Abteilung II
B-7514/2006
{T 0/2}

Urteil vom 31. Juli 2007
Mitwirkung:
Richter David Aschmann (Vorsitz),
Richterin Vera Marantelli, Richter Claude Morvant;
Gerichtsschreiber Philipp J. Dannacher.

N._______,
vertreten durch Dr. iur. Mathis Berger, Nater Dallafior Rechtsanwälte, Hottingerstrasse 21, 8032 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

O._______,
vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Marc R. Bütler, Beglinger Holenstein Rechtsanwälte, Utoquai 29/31, 8008 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Stauffacherstrasse 65, 3003 Bern,
Vorinstanz,

betreffend

Verfügung vom 31. August 2006 im Widerspruchsverfahren 7427 [Quadrat] (fig.) / [Quadrat] (fig.).

Sachverhalt:
A. Die schweizerische Marke Nr. 527'541 [Quadrat] (fig.) der Beschwerde-gegnerin wurde am 23. November 2004 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) veröffentlicht und sieht wie folgt aus:

Die Marke ist registriert für "Finanzdienstleistungen; Versicherungsdienstleistungen; Informations- und Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen" (Klassse 36).
B. Die Beschwerdeführerin erhob mit Datum vom 23. Februar 2005 Widerspruch gegen die soeben beschriebene Marke. Sie stützte den Widerspruch auf die mit Wirkung für die Schweiz eingetragene, internationale Marke IR 796'812, die am 9. Dezember 2002 für die folgenden Dienstleistungen hinterlegt worden war:
"Klasse 35: Publicité, gestion d'entreprise; administration commerciale, travail de bureaux.
Klasse 36: Opérations financières dans le domaine des investissements alternatifs, en particulier conception et mise à disposition des concepts de placement en capitaux propres à l'intention d' investisseurs institutionels, notamment de compagnies d' assurances, fonds de pension et caisses de retraite.
Klasse 38: Télécommunications."
Die Widerspruchsmarke ist folgendermassen ausgestaltet:

Basismarke dieser internationalen Marke ist die deutsche Bildmarke Nr. 30215360.8.
C. Nachdem das Widerspruchsverfahren auf Begehren der Parteien mehrmals sistiert worden war, nahm die Beschwerdegegnerin am 27. Januar 2006 zum Widerspruch Stellung und beantragte die vollumfängliche, kostenfällige Abweisung des Widerspruchs. An der Widerspruchsmarke bestehe ein absolutes Freihaltebedürfnis. Ihre Kennzeichnungskraft sei schwach, zumal die Quadratform als Markenbestandteil für die betreffenden Dienstleistungen auch von Dritten verwendet werde. Die Zeichen sähen sich darum nicht ähnlich.
D. Am 18. April 2006 reichte die Beschwerdeführerin ihre Replik ein. Sie machte darin geltend, an der Widerspruchsmarke bestehe kein Freihaltebedürftnis, und es handle sich um ein originär kennzeichnungskräftiges Zeichen, dessen Schutzumfang durch seine Bekanntheit gesteigert worden sei. Die Kennzeichnungskraft der Marke sei durch keine Drittbenutzung geschwächt worden.
E. Mit Duplik vom 24. Mai 2006 hielt die Beschwerdegegnerin an den bereits gestellten Begehren wie auch an deren Begründung fest und bestritt, dass die Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben habe. Zudem listete sie eine Reihe von in der Schweiz registrierten Marken auf, um die Verwässerung der in der Widerspruchsmarke verwendeten Quadratform nachzuweisen.
F. Mit Verfügung vom 31. August 2006 wies die Vorinstanz den Widerspruch ab. Zwar seien die beiderseits beanspruchten Dienstleistungen mindestens gleichartig, und die Marken seien einander ähnlich. Eine Verwechslungsgefahr sei aber dennoch zu verneinen, weil die kollidierenden Marken einzig in der gemeinfreien Grundform des Quadrats übereinstimmten. Das Bestehen einer Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke, welche ihre Kennzeichnungsschwäche zu kompensieren vermöchte, verneinte die Vorinstanz.
G. Mit Datum vom 2. Oktober 2006 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Entscheid der Vorinstanz bei der eidg. Rekurskommission für geistiges Eigentum (im Folgenden: "RKGE") Beschwerde. Sie stellte darin folgende Anträge:
"Es sei der Entscheid des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum im Widerspruchsverfahren Nr. 7427 vom 31. August 2006 aufzuheben, und es sei die Marke CH 527 541 der Beschwerdegegnerin bezüglich aller beanspruchter Waren in Klasse 36 zu löschen;
alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin."
In der Beschwerdeschrift führte die Beschwerdeführerin aus, es läge Dienstleistungsgleichartigkeit, teilweise Dienstleistungsidentität vor. Die Zeichen seien einander ähnlich. Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens habe die Freihaltebedürftigkeit der Widerspruchsmarke durch die Vorinstanz nicht überprüft werden dürfen. Eine Verwässerung derselben könne angesichts der von der Beschwerdegegnerin bisher ins Recht gelegten Recherchen nicht festgestellt werden. Es bestehe eine unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr.
H. Mit Präsidialverfügung vom 15. November 2006 wurde die Beschwerde per 1. Januar 2007 an das Bundesverwaltungsgericht überwiesen.
I. Mit Vernehmlassung vom 4. Dezember 2006 beantragte die Vorinstanz unter Hinweis auf die Begründung der angefochtenen Verfügung, die Beschwerde unter Kostenfolge abzuweisen.
J. Mit Datum vom 19. Februar 2007 reichte die Beschwerdegegnerin eine Beschwerdeantwort ein. Sie beantragte darin:
"Die Beschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Instituts für geistiges Eigentum im Widerspruchsverfahren Nr. 7427 vom 31. August 2006 sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin abzuweisen."
Die Beschwerdegegnerin sprach der Widerspruchsmarke jegliche Kenn-zeichnungskraft ab und stufte sie als absolut freihaltebedürftig ein. Sie verneinte, dass die Dienstleistungen gleichartig seien, und machte geltend, dass die Frage aufgrund des absoluten Freihaltebedürfnisses an der Widerspruchsmarke gar nicht hätte geprüft werden dürfen. Ebenso verneinte sie das Bestehen einer Zeichenähnlichkeit. Die Annahme einer Verwechslungsgefahr sei auch deshalb abzulehnen, weil die Aufmerksamkeit bei den Abnehmerkreisen der betroffenen Dienstleistungen überdurchschnittlich gross sei. Auf die Übernahme gemeinfreier Elemente könne weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Verwechslungsgefahr abgestützt werden. Die Beschwerdegegerin bestritt neu auch, dass die Widerspruchsmarke überhaupt rechtserhaltend gebraucht worden sei.
K. Eine Parteiverhandlung wurde nicht durchgeführt (Art. 40 des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 [Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32]).

