lucas
David/Markus Frick/Oliver Kunz/Matthias Studer/Daniel Zimmerli, Der Rechtsschutz im Immaterialgüter-
und Wettbewerbsrecht, in: SIWR I/2, 3. Aufl., S. 465 ff.; Lucas
David/Reto Jacobs, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Bern 2012, Rn. 826; Daniel
Zimmerli, Zur Dogmatik des Sanktionssystems und der "Bonusregelung" im Kartellrecht,
Bern 2007, S. 617).
4.3.7 Die
REKO/WEF liess die Frage offen, ob bei sanktionsbedrohten Tatbeständen die Anforderungen an das
Beweismass erhöht seien (vgl. Entscheid der REKO/WEF FB/2005-4 vom 11. Juli 2006, Buchpreisbindung,
E. 6.2, a.a.O.). Grundsätzlich gelte auch im Kartellrecht das Beweismass des Vollbeweises, mithin
der Gewissheit. Gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfährt dieser Grundsatz
indes bei komplexen wirtschaftlichen Sachverhalten eine Relativierung und Einschränkung, weshalb
im Zusammenhang mit wirtschaftlich komplexen Fragen im wettbewerbsrechtlichen Kontext keine überspannten
Anforderungen an das Beweismass zu stellen sind. Die Komplexität wirtschaftlicher Sachverhalte,
insbesondere die vielfache und verschlungene Interdependenz wirtschaftlich relevanten Verhaltens, schliesst
eine strikte Beweisführung vielmehr regelmässig aus (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
B-506/2010 vom 19. Dezember 2013, Gaba, E. 5; BVGE 2012/8, Swisscom/COLT,
E. 13.2; BVGE 2009/35, Swisscom Bitstrom, E. 7.4). Der besonderen
Komplexität wirtschaftlicher Sachverhalte wird dort, wo sie zu bejahen ist, angemessen Rechnung
getragen (vgl. BVGE 2012/8, Swisscom/COLT, E. 13.2).
4.3.8 Auch
das Bundesgericht hält i.S. Publigroupe im Zusammenhang mit
der Beurteilung der Marktverhältnisse fest, es handle sich hierbei um eine komplexe Analyse, der
zwangsläufig gewisse ökonomische Annahmen zu Grunde liegen würden. Die Anforderungen an
den Nachweis solcher ökonomischen Zusammenhänge dürften mit Blick auf die Zielsetzung
des Kartellgesetzes, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen
Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen
marktwirtschaftlichen Ordnung gemäss Art. 96 BV und Art. 1 KG zu fördern, nicht übertrieben
werden (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.3.2, u.a. mit Verweis
auf David/Frick/Kunz/Studer/Zimmerli, a.a.O., S. 470 f.,
welche die Auffassung vertreten, dass die Vorinstanz aufgrund der Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK in Sanktionsverfahren
"ohnehin den Vollbeweis" führen müsse, sowie auf Amstutz/Keller/Reinert,
a.a.O., S. 119, die sich ebenfalls dafür aussprechen, dass in kartellrechtlichen Sanktionsverfahren
in aller Regel nur der Vollbeweis genügen könne; für den strikten Beweis vgl. auch Beat
Zirlick/Christoph Tagmann, in: BSK Kartellgesetz, Art.
30 Rn. 102). In diesem Sinne erscheine eine strikte Beweisführung bei diesen Zusammenhängen
kaum möglich. Eine gewisse Logik der wirtschaftlichen Analyse und Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit
müssten aber überzeugend und nachvollziehbar erscheinen (BGE 139 I 72; vgl. Bilger,
a.a.O., S. 305 [zur Begründungsdichte]).
4.3.9 Die
Vorinstanz äussert sich in ihrer Verfügung vom 18. Oktober 2010 nicht zum Beweismass.
4.4 Beweismass
bei Vorliegen einer
Selbstanzeige
4.4.1 Für
das vorliegende Verfahren von massgebender Bedeutung ist die Frage, ob die Vorinstanz den Sachverhalt
weitgehend der eingereichten Selbstanzeige von Roto entnommen hat, ohne diese genügend zu verifizieren,
und ob sie ihre darauf gestützten Ausführungen ohne weitere ergänzende Abklärungen
auf alle Verfahrensparteien ausgedehnt hat.
4.4.2 Entsprechend
ist vorliegend die Frage zu klären, ob beim Vorliegen einer Selbstanzeige in einem kartellrechtlichen
Sanktionsverfahren die Anforderungen an das Beweismass sowohl der Vorinstanz als auch des Bundesverwaltungsgerichts
grundsätzlich aus sog. prozessökonomischen Gründen herabgesetzt werden dürfen, oder
ob der Untersuchungsgrundsatz auch im Falle einer Selbstanzeige in vollem Umfang gilt.
4.4.3 Bei
einer Selbstanzeige stellt sich überdies die Frage nach dem Beweiswert von Aussagen, (i) die sich
einerseits gegen das anzeigende Unternehmen selbst und andererseits (ii) gegen Dritte richten. Der Fokus
nachfolgender Ausführungen richtet sich primär auf die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes
hinsichtlich der durch die Selbstanzeige belasteten sog. Dritt-Unternehmen, da dies für das vorliegende
Verfahren von zentraler Bedeutung ist. Entsprechend gilt es zu klären, welchen Beweiswert Selbstanzeigen
im Zusammenhang mit Dritten, die die belastenden Aussagen der Selbstanzeige bestreiten, zukommen.
4.4.4 Da
eine Beantwortung der gestellten Fragen sich nicht unmittelbar aus dem schweizerischen Kartellrecht ergibt
und es an einer entsprechenden Behörden- und Gerichtspraxis bislang noch fehlt, scheint zunächst
ein rechtsvergleichender Blick auf die Praxis der EU-Kommission und die Rechtsprechung der EU-Gerichte
zur sog. EU-Leniency-Regelung sinnvoll. Denn die Selbstanzeigepraxis im EU-Wettbewerbsverfahren ist für
das schweizerische Kartellverfahren von grosser Bedeutung, dienten doch die sog. Kronzeugenregelung und
ihre Praxis in der EU als Vorbild für die Einführung einer Selbstanzeigenregelung im schweizerischen
Kartellrecht (vgl. Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Kartellgesetzes vom 7. November
2001, BBl 2002 2022, 2038 f.). Entsprechend wird auch in den Erläuterungen zur Sanktionsverordnung
im 3. Abschnitt über den vollständigen Erlass bei Sanktionen, in welchen die Voraussetzungen
eines Sanktionserlasses oder einer Sanktionsreduktion in Fällen von Selbstanzeigen näher umschrieben
werden, ausdrücklich auf die EU-Leniency-Regelung hingewiesen.
4.4.5 Im
EU-Wettbewerbsverfahren haben Selbstanzeigen eine grosse Bedeutung und werden nach dem Grundsatz der
freien Beweiswürdigung geprüft. Für die Glaubwürdigkeit von Belastungen Dritter wird
u.a. das Interesse des Selbstanzeigers an einer solchen Aussage gewürdigt.
a) Praxis der EU-Kommission und Rechtsprechung der EU-Gerichte
4.4.6 Für
eine Sanktionsreduzierung muss das Unternehmen als erstes Informationen und Beweismittel vorlegen, welche
die EU-Kommission in die Lage versetzen, gegen eine mutmassliche Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV
vorzugehen. Auch nachträgliche Geständnisse von Unternehmen sind als Beweismittel zulässig.
Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass zum Nachweis der Zuwiderhandlung weitere unterstützende
Beweismittel erforderlich sind, wenn andere Kartellanten der Aussage des ersten Unternehmens widersprechen
(vgl. EuG, Enso-Gutzeit/Kommission,
T-337/94, EU:T:1998:98, Rn. 91; EuG, Tokai
Carbon/Kommission, T-236/01, EU:T:2004:118,
Rn. 219; Gerhard Dannecker/Jörg Biermann, in: Ulrich Immenga/Ernst-Joachim
Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Kommentar zum Europäischen Kartellrecht, Bd. 1 EU/Teil
2, 5. Aufl., München 2012, Art. 23 VO 1/2003, Rn. 253; Michael
Tschudin, Die verhandelte Strafe, einvernehmliche Regelung neben kartellrechtlicher Sanktion,
AJP 2013, S. 1020).
4.4.7 Bei
Selbstanzeigen von Kartellanten ist zu beachten, dass die EU-Kommission selbst bei einem Verzicht auf
die Verhängung einer Geldbusse ein vollständiges Verwaltungsverfahren gegen das betroffene
Unternehmen durchführt und die Entscheidung auch veröffentlicht. Dabei wird in den Entscheidungsgründen
dargelegt, wie hoch die eigentlich zu verhängende Geldbusse gewesen wäre. Dies ist zum einen
für die Beurteilung der Einhaltung des Gleichbehandlungsprinzips hinsichtlich der sonstigen, von
der Entscheidung betroffenen Unternehmen bedeutsam. Zum anderen können diese Angaben relevant werden,
wenn sich im gerichtlichen Verfahren herausstellen sollte, dass die Voraussetzungen für die Anwendung
der Kronzeugenmitteilung nicht vorgelegen haben. Des Weiteren ist die fiktive Geldbusse auch für
die Haftungsquote im Hinblick auf allfällige nachfolgende privatrechtliche Ansprüche von Bedeutung.
4.4.8 In
der Rechtsprechung der EU-Gerichte gab es in den letzten Jahren einige Urteile, in denen die Frage des
Beweiswerts von Mitteilungen im Rahmen von Kronzeugenanträgen von den Verfahrensbeteiligten vorgebracht
wurde. In keinem Urteil der EU-Gerichte ist bislang jedoch die Frage gestellt worden, ob die Anforderungen
an das Beweismass durch die EU-Kommission aus sog. prozessökonomischen Gründen im Falle eines
Kronzeugenantrags reduziert sein bzw. werden könnte. Im Gegenteil wurde von den Beschwerdeführern
jeweils vorgebracht, dass der Beweiswert einer Kronzeugeninformation gering sei, da ein Anreiz bestehe,
Beweise mit einem erheblichen Mehrwert zu liefern, um eine möglichst hohe Herabsetzung der Geldbusse
zu erreichen. Es sei deshalb die Gefahr einer überschiessenden Tendenz zur Belastung anderer Unternehmen
in Betracht zu ziehen.
4.4.9 In
der jüngsten Rechtsprechung der EU-Gerichte wurde die Frage des Beweiswerts des Kronzeugenantrags
letztlich offen gelassen, entweder mit der Begründung, dass ohnehin genügend andere Beweismittel
vorliegen würden und es daher auf den Kronzeugenantrag nicht ankomme (vgl. EuG, AC-Treuhand
AG/Kommission, T-99/04, EU:T:2008:256), oder dass es sich um ein Rechtsmittelverfahren handle,
bei welchem keine Beweiswürdigung mehr erfolge (vgl. EuGH, Kaimer
u.a./Kommission, C-264/11 P, EU:C:2012:498). Gleichwohl wurden in den Urteilen wichtige Aussagen
zum Beweiswert und damit im Ergebnis auch zum Beweismass von Kronzeugenanträgen gemacht. In keinem
der Fälle wurde aber das Beweismass herabgesetzt oder die volle Geltung des Untersuchungsgrundsatzes
in Frage gestellt.
4.4.10 Die
Gefahr falscher oder überzogener Angaben im Rahmen von Kronzeugenanträgen - einerseits,
um eine möglichst umfassende Kooperationsbereitschaft zu zeigen, d.h. um eine möglichst hohe
Bussgeldreduktion zu erwirken, und andererseits, um die anderen Kartellteilnehmer, die in aller Regel
Mit-Wettbewerber und damit Konkurrenten sind, zu schädigen - wird auch von der EU-Kommission
gesehen. Sie versucht deshalb, dieser Gefahr durch den Entzug von Vergünstigungen entgegenzusteuern.
Daraus folgt, dass die EU-Kommission nicht die Frage stellt, ob im Falle von Kronzeugenanträgen
das Beweismass herabzusetzen sei und dieses daher weniger strengen Anforderungen an die Beweisführung
unterliege. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: Die Kommission sieht durchaus die Gefahr verfälschter
Beweise und Aussagen im Rahmen von Kronzeugenanträgen. In Fällen aber, in denen ein Unternehmen
nicht allzu viele Informationen liefern kann und daher ein Kronzeugenantrag von vornherein ausscheidet,
kann es ohnehin nicht zu einer Vergünstigung kommen.
4.4.11 Aus
der Gesamtsicht der Praxis der EU-Kommission sowie der Rechtsprechung der EU-Gerichte ergibt sich deshalb
das folgende Bild: Die EU-Kommission selbst hat Zweifel am Beweiswert von Kronzeugenanträgen im
Zusammenhang mit Dritten, die durch die Aussagen
eines Kronzeugen belastet werden.
4.4.12 Die
Gefahr falscher Angaben wird in der EU somit erkannt, weshalb sich die Überlegungen einer Reduzierung
des Beweismasses sowie einer Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes im Falle von Kronzeugenanträgen
erübrigen. In den Dokumenten der EU-Kommission und den Urteilen der EU-Gerichte werden ebenfalls
keine prozessökonomischen Überlegungen angeführt, die den Beweismassstab oder den Untersuchungsgrundsatz
betreffen oder gar einschränken würden.
4.4.13 Aus
der Sicht der Kronzeugenpraxis im EU-Wettbewerbsrecht, welche auch Vorbild für die Selbstanzeigenregelung
im schweizerischen Kartellrecht war, ist deshalb die Frage, ob bei einem Vorliegen einer Selbstanzeige
in einem kartellrechtlichen Sanktionsverfahren die Anforderungen an das Beweismass im Hinblick auf belastete
Dritte herabgesetzt werden dürfen, zu verneinen. Der Untersuchungsgrundsatz gilt im EU-Wettbewerbsrecht
mithin in vollem Umfang auch bei Selbstanzeigen.
b) Selbstanzeigepraxis in Deutschland
4.4.14 Rechtsvergleichend
sei an dieser Stelle auch kurz auf die Selbstanzeigepraxis in Deutschland hingewiesen, da das deutsche
Kartellrecht die Kronzeugenpraxis entsprechend der Praxis im EU-Wettbewerbsverfahren übernommen
hat (vgl. Claudia Seitz, in: Gerald Mäsch (Hrsg.), Praxiskommentar zum
deutschen und europäischen Kartellrecht, Münster 2010, § 81 GWB, Rn. 43). Die EU-Praxis
war somit auch Vorbild für die Kronzeugenregelung in Deutschland, wodurch sich Parallelen zur Selbstanzeigenpraxis
in der Schweiz ergeben.
4.4.15 In
der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts (BKartA) und der Urteilspraxis der Gerichte in Deutschland
sind keine Fälle ersichtlich, in welchen die Frage thematisiert wurde, ob Kronzeugenanträge
allenfalls Auswirkungen auf das Beweismass oder die Beweisanforderungen an das Bundeskartellamt haben
können. Entsprechend wurde bislang auch nicht thematisiert, ob prozessökonomische Gründe
für eine Reduzierung des Beweismasses sprechen könnten. Im Gegenteil ist sich das Bundeskartellamt
bewusst, dass die im Rahmen von Kronzeugenanträgen erlangten Beweise mit "Vorsicht zu würdigen"
seien. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen des Bundeskartellamts durch den Kartellsenat
des OLG Düsseldorf erfolgt ohnehin vollumfänglich, was bedeutet, dass eine umfassende Beweiswürdigung
vorgenommen wird, die sich insbesondere auch auf Kronzeugenanträge erstreckt.
4.4.16 Der
Beweiswert der Aussagen, die im Rahmen von Anträgen auf Bussgelderlass oder auf eine Reduktion von
Geldbussen vorgenommen werden, steht denn auch unter dem Vorbehalt genereller Bedenken (vgl. Gerhard
Dannecker/Jörg Biermann, in: Ulrich Immenga/Ernst-Joachim Mestmäcker
(Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Kommentar zum Deutschen Kartellrecht, 4. Aufl., München 2007, §
81 Rn. 426). Das Bundeskartellamt hat dies schon seit längerem erkannt und daher bereits in seiner
Bekanntmachung von 2000 angeführt, dass die Aussage eines Kartellmitglieds, das als Folge seiner
Zusammenarbeit eine erhebliche Reduktion erwartet, "mit Vorsicht zu würdigen" sei und
"grundsätzlich von anderen Beweisen" gestützt werden" müsse, bevor sie
als Grundlage für den Nachweis eines Kartells und die Gewichtung der Tatbeiträge der Mitglieder
dienen könne (vgl. Richtlinien des Bundeskartellamtes für die Festsetzung von Geldbussen vom
17. April 2000 [Bekanntmachung Nr. 68/2000], zitiert in: Dannecker/Biermann,
a.a.O., § 81 Rn. 426). Daneben sollen auch die Aussagen der anderen Kartellteilnehmer im Hinblick
auf das kooperierende Unternehmen nur vorsichtig gewürdigt werden (vgl. Dannecker/Biermann,
a.a.O., § 81 Rn. 426).
4.4.17 Es
kann deshalb abschliessend festgehalten werden, dass gemäss der Rechtslage und der Entscheidungspraxis
des Bundeskartellamts sowie der Urteilspraxis des OLG Düsseldorf im Rahmen eines Kronzeugenantrags
die gleichen Anforderungen an das Beweismass gelten wie in anderen Kartellrechtsverfahren auch, bei denen
das Bundeskartellamt ohne Hinweise in einem Kronzeugenantrag ein Kartell aufdeckt. Der Untersuchungsgrundsatz
wird mithin in Fällen von Kronzeugenanträgen nicht herabgesetzt, sondern gilt in vollem Umfang.
c) Grundsätzliche Anforderungen an das Beweismass in Wettbewerbsverfahren
4.4.18 Im
Zusammenhang mit den Anforderungen an das Beweismass bei einer Selbstanzeige im schweizerischen Kartellrecht
ist zunächst über den rechtsvergleichenden
Blick auf das EU-Recht hinaus auf die grundsätzlichen
Anforderungen an das Beweismass in Wettbewerbsfällen hinzuweisen.
4.4.19 Aus
dem Grundrecht des Anspruches auf rechtliches Gehör folgt, dass die Parteien eines Wettbewerbsverfahrens
ein Recht darauf haben, dass die Behörde sämtliche entscheidrelevanten Äusserungen, Stellungnahmen
und Beweisanträge entgegennimmt, prüft, würdigt und bei der Entscheidfindung berücksichtigt
(vgl. Bilger, a.a.O., S. 304). Das Ergebnis der behördlichen Prüfung
muss sich sodann in der Begründung des Entscheids niederschlagen.
4.4.20 Eng
mit der Beweiswürdigung und der Begründungsdichte einer Verfügung verbunden ist zudem
die Frage, welche Anforderungen im Untersuchungsverfahren an das Beweismass zu stellen sind. Im ordentlichen
Verwaltungsverfahrensrecht und damit grundsätzlich auch im Kartellrecht gilt das Erfordernis des
Vollbeweises. Dies bedeutet, dass die Behörde eine Tatsache grundsätzlich erst dann als bewiesen
annehmen darf, wenn sie von deren Vorhandensein in dem Masse überzeugt ist, dass das Gegenteil als
unwahrscheinlich erscheint (vgl. Bilger, a.a.O., S. 305). Kann aber selbst
im Strafrecht ein solcher Vollbeweis gestützt auf den Nachweis einer geschlossenen und in sich schlüssigen
Indizienkette erbracht werden, so muss dies umso mehr im Kartellrecht möglich sein, wo den Kartellsanktionen
lediglich - aber immerhin - strafrechtsähnlichen Charakter zukommt (vgl. BGE 139 I 72,
Publigroupe, E. 2.2.2; BVGE 2011/32, Swisscom,
E. 4.2; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 vom 19. Dezember 2013, Gaba,
E. 6.1.3, und B-2977/2007 vom 27. April 2010, Publigroupe, E.
8.1.3).
d) Unterscheidung von Informationen und Beweismitteln bei Vorliegen
einer Selbstanzeige
4.4.21 Gemäss
Art. 8 der Verordnung über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen vom
12. März 2004 (KG-Sanktionsverordnung, SVKG, SR 251.5), der den vollständigen Erlass der Sanktion
regelt, ist ein solcher Sanktionserlass für ein Unternehmen dann möglich, wenn Letzteres als
Erstes der Wettbewerbsbehörde Informationen liefert (Bst. a) oder Beweismittel vorlegt (Bst. b),
die es der Behörde ermöglichen, ein kartellrechtliches Verfahren nach Art. 27 KG zu eröffnen
(Bst. a ) oder einen Wettbewerbsverstoss nach Art. 5 Abs. 3 oder Abs. 4 festzustellen (Bst. b).
4.4.22 Insofern
ist begrifflich zwischen Informationen und Beweismitteln zu unterscheiden: Eine Information kann -
muss aber nicht - ein Beweismittel sein; demgegenüber enthalten Beweismittel regelmässig
Informationen (vgl. Franz Hoffet/Klaus Neff, Ausgewählte Fragen zum revidierten
Kartellgesetz und zur KG-Sanktionsverordnung, Anwaltsrevue 2004, S. 129 ff.). Es gilt demnach zunächst
festzustellen, ob es sich beim Inhalt einer Selbstanzeige um Informationen oder um Beweise handelt. Beweise
stellen somit - analytisch betrachtet - eine Teilmenge der Informationen dar. Handelt es
sich ausschliesslich um blosse Informationen, so liegen keine Beweismittel vor. Die Frage von allfälligen
Auswirkungen auf das Beweismass bis hin zur Frage einer Beweismassreduzierung aus prozessökonomischen
Gründen stellt sich in diesem Fall nicht.
4.4.23 Geht
es um das Vorhandensein von Beweisen, so ist im Hinblick auf die Beweiswürdigung festzuhalten, dass
das Erfordernis des Vollbeweises verlangt wird und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht genügen
kann. Dieses Erfordernis gilt es insbesondere dann zu beachten, wenn die im Rahmen einer Selbstanzeige
vorgelegten Beweise von den anderen Kartell- und Verfahrensbeteiligten bestritten werden.
e) Ökonomische Funktion der Kronzeugenregelung
4.4.24 Des
Weiteren können die aufgeworfenen Fragen der Anforderungen an das Beweismass und einer allfälligen
Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in Fällen von Selbstanzeigen auch vor dem Hintergrund
der ökonomischen Funktion der Kronzeugenregelung betrachtet werden. Gerade auch aus ökonomischer
Sicht lassen sich Fragen an den Beweiswert von Informationen und Aussagen im Zusammenhang mit Kronzeugenanträgen
stellen. Das Fundament der Kronzeugenregelung aus ökonomischer Sicht liegt in der Instabilität
von Kartellabsprachen begründet. Auch wenn die Kartellanten eine kartellrechtswidrige Absprache
treffen, so können sie vor dem Hintergrund der Bonusregelung nicht sicher sein, dass ein Kartellmitglied
aus dem Kartell ausbricht, das Kartell aufdeckt und von der Bonusregelung profitiert. Die Kartellmitglieder
können dadurch nicht mehr sicher sein, dass ihre illegale Absprache unentdeckt bleibt, denn die
Stabilität von Kartellvereinbarungen wird durch das Kronzeugenprogramm wirksam geschwächt und
in vielen Fällen kommen unzulässige Absprachen erst gar nicht zustande (vgl. BKartA, Erfolgreiche
Kartellverfolgung, Nutzung für Wirtschaft und Verbraucher, S. 11).
4.4.25 Die
Kronzeugenregelung setzt hier an und bringt die Kartellanten in die Situation des sog. prisoner´s
dilemma (vgl. Claudia Seitz, Anmerkung zum Urteil des EuGH in "Pfleiderer
AG/Bundeskartellamt", EuZW 2011, S. 599 ff.; Cento G. Veljanovski, Economic
Principles of Law, 2007, S. 262). Dies funktioniert aus ökonomischer Sicht nur aufgrund des Umstands,
dass alle Beteiligten nach wie vor Wettbewerber und an dem für sie besten Ergebnis interessiert
sind. Dies führt zu dem Ergebnis, dass jeder Beteiligte an einer möglichst hohen Reduktion
für sich selbst interessiert ist, bei einer gleichzeitigen Schädigung der anderen Beteiligten,
wenn dies das eigene Ergebnis verbessert.
f) Schlussfolgerung
Aufgrund obiger Ausführungen kann Folgendes festgehalten werden:
4.4.26 Für
eine Einschränkung des Beweismasses in Fällen von Selbstanzeigen aus prozessökonomischen
Gründen finden sich weder im EU-Wettbewerbsrecht noch im deutschen Kartellrecht Anhaltspunkte, und
zwar weder in der Praxis der Behörden noch in der Rechtsprechung der Gerichte. Im Übrigen sprechen
auch sog. prozesstaktische Gründe aus ökonomischer Sicht gegen eine prozessökonomische
Reduzierung des Beweismasses bei Vorliegen von Selbstanzeigen.
4.4.27 Mehrere
Gesichtspunkte sprechen überdies gegen eine Einschränkung des Beweismasses beim Vorliegen einer
Selbstanzeige: So kann sich erstens bei einer Einschränkung des Beweismasses aus prozessökonomischen
Gründen die weitere Frage stellen, wann ein solcher Fall der Prozessökonomie im Einzelfall
gegeben sein soll, bei dem das Beweismass eingeschränkt wird, und wann nicht. Dies kann vor dem
Hintergrund der Tatsache, dass nicht jede Information mit einem Beweis gleichzusetzen ist und damit nicht
jede Selbstanzeige automatisch zu einer Einschränkung des Beweismasses führen kann, zusätzliche
Fragen und Probleme aufwerfen.
4.4.28 Zweitens
spricht insbesondere die Unschuldsvermutung gegen eine Einschränkung des Beweismasses bei Vorliegen
einer Selbstanzeige. Aufgrund der strafrechtsähnlichen Natur der Sanktion gemäss Art. 49a KG
finden die Garantien der EMRK im Bussgeldverfahren des Kartellrechts Anwendung (vgl. BGE 139 I 72 i.S.
"Publigroupe" E. 2.2.2, mit weiteren Hinweisen; BVGE 2011/32, Swisscom,
E. 4.2; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 vom 19. Dezember 2013, Gaba,
E. 6.1.3, und B-2977/2007 vom 27. April 2010, Publigroupe, E.
8.1.3). Art. 6 Abs. 2 EMRK statuiert die Unschuldsvermutung und besagt, dass jede Person, die einer Straftat
angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt (vgl. Christoph
Grabenwarter, in: Christoph Grabenwarter/Katharina Pabel (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention,
5. Aufl., München 2012, § 24 Rn. 124 ff.).
4.4.29 Aus
der Unschuldsvermutung folgen jedenfalls die grundlegenden sowie unverzichtbaren beweis- und grundrechtlichen
Anforderungen an die Tatsachenermittlung und die Beweislastverteilung. Die Behörde trifft dabei
die volle Beweislast für das Vorliegen eines Kartellrechtsverstosses. Dies kann durch Selbstanzeigen
mit unklarem Beweiswert nicht eingeschränkt werden. Kann die Behörde im Voruntersuchungsverfahren
bereits alle Beweise erheben, so soll dies auf dieser Ebene vorgenommen werden, da eine Beweiserhebung
auf den nachfolgenden Verfahrensstufen oftmals nur schwer möglich ist. Eine Einschränkung des
Beweismasses aus prozessökonomischen Gründen würde mithin die Unschuldsvermutung verletzen.
4.4.30 Drittens
ist darauf hinzuweisen, dass sich bei einer allfälligen Einschränkung des Beweismasses und
des Untersuchungsgrundsatzes aus prozessökonomischen Gründen bei den Wettbewerbsverfahren der
Vorinstanz in Fällen von Selbstanzeigen nicht nur eine Einschränkung des
Beweismasses auf Seiten der Vorinstanz ergeben kann, sondern vielmehr auch bei sämtlichen nachfolgenden
Rechtsschutzverfahren vor den Gerichten. Die Beweismassreduktion im Voruntersuchungsverfahren schlägt
somit auf sämtliche Entscheidungen und Urteile durch. Dies wirft die Frage der tatsächlichen
Ausübung der vollen Kognition auf.
4.4.31 Sodann
ist als vierter Gesichtspunkt, der gegen eine Einschränkung des Beweismasses spricht, darauf hinzuweisen,
dass die Kronzeugenpraxis im EU-Wettbewerbsrecht und im deutschen Kartellverfahrensrecht zeigt, dass
das Verfahren für jeden Kartellbeteiligten mit einer Entscheidung abgeschlossen wird, und dies unabhängig
vom Umstand, ob ein Kronzeugenantrag gestellt wurde oder nicht. Eine Entscheidung erscheint aus mehrfacher
Sicht erforderlich: Zunächst verlangt das formelle Verfahrensrecht, dass ein Verfahren mit einer
Entscheidung abzuschliessen ist. Zudem bilden Entscheidungen - auch bei Kronzeugenanträgen
- die Grundlage für den nachfolgenden Rechtsschutz. Schliesslich bilden diese Entscheidungen
auch die Grundlage für die private Durchsetzung des Kartellrechts mittels privater Schadenersatzklagen.
4.4.32 In
den Entscheidungen gegenüber den kartellbeteiligten Unternehmen werden ebenfalls deren jeweiliger
Tatbeitrag festgestellt und die Sanktion festgesetzt, die gegen das jeweilige Unternehmen verhängt
wird. Dies geschieht auch im Hinblick auf Unternehmen, die einen Kronzeugenantrag gestellt haben und
von einer vollständigen Sanktionsbefreiung profitieren können. In diesem Fall wird zwar trotzdem
ein Bussgeld in einer Entscheidung festgesetzt, doch wird dieses im Falle eines erfolgreichen Kronzeugenantrags
dem betreffenden Unternehmen gegenüber erlassen.
4.4.33 Die
Feststellung des jeweiligen Tatbeitrags und die darauf gestützte Sanktionsfestsetzung bedingen jedoch
eine volle Beweiswürdigung ohne Einschränkung des Beweismasses. Würde in Fällen der
Selbstanzeige bei der Belastung von Dritten aus prozessökonomischen Gründen eine Einschränkung
des Beweismasses und des Untersuchungsgrundsatzes erfolgen, könnten weder der Tatbeitrag festgestellt
werden noch eine Sanktionsfestsetzung erfolgen.
4.4.34 Es
bleibt folglich die Feststellung, dass die Beschuldigungen eines Selbstanzeigers für sich allein
nicht als massgebender oder gar als hinreichender Beweis für einen Wettbewerbsverstoss genügen,
wenn die belasteten Dritt-Unternehmen die Beschuldigungen bestreiten; die Behauptungen des Selbstanzeigers
sind vielmehr stets durch weitere Beweismittel zu ergänzen und zu untermauern.
