Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung II
B-420/2008{T 1/2}
Urteil
vom 1. Juni 2010
Besetzung
Richter Francesco Brentani (Vorsitz), Richter Hans Urech,
Richter Marc Steiner,
Gerichtsschreiber Corrado Bergomi.
Parteien
IMPLENIA (Ticino)
SA, vormals Batigroup (Ticino) SA, via S. Balestra 27, 6900 Lugano,
vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. iur. Marcel Meinhardt und/oder Dr. Judith Bischof,
Lenz & Staehlin, Bleicherweg 58, 8027
Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
Wettbewerbskommission WEKO,
Monbijoustrasse
43, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Unzulässige Wettbewerbsbeschränkung.
Sachverhalt:
A.
A.a
Aufgrund der Angaben des Dipartimento del territorio des Kantons Tessin und der entsprechenden Presseinformationen
eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission (nachfolgend: Sekretariat) am 2. Dezember 2004
eine Vorabklärung, um die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für Strassenbeläge
im Tessin zu klären und um festzustellen, ob Anhaltspunkte für das Vorhandensein unzulässiger
Wettbewerbsabreden bzw. eines Missbrauchs von Marktbeherrschung vorlägen.
Im Rahmen der Vorabklärung
ergaben sich aus den Informationen der Divisione delle costruzioni des Kantons Tessin sowie aus den vom
Sekretariat vorgenommenen statistischen Analysen der Offertpreise bei öffentlichen Ausschreibungen
für Strassenbauarbeiten im Kanton Tessin Anhaltspunkte für folgende unzulässige Verhaltensweisen:
abgesprochene Rotation bei öffentlichen Ausschreibungen, Marktaufteilung bei Strassenunterhaltsarbeiten,
Abrede über Strassenbelagsproduktion, Abrede über Transportpreise.
Gestützt auf diese
Anhaltspunkte eröffnete das Sekretariat am 4. April 2005 im Einverständnis mit einem Mitglied
des Präsidiums der Wettbewerbskommission (nachfolgend: Weko, Vorinstanz) eine Untersuchung gemäss
Art. 27
des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen
(Kartellgesetz, KG,
SR 251). Gegenstand der Untersuchung waren die Fragen, ob im Kanton Tessin eine abgesprochene
Rotation bei öffentlichen Ausschreibungen für Strassenbauarbeiten auf National- und Kantonalstrassen
sowie eine Gebietsaufteilung betreffend Strassenunterhaltsarbeiten stattgefunden hatten (Art. 5 Abs.
3 Bst. c
KG), ob Abreden über Strassenbelags- und Transportpreise stattgefunden hatten (Art. 5 Abs.
3 Bst. a
KG) sowie ob allenfalls ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 7
KG vorgelegen hatte. Die untersuchte Zeitperiode erstreckte sich von Anfang 1999 bis Ende 2005. Adressaten
der Untersuchung waren die 20 Unternehmungen Betasfa SA, Comibit SA, Atag SA, Batigroup (Ticino) SA (neu
Implenia [Ticino] SA), Botta & Co., Pavisud SA, Aebischer SA, Cogesa SA, Costra SA, Edilstrada SA,
Franco Rossi SA, Industrie Chimiche Riunite SA (ICR), Luongo SA, Mancini & Marti SA, Novastrada SA,
Paviclass SA, Pavistra SA, Saisa SA, Spalu SA und Trevalbeton SA.
Das Sekretariat gab die Eröffnung
der Untersuchung mittels amtlicher Publikation gemäss Art. 28
KG bekannt (SHAB, Nr. 74, 18. April
2005, S. 43; BBl, Nr. 16, 26. April 2005, S. 2798).
A.b Im Rahmen der Untersuchung versandte das
Sekretariat Fragebögen an die Parteien, an ausgewählte Tessiner Gemeinden (Airolo, Bellinzona,
Biasca, Giubiasco, Locarno, Lugano und Mendrisio) sowie an potentielle Konkurrenzunternehmen der Parteien
aus den benachbarten Kantonen und aus Italien. Zu Vergleichszwecken wurden auch das Tiefbauamt des Kantons
Bern sowie zwei Berner Belagswerke mit einer vergleichbaren Kapazität wie diejenige der Comibit
SA (das grösste Belagswerk im Kanton Tessin) befragt. Weitere Fragebögen wurden an die ATIPS
(Associazione ticinese delle imprese di pavimentazione stradale; im Zeitraum der Untersuchung waren gemäss
Ermittlungen der Weko 16 von 18 Strassenbauunternehmen ATIPS-Mitglieder) und an die Sektion Tessin des
Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG versandt. Das Sekretariat stützte sich im Weiteren auf
mündliche Auskünfte diverser Unternehmen, auf ein Gespräch mit Vertretern der ATIPS sowie
auf eigene Erhebungen der Offertdetails von neun ausgewählten Ausschreibungen für Strassenunterhaltsarbeiten
der Jahre 2004 und 2005. Im Wesentlichen konzentrierte die Weko die Untersuchung auf die Frage, ob die
Konvention, welche die Strassenbauunternehmen am 15. Dezember 1998 abgeschlossen hätten, eine unzulässige
Wettbewerbsabrede darstelle, bzw. auf die Prüfung des Nachweises, ob diese Konvention tatsächlich
umgesetzt worden sei.
Im Laufe der Untersuchung nahmen die Unternehmen Aebischer SA, Atag SA, Batigroup
(Ticino) SA (neu Implenia [Ticino] SA), Costra SA, Novastrada SA, Pavistra SA und Saisa SA sowie das
Dipartimento del territorio Einsicht in die Akten.
Am 9. Januar 2007 wurde den Parteien der Verfügungsantrag
des Sekretariats inklusive eines aktualisierten Aktenverzeichnises zugestellt. Zugleich wurde ihnen Gelegenheit
gegeben, sich hiezu zu äussern und Akteneinsicht zu nehmen. Der Grossteil der untersuchten Unternehmen
machte von diesem Äusserungs- und Akteneinsichtsrecht Gebrauch.
A.c Am 19. November 2007 verfügte
die Weko mit folgendem Dispositiv:
"1. Die Wettbewerbskommission, gestützt auf den Sachverhalt
und die vorangehenden Erwägungen,
a) stellt fest, dass die Anwendung der Konvention vom
15. Dezember 1998 im Kanton Tessin in der Zeit ab Januar 1999 bis mindestens Ende 2004 durch die Strassenbauunternehmen
Aebischer SA, Atag SA, Batigroup (Ticino SA), Botta & Co, Cogesa SA, Costra SA, Edilstrada SA, Franco
Rossi SA, Industrie Chimiche Riunite SA, Mancini & Marti SA, Novastrada SA, Paviclass SA, Pavistra
SA, Pavisud SA, Saisa SA, Spalu SA und Trevalbeton SA eine Abrede über die Aufteilung der Aufträge
sowie eine horizontale Preisabrede und damit eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung nach
Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a
und c
KG darstellte;
b) verbietet es den Strassenbauunternehmen
im Kanton Tessin, die Konvention vom 15. Dezember 1998 anzuwenden;
c) beschliesst das Verfahren
abzuschliessen;
d) behält sich vor, die Wettbewerbsverhältnisse auf den Märkten
für Belagsproduktion sowie für Strassen- und Belagsbau im Kanton Tessin für die Zeit ab
April 2005 zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu untersuchen.
2. Zuwiderhandlungen gegen
diese Verfügung können mit Sanktionen gemäss Artikel 50
bzw. 54
KG geahndet werden.
3.
(Verfahrenskosten)
4. (Rechtsmittelbelehrung)
5. (Eröffnung)."
Nach
Ansicht der Vorinstanz stellt die Konvention vom 15. Dezember 1998 eine Wettbewerbsabrede im Sinne von
Art. 4 Abs. 1
KG dar. Die Konvention konstituiere eine Abrede zwischen Anbietern der gleichen Marktstufe
(Horizontalabrede). Mit der Konvention und der Teilnahme an den Sitzungen hätten sämtliche
Abredepartner ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bekundet. Aus dem Ziel der Konvention (die systematische
Aufteilung aller öffentlichen und der privaten Strassenbauaufträge ab einer Auftragshöhe
von Fr. 20'000.- im Kanton Tessin, um so angemessene Preise erzielen zu können) werde ersichtlich,
dass die Abrede eine Wettbewerbsbeschränkung beinhalte. Aufgrund der Beilage zur Konvention hielt
die Weko fest, dass alle Adressaten der Untersuchung Vertragsparteien der Konvention gewesen seien, mit
Ausnahme des Unternehmens Luongo SA, da dieses an den Sitzungen nicht teilgenommen habe. Von den 18 im
Tessin aktiven Strassenbauunternehmen seien zehn Aktionäre der Comibit SA (das grösste Belagswerk
im Kanton Tessin), wobei jeder Aktionär einen Sitz im Verwaltungsrat der Comibit SA habe. Die Comibit
SA halte eine Beteiligung am Belagswerk Betasfa SA. Die übrigen Aktionäre der Betasfa SA seien
Batigroup (Ticino) SA (neu Implenia [Ticino] SA) und Paviclass SA. Die Vertreter der Comibit SA bzw.
