Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung II
B-7272/2008{T 1/2}
Urteil
vom 11.Dezember 2009
Besetzung
Richter Marc Steiner (Vorsitz), Richter Claude Morvant,
Richter Bernard Maitre; Gerichtsschreiberin Miriam Sahlfeld
Parteien
Pirelli Tyre Spa,
Viale Sarca 222, IT-20126 Milano,
vertreten durch Zimmerli, Wagner & Partner AG, Löwenstrasse
19, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
Eidgenössisches
Institut für Geistiges Eigentum IGE,
Stauffacherstrasse 65, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Verfügung
vom 13. Oktober 2008 betreffend Schutzverweigerung gegenüber IR Marke Nr. 894'132 Snowsport (fig.).
Sachverhalt:
A.
Gestützt
auf eine Basiseintragung in Italien wurde die Wortmarke IR 894'132 SNOWSPORT am 15. Mai 2006 unter anderem
mit Schutzanspruch für die Schweiz im internationalen Register eingetragen und am 21. September
2006 von der Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle dem Eidgenössischen
Institut für Geistiges Eigentum (Vorinstanz) mitgeteilt. Die Marke wurde für folgende Waren
der Klasse 12 registriert:
Pneus; bandages pneumatiques, semi-pneumatiques et pleins pour
roues de véhicules; roues de véhicules, jantes.
B.
Am 4. September 2007 erklärte
die Vorinstanz der Markenanmelderin den refus provisoire partiel (sur motifs absolus) mit der Begründung,
das Zeichen sei beschreibend. Sie führte dazu aus, dass die zwei Bestandteile englischer Sprache
vom Durchschnittskonsumenten mit "Schneesport" übersetzt und als Hinweis auf den Verwendungszweck
der beanspruchten Waren, nicht aber auf ein Unternehmen verstanden würden.
C.
Mit
Eingabe vom 4. Februar 2008 nahm die Markenanmelderin Stellung und machte geltend, unter SNOWSPORT fielen
klassische Wintersportarten wie Ski- und Langlauf im Schnee, Sportarten mit Kufen auf Eis wie Eiskunstlauf,
Eisschnelllauf oder Eishockey, nicht jedoch Sportarten auf Rädern. Keinesfalls sei der Begriff direkt
beschreibend. SNOWSPORT sei vielmehr anspielend und deute nur indirekt auf eine Ware hin. Sie beruft
sich auf Voreintragungen im englischsprachigen Ausland und auf Gleichbehandlung mit der Marke CH-Nr.
505'287 SPORT-GRIP, die ebenfalls für Waren der Klasse 12 eingetragen wurde.
D.
Die
Vorinstanz hielt mit Schreiben vom 21. April 2008 an ihrer Beanstandung fest und führte ergänzend
aus, dass das Zeichen in unmittelbarer Weise auf zwei erwünschte Eigenschaften der so gekennzeichneten
Reifen hinweise. Der Bestandteil SNOW ziele auf die erhöhte Haftung auf Schnee; SPORT beziehe sich
darauf, dass trotzdem eine hohe Geschwindigkeit möglich sei. Das Zeichen beschreibe daher den Verwendungszweck
der beanspruchten Waren. Es bestehe ausserdem ein Freihaltebedürfnis zugunsten von Konkurrenten,
welche ebenfalls Sportreifen für den Schnee herstellen. Den Voreintragungen aus dem englischsprachigen
Ausland komme keine präjudizielle Bedeutung zu. Die Eintragung CH-Nr. 505'287 SPORT-GRIP bezeichnete
sie als Einzelfall, der nicht als Grundlage für eine generelle Praxis herhalten könne und keinen
Anspruch auf Eintragung eines Zeichens unter dem Titel der Gleichbehandlung begründen könne.
E.
Innert
verlängerter Frist nahm die Markenanmelderin mit Schreiben vom 22. Juli 2008 Stellung und macht
zunächst geltend, die Zurückweisung bezogen auf sämtliche Waren sei unnötig restriktiv,
da das Zeichen für Fahrzeugräder und Felgen kaum beschreibend sei. Mit SNOWSPORT werde in erster
Linie jugendliche Dynamik und das damit zusammenhängende jugendliche Image assoziiert. Ein Zusammenhang
mit den zu kennzeichnenden Waren könne allenfalls mit erheblichem Fantasieaufwand konstruiert werden.