4.4.35 Aufgrund
dieser Erwägungen ist vorliegend festzuhalten, dass auch im schweizerischen Kartellrecht bei Vorliegen
einer Selbstanzeige die Anforderungen an das Beweismass im Zusammenhang mit belasteten Dritten weder
von der Vorinstanz noch vom Bundesverwaltungsgericht aus prozessökonomischen Gründen herabgesetzt
werden dürfen, weshalb dem Untersuchungsrundsatz auch im Falle einer Selbstanzeige in vollem Umfang
Geltung und Nachachtung zu verschaffen ist. Folglich ist die Vorinstanz verpflichtet, den Sachverhalt
für jede einzelne Verfahrenspartei separat zu erstellen und abzuklären. Entsprechend muss die
Vorinstanz den Kartellrechtsverstoss jeder Verfahrenspartei einzeln zur Last legen, mit anderen Worten
hat sie sowohl die jeweilige Beteiligung an der Absprache als auch deren Auswirkungen auf den Wettbewerb,
d.h. auf dessen Beseitigung oder erhebliche Beeinträchtigung, individuell nachzuweisen.
5. Vorliegen
einer Wettbewerbsabrede
5.1 Ausgangslage
5.1.1 Als
Wettbewerbsabreden im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare
Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener
Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
5.1.2 Kernpunkt
jeder Wettbewerbsabrede ist der Verzicht oder die Einschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsautonomie
der Marktteilnehmer. Mittels einer solchen Abrede verzichten Unternehmen auf ihre aus dem Grundrecht
der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) resultierende unternehmerische Handlungsfreiheit (vgl. Marc
Amstutz/Blaise Carron/Mani Reinert, in: Vincent Martenet/Christian Bovet/Pierre Tercier [Hrsg.],
Commentaire Romand, Droit de la concurrence, Basel 2013, Art. 4 Abs. 1 Rn. 11 ff, 71 ff.;
Thomas Nydegger/ Werner Nadig, in: Marc Amstutz/Mani Reinert (Hrsg.), Basler Kommentar zum Kartellgesetz,
Basel 2010, Art. 4 Abs. 1 Rn. 51 ff.).
5.1.3 Von
einem solchen Verzicht erfasst wird jedes erdenkbare Marktverhalten, mit welchem sich zwei oder mehrere
Unternehmen auf dem Markt gegenüberstehen, sei es als Konkurrenten auf horizontaler oder als Anbieter
und Nachfrager auf vertikaler Ebene (vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 102 ff.). Von Bedeutung ist, dass der Verzicht und somit die Wettbewerbsabrede
auf einem Konsens beruhen, d.h. auf einem bewussten und gewollten Zusammenwirken von zwei oder mehreren
beteiligten Unternehmen (vgl. Nydegger/Nadig, a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 52
ff.).
5.1.4 Aufgrund
der im Recht liegenden Beweismittel und der Stellungnahmen der Untersuchungsadressaten erachtet es die
Vorinstanz für beweismässig erstellt, dass sich die Beschwerdeführerin,
Roto, Koch, SFS und Winkhaus am Treffen vom 22. September 2006 in Wallisellen über Preiserhöhungen
ausgetauscht und dabei insbesondere die Höhe und das Datum der Umsetzung untereinander koordiniert
hätten. Folglich geht die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht von einer beweismässig
erstellten einmaligen Absprache zwischen der Beschwerdeführerin, Roto, Koch, SFS und Winkhaus bezüglich
der Preiserhöhungen im Jahre 2006/2007 aus.
5.1.5 In
rechtlicher Hinsicht qualifiziert die Vorinstanz diese Absprache als Abrede über die direkte oder
indirekte Festsetzung von Preisen gemäss Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG. Diese Form der Abrede setzt voraus,
dass sie zwischen Unternehmen getroffen wird, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander
im Wettbewerb stehen; es bedarf somit einer horizontalen Wettbewerbsabrede. Das Gericht stellt fest,
dass die Verfügung der Vorinstanz sich denn auch trotz bestehender Anhaltspunkte im Sachverhalt
für das Vorliegen einer vertikalen Wettbewerbsbeschränkung in Form einer Preisvorgabe bzw.
einer Preisbindung der zweiten Hand ausschliesslich auf eine horizontale Preisabsprache bezieht; auf
vertikale Wettbewerbsbeschränkungen wird in der Verfügung nicht eingegangen.
5.1.6 Des
Weiteren erachtet es die Vorinstanz als erstellt, dass zwischen der Beschwerdeführerin und Roto
ein bilateraler Informationsaustausch rund um die Preiserhöhungen im Jahre 2004 stattgefunden habe.
Dieser stünde in einem direkten und kausalen Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin
und Roto ihren jeweiligen Kunden gegenüber angekündigten und umgesetzten Preiserhöhungen.
5.1.7 Die
Vorinstanz qualifiziert auch diese bilaterale Absprache zwischen der Beschwerdeführerin und Roto
als unzulässige Preisabrede gemäss Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG, bei der mindestens von einer erheblichen
Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 5 Abs. 1 KG auszugehen sei (vgl. Verfügung
Rz. 346 ff.).
5.1.8 Gemäss
Art. 5 Abs. 1 KG sind Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen
erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen
lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, unzulässig.
5.1.9 Die
Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird gemäss Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG bei Abreden über die
direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden,
die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen. Kann diese Vermutung
durch den Nachweis von Restwettbewerb auf dem fraglichen Markt umgestossen werden, bleibt zu prüfen,
ob die fragliche Abrede den Wettbewerb erheblich beeinträchtigt (vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 5 Rn. 371 ff., 395 ff.; Patrick L. Krauskopf/Olivier Schaller,
in: Marc Amstutz/Mani Reinert (Hrsg.), Basler Kommentar zum Kartellgesetz, Basel 2010, Art. 5 Rn. 9).
5.1.10 Die
Vermutungsbasis von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG ist erfüllt, wenn eine Preisabrede zwischen Konkurrenten
vorliegt. Vorausgesetzt ist eine horizontale Abrede zwischen Unternehmen, die tatsächlich oder der
Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen (vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 5 Rn. 380 ff.; Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 364 ff.).
5.2 Horizontale
Wettbewerbsabrede
5.2.1 Preiserhöhung
von 2006
5.2.1.1 Für
die Untersuchung einer horizontalen Preisabsprache stellt sich somit die Frage, ob sowohl die Beschwerdeführerin
als auch Roto als vertikal integrierte Tochtergesellschaften einerseits und die wirtschaftlich selbständigen
Zwischenhändler Koch und SFS andererseits auf derselben Marktstufe tätig sind, d.h. ob sie
als Konkurrenten zu qualifizieren sind.
Nachfolgend wird daher als Erstes geprüft, ob die Vorinstanz der Struktur des untersuchten Markts
hinreichend Rechnung getragen hat. In diesem Zusammenhang gilt es primär zu klären, ob es sich
beim Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Koch um ein horizontales oder vertikales
handelt.
a) Vorbringen der Vorinstanz
5.2.1.2 Die
Vorinstanz vertritt die Ansicht, die Untersuchungsadressaten hätten sich als Vertriebsgesellschaften
und grosse Zwischenhändler in einem insgesamt horizontalen Verhältnis als Konkurrenten gegenüber
gestanden. Auch wenn die Untersuchungsadressaten sich teilweise gegenseitig beliefern würden,
was auf einen zusätzlichen vertikalen Aspekt der Beziehungen hindeute, sei das Verhältnis doch
insgesamt als ein horizontales zu qualifizieren.
5.2.1.3 Einzig
entscheidend sei, dass die Beschwerdeführerin, wie auch Roto, GU und Winkhaus, keine Produkte in
der Schweiz herstellen würde, sondern diese lediglich vertreiben und damit genau dasselbe tun würde
wie die wirtschaftlich selbständigen Zwischenhändler Koch und SFS. Auch die Beschwerdeführerin
habe anlässlich der Instruktionsverhandlung bestätigt, dass sich die Untersuchungsadressaten
in der Schweiz in einem horizontalen Verhältnis gegenüber gestanden hätten.
5.2.1.4 Hinsichtlich
der Marktstellung der Beschwerdeführerin weist die Vorinstanz in ihrer schriftlichen Stellungnahme
vom 16. Juli 2012 im Nachgang zur Instruktionsverhandlung darauf hin, es müsse festgehalten werden,
dass die Beschwerdeführerin an der Instruktionsverhandlung ausgeführt habe, dass sie "wie
ein Händler geführt wird", "über ein komplettes Lager" in der Schweiz
verfüge und 20-30% ihrer Umsätze nicht mit Koch realisiert worden seien. Dies zeigt nach Ansicht
der Vorinstanz, dass die Untersuchungsadressaten, die an den zu beurteilenden Absprachen beteiligt gewesen
seien, am Markt einander als Konkurrentinnen gegenüber gestanden hätten.
5.2.1.5 Zwischen
der Beschwerdeführerin und Koch bestand nach Ansicht der Vorinstanz zwar ein Kundenverhältnis,
doch seien sich diese beiden Unternehmen im Markt auch als Konkurrentinnen gegenübergestanden (vgl.
Verfügung Rz. 10 ff.). Dies werde insbesondere durch den Umstand verdeutlicht, dass die Beschwerdeführerin
trotz offenbarer bzw. behaupteter Effizienzvorteile beim Vertrieb ihrer Produkte über Koch stets
ein nicht unbedeutendes Portfolio an Kunden selber bedient habe bzw. nach wie vor bediene.
b) Vorbringen der Beschwerdeführerin
5.2.1.6 In
ihrer Stellungnahme vom 26. Juli 2012 zum Schreiben der
Vorinstanz vom 16. Juli 2012
weist die Beschwerdeführerin u.a. berichtigend darauf hin, sie habe nicht ausgeführt, dass
20-30% ihrer Umsätze nicht mit Koch realisiert würden. In diesem Zusammenhang verweist die
Beschwerdeführerin auf Ziff. 7 ihrer Eingabe vom 4. Juli 2012, in der sie festhalte, dass dieser
Umsatz im entscheidrelevanten Zeitraum von 2004 bis 2008 zwischen 2% und 5% geschwankt habe. Sie selber
bediene in der Schweiz nur noch wenige Direktkunden, die für Koch als Kunden ohnehin verloren gewesen
seien, weil diese Kunden ohne Direktbelieferung durch die Beschwerdeführerin auf ein Konkurrenzprodukt
gewechselt hätten. Gemäss Ziff. 6 der Eingabe vom 4. Juli 2012 gibt die Beschwerdeführerin
an, sie hätte nach 2004 drei Kunden, und zwar (...), weiterhin direkt mit Drehkippbeschlägen
beliefert. Ab und zu würden auch die Händler SFS, Geiser und Immer direkt bei ihr bestellen,
dies aber nur dann, wenn es bei Koch zu Lieferengpässen komme.
5.2.1.7 In
diesem Zusammenhang bringt die Beschwerdeführerin auch vor, sie und Koch hätten sich damit
nicht als Konkurrenten am Markt gegenüber gestanden. Zwischen Koch und der Beschwerdeführerin
habe vielmehr ein rein vertikales Vertriebsverhältnis bestanden. Die Beschwerdeführerin weist
darauf hin, sie hätte nie festgehalten, zwischen ihr und Koch bestünde ein horizontales Verhältnis.
Vielmehr sei es so, dass es sich bei Koch um den weitaus grössten Abnehmer der Beschwerdeführerin
handle und damit ein vertikales Verhältnis gegeben sei. Eine Preisvereinbarung zwischen ihr und
Koch sei damit ohne Weiteres zulässig gewesen. Selbst wenn ein unzulässiger Wettbewerbsverstoss
der Beschwerdeführerin angenommen würde, dürfte damit der mit Koch erzielte Umsatz bei
der Sanktionsbemessung nicht mitberücksichtigt werden, handle es sich doch dabei klarerweise nicht
um Umsatz auf dem Markt, auf dem sich eine unzulässige Preisabrede ausgewirkt hätte, sondern
auf einem vorgelagerten Markt.
c) Würdigung des Gerichts
5.2.1.8 Horizontale
Wettbewerbsabreden charakterisieren sich dadurch, dass zwei oder mehrere wirtschaftlich selbständige
Unternehmen gleicher Marktstufe den Wettbewerb durch ein koordiniertes Verhalten beschränken (vgl.
Botschaft 1994, 545). Auf gleicher Marktstufe befinden sich Unternehmen dann, wenn sie infolge der Austauschbarkeit
ihrer Güter oder Dienstleistungen "tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander
im Wettbewerb stehen". Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 KG spielt es keine Rolle, ob die an
der Abrede beteiligten Unternehmen sich tatsächlich konkurrenzieren (sog. aktueller Wettbewerb)
oder ob die Unternehmen nur der Möglichkeit nach (potentiell) in Konkurrenz zueinander stehen. Letzteres
ist dann der Fall, wenn ein Unternehmen innerhalb einer kurzen Frist von zwei bis drei Jahren den Eintritt
auf den von der Abrede betroffenen Markt vollziehen und damit den Wettbewerbsdruck auf die an der Abrede
beteiligten Unternehmen erhöhen kann (sog. potentieller Wettbewerb; vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 5 Rn. 382; Nydegger/Nadig, a.a.O, Art. 4 Abs. 1 Rn. 129
ff.; Alain Raemy/Monique Luder,
Horizontale oder vertikale Abrede?, Schnittstellen und Abgrenzungskriterien, in: Jusletter vom 17. Oktober
2005).
aa) Verhältnis der Beschwerdeführerin zu Koch
5.2.1.9 Auf
Grund der Akten ist als erstellt zu betrachten, dass der Vertrieb von Siegenia-Produkten in der Schweiz
wegen des vollautomatisierten Lagers von Koch seit 2004 fast vollständig über Koch erfolgte
(vgl. Verfügung Rz. 4). Die Beschwerdeführerin beliefert in der Schweiz nur noch drei Direktkunden,
mit welchen sie in der verfahrensrelevanten Zeitspanne lediglich einen Umsatz von 2 - 5% generierte.
Den restlichen Umsatz erzielte sie mit Koch (vgl. Eingabe vom 4.7.2012, Ziff. 6 und 7).
5.2.1.10 In
diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Vorinstanz zum Zeitpunkt nach der Instruktionsverhandlung
vom 29. Mai 2012 zur Verdeutlichung, weshalb die Beschwerdeführerin und Koch auf dem Markt einander
als Konkurrentinnen gegenüberstanden hatten, massgebend auf den vermeintlich nicht unbedeutenden
Kundenstamm der Beschwerdeführerin abstellt.
5.2.1.11 Dass
die Beschwerdeführerin stets ein nicht unbedeutendes Portfolio an Kunden selber bediente, steht
jedoch nicht im Einklang mit den ursprünglichen Feststellungen der Vorinstanz in der Verfügung
vom 18. Oktober 2010, in der sie selber festhält, dass Siegenia (D) schwergewichtig und sehr eng
mit Koch, welche die Produkte an kleinere Zwischenhändler und Fensterverarbeiter liefere, zusammengearbeitet
habe. So vertreibe die Beschwerdeführerin "den Grossteil der Produkte demnach via Koch und
nur noch in geringem Umfang an (kleinere) Zwischenhändler und Fensterverarbeiter direkt" (Verfügung
Rz. 16).
5.2.1.12 Bereits
anlässlich der Anhörung der Vorinstanz am 20. September 2010 bestätigte die Beschwerdeführerin,
dass sie in der Schweiz mit Ausnahme von drei Direktkunden nicht auf Handelsstufe tätig sei (vgl.
act. 352, S. 7). Auf die Frage des Präsidenten der Vorinstanz, ob die Beschwerdeführerin auch
selber in die Schweiz liefere, gab diese zu Protokoll, sie hätte nur noch drei Direktkunden, ansonsten
laufe alles über die Logistik von Koch.
5.2.1.13 Diese
Angaben der Beschwerdeführerin stehen zwar auf den ersten Blick nicht im Einklang mit denjenigen
der Eingabe vom 3. Februar 2012: Auf die Frage, wer die in der angefochtenen Verfügung erwähnten
"Direktkunden" für Baubeschläge seien, antwortet die Beschwerdeführerin, es
handle sich bei den Direktkunden überwiegend um Beschlaghändler, in Einzelfällen würden
aber auch Fenster- und Türenverarbeiter direkt beliefert (vgl. Eingabe vom 3.2.2012, Ziff. 4). Neben
den drei in ihrer Eingabe vom 4. Juli 2012 genannten Direktkunden nannte die Beschwerdeführerin
in ihrer Eingabe vom 3. Februar 2012 demgegenüber noch mindestens elf weitere Verarbeiter als ihre
Direktkunden, mit welchen sie im Zeitraum von 2006 bis 2009 jährlich durchschnittlich einen Umsatz
von rund CHF 2 Mio. generiert habe. Anlässlich der Eingabe vom 3. Februar 2012 hält die Beschwerdeführerin
jedoch ebenfalls fest, dass die Direktbelieferungsumsätze von Siegenia D und Koch sich im Zeitraum
von 2006 bis 2009 jährlich durchschnittlich auf CHF 20 Mio. belaufen hätten (vgl. Eingabe vom
3.2.2012, Ziff. 5). Trotz der Abweichungen in den Angaben hinsichtlich der Anzahl Direktkunden stimmen
die Angaben hinsichtlich der generierten Umsätze zwischen den beiden Eingaben grundsätzlich
überein, beläuft sich doch der Umsatz der Beschwerdeführerin mit den Direktkunden gemäss
der Eingabe vom 3. Februar 2012 auf rund 10%, was in etwa der Antwort der Eingabe vom 4. Juli 2012 entspricht,
wonach die Beschwerdeführerin seit 2004 mit Koch einen schwankenden Umsatz zwischen 90 und 98% habe
und sich dieser im entscheidrelevanten Zeitraum von 2004 bis 2008 auf 95 bis 98% belaufen habe.
5.2.1.14 Diese
Angaben untermauern die Ausführungen der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung, wonach
die Beschwerdeführerin den Grossteil ihrer Produkte nur noch in geringem Umfang an Zwischenhändler
und Fensterverarbeiter direkt vertreibe. Als nicht zutreffend erscheint demgegenüber die Feststellung
der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe seit 2004 stets ein nicht unbedeutendes Portfolio an
Kunden selber bedient.
5.2.1.15 Aufgrund
der Tatsache, dass der Vertrieb von Siegenia-Baubeschlägen in der Schweiz seit 2004 fast ausschliesslich
über Koch erfolgte und die Beschwerdeführerin folglich in der verfahrensrelevanten Zeitspanne
mit Koch einen Umsatz von 95 - 98% generierte, können die Beschwerdeführerin und Koch nicht
als Wettbewerber qualifiziert werden. Die Beschwerdeführerin liefert grundsätzlich nicht direkt
an Händler, sondern nur an Koch. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin
selbst noch drei Kunden direkt beliefert, da es sich hierbei um Kunden handelt, die eine Belieferung
mit Siegenia-Baubeschlägen durch Koch ablehnen und zu einem Konkurrenzprodukt wechseln würden,
sollte die Beschwerdeführerin die Direktbelieferung einstellen. Des Weiteren führt die Beschwerdeführerin
selbst aus, nur im Falle von Lieferengpässen bei Koch würden noch drei weitere Händler
direkt von der Beschwerdeführerin Produkte beziehen. Die Direktbelieferung durch die Beschwerdeführerin
steht der Wertung, dass es sich beim Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Koch um
ein vertikales handelt, nicht entgegen und ist folglich nicht in dem Sinne zu werten, dass die Beschwerdeführerin
Koch konkurrenziert. Da in der Schweiz keine Baubeschläge hergestellt werden, bewegen sich die Beschwerdeführerin
und Koch zwar ausschliesslich auf der Handelsstufe und üben damit die gleiche Tätigkeit aus.
Doch ist vorliegend massgebend, dass die Beschwerdeführerin und Koch nicht auf der gleichen Vertriebsebene
agieren. Es kann nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Beschwerdeführerin als direkte Vertreterin
von Siegenia D auf dem Schweizer Markt auftritt, Koch demgegenüber als reine Händlerin tätig
wird, die Beschläge der Beschwerdeführerin bezieht und vertreibt. Die Beschwerdeführerin
könnte Koch ohne Weiteres vom Markt verdrängen und ihre Marktanteile erhalten, wenn sie Koch
nicht mehr beliefern würde. Denn Wettbewerb hat auch zum Ziel, Marktanteile zu vergrössern.
Dieses Ziel hat die Beschwerdeführerin gegenüber Koch vorliegend aber klar nicht, da Koch Abnehmerin
und Händlerin ihrer Produkte ist.
5.2.1.16 Die
Beschwerdeführerin und Koch stehen folglich nicht auf der gleichen Marktstufe und sind daher keine
Wettbewerber.
bb) Verhältnis der Beschwerdeführerin zu Roto
5.2.1.17 Demgegenüber
ist die Beschwerdeführerin als Konkurrentin von Roto zu qualifizieren. Die Beschwerdeführerin
und Roto sind beide 100%ige Tochtergesellschaften der ausländischen Hersteller Roto D und Siegenia
D und treten folglich auf dem Schweizer Markt als Herstellervertreter auf. Für die Bejahung eines
Wettbewerbsverhältnisses ist einzig entscheidend, dass es der Marktgegenseite
d.h. den wirtschaftlich selbständigen Händlern
bei der Deckung ihres Bedarfs offen steht, sowohl aus den Angeboten der Beschwerdeführerin als auch
von Roto zu wählen. Die Beschwerdeführerin und Roto bieten ihren Abnehmern Baubeschläge
für Fenster und Fenstertüren der Öffnungsart Drehkipp in der Schweiz an. Folglich sind
sie als Herstellervertreter auf derselben Vertriebsebene tätig. Da Roto ihre Baubeschläge im
Gegensatz zur Beschwerdeführerin auf dem Schweizer Markt unmittelbar und ohne Zwischenschaltung
eines Grosshändlers an die Marktgegenseite vertreibt, ist Roto überdies auch als Konkurrentin
der übrigen Teilnehmer des multilateralen Treffens vom 22. September 2006 zu qualifizieren. Denn
der Marktgegenseite steht es bei der Deckung ihres Bedarfs offen, sowohl aus den Angeboten von Roto als
auch von denjenigen von Koch, SFS und Winkhaus zu wählen.
cc) Verhältnis der Beschwerdeführerin zu SFS und Winkhaus
5.2.1.18 Mit
Bezug auf den Grosshändler SFS, der im Jahr 2006 primär mit den Drehkippbeschlägen der
Marken Maco und Siegenia handelte, ist festzuhalten, dass SFS ausschliesslich als Händler agiert
und damit keine Interessen der Hersteller auf dem Schweizer Markt vertritt. Folglich ist SFS im Vergleich
zur Beschwerdeführerin auf einer anderen Vertriebsebene tätig. Im Zusammenhang mit dem Vertrieb
der Siegenia-Baubeschläge ist festzustellen, dass SFS seine gesamten Drehkippbeschläge der
Marke Siegenia über Koch bezogen hat bzw. bezieht und nicht von der Beschwerdeführerin direkt.
Das Lieferverhältnis zwischen Koch und SFS begründet insofern auch ein Vertikalverhältnis.
Inwiefern sich dieses Vertikalverhältnis von jenem zwischen der Beschwerdeführerin und Koch
unterscheidet, kann vorliegend aber aufgrund des Ausgangs des Verfahrens offen bleiben. Was den Vertrieb
der Maco-Baubeschläge anbelangt, so sei darauf hingewiesen, dass SFS die Baubeschläge unmittelbar
an die Marktgegenseite verkauft, die Beschwerdeführerin ihre Siegenia-Baubeschläge demgegenüber
fast ausschliesslich über Koch vertreibt. Folglich sind die Beschwerdeführerin und SFS nicht
auf der gleichen Marktstufe tätig, weshalb sie sich nicht als Konkurrenten gegenüberstehen.
Erstellt ist demgegenüber, dass SFS und Koch als wirtschaftlich selbständige Händler grundsätzlich
auf derselben Marktstufe stehen und daher als Konkurrenten zu betrachten sind.
5.2.1.19 Entsprechend
lässt sich das Folgende feststellen: Die Händler Roto, Koch, SFS und Winkhaus sind daran interessiert,
(weitere) Kunden zu beliefern, ihre Produkte zu verkaufen und ihren Umsatz zu steigern. Insofern
stehen sie alle miteinander im Wettbewerb hinsichtlich des Verkaufs von Baubeschlägen. Demgegenüber
ist die Beschwerdeführerin differenziert zu betrachten, da sie ihren Umsatz fast ausschliesslich
über Koch generiert und Koch für die Beschwerdeführerin überdies auch das Lager mit
Siegenia-Produkten unterhält. Die Beschwerdeführerin ist daran interessiert, eine möglichst
grosse Menge an Siegenia-Produkten an Koch zu liefern, damit Koch diese vertreibt.
Entsprechend kann die Beschwerdeführerin auf der Handelsebene nicht als Konkurrentin von
Koch und SFS qualifiziert werden. Auf Stufe der Herstellervertreter stehen sich jedoch die Beschwerdeführerin
und Roto als Konkurrenten gegenüber.
5.2.1.20 Die
Beschwerdeführerin und Roto stehen folglich horizontal auf der gleichen Marktstufe. Sie sind auf
der Ebene der Herstellervertreter der Baubeschläge als Konkurrenten anzusehen, weshalb eine Preisabrede
im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG möglich ist. Demgegenüber steht die Beschwerdeführerin
zu Koch und SFS in einem vertikalen Verhältnis. Entsprechend ist eine Preisabrede im Sinne von Art.
5 Abs. 3
Bst. a KG zwischen der Beschwerdeführerin, Koch und SFS nicht möglich.
5.2.2 Preiserhöhung
von 2004
Der Vorwurf im Zusammenhang mit den Preiserhöhungen im Jahr 2004 betrifft lediglich die Beschwerdeführerin
und Roto. Da es sich bei beiden Gesellschaften um 100%ige Tochtergesellschaften ausländischer Muttergesellschaften
handelt, die Beschwerdeführerin und Roto damit als Herstellervertreter auf der gleichen Marktstufe
stehen bzw. auf derselben Vertriebsebene im Schweizer Markt agieren, ist die Frage nach der Möglichkeit
des Bestehens einer horizontalen Wettbewerbsabrede ohne Weiteres zu bejahen.
5.3 Wettbewerbsabrede
im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG
Die Vermutungsbasis von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG
setzt des Weiteren das Bestehen einer Preisabrede
voraus. Erforderlich ist damit das Vorliegen einer
Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG, die
sich inhaltlich auf die direkte oder indirekte Festsetzung
von Preisen bezieht.
Damit eine Wettbewerbsabrede bejaht werden kann,
muss den Untersuchungsadressaten ein bewusstes und
gewolltes Zusammenwirken zur Last gelegt werden können. Zudem muss mit der Abrede eine Wettbewerbsbeschränkung
bezweckt oder bewirkt werden (vgl. Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn.
56 ff.).
5.3.1 Bewusstes
und gewolltes Zusammenwirken
5.3.1.1 Preiserhöhung
von 2006
a)
Vorbringen der Vorinstanz
5.3.1.1.1 Nach
Ansicht der Vorinstanz haben die Untersuchungsadressaten ihr Verhalten nach vorgängiger gegenseitiger
Kontaktaufnahme bzw. nach Erhalt der Konkurrenzinformationen in Bezug auf eine bestimmte Preiserhöhung
angepasst. Dieser Anpassung sei ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Untersuchungsadressaten
vorausgegangen. Nicht nur die direkte Kontaktaufnahme stehe dem Postulat der Selbständigkeit der
Handlungsweise der Konkurrenten entgegen, sondern vor allem auch deren darauf gestütztes Handeln
bezüglich des eigenen Verhaltens und - vorliegend - der eigenen Preispolitik. Der gegenseitige
Austausch habe den Untersuchungsadressaten Einsicht in das künftige Handeln der Konkurrenz verschafft
und dadurch die durch eine einseitige unkoordinierte Preiserhöhung bedingte Ungewissheit des Wettbewerbs
beseitigt. Durch die Verhaltenskoordination sei das Risiko, welches mit jeder selbständigen Änderung
des Verhaltens auf dem Markt einhergeht, weitestgehend entfallen. Der vorliegende Informationsaustausch
zwischen den Untersuchungsadressaten sei durch das Zustellen von Preiserhöhungsschreiben abgerundet
worden. Dies sei zum Zweck der Vertrauensbildung erfolgt. Damit habe der jeweilige Versender beweisen
wollen, dass er sich absprachegemäss verhalten habe. Das Übersenden der Preiserhöhungsschreiben
sei letztlich zwecks Dokumentation der Umsetzung der Absprache erfolgt. Im vorliegenden Fall liege daher
eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG vor.
5.3.1.1.2 Nach
Ansicht der Vorinstanz stösst das Vorbringen der Beschwerdeführerin, es handle sich bei den
Preiserhöhungen um erlaubtes Parallelverhalten, ins Leere. Zwar möge es zutreffen, dass die
von den (deutschen) Muttergesellschaften beschlossenen Preiserhöhungen ursächlich auf exogene
Faktoren zurückgeführt werden könnten. Doch stelle die in Frage stehende Abrede rund um
das Treffen vom 22. September 2006 dennoch kein erlaubtes Parallelverhalten dar, sei es doch nicht nachvollziehbar,
weshalb die Beschwerdeführerin sich mit den Unternehmen Roto, Koch, SFS und Winkhaus über die
Art und Weise der Umsetzung der Preiserhöhungen in der Schweiz untereinander abzusprechen hätten.
5.3.1.1.3 Für
eine solche Absprache gäbe es nach Auffassung der Vorinstanz zudem keine logische Erklärung,
denn wenn es sich so verhalten würde, dass (i) die Preiserhöhungen der (deutschen) Hersteller
den Schweizer Marktteilnehmern vorgegeben wären, (ii) die Schweizer Marktteilnehmer bezüglich
der Weitergabe der Preiserhöhungen keinen Spielraum gehabt hätten, sondern gezwungen gewesen
wären, die Preiserhöhungen tel quel an ihre Kunden weiterzugeben,
dann hätte sich die Beschwerdeführerin gar nicht mit Roto, SFS, Koch und Winkhaus über
die Umsetzung in der Schweiz absprechen müssen. Die Schweizer Marktteilnehmer hätten dann einfach
die Preiserhöhungsankündigungen ihrer Lieferanten in der vorgegeben Form weitergeben können.
Wenn die Schweizer Marktteilnehmer sich dagegen hätten wehren wollen, so hätten sie dies direkt
bei ihrem jeweiligen Lieferanten tun können bzw. müssen. Eine Absprache mit den übrigen
Marktteilnehmern sei daher - im Lichte der Argumentation der Beschwerdeführerin - weder
stichhaltig begründet noch gerechtfertigt und widerspreche im Übrigen den im Recht liegenden
Beweisen.