Betasfa SA hätten zwar nicht offiziell an den Sitzungen teilgenommen. Aufgrund der Aktionärsstrukturen
und personellen Verflechtungen seien diese durch ihre Eigentümer vertreten gewesen. So sei zumindest
die Geschäftsleitung der Comibit SA und der Betasfa SA jeweils über die Inhalte der Sitzungen
informiert gewesen.
Die Weko hielt weiter fest, gemäss Konvention hätten wöchentliche
Sitzungen in Anwesenheit aller Unternehmensinhaber bzw. ihrer Handelsbevollmächtigten stattgefunden,
anlässlich derer die Vertreter der verschiedenen Unternehmen die bis Ende der darauf folgenden Woche
zu vergebenden Aufträge diskutiert und die Auftragnehmer bestimmt hätten. Pro Auftragskategorie
habe jede Vertragspartei über ein sogenanntes Kontingent verfügt, welches die Summe der in
der Vergangenheit erhaltenen Aufträge in der jeweiligen Auftragskategorie widerspiegelt habe. Die
Konvention habe vorgesehen, die Aufträge bis zu einem Volumen von Fr. 500'000.- dem jeweiligen Kontingent
in der Kategorie der Aufträge bis Fr. 500'000.- im Verhältnis 1:1 zuzuteilen. In Ziffer 8 der
Konvention sei für die Zuteilung von Aufträgen mit einem Auftragsvolumen von über Fr.
500'000.- ein prozentuales Anrechnungssystem vorgesehen. Vor der Zuteilung zum jeweiligen Kontingent
sollten die Auftragssummen mit einem Faktor multipliziert werden, der je nach Unternehmen unterschiedlich
gewesen sei. Für die Zuteilung der Aufträge seien verschiedene Kriterien zu berücksichtigen
gewesen: Arbeitsbelastung (als wichtigstes Kriterium), Ortsbezogenheit, Spezialisierung, bereits angefertigte
Offerten und Vereinbarungen zwischen den Sitzungsteilnehmern. Die Entscheidungen betreffend Auftragsvergabe
seien mittels Mehrheitsentscheid der Sitzungsteilnehmer getroffen worden. Die nicht für den Zuschlag
bestimmten Angebote seien in der Konvention als "offerte d'appoggio" (stützende Offerten,
Scheinofferten) bezeichnet worden. Weiter hätten sich die Abredepartner zu einer anteilsmässigen
Beteiligung an den durch die Konvention anfallenden Kosten verpflichtet. Die Weko gelangte zur Erkenntnis,
dass der in der Konvention beschriebene Mechanismus der Auftragszuteilung eine Rotation der Auftragsausführung
und damit eine Marktaufteilung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. c
KG bezweckt habe. Gleichzeitig beinhalte
die Konvention aufgrund der mit der Auftragsteilung verbundenen Diskussion über die Offertpreise
eine horizontale Preisabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. a
KG. Auch sei aufgrund der Konvention davon
auszugehen, dass Dritte (nicht an der Konvention Beteiligte) nicht mit Mischgut hätten beliefert
werden dürfen und die Konventionsparteien keine Leihgaben, Arbeitshilfe oder andere mit dem Strassenbelagsbau
zusammenhängenden Arbeiten für solche Dritte hätten leisten dürfen. Die Bildung von
Arbeitsgemeinschaften mit Dritten sei ebenfalls untersagt gewesen.
Die Weko führte weiter aus,
209 Tabellen, welche die im Voraus festgelegten Auftragsvergaben anlässlich der wöchentlichen
Sitzungen belegten, sowie 192 Seiten, in welchen die pendenten Arbeiten aufgelistet seien, dokumentierten
die tatsächliche Umsetzung der Konvention im Zeitraum vom 13. Januar 1999 bis 10. Dezember 2003.
Die Grundidee der Konvention habe darin bestanden, die von der öffentlichen Hand und von Privaten
nachgefragten Arbeiten unter den beteiligten Strassenbaufirmen so zu verteilen, dass jedes Unternehmen
anhand von Multiplikationsfaktoren und entsprechend seiner wirtschaftlichen Bedeutung genügend Aufträge
erhalte. Gemäss den Ergebnissen der Untersuchung widerspiegelten die Multiplikationsfaktoren die
Grösse und das Alter der Unternehmen auf dem Markt. In Anbetracht dessen, dass Unternehmen mit einem
tiefen Kontingent höhere Chancen auf einen Zuschlag gehabt hätten, gehe es bei Unternehmen
mit tiefen Multiplikationsfaktoren um grosse und/oder alteingesessene Marktteilnehmer, denen im Vergleich
zu Unternehmen mit hohen Multiplikationsfaktoren höhere Auftragsvolumina zugesprochen worden seien.
Hinsichtlich der Auftragszuteilung führte die Weko aus, nicht immer das Unternehmen, das in den
Tabellen an erster Stelle gestanden sei, habe die zu vergebenden Aufträge erhalten, da gemäss
Konvention auch weitere Kriterien zu berücksichtigen gewesen seien. Über die Auftragsverteilung
sei Buch geführt worden. Ein Vertreter eines der Weko bekannten Unternehmens habe zudem eine Liste
über die vom Auftraggeber verschobenen Aufträge geführt, die aber schon zugeteilt und
den Kontingenten zugerechnet worden seien. Die Schwierigkeiten bei der Auftragszuteilung hätten
darin bestanden, dass die individuellen Auftragssummen und die Häufigkeit von Submissionen und privaten
Aufträgen stark variieren konnten. Anhand einer Tabelle verglich die Weko den Marktanteil der Unternehmen
auf der Basis der zwischen Anfang 1999 und Ende 2003 erzielten Gesamtumsätze mit der in der Konvention
vorgesehenen Marktaufteilung und kam zum Schluss, dass sich die tatsächlichen Marktanteile nur wenig
(+/- 0,5 %) von der gemäss Konvention berücksichtigten Marktaufteilung unterschieden. Die Unterschiede
könnten darauf zurückgeführt werden, dass die Multiplikationsfaktoren im Lauf der Jahre
geändert worden seien. Während in den Jahren 1999, 2000 und 2002 83 %, 70 % und 81 % der Umsätze
über das Rotationssystem verteilt worden seien, hätten die Anteile in den Jahren 2001 und 2003
lediglich 47 % bzw. 31 % betragen. Der letzten Tabellenzeile sei zu entnehmen, dass während der
gesamten Beobachtungsperiode durchschnittlich 62 % der Auftragsvolumina über das Rotationssystem
vergeben worden seien. Nach Ansicht der Weko ist der wirksame Wettbewerb bereits beseitigt, wenn "lediglich"
60 % des relevanten Markts von der Konvention erfasst seien. Es sei aber auch zu berücksichtigen,
dass zeitweise 80 % des relevanten Markts von der Konvention erfasst gewesen seien. Das lasse darauf
schliessen, dass kein ausreichender Innenwettbewerb vorhanden gewesen sei. Die Weko führte die beobachteten
Schwankungen auf verschiedene Gründe zurück. Einerseits seien die Aufträge den Kontingenten
und den Erfolgsrechungen der Unternehmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zugerechnet worden. Andererseits
seien auch die von den Auftraggebern verschobenen Aufträge mit einzubeziehen sowie der Umstand,
dass die Aufträge unter Fr. 20'000.- nicht von der Konvention erfasst und die Aufträge von
Fr. 1 Mio. den Kontingenten nicht zu 100 % zugerechnet worden seien. Auch sei nicht auszuschliessen,
dass die untersuchte Absprache im Hinblick auf die Einführung des neuen Kartellgesetzes allmählich
instabil geworden sei. Was die Konventionsbestimmung betreffend Nichtbelieferung von Dritten anbelangt,
habe deren Umsetzung nicht schlüssig nachgewiesen werden können. Die Bestimmung an sich habe
jedoch die Durchsetzung der Abrede begünstigt. Deshalb sei die tatsächliche "Anwendung"
dieser Bestimmung für das Ergebnis der Untersuchung ohne Belang.
Die Weko ging davon aus, dass
die tatsächliche Umsetzung der Konvention für den Zeitraum vom 13. Januar 1999 bis 10. Dezember
2003 anhand von 209 Tabellen, 192 Seiten (Listen der pendenten Aufträge) sowie von Aussagen der
beteiligten Unternehmen bestätigt werde. Gestützt auf weitere Aussagen der Parteien sowie auf
die Stellungnahmen der Beteiligten zum Verfügungsentwurf stehe fest, dass die Sitzungen auch nach
März 2004 stattgefunden hätten und die Absprache bis Ende März 2005 identifizierbare Auswirkungen
auf dem Markt gezeitigt habe. Bezüglich der Dauer der Konvention sei demnach von einer Zeitspanne
ab Januar 1999 bis mindestens Ende 2004 auszugehen. Damit finde vorliegend das Kartellgesetz von 1995
Anwendung, welches noch keine direkten Sanktionen bei einem Verstoss gegen Art. 5 Abs. 3
KG vorsehe.
Die
Weko erklärte ferner, zentral für das Verfahren sei, dass jedes Unternehmen durch die Sitzungsteilnahme
sein Interesse an einer Auftragszuteilung mittels eines sogenannten "Gentlemen's Agreement"
bekundet habe.
Die Weko prüfte im Weiteren die Entwicklung der Volatilität der Offerten.
Sie hielt fest, im Zeitraum von Januar 1999 bis März 2005 sei die Volatilität relativ tief
gewesen. Anschliessend habe die Volatilität der Offerten beträchtlich zugenommen. Daraus könne
geschlossen werden, dass die Submittenten ab diesem Zeitpunkt ihr Verhalten geändert hätten.