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchsverfahren zuständig (Art. 31, 32 und 33 lit. d VGG). Das vorliegende Verfahren wurde am 1. Januar 2007 von der RKGE übernommen (Art. 53 Abs. 2 VGG). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist von Art. 50 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) am 2. Oktober 2006 eingereicht, und der verlangte Kostenvorschuss wurde rechtzeitig geleistet. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und durch den Entscheid beschwert (Art. 48 VwVG). Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.
2. Eine ältere Marke wird nur geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, hinreichend gebraucht worden ist (Art. 11 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]). Art. 12 Abs. 1 MSchG gewährt dem Markeninhaber jedoch eine fünfjährige Benutzungsschonfrist, die für die Widerspruchsmarke noch nicht abgelaufen ist. Die von der Beschwerdegegnerin erhobene Nichtgebrauchseinrede ist damit unzulässig (RKGE in sic! 1999 S. 281 E. 5 Genesis). Sie muss zudem mit der ersten Stellungnahme im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden (Art. 22 Abs. 3 der Markenschutzverordnung vom 23. Dezember 1992 [MSchV, SR 232.111], Christoph Willi, in: Markenschutzgesetz, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und internationalen Markenrechts, Zürich 2002, Art. 32, N. 4). Im vorliegenden Fall wurde die Nichtgebrauchseinrede erst im Beschwerdeverfahren geltend gemacht. Sie ist auch aus diesem Grund nicht zu beachten.
3. Zeichen sind vom Markenschutz ausgeschlossen, wenn sie einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen registriert sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG). Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr richtet sich nach dem Ähnlichkeitsgrad der Zeichen im Erinnerungsbild des Letztabnehmers (BGE 121 III 378 E. 2a Boss, 119 II 473 E. 2d Radion) und nach dem Mass an Gleichartigkeit zwischen den geschützten Waren und Dienstleistungen. Zwischen diesen Elementen besteht eine Wechselwirkung: An die Verschiedenheit der Zeichen sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je ähnlicher die Produkte sind, und umgekehrt (Lucas David in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz Muster- und Modellgesetz, Basel 1999, MSchG, Art. 3, N. 8).
Damit eine Verwechslungsgefahr bejaht werden kann, müssen aber noch weitere Faktoren hinzutreten. Ausschlaggebend ist, ob aufgrund der Ähnlichkeit Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche das besser berechtigte Zeichen in seiner Individualisierungsfunktion gefährden (BGE 127 III 160 E. 2a, S. 166 Securitas). Zu berücksichtigen sind im Einzelfall der Aufmerksamkeitsgrad, mit dem die Abnehmer bestimmte Waren oder Dienstleistungen nachfragen, sowie die Kennzeichnungskraft, da diese massgeblich den Schutzumfang einer Marke bestimmt (Willi, a.a.O., Art. 3 N. 17 ff.; BGE 122 III 382 E. 2a S. 385 Kamillosan). Die Frage eines Freihaltebedürfnisses an der Widerspruchsmarke ist nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und kann nicht widerklageweise geltend gemacht werden, worauf die Beschwerdeführerin besonders hinweist. Allerdings ist im Widerspruchsverfahren vorfrageweise die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu prüfen. Anders wäre nicht feststellbar, ob eine angefochtene Marke in ihren Schutzbereich eingreift oder nicht (RKGE in sic! 2000 S. 104 E.3 Craft). Auch im Widerspruchsverfahren ist, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, mithin zu prüfen, ob die Widerspruchsmarke oder einzelne ihrer Elemente zum Gemeingut zählen, zum Beispiel freihaltebedürftig sind.