5.3.1.1.4 Die
in den Jahren 2006/2007 zwischen der Beschwerdeführerin, Roto, SFS, Koch und Winkhaus stattgefundene
Absprache gehe deutlich über erlaubtes Parallelverhalten hinaus. Dem sei anzufügen, dass ein
Vertreter von Siegenia D anlässlich der Anhörungen vor der Vorinstanz versichert habe, dass
im aktuellen Jahr (2010) keinerlei Kontakte zu Mitbewerbern stattgefunden hätten. Im Jahr 2010 sei
es dann zu Preiserhöhungen der verschiedenen Unternehmen im Markt zwischen 5.8 % und 7.7 % gekommen.
Die Beschwerdeführerin habe als erstes erhöht und die anderen Unternehmen hätten später
alle nachgezogen. Im Gegensatz dazu seien die Ankündigungen der Preiserhöhungen im Jahr 2007
auf genau denselben Tag (mit Ausnahme von Winkhaus) gefallen und würden sich in ihrer Höhe
um lediglich 0.4 % (vgl. Rz. 118 bzw. Tabelle 1) unterscheiden. Dies verdeutliche, dass sich Preiserhöhungen
im relevanten Markt, den Ausführungen der Beschwerdeführerin zufolge - wenn keine Absprachen
vorlägen - offenbar bezüglich Höhe und Zeitpunkt durchaus (und deutlich) voneinander
unterscheiden würden. Die Betrachtung der Preiserhöhungen in den Jahren 2006/2007 von der Beschwerdeführerin,
Roto, SFS, Koch und Winkhaus würden deshalb den Schluss nahe legen, dass in diesem Falle eine Koordination
vorgelegen habe.
5.3.1.1.5 Die
Preiserhöhungen sowohl im Jahr 2004 als auch im Jahr 2006 seien von den ausländischen Herstellern
für die Schweiz jeweils bereits beschlossen gewesen, so dass die Beschwerdeführerin (und Roto)
eine Preiserhöhung gar nicht autonom hätten beschliessen können. Dies habe die Beschwerdeführerin
denn auch selber damit angegeben, "dass diese [Siegenia] von ihrer in Deutschland ansässigen
Mutter Vorgaben erhalten hat, die einzuhalten/umzusetzen waren. Einen Handlungsspielraum hatte unsere
Mandantin [Siegenia] nicht (...)" (act. 302, S. 2; vgl. auch act. 2, S. 3). Der wiederholte
Austausch zwischen den Untersuchungsadressaten hätte erst stattgefunden, nachdem die ausländischen
Herstellerunternehmen ihre Tochtergesellschaften und Vertriebspartner angewiesen hatten, die beschlossenen
Preiserhöhungen in der Schweiz umzusetzen. Gegenstand der in Frage stehenden Abreden seien somit
lediglich die Art und Weise, d.h. Höhe und Zeitpunkt der Umsetzung von feststehenden Preiserhöhungen
gewesen (vgl. Verfügung Rz. 38).
5.3.1.1.6 Für
die Vorinstanz in diesem Zusammenhang unbedeutend ist das von der Beschwerdeführerin vorgetragene
Argument, dass die Preiserhöhungen der deutschen Muttergesellschaften der Beschwerdeführerin
auf gestiegene Rohstoffkosten zurückzuführen seien. Denn erstens hätten die Preiserhöhungen
an sich bei den hier interessierenden Absprachen nicht zur Diskussion gestanden (vgl. Verfügung
Rz. 209), und zweitens würden selbst exogene Faktoren nicht zu rechtfertigen vermögen, dass
die Beschwerdeführerin sich mit ihren direkten Konkurrenten Roto, Koch, SFS und Winkhaus getroffen
und dabei Marktinformationen ausgetauscht habe. Dieser Austausch mit Bezug auf den Zeitpunkt, die Höhe
und die Umsetzung der bevorstehenden Preiserhöhungen habe dazu gedient, das eigene Handeln der Beschwerdeführerin
am künftigen Verhalten ihrer Konkurrenten auszurichten (vgl. Verfügung Rz. 173 ff.). Damit
sei der in preislicher Hinsicht bestehende Wettbewerbsdruck verringert bzw. ausgeschaltet worden. Unbedeutend
sei schliesslich, dass die Entscheide von der Beschwerdeführerin und Roto nicht deckungsgleich gewesen
seien, denn aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bedeutend sei die Wirkung und nicht das Mittel, mit dem
eine Beschränkung bezweckt oder bewirkt werde.
5.3.1.1.7 Spezifisch
im Zusammenhang mit dem Treffen vom 22. September 2006 weist die Vorinstanz des Weiteren die Behauptung
der Beschwerdeführerin vollumfänglich zurück, dass Koch zu diesem multilateralen Treffen
eingeladen habe, um eine Reduktion der angekündigten Preiserhöhungen zu erreichen und insbesondere
auch, dass anlässlich des Treffens keine Vereinbarungen getroffen, sondern lediglich bereits autonom
getroffene Entscheide bestätigt worden seien (vgl. Vernehmlassung Rz. 19 ff.).
5.3.1.1.8 Koch
habe selber angegeben, dass die (im untersuchungsrelevanten Zeitraum) geplanten und angekündigten
Preiserhöhungen von den ausländischen Herstellern von Baubeschlägen für Fenster und
Fenstertüren beschlossen gewesen seien, so dass bereits von daher unklar und nicht ersichtlich sei,
inwiefern sich Koch noch gegen die Preiserhöhungen hätte wehren können: "Auf Preiserhöhungen
hatte die Koch-Gruppe - als reiner Händler - sowieso keinen Einfluss (...)"
(Verfügung Rz. 372). Hinzu komme, dass auch die Schweizer Tochtergesellschaften der ausländischen
Herstellerunternehmen angewiesen worden seien, die beschlossenen Preiserhöhungen in der Schweiz
umzusetzen (vgl. Beschwerde Rz. 11). Nach Ansicht der Vorinstanz hätte Koch zudem, wenn sie wirklich
(nur) eine Reduktion hätte bewirken wollen, als reine Kundin der Beschwerdeführerin und anderer
am Treffen vom 22. September 2006 beteiligten Untersuchungsadressaten, sich jeweils bilateral mit den
betreffenden Untersuchungsadressaten in Verbindung setzen müssen (vgl. Verfügung Rz. 184).
Dieses Vorgehen hätten im Übrigen im untersuchungsrelevanten Zeitraum auch die Kunden (Fensterverarbeiter)
von Koch gewählt, denen gegenüber Koch eine Preiserhöhung kommuniziert habe (vgl. Verfügung
Rz. 320).
5.3.1.1.9 Was
den Zweck und die Inhalte des Treffens angehe, so sei darauf hinzuweisen, dass andere Untersuchungsadressaten,
insbesondere Roto, angegeben hätten, dass (i) die Gesprächsteilnehmer sich über ihre Absichten
informiert hätten, dass (ii) festgestellt worden sei, dass Winkhaus der billigste Anbieter am Tisch
wäre, und dass (iii) der anwesende Vertreter von Roto den Vorschlag für ein Gentleman Agreement
gemacht habe mit dem Inhalt, dass der jeweilige Beschlagslieferant für einen bestimmten Zeitraum
vor Angriffen seiner Wettbewerber geschützt werde (vgl. act. 2, S. 17). Die Beschwerdeführerin
anerkenne die Aussagen von Roto vollumfänglich: "Da Roto als Kronzeuge voll Strafbefreiung
genoss, ist an ihren Aussagen nicht zu zweifeln" (Beschwerde Rz. 20). Daneben habe auch SFS die
Wettbewerbsbehörden in ihrer Selbstanzeige darüber informiert, dass das "Thema der Sitzung
(vom 22. September 2006) [...] neben der Preiserhöhung der Hersteller auch die Reaktion der
Händler in der Schweiz" gewesen sei (act. 31, Rz. 17; act. 355 und 360, S. 4 und S. 14 f.).
5.3.1.1.10 Dies
belegt aus Sicht der Vorinstanz zweierlei: Erstens, dass die Beschwerdeführerin und die Untersuchungsadressaten
Roto, SFS, Koch und Winkhaus am Treffen teilgenommen hätten, um gegenseitig preisrelevante Informationen
untereinander auszutauschen; und zweitens, dass es am Treffen darum gegangen sei, die wettbewerbsrelevanten
Auswirkungen, die von den Preiserhöhungen (MTZ) ausgehen könnten, untereinander abzustimmen
und diesbezüglich koordiniert vorzugehen (vgl. Vernehmlassung Rz. 22).
5.3.1.1.11 Hinzu
komme, dass sich aus den im Recht liegenden Informationen ergebe, dass der Zweck des gegenseitigen Informationsaustauschs
darin bestanden habe, sich Gewissheit über die Preissetzung der Konkurrenz zu verschaffen und damit
den in preislicher Hinsicht vorhandenen Wettbewerbsdruck untereinander zu verringern oder gar auszuschalten
(vgl. Verfügung Rz. 173 ff.).
5.3.1.1.12 Die
Vorinstanz macht zudem geltend, aus kartellrechtlicher Sicht sei bereits die Tatsache, dass sich Unternehmen,
die sich im Markt als Konkurrenten gegenüberstehen und sich gemeinsam treffen würden, um preisrelevante
Informationen untereinander auszutauschen, geeignet, den Wettbewerbsparameter Preis direkt und unmittelbar
zu beeinflussen. Denn entscheidend und nicht zu rechtfertigen bleibe, dass es für die Abhaltung
eines solchen Treffens keinen (anderen) plausiblen Grund gebe, als den Wettbewerbsdruck, der vom Verhalten
der Konkurrenten ausgehe, zu vermindern.
5.3.1.1.13 Zudem
würden verschiedene Beweismittel vorliegen, welche aufzeigten, dass die Untersuchungsadressaten
sich in regelmässigen Abständen und bei unterschiedlichen Gelegenheiten untereinander ausgetauscht
hätten (vgl. Verfügung Rz. 39 ff. und insbes. Rz. 119 ff.), was weiter belege, dass die Untersuchungsadressaten
(i) über die Verhaltensweisen ihrer Konkurrenten informiert gewesen seien und (ii) ein solcher
Informationsaustausch als das Ergebnis eines (starken) Bedürfnisses der Untersuchungsadressaten
zu werten sei. Von einer Bestätigung autonom getroffener Entscheide könne vor diesem Hintergrund
nicht die Rede sein (vgl. Vernehmlassung Rz. 23 f.).
b)
Vorbringen der Beschwerdeführerin
5.3.1.1.14 Die
Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, es liege keine Wettbewerbsabrede vor, sondern
erlaubtes Parallelverhalten. Das erlaubte Parallelverhalten zeichne sich dadurch aus, dass mehrere Unternehmen
sich unabhängig vom Marktverhalten anderer und ausschliesslich aufgrund von Faktoren, welche die
im relevanten Markt tätigen Unternehmen nicht beeinflussen könnten, gleich oder gleichförmig
im Markt verhalten würden (vgl. RPW 2002/1, S. 81). Im vorliegenden Fall seien jeweils Preiserhöhungen
seitens der Lieferanten für die Preiserhöhungen verantwortlich gewesen. So seien Anfang 2004
namentlich die Stahlpreise und im Jahre 2006 die Preise der Rohmaterialien Stahl, Zink und Aluminium
gestiegen (vgl. Verfügung Rz. 79). Die Beschwerdeführerin habe von ihrer Muttergesellschaft
Vorgaben erhalten, die Preiserhöhungen einzuhalten, weshalb sie diesbezüglich keinen Handlungsspielraum
gehabt habe. Es sei den Schweizer Marktteilnehmern nichts anderes übrig geblieben, als zu versuchen,
die von aussen gewünschten Preiserhöhungen umzusetzen, was jedoch zum überwiegenden Teil
erfolglos geblieben sei (vgl. act. 302, S. 3, und act. 360).
5.3.1.1.15 Im
Zusammenhang mit der Preiserhöhung im Jahr 2006 macht die Beschwerdeführerin geltend, wie bereits
im Jahr 2004 habe auch der zweiten fraglichen Preiserhöhung ein einseitiger Beschluss der Beschwerdeführerin
zugrunde gelegen, aufgrund der massiv gestiegenen Rohstoffpreise ihre Preise zu erhöhen. Unzutreffend
sei namentlich die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe Roto anlässlich eines Telefongesprächs
vorgeschlagen, die Preise per 1. Januar 2007 um 5 - 6% zu erhöhen. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin
Roto auf deren Anfrage hin mitgeteilt, dass sie eine Preiserhöhung in der entsprechenden Grössenordnung
beabsichtige. Diese sei damals aber bereits gegenüber dem Vertriebspartner Koch kommuniziert worden.
Diese Kommunikation habe den Grund dafür gebildet, dass Koch die Beschwerdeführerin zusammen
mit anderen Lieferanten zur Sitzung vom 22. September 2006 eingeladen habe. Koch habe an dieser Sitzung
eine Reduktion der angekündigten Preiserhöhung erreichen wollen. Anlässlich der Sitzung
sei aber keine Vereinbarung getroffen, sondern lediglich die bereits autonom getroffenen Entscheidungen
bestätigt worden.
5.3.1.1.16 Des
Weiteren hält die Beschwerdeführerin fest, sie anerkenne, dass eine abgestimmte Verhaltensweise
dann vorliege, wenn ein Gleichverhalten nicht durch exogene Marktfaktoren erzwungen worden sei, sondern
planmässig aufgrund ausgetauschter Marktinformationen erfolge. Unzulässig sei es jedoch, betroffenen
Unternehmen die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass sie ihr Marktverhalten nicht aufgrund der mit
ihren Konkurrenten allenfalls ausgetauschten Informationen festgelegt hätten, wie dies das Gericht
der Europäischen Union entschieden haben soll. Eine solche Umkehr der Beweislast würde vielmehr
gegen den Verfassungsgrundsatz der Unschuldsvermutung nach Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 2 EMRK verstossen.
Eine Umkehr der Beweislast würde dazu führen, dass ein Unternehmen seine Unschuld beweisen
müsste, obwohl das Verfassungsrecht gerade die Unschuld vermute (vgl. Replik Rz. 6).
5.3.1.1.17 Die
Vorinstanz anerkenne, dass in dem hier in Frage stehenden Fall die Preiserhöhung im Zeitpunkt der
Kontaktnahme bereits festgestanden habe. Gerade bezüglich der Höhe der Preiserhöhung und
dessen Zeitpunkt hätten sich die Parteien jedoch nicht gleich verhalten. Damit fehle es schon an
einem durch den Austausch verursachten Gleichverhalten. Der Austausch habe gerade kein Gleichverhalten
bewirkt (vgl. Replik Rz. 7).
5.3.1.1.18 Die
Vorinstanz verhalte sich im Übrigen widersprüchlich, wenn sie in Rz. 20 ihrer Vernehmlassung
zunächst anerkenne, dass die Preiserhöhungen bereits beschlossen gewesen seien, gleichzeitig
aber festhalte, die Parteien hätten sich auch über die Höhe der Preiserhöhung ausgetauscht
(vgl. Replik Rz. 8).
5.3.1.1.19 Der
Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Aussage
in Rz. 20 der Beschwerde, wonach Roto als Kronzeuge volle Strafbefreiung geniesse und daher an Rotos
Aussagen nicht zu zweifeln sei, nicht dahingehend verstanden werden dürfe, dass jegliche Aussage
von Roto korrekt sei. Vielmehr habe sich diese Aussage der Beschwerdeführerin auf die Darstellung
von Roto bezogen, dass die Preiserhöhung nur zu 40 - 50% habe umgesetzt werden können und Roto
für 50 - 60% der abgesetzten Menge mit Kunden Sonderregelungen vereinbart habe, bei welchen die
Preiserhöhungen überhaupt nicht, nur zum Teil oder zeitverzögert hätten umgesetzt
werden können (vgl. Replik Rz. 9).
c)
Würdigung des Gerichts
5.3.1.1.20 Mittels
einer Wettbewerbsabrede verzichten Unternehmen auf ihre aus dem Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit (Art.
27 BV) fliessende unternehmerische Handlungsfreiheit, ihre eigene Wettbewerbsposition im Innen- oder
Aussenwettbewerb festzulegen (vgl. BGE 129 II 18, 24 E. 5.1). Der Verzicht auf die individuelle Festlegung
der eigenen Wettbewerbsposition beruht bei der Wettbewerbsabrede auf einem Konsens, d.h. einem bewussten
und gewollten Zusammenwirken von zwei oder mehreren beteiligten Unternehmen (vgl. BGE 129 II 18 E. 6.3).
Durch die Abrede wird eine Bindung unter den Beteiligten geschaffen, welche gegenseitig wirkt (vgl. Nydegger/Nadig,
a.a.O. Art. 4 Abs. 1 Rn. 51 ff., mit weiteren Hinweisen).
5.3.1.1.21 Ein
solcher Verzicht kann entweder in Form einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise erfolgen.
Den Erscheinungsformen ist gemeinsam, dass ihnen ein Konsens und damit ein "bewusstes und gewolltes
Zusammenwirken der an der Abrede beteiligten Parteien" zugrunde liegt (vgl. BGE 129 II 18 E. 6.3;
Amstutz/Carron/Reinert, a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 21; Nydegger/Nadig,
a.a.O. Art. 4 Abs. 1 Rn. 53, 79).
5.3.1.1.22 Für
die Qualifikation als Wettbewerbsabrede ist nicht erforderlich, dass die beteiligten Unternehmen sich
ausdrücklich ins Einvernehmen über ihr Marktverhalten setzen. In der Praxis bestehen oft Schwierigkeiten
bei der Abgrenzung von zulässigem Parallelverhalten einerseits und unzulässigem, abgestimmtem
Verhalten andererseits. Ein aufgrund von Markt- und Kostenstrukturen bewusst praktiziertes Parallelverhalten
stellt noch kein abgestimmtes Verhalten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG dar. Vielmehr ist ein Mindestmass
an Koordination unternehmerischer Strategien zu verlangen, was eine Kontaktnahme der beteiligten Unternehmen
in irgendeiner Form erfordert (vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 115 ff.; Jürg Borer, Wettbewerbsrecht
I, Schweizerisches Kartellgesetz [KG], Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2011, Art. 4 Rn. 2, 12 ff.).
5.3.1.1.23 Zur
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der abgestimmten Verhaltensweise orientieren sich Lehre und
Praxis in der Schweiz auch an der Rechtsprechung der EU-Gerichte. Danach liegt eine solche abgestimmte
Verhaltensweise vor, wenn die Wettbewerbsteilnehmer "bewusst die praktische Zusammenarbeit an die
Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lassen" (EuGH, Geigy/Kommission,
C-52/69, EU:C:1972:73, Rn. 26). Eine Koordination im Sinne des bewussten
und gewollten Zusammenwirkens erfolgt durch planmässigen Austausch bestimmter Marktinformationen,
was es den Unternehmen anschliessend erleichtert, das Verhalten ihrer Konkurrenten zu antizipieren und
ihr eigenes Verhalten darauf auszurichten (vgl. BGE 129 II 18 E. 6.3, mit weiteren Hinweisen; EuGH, Geigy/Kommission,
C-52/69, EU:C:1972:73, Rn. 26; Nydegger/Nadig,
a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 101 f.). Eine gemeinsame Beschlussfassung im Sinne eines Vertrags muss demgegenüber
nicht vorliegen (vgl. Borer, a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 13).
5.3.1.1.24 Die
Abrede muss überdies von den beteiligten Unternehmen aus freien Stücken abgeschlossen und umgesetzt
werden. Entsprechend mangelt es an einer Wettbewerbsabrede gemäss Art. 4 Abs. 1 KG, wenn das koordinierte
Verhalten zweier Wettbewerber ausnahmsweise nicht das Ergebnis einer freien Willensübereinstimmung
ist, sondern ausschliesslich auf Druck oder Zwang eines Wettbewerbers hin zustande kommt (vgl.
Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 59).
aa) Horizontales Preiskartell der europäischen Hersteller
5.3.1.1.25 Die
Vorinstanz hebt in ihrer Verfügung explizit hervor, dass die ausländischen Hersteller von Baubeschlägen
für Fenster und Fenstertüren Preiserhöhungen für die Schweiz beschlossen hätten
und erst danach entweder über ihre Vertriebsgesellschaften oder über Grosshändler umgesetzt
hätten (vgl. Verfügung Rz 38). Entsprechend sanktionierte die Europäische Kommission am
28. März 2012 neun Hersteller von Fensterbeschlägen für wettbewerbswidrige Abreden in
Form einer horizontalen Preisabsprache in der Zeitspanne vom November 1999 bis Juli 2007 mit einer Geldbusse
von 86 Mio. Euro. Dieser Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Für das vorliegende Verfahren
bleibt festzustellen, dass die Durchsetzung des horizontalen Kartells der Hersteller auf EU-Ebene in
der Schweiz nicht näher untersucht worden ist, obwohl hierfür aufgrund des Wettbewerbsverfahrens
der EU-Kommission Anhaltspunkte bestanden haben, die eine nähere Untersuchung und Einbeziehung in
die Analyse der Wettbewerbsbeschränkungen nahe gelegt hätten.
5.3.1.1.26 Aufgrund
des noch nicht rechtskräftigen
Wettbewerbsverfahrens in der EU geht hervor, dass zum fraglichen Zeitpunkt der Umsetzung im Jahre 2007
die Preiserhöhungen als solche bei der Umsetzung in der Schweiz bereits feststanden. Nach Ansicht
der Vorinstanz haben sich die Vertriebsgesellschaften bzw. Grosshändler denn auch über die
Höhe und den Zeitpunkt, nicht aber über die Erhöhung als solche, ausgetauscht (vgl. Verfügung
Rz 38). Des Weiteren ist erstellt, dass Siegenia (D) Anfang 2006 beabsichtigte, gegenüber Koch eine
Preiserhöhung von 8 - 9% durchzusetzen, wogegen sich Letztere gewehrt hat (vgl. act. 358, S. 37).
5.3.1.1.27 Aus
der eingereichten Selbstanzeige von Roto kann entnommen werden, dass die Beschwerdeführerin Roto
anlässlich eines Telefongesprächs am 22. August 2006 den Vorschlag unterbreitet haben soll,
in der Schweiz die Preise zum 1. Januar 2007 um 5 - 6% zu erhöhen. Dies wurde von Roto handschriftlich
dokumentiert (vgl. act. 2, S. 15, Anlage 20; act. no. 358, S. 15). Die
Beschwerdeführerin und Roto sind sich gemäss den Ausführungen in der Selbstanzeige einig
gewesen, dass sich zuerst die beiden Hersteller untereinander abstimmen sollten, bevor dann die Händler
hinzugezogen werden sollten. Die Beschwerdeführerin bestreitet demgegenüber die Darstellung
des Inhalts des Telefongesprächs von Roto (vgl. Beschwerde von Siegenia vom 6. Dezember 2010, Rz.
13). Sie bringt vor, unzutreffend sei namentlich die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe Roto
anlässlich eines Telefongesprächs vorgeschlagen, die Preise per 1. Januar 2007 um 5 - 6% zu
erhöhen. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin Roto auf deren Anfrage hin mitgeteilt, dass sie
eine Preiserhöhung in der entsprechenden Grössenordnung beabsichtige. Diese sei damals aber
bereits gegenüber dem Vertriebspartner Koch kommuniziert worden.
5.3.1.1.28 Hinsichtlich
des Vorbringens der Beschwerdeführerin ist anzumerken, dass nicht nur der Austausch von Preisinformationen,
sondern bereits die einseitige Bekanntgabe geplanter Preiserhöhungen seitens der Beschwerdeführerin
Roto Einsicht in das künftige Handeln der Konkurrenz verschafft, womit die durch eine einseitige
unkoordinierte Preiserhöhung bedingte Ungewissheit des Wettbewerbs zumindest verringert wird. Durch
die Bekanntgabe der geplanten Preiserhöhung seitens der Beschwerdeführerin ist für Roto
das Risiko, welches mit jeder selbständigen Änderung des Verhaltens auf dem Markt einhergeht,
weitestgehend entfallen.
5.3.1.1.29 An
dieser Stelle ist daher festzuhalten, dass nicht nur die belastende Aussage von Roto, sondern auch das
Vorbringen der Beschwerdeführerin selbst den Verdacht bestärkt, dass sich die Beschwerdeführerin
und Roto auf der Ebene der Herstellervertreter im Schweizer Markt über die Preiserhöhungen
abgesprochen haben.
bb) Das Treffen vom 22. September 2006
5.3.1.1.30 Am
24. August 2006 trafen sich Vertreter von Koch und Roto und kamen überein, am 22. September 2006
zu einem multilateralen Treffen bei Koch in Wallisellen einzuladen. Folglich lud Koch mit E-Mail vom
7. September 2006 mit Ausnahme von Maco sämtliche Untersuchungsadressaten zu diesem Treffen ein.
Die E-Mail enthielt den Betreff "Terminanfrage Umsetzung MTZ 2007" und enthielt u.a. den
folgenden Wortlaut: "Aufgrund der Preisentwicklung der Rohmaterialien Stahl, Zink und Alu sowie
der gestiegenen Sozial- und Transportkosten werden alle Hersteller Preisaufschläge ankündigen.
Bezüglich Umsetzung und Höhe sollten wir uns in der Schweiz abstimmen, um dem Internationalen
Preisniveau etwas näher zu kommen." Mit E-Mail vom Folgetag
bestätigte Koch den Gesprächstermin vom 22. September 2006 und informierte darüber, dass
sich GU entschuldigen lasse, da sie ohnehin einen MTZ von 4.2 % per 01.09.2006 umgesetzt habe.
Am Treffen vom 22. September 2006 waren schliesslich die Beschwerdeführerin, Koch, Roto,
SFS und Winkhaus vertreten.
5.3.1.1.31 Anlässlich
ihrer Selbstanzeige hält Roto fest, der wesentliche Inhalt der Besprechung könne aus den handschriftlichen
Aufzeichnungen von (...), dem Vertreter von Roto, entnommen werden. Auch Notizen weiterer Sitzungsteilnehmer
äussern sich zum Inhalt des Treffens. Diesen Unterlagen ist unter anderem folgendes Sitzungsthema
zu entnehmen: "Preiserhöhung auf 2007, wenn ja, wie hoch" (act. 18, D-0010.2; vgl. auch
act. 15, B-0024.1; act. 15, B-0024.2; act. 18, D-0010.1; act. 31, S. 7, Beilagen 7 f.). Gemäss der
Selbstanzeige von Roto haben sich die Gesprächsteilnehmer zunächst gegenseitig über Verkaufspreise,
Marktsituation sowie Preiserhöhungen ausgetauscht und sich diesbezüglich über ihre Absichten
informiert. Die Beschwerdeführerin, Roto und Koch seien schliesslich übereingekommen, bis Ende
Oktober 2006 einen MTZ in der Höhe von mindestens 5% mit Wirkung per 1. Februar 2007 anzukündigen
(vgl. act. 2, S. 17, Anlage 23). SFS bekundete anlässlich dieses Treffens die Absicht, ihre Preise
nicht zu erhöhen und begründete dies mit dem "unterschiedlichen Preisniveau in Europa"
(vgl. act. 31, S. 7, Beilagen 7 f.).
5.3.1.1.32 Die
geplanten Preiserhöhungen wurden von Roto anlässlich des Treffens wie folgt zusammengetragen:
Die Beschwerdeführerin und Koch sollten Ende Oktober 2006 eine Preiserhöhung um 5.7% mit Wirkung
ab 1. Februar 2007 bekanntgeben (vgl. act. 15, B-5), Winkhaus beabsichtigte eine Preiserhöhung um
6% per 1. Januar 2007 (vgl. act. 17, A-16) und Roto sollte die Preise zum 1. Februar 2007 um 5.8% erhöhen
(vgl. act. 2, S. 17, Anlage 24).
cc) Preisverhandlungen nach dem Treffen vom 22. September 2006
5.3.1.1.33 Am
4. Oktober 2006 informierte Koch Roto, dass die Entscheidung zwischen ihr und der Beschwerdeführerin
nun definitiv gefallen sei. Aus den Akten geht hervor, dass alle vier Unternehmen, d.h. die Beschwerdeführerin,
Koch, Roto und Winkhaus, die Preiserhöhungen gegenüber ihren Abnehmern der handschriftlichen
Zusammenstellung von Roto entsprechend ankündigten (vgl. act. 2, S. 17, Anlage 25; act. 18, D-0045.1;
act. 17, A-3; act. 17, A-5; act. 17, A-10; act. 18, D-0010.3; act. 31, S. 7 f., Rz. 25, Beilagen 9-11;
act. 91; act. 93; act. 100; act. 102; act. 108; act. 109; act. 113; act. 123; act. 124; act. 133; act.
139; act. 144; act. 148; act. 155; act. 165).
5.3.1.1.34 Des
Weiteren ist erstellt, dass SFS diesen Entscheid nicht akzeptierte (vgl. act. 2, Beilage 23) und die
Preise vorerst nicht erhöhte, was die Vorinstanz in ihrer Verfügung selbst festhält (vgl.
Verfügung Rz. 92). Entsprechend führte sie auch im Nachgang zur Sitzung vom 22. September 2006
intensive Verhandlungen mit ihren Hauptlieferanten, d.h. der Beschwerdeführerin und Maco, um deren
Preiserhöhungen zu verhindern (vgl. act. 31, Beilage 12); dies blieb aber ohne Erfolg, denn im November
2006 kündigten die Beschwerdeführerin und Maco auch gegenüber SFS eine Preiserhöhung
an (vgl. Beschwerde Rz. 33, Beilage 10 u. 11; act. 18, D-9; act. 18, D-12). Maco kommunizierte SFS eine
Preiserhöhung in der Höhe von 5.6 %, zunächst per 1. Februar 2007 (vgl. act. 18, D-0011.3;
act. 31, S. 8, Beilage 15; act. 116; act. 18, D-8), schliesslich per 1. Mai 2007 (vgl. act. 18, D-0027.1;
act. 18, D-8; act. 116). Die Beschwerdeführerin kündigte SFS eine Preiserhöhung von 5.7
% per 1. Februar 2007 an (vgl. act. 31, S. 8, Beilage 14).
5.3.1.1.35 Mit
Schreiben vom 15. Dezember 2006 teilte SFS ihren Kunden mit, dass per 1. Februar 2007 eine Preiserhöhung
von 5.6% auf Maco Drehkippbeschläge erfolgen werde (vgl. act. 31, S. 8, Beilage 15). Mit Schreiben
vom 21. Dezember 2006 teilte SFS ihren Kunden mit, dass auf Siegenia-Drehkippbeschlägen per
1. Februar 2007 eine Preiserhöhung von 5.7% erfolgen werde (vgl. act. 31, S. 9, Beilage 16; act.
149, Beilage 2). Erstellt ist, dass SFS auf den Siegenia-Produkten gemessen am Umsatz lediglich eine
Preiserhöhung von ca. 2.76% auf ihre Kunden überwälzen konnte (vgl. act. 31, S. 9, Rz.