Der Vergleich der Offertpreise mit dem jeweiligen Kostenvoranschlag des Dipartimento del territorio des
Kantons Tessin zeige, dass die Offertpreise im März 2005 bemerkenswert gefallen seien, während
dagegen vor diesem Zeitpunkt die Offertpreise systematisch höher als der Kostenvoranschlag des Kantons
gewesen seien. Den Vorbringen der Parteien in Bezug auf die Preise sowie die geltend gemachte Preissenkung
im Zusammenhang mit der Reduktion der Auftragsvolumina hielt die Weko entgegen, es seien nur leichte
Schwankungen der Umsätze der Unternehmen auch nach Untersuchungseröffnung bis Ende 2005 festgestellt
worden. Auf die Vorbringen der Parteien zum Preisniveau erwiderte die Weko, der unter Wettbewerbsbedingungen
zustande gekommene Preis sage nichts über die Kostendeckung aus. Der Markt bestimme jeweils die
Preise bei funktionierendem Wettbewerb. Der Weko obliege nicht die Aufgabe, auf dem Markt regulierend
einzugreifen und die Angemessenheit der Preise zu überprüfen.
Die Weko erkannte, das von
den Parteien gerügte Verhalten der Tessiner Behörden (Aufhebung einer Ausschreibung aufgrund
zu tiefer Offertpreise und die Bildung einer paritätischen Kommission zur Bestimmung des kostendeckenden
Preises sowie die Bestimmung des ehemaligen kantonalen Gesetzes über die öffentlichen Aufträge,
wonach die Vergabe der Aufträge von der Arbeitslast abhängig sei) beziehe sich auf Vorkommnisse
aus dem Jahr 1995 und sei unter Berücksichtigung des untersuchten Zeitraums nicht geprüft worden.
Ob allenfalls auch die Vergabepraxis des Kantons kartellrechtlich beanstandet werden müsse, sei
nicht Gegenstand der Untersuchung.
Als Zwischenergebnis hielt die Weko fest, die Konvention, die
von Januar 1999 bis mindestens Ende 2004 umgesetzt worden sei, habe zu einer systematischen Aufteilung
sämtlicher öffentlichen und privaten - diese ab einer Auftragshöhe von Fr. 20'000.- -
Strassenbauaufträgen geführt. Die Grundidee der Konvention habe darin bestanden, die von der
öffentlichen Hand und von Privaten nachgefragten Arbeiten unter den Tessiner Strassenbaufirmen derart
zu verteilen, dass jedes Unternehmen entsprechend seiner wirtschaftlichen Bedeutung genügend Aufträge
erhalte. Der daraus resultierende fehlende Rationalisierungsdruck habe zu einer Erhaltung ineffizienter
Strukturen beigetragen. Die Konvention habe als Instrument zur Implementierung einer Angebotsrotation
gedient, welche eine Marktaufteilung i. S. v. Art. 5 Abs. 3 Bst. c
KG zur Folge gehabt habe. Gleichzeitig
habe die Konvention mit der Diskussion über die Offertpreise eine horizontale Preisabrede gemäss
Art. 5 Abs. 3 Bst. a
KG beinhaltet. Die Umsetzung der Konvention stelle eine harte Kartellabsprache dar.
Den Vorbringen der Parteien, wonach die Schädlichkeit der Absprache bestritten wurde, hielt die
Weko entgegen, eine Preis- und Gebietsabsprache i. S. v. Art. 5 Abs. 3
KG beseitige den Wettbewerb, zeitige
stets volkswirtschaftlich und sozial schädliche Auswirkungen und sei per se erheblich. Ein gesonderter
Nachweis der Schädlichkeit sei somit hinfällig.
Aufgrund der Analyse des Markts für
Belagsproduktion kam die Weko zum Schluss, dass die Frage betreffend ein überhöhtes Preisniveau
bzw. eine allfällig missbräuchliche Verhaltensweise offengelassen werden müsse, da die
Abrede im Markt für Strassen- und Belagsbau den Markt für Belagsproduktion stark beeinflusst
habe. Vor dem Hintergrund der zentralen Rolle der Comibit SA auf dem Markt, müsse unter der Voraussetzung,
dass die Comibit SA als marktbeherrschendes Unternehmen gälte, davon ausgegangen werden, dass eine
unzulässige Verhaltensweise gemäss Art. 7 Abs. 2 Bst. a
bzw. b KG vorliegen würde, sollte
sich die Comibit SA inskünftig ohne sachlichen Grund weigern, Strassenbaufirmen auf dem Markt mit
bituminösem Mischgut zu beliefern bzw. Abnehmer zu gleichen Konditionen zu beliefern. Die Weko legte
hiezu dar, Anhaltspunkte betreffend eine Abrede über Transportpreise hätten sich im Rahmen
der Untersuchung nicht erhärten können. Es sei indessen nicht auszuschliessen, dass die Transportpreise
in den Offerten für öffentliche Aufträge durch die Mitglieder der Abrede manipuliert worden
seien, um höhere Offertpreise rechtfertigen zu können. Diese Hypothese habe im Rahmen der Untersuchung
nicht weiter überprüft werden müssen, da die untersuchten Unternehmen das kartellrelevante
Verhalten aufgegeben hätten.
Schliesslich hielt die Weko fest, die Vermutung der Beseitigung
des wirksamen Wettbewerbs im Sinne von Art. 5 Abs. 3
KG könne in casu weder mit einem wirksamen
Aussenwettbewerb noch mit einem wirksamen Innenwettbewerb widerlegt werden.
B.
Gegen
diese Verfügung erhob die Batigroup (Ticino) SA (neu Implenia (Ticino) SA, nachfolgend: Beschwerdeführerin),
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcel Meinhardt und/oder Rechtsanwalt Dr. Judith Bischof, am 21. Januar
2008 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie stellt folgende Anträge:
"1. Die Verfügung
der Wettbewerbskommission vom 19. November 2007 sei vollständig aufzuheben.
2. Eventualiter
sei die Verfügung der Wettbewerbskommission vom 19. November 2007 aufzuheben und vom Bundesverwaltungsgericht
in der Sache neu zu entscheiden.
3. Subeventualiter sei die Verfügung der Wettbewerbskommission
vom 19. November 2007 aufzuheben und an die Wettbewerbskommission zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Unter
Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Staates.
Verfahrensantrag
Es sei der
Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, vor dem etwaigen Versand dieser Beschwerdeschrift an andere
Verfahrensbeteiligte zu den Massnahmen zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse Stellung zu nehmen."
Zur
Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, die Weko habe aus verschiedenen Gründen
zu Unrecht festgestellt, dass die Anwendung der Konvention in der Zeit ab Januar 1999 bis mindestens
Ende 2004 eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 5 Abs. 3 lit. a
und c
KG darstelle.
Die
Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sich die beteiligten Unternehmen regelmässig getroffen
hätten, um die von jedem Unternehmen im Voraus kalkulierten Angebote zu besprechen und prinzipiell
einen Offerenten zu bestimmen. Dies sage jedoch noch nichts über die Wirkung der Abrede auf den
Wettbewerb aus. Die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich geltend, die Weko habe es unterlassen,
die Abrede auf ihre Wirkung hin zu untersuchen. Des Weiteren habe die Weko unzureichend geprüft,
ob der wirksame Wettbewerb vorliegend tatsächlich beseitigt worden sei. Sie habe sich im Ergebnis
nur auf das unbestrittene Bestehen der Konvention verlassen und daraus unzulässige Annahmen getroffen.
Im Lichte der Rechtsprechung und der Lehre sei die Annahme, wonach der Wettbewerb bei einem Restwettbewerb
von durchschnittlich mindestens 40 % beseitigt sei, haltlos. Selbst wenn diese Annahme zuträfe,
hätte die Weko zumindest die Jahre 2001, 2003 und 2004 separat behandeln müssen. In den Jahren
2001 und 2003 habe der von der Konvention erfasste Marktanteil lediglich 47 % und 32 % betragen. Für
das Jahr 2004 sei davon auszugehen, dass der nicht von der Abrede betroffene Anteil noch tiefer gelegen
sei, da die Abrede im Hinblick auf die Einführung des neuen Kartellgesetzes allmählich instabil
geworden sei. Das bedeute, dass zumindest in diesen Jahren der wirksame Wettbewerb nicht beseitigt gewesen
sei.
Die Beschwerdeführerin bringt im Weiteren vor, die Weko habe es unterlassen, bei der Untersuchung
der Frage, ob die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs umgestossen werden könne, verschiedene
Aspekte zu prüfen.
Erstens habe die Weko die Schädlichkeit der Abrede nicht geprüft.
Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Preise der Unternehmen dem Marktpreis entsprochen
hätten. Bestehe ein Marktpreis, so sei klar, dass die Abrede hinsichtlich des Preises den Wettbewerb
nicht beseitigen könne. Die Weko hätte den Marktpreis anhand von zwei Methoden (Kosten- und
Vergleichsmarktmethode) ermitteln sollen. Das sei aber ausgeblieben.