F.
Am
13. Oktober 2008 verweigerte die Vorinstanz den Schutz für sämtliche der beanspruchten Waren
mit Ausnahme von "jantes" (Felgen). In Ergänzung ihrer vorherigen Beanstandungen weist
sie darauf hin, dass unter Snowsport nicht nur Ski- und Snowboardfahren, sondern auch Motorrallyesport
mit Zweirad oder Vierrad auf Schnee verstanden werde, für den es eine besondere Ausrüstung,
namentlich einer speziellen Bereifung bedürfe, die zu diesem Zweck von den Reifenherstellern angeboten
würde. Sie betont, dass das Zeichen aber auf jeden Fall zwei erwünschte Eigenschaften der beanspruchten
Waren beschreibe, nämlich auf eine gute Haftung auf Schnee auch bei höheren also sportlichen
Geschwindigkeiten. Des Weiteren geht sie von einem Freihaltebedürfnis aus. Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz
und ausländischen Voreintragungen ergebe sich keine andere Beurteilung des Zeichens.
G.
Gegen
die Verfügung der Vorinstanz erhob die Markenhinterlegerin am 14. November 2008 Beschwerde vor dem
Bundesverwaltungsgericht mit folgenden Anträgen:
1. Die Verfügung des Instituts vom 13.
Oktober 2008 betreffend die Internationale Markeneintragung Nr. 894'132 SNOWSPORT sei aufzuheben. Das
Institut sei anzuweisen, die Marke SNOWSPORT nicht nur für die in Klasse 12 bereits zugelassenen
"jantes", sondern auch für "pneus; bandages pneumatiques, semi-pneumatiques et pleins
pour les roues de véhicules; roues de véhicules" der Klasse 12 aufgrund der Anerkennung
ihrer originären Kennzeichnungskraft in der Schweiz zum Schutz zuzulassen.
2. Alles unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
Zur Begründung
bringt sie vor, die Analyse der Vorinstanz beruhe nicht auf der spontanen Reaktion der Konsumenten auf
das als "Schneesport" verstandene englische Wort. Ein Spontaneindruck ergebe sich bei Eingabe
des Begriffs in die Internetsuchmaschine Google. Die Ergebnisse dieser Recherche verwiesen auf verschiedene
Wintersportarten ohne den Einsatz von Fahrzeugen. Die von der Vorinstanz genannten Motorrallyes seien
nur einem unbedeutenden Abnehmerkreis geläufig. Mit der Marke SNOWSPORT assoziiere man gemäss
dem Ergebnis der Google-Recherche Erlebniswelten und Emotionen wie Freude, Risikobereitschaft, Experimentierlust,
Gemeinschaftsgefühl, Grenzerfahrung und diesen Erfahrungen zugrundeliegenden Bewegungsabläufe.
Auch wenn ein Bezug zwischen den beanspruchten Produkten und SNOWSPORT bestehe, so seien doch verschiedene
Gedankenschritte erforderlich, wenn die spontan assoziierten Sportarten den für Reifen wichtigen
Haftungsqualitäten zugeordnet werden müssten. Des Weiteren sei das Zeichen gänzlich ungeeignet
eine sachliche Eigenschaft der betroffenen Erzeugnisse zu umschreiben. Da es sich jedenfalls nicht um
ein rein beschreibendes Zeichen handle, müsse von einem Grenzfall ausgegangen werden und die Gemeinschaftsmarkeneintragung
indizweise Berücksichtigung finden. Ein Freihaltebedürfnis bestehe angesichts der diffusen
und uneinheitlichen begrifflichen Vorstellungen, die das Zeichen wecke, nicht.
H.
Die
Vorinstanz liess sich mit Eingabe vom 14. Januar 2009 vernehmen. Sie beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Sie betont, auch die Beschwerdeführerin räume ein, dass Motorrallyes auf Schnee zum Schneesport
gehörten. Für Spezialisten und Endabnehmer stehe das Zeichen in einem klar verständlichen
und sinnvollen, die betreffenden Produkte direkt beschreibenden Zusammenhang. Ein Gedankenaufwand sei
nicht erforderlich.
I.