4. Zunächst ist die Gleichartigkeit der zu vergleichenden Dienstleistungen zu prüfen. Gleichartigkeit besteht, wenn die Abnehmerkreise auf den Gedanken kommen können, die unter Verwendung ähnlicher Marken angebotenen Waren oder Dienstleistungen würden angesichts ihrer üblichen Herstellungs- und Vertriebsstätten aus demselben Unternehmen stammen oder doch wenigstens unter der Kontrolle des gemeinsamen Markeninhabers "hergestellt" (David, a.a.O., Art. 3, N. 35). Dafür sind vorfrageweise die massgeblichen Verkehrskreise zu bestimmen (Eugen Marbach, Die Verkehrskreise im Markenrecht, sic! 2007 S. 3).
In Bezug auf die Gleichartigkeit zwischen Dienstleistungen haben Lehre und Rechtsprechung sodann folgende Grundsätze entwickelt:
Für das Publikum, das eine Marke liest, steht bei den naturgemäss unkörperlichen Dienstleistungen nicht die physische Herkunft aus demselben Unternehmen, sondern die einheitliche Verantwortung durch den Markeninhaber im Vordergrund. Gleichartigkeit zwischen Dienstleistungen besteht, wenn der Eindruck einer einheitlichen "Organisationsverantwortung" für die verschiedenen Angebote und eines wirtschaftlich sinnvollen "Leistungspakets" geschaffen wird. Blosse thematische Zusammenhänge genügen nicht (Eugen Marbach, Gleichartigkeit - ein markenrechtlicher Schlüsselbegriff ohne Konturen?, Zeitschrift für Schweizerisches Recht [ZSR], 2001 [hiernach: Gleichartigkeit], S. 270). Von Dienstleistungsgleichartigkeit ist auszugehen, wenn die Verkehrskreise verschiedene Dienstleistungen leicht der Kontrolle ein und desselben Markeninhabers zuordnen. Dies hängt namentlich von der Art und dem Zweck der Dienstleistungen ab (Willi, Art. 3, N 35).
Die Indizwirkung der Zugehörigkeit zweier Dienstleistungen zu derselben Klasse ist schwächer, als dies bei den Waren(-klassen) der Fall ist (Kaspar Landolt, Die Dienstleistungsmarke, Bern 1993, S. 90; RKGE in sic! 2000 S. 797 E. 10 Kiss/K.i.s.s.). Nicht zuletzt ist der Ort zu berücksichtigen, wo die Dienstleistungen erbracht werden, (RKGE in sic! 2004 S. 778 E. 5 Yello/Yellow (fig.), sic! 2000 S. 797 E. 10 Kiss/K.i.s.s., Landolt, a.a.O., S. 91).
Die Abnehmerkreise für die von der angegriffenen Marke und von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen bestehen aus Privaten (Endkonsumenten) sowie Unternehmen als Nachfragern von Finanz- wie auch Versicherungsdienstleistungen und den dazugehörigen Informations- und Beratungsdienstleistungen. Nur für die in der Klasse 35 von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen kommen ausschliesslich Unternehmen in Frage. Auch "Finanzgeschäfte im Bereich alternativer Investitionen", wofür die Widerspruchsmarke eingetragen ist, werden von Unternehmen und Privaten gleichermassen in Anspruch genommen. Es ist somit gleichermassen auf die Sicht von Privaten und Unternehmen abzustellen, um die Verwechslungsgefahr zu beurteilen (Marbach, Gleichartigkeit, Ziff. I. 3.). Dass die Beschwerdeführerin gegenwärtig vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungsunternehmen und Finanzinstitute zu ihrem Kundenkreis zählt, ändert daran nichts.