Zweitens habe die Weko den
potentiellen Wettbewerb seitens italienischer Strassenbauunternehmen ausserachtgelassen. Die Beschwerdeführerin
ist der Ansicht, vorliegend könne potentieller Wettbewerb nicht ausgeschlossen werden, da durchschnittlich
40 % der von der Abrede erfassten Auftragsvolumina sowie sämtliche nicht oder nur teilweise erfassten
Aufträge dem freien Wettbewerb unterstanden hätten. Die von der Weko genannten Gründe
für das Fehlen von potentiellem Wettbewerb (sprachliche Hürden, Distanz und Transportkosten)
träfen für die Strassenbauunternehmen aus dem grenznahen Italien nicht zu.
Drittens habe
die Weko nicht geprüft, ob bei funktionierendem Beratungs-, Service- oder Qualitätswettbewerb
die Abredeparteien trotz der getroffenen Preis- und Gebietsabreden unter genügendem Wettbewerbsdruck
stünden, so dass dadurch die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs widerlegt werde. Gemäss
dem im Mai 2001 in Kraft getretenen, neuen Gesetz über das öffentliche Auftragswesen vom 20.
Februar 2001 (Legge sulle commesse pubbliche del 20 febbraio 2001 [LCPubb], Raccolta Leggi TI 7.1.4.1)
seien die kantonalen Behörden verpflichtet gewesen, den Auftrag dem vorteilhaftesten Angebot unter
Berücksichtigung verschiedener Kriterien wie Termin, Qualität, Preis und Betriebskosten zu
vergeben. Zumindest ab diesem Zeitpunkt seien Parameter wie Termineinhaltung, Qualität und Betriebskosten
genau so wichtig wie der Preis gewesen.
Viertens habe die Weko die Stellung der Marktgegenseite,
d.h. des Kantons Tessin als einziger Grossnachfrager im Bereich des Strassenbaus, nicht geprüft.
Gemäss Art. 9 des Strassengesetzes vom 2. März 1983 (Legge sulle strade, Raccolta Leggi TI
7.2.1.2) liege die Zuständigkeit für den Bau von Strassen beim Kanton Tessin. Private Nachfrager
seien weniger bedeutsam als staatliche, weshalb die öffentliche Hand den Markt dominiere. Die beteiligten
Unternehmen seien somit auf die Aufträge des Kantons angewiesen (gewesen), zumal die kantonalen
Vergabestellen über einen weiten Spielraum verfügten. Dass die kantonalen Behörden eine
nachfragemächtige Stellung innehätten, zeige auch die Tatsache, dass sie im Jahre 1995 eine
Ausschreibung wegen zu tiefer Offertpreise aufgehoben und dabei die Strassenbauunternehmen verpflichtet
hätten, die Preise an die realen Kosten anzupassen, so dass bei der Auftragsvergabe alle Strassenbaufirmen
berücksichtigt werden könnten. Die kantonalen Behörden setzten ihre Nachfragemacht so
ein, dass sie von den Strassenbaufirmen zusätzliche Rabatte verlangten. Das habe zur Folge, dass
diese nicht mehr kostendeckend arbeiten könnten. Ein Vergleich der Preise aus den Jahren 1994/1995
mit denjenigen aus den Jahren 2006/2007 zeige, dass die derzeitigen Preise trotz Teuerung von 20 % gemäss
Baupreisindex durchwegs tiefer seien als diejenigen vor 12 Jahren. Die Schlussfolgerung der Weko, wonach
die jetzigen Preise, welche 20-40 % unter denjenigen von 2005 lägen, den Wettwerbspreisen entsprächen,
treffe nicht zu und sei nicht belegt worden. Tatsache sei dagegen, dass die Beschwerdeführerin seither
erhebliche Verluste erleide und alle Unternehmen von ruinösem Preiswettbewerb sprächen. Weil
die Vorinstanz jedoch den relevanten Markt unzureichend untersucht habe, lasse sich vorliegend nicht
beurteilen, welche Fakten das Preisniveau im Kanton Tessin beeinflussen bzw. beeinflusst hätten.
Die
Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Abrede der beteiligten Parteien bis Ende April 2001
(d.h. während der Geltungsdauer des "legge sugli appalti" vom 12. September 1978) im Einklang
mit den gesetzlichen Vorgaben im Kanton Tessin gewesen sei. Gemäss Art. 23 des genannten Erlasses
sei die Arbeitslast der Unternehmen bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen gewesen, um eine
gleichmässige Auftragserteilung zwischen den Konkurrenten zu ermöglichen. Mit der Aufhebung
eines Zuschlags im Jahre 1995 wegen zu tiefer Offertpreise hätten die Tessiner Behörden das
Verhalten der beteiligten Unternehmen veranlasst. 1995 sei zudem auch eine paritätische Kommission
zur Bestimmung des kostendeckenden Preises gebildet worden, die aus Vertretern der kantonalen Behörde
und der Unternehmerseite bestanden habe. Indem die Weko das Verhalten der Tessiner Behörde zwar
als heikel eingestuft aber die Vergabepraxis des Kantons Tessin nicht zum Gegenstand der Untersuchung
gemacht habe, verkenne sie, dass der Gegenstand der Untersuchung wegen der gesetzlichen Vorgaben im Tessin
und unter Mitwirkung der Tessiner Behörden zustande gekommen sei.
Die Beschwerdeführerin
ist der Ansicht, mit ihrer Argumentation könne die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs
widerlegt werden. Demnach hätte die Weko die Erheblichkeit der Abrede prüfen müssen. Hätte
sie die Prüfung vorgenommen, so hätte sie festgestellt, dass die Abrede wohl weder qualitativ
noch quantitativ erheblich gewesen sei. Ebenso wären richtigerweise Effizienzgründe zu prüfen
gewesen. Mit ihrem Verhalten habe die Weko den Untersuchungsgrundsatz verletzt und den relevanten Sachverhalt
in Verletzung von Bundesrecht gewürdigt.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin,
es bestehe im vorliegenden Fall keine Rechtsgrundlage, um eine Busse zu berechnen bzw. eine fiktive Busse
in einer Verfügung zu publizieren, weil das KG 1995 zur Anwendung komme, welches keine direkten
Sanktionen bei einem Verstoss gegen Art. 5 Abs. 3
KG vorsehe.
Zur Pressemitteilung des Sekretariats
vom 10. Januar 2007 äussert sich die Beschwerdeführerin dahingehend, dass diese nach Erhalt
des Verfügungsentwurfs erfolgt sei. Die beteiligten Unternehmen seien im Voraus weder über
die Tatsache, dass das Sekretariat eine Pressemitteilung herausgebe, noch über den Inhalt der Pressemitteilung
informiert worden. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht in der Lage gewesen, selbst eine Pressemitteilung
vorzubereiten. Darüber hinaus sei diese Pressemitteilung des Sekretariats in der Presse missverstanden
worden, da die Medien über den Abschluss des Verfahrens durch die Weko berichtet und das Verfahren
(nicht nur das Untersuchungsverfahren) als abgeschlossen erachtet hätten. Aufgrund der bisherigen
Praxis der Weko habe die Presse davon ausgehen dürfen, dass das Sekretariat bei Abschluss des Untersuchungsverfahrens
keine Pressemitteilung erlasse. Die fragliche Pressemitteilung habe zu einer Vorverurteilung der beteiligten
Unternehmen in den Medien geführt. Das Sekretariat habe damit den Grundsatz der Unschuldsvermutung
verletzt.
C.
Mit innert verlängerter Frist eingereichter Vernehmlassung vom 7. April
2009 beantragt die Weko unter Hinweis auf die Begründung in der angefochtenen Verfügung - die
Abweisung der Beschwerde, unter Kostenfolge.
Die Vorinstanz führt aus, die Vermutung der Beseitigung
wirksamen Wettbewerbs trete ein, sobald eine der in Art. 5 Abs. 3
KG aufgeführten Abreden nachgewiesen
sei. Der Nachweis der Vermutungsbasis erfordere lediglich den Nachweis des Vorliegens solcher Abreden,
nicht aber den Nachweis, dass diese Abreden tatsächlich genügend Wirkung auf dem Markt erzielten.
Die
Weko stellt sich auf den Standpunkt, die in Art. 5 Abs. 3
KG enthaltene Vermutung der Beseitigung wirksamen
Wettbewerbs könne durch den Nachweis widerlegt werden, dass trotz der Abrede wirksamer Innen- oder
Aussenwettbewerb bestehen bleibe. Gelinge das nicht, sei die Abrede unzulässig. Die Weko habe die
Widerlegung der Vermutung ausführlich untersucht. Sie sei zum Schluss gekommen, die zur Diskussion
stehende Abrede sei marktumfassend, weshalb ein aktueller Aussenwettbewerb nicht habe bestehen können.
Ebenso wenig habe ein potentieller Aussenwettbewerb vorliegen können, denn der von der potentiellen
Konkurrenz ausgehende Wettbewerbsdruck sei als ungenügend zu qualifizieren und habe keine disziplinierende
Wirkung auf den Markt ausüben können.