Mit Replik vom 23. März 2009 macht die Beschwerdeführerin
geltend, die Vorinstanz setze zu Unrecht Wintersport mit Schneesport gleich, wodurch es sich nicht mehr
um eine Spontanauslegung, sondern um eine Analyse handle. Sie bestreitet, dass sie Motorrallyes auf Schnee
dem "Schneesport" zurechne. Nur der unbedeutende Verkehrskreis, der diese Sportarten betreibt,
denke allenfalls bei Snowsport auch an diese seltenen Sportarten. Allerdings sei die Bezeichnung für
diese Sportler wiederum viel zu allgemein. SNOWSPORT sei eine unbestimmte Wortverbindung, genauso wie
Sun- oder Rainsport, die auch nicht Sommer- oder Regenreifen beschreiben würden. Für Traktoren-
oder Fahrradbereifungen sei die Schutzfähigkeit ohnehin gegeben, da insoweit ein Zusammenhang mit
Schneerallyes entfalle.
J.
Die Vorinstanz verzichtete mit Eingabe vom 27. April 2009
auf die Einreichung einer Duplik.
K.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird, soweit
erforderlich, im Rahmen der Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht
in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden
gegen Eintragungsverfügungen der Vorinstanz in Markensachen zuständig (Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [VGG,
SR 173.32]). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist von Art. 50 Abs.
1
des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG,
SR 172.021) eingereicht und der verlangte
Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet. Als Markenanmelderin ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde
legitimiert (Art. 48
VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
2.
2.1 Zwischen
der Schweiz und Italien gilt das Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale
Registrierung von Marken (MMP,
SR 0.232.112.4). Nach Art. 5 Abs. 2 Bst. b MMP und der von der Schweiz
dazu abgegebenen Erklärung beträgt die Frist von Art. 5 Abs. 2 Bst. a MMP zur Erklärung
einer Schutzverweigerung durch die Vorinstanz achtzehn Monate.
2.2 Innerhalb von achtzehn
Monaten ab Mitteilung der Internationalen Markenregistrierung konnte die Vorinstanz darum erklären,
dass sie der Marke den Schutz in der Schweiz verweigere, wofür sie einen oder mehrere in der Pariser
Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (PVÜ,
SR 0.232.04) genannten Gründe angeben musste (Art. 5 Abs. 1 MMP; Entscheid der Eidgenössischen
Rekurskommission für geistiges Eigentum [RKGE], veröffentlicht in sic! 2006, 31 Schmuckkäfer).
Die Eintragung der Marke Nr. 894'132 wurde der Vorinstanz am 21. September 2006 notifiziert. Die Vorinstanz
erklärte ihre provisorische Schutzverweigerung am 4. September 2007. Die Achtzehnmonatsfrist wurde
damit eingehalten.
2.3 Als Zurückweisungsgrund kann die Vorinstanz angeben, dass die
Marke jeder Unterscheidungskraft entbehre oder ausschliesslich aus Zeichen oder Angaben zusammengesetzt
sei, die "im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des
Werts, des Ursprungsorts der Erzeugnisse oder der Zeit der Erzeugung dienen könnten oder im allgemeinen
Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten des Schutzlandes üblich"
seien (Art. 5 Abs. 1 MMP in Verbindung mit Art. 6quinquies Bst. b Ziff. 2 PVÜ). Dieser zwischenstaatlichen
Regelung entspricht Art. 2 Bst. a
des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 (MSchG,
SR 232.11). Lehre
und Praxis zu dieser Norm können somit herangezogen werden (Urteil des Bundesgerichts
4A_492/2007
vom 14. Februar 2008 E. 2 Gipfeltreffen).
3.
Nach Art. 2 Bst. a
des Markenschutzgesetzes
vom 28. August 1992 (MSchG,
SR 232.11) sind Zeichen des Gemeinguts vom Markenschutz ausgeschlossen, es
sei denn, sie hätten sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht
werden, im Verkehr durchgesetzt. Der Begriff Zeichen des Gemeinguts ist ein Sammelbegriff für Sachbezeichnungen,
beschreibende Angaben, geografische Herkunftsangaben, Freizeichen sowie für elementare Zeichen.
3.1
Als Gemeingut im Sinne von Art. 2 Bst. a
MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen sind Zeichen, die sich
beispielsweise in einfachen Zahlen- oder Buchstabenkombinationen oder gebräuchlichen geometrischen
Figuren oder in Angaben über die Beschaffenheit der gekennzeichneten Ware erschöpfen und daher
die zur Identifikation von Waren oder Dienstleistungen erforderliche Kennzeichnungs- oder Unterscheidungskraft
nicht aufweisen und vom Publikum nicht als Hinweis auf eine bestimmte Betriebsherkunft verstanden werden.