31; unklar demgegenüber die Ausführungen der Vorinstanz in ihrer Verfügung Rz. 94).
dd) Schlussfolgerung
5.3.1.1.36 Zusammenfassend
kann festgehalten werden, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch Koch, Roto und Winkhaus im
Oktober 2006 die Preiserhöhungen gegenüber ihren Abnehmern der handschriftlichen Zusammenstellung
von Roto entsprechend ankündigten. Die belastenden Aussagen von Roto werden nicht nur durch die
Ankündigungsschreiben der vier Untersuchungsadressaten bestätigt, sondern auch durch die Ausführungen
in der Selbstanzeige von SFS vom 6. September 2007 (vgl. act. 31, Rz 22 ff.). Entsprechend führt
SFS aus, "die restlichen Teilnehmer vereinbarten eine Erhöhung der Wiederverkaufspreise auf
Händlerstufe um mindestens 5%, wobei dies schriftlich bis Ende Oktober 2006 angekündigt und
per 1. Februar 2007 umgesetzt werden sollte" (act. 31, Rz 22). Des Weiteren ist der Selbstanzeige
zu entnehmen, dass (...), Vertreter von Koch, entgegen der telefonischen Abmachung mit Herrn (...)
nicht nachdrücklich gegen eine Erhöhung votierte (vgl. act. 31, Beilage 8).
5.3.1.1.37
Folglich ist aufgrund der Selbstanzeigen von Roto und SFS sowie der Ankündigungsschreiben
der Beschwerdeführerin, Roto, Koch und Winkhaus erstellt, dass die Untersuchungsadressaten sich
nicht nur über die Einkaufspreise, sondern auch über die Wiederverkaufspreise auf Handelsstufe
unterhalten haben (vgl. act. 31, Rz 19). Zwischen den Untersuchungsadressaten Roto, Winkhaus und der
Beschwerdeführerin bestehen keine Belieferungsverhältnisse. Roto und die Beschwerdeführerin
stehen als Herstellervertreter in einem rein horizontalen Verhältnis zueinander. Aus diesem Grund
haben sie es zu unterlassen, Informationen bezüglich der Wiederverkaufspreise auf Handelsstufe auszutauschen.
Doch darf vorliegend nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Untersuchungsadressaten bei der Umsetzung
der Preiserhöhungen gegenüber der Marktgegenseite den Beschlagsabnehmern individuell ausgehandelte
Rabatte gewährten. Durch die individuell ausgehandelten Rabattgewährungen kann deshalb nach
wie vor auch Preiswettbewerb bestehen.
5.3.1.1.38 Aufgrund
dieser Aktenlage besteht zwar in der Tat ein erheblicher Verdacht, dass eine Wettbewerbsbeschränkung
bestanden hat, kündigten doch alle vier Unternehmen im Oktober 2006 ihren Abnehmern ähnliche
Preiserhöhungen (5.7%, 5.8% und 6%) per 1. Januar bzw. 1. Februar an. Aufgrund dieses Verdachts
und der erfolgten Selbstanzeigen von Roto und SFS erscheint es deshalb als offensichtlich und nachvollziehbar,
dass die Vorinstanz ein entsprechendes Untersuchungsverfahren eingeleitet hat bzw. ein solches einleiten
musste. Andererseits ist damit die Frage noch nicht beantwortet, ob die Wettbewerbsbeschränkung
in der Schweiz kausal auf eine horizontale Preisabsprache der Händler oder auf die Vorgabe der EU-Hersteller
oder auf beide Sachverhalte zurückzuführen ist. Der Einfluss des europäischen Herstellerkartells
auf die Stufe des Handels in der Schweiz darf im vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht unberücksichtigt
bleiben. Offen bleibt insbesondere die Frage, welche Bedeutung der Tatsache, dass zwischen der Beschwerdeführerin
und Koch keine horizontale, sondern eine vertikale Beziehung besteht, im Hinblick auf das Treffen vom
22. September 2006 beizumessen ist. Gestützt auf die vorliegende Beweislage kann deshalb nicht zweifelsfrei
festgestellt werden, ob die angekündigte Preiserhöhung der Beschwerdeführerin einzig kausal
auf das multilaterale Treffen zurückzuführen ist oder ob es sich hierbei nicht doch vielmehr
um ein einseitiges Diktat der Hersteller zur Preiserhöhung zum Zwecke der Durchsetzung des europäischen
Herstellerkartells auf dem Schweizer Markt handelt. Die Beschwerdeführerin bringt in diesem Zusammenhang
denn auch vor, sie habe von ihrer Muttergesellschaft klare Vorgaben erhalten, die Preiserhöhungen
einzuhalten, weshalb sie diesbezüglich keinen Handlungsspielraum gehabt habe. Es sei den Schweizer
Marktteilnehmern nichts anderes übrig geblieben, als zu versuchen, die von aussen gewünschten
Preiserhöhungen umzusetzen (vgl. act. 302, S. 3, und act. 360).
5.3.1.2 Preiserhöhung
von 2004
a)
Vorbringen der Vorinstanz
5.3.1.2.1 Den
im Jahre 2004 erfolgten Austausch zwischen der Beschwerdeführerin und Roto qualifiziert die Vorinstanz
ebenfalls mindestens als eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG. Die Beschwerdeführerin
und Roto hätten zwischen April 2004 und Ende Mai 2004 regelmässig und nachweisbar Informationen
untereinander ausgetauscht. Dieser telefonisch und per E-Mail erfolgte Austausch (vgl. Rz. 40, 43, 45,
48 und 56) sei vorgängig zu den tatsächlich angekündigten und umgesetzten Preiserhöhungen
im Jahre 2004 erfolgt. Im Ergebnis hätten sich Roto und die Beschwerdeführerin (bilateral)
darauf geeinigt, einen zweistufigen MTZ in der Höhe von insgesamt 6% jeweils im Sommer 2004 und
im Herbst 2004 anzukündigen bzw. umzusetzen.
5.3.1.2.2 Der
Austausch zwischen Roto und der Beschwerdeführerin sei als bewusstes und gewolltes Zusammenwirken
zu qualifizieren, was nach Ansicht der Vorinstanz durch den Umstand belegt wird, dass Roto und die Beschwerdeführerin
sich per Telefon konsensual auf Folgendes geeinigt hätten: Die Beschwerdeführerin hätte
die Preise per 1. Juli 2004 und 1. Oktober 2004 um jeweils 3% (vgl. act. 17, A-21, act. 56, S.
5 Rz. 13) und Roto ihre Preise per 1. Juli 2004 um 3.5% und per 1. September 2004 um weitere 2.5% (vgl.
zum Ganzen act. 2, S. 13, Anlage 11) erhöhen sollen.
5.3.1.2.3 Diese
direkten Kontakte zwischen der Beschwerdeführerin und Roto sowie die dementsprechend angekündigten
und umgesetzten Preiserhöhungen seien nicht das Ergebnis eines eigenständigen Verhaltens, sondern
Ausfluss des bilateralen Austauschs. Dieser habe darauf abgezielt, die geplanten Preiserhöhungen
im Jahre 2004 gegenseitig zu koordinieren, um dadurch die Ungewissheit des Wettbewerbs zu eliminieren.
Durch die Verhaltenskoordination sei das Risiko, welches mit jeder selbständigen Änderung des
Verhaltens auf dem Markt einhergehe, weitestgehend entfallen und an seine Stelle ein "planmässiges"
Verhalten der anderen Partei getreten. Dabei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin
und Roto um die mit Abstand grössten Unternehmen im relevanten Markt handle.
b)
Vorbringen der Beschwerdeführerin
5.3.1.2.4 Auch
im Zusammenhang mit der Preiserhöhung im Jahre 2004 macht die Beschwerdeführerin geltend, es
handle sich um erlaubtes Parallelverhalten. Ihre Preiserhöhung sei auf die Preiserhöhung seitens
der Lieferanten aufgrund der gestiegenen Stahlpreise zurückzuführen.
5.3.1.2.5 Vor
der ersten Kontaktnahme mit der Beschwerdeführerin habe Roto den Entscheid zur Preiserhöhung
im April 2004 bereits gefällt gehabt und ein entsprechendes Ankündigungsschreiben vorbereitet
(vgl. Verfügung Rz. 43). Es habe sich damit um einen eigenständigen Entscheid von Roto gehandelt.
Die anschliessenden Gespräche zwischen Roto und der Beschwerdeführerin hätten nicht zu
einer Änderung dieses autonomen Entscheids geführt, lediglich zu einer etwas verzögerten
Umsetzung, erhöhte Roto doch ihre Preise erst per 1. Juli 2004 um 3.5% und per 1. September 2004
um weitere 2.5% (vgl. Verfügung Rz. 57). Die Beschwerdeführerin sei ihrerseits ebenfalls seitens
ihrer Muttergesellschaft vor der ersten Kontaktnahme durch Roto angewiesen worden, eine Preiserhöhung
vorzunehmen (vgl. Verfügung Rz. 39). Die Beschwerdeführerin habe diese Preiserhöhung ihrem
Kunden Koch mitgeteilt, welche diese Preiserhöhung aber zurückgewiesen habe. Dies ergäbe
sich ohne Weiteres daraus, dass die Beschwerdeführerin Roto auf deren Anfrage hin am 8. April 2004
habe darüber informieren können, dass ihr mit Abstand wichtigster Kunde Koch bei einer Preiserhöhung
nicht mitmachen werde (vgl. Verfügung Rz. 40). Die Beschwerdeführerin habe sich ebenfalls eigenständig
für eine Preiserhöhung in der Höhe von 6% entschieden und diesen Entscheid ihren Kunden
ab dem 3. Mai 2004 angekündigt (vgl. Verfügung Rz. 46). Aufgrund der Reaktion ihres Kunden
Koch sowie auch ihrer übrigen Kunden habe die Beschwerdeführerin in der Folge ihre Preiserhöhungspläne
jedoch anpassen müssen, weshalb sie die Preise per 1. Juli 2004 und 1. Oktober 2004 um jeweils 3%
erhöht habe (vgl. Verfügung Rz. 56). In der Verfügung werde in Rz. 56 auf ein Telefongespräch
vom 24. Mai 2004 verwiesen, in dem beschlossen worden sei, in der Schweiz einen MTZ in zwei Schritten
einzuführen. Diese Aussage sei unzutreffend. Anlässlich des fraglichen Telefongesprächs
habe die Beschwerdeführerin einzig Roto auf deren Anfrage hin ihren bereits autonom getroffenen
Preiserhöhungsentscheid mitgeteilt. Von einem Beschluss, die Preise zu erhöhen, könne
keine Rede sein. Aus dem in der Verfügung (Fussnote 62 und
63) als Beweis für das Telefongespräch und die angebliche Preisabrede genannten act. 17 A-21
ergäbe sich nichts Gegenteiliges. Vielmehr werde darin festgehalten, dass dem Hauptkunden Koch im
Zusammenhang mit der fraglichen Preiserhöhung ein zusätzlicher Rabatt von (...)% habe gewährt
werden müssen, was belege, dass die Preiserhöhung nicht in vollem Umfang habe weitergeleitet
werden können.
5.3.1.2.6 Damit
sei erstellt, dass die Preiserhöhung von 6% sowohl seitens von Roto als auch seitens der Beschwerdeführerin
eigenständige Entscheide gewesen seien. Diese Entscheide seien auch inhaltlich nicht deckungsgleich
gewesen, habe doch Roto ihre Preise per 1. Juli 2004 um 3.5% und per 1. September 2004 um weitere 2.5%
erhöht, die Beschwerdeführerin habe demgegenüber ihre Preise per 1. Juli 2004 nur um 3%
und per 1. Oktober 2004 um weitere 3% erhöht. Von einer Wettbewerbsabrede könne daher keine
Rede sein. Insbesondere treffe es auch nicht zu, dass der Informationsaustausch rund um die Preiserhöhungen
im Jahre 2004 zwischen Roto und der Beschwerdeführerin in direktem und kausalem Zusammenhang mit
den jeweils ihren Kunden gegenüber angekündigten bzw. umgesetzten Preiserhöhungen gestanden
hätten, was aber in der Verfügung in Rz. 70 vorgebracht werde.
c)
Würdigung des Gerichts
5.3.1.2.7 Auch
die Preiserhöhung im Jahr 2004 ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass von den Herstellern von
Baubeschlägen für Fenster- und Fenstertüren auf europäischer Ebene Preiserhöhungen
in Form eines MTZ vorgenommen wurden. Sämtliche Hersteller erhöhten die Verkaufspreise ihrer
Baubeschläge auf den gleichen Zeitpunkt hin (vgl. act. 31, S.
10, Rz. 35, Beilage 19; act. 18, D-0044.1). Daraufhin wurden die Schweizer Vertriebsgesellschaften und
Grosshändler aufgefordert, die Preise in der Schweiz ebenfalls zu erhöhen und diese auf ihre
Kunden zu überwälzen (vgl. act. 31, Beilage 20).
5.3.1.2.8 In
diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Roto D am 7. April 2004 in Deutschland einen MTZ von
6% mit Wirkung ab 23. April 2004 bekanntgegeben hat und sich die angekündigte Preiserhöhung
sowohl der Beschwerdeführerin als auch der übrigen Untersuchungsadressaten in der Schweiz im
Ergebnis für das Jahr 2004 ebenfalls auf 6% beläuft.
5.3.1.2.9 Erstellt
ist überdies, dass am 8. April 2004 - ein Tag nach der Bekanntgabe der Preiserhöhung
für den deutschen Markt seitens von Roto D - Telefonate zwischen den Marktführern -
der Beschwerdeführerin und Roto - einerseits und Roto und SFS andererseits stattfanden. Aus
einer Telefonnotiz vom 8. April 2004 geht zudem hervor, dass die Beschwerdeführerin Roto darüber
informierte, dass Koch bei einer Preiserhöhung "nicht mitmachen werde". Gleichentags
telefonierte Roto mit SFS und wurde dahingehend orientiert, dass Maco und GU abwarten wollten und keine
Preiserhöhung planen würden (vgl. act. 2, S. 12, Anlage 3).
5.3.1.2.10 Einer
E-Mail vom 13. April 2004 ist zu entnehmen, dass SFS "auf ein gemeinsames Vorgehen mit Siegenia
und Roto nicht eingehen" werde (vgl. act. 31, Beilage 24; act. 18, D-14).
5.3.1.2.11 Aus
einem Gespräch zwischen Roto, Koch und der Beschwerdeführerin vom 14. April 2004 geht hervor,
dass SFS (als bedeutendster Zwischenhändler von Maco) "von Maco noch keine verlässliche
Aussage" zur Preisentwicklung erhalten habe. Des Weiteren geht aus diesem Gespräch hervor,
dass das Verhalten auch bei GU noch "unklar" sei,
Winkhaus keine Preiserhöhung beabsichtige und dass Koch den MTZ generell ablehne und dies in einem
Schreiben an die Beschwerdeführerin mitteilen wolle (vgl. act. 2, S. 12, Anlage 4).
5.3.1.2.12 Mit
E-Mail vom 14. April 2004 schickte Koch Roto eine Kopie des Schreibens von Koch an die Beschwerdeführerin,
in dem Koch der von der Beschwerdeführerin angekündigten Preiserhöhung um 6% widerspricht
(vgl. act. 2, S. 12, Anlage 5; act. 15, B-12). Koch führte darin aus, weshalb sie die Preiserhöhung
nicht akzeptieren könne, was insbesondere auf die schwierige Umsetzbarkeit zurückzuführen
sei ("die letzte Preiserhöhung vom 01.07.2003 von 4.3 % konnte nur mit grösster Mühe
umgesetzt werden [...], was uns trotz gewährter Konditionenverbesserung eine Margenverschlechterung
eingebracht hat"). Das Schreiben von Koch ist am 20. April 2004 bei der Beschwerdeführerin
eingegangen (vgl. act. 17, A-0033.1).
5.3.1.2.13 Des
Weiteren geht aus der Selbstanzeige hervor, dass Roto und ihr Mutterhaus Roto D anlässlich eines
Telefongesprächs am 14. April 2004 beschlossen haben, mit einer Preiserhöhung in der Schweiz
noch
zuzuwarten (vgl. act. 2, S. 12). Gleichentags fand ein Telefongespräch zwischen
Roto und der Beschwerdeführerin statt, bei dem gemäss der Aussage von Roto vereinbart worden
sei, die weitere Entwicklung abzuwarten (vgl. act. 2, S. 12).
5.3.1.2.14 Im
Zusammenhang mit dem Inhalt des besagten Telefongesprächs zwischen der Beschwerdeführerin und
Roto ist an dieser Stelle jedoch darauf hinzuweisen, dass sich dieser lediglich mit der Aussage von Roto
anlässlich ihrer Selbstanzeige belegen lässt; weitere Beweismittel liegen diesbezüglich
nicht vor. Die Beschwerdeführerin macht denn auch geltend, dass Roto vor der ersten Kontaktaufnahme
mit ihr den Entscheid zur Preiserhöhung im April 2004 bereits gefällt habe, weshalb es sich
um einen eigenständigen Entscheid von Roto gehandelt habe (vgl. Beschwerde Rz. 11).
5.3.1.2.15 Zutreffend
und unbestritten ist, dass Roto zu diesem Zeitpunkt bereits ein Ankündigungsschreiben vorbereitet
hatte, das einen MTZ von 6% ab dem 23. April 2004, d.h. wie in Deutschland, vorsah. Obwohl dieses Schreiben
nicht an die Schweizer Kunden verschickt worden war, wurden Kunden gleichwohl durch Roto D über
einen MTZ in der Höhe von 6% per 23. April 2004 vorgängig in Kenntnis gesetzt (vgl. act. 141,
Beilage 14.1). Handschriftlich wurde auf dem Ankündigungsschreiben notiert, dass GU und Maco die
Preiserhöhung "nicht umgesetzt" hätten (vgl. act. 2, S. 12, Anlage 6).
5.3.1.2.16 Am
13. April 2004 telefonierte die Beschwerdeführerin mit SFS. SFS hielt den Inhalt des Telefonats
in einer SFS-internen E-Mail vom 14. April 2004 fest, der u.a. das Folgende zu entnehmen ist: Die Beschwerdeführerin
habe SFS mitgeteilt, dass (i) die Preiserhöhung im Schweizer Markt gemeinsam gemacht werden sollte,
(ii) GU, Roto, Winkhaus generell mit 6% ab 30. April einverstanden seien und (iii) entsprechende Schreiben
von den deutschen Firmen SFS per Fax zugestellt würden. Die Beschwerdeführerin wünsche
ein einheitliches Vorgehen. Des Weiteren hält SFS fest, gemäss den Aussagen der Beschwerdeführerin
wiege ein durchschnittlicher Drehkipp 2,5 Kilogramm, was infolge der Stahlpreiserhöhung nur etwa
2% Preiserhöhung ausmachen würde. Ihr Mutterhaus habe jedoch 6% durchgesetzt (vgl. act. 31,
Beilage 21). SFS teilte der Beschwerdeführerin mit, sie werde die Angelegenheit prüfen.
5.3.1.2.17 Einer
E-Mail der Beschwerdeführerin vom 15. April 2004, in der sie intern über den Stand der Durchsetzung
des MTZ orientiert, ist u.a. der folgenden Passage zu entnehmen: "Roto wartet auf uns und wir machen
es gemeinsam gleich" (vgl. act. 17, A-6).
5.3.1.2.18 In
einem nächsten Schritt kündigte die Beschwerdeführerin ihren Kunden mittels Schreibens
die Einführung eines MTZ in der Höhe von 6% für Lieferungen ab dem 3. Mai 2004 an (vgl.
act. 133, act. 148 und act. 2, Anlage 14). Ein solches Ankündigungsschreiben der Beschwerdeführerin
befand sich u.a. auch in den Unterlagen von Roto (vgl. act. 2, S. 13, Anlage 7).
5.3.1.2.19 Am
20. April 2004 teilte die Beschwerdeführerin Roto telefonisch mit, dass Koch sich "mit Händen
und Füssen" gegen die Preiserhöhung von 6% zum 3. Mai 2004 wehre (vgl. act. 2, S. 13,
Anlage 9). Dies geht auch aus einem Schreiben von Koch an die Beschwerdeführerin und einer E-Mail
von Koch an SFS hervor (vgl. act. 15, B-12; act. 18, D-0010.6). Einer internen Mitteilung der Beschwerdeführerin
ist zu entnehmen, dass auch ihre übrigen Kunden nicht bereit seien, den MTZ in der Höhe von
6 % zu zahlen (vgl. act. 17, A-0014.4). Die Beschwerdeführerin orientierte Roto ausserdem darüber,
dass Maco "noch unsicher sei, wie man preislich verfahren wolle" (vgl. act. 2, S. 13, Anlage
9).
5.3.1.2.20 Am
26. April 2004 telefonierte Roto mit Koch. Koch teilte Roto u.a. mit, dass sie den MTZ der Beschwerdeführerin
nicht akzeptiere (vgl. act. 2, S. 13, Anlage 10).
5.3.1.2.21 Zwischen
Roto und der Beschwerdeführerin fand am 24. Mai 2004 ein weiteres Telefongespräch statt. Gemäss
Aussage von Roto sei dies das entscheidende Telefonat gewesen, anlässlich dem beschlossen worden
sei, in der Schweiz einen MTZ in zwei Schritten einzuführen. Dies gehe aus den handschriftlichen
Notizen von Roto hervor (vgl. act. 2, S. 13, Anlage 11). Die Beschwerdeführerin und Roto hätten
vereinbart, dass die Beschwerdeführerin die Preise zum 1. Juli 2004 und 1. Oktober 2004 um jeweils
3% erhöhen würde (vgl. act. 17, A-21; act. 56, S. 5, Rz. 13). Diese zweistufige Erhöhung
wurde den Kunden der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die vorgängig bereits angekündigte
Preiserhöhung von 6% kommuniziert (vgl. act. 17, A-9, act. 133, act. 144, sowie act. 17, A-0014.1,
act. 17, A-0014.2 / act. 17, A-0014.3, act. 91 und act. 139, act. 148).
5.3.1.2.22 Aus
dem Telefongespräch vom 24. Mai 2004 zwischen Roto und der Beschwerdeführerin geht überdies
hervor, dass die gleiche zweistufige Erhöhung für Koch auch gegenüber ihren Kunden gelten
sollte (vgl. act. 2, S. 13). Diese Erhöhung dokumentieren diverse Schreiben, in welchen Koch eine
Preiserhöhung in Form eines MTZ von je 3% per 1. Juli 2004 respektive 1. Oktober 2004 ankündigte
(vgl. act. 2, S. 14, Anlage 13; act. 15, B-1; act. 15, B-2; act. 15, B-4; act. 15, B-10; act. 15, B-11;
act. 15, B-13; act. 15, B-0019.7; act. 15, B-0020.2; act. 18, D-1; act. 18, D-2; act. 31, Beilage 22;
act. 91; act. 100; act. 108; act. 123; act. 165).
5.3.1.2.23 Aus
dem vorgenannten Telefonat zwischen Roto und der Beschwerdeführerin geht ausserdem hervor, dass
Roto ihrerseits ihre Preise per 1. Juli 2004 um 3.5% und per 1. September 2004 um weitere 2.5% erhöhen
würde (vgl. act. 2, S. 13, Anlage 11). Mit Schreiben vom Juni 2004 kommunizierte Roto ihren Kunden
den zweistufigen MTZ in der Höhe von 6% (3.5% per 1. Juli 2004 und 2.5% per 1. September 2004; vgl.
act. 2, S. 14, Anlage 12; act. 15, B-0020.5; act. 93; act. 102, Beilage
1; act. 113; act. 167).
5.3.1.2.24 Einer
SFS-internen E-Mail vom 26. Mai 2004 ist zu entnehmen, dass Koch SFS direkt über die zweistufige
Preiserhöhung informiert hatte (vgl. act. 18, D-2).
5.3.1.2.25 Die
Beschwerdeführerin bestreitet demgegenüber die Behauptung von Roto, sie hätten am Telefon
vom 24. Mai 2004 zusammen beschlossen, in der Schweiz einen MTZ in zwei Schritten einzuführen. Im
Wesentlichen macht die Beschwerdeführerin geltend, sowohl sie als auch Roto seien beide vor der
ersten Kontaktaufnahme seitens ihrer Muttergesellschaften zur Preiserhöhung angewiesen worden, weshalb
es sich nicht um eine Absprache, sondern um eigenständige Entscheide gehandelt habe.
5.3.1.2.26 Aufgrund
der im Recht liegenden Beweise ist vorliegend erstellt, dass zwischen der Beschwerdeführerin und
Roto ein bilateraler Informationsaustausch rund um die Preiserhöhungen im Jahr 2004 stattgefunden
hatte. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch Roto hatten Informationen hinsichtlich des MTZ in
der Schweiz zusammengetragen, die für die Umsetzung der Preiserhöhung im Jahr 2004 von Bedeutung
waren (vgl. Verfügung Rz 70). Dass der zweistufige MTZ sowohl von der Beschwerdeführerin als
auch von Roto ihren Kunden kommuniziert wurde, ist ebenfalls erstellt.
5.3.1.2.27 Die
Beschwerdeführerin und Roto sind auf dem Schweizer Markt zweifelsohne als Konkurrenten zu qualifizieren.
Konkurrenten haben es zu unterlassen, sich gegenseitig Informationen über Preisbestandteile zukommen
zu lassen. Dass sich die Beschwerdeführerin und Roto diverse Male bilateral über die Preiserhöhungen
in der Schweiz ausgetauscht haben, lässt sich vorliegend nicht anders erklären, als dass sich
auch die beiden Tochtergesellschaften abgesprochen haben, um damit ein "gemeinsames Vorgehen"
für den Vertrieb der Baubeschläge sicherzustellen. Diese Vorgehensweise entspricht den Informationen,
welche die EU-Kommission am 28. März 2012 anlässlich der Sanktionierung des Preiskartells der
europäischen Hersteller öffentlich bekannt gegeben hat. So wird in der Pressemitteilung explizit
festgehalten, dass auch die lokalen Vertriebsgesellschaften in ganz Europa regelmässig Kontakte
gehabt hätten, um den Erfolg des Kartells zu gewährleisten (vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission
vom 28. März 2012). Der Beschluss, die Preise auch für den Handel auf dem Schweizer Markt zu
erhöhen, kam aber unzweifelhaft von den ausländischen Herstellern. Entsprechend handelte es
sich bei den Preiserhöhungen um Anweisungen der Mutterhäuser der Beschwerdeführerin und
von Roto. Dass dem so ist, lässt sich sehr deutlich auch der firmeninternen E-Mail von SFS vom 14.
April 2004 entnehmen, in der SFS festhält, dass gemäss den Aussagen der Beschwerdeführerin
ein durchschnittlicher Drehkipp 2,5 Kilogramm wiege, was infolge der Stahlpreiserhöhung nur etwa
2% Preiserhöhung ausmachen würde. Das Mutterhaus der Beschwerdeführerin habe jedoch 6%
durchgesetzt (vgl. act. 31, Beilage 21).
5.3.1.2.28 Der
bilaterale Austausch zwischen der Beschwerdeführerin und Roto erscheinen vor diesem Hintergrund
als Sicherstellung der Durchsetzung des europäischen Herstellerkartells auf dem Schweizer Markt
und damit primär als Umsetzung des bewussten und gewollten Zusammenwirkens der ausländischen
Hersteller der Fensterbaubeschläge.
5.3.2 Ein
Bezwecken oder Bewirken
5.3.2.1 Für
das Vorliegen einer Wettbewerbsabrede gemäss Art. 4 Abs. 1 KG ist als drittes Tatbestandsmerkmal
zudem erforderlich, dass mit ihr eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt wird.
a) Vorbringen der Vorinstanz
5.3.2.2 Im
Zusammenhang mit der Preiserhöhung im Jahre 2006 bringt die Vorinstanz vor, die Untersuchungsadressaten
hätten darauf abgezielt, ihr eigenes Handeln am künftigen Verhalten der Konkurrenz auszurichten,
indem sie Kontakt zueinander aufgenommen hätten, um die Höhe und den Zeitpunkt von bevorstehenden
Preiserhöhungen zu diskutieren. Dadurch sei die in einem funktionierenden Wettbewerb vorhandene
Ungewissheit über das bevorstehende Handeln der Konkurrenz beseitigt worden. Der Zweck des gegenseitigen
Informationsaustauschs habe darin bestanden, sich Gewissheit über die Preissetzung der Konkurrenz
zu verschaffen und damit den in preislicher Hinsicht vorhandenen Wettbewerbsdruck untereinander zu verringern
oder gar auszuschalten. Damit sei auch das dritte Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsabrede erfüllt,
welches voraussetze, dass durch die Abrede eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt werde.
5.3.2.3 Was
die Preisabrede im Jahre 2004 anbelangt, so macht die Vorinstanz geltend, indem die Beschwerdeführerin
und Roto Kontakt zueinander aufgenommen hätten, um die Höhe und den Zeitpunkt der bevorstehenden
Preiserhöhungen im Jahre 2004 abzusprechen, hätten sie darauf abgezielt, ihr eigenes Handeln
am künftigen Verhalten ihres (grössten) Mitbewerbers auszurichten. Der Zweck des gegenseitigen
Informationsaustauschs habe darin bestanden, die bevorstehenden Preiserhöhungen gegenseitig zu koordinieren
und damit den in preislicher Hinsicht vorhandenen Wettbewerbsdruck untereinander zu verringern oder gar
auszuschalten. In diesem Sinne habe sich auch die Beschwerdeführerin anlässlich der Anhörungen
vor der Vorinstanz geäussert (vgl. act. 355, S. 5).
Damit ist nach Ansicht der Vorinstanz für beide Preisabreden auch das Bezwecken bzw. Bewirken
einer Wettbewerbsbeschränkung als drittes Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsabrede erfüllt.
Im Zusammenhang mit der Preiserhöhung im Jahr 2004 weist die Vorinstanz schliesslich darauf hin,
dass ihre Sachverhaltsdarstellung von der Beschwerdeführerin und Roto nicht bestritten werde (vgl.
act. 355, S. 5).
b) Vorbringen der Beschwerdeführerin
5.3.2.4 Die
Beschwerdeführerin bestreitet die rechtliche Qualifikation und damit das Vorliegen einer Wettbewerbsabrede
als solches, äussert sich jedoch nicht explizit zu dem Tatbestandsmerkmal des Bezweckens oder Bewirkens
einer Wettbewerbsbeschränkung.
c) Würdigung des Gerichts
5.3.2.5 Das
Kartellgesetz umschreibt den Begriff "Wettbewerbsbeschränkung" nicht, knüpft diesen
aber an den mehrfach verwendeten Begriff des wirksamen Wettbewerbs (Art. 5, 10, 37, 45 und 51 KG). Wirksamer
Wettbewerb erfordert, dass Unternehmen Wettbewerbsparameter wie Preis, Menge und Qualität individuell
und unabhängig festlegen und dadurch den Differenzierungsgrad zu ihren Konkurrenten selbständig
bestimmen (vgl. Nydegger/Nadig, a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 45 ff.,
mit weiteren Hinweisen).