Die Vorinstanz erklärt auch, weshalb ihrer
Meinung nach während der untersuchten Zeitspanne Innenwettbewerb nicht gegeben sei. Sie begründet
den Unterschied zwischen den Volumina der in der Konvention vorgesehenen Kontingente und derjenigen der
tatsächlichen Umsätze unter Hinweis auf diverse Faktoren (den Unterschied zwischen den von
der Konvention erfassten und den von der Konvention nicht erfassten Aufträgen, die nicht gleichmässige
Zurechnung der Aufträge über Fr. 1 Mio. bzw. der gemischten Aufträge zu den Kontingenten,
den Umstand, dass Offertpreise, die nicht innerhalb von zwei Monaten einen Auftrag generierten, von den
Kontingenten abgezogen wurden). Den Parteien sei zudem bekannt, dass sich die pendenten Arbeiten per
30. Juni 2004 für das Jahr 2002 auf Fr. 10,6 Mio., für das Jahr 2003 auf Fr. 27,8 Mio. und
für das Jahr 2004 auf Fr. 5,3 Mio. beliefen (act. 354). Unter Berücksichtigung der Aufträge,
die noch nicht durchgeführt worden seien, sei das Gesamtvolumen der über das Rotationssystem
vergebenen Aufträge sogar noch grösser als in der Tabelle 3 der angefochtenen Verfügung
aufgeführt. Die letzte Zeile dieser Tabelle entspreche dem Verhältnis der im Rahmen des Rotationssystems
verteilten Beträge zu den Umsätzen im Bereich Strassenbau pro Jahr. Infolge von Abgrenzungsproblemen
der Erlöse aus verschiedenen Arbeiten sei nicht auszuschliessen, dass diese Umsätze von den
Unternehmen zu hoch (und in der Tabelle 3 zu tief) ausgewiesen worden seien, da die Unternehmen aus den
jährlichen Erlösen, in denen auch die Erlöse anderer Arbeiten enthalten gewesen seien,
jene aus Strassenbauarbeiten hätten "identifizieren müssen". Somit sei über
die Jahre hinweg effektiv erheblich mehr als 62 % der Aufträge über das in der Konvention vorgesehene
Rotationssystem abgewickelt worden. Unter Einbezug der pendenten Arbeiten per 30. Juni 2004 betrage das
Auftragsvolumen durchschnittlich 72 % des Markts. Den letzten beiden Spalten der Tabelle 3 sei zu entnehmen,
dass die durch das Rotationssystem tatsächlich erzielte Aufteilung des Markts und die in der Konvention
Vorgesehene nur minim voneinander abgewichen hätten (+/- 0,5 %). Damit sei das Ziel der Konvention
realisiert worden.
Die Weko geht davon aus, dass die Aufträge, die nicht in den Kontingenten
erschienen seien, nicht dem freien Wettbewerb unterlägen. In einem von der Abrede geprägten
Markt bestehe generell wenig Anreiz für eine Senkung der Preise in Bezug auf Aufträge, die
nicht im Rahmen des Rotationssystems vergeben worden seien. Die Diskrepanz der Preise innerhalb der abgesprochenen
und nicht abgesprochenen Aufträge würde sonst die Gefahr des Aufdeckens der abgesprochenen
Aufträge in sich bergen.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin könne die Vermutung
der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs nicht aufgrund der starken Marktgegenseite umgestossen werden.
Mit ihrem Vorbringen verkenne die Beschwerdeführerin den Umstand, dass es dem Kanton während
Jahren nicht gelungen sei, die Abredepartner gegeneinander auszuspielen, um so eine Destabilisierung
zu bewirken. Eine kartellrechtliche Würdigung der Stellung der Marktgegenseite erübrige sich
von vornherein. Im Übrigen seien es die kantonalen Behörden gewesen, die sich wegen des hohen
Preisniveaus an die Weko gewandt hätten. So hätten sich die kantonalen Behörden gegen
Preise gewehrt, die nicht den Wettbewerbspreisen entsprochen hätten.
Aus dem Umstand, dass
die Unternehmen möglicherweise keinen Gewinn erzielt hätten, folge entgegen den Vorbringen
der Beschwerdeführerin nicht, dass keine Monopolrente erwirtschaftet worden sei. Die Kartellrente
könne z.B. auch in der Aufrechterhaltung ineffizienter Strukturen und Überkapazitäten
investiert werden. Die Senkung der Preise in der Zeit nach April 2005 bzw. nach Auflösung der Abrede
zeige, dass der Wettbewerb auf dem Markt nicht mehr beseitigt sei und eine Strukturbereinigung eingesetzt
habe. Der Schaden bestehe für jeden privaten und öffentlichen Auftrag in der Differenz zwischen
dem tatsächlich bezahlten Preis und dem Preis, der sich im Wettbewerb bei einer effizienten Produktionsstruktur
ergebe. Um den Wettbewerbspreis zu bestimmen, könne die von der Beschwerdeführerin genannte
Kostenmethode nicht angewandt werden. Es sei nicht Sache der Weko, im Rahmen eines Verfahrens gemäss
Art. 5 Abs. 3
KG den angemessenen Wettbewerbspreis zu bestimmen. Die Beschwerdeführerin irre sich,
wenn sie behaupte, dass der gegenwärtige Marktpreis Ergebnis eines ruinösen Preiskampfes sei.
Unter Hinweis auf die Abbildung 1 im Anhang ihrer Vernehmlassung kommt die Weko zum Schluss, dass die
Baupreise für den Neubau von Strassen im Kanton Tessin seit April 2005 im Vergleich zu anderen Kantonen
und Regionen nach wie vor hoch seien.
Die Weko widersetzt sich den Argumenten der Beschwerdeführerin,
wonach das Vorhandensein von Qualitätswettbewerb die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs
widerlegen könne, da der zweitbilligste Submittent auch nach Inkrafttreten des neuen kantonalen
Gesetzes über das öffentliche Auftragswesen vom 20. Februar 2001 (LCPubb) oft mehr als 5 %
teurer als der Gewinner der Ausschreibung gewesen sei. Zudem seien die Offerten der teureren Submittenten
in der Regel weniger detailliert und lückenhaft gewesen. In der Folge habe meistens der billigste
Anbieter auch nach der kantonalen Gesetzesänderung den Zuschlag erhalten. Somit liege kein Markt
vor, auf dem es trotz Ausschaltens des Parameters Preis aufgrund anderer Faktoren noch zu einem Wettbewerb
komme. In diesem Zusammenhang sei noch festzuhalten, dass ein substanzieller Teil der Aufträge,
die über das Rotationssystem vergeben worden seien, als Offerten in öffentlichen Ausschreibungen
eingereicht worden seien. Im Submissionsverfahren sei die Qualität gegeben, so dass dem Preis eine
entscheidende Rolle zukomme. Eine Submissionsabsprache beeinträchtige sämtliche wesentlichen
Angebotskriterien.
Die Weko ist der Ansicht, selbst bei Widerlegung der Vermutung läge dennoch
zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 5 Abs. 1
KG vor, die
nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden könnte.
Dem Einwand
der Beschwerdeführerin, sie habe sich an die gesetzlichen kantonalen Vorgaben gehalten, hält
die Weko entgegen, Adressaten der nicht mehr existierenden gesetzlichen Bestimmung betreffend Berücksichtigung
der Arbeitslast der Unternehmen bei Auftragsvergaben seien nicht die Unternehmen, sondern die kantonale
Beschaffungsstelle. Sinn und Zweck des Gesetzes könne kaum die Förderung von Auftragszuteilungen
und Preisabsprachen unter den Unternehmen gewesen sein. Auch sei zu bedenken, dass die paritätische
Kommission, deren Bildung nach Ansicht der Beschwerdeführerin unter anderem das Verhalten der beteiligten
Unternehmen veranlasst habe, im Jahre 1995 gegründet worden sei, während dagegen die Konvention
erst aus dem Jahre 1998 stamme, was an einer unmittelbaren Beeinflussung zumindest zweifeln lasse. Die
Beschwerdeführerin verkenne, dass die Abrede zwischen den Strassenbauunternehmen unabhängig
von der Haltung des Kantons bestanden habe. Die Ermittlungen des Sekretariats hätten keine Verbindung
zwischen der Abrede und dem Verhalten des Kantons ergeben. Eine allfällige Prüfung des Verhaltens
des Kantons im Lichte von Art. 7
KG sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Weko stellt
sich auf den Standpunkt, sie habe eine zutreffende Schlussfolgerung bezüglich des Preisniveaus gezogen.
Die Beschwerdeführerin verkenne, dass Wettbewerbspreise über gewisse Perioden hinweg nicht
kostendeckend sein müssten. Dies gelte namentlich für Perioden, in welchen Strukturbereinigungen
stattfinden bzw. Überkapazitäten abgebaut würden. Die Abbildung 1 im Anhang der Vernehmlassung
illustriere das überdurchschnittliche Preisniveau in der Zeit vor März 2005 und zugleich den
Beginn einer Marktumstrukturierung nach diesem Zeitpunkt. Ihrerseits zeige die Beschwerdeführerin
nicht, dass die Preise nach März 2005 nicht kostendeckend gewesen seien.
Hinsichtlich der Vorwürfe
der Beschwerdeführerin, wonach die Weko durch die Pressemitteilung eine Vorverurteilung der beteiligten
Unternehmen in den Medien vorgenommen habe, führt die Vorinstanz aus, eine Orientierung der Öffentlichkeit
nach Abschluss der Ermittlungstätigkeiten des Sekretariats der Weko erfolge generell in den Fällen,
in denen eine Reaktion der Parteien gegenüber der Presse erwartet werde.
D.
Mit
Schreiben vom 11. April 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht dem Unternehmen Costra SA auf dessen Anfrage
vom 22. Februar 2008 hin mitgeteilt, ihr könne im vorliegenden Verfahren die beantragte Parteistellung
nicht gewährt werden, da sie keine Beschwerde gegen die angefochtene Verfügung erhoben habe.