Der beschreibende Charakter solcher Hinweise muss vom angesprochenen Publikum ohne besondere Denkarbeit
und ohne Fantasieaufwand unmittelbar erkennbar sein (Urteil des Bundesgerichts 4A_161/07 vom 18. Juli
2007 E. 4.2 we make ideas work, BGE
131 III 495 E. 5 Felsenkeller,
128 III 454 E. 2.1 Première mit
weiteren Hinweisen; Lucas David, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz/Muster-
und Modellgesetz, 2. Aufl., Basel 1999, N. 6 zu Art. 2
MSchG). Die Beurteilung ist aus Sicht der angesprochenen
Abnehmerkreise vorzunehmen (BGE
128 III 451 E. 1.6 Première, BGE
116 II 611 f. E. 2c Fioretto),
wobei es ausreicht, dass der beschreibende Charakter für einen erheblichen Teil der massgeblichen
Abnehmer ohne besondere Gedankenarbeit zu erkennen ist (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer]
B-7442/2006 vom 18. Mai 2007 E. 2.3 Feel'n learn/ See'n learn).
3.2 Beschreibende Angaben
können sich auch auf den Verwendungszweck der zu kennzeichnenden Waren und Dienstleistungen beziehen
(Eugen Marbach, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter-
und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl., Basel 2009, N. 293). Dabei ist auch insoweit
zu verlangen, dass die Charakterisierung des Hauptverwendungszwecks bzw. der Kerneigenschaft im Zweifel
ohne Fantasieaufwand erkannt wird (Urteil des Bundesgerichts
4A.5/2004 vom 25. November 2004 in sic!
4/2005 278 E. 3.3 Firemaster für flammenhemmende chemische Erzeugnisse, Urteile des BVGer
B-1364/2008
vom 26. August 2009 E. 3.1 On the Beach u.a. für Kosmetika,
B-5440/2008 vom 24. Juli 2009 E. 6.2
jump [fig.]/JUMPMAN für Schuhe), wogegen die Verbindung mit einem auch möglichen, aber aus
Sicht des Konsumenten fernliegenden Verwendungszweck der Eintragung eher nicht entgegensteht (RKGE vom
11. April 2000 in sic! 6/2000 506 E. 4 Testa [ital. Kopf] für Fleisch und Haarpflegemittel, aber
unzulässig für Kopfbedeckungen).
3.3 Gemäss Rechtsprechung und Lehre ist es
für die Beurteilung der Schutzfähigkeit unerheblich, ob ein Wort bereits gebräuchlich
ist oder nicht. Dass eine Angabe neuartig, ungewohnt oder fremdsprachig ist, schliesst ihren beschreibenden
Charakter nicht aus. Entscheidend ist, ob das Zeichen nach dem Sprachgebrauch oder den Regeln der Sprachbildung
von den beteiligten Verkehrskreisen in der Schweiz als Aussage über bestimmte Merkmale oder Eigenschaften
der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung aufgefasst wird (Urteile des Bundesgerichts
4A_492/2007
vom 14. Februar 2008 E. 2 Gipfeltreffen und
4A_265/2007 vom 26. September 2007 E. 2.1 American Beauty
mit Hinweisen; Urteil des BVGer
B-2514/2008 vom 25. Mai 2009 E. 4.4 Magnum [fig.]; Marbach, a.a.O., N.
285 mit Hinweisen auf die entsprechende Praxis der RKGE).
3.4 Auch englische Ausdrücke
können Gemeingut sein (BGE
129 III 228 E. 5.1 Masterpiece, Urteil des Bundesgerichts
4A.5/2003 vom
22. Dezember 2003 in sic! 5/2004, 401 f. E. 3.1-3.2 Discovery Travel & Adventure Channel), es sei
denn sie werden von einem erheblichen Teil der Abnehmerkreise nicht verstanden, was etwa der Fall sein
kann, wenn ein Ausdruck nicht zum Grundwortschatz gehört (Urteile des BVGer
B-684/2009 vom 24. Juni
2009 E. 3.2 OUTPERFORM. OUTLAST. mit Hinweisen,
B-2125/2008 vom 15. Mai 2009 E. 4.2 Total Trader; vgl.