5.3.2.6 Demgegenüber
genügt es für die Qualifizierung einer abgestimmten Verhaltensweise als Wettbewerbsabrede,
wenn die Abredebeteiligten die Ausschaltung oder Beeinträchtigung eines oder mehrerer Wettbewerbsparameter
zum Programm erhoben haben. Für die Unterstellung unter Art. 4 Abs. 1 KG ist es nicht erforderlich,
dass die Wettbewerbsabrede bereits umgesetzt worden ist und dadurch bestimmte Wirkungen im Markt ausgelöst
hat. Sodann ist die subjektive Absicht der Abredebeteiligten für das "Bezwecken" nicht
relevant. Es genügt vielmehr, wenn der Inhalt der Abrede objektiv geeignet ist, eine Wettbewerbsbeschränkung
durch Ausschaltung oder Beseitigung eines Wettbewerbsparameters herbeizuführen. Der Nachweis eines
Unrechtsbewusstseins oder sogar eines Willens der Beteiligten, eine kartellrechtswidrige Absprache einzugehen,
ist nicht erforderlich (sog. objektivierter Zweckbegriff; vgl. Nydegger/Nadig,
a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 69 ff., mit weiteren Hinweisen).
5.3.2.7 Dasselbe
gilt für das Tatbestandsmerkmal "Bewirken": Für den Nachweis einer Abrede braucht
es weder eine besondere subjektive Absicht der Beteiligten, noch muss aus dem Inhalt der Abrede auf einen
objektiven Zweck geschlossen werden können. Entscheidend ist vielmehr, in welchem Ausmass der wirksame
Wettbewerb durch eine Abrede eingeschränkt wird. Entsprechend genügt es, wenn eine Wirkung
im Markt nachgewiesen werden kann, die auf ein koordiniertes Verhalten unter den beteiligten Unternehmen
zurückzuführen ist. Die Wettbewerbsabrede muss m.a.W. kausal für die Wettbewerbsbeschränkung
sein und darf nicht durch äussere Umstände ausgelöst worden sein (vgl. Nydegger/Nadig,
a.a.O., Art. 4 Abs. 1 Rn. 68 und 75, mit weiteren Hinweisen).
5.3.2.8 Vorliegend
ist erstellt, dass sich die Untersuchungsadressaten am Treffen vom 22. September 2006 nicht nur über
die Einkaufspreise, sondern auch über die Erhöhung der Wiederverkaufspreise auf dem Schweizer
Markt unterhalten haben. Des Weiteren haben die Beschwerdeführerin und Roto zur Sicherstellung der
Durchsetzung des europäischen Herstellerkartells hinsichtlich der Preiserhöhungen auf dem Schweizer
Markt im Jahr 2004 bilateral Informationen ausgetauscht. Grundsätzlich sind solche Besprechungsinhalte
objektiv geeignet, Wettbewerbsbeschränkungen herbeizuführen. Wenn Konkurrenten Informationen
betreffend die Höhe und den Zeitpunkt von bevorstehenden Preiserhöhungen austauschen, bezwecken
sie, den in preislicher Hinsicht vorhandenen Wettbewerbsdruck untereinander zu verringern oder auszuschalten.
Doch stellt sich auch im Zusammenhang mit dem Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der bezweckten oder bewirkten
Wettbewerbsbeschränkung die Frage, ob der Beschwerdeführerin ein Bezwecken oder Bewirken auf
der Stufe des Handels im Schweizer Markt zum Vorwurf gereichen kann, wenn die Anweisung zur Preiserhöhung
auf das horizontale Preiskartell der europäischen Hersteller zurückzuführen ist.
5.4 Preisabrede
im Sinne von Art. 5 Abs. 3 lit. a KG
a) Vorbringen der Vorinstanz
5.4.1 Die
Vorinstanz weist im Zusammenhang mit der Beurteilung der vorliegenden Sachverhalte als Preisabreden auf
die Rechtsprechung im europäischen Wettbewerbsrecht hin (vgl. Verfügung Rz. 211 ff.). Gemäss
dem EuGH stelle der Preiswettbewerb eine ganz wesentliche Form des Wettbewerbs dar, die niemals vollständig
beseitigt werden dürfe. Beschränkungen der Preisbildungsfreiheit sowie mittelbare oder unmittelbare
Einschränkungen autonomer Preisfestsetzung unter konkurrierenden Unternehmen stellten den augenscheinlichsten
Eingriff in die Handlungsfreiheit von Unternehmen dar. Gemäss
europäischer Rechtsprechung würden Preisabsprachen auch bei Verabredung von gleichzeitigen
und einheitlichen Preiserhöhungen vorliegen. Da Preisabsprachen alle Mitglieder des Kartells in
die Lage versetzten, mit hinreichender Gewissheit vorauszusehen, welche Preispolitik ihre Wettbewerber
verfolgten, würden gerade Preisabsprachen den Wettbewerb - selbst wenn die Preise nur als
Ziel vorgegeben würden - besonders beeinträchtigen. Im Allgemeinen würden derartige
Kartelle ein direktes Eingreifen in die wesentlichen Bezugsgrössen des Wettbewerbs in dem betreffenden
Markt bedingen. Damit werde der Grundgedanke des freien Wettbewerbs
ausgehöhlt.
5.4.2
Im Zusammenhang mit der Preiserhöhung im Jahre 2006 macht die Vorinstanz geltend, die vorliegende
Abrede zwischen den Untersuchungsadressaten habe in der Koordination der Preiserhöhungen bezogen
auf deren Einführung, Umsetzungszeitpunkt und Höhe anlässlich des Treffens vom 22. September
2006 bestanden. Dies stelle eine Verhaltenskoordination in Bezug auf die Preiserhöhungen auf den
von den
Untersuchungsadressaten vertriebenen Produkten dar. Das Verhalten der Untersuchungsadressaten
habe die Ausschaltung der mit dem einseitigen Versuch einer Preiserhöhung verbundenen Risiken, insbesondere
dem Risiko, Marktanteile zu verlieren, bezweckt. Der Austausch von Informationen zu Preisen habe den
involvierten Unternehmen ermöglicht, diese Informationen bei ihrem eigenen Verhalten auf dem Markt
zu berücksichtigen.
5.4.3
Angesichts der von den Untersuchungsadressaten im Rahmen ihrer Stellungnahmen vorgebrachten Argumente
sowie der im Recht liegenden Beweismittel ist nach Ansicht der Vorinstanz erstellt, dass das anlässlich
des Treffens vom 22. September 2006 Vereinbarte mit Ausnahme von GU und Maco von sämtlichen Untersuchungsadressaten
vereinbarungsgemäss umgesetzt worden sei, wobei sowohl die Höhe des MTZ als auch das geplante
und angekündigte Umsetzungsdatum koordiniert worden seien. Damit stehe fest, dass es sich bei den
koordinierten Preiserhöhungen im Jahre 2006/2007 um eine horizontale Preisabrede im Sinne von Art.
5 Abs. 3 lit. a KG gehandelt habe. Offen gelassen werden könne vorliegend, ob es sich bei der dargelegten
Preisabsprache um eine direkte oder indirekte handle, zumal die damit verbundene gesetzliche Rechtsfolge
gemäss Art. 49a Abs. 1 KG für alle Abreden nach Art. 5 Abs. 3 KG dieselbe sei.
5.4.4
Die vorliegende Abrede zwischen den daran beteiligten Untersuchungsadressaten habe auf eine gleichgesteuerte
Erhöhung der Preise und damit auf eine Aushöhlung des freien Wettbewerbs abgezielt. Daraus
folge, dass eine Preisabsprache im Sinne von Art. 5 Abs. 3 lit. a KG gegeben sei, weshalb die gesetzliche
Vermutung, wonach der Wettbewerb in casu beseitigt worden sei, zum Tragen komme.
5.4.5 Des
Weiteren macht die Vorinstanz geltend, auch im Jahre 2004 habe es sich um eine Preisabrede gemäss
Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG zwischen der Beschwerdeführerin und Roto gehandelt (vgl. Verfügung
Rz 347 ff.).
5.4.6 Die
Abrede zwischen der Beschwerdeführerin und Roto habe bezweckt, die Preiserhöhungen gegenseitig
zu koordinieren. Dabei hätten sich Roto und die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Höhe
sowie der Umsetzungszeitpunkte der bevorstehenden Preiserhöhungen gegenseitig abgestimmt. Dies stelle
eine Verhaltenskoordination in Bezug auf Preiserhöhungen der von der Beschwerdeführerin und
Roto vertriebenen Produkte dar. Roto und die Beschwerdeführerin hätten die Ausschaltung der
mit einer autonomen Preiserhöhung verbundenen Risiken, vor allem das Risiko, Marktanteile zu verlieren,
bezweckt. Der Austausch von Informationen zu Preisen habe der Beschwerdeführerin und Roto ermöglicht,
diese Informationen bei ihrem eigenen Verhalten auf dem Markt zu berück-sichtigen. Dies insbesondere
auch deshalb, weil es sich bei der Beschwerdeführerin und Roto um die beiden grössten Marktteilnehmer
handeln würde (vgl. Verfügung Rz. 249 und 278).
5.4.7 In
ihrer Vernehmlassung vom 28. Februar 2011 weist die
Vorinstanz das Vorbringen der
Beschwerdeführerin, es liege keine Preisabrede gemäss Art. 5 Abs. 3 lit. a KG vor, vollumfänglich
zurück.
5.4.8 Die
Vorinstanz weist u.a. präzisierend darauf hin, dass der Vermutungstatbestand gemäss ihrer Praxis
keine Anwendung finde, wenn ein Preisbestandteil von einer Abrede betroffen sei, welcher keine preisharmonisierende
Wirkung nach sich zu ziehen vermöge (vgl. RPW 2005/1, 240 Rz. 15, "Klimarappen"), da
es sich dann um einen unbedeutenden Preisbestandteil handle.
5.4.9 Von
den Abreden zwischen den Untersuchungsadressaten seien nicht die Preiserhöhungen an sich betroffen
gewesen, da diese ja bereits festgestanden hätten, sondern die Art und Weise der Umsetzung derselben.
Das Wissen um das Preissetzungsverhalten der Konkurrenten habe jeweils die Grundlage für das eigene
Verhalten der Untersuchungsadressaten hinsichtlich der Preissetzungspolitik ihren jeweiligen Kunden gegenüber
gebildet. Die Untersuchungsadressaten hätten mit dem Informationsaustausch bezweckt, sich Gewissheit
über die Preissetzung der Konkurrenz zu verschaffen und damit den in preislicher Hinsicht vorhandenen
Wettbewerbsdruck untereinander zu verringern oder gar auszuschalten.
5.4.10 Damit
habe die Koordinierung über die Höhe und den Umsetzungszeitpunkt der Preiserhöhungen (indirekt)
die Preisbasis beeinflusst, aufgrund welcher die Untersuchungsadressaten die Endpreise mit ihren Kunden
ausgehandelt hätten. Die Koordinierung über Art und Weise der Umsetzung habe preisharmonisierende
Wirkungen entfaltet, indem sämtliche an der Abrede beteiligten Untersuchungsadressaten um das Vorgehen
der anderen Teilnehmer gewusst und ihr Verhalten - in welcher Form auch immer - jeweils danach
ausgerichtet hätten. Entsprechend sei nicht lediglich ein marginaler Preisbestandteil von den Abreden
betroffen, weshalb das Vorliegen von Preiserhöhungen gemäss Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG zu bejahen
sei. Im Übrigen spielt es nach Ansicht der Vorinstanz für die Kunden im Endeffekt grundsätzlich
keine Rolle, ob sich Unternehmen über die Endverkaufspreise oder über "Preisbestandteile"
koordinieren würden. Es sei letztlich irrelevant, ob direkt der Endpreis festgelegt oder dieser
indirekt über eine Preiserhöhung von einem oder mehreren Elementen, aus denen der Preis errechnet
werde, herbeigeführt werde.
5.4.11 Die
Vorinstanz weist des Weiteren auf ihren Entscheid i.S. Komponenten für Heiz-, Kühl- und Sanitäranlagen
hin, in dem sie einen fast identisch gelagerten Fall zu beurteilen gehabt habe. Sie sehe vorliegend keinen
Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
5.4.12 Schliesslich
sei bezüglich der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rabattgewährung kritisch
anzumerken, dass diese gemäss ihren eigenen Aussagen zufolge in erster Linie grossen Kunden gewährt
worden sei, namentlich der EgoKiefer AG und der 4B Fenster AG (vgl. Beschwerde Rz. 21). Nach Ansicht
der Vorinstanz bedürfe es keiner weiteren Erklärung, dass die Beschwerdeführerin ihren
grossen und bedeutenden Kunden grundsätzlich ansehnliche Rabatte gewährt habe.
5.4.13 Überdies
anerkenne die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde implizit, dass sie die Preiserhöhungen
zumindest bei einem gewissen Teil ihrer Kunden habe durchsetzen können: "[...] Auch die
Beschwerdeführerin konnte ihren Preisaufschlag nicht bei sämtlichen Kunden durchsetzen [...]"
(Beschwerde Rz. 21). Hinzu komme, dass selbst dann, wenn die Beschwerdeführerin mit den Preiserhöhungen
und den danach gewährten Rabatten letztlich keinen Gewinn erzielt haben sollte, sie auf jeden Fall
durch die getroffenen Preisabreden keinen (Marktanteils-)Verlust zu erleiden gehabt habe, welchen sie
allenfalls unter funktionierenden Wettbewerbsverhältnissen hätte in Kauf nehmen müssen.
b) Vorbringen der Beschwerdeführerin
5.4.14 Die
Beschwerdeführerin bestreitet nicht nur das Bestehen einer Wettbewerbsabrede gemäss Art. 4
Abs. 1 KG, sondern macht auch geltend, es würde sich vorliegend nicht um eine Preisabrede im Sinne
von Art. 5 Abs. 3 lit. a KG handeln.
5.4.15 Die
Beschwerdeführerin bringt vor, unter Art. 5 Abs. 3 KG würden namentlich Abreden über die
direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen fallen. Eine solche direkte oder indirekte Preisfestsetzung
liege hier nicht vor: Unbestritten sei, dass die Parteien in der Preisfestsetzung vollkommen frei blieben
und damit keine direkte Preisfestsetzung vorliege. Es liege aber auch keine indirekte Preisfestsetzung
vor, da eine solche immer dann zu verneinen sei, wenn sich die Vereinbarung auf einen nur sehr kleinen
Preisbestandteil beziehe und damit keine spürbaren Auswirkungen auf den Endpreis habe. Art. 5 Abs.
3 lit. a KG solle eben gerade nur Abreden erfassen, mit denen die Verkaufspreise fixiert würden,
und zwar unabhängig davon, ob dies direkt oder indirekt geschehe. Abreden, die sich sonst irgendwie
auf den Preis auswirkten, seien dagegen vom Begriff der Preisabrede gemäss Art. 5 Abs. 3 lit. a
KG nicht erfasst, könnten aber allenfalls unter Art. 5 Abs. 1 KG fallen. Diese Auslegung von Art.
5 Abs. 3 lit. a KG dränge sich umso mehr auf, als es sich dabei um eine Strafnorm handle, die dem
strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu genügen habe (vgl.
Reinert, a.a.O.).
5.4.16 Im
vorliegenden Fall habe auch die Vorinstanz anerkannt, dass sowohl im Jahre 2004 als auch im Jahre 2006
massive Kostenerhöhungen eine Preiserhöhung unausweichlich gemacht hätten (vgl. Verfügung
Rz. 39, 79, 372, 374). Der Umfang der Preiserhöhung sowie der Zeitraum der Einführung seien
daher schon weitestgehend vorbestimmt gewesen. Aufgrund der objektiven Notwendigkeit der Preiserhöhung
habe es sich - wenn überhaupt - um eine Wettbewerbsabsprache hinsichtlich eines marginalen
Preisbestandteils gehandelt, so dass sich die Annahme einer indirekten Preisabsprache verbiete.
5.4.17 In
diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auch auf den Schlussbericht vom 16. Januar 2001
i.S. Vorabklärung gemäss Art. 26 KG betreffend Jahres-Umsatz-Prämien und Konzernabschluss
in Printmedien wegen angeblich unzulässiger Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5 KG, in dem ein
vereinbarter Jahresendrabatt von 2 - 5% nicht als indirekte Preisabsprache qualifiziert worden sei, da
die Preisrelationen und damit die Wettbewerbsverhältnisse dadurch unberührt geblieben seien
(vgl. RPW 2001/1, 69 f., Rz. 26 ff.). Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist dies auch vorliegend
der Fall, zumal selbst die befragten Fensterverarbeiter, also die Marktgegenseite, von einem intensiven
Wettbewerb zwischen den Anbietern ausgehen würden (vgl. Verfügung Rz. 280). Diese Einschätzung
könne nicht einfach mit dem durch nichts belegten Argument bei Seite gewischt werden, die Parteien
seien nicht in der Lage, eine objektive Einschätzung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem relevanten
Markt vorzunehmen oder sie hätten strategisch geantwortet. Es dürfe erwartet werden, dass die
Fensterbauer ihren Markt kennen; für eine strategische Antwort fehle ihnen jedes nachvollziehbare
Interesse.
5.4.18 Mit
zu berücksichtigen sei auch, dass die Preiserhöhungen nur teilweise hätten weitergegeben
werden können und selbst bei denjenigen Kunden, die die Preiserhöhung grundsätzlich akzeptiert
hätten, nachträglich durch die Gewährung zusätzlicher Rabatte faktisch wieder rückgängig
gemacht worden seien (vgl. act. 339, S. 6, 10, 12, 14).
5.4.19 Anlässlich
ihrer Replik vom 2. Mai 2011 hält die Beschwerdeführerin vollumfänglich an ihren Vorbringen
fest. Vorliegend fehle es an einer preisharmonisierenden Wirkung. Die seitens der Vorinstanz behauptete
Koordinierung habe sich nicht auf die Preishöhe oder den Umsetzungszeitpunkt der Preiserhöhungen
bezogen. Zudem sei es für den Kunden durchaus relevant, ob sich Unternehmen über die Endverkaufspreise
oder über Preisbestandteile koordinieren würden, da Letztere sich nicht notwendigerweise auf
den Preis auswirkten.
5.4.20 Im
vorliegenden Fall seien Umfang und Zeitpunkt der Preiserhöhung schon autonom weitestgehend vorbestimmt
gewesen, so dass sich eine allfällige Koordination höchstens auf einen verschwindend kleinen
Preisbestandteil bezogen hätte. Dieser sei umso unbedeutender gewesen, als die Preiserhöhung
nicht (vollständig) an die Kunden hätte weitergegeben werden können, was von vorneherein
absehbar gewesen sei. Daher könne von einer direkten oder indirekten Preisfestsetzung keine Rede
sein.
5.4.21 Unzutreffend
sei zudem die Behauptung, die vermeintliche Preisabrede habe irgendwelche Einflüsse auf den Markt
gehabt. Die behauptete Preisabrede habe die Beschwerdeführerin denn auch nicht davon bewahrt, (Marktanteils-)Verluste
zu erleiden.
c) Würdigung des Gerichts
5.4.22 Um
beurteilen zu können, ob eine Preisabrede besteht, ist auf den Inhalt der Abrede abzustellen (vgl.
Lucas David/Reto Jacobs, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Bern
2012, Rn. 649). Jede Art des Festsetzens von Preisen, Preiselementen oder Preiskomponenten beseitigt
vermutungsweise den wirksamen Wettbewerb. Unter diese Vermutung fällt nicht nur die Abrede von Preisen
an sich, sondern bereits schon die gemeinsame Festlegung von Preisspannen, Margen, Rabatten, Vergünstigungen,
Preisbestandteilen oder Preiskalkulationen. Insgesamt wird somit der Begriff der Preisabrede nach Art.
5 Abs. 3 lit. a KG weit ausgelegt und umfasst als Gegenstand der Abrede neben dem Preis auch sämtliche
Preiselemente oder -komponenten (vgl. Borer, a.a.O., Art. 5 Rn. 4; Krauskopf/Schaller,
a.a.O., Art. 5 Rn. 374 und 375). Erforderlich ist jedoch, dass es sich um wesentliche Preiselemente oder
-komponenten handelt (vgl. Botschaft 1994, 567). Werden lediglich unbedeutende Preisbestandteile, d.h.
solche, die keine bedeutenden Auswirkungen auf den wirksamen Wettbewerb haben, festgelegt, so fällt
dieser Sachverhalt nicht unter den Vermutungstatbestand (vgl. Amstutz/Carron/Reinert,
a.a.O., Art. 5 Rn. 398; Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 383).
5.4.23 Grundsätzlich
ist eine Vereinbarung über die Höhe des MTZ und den Einführungszeitpunkt als Preisabrede
zu qualifizieren, da es sich hierbei um die Festlegung wesentlicher Preisbestandteile handelt. Auch in
diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass durch die unterschiedlichen und nicht abgesprochenen
Rabatte nach wie vor Preiswettbewerb bestehen kann. Überdies kann im vorliegenden Sachverhalt die
Frage nach dem Bestehen einer Preisabrede auf Handelsstufe ebenfalls nicht ohne Weiteres und losgelöst
von der Tatsache beantwortet werden, dass die Vorgabe zur Preiserhöhung unbestritten von den ausländischen
Herstellerunternehmen stammte. Das vorliegende Verfahren ist deshalb wesentlich geprägt vom Bestehen
des europäischen Preiskartells, anlässlich dessen die ausländischen Hersteller von Fensterbeschlägen
Preiserhöhungen auch für die Schweiz beschlossen hatten und nachfolgend entweder über
ihre Vertriebsgesellschaften oder über Grosshändler umzusetzen versuchten. Entsprechend wird
in der Selbstanzeige von Roto explizit darauf hingewiesen, dass die Wettbewerbsverstösse auf dem
Schweizer Markt als Teil des europäischen Kartells zu betrachten seien (vgl. act. 2, S. 1). Die
angekündigten und teilweise umgesetzten Preiserhöhungen auf dem Schweizer Markt für Baubeschläge
sind folglich als Auswirkungen des europäischen Herstellerkartells zu betrachten. Sowohl die Beschwerdeführerin
als auch Roto vertreten als 100%ige Tochtergesellschaften der ausländischen Herstellerunternehmen
die Interessen der Hersteller auf dem Schweizer Markt. Dass sie von ihren Muttergesellschaften die Anweisung
erhielten, den MTZ auch auf dem Schweizer Markt umzusetzen, ist erstellt. Demgegenüber steht die
Beschwerdeführerin in der Schweiz nicht auf der gleichen Vertriebsebene wie ihr Hauptkunde Koch.
Im Zusammenhang mit der Ankündigung der Preiserhöhung durch die Beschwerdeführerin lässt
sich vorliegend deshalb nicht zweifelsohne feststellen, ob die Festlegung der 5.7% per 1. Februar 2007
einzig kausal auf die multilaterale Besprechung vom 22. September 2006 zurückzuführen ist,
oder ob es sich hierbei letztlich doch primär um die Sicherstellung der Umsetzung des europäischen
Herstellerkartells auf dem Schweizer Markt durch die Herstellervertreter handelt bzw. gehandelt hat.
5.4.24 Damit
die Vermutungsbasis von Art. 5 Abs. 3 KG erfüllt ist, braucht es das Vorliegen einer horizontalen
Wettbewerbsabrede. Hinsichtlich der Marktstufe der Beschwerdeführerin gilt es festzuhalten, dass
sie zu Roto in einem horizontalen Verhältnis steht, da sowohl die Beschwerdeführerin als auch
Roto als Herstellervertreter auf derselben Vertriebsebene im Schweizer Markt tätig sind. Demgegenüber
steht die Beschwerdeführerin sowohl zu ihrem Hauptabnehmer Koch als auch zum Händler SFS in
einem vertikalen Verhältnis. Folglich stehen die wirtschaftlich selbständigen Händler
Koch und SFS der Beschwerdeführerin nicht als Konkurrenten auf dem Markt gegenüber. Vorliegend
offen gelassen werden kann die Qualifizierung des Verhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin
und Winkhaus.
5.4.25
Die bestehende Aktenlage begründet zwar den erheblichen Verdacht, dass zur Sicherstellung
der Durchsetzung des Preiskartells der europäischen Hersteller auf dem Schweizer Markt tatsächlich
Preisabreden zwischen den Hersteller- und allenfalls auch den Händlerunternehmen stattgefunden haben.
Dennoch bedarf es nach Auffassung des Gerichts der vertieften Abklärung des Geflechts von horizontalen
und vertikalen Beziehungen zwischen den Herstellerunternehmen und Händlern, um die Umsetzung des
Preiskartells der europäischen Hersteller auf dem Schweizer Markt einer abschliessenden Beurteilung
unterziehen zu können.
5.4.26
Vorliegend kann deshalb nicht unter Ausschluss jeglichen Zweifels festgestellt werden, ob bzw. dass die
Ankündigungen der fast identischen Preiserhöhungen auf das Frühjahr 2007 seitens der Beschwerdeführerin
und den Untersuchungsadressaten Koch, Roto und Winkhaus einzig kausal auf die Besprechung am multilateralen
Treffen vom 22. September 2006 zurückzuführen ist. Überdies ist auch der bilaterale Austausch
zwischen der Beschwerdeführerin und Roto hinsichtlich der Preiserhöhung im Jahr 2004 primär
als Sicherstellung der Durchsetzung des europäischen Herstellerkartells auf dem Schweizer Markt
zu qualifizieren. Vor diesem Hintergrund muss sowohl hinsichtlich der Preiserhöhung im Jahr 2007
als auch im Jahr 2004 offen bleiben, ob die Vermutungsbasis von Art. 5 Abs. 3 KG erfüllt ist.
6. Frage
nach wirksamem Restwettbewerb
Doch selbst bei Bejahung des Vorliegens einer Preisabrede im Sinne von Art. 5
Abs. 3 Bst. a KG wäre
mit Bezug auf die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Sanktionsverfügung der Vorinstanz aufgrund
der folgenden Beweisschwierigkeiten und -lücken im Zusammenhang mit der Prüfung des Bestehens
von hinreichendem Restwettbewerb geboten.
6.1 Im
Allgemeinen
6.1.1
Die Vermutungsfolge von Art. 5 Abs. 3 KG besteht darin, dass die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs vermutet
wird. Diese gesetzliche Vermutung kann indes durch den Nachweis von Restwettbewerb widerlegt werden (vgl.
Botschaft 1994, 565 f.; Amstutz/Carron/Reinert, a.a.O.,
Art. 5 Rn. 483 ff.; Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 443 ff., mit weiteren
Hinweisen). Der zur Widerlegung der Unzulässigkeitsvermutung erforderliche Restwettbewerb liegt
vor, wenn trotz der Abrede hinreichender Aussen- oder Innenwettbewerb spielt (vgl. BGE 129 II 18, 35
E. 8.1; Botschaft 1994, 565; Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 453 ff.).
Es genügt zur Vermutungswiderlegung, wenn auf dem relevanten Markt alternativ Innen- oder Aussenwettbewerb
hinsichtlich des von der Abrede betroffenen Wettbewerbsparameters besteht (vgl. Botschaft 1994, 565).
6.1.2 Der
Gesetzgeber hat mit der Möglichkeit, wonach die vermutete wettbewerbsbeseitigende Wirkung der drei
in Art. 5 Abs. 3 KG erwähnten Wettbewerbsabreden widerlegt werden kann, deutlich gemacht, dass es
im Schweizer Wettbewerbsrecht erstens kein per se-Verbot geben
kann und zweitens für die Beurteilung einer Abrede zwingend ein Marktbezug herzustellen ist (vgl.
Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 445a ff.). Denn erst die Umschreibung
des relevanten Markts erlaubt es, festzustellen, ob und inwieweit der wirksame Wettbewerb bei Vorliegen
einer Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5 Abs. 3 KG tatsächlich beseitigt wird (vgl. BGE 129 II
18, 33 E. 7.2). Mit Bezug auf die Marktabgrenzung sei darauf hingewiesen, dass die Frage nach dem räumlich
relevanten Markt zu unterscheiden ist von der Frage des räumlichen Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes.
Denn während der Anwendungsbereich des Gesetzes eine rechtliche Frage ist, die sich nach dem in
Art. 2 Abs. 2 KG verankerten Auswirkungsprinzip beurteilt, ist der räumlich relevante Markt eine
Frage der Würdigung des Sachverhalts. Trotz der Beschränkung des Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes
auf Auswirkungen in der Schweiz kann der relevante Markt europäisch regional, kontinental oder sogar
weltweit sein. Gerade die Abschottung des schweizerischen (Teil-)Markts von einem grösseren regionalen
Markt kann wettbewerbsrechtlich relevant sein (vgl. Walter A. Stoffel,
Wettbewerbsabreden, in: SIWR V/2, S. 91).
6.1.3 Im
Zusammenhang mit der Frage nach dem rechtsgenüglichen Nachweis von bestehendem Restwettbewerb gilt
es an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur EU, in der seit dem 1.
Mai 2004 auf Wettbewerbsbeschränkungen eine Verbotsgesetzgebung mit Legalausnahme Anwendung findet,
in der Schweiz statt per se-Verboten eine Missbrauchsgesetzgebung
gilt (vgl. Botschaft 1994, 555; Krauskopf/Schaller, a.a.O., Art. 5 Rn. 31
ff.). Folglich hat die Vorinstanz de lege lata in jedem Einzelfall
nachzuweisen, dass der Wettbewerb durch die fragliche Abrede erheblich beeinträchtigt wird. Zum
heutigen Zeitpunkt besteht im schweizerischen Kartellrecht somit keine per
se-Erheblichkeit, weshalb die Auswirkungen von Absprachen auf dem Markt durch die Vorinstanz zu
untersuchen sind.
6.2 Frage
nach potentiellem Aussenwettbewerb
6.2.1 Nach
Ansicht der Vorinstanz besteht auf dem relevanten Markt weder wirksamer aktueller noch potentieller Aussenwettbewerb
(vgl. Verfügung Rz 247 ff.). Demgegenüber stellt das Gericht mit Bezug auf den Nachweis fehlenden
potentiellen Aussenwettbewerbs Beweisschwierigkeiten fest. So hält die Vorinstanz im Zusammenhang
mit den Vorbringen der wirtschaftlich selbständigen Händler Koch und SFS, wonach auf der Handelsstufe
intensiver Aussenwettbewerb herrsche, und dem Einwand von Koch, dass in der Schweiz eine grosse
Anzahl Händler sich intensiv um die Kunden bemühen würden, in ihrer Verfügung fest,
diese Ausführungen seien zur Kenntnis genommen worden, doch würden vorliegend die Verhältnisse
auf dem relevanten Markt für Drehkippbeschläge analysiert (vgl. Verfügung Rz 269 f.).