Mit
Schreiben vom 11. April 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht auch dem Dipartimento del territorio auf
dessen Anfrage vom 10. März 2008 hin mitgeteilt, es könne im vorliegenden Verfahren nicht als
Partei gelten, sondern falle unter den Kreis der "anderen Beteiligten" gemäss Art. 57
VwVG.
Mit Schreiben vom 16. April 2008 bat das Dipartimento del territorio in seiner Eigenschaft
als anderer Beteiligter, ihm die Beschwerde zuzustellen und eine angemessene Frist für eine Stellungnahme
anzusetzen.
E.
Am 23. Mai 2008 hat die Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht
eine um die Geschäftsgeheimnisse bereinigte Beschwerdeschrift zukommen lassen.
Mit Eingabe
vom 28. April 2008 hat die Beschwerdeführerin das Bundesverwaltungsgericht um Zustellung verschiedener
Akten gemäss Aktenverzeichnis der Vorinstanz ersucht.
Am 28. Mai 2008 hat die Vorinstanz die
verlangten Akten eingereicht und darauf hingewiesen, dass aus ihrer Sicht sowohl diese als auch die bereits
dem Gericht zugestellten Akten keine Geschäftsgeheimnisse enthielten.
Mit Verfügung vom
5. Juni 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin die von ihr verlangten Akten
(mit Ausnahme von act. 533) zur Kenntnis gebracht und ihr zugleich Gelegenheit gegeben, ihre Beschwerdebegründung
zu ergänzen.
F.
Mit Verfügung vom 17. Juli 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht
die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz bzw. die Beschwerdeführerinnen im Parallelverfahren
B-360/2008 aufgefordert, sich zu einer allfälligen Verfahrensvereinigung zu äussern.
Am
31. August 2008 hat die Weko mitgeteilt, keine Einwendungen gegen eine Verfahrensvereinigung zu erheben.
Mit
Eingabe vom 13. August 2008 hat sich die Beschwerdeführerin mit der Verfahrensvereinigung einverstanden
erklärt, jedoch beantragt, Deutsch als Verfahrenssprache beizubehalten.
G.
Mit Verfügung
vom 18. September 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht dem Dipartimento del territorio die aus der Sicht
der Beschwerdeführerin um die Geschäftsgeheimnisse bereinigte Fassung der Beschwerde bzw. die
Vernehmlassung der Vorinstanz zur Stellungnahme unterbreitet.
Mit Vernehmlassung vom 31. Oktober
2008 hat das Dipartimento del territorio die Bestätigung der angefochtenen Verfügung beantragt
und den Antrag auf Einsicht in die Vorakten vom 24. Oktober 2008 zurückgezogen. Diese Vernehmlassung
wurde mit Verfügung vom 5. November 2008 den Parteien zur Kenntnis zugestellt.
H.
Am
3. Juli 2009 hat das Bundesverwaltungsgericht den Parteien mitgeteilt, dass ein weiterer Schriftenwechsel
aus damaliger Sicht nicht erforderlich schien.
I.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 haben
die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin ihre Kostennote eingereicht.
J.
Auf die
bisher genannten Vorbringen und die weiteren Ausführungen der Verfahrensbeteiligten wird, soweit
sie rechtserheblich sind, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht
zieht in Erwägung:
1.
Ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen und auf eine Beschwerde
einzutreten ist, hat das Bundesverwaltungsgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition zu prüfen
(
BVGE 2007/6 E. 1 m. w. H.).
1.1 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Verfügung
der Weko vom 19. November 2007. Diese stellt zumindest in formeller Hinsicht eine Verfügung im Sinne
von Art. 5 Abs. 1
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (
VwVG,
SR 172.021) dar. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Beschwerdeinstanz für die Behandlung der vorliegenden
Streitsache zuständig (Art. 31
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht
[
VGG,
SR 173.32], Art. 33 Bst. f
VGG i. V. m. Art. 47 Abs. 1 Bst. b
VwVG), zumal keine Ausnahme nach
Art. 32
VGG greift.
1.2 Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Wettbewerbskommission
teilgenommen und ist formelle Verfügungsadressatin. Ihre Vertreter haben sich rechtsgenüglich
durch Vollmacht ausgewiesen (Art. 11 Abs. 2
VwVG). Die Eingabefrist sowie die Anforderungen an Form und
Inhalt der Beschwerdeschrift sind gewahrt (Art. 50
und 52 Abs. 1
VwVG). Der Kostenvorschuss wurde fristgemäss
bezahlt (Art. 63 Abs. 4
VwVG).
Ob und inwiefern die Beschwerdeführerin durch die angefochtene
Verfügung berührt ist und ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse an der Aufhebung
oder Änderung der angefochtenen Verfügung hat, mithin im Sinne von Art. 48 Abs. 1
VwVG zur
Beschwerde legitimiert ist, hängt unter anderem davon ab, wie die angefochtene Verfügung zu
qualifizieren ist. Je nachdem, wie die Beantwortung dieser Frage ausfällt, kann auf die Beschwerde
eingetreten werden (vgl. hinten E. 2-2.4.6).
2.
2.1 Das Kartellgesetz bezweckt, volkswirtschaftlich
oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu
verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu
fördern (Art. 1
KG). Das KG wurde im Jahr 2003 teilweise geändert (Änderung vom 20. Juni
2003,
AS 2004 1385). Die neuen Bestimmungen sind seit 1. April 2004 in Kraft.
2.2 Hauptziel
der Änderung des Kartellgesetzes ist die Einführung direkter Sanktionen bei den besonders schädlichen
kartellrechtlichen Verstössen. Mit der genannten Änderung soll vor allem auch die Präventivwirkung
des Gesetzes bzw. die Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöht werden (Botschaft über die Änderung
des Kartellgesetzes vom 7. November 2001,
BBl 2002 2022 ff., 2023 f. und 2034). Vor der Revision konnten
Verwaltungs- und Strafsanktionen nach Art. 50
und 54
KG nur dann verhängt werden, wenn gegen eine
rechtskräftige Verfügung der Wettbewerbsbehörden verstossen wurde. Eine direkte Sanktionierung
kartellrechtswidriger Verhaltensweisen war nicht möglich, weshalb die Präventivwirkung des
Gesetzes auf ein Minimum reduziert war (vgl.
BBl 2002 2028 sowie für weiterführende Hinweise:
PATRICK KRAUSKOPF/DOROTHEA SENN, Die Teilrevision des Kartellrechts - Wettbewerbspolitische Quantensprünge,
in: Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- und Wettbewerbsrecht [sic!] 2003, S. 3
ff., insbesondere S. 8).
2.3 Das Sekretariat eröffnete am 4. April 2005 im Einverständnis
mit einem Mitglied des Präsidiums der Weko eine Untersuchung gemäss Art. 27
KG wegen einer
allenfalls unzulässigen Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5
KG und wegen allenfalls unzulässiger
Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen gemäss Art. 7
KG. Während der Untersuchung
hat die Weko die Konvention vom 15. Dezember 1998 geprüft, welche gemäss ihrer Ermittlungen
von 17 im Kanton Tessin tätigen Strassenbauunternehmen abgeschlossen wurde.
In der angefochtenen
Verfügung stellte die Weko fest, dass die Anwendung der Konvention im Kanton Tessin in der Zeit
ab Januar 1999 bis mindestens Ende 2004 durch 17 Strassenbauunternehmen (worunter sich auch die Beschwerdeführerin
befindet) eine Abrede über die Aufteilung der Aufträge sowie eine horizontale Preisabrede und
damit eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 5 Abs. 3 Bst. a
und c
KG darstellte.
Des Weiteren verbot die Weko den Strassenbauunternehmen im Kanton Tessin, die Konvention anzuwenden,
unter der Androhung, dass Zuwiderhandlungen gegen die angefochtene Verfügung mit Sanktionen gemäss
Art. 50
und 54
KG geahndet würden. Die Weko schloss das Verfahren ab, unter anderem mit dem Hinweis,
dass aufgrund der Aufhebung der unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung vor Ende März 2005
keine direkte Sanktion gemäss Art. 49a
KG ausgesprochen werden könne. Schliesslich behielt
sich die Weko vor, die Wettbewerbsverhältnisse auf den Märkten für Belagsproduktion sowie
für Strassen- und Belagsbau im Kanton Tessin für die Zeit ab April 2005 zu einem späteren
Zeitpunkt erneut zu untersuchen.
2.4 Die Weko hat das aus ihrer Sicht wettbewerbswidrige
Verhalten der Tessiner Strassenbauunternehmen im Zeitraum vom Januar 1999 bis Ende 2004 untersucht. Da
die neuen KG-Bestimmungen auf den 1. April 2004 in Kraft gesetzt wurden, wäre auf den hier zu beurteilenden
Sachverhalt grundsätzlich das neue Recht anwendbar (vgl. hiezu aber E. 2.4.2).
2.4.1 In Bezug
auf Art. 5 Abs. 3
KG hat die Revision 2003 materiellrechtlich keine Änderung gebracht.