Claudia Keller, Do you speak English? - Anmerkungen zum Bundesverwaltungsgerichtsentscheid
B-804/2007,
«Delight Aromas (fig.)» in sic! 6/2008, 485).
4.
Die vorliegend zu beurteilende
Wortmarke lautet SNOWSPORT. Sie wird vom Konsumenten unmittelbar in die englischen Worte Snow und Sport
aufgespalten, die Teil des englischen Grundwortschatzes bilden und mit Schneesport übersetzt werden
können. Das Wort hat anders als die mit den zu beherrschenden Elementen oder dem verwendeten Material
in Verbindung gebrachten Gattungen Wassersport und Luftsport oder Motorsport bislang weder im Englischen
noch im Deutschen Eingang in die Wörterbücher gefunden. Einen lexikographisch gesicherten Bedeutungsgehalt
für SNOWSPORT gibt es daher nicht. Allerdings wird der Ausdruck Snowsports etwa vom Dachverband
der Schweizer Ski- und Snowboardschulen und -lehrer und denselben verwendet (http://www.snowsports.ch/de/).
Auch die deutsche Fassung, Schneesport, bezeichnet häufig die entsprechenden Sektionen in Sportvereinen.
In diesem Zusammenhang bezieht sich der Ausdruck allein auf dem Ski- und Rodelsport zugehörige Sportarten.
5.
Für
die Eintragungsfähigkeit ist entscheidend, ob das Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren aus
Sicht der relevanten Verkehrskreise beschreibenden Charakter hat (E. 3 hiervor; Christoph Willi, in:
Markenschutzgesetz, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen
und internationalen Markenrechts, Zürich 2002, Art. 2, N. 11), was im Folgenden zu prüfen
sein wird.
5.1 Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens kommt es auf
die Wahrnehmung der potentiellen Abnehmer an (Eugen Marbach, Die Verkehrskreise im Markenrecht, sic!
1/2007, S. 3, 5). Reifen und Räder für Fahrzeuge, insbesondere für Personenkraftwagen,
werden von jedermann nachgefragt. Relevanter Verkehrskreis ist damit jedenfalls auch der schweizerische
Durchschnittskonsument.
5.2 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, der vorliegend relevante
Durchschnittskonsument verbände mit SNOWSPORT klassische Wintersportarten wie Ski- und Langlauf
im Schnee, Sportarten mit Kufen auf Eis wie Eiskunstlauf, Eisschnelllauf oder Eishockey, nicht jedoch
Sportarten auf Rädern. Mit der Marke SNOWSPORT assoziiere man Erlebniswelten und Emotionen
wie Freude, Risikobereitschaft, Experimentierlust, Gemeinschaftsgefühl, Grenzerfahrung und diesen
Erfahrungen zugrundeliegenden Bewegungsabläufe (Beschwerde S. 5). Keinesfalls sei der Begriff direkt
beschreibend. SNOWSPORT sei vielmehr anspielend und deute nur indirekt auf eine Ware hin.
Die
Vorinstanz macht geltend, dass das SNOWSPORT in unmittelbarer Weise auf zwei erwünschte Eigenschaften
der so gekennzeichneten Reifen hinweise. Der Bestandteil SNOW ziele auf die erhöhte Haftung auf
Schnee; SPORT beziehe sich darauf, dass trotzdem eine hohe Geschwindigkeit möglich sei. Das Zeichen
beschreibe daher den Verwendungszweck der beanspruchten Waren. Im Übrigen, weist sie darauf hin,
dass sich auch Motorsportarten auf Schnee etabliert hätten, bei denen eine spezielle Bereifung erforderlich
sei.
5.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann die Prüfung der Markeneintragungsfähigkeit
es nicht dabei belassen, zu untersuchen, welche Assoziationen eine Marke isoliert betrachtet hervorruft.