Dieses Vorbringen der Vorinstanz ist jedoch weder schlüssig noch überzeugend. Vielmehr bestehen
erhebliche Zweifel, ob für die Frage des potentiellen Aussenwettbewerbs überhaupt der "richtige"
Markt analysiert wurde.
6.2.2 In
unmittelbarem Zusammenhang zu der Prüfung des Bestehens von potentiellem Aussenwettbewerb steht
die Frage nach der korrekten Abgrenzung des geographischen Marktes. Der räumliche Markt umfasst
das Gebiet, in welchem die Marktgegenseite die den sachlichen Markt umfassenden Waren oder Leistungen
nachfragt oder anbietet (vgl. analog Art. 11 Abs. 3 Bst. b der Verordnung über die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen vom 17. Juni 1996 [VKU], SR 251.4). Die
Vorinstanz
geht aufgrund des tatsächlichen Kaufverhaltens, welches sich auf die Schweiz konzentriere, von einem
geographisch relevanten Markt Schweiz aus. Erstellt ist jedoch, dass Lieferungen aus dem Ausland nicht
durch Handelshemmnisse erschwert werden. Im Bereich Baubeschläge für Fenster(türen) scheinen
nach Auffassung der Vorinstanz weder administrative Hürden, wie z.B. Produktprüfungen, Zulassungen
oder Patente, vorzuliegen. Der Handel wird auch nicht durch Zölle erschwert. Die Standardprodukte
aus den umliegenden Ländern können deshalb theoretisch problemlos in der Schweiz verkauft werden
(vgl. Verfügung Rz 261; act. 114; act. 180; act. 182). Vor diesem Hintergrund ist zumindest fraglich,
ob der geographische Markt national abzugrenzen ist.
6.2.3 Die
Beschwerdeführerin macht denn auch geltend, es gäbe keine wesentlichen Unterschiede zwischen
dem Schweizer Markt für Baubeschläge und dem Markt für Baubeschläge im Ausland. Insbesondere
seien die Fenstersysteme für Holz und Kunststofffenster in der Schweiz und im Ausland die gleichen
und auch die Beschläge seien mit den im Ausland (Deutschland, Österreich) benutzten identisch.
Es sei daher verfehlt, wenn die Vorinstanz von einem Schweizer Markt spreche (vgl. Eingabe vom 9. Februar
2012, S. 3 [Stellungnahme zur Frage 3]). Des Weiteren weist die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer
Ausführungen zum Aussenwettbewerb auf die fehlenden Handelshemmnisse gegenüber dem Ausland
hin (vgl. Beschwerde Rz. 19).
6.2.4 Nach
Ansicht der Vorinstanz spricht der Umstand, dass die grosse Mehrheit der Fensterverarbeiter - trotz
der Abwesenheit von Handelshemmnissen - die benötigten Beschläge in der Schweiz bezögen,
gegen eine disziplinierende Wirkung ausländischer Zwischenhändler (vgl. Verfügung Rz 240,
262). Die Fensterverarbeiter hätten für ihren Nichtbezug aus dem Ausland insbesondere die folgenden
Gründe angegeben: Direktbezug bei ausländischen Lieferanten, die eine Tochtergesellschaft in
der Schweiz haben, sei nicht möglich; fehlende Lagerkapazität, da nur palettenweise bestellt
werden könne, sowie der Bezug von zu kleinen Mengen. Auch die bestehenden Preisdifferenzen zwischen
der Schweiz und dem umliegenden Ausland könnten offenbar keine disziplinierende Wirkung auf die
in der Schweiz tätigen Baubeschlagshersteller entfalten. Wäre es realistisch, dass schweizerische
Fensterverarbeiter Beschläge in grossem Umfang regelmässig bei ausländischen Zwischenhändlern
bezögen, müssten sich die Preise in der Schweiz denjenigen der umliegenden Länder stärker
angleichen (vgl. Verfügung Rz 262, 263).
6.2.5 Mit
Bezug auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, Angebote der ausländischen Zwischenhändler
ASAL und Straub würden dazu führen, dass die Hauptkundin der Beschwerdeführerin, Koch,
ihren Kunden regelmässig Preisnachlässe und Rabatte einräumen müsste, ist darauf
hinzuweisen, dass dieses Vorbringen von der Untersuchungsadressatin Koch bestätigt wird. Entsprechend
bringt Koch vor, sie sei im Jahre 2007 und in der Zeit danach gezwungen gewesen, bei vielen Kunden die
Rabattkonditionen und Rückvergütungen zu erhöhen. Teilweise seien die Bruttopreiserhöhungen
für das Jahr 2007 sogar komplett ausgesetzt worden, so dass die Preise inflationsbereinigt gesunken
seien. Diese Preisentwicklung lasse sich überprüfen (vgl. Beschwerde von Koch, Rz 117 f.).
6.2.6 Aufgrund
des Untersuchungsgrundsatzes ist die Vorinstanz zum Nachweis verpflichtet, dass die Preiserhöhung
trotz der von den Untersuchungsadressaten geltend gemachten Preisnachlässen und Rabatten hat durchgesetzt
werden können. Entsprechende Sachverhaltserhebungen liegen vorliegend aber nicht vor. Vielmehr begnügt
sich die Vorinstanz im Zusammenhang mit den Vorbringen von Koch hinsichtlich des Preisdrucks ausländischer
Händler mit dem Aufstellen von Vermutungen. So macht sie geltend, Koch belege ihr Vorbringen, dass
ausländische Händler starken Preisdruck auf sie ausübten, mit dem Beispiel lediglich eines
Fensterverarbeiters, welcher regelmässig Konkurrenzofferten bei deutschen Händlern einhole.
Diesbezüglich weist die Vorinstanz darauf hin, dass auch in der Befragung nur ein einziger
Fensterverarbeiter ausgesagt habe, ausländische Konkurrenzofferten einzuholen. Nach Auffassung
der Vorinstanz scheine es sich folglich nicht um ein verbreitetes Vorgehen zu handeln. Aufgrund dessen
sei es nicht angezeigt, von umfassendem, starkem Preisdruck seitens ausländischer Händler im
relevanten Markt zu sprechen. Zudem scheine es, selbst für grosse Fensterverarbeiter, in der Schweiz
schwierig zu sein, direkte Vergleichsofferten mit Nettopreisen aus dem Ausland zu bekommen. Dies liege
daran, dass in der Schweiz und im Ausland häufig nicht genau dieselben Produkte und Qualitäten
verkauft würden und in der Schweiz das Service-Niveau höher sei. Weiter würden die effektiven
Nettopreise zwischen Lieferant und Fensterverarbeiter erst in Preisverhandlungen festgelegt, weshalb
sie in einer einfachen Offerte nicht ersichtlich seien.
6.2.7 Unter
Berücksichtigung des erforderlichen Beweismasses beim Vorliegen einer Selbstanzeige ist im vorliegenden
Zusammenhang festzuhalten, dass es den Anforderungen an einen rechtsgenüglichen Beweis nicht zu
genügen vermag, wenn aufgrund der vorliegenden Beweislage lediglich Vermutungen hinsichtlich der
disziplinierenden Wirkung ausländischer Zwischenhändler getroffen werden können. Nicht
zu überzeugen vermag daher die Feststellung seitens der Vorinstanz, beim Einholen ausländischer
Konkurrenzofferten scheine es sich folglich nicht um ein verbreitetes Vorgehen zu handeln. Es handelt
sich hierbei um eine Vermutung, aufgrund derer nicht ohne Weiteres gefolgert werden darf, es sei deshalb
nicht angezeigt, von umfassendem, starkem Preisdruck seitens ausländischer Händler im relevanten
Markt zu sprechen. Dasselbe gilt für die Feststellung der Vorinstanz, es scheine selbst für
grosse Fensterverarbeiter in der Schweiz schwierig zu sein, direkte Vergleichsofferten mit Nettopreisen
aus dem Ausland zu bekommen. Der blosse Anschein kann nicht als rechtsgenüglicher Beweis für
die fehlende disziplinierende Wirkung ausländischer Zwischenhändler gewertet werden. Daher
kann im Zusammenhang mit dem Händler Koch nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere die von
den Kunden besonders geschätzten Dienstleistungen von Koch dazu führen, dass viele Fensterverarbeiter
ihre Beschläge trotz Preisdifferenz gegenüber dem Ausland nach wie vor in der Schweiz beziehen.
Dies heisst aber nicht, dass aufgrund des tatsächlichen Kaufverhaltens der Fensterverarbeiter kein
Preisdruck ausländischer Händler besteht bzw. bestehen kann.
6.2.8 Aufgrund
der fehlenden Handelshemmnisse, der Angaben der Hälfte der Fensterverarbeiter zur Möglichkeit
des Auslandbezugs sowie der lückenhaften Beweislage im Zusammenhang mit der disziplinierenden Wirkung
ausländischer Zwischenhändler kann vorliegend nicht als zweifelsfrei erwiesen erachtet werden,
dass aufgrund des tatsächlichen Kaufverhaltens kein Druck aus dem Ausland und damit kein potentieller
Wettbewerb bestehe.
6.2.9 Im
Zusammenhang mit der Berücksichtigung weiterer Wettbewerbsparameter ist zwar unbestritten, dass
der Preis sowohl von den Untersuchungsadressaten als auch von der Marktgegenseite als wichtigster Parameter
erachtet wird. Die Einschätzung der Fensterverarbeiter hat aber ebenfalls hervorgebracht, dass die
Wettbewerbsparameter Qualität, Innovation sowie Service und Betreuung von der Bedeutung her nur
geringfügig hinter dem Preis zurück stehen. Auf einer Skala von 1 bis 4 bewertete denn auch
die Marktgegenseite den Preis mit 2, die Innovation mit 2,3 und die Qualität mit 2,5 (vgl. Verfügung
Rz. 284). Im Zusammenhang mit der Frage nach einer allfälligen Umstellung hält die Vorinstanz
deshalb zu Recht fest, dass neben dem Preis auch die Faktoren Qualität, Innovation sowie Service
und Betreuung für die Fensterverarbeiter von Relevanz zu sein scheinen (vgl. Verfügung Rz.
286).
6.2.10 Das
Bundesgericht hat entsprechend im Fall der Buchpreisbindung explizit festgehalten, dass "(...)
die Vermutung der Wettbewerbsbeseitigung durch den Nachweis widerlegt werden [kann], dass auf einem konkreten
Markt der Preis nicht der allein entscheidende Wettbewerbsparameter ist, und es daher trotz dessen Ausschaltens
aufgrund anderer Faktoren (z.B. Qualität) noch zu einem
wenn auch allenfalls erheblich beeinträchtigten
Wettbewerb kommt" (BGE 129 II 18, 37 E.8.3.4, mit weiteren Hinweisen).
6.2.11 Vorliegend
ist erstellt, dass die Wettbewerbsparameter Qualität, Innovation sowie Service und Betreuung neben
dem Preis als wichtigstem Parameter ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind. Der Preis ist zwar zweifelsohne
der wichtigste Wettbewerbsparameter, doch kann aufgrund der Angaben der Befragung nicht gesagt werden,
dass er der allein entscheidende Wettbewerbsparameter ist. Aufgrund der vorliegenden Beweise kann daher
nicht ohne Weiteres gefolgert werden, dass der Wettbewerb einzig und zweifelsfrei aufgrund des Wettbewerbsparameters
"Preis" zweifelsohne hat beseitigt werden können.
6.2.12 Mit
Bezug auf die Frage nach dem Bestehen eines aktuellen Aussenwettbewerbs verdient die Vorinstanz zwar
grundsätzlich Zustimmung. Denn im Falle einer nationalen Marktabgrenzung können die übrigen
Marktteilnehmer nicht als reelle Aussenwettbewerber betrachtet werden, ist doch der Markt für Baubeschläge
für Fenster und Fenstertüren in der Schweiz stark konzentriert. So vereinen die Beschwerdeführerin
und Roto Marktanteile von über 80% auf sich. Vor diesem Hintergrund können insbesondere GU
und Maco, die in der Schweiz lediglich einen Marktanteil von je bis zu 10% haben, nicht als reelle Wettbewerber
angesehen werden. Doch lässt sich vorliegend angesichts der offenen Frage hinsichtlich der korrekten
geographischen Marktabgrenzung auch die Frage nach dem Bestehen eines aktuellen Aussenwettbewerbs nicht
abschliessend beurteilen.
6.3 Beweisschwierigkeiten
bei der Prüfung des Innenwettbewerbs
a) Vorbringen der Vorinstanz
6.3.1 Nach
Auffassung der Vorinstanz besteht auf dem relevanten Markt auch kein wirksamer Innenwettbewerb. Sie prüfte
zunächst das Verhältnis zwischen den Endkunden von Drehkippbeschlägen (wie z.B. Architekten,
Bauherren etc.) und Beschlagsherstellern bzw. Vertriebsgesellschaften und ist der Ansicht, die Endkunden
übten keinen direkten Einfluss auf die Beschlagshersteller und deren Vertriebsgesellschaften aus,
weshalb sie diese nicht habe disziplinieren können (vgl. Verfügung Rz. 273). In der Folge konzentrierte
die Vorinstanz ihre Prüfung auf das Verhältnis zwischen den Beschlagsherstellern und deren
Vertriebsgesellschaften sowie der Marktgegenseite der Untersuchungsadressaten, den Fensterverarbeitern,
da für die Fensterverarbeiter im Gegensatz zu den Endkunden Baubeschläge ein wichtiger Inputfaktor
bei der Produktion von Fenstern und Fenstertüren seien. Die Fensterverarbeiter würden gezielt
entscheiden, von welchem Hersteller bzw. Vertreiber sie Baubeschläge beziehen wollten. Fensterverarbeiter
seien denn auch in Bezug auf Baubeschläge für die von ihnen verarbeiteten Fenster oder Fenstertüren
relativ preissensibel.
6.3.2 Mit
Bezug auf die Marktanteile hält die Vorinstanz fest, dass der relevante Markt von der Beschwerdeführerin
und Roto geprägt sei, die beide über sehr hohe Marktanteile verfügten. Diese beiden Anbieter
würden über 80% des relevanten Marktes bedienen. Die restlichen drei Beschlagsmarken zusammen
vereinten weniger als 20% Marktanteile auf sich. Es handle sich demnach vorliegend um einen stark konzentrierten
Markt. Betrachte man die Handelsstufe, falle auf, dass Koch klar der grösste Händler in der
Schweiz sei. Mit einigem Abstand folge SFS. Daneben würden eine Reihe weiterer, kleinerer Zwischenhändler
wie Rudolf Geiser AG, Immer AG, Wilhelm Fehr AG, Pfefferlé Cie. SA etc. existieren, welche addiert
einen Marktanteil von 0 - 10% auf sich vereinten. Die restlichen Anteile von 40 - 50% würden auf
den Direktvertrieb von Roto, der Beschwerdeführerin, GU und Winkhaus entfallen.
6.3.3 Mit
Bezug auf die Wettbewerbsintensität hält die Vorinstanz des Weiteren fest, dass die befragten
Fensterverarbeiter trotz der vorliegenden Preisabrede im Wesentlichen davon ausgingen, dass der Wettbewerb
zwischen den Herstellern von Fenster(tür)beschlägen eher intensiv sei. 34 von 55 Fensterverarbeitern
hätten die Aussage "Der Wettbewerb zwischen den Herstellern ist intensiv" mindestens
mit "trifft eher zu" gewertet. 15 Fensterverabeiter hätten angegeben, dass diese Aussage
"eher nicht" bzw. "überhaupt nicht" zutreffe. Dies sei ein nicht nachvollziehbares
Resultat. Diese Einschätzung könne einerseits darauf zurückgeführt werden, dass die
befragten Marktteilnehmer nicht in der Lage seien, eine objektive Einschätzung der Wettbewerbsverhältnisse
auf dem gesamten relevanten Markt vorzunehmen. Andererseits sei nicht auszuschliessen, dass gewisse der
befragten Fensterverarbeiter strategisch geantwortet hätten. Die Auswertung der Antworten der befragten
Fensterverarbeiter habe zwar ergeben, dass die Mehrheit die Wettbewerbsintensität als eher hoch
einschätzte, die befragten Fensterverarbeiter beurteilten jedoch auch die Verhandlungsmacht ihrer
Lieferanten als eher hoch. Diese sich entgegenstehenden Aussagen illustrierten, dass die Einschätzungen
der Befragten zu diesen zwei Punkten doch als eher subjektiv zu bewerten seien.
6.3.4 Mit
Bezug auf die Stellung der Marktgegenseite hält die Vorinstanz sodann das Folgende fest: Nach dem
Vollzug der Preiserhöhungen durch die europäischen Hersteller von Baubeschlägen für
Fenster und Fenstertüren hätten diese die Vertriebsgesellschaften und Händler in der Schweiz
angewiesen, die Preise ebenfalls zu erhöhen und diese an ihre Kunden zu überwälzen. Die
Untersuchungsadressaten hätten daraufhin ihren Kunden die vorgesehenen Preiserhöhungen zunächst
schriftlich angekündigt und die Ankündigungen der Preiserhöhungen gegenüber ihren
Kunden dergestalt vorgenommen, wie sie vorgängig anlässlich des Informationsaustauschs abgestimmt
worden seien. Es habe allerdings Kunden gegeben, die sich gegen die angekündigten Preiserhöhungen
gewehrt hätten, so dass die Untersuchungsadressaten mit einigen von ihnen individuelle Lösungen
ausgearbeitet hätten. Dabei sei - je nach Kunde - entweder die angekündigte Preiserhöhung
angepasst (in der Regel tiefer) oder mittels Rabattanpassungen abgefedert worden. Solche individuellen
Lösungen seien vor allem mit grösseren und bedeutenderen Kunden vereinbart worden. Durch die
Sachverhaltsschilderungen zu den Preiserhöhungen und die Befragungen der Fensterverarbeiter werde
teilweise bestätigt, dass der Grossteil der Fensterverarbeiter versucht habe, sich gegen angekündigte
Preiserhöhungen zur Wehr zu setzen. Bei rund einem Drittel der befragten Fensterverarbeiter seien
die Preiserhöhungen schliesslich nicht im angekündigten Umfang umgesetzt worden (vgl. Verfügung
Rz. 324 ff. betr. quantitatives Element). Dies bedeute jedoch grundsätzlich nicht, dass bei diesen
Fensterverarbeitern keine Preiserhöhungen erfolgt seien, sondern lediglich, dass diese nicht im
angekündigten Umfang umgesetzt worden seien. Entscheidend sei, dass bei den restlichen Fensterverarbeitern
die Preiserhöhungen offenbar hätten umgesetzt werden können. Somit stehe fest, dass die
Preiserhöhungen signifikante Auswirkungen auf dem relevanten Markt gezeitigt hätten.
6.3.5 Mit
Bezug auf den Umstand, dass sich die Preiserhöhungen praktisch nicht hätten durchsetzen lassen,
wie es die Beschwerdeführerin behaupte, hält die Vorinstanz entgegen, dass sowohl die Beschwerdeführerin
als auch Roto und damit die beiden Marktführer
im Rahmen der Untersuchung zunächst angegeben hätten,
die Preiserhöhungen hätten sich zu rund 40 - 50% (Roto; vgl. Beschwerde Rz. 20) bzw. bei rund
75% der Kunden (die Beschwerdeführerin; vgl. act. 139) umsetzen lassen. Die Beschwerdeführerin
habe zu einem späteren Zeitpunkt behauptet, dass die Preiserhöhungen kaum hätten umgesetzt
werden können (vgl. act. 302, S. 3 f. und Beschwerde Rz. 20 f.). Dabei handle es sich jedoch um
eine unbelegte Behauptung der Beschwerdeführerin. Wenn die Beschwerdeführerin nun argumentiere,
insbesondere die beiden Grosskunden Ego Kiefer und 4B hätten keine Preiserhöhung akzeptiert,
und dies einem Umsatzanteil von etwa 25% entsprechen würde, so suggeriere dies, dass die ursprüngliche
Aussage der Beschwerdeführerin, dass die Preiserhöhungen bei rund 75% ihrer Kunden hätten
umgesetzt werden können, zutreffend gewesen sei. Nach der Ansicht der Vorinstanz stehe indes fest,
dass die Preiserhöhungen bei den beiden Marktführern zu mehr als 50% hätten umgesetzt
werden können (vgl. Verfügung Rz. 322). Die Vorinstanz habe in ihrer Verfügung denn auch
nichts anderes festgehalten (vgl. Verfügung Rz. 311).
6.3.6 Dem
Argument der Beschwerdeführerin, die regelmässig in der Praxis gewährten Rabatte würden
dazu führen, dass die Bruttopreise (Listenpreise) keine Bedeutung hätten, hält die Vorinstanz
entgegen, dass gewährte Rabatte in der Praxis in Bezug auf Preiserhöhungen keine Rolle gespielt
hätten. Denn unabhängig von der Gewährung und der Höhe von Rabatten führe eine
Preiserhöhung zu einer Veränderung in der Preisbasis (auf welcher dann die Rabatte berechnet
würden), was die Vorinstanz anhand nachfolgender Beispiele darlegt:
Beispiel 1: Bei einem Bruttopreis von 100 und einer Gewährung eines Rabattes von 20% belaufe
sich der Nettopreis auf 80. Nach Erhöhung des Bruttopreises um 10% belaufe sich dieser auf 110 und
der Nettopreis bei gleich bleibendem Rabatt von 20% auf 88. Als Resultat folge, dass der Nettopreis ebenfalls
um 10% steige, nämlich von 80 auf 88.
Beispiel 2: Bei einem Bruttopreis von 100 und der Gewährung eines Rabattes von 60% belaufe sich
der Nettopreis auf 40. Bei einer Erhöhung des Bruttopreises um 10% belaufe sich dieser auf 110 und
der Nettopreis bei gleich bleibendem Rabatt von 60% auf 44. Als Resultat folge wiederum, dass der
Nettopreis ebenfalls um 10% steige, nämlich von 40 auf 44.
Diese Beispiele zeigen nach Auffassung der Vorinstanz deutlich auf, dass eine
Erhöhung der Bruttopreise
unabhängig von der Gewährung von Rabatten und ungeachtet von deren Höhe die Nettopreise,
d.h. die Endpreise, zu beeinflussen vermögen. Aus diesem Grund seien der Informationsaustausch zwischen
der Beschwerdeführerin und Roto und die Teilnahme am multilateralen Treffen vom 22. September 2006
dadurch zu erklären, dass sie dabei über das zukünftige Verhalten der anderen Untersuchungsadressaten
Aufschluss hätten erhalten wollen.
6.3.7 Der
Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Rabatte gegenüber zwei Kunden erhöht habe, ändere
nichts an der Tatsache, dass die Preiserhöhungen auf einen erheblichen Teil der Fensterverarbeiter
überwälzt worden seien. Koch einer der beiden
von der Beschwerdeführerin erwähnten Kunden
sei zudem ein grosser Zwischenhändler und kein Fensterverarbeiter. Eine Erhöhung des Rabatts
gegenüber Koch sage noch nichts darüber aus, ob dieser Zwischenhändler die Rabatterhöhung
an seine Kunden die Fensterverarbeiter
weitergegeben habe. Präzisierend führt die Vorinstanz des Weiteren aus, dass Koch zwar gewissen
ihrer Kunden Preisnachlässe und Rabatte eingeräumt habe, doch habe es sich dabei im Wesentlichen
um bedeutende Kunden von Koch gehandelt. Und dass Koch diesen besondere Bezugskonditionen gewähre,
liege auf der Hand und sei von der Vorinstanz in ihrer Verfügung entsprechend analysiert worden
(vgl. Verfügung Rz. 291 ff.). Hinsichtlich der Bedeutung ausländischer Händler verweist
die Vorinstanz im Übrigen auf ihre Ausführungen in der Verfügung.
6.3.8 Mit
Bezug auf die Antworten der befragten Fensterverarbeiter weist die Vorinstanz die Rügen der Beschwerdeführerin
zurück und hält diesbezüglich Folgendes fest: Die Wettbewerbsbehörden hätten
die Befragungen von Fensterverarbeitern in erster Linie zur Klärung verschiedener Fragen rund um
die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse sowie im Hinblick auf die Auswirkungen der Preiserhöhungen
vorgenommen. Diese Befragungen seien im Sinne einer
Plausibilitätsprüfung als Ergänzung zu
den anlässlich der Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Beweismitteln und den eingereichten Selbstanzeigen
vorgenommen worden und hätten nicht die alleine entscheidende Grundlage für die Beurteilung
der in Frage stehenden Wettbewerbsabrede gebildet.
6.3.9 Was
die Antworten der befragten Fensterverarbeiter bezüglich der Frage der Intensität der Wettbewerbsverhältnisse
angehe, so seien diese mit Vorsicht zu geniessen und bedürften insbesondere in dreierlei Hinsicht
einer Relativierung:
(i) Erstens zeige die Auswertung der eingegangenen Antworten der befragten Händler kein eindeutiges
Bild: Mehr als 30% der befragten Fensterverarbeiter, welche die Frage der Wettbewerbsintensität
verwertbar beantwortet hätten, hätten die Aussage als (eher) unzutreffend beurteilt, dass der
Wettbewerb zwischen den Herstellern intensiv sei;
(ii) zweitens illustriere gerade diese, den Fensterverarbeitern gestellte Frage,
dass die Einschätzungen
in erster Linie dazu geeignet gewesen seien, einen generellen Eindruck der
Branche für Baubeschläge
für Fenster und Fenstertüren einzuholen;
(iii) und drittens sei unklar, ob sich die Antworten der befragten Fensterverarbeiter
auf die Verhältnisse
zwischen den (ausländischen) Herstellern die Beschlagsmarken
oder auf die Wettbewerbsverhältnisse zwischen den
Untersuchungsadressaten beziehen würden.
6.3.10 Schliesslich
gelte es bezüglich der Aussagen der befragten Fensterverarbeiter darauf hinzuweisen, dass es bei
den Antworten auf die von der Vorinstanz gestellten Fragen durchaus substanzielle Unterschiede
gebe. Gewisse Angaben insbesondere solche, die sie direkt
betreffen würden hätten die Fensterverarbeiter
ohne Weiteres zu beantworten vermocht, bei anderen solche,
die eher abstrakter Natur seien scheine dies jedoch
nicht gleichermassen der Fall gewesen zu sein. Insbesondere habe die Analyse der eingegangenen Antworten
auf die Frage zur Wettbewerbsintensität zwischen den Herstellern ergeben, dass die Fensterverarbeiter
offenbar mit der Differenzierung zwischen der Marke eines Produkts und dessen Lieferanten Mühe gehabt
hätten. Daher seien die Aussagen insofern wohl weniger aussagekräftig gewesen als Angaben zur
eigenen Geschäftsaktivität der Fensterverarbeiter. Auf jeden Fall hätten die ausgewerteten
Informationen kein einheitliches Bild ergeben, so dass keine zuverlässige Aussage möglich gewesen
sei.
6.3.11 Abschliessend
hält die Vorinstanz fest, es erstaune, dass die Beschwerdeführerin die Argumentation der gewährten
Rabatte (in der Form) zum ersten Mal vortrage und dabei insbesondere die ins Recht gelegten Beweismittel
(Rechnungen [Beilagen 1 - 8 der Replik]) erstmals vorbringe. Dies nehme die Vorinstanz mit Erstaunen
zur Kenntnis, habe die Beschwerdeführerin doch zwei Mal Gelegenheit gehabt, zum Verfügungsantrag
des Sekretariats Stellung zu nehmen; darüber hinaus habe eine Anhörung vor der Vorinstanz stattgefunden.
b) Vorbringen der Beschwerdeführerin
6.3.12 Die
Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, es habe massgeblicher Innenwettbewerb bestanden.
Die Preiserhöhungen seien auf exogene Faktoren zurückzuführen. Selbst wenn eine Preisabsprache
bejaht würde, hätte eine solche lediglich einen marginalen Teil der Preiserhöhung erfasst.
Die Preiserhöhungen hätten sich zudem praktisch nicht durchsetzen lassen. Die Vorinstanz halte
selbst fest, die Preiserhöhungen seien bei rund einem Drittel der befragten Fensterverarbeiter nicht
im angekündigten Umfang umgesetzt worden (vgl. Verfügung Rz. 296). Für die Behauptung,
selbst bei diesem Drittel hätten die Preiserhöhungen durchgesetzt werden können, nur nicht
im angekündigten Ausmass, fehle jeder Beweis; sie sei aktenwidrig. Wie die Verfügung korrekt
festgehalten habe (vgl. Verfügung Rz. 91), sei es Roto nicht gelungen, die Preiserhöhungen
in vollem Umfang gegenüber den Kunden durchzusetzen. In der Anhörung vom 20. September 2010
habe Roto festgehalten, die Preiserhöhung hätte nur zu 40 - 50% umgesetzt werden können,
für 50% - 60% der abgesetzten Menge hätte Roto demgegenüber mit den Kunden Sonderregelungen
vereinbart, bei welchen die Preiserhöhungen überhaupt nicht, nur zum Teil oder zeitverzögert
hätte umgesetzt werden können (vgl. act. 339, S. 14). Da Roto als Kronzeuge volle Strafbefreiung
geniesse, sei an ihren Aussagen nicht zu zweifeln. SFS habe sogar festgehalten, es sei nicht gelungen,
die Preiserhöhungen durchzusetzen (vgl. act. 339, S. 19). Maco habe eine Preiserhöhung in Höhe
von 5,6% kommuniziert (vgl. Verfügung Rz. 92), habe diese aber lediglich im Umfang von 0,6% umsetzen
können (vgl. act. 31; act. 339 S. 22.) Zudem sei erneut darauf hinzuweisen, dass auch den Fensterbauern
klar gewesen sei, dass aufgrund der Kostensteigerungen eine Preiserhöhung unausweichlich sein werde.
Wie die Vorinstanz ja selbst anerkenne, wären Preiserhöhungen auch ohne irgendwelchen Austausch
unter den Parteien erfolgt.