2.4.2
Bezüglich der Möglichkeit der direkten Sanktionierung (Art. 49a
KG) aufgrund einer unzulässigen
Wettbewerbsbeschränkung (Art. 5 Abs. 3
KG) ist die Schlussbestimmung zur Änderung vom 20. Juni
2003 zu berücksichtigen (nachfolgend: Schlussbestimmung). Nach dieser Bestimmung entfällt eine
Belastung nach Art. 49a
KG, wenn eine bestehende Wettbewerbsbeschränkung innert eines Jahres nach
Inkrafttreten von Art. 49a
KG (d. h. bis 30. März 2005) gemeldet oder aufgelöst wird. Ist diese
Bedingung erfüllt, so gilt das alte Recht bis spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen
Sanktionsordnung weiter.
Vorliegend ist unbestritten, dass die von der Weko untersuchte Wettbewerbsbeschränkung
innert der von der Schlussbestimmung vorgesehenen Frist aufgehoben wurde und dass die Weko gestützt
auf diese Bestimmung keine direkten Sanktionen verhängte. In diesem Zusammenhang stellt sich dennoch
die Frage, ob die Feststellung in der Vergangenheit liegender und abgeschlossener Wettbewerbsbeschränkungen
sowie das Verbot, diese in Zukunft anzuwenden - unter Androhung der Sanktionen nach Art. 50
und 54
KG
im Fall einer Zuwiderhandlung - noch einen Sinn ergibt, zumal die Weko künftig (d. h. nach Ablauf
der Frist gemäss Schlussbestimmung) solche Wettbewerbsbeschränkungen direkt sanktionieren kann.
Diese Frage ist insofern gerechtfertigt, als die angefochtene Verfügung aufgrund der Möglichkeit,
auch abgeschlossene Wettbewerbsbeschränkungen künftig direkt zu sanktionieren, gegenüber
den involvierten Unternehmen kaum bemerkenswerte Rechtswirkungen zu entfalten scheint und daher Zweifel
am Verfügungscharakter sowie auch am Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin (vgl. vorne
E. 1.2) aufkommen könnten.
2.4.3 Die Schlussbestimmung regelt die übergangsrechtliche
Anwendbarkeit der direkten Sanktionen gemäss Art. 49a Abs. 1
KG. Die in dieser Norm vorgesehene
Belastung entfällt, wenn eine bestehende Wettbewerbsbeschränkung innert eines Jahres nach Inkrafttreten
von Art. 49a
KG gemeldet oder aufgelöst wird. Mit anderen Worten macht die Schlussbestimmung die
Nichtanwendung des neuen Rechts von zwei alternativen Tatbestandsbedingungen abhängig: das "Melden"
oder das "Auflösen" (Christoph Tagmann, Die direkten Sanktionen nach Art. 49a Abs. 1
Kartellgesetz,
Zürich/Basel/Genf, 2007, S. 188; Botschaft über die Änderung des Kartellgesetzes
BBl 2002
2048; Peter Reinert, in: Baker & McKenzie, Stämpflis Handkommentar zum KG, Bern 2007, Rz. 3
ad Übergangsbestimmung zur Änderung vom 20. Juni 2003). Der Sanktionsausschluss bezieht sich
auf diejenigen Wettbewerbsbeschränkungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung
am 1. April 2004 bereits existierten (Urteil des Bundesgerichts
2A.287/2005 vom 19. August 2005 E. 3.1).
Dem Instrument der Meldung bzw. Auflösung kommt eine übergangsrechtliche Funktion zu. Dadurch
wird den Unternehmen einerseits bewusst gemacht, dass für sie mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung
das Risiko direkter Sanktionen neu entsteht. Andererseits bewirken die fristgerechte Meldung oder Auflösung
den Ausschluss der neuen Sanktionen. Nicht meldefähig im Sinne der Schlussbestimmung sind nur diejenigen
Sachverhalte, über die bereits ein Verfahren nach Art. 26 ff
.
KG eingeleitet und dessen Eröffnung
dem Unternehmen mitgeteilt wurde. Um direkten Sanktionen zu entgehen, bleibt im Fall nicht meldefähiger
Sachverhalte nur noch die Möglichkeit übrig, innert der Frist von einem Jahr ab Inkrafttreten
des neuen Rechts die Wettbewerbsbeschränkung aufzulösen (vgl. Urteil des Bundesgerichts
2A.287/2005
vom 19. August 2005 E. 3.4 f.).
Den Materialien zur Änderung vom 20. Juni 2003 ist indessen
nicht zu entnehmen, dass die Übergangsbestimmung weitergehende Ziele anstrebt als die bereits erwähnten.
Insbesondere geht aus dieser Vorschrift keine Absicht hervor, die Unternehmen vor der Eröffnung
einer Untersuchung bzw. vor direkten oder indirekten Sanktionen aufgrund der bereits praktizierten Verhaltensweisen
auch für den Fall zu bewahren, dass diese in Zukunft das kartellrechtswidrige Verhalten wieder aufnehmen.
Insofern gewährt die Schlussbestimmung einzig Schutz vor den direkten Sanktionen während der
entsprechenden Jahresfrist. Sie hält die Wettbewerbsbehörden nicht davon ab, in einer Verfügung
die Unzulässigkeit von vergangenen Wettbewerbsbeschränkungen festzustellen und deren Anwendbarkeit
für die Zukunft zu verbieten unter Androhung der Sanktionen im Widerhandlungsfall.
2.4.4 Mit
der Schlussbestimmung beabsichtigte der Gesetzgeber, die unter dem alten Recht noch bestehenden Verhaltensweisen
aufzulösen und diese von den direkten Sanktionen auszuschliessen. Somit konnten die Unternehmen
ihre am 1. April 2004 noch unzulässigen Verhaltensweisen anpassen und in Übereinstimmung mit
dem Gesetz bringen (vgl. PATRICK KRAUSKOPF/CORINNE PIRLOT PITTET, La nouvelle Loi sur les Cartels: Un
Vade-mecum pour les Entreprises, in: sic! 2004, S. 242 ff., insbesondere S. 248). Was auf den ersten
Blick wie eine Privilegierung derjenigen Wettbewerbsbeschränkungen und Verhaltensweisen erscheint,
die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der KG-Revision 2003 noch bestanden, beschränkt sich in Wahrheit
nur auf die Konsequenz, dass für bestehende aber fristgerecht gemeldete oder aufgelöste Wettbewerbsbeschränkungen
die Sanktionsordnung des KG 1995 noch bis zum Abschluss allfälliger Verfahren anhält. In diesem
Sinn ermöglicht die Schlussbestimmung eine Nachwirkung des alten Rechts. Die von der Schlussbestimmung
angeordnete Rechtsfolge (die Sanktionsbefreiung) bezieht sich aber nur auf die Verhängung direkter
Sanktionen. Gemäss Schlussbestimmung wird indessen nicht ausgeschlossen, dass Sanktionen gestützt
auf Art. 50
KG ausgesprochen werden können. Die Befreiung von direkten Sanktionen als Rechtsfolge
der Schlussbestimmung kann nicht dazu führen, dass Unternehmen das fragliche wettbewerbsbeschränkende
Verhalten noch beliebig lange ausüben können (vgl. Urteil des Bundesgerichts
2A.287/2005 vom
19. August 2005 E. 3.4 i.f.). Die Weko muss daher jederzeit die Möglichkeit haben, ein Verfahren
einzuleiten und dabei über die Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen zu befinden.
Bei gegebenen Voraussetzungen kann die Weko die Untersuchung abschliessen, indem sie die Unzulässigkeit
der Wettbewerbsbeschränkungen feststellt und deren Anwendung verbietet, unter Androhung von Sanktionen
nach Art. 50
(und 54)
KG für den Fall der Zuwiderhandlung (vgl. PETER REINERT, a.a.O. Rz. 1 ad Art.
50
KG und Rz. 6-8 ad Übergangsbestimmung zur Änderung vom 20. Juni 2003; JÜRG BORER, Kartellgesetz,
Kommentar zum Kartellgesetz, Zürich 2005, Rz. 33 ff. ad Art. 49a
KG; IRENE KLAUER, Die Übergangsbestimmung
im neuen Kartellgesetz: Sanktionen trotz Meldung, in: sic! 2004 S. 714 ff, S. 717; RETO JACOBS, Sanktionen
vermeiden - Meldung gemäss revidiertem Kartellrecht, in: Jusletter vom 27. September 2004, Rz. 10,
16; PHILIPPE SPITZ, Ausgewählte Problemstellungen im Verfahren und bei der praktischen Anwendung
des revidierten Kartellgesetzes, in: sic! 2004, S. 553, 562 f.).
Falls die in der angefochtenen
Verfügung genannten Unternehmen gegen das Verbot der Anwendung der Konvention verstossen und ein
Wiederholungsfall vorliegen würde, könnte die Weko gegen diese Unternehmen eine Sanktion gemäss
Art. 50
KG in Bezug auf die bereits untersuchte Periode anordnen, ohne die Untersuchung gemäss Art.