Das angemeldete Zeichen ist immer in Bezug zu den beanspruchten Waren zu setzen. Zu fragen ist daher,
ob der relevante Verkehrskreis mehrere Gedankenschritte benötigt, um einen Zusammenhang zwischen
Ware und Zeichen herzustellen oder ob er das Zeichen als unmittelbar beschreibend für eine Eigenschaft
der Ware auffasst. So ist ein Zeichen PROROOT an sich fantasievoll, erweist sich aber in Bezug auf zahnmedizinisches
Gerät, mit dem unter anderem Zahnwurzeln behandelt werden, als beschreibend (RKGE vom 5. Juni 2003
in sic! 11/2003 903 unveröffentlichte E. 6). Gleiches gilt für VIAGGIO, welches z.B. für
Pferdezubehör noch unterscheidungskräftig sein könnte, im Zusammenhang mit Eisenbahnwaggons
jedoch einen beschreibenden Charakter erhält (Urteil des BVGer
B-1000/2007 vom 13. Februar 2008
in sic! 7+8/2008 537 E. 7), da diese heute als klassisches Fortbewegungsmittel zum Verreisen gelten.
5.3.1
Zu beurteilen ist, ob der relevante Verkehrskreis SNOWSPORT in Bezug auf Reifen; Hartreifen, pneumatische
und halb-pneumatische Reifen für Fahrzeugräder und Fahrzeugräder beschreibend ist. SNOW
oder Schnee im Zusammenhang mit Reifen und Rädern drängt sich allein in seiner Funktion als
Untergrund bzw. Belag, auf welchem die Reifen zum Einsatz kommen sollen, auf. Ein anderer Zusammenhang
ist nicht ersichtlich. Soweit es zunächst nur um den ersten Wortbestandteil SNOW geht, handelt es
sich um eine Beschreibung des Verwendungszwecks, die dem Konsumenten unwillkürlich in den Sinn kommt.
Der Umstand, dass ein anderer Begriff, nämlich der des Winterreifens, den Konsumenten viel geläufiger
ist, ändert nichts an dieser Beurteilung. Im Übrigen ist der Winterreifen, indem er an eine
Jahreszeit anknüpft und als Überbegriff für die Tauglichkeit bei verschiedenen winterlichen
Witterungen fungiert, möglicherweise symbolhafter als ein Reifen, welcher besonders für den
Schnee taugt.
5.3.2 Die Einschätzung, dass SNOW im Zusammenhang mit Reifen als Beschreibung
des Belags verstanden wird, auf dem diese verwendet werden, muss auch für Fahrzeugräder gelten.
Anders als die separat vertriebenen Felgen, für die dem Zeichen bereits der Schutz für die
Schweiz gewährt wurde (vgl. Ziff. 2 der Verfügung), sind Fahrzeugräder die Kombination
aus Felge und Reifen, die häufig zusammen angeboten und nach der Bereifung benannt werden. Um sich
ein Aufziehen neuer Reifen auf die Felgen beim Jahreszeitenwechsel zu ersparen, besitzen viele Wagenlenker
zwei Sätze Felgen mit unterschiedlicher Bereifung. SNOW im Zusammenhang mit Reifen und Rädern
wird daher als Hinweis darauf, dass dieselben besonders zur Verwendung auf Schnee taugen, verstanden.
5.3.3
Betreffend den Zusatz SPORT sind in Abhängigkeit vom Verkehrskreis verschiedene Deutungen möglich.
Soweit die Ausführungen der Vorinstanz zu Motorsportarten auf Schnee dahingehend zu verstehen sind,
dass sich der schweizerische Durchschnittskonsument für Motorsport und auf den auf Schnee betriebenen
interessiert, kann dem nicht gefolgt werden. Auch die von der Vorinstanz angeführten Internetquellen
(Vernehmlassungsbeilagen 8 und 9) stammen allesamt aus Schweden, Norwegen oder Österreich, wo diese
Sportarten offenbar praktiziert werden, nicht aber aus der Schweiz. Der Durchschnittskonsument versteht
diesen Zusatz in Bezug auf Räder und Reifen vielmehr als Hinweis auf eine entweder optisch oder
hinsichtlich der Eigenschaften des Gegenstandes sportliche Ausführung, die z.B. einen sportlichen
Fahrstil zulässt. Der Zusatz "Sport" ist gerade in der Automobilbranche gebräuchlich,
um eine sportliche anstelle einer eleganten Fahrzeug- (z.B. Opel Insignia Sports Tourer, http://www.spiegel.