4.1. Für die Beurteilung der Gleichartigkeit ist auf Seiten der Widerspruchsmarke vom Oberbegriff "Finanzgeschäfte im Bereich alternativer Investitionen" (Klasse 36) auszugehen, der den spezifischeren anderen Dienstleistungen übergeordnet ist. Solche Finanzgeschäfte fallen unter den Oberbegriff der "Finanzdienstleistungen" (Klasse 36), den die angegriffene Marke beansprucht. Die Dienstleistungen sind insoweit identisch. Soweit der Begriff "Finanzdienstleistungen" über den engeren Begriff der "opérations financières dans le domaine des investissements alternatifs" hinausgeht, sind die Dienstleistungen zumindest gleichartig.
4.2. Dies gilt auch in Bezug auf Versicherungsdienstleistungen, für welche die angegriffene Marke beansprucht wird. Finanz- und Versicherungsdienstleistungen werden nach ständiger Praxis als gleichartig angesehen, da nicht selten umfassende Beratungsdienste im Versicherungs- und Finanzbereich angeboten werden (RKGE in sic! 2005 S. 749 E. 5 Zurich Private Bank, sic! 2002 S. 529 arc/arcstar). Soweit dem Publikum der Unterschied dieser Sparten bewusst ist, muss er in der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Gesamtzusammenhang berücksichtigt werden. Auch die "opérations financières dans le domaine des investissements alternatifs" im Verzeichnis der Widerspruchsmarke sind, als Geldanlagen in Form von Versicherungspolicen, in beiden Branchen denkbar. Für diese Dienstleistungen besteht Gleichartigkeit.
4.3. "Informations- und Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit Finanz- und Versicherungsdienslteistungen" (angegriffene Marke) werden von denselben Unternehmen wie "Finanz- und Versicherungsdienstleistungen" erbracht und sind darum ebenfalls gleichartig.
4.4. Insgesamt ist damit von Gleichartigkeit und teilweise von Identität der zu vergleichenden Dienstleistungen auszugehen.
5. Ob die Zeichen ähnlich sind, wird aufgrund des Gesamteindrucks beurteilt (RKGE in sic! 2006 S. 478 E. 4 Hero/Hello). Dieser bestimmt sich bei reinen Bildmarken einerseits durch das Erscheinungsbild und andererseits durch einen allfälligen Sinngehalt (Eugen Marbach, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III, Kennzeichenrecht, Basel 1996, Markenrecht [hiernach: Kommentar], S. 121). Grundsätzlich genügt es zur Annahme einer Verwechslungsgefahr, wenn unter einem dieser Aspekte eine Ähnlichkeit besteht (David, Art. 3, N 17). Beim Zeichenvergleich ist von den Eintragungen im Register auszugehen (BGE 119 II 473 E. 2b Radion), doch ist zu berücksichtigen, dass das angesprochene Publikum die beiden Marken in der Regel nicht gleichzeitig vor sich hat. Deshalb ist auf das Erinnerungsbild abzustellen, das die Abnehmer von den eingetragenen Marken bewahren (RKGE in sic! 2006 S. 673 E. 6 O (fig.)/ O (fig.)). Diesem Erinnerungsbild haftet zwangsläufig eine gewisse Verschwommenheit an (Marbach, Kommentar, S. 116). Es wird wesentlich durch das Erscheinungsbild der kennzeichnungskräftigen Markenelemente geprägt (BGE 122 III 382 E. 2a S. 386 Kamillosan), doch dürfen schwache oder gemeinfreie Markenbestandteile bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit nicht einfach weggestrichen werden (Willi, a.a.O., Art. 3, N. 65; vgl. RKGE in sic! 2006 S. 90 E. 6 f. Mictonorm).
6. Für die genaue Darstellung der Widerspruchsmarke kann der Registereintrag der deutschen Basisregistrierung herangezogen werden (Art. 46 Abs. 1 MSchG; RKGE in sic! 2006 S. 671 E. 7 Quaderförmige Flasche [3 D]). Er enthält folgende, qualitativ bessere Wiedergabe der Widerspruchsmarke, auf die für den Zeichenvergleich abzustellen ist:

7. Beide im Widerspruch stehenden Zeichen zeigen somit zwei konzentrische Quadrate in Form eines quadratischen Rahmens. Bei der Widerspruchsmarke ist dieser weiss mit schwarzen Rändern, bei der angegriffenen Marke ohne scharfe Konturlinien grau mit weisser Mitte. In beiden Fällen ist die obere rechte Ecke des Rahmens durchbrochen. Fast nahtlos fügt sich bei der angegriffenen Marke ein drittes, kleineres, schwarzes Quadrat in diese Lücke. Stattdessen zeigt die angegriffene Marke an der gleichen Stelle zwei zueinander rechtwinklig stehende Rhomben, die über die Abgrenzungen des Rahmens hinausführen. Die Marken sind sich somit in der Grundfigur des Rahmens und in der Unterbrechung an der gleichen Stelle ähnlich. Sie unterscheiden sich dagegen im Element, das den Rahmen durchbricht. Auf beiden Seiten fehlt es an einem erkennbaren Sinngehalt. Im Ergebnis ist eine gewisse Ähnlichkeit der beiden Marken zu bejahen.
8. Vor diesem Hintergrund sind die weiteren Aspekte einer Verwechslungsgefahr zu prüfen. Im Unterschied zur unmittelbaren Verwechslungsgefahr besteht dann eine mittelbare Verwechslungsgefahr, wenn die Abnehmer zwei Zeichen zwar auseinanderzuhalten vermögen, aufgrund ihrer Ähnlichkeit aber unzutreffende wirtschaftliche Zusammenhänge vermuten, namentlich Produkte des gleichen Unternehmens oder mehrerer, wirtschaftlich verbundender Unternehmen erwarten (BGE 128 III 441 E.3.1 Appenzeller, BGE 122 III 382 E.1, S. 384 Kamillosan, RKGE in sic! 2006 S. 761 E.5 McDonald's). Dies trifft auch im Fall von Serienmarken zu, wenn eine fremde Marke das verbindende Element einer Markenserie in ähnlicher Weise variiert, und dahinter eine wirtschaftliche Verbindung vermutet wird (RKGE in sic! 2006 S. 761 E.5, S. 762 McDonald's). Auch hier sind gemeinfreie Bestandteile allerdings dem Gemeingebrauch freizuhalten (BGE 127 III 160 E. 2b bb Securitas). Nach der Rechtsprechung kann die Zugehörigkeit der Widerspruchsmarke zu einer Markenserie im Widerspruchsverfahren zugunsten ihres Schutzumfangs berücksichtigt werden, auch wenn der Widerspruch nur auf eine Marke gestützt wird. Allerdings setzt dies voraus, dass die weiteren Serienmarken nicht nur im Register aufzufinden sind, sondern dem Publikum infolge ihres Gebrauchs tatsächlich bekannt sind (RKGE in sic! 2005 S. 805 Suprême des Ducs, sic! 1998 S. 198 E. 2b Torres).
9. Die Kennzeichnungskraft und damit der Schutzumfang einer Marke können sich im Laufe der Zeit verändern (Willi, a. a. O., Art. 3 N. 111). Eine durch intensive Benutzung im Verkehr erworbene Bekanntheit kann einerseits den Schutzumfang der Marke vergrössern (BGE 122 II 382 E. 2b Kamillosan). Andererseits kann die Kennzeichnungskraft durch häufige, ähnliche Drittzeichen geschwächt werden. Ist ein dominierendes Markenelement gar branchenüblich, weist dies auf eine schwache Marke hin. Schwache Marken verdienen nur einen geringen Schutzumfang (Marbach, Kommentar, S. 115).
10. Die festgestellte Ähnlichkeit der Zeichen beschlägt im Wesentlichen die bei beiden Marken vorhandenen Quadrate in Form eines Rahmens. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hat in einem Entscheid vom 29. Okober 2004 (sic! 2005 S. 288 E. 2.1.2.b aim [fig.]) festgestellt, dass Quadrate absolut freihaltbedürftig seien. Bildmarken mit Quadraten vermöchten höchstens für die einprägsame individuelle Ausgestaltung des Bildmotivs Schutz zu bieten. Der Entscheid hält weiter fest, die Anordnung von Quadraten komme in der einen oder anderen Form in Zeichen der Dienstleistungsbranche häufig vor. Nicht nur im Finanzsektor, sondern im gesamten Dienstleistungsbereich sind Bildmarken mit einer quadratischen Grundfläche in der Tat häufig. Anhand von Registerauszügen teilweise bekannter Marken hat die Beschwerdegegnerin dies glaubhaft belegt.
Zwar gilt dasselbe für das Zeichenelement eines quadratischen, leeren Rahmens nicht in gleichem Mass. Für dieses Element hat die Beschwerdegegnerin keine Beispiele aus dem Markenregister vorgelegt. Es kann als schematische Darstellung eines Gebäudes oder Buchstabens angesehen werden und damit je nach Farbe und Proportionen eine gewisse Kennzeichnungskraft haben. Auch ein quadratischer, leerer Rahmen ist jedoch banal und höchstens schwach kennzeichnungskräftig. Sowohl die quadratische Grundform wie auch der unterschiedlich dick gezeichnete und unterschiedlich ausgefüllte Rahmen in den zu vergleichenden Marken wirken darum wenig kennzeichnungskräftig.