6.3.13 Die
Beschwerdeführerin habe ihren Preisaufschlag ebenfalls nicht bei sämtlichen Kunden durchsetzen
können. So hätten insbesondere die beiden Grosskunden Ego Kiefer und 4B keine Preiserhöhung
akzeptiert, was einem Umsatzanteil von etwa 25% entspreche (vgl. act. 66, Ziff. 17, S. 8). Bei den übrigen
Kunden habe sich die Beschwerdeführerin genötigt gesehen, ihren Kunden nach erfolgter Preiserhöhung
höhere Rabatte zu gewähren, was die Preiserhöhungen grösstenteils wieder zunichte
gemacht und ihrer Wirkung beraubt habe. Zudem sei dem wichtigsten Kunden Koch der Rabatt bei Bestellungen
seiner wichtigsten Kunden per 1. Dezember 2004 von (...)% auf (...)% erhöht worden (vgl.
act. 17 A-21). Zu diesen enormen Rabatten sei noch ein Bonus in der Höhe von (...)% auf dem
Endpreis gekommen. Schon das Ausmass der gewährten Rabatte zeige, welch grosse Rolle die Rabattgewährung
in der Praxis spiele, habe doch Koch damit gerade mal (...)% des Listenpreises bezahlt. Der Umstand,
dass in der Praxis regelmässig Rabatte gewährt würden, führe dazu, dass den Listenpreisen,
die von den fraglichen Preiserhöhungen erfasst würden, in der Praxis keine Bedeutung zukomme.
Damit hätten aber auch die fraglichen Preiserhöhungen keinen Einfluss auf die Endpreise gehabt
(vgl. Rechnungen der Beschwerdeführerin
an Paul Koch AG Nr. 880981und Nr. 88545 [Beilage 4 und 5 der Beschwerde]).
6.3.14 Die
Behauptung der Vorinstanz, die Preiserhöhungen hätten sich bei den beiden Marktführern
zu mehr als 50% umsetzen lassen, widerspreche der Darstellung von Roto anlässlich der Anhörung
vom 20. September 2010, in welcher Roto festgehalten habe, die Preiserhöhung hätte nur zu 40
- 50% umgesetzt werden können. Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausgeführt
habe, sei es keineswegs so gewesen, dass neben den beiden Grosskunden Ego Kiefer und 4B mit einem Umsatzanteil
von etwa 25% keinem weiteren Kunden Rabatte gewährt worden seien (vgl. Beschwerde Rz. 21). Wie dargelegt,
sei insbesondere dem wichtigsten Kunden Koch am 1. Dezember 2004 der Rabatt von (...) auf (...)%
erhöht worden (vgl. Beschwerde Rz. 21). Dieser Rabatt sei ab 1. Februar 2008 auf (...)% weiter
erhöht worden. Die Kundin (...) habe ab Februar 2007 von einem von 43% auf 51% und ab Mitte
April 2007 auf 53% erhöhten Rabatt profitiert. Dadurch hätten sich die Produkte für (...)
im fraglichen Zeitpunkt der Preiserhöhung sogar massiv verbilligt, habe sie doch vor der Preiserhöhung
für ein Produkt von beispielsweise CHF 1'000.- nach Abzug des Rabatts von 43% einen Preis von CHF
570.- bezahlen müssen. Unmittelbar nach der Preiserhöhung habe sie für das dann (vor Rabatten)
CHF 1'057.- kostende Produkt nach Abzug des Rabatts von 51% noch ganze CHF 517.93 und ab April nach der
nochmaligen Rabatterhöhung auf 53% gerade mal CHF 496.79 bezahlt. Der Preis habe
sich damit massiv um etwa 13% reduziert. Von einer Umsetzung der Preiserhöhung (erst noch
im Umfang von mehr als 50%) könne nicht gesprochen werden (vgl. Rechnungen [Beilage 1 - 8 der Replik
vom 2. Mai 2011]). Tatsächlich handle es sich beim Markt für Baubeschläge um einen Markt
mit sinkenden Preisen (vgl. Eingabe vom 9. Februar 2012, S. 2 [Stellungnahme zur Frage 1]). Dass die
Preise für Baubeschläge rückläufig gewesen seien, könne der von der Beschwerdeführerin
eingereichten Übersicht betreffend die Entwicklung des durchschnittlichen Nettopreises der wesentlichen
Beschlagteile für Dreh-/Drehkippfenster im Zeitraum 2005 bis 2007 entnommen werden. Daraus gehe
hervor, dass die Durchschnittspreise vom Jahr 2005 bis ins Jahr 2007 kontinuierlich gesunken seien (vgl.
Ergänzung zur Eingabe vom 9. Februar 2012, Beilage 3).
6.3.15 Die
Ausführung der Vorinstanz, wonach sich eine in Prozenten ausgedrückte Preiserhöhung im
selben Prozentsatz auf die Nettopreise niederschlage, sei nur dann richtig, wenn die Rabatte nicht angepasst
würden. Gerade bei der Preiserhöhung im Jahre 2004 sei es beim Kunden Koch zu einer Erhöhung
des Rabatts von (...) auf (...)% gekommen, was letztlich dazu geführt habe, dass die Preiserhöhungen
sich nur noch geringfügig auf die Endpreise ausgewirkt hätten (vgl. Beschwerde Rz. 21). Nähme
man mit der Vorinstanz eine vereinbarte Preiserhöhung um 6% an, würde sich die Preissituation
ab Dezember 2004 wie folgt gestalten:
Angenommen, der Bruttopreis betrage 100, so belaufe sich der Preis bei einem
Rabatt von (...)%
vor Gewährung eines Bonus auf (...). Bei einem Bonus von (...)% betrage der Nettopreis (...).
Nach einer Erhöhung um 6% und einer Rabatterhöhung auf (...)% belaufe sich der Bruttopreis
auf 106. Bei Gewährung eines Rabattes von (...)% betrage der Preis vor der Gewährung eines
Bonus (...). Nach Berücksichtigung eines Bonus von (...)% würde ein Nettopreis von
(...) vorliegen.
Damit habe sich der Preis um gerade mal 2,0% erhöht, was zeige, dass sich die behauptete Preisabsprache
nicht habe durchsetzen lassen. Da die Vorinstanz die Entwicklung der Nettopreise der Untersuchungsadressaten
nicht miteinander verglichen habe, sei es ihr von vorneherein nicht möglich gewesen, festzustellen,
ob die behauptete Preisabrede überhaupt irgendwelche Auswirkungen gehabt habe. Die Beschwerdeführerin
habe dargelegt, dass die Nettopreiserhöhungen aufgrund erhöhter Rabatte signifikant kleiner
gewesen seien als die bekannt gegebenen Listenpreiserhöhungen (vgl. Eingabe vom 9. Februar 2012,
S. 3 [Stellungnahme zur Frage 6]). Die Aussage der Vorinstanz, die Erhöhung der Bruttopreise wirke
sich auf die Nettopreise aus (vgl. Verfügung Rz. 306), sei durch nichts belegt und schon aus theoretischer
Sicht falsch: Würden die Bruttopreise bspw. um 5% erhöht, dafür aber einem Kunden ein
um 5% höherer Rabatt gewährt, verbilligten sich die Preise. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin
hätte die Vorinstanz daher genau nachprüfen müssen, welche Rabatte den Kunden im Einzelnen
gewährt worden seien und inwiefern sich die behauptete Preisabsprache letztlich beim Kunden tatsächlich
ausgewirkt habe (vgl. Eingabe vom 9. Februar 2012, S. 4 [Stellungnahme zur Frage 9]).
6.3.16 Des
Weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, aus der angefochtenen Verfügung und den darin
zitierten Aussagen von Fensterbauern ergebe sich lediglich, dass bei rund einem Drittel der Fensterbauer
die Preiserhöhungen nicht im angekündigten Umfang umgesetzt worden seien. Die Vorinstanz habe
aber für ihre Behauptung, dass die Erhöhung bei den restlichen Fensterbauern habe umgesetzt
werden können, keine Belege vorgelegt (vgl. Eingabe vom 9. Februar 2012, S. 4 [Stellungnahme zur
Frage 8]).
6.3.17 Angesichts
des unbestrittenen Umstands, dass die Preiserhöhungen bereits beschlossen gewesen seien, bevor es
zur behaupteten Abrede gekommen sei, zeige sich, dass die behauptete Abrede keinerlei Auswirkungen auf
dem Markt entfaltet habe. Es gehe nicht an, die Aussagen der Fensterverarbeiter zu den Marktverhältnissen
zu relativieren, weil die Ergebnisse offenbar nicht dem Gusto der Vorinstanz entsprechen würden.
Wie die Vorinstanz in Rz. 280 ihrer Verfügung selbst ausführe, hätten 34 von 55 Fensterverarbeitern
die Aussage "Der Wettbewerb zwischen den Herstellern ist intensiv" mindestens mit "trifft
eher zu" gewertet und lediglich 15 mit "eher nicht" bzw. "überhaupt nicht".
An dieser klaren Einschätzung der Marktgegenseite zu zweifeln, bestehe kein Anlass. Da die Marktgegenseite
der Fensterverarbeiter die Untersuchungsadressaten seien, hätten die Fensterverarbeiter offensichtlich
die Frage auch mit Bezug auf das ihnen bekannte Wettbewerbsverhältnis beantwortet und den Wettbewerb
zwischen den Untersuchungsadressaten im Auge gehabt. Ob die Frage über die Wettbewerbsverhältnisse
lediglich gestellt worden sei, um eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, sei letztlich irrelevant,
hätten doch die Fensterhersteller trotzdem die gesetzliche Pflicht gemäss Art. 40 KG gehabt,
auch eine solche Frage korrekt zu beantworten.
c) Würdigung des Gerichts
aa) Zum Beweiswert der Antworten aus den Fragebogen
6.3.18 Die
befragten Marktteilnehmer wurden von der Vorinstanz nach deren Grösse in folgende drei Kategorien
unterteilt:
Kleineres Unternehmen (Umsatz <
10 Mio)
|
Mittelgrosses Unternehmen (Umsatz zwischen 10 Mio. und 20 Mio.)
|
Grosses Unternehmen (Umsatz > 20 Mio.)
|
act. 74, 76, 81, 87, 88, 91, 101, 104, 110, 113, 122,
124, 132, 133, 142, 151, 152, 154, 155,
157, 163, 169.
|
act. 84, 102, 107, 115, 126, 129, 136, 141 (bzgl.
Kufag AG), 141 (bzgl. Herzog Fenster AG), 143,
149, 160.
|
act. 78, 98, 100, 108, 131 i.V.m. 165, 141 (bzgl.
swisswindows AG), 144, 148.
|
Die Zahlen stehen für die befragten Marktteilnehmer (Fensterverarbeiter und Zwischenhändler).
|
Es sei darauf hingewiesen, dass
die Vorinstanz sich für die Kategorisierung der Unternehmen
gemäss Aktennotiz betreffend Anonymisierung befragter Marktteilnehmer auf den Gesamtumsatz für
das Jahr 2008 abstützt (act. 75). Gemäss Bst. B des Fragebogens vom 10. Februar 2009 werden
die Marktteilnehmer dann aber nicht nach ihrem Gesamtumsatz gefragt, sondern spezifisch nach dem erwirtschafteten
bzw. geschätzten Umsatz im Jahr 2008 (alternativ 2007) im Bereich Fenster und Fenstertüren
(act. 70, S. 2, Bst. B). Die obige Auswertung stützt sich auf die von den befragten Marktteilnehmern
auf Bst. B angegebenen Umsätze.
|
Folgende Befragten erteilten keine Angaben bzgl. Umsatz:
act. 73, 77, 85, 89, 90, 93, 96, 105,
112, 117, 121, 123, 127, 128, 130, 134, 135, 137, 138, 140, 156,
158, 159, 161, 162, 164, 166, 167, 168.
(Im vorliegenden Zusammenhang nicht verwertbar ist
act. 99)
|
6.3.19 Es
sei darauf hingewiesen, dass die Vorinstanz bei der Auswertung der Antworten zur Frage, ob die Preiserhöhungen
gegenüber der Marktgegenseite haben durchgesetzt werden können, nicht danach differenziert,
ob sich die Angaben auf die Beschwerdeführerin oder aber auf die anderen Untersuchungsadressaten
beziehen. Vor dem Hintergrund, dass im kartellrechtlichen Sanktionsverfahren grundsätzlich das Beweismass
des Vollbeweises gilt und der Untersuchungsgrundsatz auch bei Vorliegen einer Selbstanzeige volle Geltung
beansprucht, werden die Antworten der Befragten nachfolgend danach untersucht, inwiefern sie konkrete
Angaben zum Verhalten der Beschwerdeführerin enthalten und welche Beweiskraft diesen Aussagen im
vorliegenden Verfahren zukommt.
6.3.20 Als
Erstes interessiert, ob die Beschwerdeführerin die der Marktgegenseite angekündigten Preiserhöhungen
von 3% per 1.7.2004, 3% per 1.10.2004 sowie 5.7% per 1.2.2007 hat durchsetzen können und falls ja,
in welchem Umfang (vgl. "Angaben zu Preisen und Rabatten", C.IV.14 ff. [bzw. Ziff. 12 ff.]
des Fragebogens). Da die Beschwerdeführerin ihre Fenster- und Fenstertürbeschläge in der
Schweiz fast ausschliesslich über Koch vertreibt, gilt es nachfolgend aufzuzeigen, inwiefern sowohl
Koch als auch die Beschwerdeführerin direkt die Preiserhöhungen gegenüber den Befragten
haben durchsetzen können. Es sei darauf hingewiesen, dass die Paul Koch AG in Wallisellen (Koch)
Untersuchungs- und Sanktionsadressatin der Vorinstanz ist (vgl. Verfügung S. 1, sowie Dispositiv
[S. 90], Ziff. 1, 5 und 6). Die Paul Koch AG, Wallisellen, ist Teil der Koch-Gruppe, zu welcher neben
der Beschwerdeführerin auch die Paul Koch AG, Birsfelden, die Eugen Koch AG, St. Gallen, die KWB
AG, Bern, sowie die KWB AG, Bulle, gehören (vgl. Verfügung Rz. 5; hiervor Bst. A). Bei der
Auswertung der Fragebogen ist festzustellen, dass die befragten Marktteilnehmer teilweise nicht präzise
angeben, welche Gesellschaft der Koch-Gruppe ihr Lieferant ist, sondern allgemein "Koch"
als Bezugsquelle angeben oder auch "Paul Koch AG" hingeschrieben haben, ohne zu differenzieren,
ob es sich dabei um die Gesellschaft mit Sitz in Wallisellen oder Birsfelden handelt. Weitere Befragten
nennen nicht Koch (im Sinne von Paul Koch AG, Wallisellen) als ihren Lieferanten, sondern explizit eine
andere Gesellschaft der Koch-Gruppe. Mit Bezug auf die Umsetzung der Preiserhöhungen von der Beschwerdeführerin
wird nachfolgend nicht im Einzelnen danach differenziert, ob es sich um Koch oder aber um eine andere
Gesellschaft der Koch-Gruppe handelt, da diese Unterscheidung für das vorliegende Verfahren nicht
von Belang ist. Nach Auswertung der Fragebogen lassen sich die Antworten der befragten Fensterverarbeiter
und Zwischenhändler in die folgenden Kategorien aufteilen:
6.3.21 Acht
der Befragten geben an, dass die angekündigten Preiserhöhungen gegenüber ihnen vollumfänglich
umgesetzt wurden bzw. sie den MTZ an ihre Abnehmer entsprechend weitergegeben haben (vgl. act. 110, 122,
123, 124, 133 [Befragter gab zwar an, dass 5.7% per 1.2.06 umgesetzt wurde, doch scheint aufgrund der
übrigen Angaben des Fragebogens der Schluss zulässig, dass es sich dabei um einen Schreibfehler
handelt und der Befragte eine Preiserhöhung von 5.7% per 1.2.07 meinte], 149, 164 und act. 91, wobei
es sich bei letzterem Befragten um einen Zwischenhändler handelt, der angab, dass er in den meisten
Fällen die Erhöhungen an seine Abnehmer habe weitergeben können, teilweise aber mit zeitlicher
Verzögerung, und dass er bei einzelnen Abnehmern habe Rabatte gewähren müssen]). Von diesen
acht Befragten beziehen sieben zwischen 60 - 100% ihrer Beschläge von der Beschwerdeführerin
(bzw. über die Koch-Gruppe), einer nur zu 24.74% (vgl. act. 164).
6.3.22 Des
Weiteren ist festzustellen, dass die Auswertung einiger Fragebogen mit Unklarheiten verbunden ist, auch
wenn deutlich hervorgeht, dass die Beschläge der Beschwerdeführerin bezogen bzw. verwendet
werden. Einerseits fehlen diesbezüglich Angaben zu den Preiserhöhungen (vgl. act. 140 [nur
1% von Koch]), wobei aber auch festgehalten wird, dass keine Intervention stattgefunden habe mit Bezug
auf die angekündigten Erhöhungen (vgl. Frage C.IV.17, die danach fragt, ob das Unternehmen
in den Jahren 2004 - 2007 bei seinem Lieferanten darauf hingewirkt habe, angekündigte Preiserhöhungen
nicht umzusetzen; vgl. act. 162, 169). Andererseits wurden Preiserhöhungsschreiben für das
Jahr 2008 und 2006 beigelegt, wobei aber das Schreiben vom Jahr 2006 nicht den Drehkippbereich betrifft,
da dort noch keine Preiserhöhungen angekündigt worden sind (vgl. act. 166). Überdies wird
angegeben, es habe eine jährliche Erhöhung von 3 - 5% stattgefunden und es sei nicht interveniert
worden, doch fehlen konkretere Angaben bezüglich der Umsetzungshöhe mit Bezug auf das Umsetzungsdatum
(vgl. auch act. 159, wo der Befragte auf dem Fragebogen angemerkt hat, der Fragebogen entspreche nicht
dem "Stand der Technik"). Auch werden keine Angaben zu den Preiserhöhungen gemacht,
doch wird darauf hingewiesen, dass automatisch die fakturierten Preise angewendet würden, wobei
aber keine weiteren Dokumente oder Angaben vorliegen (vgl. act. 101, wonach der Befragte jedoch nur zu
10% die Beschläge der Beschwerdeführerin verwendet). Oder aber es wird zwar die Beschwerdeführerin
als Lieferantin genannt, doch fehlen jegliche Angaben zur Preiserhöhung (vgl. act. 93, wobei der
Befragte nur 19% seiner Beschläge von der Beschwerdeführerin bezieht). Des Weiteren wird aus
beigelegten Preiserhöhungsschreiben die Umsetzung einer Erhöhung von 6% per 1.9.06 ersichtlich,
doch bezieht sich diese Erhöhung gemäss dem Schreiben explizit nicht auf den Drehkippbereich.
Konkrete Angaben zu den Preiserhöhungen im Jahr 2004 und per 1.2.2007 fehlen, doch wurde wiederum
angekreuzt, dass keine Intervention gegen die Preiserhöhungen in den Jahren 2004 - 2007 stattgefunden
hätten (vgl. act. 126). Auch wurde angegeben, dass eine Erhöhung von 4% stattgefunden habe,
doch bleibt offen, für welches Jahr. Aufgrund der geringen Erhöhung sei nicht gegen die Erhöhung
angekämpft worden (vgl. act. 137).
6.3.23 Die
nächste Kategorie der Befragung lässt sich dadurch charakterisieren, dass die Befragten explizit
angegeben haben, die Beschläge der Beschwerdeführerin zwar zu beziehen, doch sich gegen die
angekündigten Preiserhöhungen erfolgreich zur Wehr gesetzt zu haben, so dass entweder keine
oder aber nur eine teilweise Umsetzung stattgefunden habe (vgl. act. 76 [Bejahung einer Intervention,
aber keine weiteren konkreten Angaben]; act. 82 i.V.m. 141 [geforderte 5.7% per 1.2.2007 seien mit höheren
Rabatten ausgeglichen worden bzw. Umsetzung zu 2.9%; im Jahr 2004 geforderte 6% umgesetzt]; act. 84 [Bejahung
einer Intervention, aber keine weiteren konkreten Angaben]; act. 100 [angekündigte Preiserhöhungen
seien mittels Angeboten aus Deutschland abgewendet worden]; act. 128 [Bejahung einer Intervention, aber
keine weiteren konkreten Angaben ]; act. 132 i.V.m. 165 [Umsetzung im Jahr 2004 wie angekündigt,
aber per 1.2.2007 nur 2% von den geforderten 5.7% umgesetzt]; act. 144 [v.a. mündliche Intervention
mit der Folge, dass Bestellungen zu alten Konditionen ausgehandelt und teilweise eine Umsatzrückvergütungsvereinbarung
erzielt werden konnte]; act. 161 [Preiserhöhungen seien mittels zusätzlicher Rabatte ausgeglichen
worden, weshalb es in der Zeitspanne von 2004 - 2008 netto zu keinen Preiserhöhungen gekommen sei;
vgl. Angaben zu C.IV.14 - 17]. In diesem Zusammenhang sei des Weiteren darauf hingewiesen, dass auch
der wichtigste Kunde der Koch-Gruppe, (...), sich erfolgreich gegen die angekündigten Preiserhöhungen
hat zur Wehr setzen können, mit der Folge, dass ihr gegenüber die Preise im Jahr 2004 nicht
erhöht wurden und sie per 1.1.2007 von den geforderten 5.7% eine Reduktion von - 3% aushandeln konnte,
wobei aber auf Alu-Teile per 1.9.2006 eine Erhöhung von + 3% erfolgte (vgl. act. 108 i.V.m. act.
92, Ziff. 14, 18, 23).
6.3.24 Überdies
haben sich auch weitere Befragte, die explizit angegeben haben, die Beschläge der Beschwerdeführerin
zu verwenden, erfolgreich gegen die Preiserhöhungen gewehrt, so dass ihnen gegenüber keine
bzw. nur eine reduzierte Erhöhung durchgesetzt werden konnte, doch beziehen sich ihre Angaben primär
auf die Zeitspanne 2008 - 2009 (vgl. act. 115, 129, 158). Zu erwähnen bleibt zudem ein Befragter,
der allerdings nur 6% seiner Beschläge von der Beschwerdeführerin bezieht und angegeben hat,
er habe sich dagegen gewehrt, dass ihm gegenüber die 5.7% umgesetzt würden, doch habe ihn diese
Erhöhung nur sehr gering betroffen, da die Preise bzgl. LME Beschläge im Jahr 2004 nur um +
1% erhöht worden seien (vgl. act. 148).
6.3.25 Eine
weitere Kategorie der Befragung lässt sich dadurch charakterisieren, dass die Befragten nicht explizit
die Beschwerdeführerin, sondern lediglich eine Gesellschaft der Koch-Gruppe als ihren Lieferanten
angegeben haben. Auch bei der Frage nach der Beschlagsart (vgl. Frage C.I.5, die von einigen Befragten
unter Angabe der Marke der Beschläge beantwortet wurde) können dieser Kategorie keine expliziten
Angaben bezüglich der Beschwerdeführerin entnommen werden. Doch darf aufgrund der Akten davon
ausgegangen werden, dass die Befragten mehrheitlich die Beschläge der Beschwerdeführerin beziehen,
wenn sie als Bezugsquelle eine Gesellschaft der Koch-Gruppe angeben. Denn nicht bestritten von Koch wird
die Feststellung der Vorinstanz, dass Koch fast ausschliesslich Siegenia-Beschläge vertreibe. Nur
auf Wunsch von Kunden würde Koch auch Produkte anderer Hersteller liefern (vgl. Verfügung Rz.
5). Auch aufgrund der Auswertung der Antworten dieser Kategorie der Befragten ist festzustellen, dass
die Fensterverarbeiter und Zwischenhändler sich mehrheitlich erfolgreich gegen die angekündigten
Preiserhöhungen gewehrt haben, so dass ihnen gegenüber keine oder nur eine teilweise Erhöhung
durchgesetzt werden konnte (vgl. act. 104, 107 [jedoch nur Angaben bzgl. 2008/09], 117, 127, 136, 143,
168). Auch hier sei darauf hingewiesen, dass einige der Fragebogen wiederum nur allgemeine Informationen
enthalten und sich Unternehmen gegen Preiserhöhungen gewehrt haben, doch liegen oftmals keine konkreten
Angaben zu den Preiserhöhungen vor. Bei wenigen Befragten konnten die Preiserhöhungen umgesetzt
werden (vgl. act. 96 [nur 5% Lieferung von Koch, 95% von Roto]; 138; 142 [nur 5% von Koch und nur Angaben
bzgl. 2008]), teilweise liegen keine bzw. kaum Angaben zur Preiserhöhung vor (vgl. act. 90 [100%
von Koch, explizit, dass aber keine Umsetzung erfolgt sei, aber auch angekreuzt, dass es auch keine Intervention
gegen Preiserhöhungen gegeben habe]; 152 [nur 10% von Koch]; 160 [nur 5% von Koch]).
6.3.26 Mit
Bezug auf die Rabattpolitik ist festzustellen, dass keine weitergehenden Schlussfolgerungen aus den Fragebogen
gezogen werden können, als diejenigen, die bereits aus obigen Erwägungen hervorgehen.
6.3.27 Es
kann folglich festgehalten werden, dass die Auswertung der Fragebogen hinsichtlich der Umsetzung der
Preiserhöhungen von 3% per 1. Juli 2004, 3% per 1. Oktober 2004 sowie 5.7% per 1. Februar 2007 mit
Bezug auf die Beschwerdeführerin mit Schwierigkeiten verbunden ist. Einige Fragebogen sind lückenhaft,
da die Befragten entweder keine Angaben zu den Preiserhöhungen gemacht haben, nur ungenaue Informationen
betreffend Höhe und Zeitpunkt der Umsetzung lieferten oder aber die Fragen nur betreffend die Jahre
2008 und 2009 beantworteten. Überdies ist festzustellen, dass ein grosser Teil der befragten Beschlagsbezüger
angegeben hat, sich grundsätzlich erfolgreich gegen die angekündigten Preiserhöhungen
zur Wehr gesetzt zu haben; doch fehlen auch diesbezüglich oftmals präzisere Informationen betreffend
die Umsetzung der Preiserhöhungen in den Jahren 2004 und 2007.
6.3.28 Ohne
konkret zu differenzieren, ob als Lieferant die Beschwerdeführerin oder eine Gesellschaft der Koch-Gruppe
oder aber ein anderer Untersuchungsadressat von den Marktteilnehmern genannt wird, erachtet es die Vorinstanz
als erstellt, dass die Preiserhöhungen bei rund einem Drittel der befragten Fensterverarbeiter nicht
im angekündigten Umfang hätten umgesetzt werden können (vgl. Verfügung Rz 296, 324
ff.; act. 76 - 78; act. 83 - 85; act. 87 - 90;
act. 93; act. 96; act. 98; act. 102; act. 104; act. 106 - 108; act. 109; act. 113; act. 115; act.
116; act. 117; act. 121 - 123; act. 126 - 144; act. 148; act. 149; act. 152; act. 154 -
163; act. 165 - 169). Im Vergleich zu obigen Erwägungen wird ersichtlich, dass aufgrund der
Unklarheiten bei der Auswertung mit Bezug auf Zeitpunkt und Höhe der Umsetzung spezifisch mit Bezug
auf die Beschwerdeführerin nicht gesagt werden kann, dass sie ihre angekündigten Preiserhöhungen
e contrario bei zwei Dritteln der befragten Marktteilnehmer hat
durchsetzen können. Somit trifft die pauschale Feststellung der Vorinstanz, die Preiserhöhungen
hätten bei einem Drittel nicht im angekündigten Umfang durchgesetzt werden können, nicht
ohne Weiteres auf die Beschwerdeführerin zu.
6.3.29 Des
Weiteren ist erstellt, dass der Grossteil der Fensterverarbeiter versucht hat, sich gegen die Preiserhöhungen
zur Wehr zu setzen, weshalb die Untersuchungsadressaten insbesondere mit einigen grösseren, bedeutenderen
Kunden individuelle Lösungen ausgearbeitet haben, entweder in Form tiefer angesetzter Preiserhöhungen
als angekündigt oder mittels Rabattanpassungen. Die Beschwerdeführerin legt hierzu acht Rechnungen
als Beweismittel vor. Gewährte Rabatte spielen entgegen der Auffassung der Vorinstanz in der Praxis
in Bezug auf Preiserhöhungen dann eine Rolle, wenn hinsichtlich der Rabatte ebenfalls eine Anpassung
erfolgt. Die blosse Behauptung, es liege auf der Hand, dass bedeutenden Kunden Rabatte und besondere
Bezugskonditionen gewährt würden, trägt nicht zum Nachweis bei, dass die Marktgegenseite
keinen Druck auf die Beschwerdeführerin auszuüben vermag und kann für sich alleine nicht
als ausreichender Beweis gewertet werden. Die Vorinstanz hat zudem keinen Beweis für ihre Annahme
vorgebracht, dass die Rabattgewährungen statisch seien und auch bei einem gestiegenen Basispreis
noch identisch seien mit den Rabatten, die vor dem Preisanstieg bei Basispreis durch den MTZ gewährt
wurden.
6.3.30 Die
Vorinstanz stützt ihre Berechnung auf gleich bleibende Rabatte. Aufgrund der umfassenden Geltung
des Untersuchungsgrundsatzes auch bei Vorliegen einer Selbstanzeige hätte die Vorinstanz gestützt
auf die von der Beschwerdeführerin gemachten Ausführungen entsprechende Sachverhaltserhebungen
vornehmen müssen. Es bedarf aber des konkreten Nachweises, dass die Beschwerdeführerin die
angekündigten Preiserhöhungen gegenüber ihren Kunden trotz erwähnter Rabattanpassungen,
Rückvergütungen und speziellen Bezugskonditionen hat durchsetzen können. Eine solche Beweisführung
ist vorliegend jedoch nur im Ansatz vorhanden. Aufgrund dieser Beweislage kann nach Ansicht des Gerichts
nicht ohne Weiteres gefolgert werden, die Preiserhöhungen hätten signifikante Auswirkungen
auf dem relevanten Markt gezeitigt. Vor dem Hintergrund, dass es vorliegend um die Verhängung einer
Sanktion mit strafrechtsähnlichem Charakter in Millionenhöhe geht, kann ein solcher Nachweis
in casu nicht als rechtsgenüglich gewertet werden.
6.3.31 Im
Zusammenhang mit dem Vorbringen der Vorinstanz, Koch sei ein grosser Zwischenhändler und kein Fensterverarbeiter,
weshalb eine Erhöhung des Rabatts gegenüber Koch nichts darüber aussage, ob Koch die Rabatterhöhung
an seine Kunden, d.h. die Fensterverarbeiter, weitergegeben habe, ist festzuhalten, dass diese Aussage
zwar grundsätzlich zutreffen mag. Doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass es aufgrund
des Untersuchungsgrundsatzes der Vorinstanz obliegt, den Untersuchungsadressaten gegenüber nachzuweisen,
ob und falls ja, in welchem Umfang, die Preiserhöhungen auf die Kunden von Koch überwälzt
worden sind. Entsprechend ist es nicht Sache der Beschwerdeführerin, sich mittels Nachweises zu
entlasten, die Preiserhöhungen hätten nicht durchgesetzt werden können. In casu gehen
diesbezügliche Beweislücken zu Lasten der Vorinstanz.