de/auto/fahr_berichte/0,1518,656_163,00.html) oder konventionellen Reifenausführung (z.B. der Conti
WinterContact? TS 810 Sport des Reifenherstellers Continental, http://www.cont-online.com/generator www/de/de/continental/automobil/themen/pkw/winter/contiwintercontact_ts_810_sport/contiwintercontact_ts_810_sport_de.html)
hervorzuheben. Allenfalls der beschränkte Verkehrskreis derjenigen, welche die von der Vorinstanz
erwähnten Motorsportarten auf Schnee betreiben (Schneerallyes, Motorrad Skijöring) würde
auf eine spezielle Sportart bzw. einen Kreis von Sportarten schliessen, für welche die Waren verwendet
werden. Ob, wie die Beschwerdeführerin ausführt, SNOWSPORT in Bezug auf Reifen und Räder
aus Sicht der Schneerallyefahrer viel zu allgemein sei, kann vorliegend dahinstehen, da jedenfalls der
schweizerische Durchschnittskonsument als relevanter Verkehrskreis den Bestandteil SNOW als Hinweis auf
die sportliche Ausführung der zu kennzeichnenden Waren empfindet.
5.3.4 SNOW und SPORT zusammengezogen
in Bezug auf die beanspruchten Waren versteht der Durchschnittskonsument als einen Hinweis auf Reifen
bzw. Räder, mit denen eine sportliche Fahrweise gegenüber einer konventionellen selbst auf
Schnee als Untergrund möglich ist. Aus dem hinterlegten Zeichen ergibt sich für den Durchschnittskonsumenten
jedenfalls im Zusammenhang mit Winterreifen der Hinweis auf die Möglichkeit sportlicher Fahrweise
auf Schneebelag mindestens ebenso unmittelbar wie dies für ein Zeichen SNOWPROOF für die nämlichen
Warenkategorien der Fall wäre. Welche konkreten Vorstellungen der Konsument, etwa in Bezug auf erhöhte
Geschwindigkeiten auf Schneebelag, bildet (vgl. insoweit Vernehmlassung Ziff. 6 ff.), kann im Rahmen
der markenrechtlichen Beurteilung offen bleiben.
5.3.5 Der Hinweis der Beschwerdeführerin,
dass Reifen und Räder bestimmter Fahrzeugarten (Velos und Traktoren) gar nicht auf Schnee eingesetzt
werden können, führt zu keiner anderen Beurteilung, da nach ständiger Rechtsprechung ein
Zeichen regelmässig für den gesamten Oberbegriff unzulässig ist, wenn es für bestimmte
Produkte, die unter den entsprechenden Oberbegriff zu subsumieren sind, unzulässig ist (Urteil des
BVGer
B-2125/2008 vom 15. Mai 2009 E. 5.2.1 Total Trader; RKGE vom 30. April 1998 in sic! 5/1998 479
E. 2c Source Safe). Vorliegend ist von einer Unzulässigkeit des Zeichens für Reifen und Räder
von Personenwagen auszugehen, welche unter die Oberbegriffe im Warenverzeichnis fallen. Damit ist das
Zeichen SNOWSPORT für die vorliegend beanspruchten Waren insgesamt unzulässig, unabhängig
von den Fahrzeugen für die sie vorgesehen sind.
5.4 Der Einsatz von Reifen und Rädern
auf schneebedecktem Untergrund zählt noch zum Hauptverwendungszweck bzw. den Kerneigenschaften der
Waren, welche ohne Fantasieaufwand erkannt werden (vgl. E. 3.2). Hauptverwendungszweck von Rädern
im Allgemeinen ist die Fortbewegung. Die Bereifung von Rädern schützt diese vor Abnutzung,
unterstützt die Schock-Absorption und erhöht aber vor allem bei den heute üblichen hohen
Geschwindigkeiten die Haftung auf dem jeweiligen Belag (in diesem Sinne Brockhaus multimedial premium
2008, Version vom 15. Juli 2007). Schnee ist infolge der Witterungsverhältnisse in der Schweiz kein
ungewöhnlicher Untergrund. Die Verwendung von Reifen, bzw. bereiften Rädern, die sich besonders
für die Fortbewegung auf Schnee eignen, ist daher ein zentraler Verwendungszweck dieser Waren.