Die Übernahme eines für sich genommen nicht oder nur schwach schutzfähigen Bestandteils schafft nach ständiger Rechtsprechung keine Verwechslungsgefahr (BGE 127 III 167 E. 2b/bb Securitas, RKGE in sic! 1998, 403 Elle/NaturElle, 2005, 132 E. 4 Marché, Kamen Troller, Précis de droit suisse des biens immatériels, 2. Aufl. Basel 2006, S. 88). Dass die Marken im kennzeichnungsschwachen Rahmenelement übereinstimmen, genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr somit nicht. Im vorliegenden Fall weichen die Bildmarken in ihrer rechten oberen Ecke deutlich von einander ab. Sie enthalten, als Ganzes gesehen, übereinstimmend abstrakte, aber deutlich unterschiedliche Sujets. Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde geschilderten Gebrauchshandlungen geben keinen Anlass anzunehmen, dass die Widerspruchsmarke aufgrund intensiven Gebrauchs in der verhältnismässig kurzen Zeitperiode seit ihrer Hinterlegung einen gesteigerten Schutzumfang erlangt hätte. Auch in einer Branche, die "von einer gewissen Diskretion geprägt" ist, wird durch solche Gebrauchshandlungen keine gesteigerte Bekanntheit erlangt. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr und die Gefahr des Eindrucks von Serienmarken ist darum auszuschliessen (BGE 127 III 160 E. 2b bb Securitas). Aus diesen Gründen ist das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen den zu vergleichenden Marken zu verneinen. Die Beschwerde ist abzuweisen.
11. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 63 Abs. 1 und 64 Abs. 1 VwVG). Der Kostenanspruch ist mit dem geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen.
12. Die Spruchgebühr des Beschwerdeverfahrens (Gerichtsgebühr) ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien zu bestimmen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Widerspruchsbeschwerdeverfahren ist dafür das Interesse der Widersprechenden an der Löschung, beziehungsweise der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen. Es würde allerdings zu weit führen und könnte im Verhältnis zu den geringen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür im Einzelfall stets konkrete Aufwandsnachweise verlangt würden. Mangels anderer streitwertrelevanter Angaben ist der Umfang der Streitsache deshalb nach Erfahrungswerten auf Fr. 40'000.-- festzulegen (Johann Zürcher, Der Streitwert im Immaterialgüter- und Wettbewerbsprozess, sic! 2002, S. 505; Leonz Meyer, Der Streitwert in Prozessen um Immaterialgüterrechte und Firmen, sic! 2001, S. 559 ff., Lucas David, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, Basel 1998, S. 29 f.).
13. Die Parteientschädigung ist nach Art. 14 Abs. 2 VGKE aufgrund der eingereichten Kostennote festzusetzen. Ist wie im vorliegenden Fall keine Kostennote eingereicht worden, setzt das Gericht die Entschädigung für die notwendigen erwachsenen Kosten aufgrund der Akten fest (Art. 7 VGKE). In Würdigung der massgeblichen Faktoren erscheint eine Parteientschädigung für die Beschwerdegegnerin von Fr. 2'000.-- (inkl. allfällige MWST) angemessen. Dieser Betrag ist ihr als Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG).
14. Dieses Urteil unterliegt keiner Beschwerde ans Bundesgericht und ist daher rechtskräftig (Art. 73 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 [Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen und die angefochtene Verfügung wird bestätigt.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem erhobenen Kostenvorschuss von Fr. 3'500.-- verrechnet. Die Beschwerdeführerin hat damit noch Fr. 500.-- zu bezahlen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das Beschwerde-verfahren mit Fr. 2'000.-- (inkl. MWST) zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird eröffnet:
- der Beschwerdeführerin (eingeschrieben, mit Beilagen)
- der Beschwerdegegnerin (eingeschrieben, mit Beilagen)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. Wspr. 7427; eingeschrieben, mit Beilagen)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

David Aschmann Philipp J. Dannacher

Versand am: 2. August 2007

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