6.3.32 Hinzu
kommt, dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit Koch an anderer Stelle im Gegensatz zu der soeben erwähnten
Aussage selbst festhält, Koch habe zwar gewissen ihrer Kunden Preisnachlässe und Rabatte eingeräumt
und es habe sich dabei um bedeutende Kunden von Koch gehandelt. Dass Koch diesen besondere Bezugskonditionen
gewähre, liege auf der Hand und sei in der Verfügung entsprechend analysiert worden (vgl.
Verfügung Rz. 291 ff.). Nach Ansicht des Gerichts vermag der genannte Nachweis in der Verfügung
aber nicht zu überzeugen, wird dort doch lediglich festgestellt, dass mit bedeutenderen Kunden individuelle
Lösungen ausgehandelt wurden (vgl. act. 31, Beilage 24; act. 80). Entsprechend bleiben die vorliegend
aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit dem rechtsgenüglichen Nachweis hinsichtlich des Bestehens
von Innenwettbewerb offen.
6.3.33 Des
Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre beiden Grosskunden
Ego Kiefer und 4B hätten keine Preiserhöhungen akzeptiert, was einem Umsatzanteil von etwa
25% entspreche, zu einer weiteren Frage führt, die sich aufgrund der Akten nicht beantworten lässt.
Denn die Beschwerdeführerin macht in anderem Zusammenhang geltend, sie habe im entscheidrelevanten
Zeitraum von 2004 bis 2008 95 - 98% ihres Gesamtumsatzes mit Drehkippbeschlägen mit ihrem Hauptabnehmer
Koch generiert (vgl. Eingabe vom 4. Juli 2012, S. 5, Ziff. 7). Den Akten ist jedoch auch das Vorbringen
der Beschwerdeführerin zu entnehmen, dass sich der Umsatz mit dem Händler Koch auf 75% belaufe
(act. 302, S. 4, III.). Einerseits gibt die Beschwerdeführerin Ego Kiefer und 4B als ihre Direktkunden
an (vgl. Eingabe vom 3. Februar 2012, S. 3, Ziff. 4 Bst. b), andererseits bringt sie vor, sie habe seit
2004 nur noch (...) als Direktkunden, mit denen sie einen Umsatz von 2% generiert habe (vgl. Eingabe
vom 4. Juli 2012, S. 4 Ziff. 6 und 7). Aufgrund der im Recht liegenden Beweise unter Einschluss der schriftlichen
Antworten im Nachgang an die Instruktionsverhandlung vom 4. Juli 2012 können diese Ungereimtheiten
letztlich nicht zweifelsfrei geklärt werden.
6.3.34 Auch
die Antworten der befragten Fensterverarbeiter vermögen konkret, d.h. individuell mit Bezug auf
die Beschwerdeführerin, nicht zu belegen, dass sie die Preiserhöhungen gegenüber ihren
Kunden tatsächlich in einem solchen Umfang hat durchsetzen können, dass der Beschwerdeführerin
zur Last gelegt werden könnte, ihre Beteiligung an der vermeintlichen Absprache hätte zur Beseitigung
des wirksamen Wettbewerbs geführt.
6.3.35 Des
Weiteren ist festzustellen, dass die Befragung zur Marktsituation explizit nach Angaben betreffend die
Hersteller von Baubeschlägen für Fenster und Fenstertüren verlangt und nicht nach den
Verhältnissen zwischen den Händlern fragt (vgl. "Angaben zur Marktsituation", C.II.7
8 des Fragebogens). So wurde nach der Anzahl Anbieter
auf dem Markt (vgl. C.II.7) sowie nach dem Marktumfeld bei den Herstellern (vgl. C.II.8) gefragt. Bei
letzterer Frage wurden die Marktteilnehmer gebeten, einzuschätzen, ob (i) der Wettbewerb zwischen
den Herstellern intensiv sei, (ii) der Wettbewerb zwischen den Herstellern hauptsächlich über
den Preis funktioniere, (iii) der Wettbewerb zwischen den Herstellern hauptsächlich über die
Qualität funktioniere, (iv) die Innovationsrate der Hersteller hoch sei, (v) die Bruttomargen der
Hersteller sehr tief seien und ob (vi) die Verhandlungsmacht der Hersteller gegenüber ihren Abnehmern
hoch sei.
6.3.36
Erstellt ist, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch die übrigen Untersuchungsadressaten
allesamt ausschliesslich auf der Handelsstufe tätig sind. Ohnehin gibt es in der Schweiz keine Hersteller
im Segment Baubeschläge für Fenster und Fenstertüren. Es wäre daher naheliegend gewesen,
unmittelbar das Verhältnis zwischen Händlern und Fensterverarbeitern zu untersuchen. Weshalb
die Vorinstanz zur Abklärung der Marktsituation den Marktteilnehmern Fragen gestellt hat, die sich
gerade nicht auf die Wettbewerbssituation auf der Handelsstufe, sondern auf die Wettbewerbsverhältnisse
auf der Herstellerstufe bezogen haben, geht aus den Akten nicht hervor. Aufgrund der vorliegenden Antworten
können folglich keine konkreten und verwertbaren Schlussfolgerungen gezogen werden zur Wettbewerbssituation
auf der Handelsstufe in der Schweiz.
6.3.37 Was
die Marktsituation auf Herstellerebene anbelangt, ist erstellt, dass die befragten Fensterverarbeiter
den Wettbewerb zwischen den Herstellern von Fenster- und Fenstertürbeschlägen als eher intensiv
eingeschätzt haben (vgl. Verfügung Rz. 280). Die Aussage "Der Wettbewerb zwischen den
Herstellern ist intensiv" wurde von 34 der 55 befragten Fensterverarbeitern mindestens mit "trifft
eher zu" gewertet. Demgegenüber haben 15 Fensterverabeiter angegeben, diese Aussage treffe
"eher nicht" bzw. "überhaupt nicht" zu (vgl. Fragebogen C.II.8;
act. 74; 76 - 78; 81; 83 - 85; 87 - 93; 96; 98 - 102; 104 -
107; 109; 110; 112 - 113; 115; 117; 119; 121 - 124; 126 - 144; 148; 149; 151 -
152; 154 - 169).
6.3.38 Es
erscheint wenig schlüssig, dass die Vorinstanz der Marktgegenseite (Fensterverarbeiter) Fragen stellt,
die sich explizit auf den Wettbewerb zwischen den Herstellern beziehen und nicht auf die von der Vorinstanz
zu untersuchende Handelsstufe. Wenig hilfreich scheint dabei auch ihre Erläuterung im Rahmen ihrer
Vernehmlassung, die Angaben bezüglich der Frage der Intensität der Wettbewerbsverhältnisse
seien unter anderem deshalb mit Vorsicht zu geniessen, da unklar sei, ob sich die Antworten der befragten
Fensterverarbeiter auf die Verhältnisse zwischen den (ausländischen) Herstellern
die Beschlagsmarken oder auf die Wettbewerbsverhältnisse
zwischen den Untersuchungsadressaten beziehen würden. Nach Ansicht des Gerichts sollte eine Befragung
in einer Art und Weise durchgeführt und entsprechend formuliert werden, dass die Verwertung der
Antworten uneingeschränkt und nicht nur mit Vorsicht möglich ist.
6.3.39 Das
Gericht stellt folglich fest, dass der Markt vorliegend unvollständig analysiert wurde. Die Fragebogen
sind mit Bezug auf die Klärung des Wettbewerbs auf der Handelsstufe nicht als taugliches Beweismittel
zu werten (vgl. Fragen C.II.7 8 des Fragebogens vom
10. Februar 2009). Hinsichtlich der Intensität des Wettbewerbs besteht damit eine Beweislücke,
da die Vorinstanz die Angaben der Befragung nicht umfassend verwertet und keine weiteren einschlägigen
Beweismittel vorgelegt hat. Die Selbstanzeige äussert sich nicht konkret zu den Auswirkungen der
vermeintlichen Absprache in der Schweiz, lediglich in einem Satz wird festgehalten, die Preiserhöhung
habe sich nicht in vollem Umfang gegenüber den Kunden durchsetzen lassen (vgl. act. 2, S. 17). Die
Kronzeugin Roto vertrat anlässlich der Anhörung vor der Vorinstanz denn auch die Ansicht, der
Wettbewerb sei in der Schweiz nicht beseitigt worden, und es dürfe nicht ohne Weiteres angenommen
werden, eine Bruttopreiserhöhung führe stets zu einer Nettopreiserhöhung, um gestützt
darauf die Beseitigung des Wettbewerbs zu begründen. Entscheidend sei vielmehr der Einzelfall, zumindest
dann, wenn die angekündigte Preiserhöhung aufgrund der starken Stellung der Marktgegenseite
nicht habe voll durchgesetzt werden können (vgl. Protokoll der Anhörung vor der Vorinstanz
vom 20. September 2010, act. 356, S. 14).
6.3.40
Nicht nur die Beweisführung im Zusammenhang mit der korrekten Marktstufe birgt aber Probleme in
sich. Vielmehr ist darüber hinaus festzuhalten, dass die Auswertung der Antworten betreffend die
Preis- und Rabattpolitik im Zusammenhang mit der Beschwerdeführerin mit Schwierigkeiten verbunden
ist, da die Befragung diverse Male unklare bzw. unvollständige Antworten hervorbrachte (vgl. Fragen
C.IV.14 ff. des Fragebogens). Im Rahmen der Prüfung des wirksamen Innenwettbewerbs stellen sich
überdies auch Fragen im Zusammenhang mit der korrekten Beweisverwertung und -würdigung, wird
doch ein Teil der Angaben der Marktgegenseite in der Beweiswürdigung nicht verwertet. Und dies nicht
etwa mit der Begründung, die Antworten seien aufgrund der Untersuchung der "falschen"
Marktstufe für die Klärung des vorliegenden Sachverhalts nicht von Nutzen, sondern mit Argumenten,
die an das Unvermögen der Fensterverarbeiter zur "korrekten" Einschätzung der Marktsituation
anknüpfen. In diesem Zusammenhang gilt es nachfolgend zu klären, ob es im Ermessen der Vorinstanz
gelegen hat, auf die Verwertung eines Teils der rechtserheblichen Angaben der befragten Fensterverarbeiter
zu verzichten (vgl. Verfügung Rz. 281 ff.).
bb) Fehlende Verwertung rechtserheblicher Angaben
6.3.41 Die
Vorinstanz berücksichtigt in ihrer Würdigung die Antworten der Fensterverarbeiter im Zusammenhang
mit der Frage nach der Intensität der Wettbewerbsverhältnisse nicht bzw. nicht genügend.
Ihre Begründung, weshalb sie auf die Verwertung der Angaben verzichtet, vermag jedenfalls nicht
zu überzeugen: So seien die Fensterverarbeiter nicht in der Lage gewesen, eine objektive Einschätzung
der Wettbewerbsverhältnisse vorzunehmen, weshalb ihre Antworten auf strategische Gründe zurückzuführen
seien. Würde diese Begründung als hinreichend betrachtet, um eine Nichtverwertung von Angaben
zu legitimieren, stünde es der Vorinstanz frei, nach freiem Belieben auf die Verwertung von einzelnen
Ergebnissen zu verzichten, je nachdem, ob sich die Angaben in einem für sie günstigen Zusammenhang
präsentierten oder nicht. So verzichtet auch vorliegend die Vorinstanz nicht etwa gänzlich
auf die Verwertung der Angaben der Fensterverarbeiter, sondern sie stützt ihre Beweisführungen
in jenen Belangen, in denen die Ergebnisse in einem für sie günstigeren Zusammenhang erscheinen,
wesentlich auf die Angaben der Fensterverarbeiter ab (vgl. Verfügung Rz. 256, 262, 284 und 324).
So hätten die Fensterverarbeiter etwa zur Frage der Auswirkungen der angekündigten Preiserhöhungen
stichhaltige Informationen geliefert, da sie diese entsprechend hätten belegen können. Es sei
an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass zwar einige der befragten Marktteilnehmer die ihnen
gegenüber angekündigten Preiserhöhungen mittels Preiserhöhungsschreiben untermauert
haben, doch haben auch etliche der Befragten keine weiteren Dokumente eingereicht (vgl. z.B. act. 90,
110, 122). Es kann jedoch nicht angehen, dass die Ergebnisse einer Beweiserhebung nur dann in die Beweiswürdigung
Eingang finden, wenn sie der Untermauerung der eigenen Auffassung dienen.
6.3.42 Der
Nachweis im Zusammenhang mit den Auswirkungen der vermeintlichen Absprache erschöpft sich vorliegend
in der Befragung der kleinen Zwischenhändler und Fensterverarbeiter, wobei von den insgesamt 55
befragten Fensterverarbeitern lediglich 33 über entsprechende Informationen verfügten. Vor
dem Hintergrund, dass die Angaben derselben Befragten im Zusammenhang mit der Prüfung der Wettbewerbsintensität
im vorliegenden Verfahren von der Vorinstanz als untaugliches Beweismittel qualifiziert und folglich
nicht verwertet wurde, ist es zweifelhaft, ob dieselbe Befragung in anderem Kontext als alleiniges Beweismittel
den Anforderungen eines rechtsgenüglichen Beweises zu genügen vermag. Zwar fand im Zusammenhang
mit der Prüfung der Auswirkungen der vermeintlichen Absprache auch eine Befragung der Untersuchungsadressaten
statt, doch wurden die Antworten in der Folge mit der Begründung, sie liessen keine objektive Beurteilung
der Sachlage zu, nicht verwertet (vgl. Verfügung Rz. 321).
6.3.43 Nach
Ansicht des Gerichts wäre es nicht mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden und damit nicht unverhältnismässig
gewesen, eine grössere Anzahl Fensterverarbeiter als 55 zu befragen. Dies insbesondere auch vor
dem Hintergrund, dass nur 33 verwertbare Antworten zu den Auswirkungen der vermeintlichen Absprache vorliegen.
Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Koch als Zwischenhändlerin und Hauptkundin
der Beschwerdeführerin geltend macht, sie beliefere in der Schweiz mehr als 200 Fensterverarbeiter.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im vorliegenden Verfahren im Gegensatz zum Fall Hors-Liste-Medikamente
(vgl. RPW 2010/4, S. 649), in dem ca. 850 Marktteilnehmer befragt wurden, insgesamt drei Selbstanzeigen
eingereicht wurden. Aufgrund der umfassenden Geltung des Untersuchungsgrundsatzes selbst bei Vorliegen
einer Selbstanzeige müssen die Informationen der Selbstanzeige vollumfänglich verifiziert werden.
Dies gilt umso mehr, wenn die Kronzeugin selber die Auffassung vertritt, die Abrede habe den Wettbewerb
auf dem Schweizer Markt nicht beseitigt. Des Weiteren und vorliegend von massgebender Bedeutung bedarf
es des konkreten Nachweises, dass die anlässlich der Selbstanzeige gelieferten Informationen individuell
auf die einzelnen Untersuchungsadressaten zutreffen. Die Vorinstanz hätte den Sachverhalt deshalb
vertieft untersuchen müssen und sich nicht implizit bzw. im Ergebnis auf den Grundsatz der Prozess-
und Verfahrensökonomie abstützen dürfen.
6.3.44 Im
Zusammenhang mit dem Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Koch ist überdies
darauf hinzuweisen, dass das Gericht diese Beziehung in Abweichung zur Vorinstanz als vertikale qualifiziert.
Denn die Beschwerdeführerin und Koch stehen sich auf dem Markt nicht als Wettbewerber gegenüber
(vgl. oben Ziff. 6.17 f.). Für die Frage der erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch
die Preiserhöhungen seitens der Beschwerdeführerin spielt es nach Auffassung des Gerichts aber
eine zentrale Rolle, ob und falls ja, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin den MTZ gegenüber
Koch hat durchsetzen können. Diesbezüglich bringt die Beschwerdeführerin vor, Koch habe
aufgrund der ihr gewährten Rabatte und eines Bonus nur (...)% des Listenpreises bezahlt. Offene
Fragen im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Preiserhöhung gegenüber Koch gehen aber zu
Lasten der Vorinstanz. Das Gericht ist deshalb, wie erwähnt, der Auffassung, dass auch der Frage
der Rabattgewährung bei der Prüfung der Durchsetzbarkeit der Preiserhöhungen grundsätzlich
zu wenig Rechnung getragen wurde und es diesbezüglich weiterer Abklärungen bedurft hätte.
6.3.45 Die
Nichtverwertung der Antworten mit Bezug auf die Wettbewerbsintensität unter anderem damit zu begründen,
die Angaben würden kein eindeutiges Bild ergeben, da zwar die Mehrheit (34 der 55 befragten Unternehmen)
davon ausgehe, zwischen den Herstellern herrsche eher intensiver Wettbewerb, 30% (15 der befragten Unternehmen)
demgegenüber die Wettbewerbsintensität als eher gering einschätze, vermag ebenfalls nicht
zu überzeugen. Dass es sich hierbei um ein nicht eindeutiges Bild handle, kann so nicht gesagt werden,
da die überwiegende Mehrheit den Wettbewerb zwischen den Herstellern als eher intensiv bewertet
hat. Dass die Einschätzungen der befragten Fensterverarbeiter divergieren, vermag jedenfalls nicht
zu rechtfertigen, die Antworten nicht in die Würdigung mit einzubeziehen. Jedoch wäre ohnehin
nicht der Wettbewerb zwischen den Herstellern zu untersuchen gewesen, sondern vielmehr die Frage, ob
zwischen den Händlern von Fenster- und Fenstertürbeschlägen auf dem Schweizer Markt Wettbewerb
besteht.
6.3.46 Mit
Bezug auf die von der Vorinstanz geltend gemachte Plausibilitätsprüfung ist festzustellen,
dass offen bleibt, auf was sich diese beziehen soll. So liegen hinsichtlich der Frage nach der Wettbewerbsintensität
keine weiteren Beweismittel vor, die den Aussagen der Fensterverarbeiter widersprechen würden. Auch
in jenen Belangen, in denen die Vorinstanz die Antworten der Fensterverarbeiter als verwertbar qualifizierte,
stützt sie ihre Beweisführung primär auf die Angaben der Befragung und untermauert die
zu beweisenden Tatsachen nicht zusätzlich mit anderen Beweismitteln. Anschauliches Beispiel hierfür
ist wiederum der Nachweis der Auswirkungen der vermeintlichen Wettbewerbsabsprache im Rahmen der Prüfung
des Vorliegens einer erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigung (vgl. Verfügung Rz. 324). Obwohl
von den insgesamt 55 befragten Unternehmen diesbezüglich lediglich 33 über entsprechende Informationen
verfügten, erfolgten keine weiteren Untersuchungen. Vielmehr wird der Nachweis hinsichtlich der
Auswirkungen als genügend qualifiziert. Auch dass selbst die Kronzeugin Roto anlässlich der
Anhörung vor der Vorinstanz am 20. September 2010 zu Protokoll gegeben hat, sie sei der Ansicht,
dass der Wettbewerb in der Schweiz nicht beseitigt worden sei, vermag daran nichts zu ändern (vgl.
Protokoll der Anhörung vor der Vorinstanz vom 20. September 2010, act. 356, S. 13 f.; Verfügung
Rz. 299 ff.). Zutreffend ist in diesem Zusammenhang schliesslich auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin,
dass es letztlich irrelevant sei, ob es sich bei der Befragung um eine Plausabilitätsprüfung
gehandelt habe, da die Fensterverarbeiter gemäss Art. 40 KG ohnehin zur wahrheitsgetreuen Beantwortung
verpflichtet gewesen seien.
6.3.47 Dasselbe
gilt auch für die Angaben der Befragung im Zusammenhang mit dem Bestehen von wirksamem potentiellem
Aussenwettbewerb (vgl. Verfügung Rz. 262 ff.). Die Vorinstanz anerkennt, dass im Segment Baubeschläge
für Fenster(türen) keine Handelshemmnisse vorliegen, stellt aber für die Annahme einer
fehlenden disziplinierenden Wirkung ausländischer Zwischenhändler massgebend auf die Antworten
der grossen Mehrheit der befragten Fensterverarbeiter ab und misst folglich den Ergebnissen der Befragung
in der Beweiswürdigung eine zentrale Bedeutung zu.
6.3.48 Nach
Ansicht der Vorinstanz illustriert die Frage betreffend die Wettbewerbsintensität, dass die Einschätzungen
in erster Linie dazu geeignet gewesen seien, einen generellen Eindruck der Branche für Fenster und
Fenstertüren zu erlangen. Auch dieses Vorbringen vermag aber nicht zu überzeugen, obliegt doch
der Vorinstanz die Pflicht, den Sachverhalt umfassend abzuklären und den Kartellrechtsverstoss der
Beschwerdeführerin spezifisch und nicht bloss generell
nachzuweisen.
6.3.49 Mit
Bezug auf das Vorbringen der Vorinstanz, die Analyse der Antworten im Zusammenhang mit der Wettbewerbsintensität
habe aufgezeigt, dass die Fensterverarbeiter mit der Differenzierung zwischen der Marke eines Produkts
und dessen Lieferanten offensichtlich Mühe gehabt hätten, ist erneut darauf hinzuweisen, dass
nach Auffassung des Gerichts die Fragebogen entsprechend zu formulieren gewesen wären. Diesbezügliche
Unklarheiten gehen zu Lasten der Vorinstanz.
6.3.50 Zusammenfassend
ist somit festzustellen, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob der Nachweis fehlenden Innenwettbewerbs
rechtsgenüglich erbracht ist. Dieser Umstand wird auch anlässlich der Prüfung der Durchsetzbarkeit
der Wettbewerbsabrede und der Stellung der Marktgegenseite ersichtlich.
6.3.51 Als
Folge dieser Erwägungen ist die Beweisführung der Vorinstanz als nicht ausreichend zu qualifizieren,
denn der Beweiswert der Befragung beschränkt sich auf die pauschale Feststellung, dass gegenüber
33 Befragten die Preiserhöhungen nur zum Teil durchgesetzt werden konnten. Zweifel und Vermutungen
erfüllen die Anforderungen an die Beweisführungspflicht nicht. Entsprechend ist es zu pauschal,
wenn die Vorinstanz sich damit begnügt, festzustellen, dass aufgrund der Resultate der Befragung
davon auszugehen sei, dass die in Frage stehenden Preiserhöhungen der Untersuchungsadressaten Auswirkungen
im relevanten Markt gehabt hätten.
6.4 Abschliessende
Erwägungen zur Beweislage dieses Verfahrens
6.4.1
Beim Vorliegen einer Selbstanzeige dürfen die Anforderungen an das Beweismass sowohl der
Vorinstanz als auch des Bundesverwaltungsgerichts nicht aus prozessökonomischen Gründen herabgesetzt
werden, weshalb der Untersuchungsgrundsatz auch im Falle einer Selbstanzeige in vollem Umfang Geltung
beansprucht. Vielmehr müssen auch bei einer Selbstanzeige umfassende Sachverhaltsabklärungen
und Beweiserhebungen durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund kommt das Gericht im vorliegenden
Verfahren zum Schluss, dass insgesamt zu viele unbewiesene Tatbestandselemente vorliegen, als dass der
Beschwerdeführerin die zumindest erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufgrund ihrer
Teilnahme an einer unzulässigen Preisabsprache rechtsgenüglich nachgewiesen werden könnte.
Aufgrund der festgestellten Mängel und Lücken in der Beweisführung und -würdigung
kann deshalb vorliegend nicht gesagt werden, dass eine gewisse Logik der wirtschaftlichen Analyse und
Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung bzw. -verletzung überzeugend
und nachvollziehbar erscheint. Eine zu allgemeine Beweisführung ist insbesondere auch vor dem Hintergrund
der strafrechtsähnlichen Natur der Kartellbusse (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe,
E. 2.2 ff., m.w.H; BVGE 2011/32, Swisscom, E. 4.2; Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 vom 19. Dezember 2013, Gaba,
E. 6.1.3; B-2977/2007 vom 27. April 2010. E. 8.1.3) nicht als rechtsgenüglich zu erachten.
6.4.2 Das
Gericht gelangt deshalb zum Ergebnis, dass die bestehende Aktenlage zwar den erheblichen Verdacht begründet,
dass zur Sicherstellung und Durchsetzung des - noch nicht rechtskräftig festgestellten -
Preiskartells der europäischen Hersteller auf dem Schweizer Markt Preisabreden zwischen den Hersteller-
und allenfalls auch den Händlerunternehmen stattgefunden haben könnten. Doch lässt sich
aufgrund der gegenwärtig im Recht befindlichen und verwertbaren Beweise nicht zweifelsohne feststellen,
ob die angekündigte Preiserhöhung der Beschwerdeführerin letztlich kausal auf die Besprechung
am multilateralen Treffen vom 22. September 2006 zurückzuführen ist oder ob es sich hierbei
um ein einseitiges Diktat zur Preiserhöhung seitens der Hersteller handelte. Folglich ist der Nachweis
nicht erbracht, dass der Beschwerdeführerin eine unzulässige Preisabrede gemäss Art. 5
Abs. 3 Bst. a KG zur Last gelegt werden könnte.
6.4.3 Dieses
Ergebnis steht aufgrund der strafrechtsähnlichen Natur von Sanktionen im kartellrechtlichen Bussgeldverfahren
gemäss Art. 49a KG im Einklang mit den Verfahrensgarantien der Bundesverfassung und der EMRK (vgl.
BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 2.2 ff., mit weiteren Hinweisen;
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 vom 19. Dezember 2013, Gaba,
E. 6.1.3; Robert Roth, in: Martenet/Bovet/Tercier, Commentaire
Romand, a.a.O., Vorb. Art. 49 - 53 Rn. 19 ff.). Denn Art. 6 Abs. 2 EMRK statuiert die Unschuldsvermutung
und damit den Grundsatz, dass jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis
ihrer Schuld als unschuldig gilt.
6.4.4 Die
Unschuldsvermutung (in dubio pro reo) beschlägt nicht nur
die Beweislastverteilung im Sanktionsverfahren, sondern auch die Beweiswürdigung (vgl. Marcel
Alexander Niggli/Christof Riedo, in: Amstutz/ Reinert, Basler Kommentar zum Kartellgesetz, Vorb.
Art. 49a - 53, Rn. 248 ff., mit weiteren Hinweisen; Roth,
a.a.O., Vorb. Art. 49 - 53 Rn. 25 ff.). Als Beweislastregel besagt der Grundsatz, dass es Sache der Behörden
ist, die Schuld nachzuweisen, und nicht umgekehrt Sache des Beschuldigten, seine Unschuld darzutun. Entsprechend
gilt dies auch für das kartellrechtliche Sanktionsverfahren: Nicht das Unternehmen hat seine Unschuld,
sondern es haben die Wettbewerbsbehörden die Schuld des betroffenen Unternehmens nachzuweisen
(vgl. Reinert, a.a.O.,
Art. 49a Rn. 6). Als Beweiswürdigungsregel besagt der Grundsatz, dass ein Freispruch auch zu ergehen
hat, wenn bei der Würdigung und Abwägung der Beweise erhebliche und unüberwindliche Zweifel
an der Schuld bleiben; in diesem Fall haben die Gerichte von dem für den Beschuldigten günstigeren
Sachverhalt auszugehen (vgl. Niggli/Riedo, a.a.O., Vorb.
Art. 49a - 53, Rn. 250).
6.4.5 Das
Gericht hat folglich in jedem Einzelfall zu prüfen, ob dem Angeschuldigten, in casu der Beschwerdeführerin,
ein Vorwurf zu machen ist (vgl. Niggli/Riedo, a.a.O., Vorb.
Art. 49a - 53, Rn. 117). Unzulässig erscheint damit eine Beweislastumkehr zulasten des Angeschuldigten,
während eine blosse Beweislastverschiebung nicht ausgeschlossen ist, sofern dieser ausreichend
Gelegenheit erhält, sich wirksam zu verteidigen. Mit anderen Worten verbieten BV und EMRK gesetzliche
Schuldvermutungen, lassen aber Beweisvermutungen im Sinne von tatsächlichen Schlüssen aus bewiesenen
Tatsachen zu, sofern sie widerlegbar sind (vgl. Niggli/Riedo,
a.a.O., Vorb. Art. 49a - 53, Rn. 117, 248 ff.). Ein Kartellrechtsverstoss muss daher im Lichte von Art.
32 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 2 EMRK verneint werden, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht
zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so verwirklicht hat,
wie die Wettbewerbsbehörden dies geltend machen (vgl.
Reinert, a.a.O., Art. 49a Rn. 6).
6.4.6 In
Ausübung seiner vollen Kognition hat das Gericht mittels Instruktionsverhandlungen und unter erheblichem
Aufwand versucht, die aufgrund der fehlenden Abklärungen vorhandenen Beweislücken zu schliessen.
Doch kommt das Gericht im vorliegenden Verfahren nach umfassenden Abklärungen zum Schluss, dass
der Beschwerdeführerin ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht rechtsgenüglich nachgewiesen
werden kann.
6.4.7
Die Beschwerde ist aus den genannten Gründen gutzuheissen und der angefochtene Entscheid, soweit
die Beschwerdeführerin betreffend, aufzuheben.
7. Kosten
7.1 Die
Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus einer Spruchgebühr
sowie aus Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese
nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen
werden (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden
und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG).
7.2 Die
Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine
Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten
zusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG).
7.3 Gemäss
Art. 10 des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht
vom 21. Februar 2008 (VGKE, SR 173.320.2) werden insbesondere das Anwaltshonorar nach dem notwendigen
Zeitaufwand des Vertreters oder der Vertreterin bemessen (Abs. 1). Der Stundenansatz beträgt für
Anwälte und Anwältinnen mindestens CHF 200.- und höchstens CHF 400.-. In diesen Ansätzen
ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten (Abs. 2). Bei Streitigkeiten mit Vermögensinteresse kann
das Anwaltshonorar oder die Entschädigung für eine nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung
angemessen erhöht werden (Abs. 3).
7.4 Für
die notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten ihrer Rechtsvertretung ist der obsiegenden
Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs.
1 VGKE). Soweit eine Parteientschädigung nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden
kann, wird sie der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz
verfügt hat (Art. 64 Abs. 2 VwVG).
7.5 Es
ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin für ihre - neben ihren eigenen inhouse-Rechtsberatern
tätige - Rechtsvertretung keine Kostennote eingereicht hat. Angesichts des beträchtlichen
Aufwands und der Komplexität der Streitsache hält es das Gericht vorliegend für angemessen,
der obsiegenden Beschwerdeführerin zulasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von insgesamt
CHF 30'000.- (inkl. Auslagen und MWST) zuzusprechen.
7.6 Die
Parteientschädigung von CHF 30'000.- (inkl. Auslagen und MWST) hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin
nach Rechtskraft dieses Urteils zu entrichten (Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG i.V.m. Art. 14 Abs. 2 VGKE).