5.5
Der Umstand, dass es sich bei dem Zeichen um eine Neuschöpfung handelt, die den Konsumenten nicht
geläufig und nicht lexikographisch nachweisbar ist, vermag die Einordnung als Zeichen des Gemeinguts
nicht abzuwenden, da auch solche Zeichen neue Worte nach dem Sprachgebrauch oder den Regeln der Sprachbildung
von den beteiligten Verkehrskreisen in der Schweiz unmittelbar als Aussage über bestimmte Merkmale
oder Eigenschaften der gekennzeichneten Ware aufgefasst werden (vgl. E. 3.3 hiervor). Dem Zeichen ist
daher für die beanspruchten Waren kein Schutz für die Schweiz zu gewähren. Angesichts
dieses Ergebnisses muss nicht geprüft werden, ob an der Bezeichnung ein Freihaltebedürfnis
besteht.
6.
In der Beschwerdeschrift wurde die im Verfahren vor der Vorinstanz vorgebrachte
Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht aufrecht erhalten. Die im Rahmen der
angefochtenen Verfügung durch die Vorinstanz vorgenommene Beurteilung, dass aus der Eintragung des
Zeichens SNOW GRIP (Nr. 507 287) als Einzelfall keine einen Gleichbehandlungsanspruch begründende
Praxis abgeleitet werden könne, lässt überdies keinerlei Rechtsfehler erkennen (vgl. Urteil
des BVGer
B-6740/2008 vom 11. November 2009 E. 6.1 SINO).
7.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin
müsste das Zeichen zumindest im Sinne eines Grenzfalles die Anforderungen an eine eintragungsfähige
Marke erfüllen. Für einen Grenzfall sprächen die Eintragungen in Grossbritannien und der
Europäischen Gemeinschaft.
Ausländischen Voreintragungen kommt grundsätzlich
keine präjudizielle Wirkung zu (BGE
129 III 229 E. 5.5 Masterpiece, BGE
114 II 174 E. 2c Eile mit
Weile). Sie können, wenn von einem Grenzfall ausgegangen werden muss, als Indiz für die Eintragungsfähigkeit
gewertet werden (Urteil des BVGer
B-7427/2006 vom 9. Januar 2008 E. 8 Chocolat Pavot [fig.]). Vorliegend
handelt es sich indessen nicht um einen solchen Grenzfall, da der Konsument, wenn das Zeichen mit den
beanspruchten Waren in Beziehung gesetzt wird, ohne weiteres auf deren Tauglichkeit zum Einsatz im Schnee
bei einer sportlichen Fahrweise schliesst.
8.
Angesichts des Verfahrensausgangs hat die
Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1
VwVG). Eine Parteientschädigung
wird nicht zugesprochen (Art. 64 Abs. 1
VwVG).
Die Gerichtsgebühren sind nach Umfang
und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien festzusetzen
(Art. 63 Abs. 4bis
VwVG, Art. 2 Abs. 1
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE
SR 173.320.2]). Bei Markeneintragungen geht es um Vermögensinteressen.
Die Gerichtsgebühr bemisst sich folglich nach dem Streitwert (Art. 4
VGKE). Die Schätzung des
Streitwertes hat sich nach Lehre und Rechtsprechung an Erfahrungswerten aus der Praxis zu orientieren,
wobei bei eher unbedeutenden Zeichen grundsätzlich ein Streitwert zwischen Fr. 50'000.-- und Fr.
100'000.-- angenommen werden darf (Urteil des Bundesgerichts
4A_161/2007 vom 18. Juli 2007 E. 2 we make
ideas work, BGE
133 III 492 E. 3.3 Turbinenfuss mit weiteren Hinweisen). Von diesem Streitwert ist auch
im vorliegenden Verfahren auszugehen. Mangels Indizien für einen höheren oder niedrigeren Wert
der strittigen Marke ist eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- zu erheben, welche der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen und mittels des geleisteten Kostenvorschusses zu decken ist.
Demnach erkennt
das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen und die Verfügung
der Vorinstanz bestätigt.
2.
Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 2'500.--
werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr.
3'500.-- verrechnet. Der Restbetrag von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der
Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.
3.
Eine Parteientschädigung
wird nicht zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Rechtsvertreter;
Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. IR-894 132 Km; Gerichtsurkunde)
das Eidgenössische
Justiz- und Polizeidepartement (Gerichtsurkunde)
Der vorsitzende Richter: Die
Gerichtsschreiberin:
Marc Steiner Miriam Sahlfeld
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen
diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde
in Zivilsachen geführt werden (Art. 72 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 [BGG,
SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat,
beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
Versand: 16. Dezember 2009