27
KG für die bereits beurteilte Periode neu eröffnen zu müssen. In diesem Zusammenhang
gilt es anzumerken, dass nach Art. 50
KG Sanktionen in derselben Höhe wie nach Art. 49a
KG verhängt
werden können, da diese Bestimmung anlässlich der Revision 2003 in Bezug auf die Grundsätze
und Obergrenze für die Sanktionsbemessung an Art. 49a Abs. 1
KG angepasst wurde. Für die Kriterien
der Sanktionsbemessung ist im Übrigen die Verordnung über die Sanktionen bei unzulässigen
Wettbewerbsbeschränkungen vom 12. März 2004 (KG-Sanktionsverordnung, SVKG,
SR 251.5) analog
anwendbar (TAGMANN, a.a.O., S. 309 ff.; REINERT, a.a.O., Rz. 11 ad Art. 50
KG). Die Wiederaufnahme von
Wettbewerbsbeschränkungen, deren Unzulässigkeit rechtskräftig festgestellt wurde, könnte
als wiederholter Verstoss gegen das Kartellgesetz und mithin als erschwerender Umstand zu einer Sanktionserhöhung
beurteilt werden (vgl. Art. 5 Abs. 1
SVKG). Dazu kommt, dass das Verschulden bei einem Verstoss gegen
eine rechtskräftige Verfügung, die das Vorliegen unzulässiger Wettbewerbsbeschränkungen
feststellt, tendenziell schwerer als im Fall einer direkten Sanktion zu beurteilen sein dürfte (vgl.
auch Philipp Zurkinden/Hans Rudolf Trüeb, Das neue Kartellgesetz, Handkommentar, Zürich 2004,
Art. 50 Rz. 2; Peter Reinert, a.a.O., Rz. 11 ad Art. 50).
Nach dem Gesagten macht es Sinn, auch
diejenigen Verhaltensweisen zu untersuchen, die innert der von der Schlussbestimmung vorgesehenen Frist
aufgelöst wurden, und, sofern eine kartellrechtliche Unzulässigkeit festgestellt wurde, die
Anwendung solcher Praktiken, unter Sanktionsandrohung nach Art. 50
KG im Zuwiderhandlungsfall, zu verbieten.
Ziffer 1 Bst. a und b sowie Ziffer 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung sind grundsätzlich
geeignet, für die Erhaltung des wirksamen Wettbewerbs zu sorgen und stehen im Einklang mit dem Ziel
des Gesetzes (Art. 1
KG).
2.4.5 Das Dispositiv der angefochtenen Verfügung lässt sich
nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Schlussbestimmung, sondern auch unter Berücksichtigung von
Art. 27
KG nachvollziehen.
In Art. 27
KG sind die Voraussetzungen für die Eröffnung einer
Untersuchung enthalten. Es handelt sich dabei um eine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung im Rahmen
des Kartellgesetzes. Mit der KG-Revision 2003 wurde die deutsche Fassung dieser Bestimmung leicht modifiziert,
währenddem der französische und italienische Text unverändert blieben. Das Bundesgericht
hat bereits erkannt, dass Art. 27 Abs. 1
KG in der bisherigen sowie in der abgeänderten deutschen
Fassung die gleiche Auslegung zulasse.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht gerade
im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ein öffentliches Interesse, auch in der Vergangenheit
liegende, abgeschlossene Sachverhalte zu untersuchen, indem einerseits das Vorliegen von unerlaubten
Preisabsprachen nach Abschluss der Submission nachträglich festgestellt bzw. erneute derartige Absprachen
in anderen Submissionsverfahren untersagt und für den Fall der Zuwiderhandlung Sanktionen gemäss
Art. 50
und 54
KG angedroht werden (Urteil des Bundesgerichts
2A.59/2005 vom 22. August 2005 E. 3.3).
2.4.6
Nach dem Gesagten konnte die Weko - aufgrund der zur Zeit der angefochtenen Verfügung geltenden
Rechtsordnung - zurecht die Unzulässigkeit der während der von der Schlussbestimmung vorgesehenen
Frist aufgelösten Wettbewerbsabrede feststellen und die Anwendung derselben verbieten, unter Androhung
der Sanktionen nach Art. 50
und 54
KG im Fall der Zuwiderhandlung. Die angefochtene Verfügung erfüllt
damit die Voraussetzungen des Verfügungsbegriffs gemäss Art. 5
VwVG und stützt sich auf
eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Da sie die involvierten Unternehmen beschwert, ist auch die
Beschwerdeführerin zur Beschwerde legitimiert und die Prozessvoraussetzungen sind damit insgesamt
gegeben (vgl. vorne E. 1.2 und E. 2.4.2 i.f.). Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten.
Ob und
inwiefern eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 5 Abs. 3
KG vorgelegen
hat und nachweisbar ist, ist in den nachfolgenden Erwägungen zu prüfen (vgl. E. 7 ff.).
3.
Das
Kartellgesetz gilt für Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts, die Kartell- oder
andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen
beteiligen (Art. 2 Abs. 1
KG). Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern
und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform
(Art. 2 Abs. 1bis
KG).
In der Botschaft zum Kartellgesetz wird zum Geltungsbereich ausgeführt,
dass sämtliche Formen unternehmerischer Tätigkeit erfasst werden, soweit sich daraus eine Wettbewerbsbeschränkung
ergeben könne (Botschaft zu einem Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen
vom 23. November 1994,
BBl 1995 I 468 ff., S. 533 Ziff. 222; hiernach: Botschaft KG 1995).
Als privatrechtliche
Aktiengesellschaft ist die Beschwerdeführerin eine Firma, welche im Baugewerbe, insbesondere im
Bereich der Strassenbauarbeiten tätig ist. Sie hat sich als Offerentin an diversen kantonalen und
kommunalen Submissionsverfahren beteiligt. Sie ist damit ein Unternehmen im Sinne von Art. 2
KG.
4.
Das
Kartellgesetz findet nur dann Anwendung auf Unternehmen im Sinn von Art. 2
KG, wenn keine Rechtsvorschriften
entgegenstehen, die Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen nicht zulassen.
Das Gesetz nennt als Beispiele eine staatliche Markt- oder Preisordnung und die Ausstattung von Unternehmen
mit besonderen Rechten (Art. 3 Abs. 1
KG). Die Botschaft zum KG führt dazu aus, es müsse tatsächlich
die Absicht des Gesetzgebers sein, den Wettbewerb für den fraglichen Wirtschaftsbereich auszuschalten.
Soweit für wettbewerbliches Verhalten Raum bleibe, sei das Kartellgesetz anwendbar (Botschaft KG
1995, 539 f.). Diese Grundsätze werden auch von der Doktrin übernommen (vgl. ZURKINDEN/TRÜEB,
a.a.O., Rz. 1 ad Art. 3
KG; BORER, a.a.O., Rz. 1 ff. ad Art. 3
KG).
Vorliegend sind keine den Wettbewerb
ausschliessende Vorschriften im Sinne von Art. 3 Abs. 1
KG ersichtlich noch werden solche geltend gemacht.
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung ist hinsichtlich Sachverhalte, die Tatbestände des Gesetzes
über das öffentliche Beschaffungswesen und des Kartellgesetzes zugleich erfüllen, die
parallele Anwendung beider Erlasse zulässig (vgl. Entscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen,
Vorgängerorganisation des Bundesverwaltungsgerichts [REKO WEF], vom 22. Dezember 2004 [FB/2002-1]
E. 5; Urteil des Bundesgerichts
2A.59/2005 vom 22. August 2005 E. 3.3; PETER GAUCH/HUBERT STÖCKLI,
Thesen zum neuen Vergaberecht des Bundes, Freiburg 1999, These Rz. 28.3, S. 75; PETER GALLI/DANIEL LEHMANN/PETER
RECHTSTEINER, Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zürich 1996, Rz. 69; HEINZ
LEITNER, Öffentliche Beschaffungen und Kartellrecht, in: Allgemeine Juristische Praxis [AJP] 1/2003,
S. 23 ff.). Die Vorinstanz hat schliesslich erkannt, dass auch das im Kanton Tessin zurzeit geltende
Vergaberecht keine Vorschriften enthält, die der Anwendbarkeit des Kartellgesetzes entgegenstünden.
Dies wird von der Beschwerdeführerin im Übrigen auch nicht bestritten.
Nach dem Gesagten
ergibt sich, dass im hier zu beurteilenden Fall keine Bestimmungen vorliegen, die gegen die Anwendbarkeit
des Kartellgesetzes sprechen.
5.
Die Beschwerdeführerin kann im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens,
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie die Unangemessenheit des
Entscheids beanstanden (Art. 49
VwVG).
Grundsätzlich hat das Bundesverwaltungsgericht seine
Überprüfungsbefugnis voll auszuschöpfen. Es darf aber auch seine Kognition einschränken,
soweit die Natur der Streitsache dies sachlich gebietet (André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler,
Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 2.163;
BVGE 2007/27 E. 3.1 m. w. H.).
Das trifft zu, wenn die Rechtsanwendung technische Probleme, Fachfragen oder sicherheitsrelevante Einschätzungen
betrifft, zu deren Beantwortung und Gewichtung die verfügende Behörde aufgrund ihres Spezialwissens
besser geeignet ist, oder wenn sich Auslegungsfragen stellen, welche die Verwaltungsbehörde aufgrund
ihrer örtlichen, sachlichen oder persönlichen Nähe sachgerechter zu beurteilen vermag
als die Beschwerdeinstanz (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
B-2237/2009 vom 15. Dezember 2009 E.
3.2; BGE
131 II 680 E. 2.3.2 m. w. H.).
Geht es um die Beurteilung technischer oder wirtschaftlicher
Spezialfragen, in denen die Vorinstanz über ein besonderes Fachwissen verfügt, ist nur bei
erheblichen Gründen von der Auffassung der Vorinstanz abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C- 2265/2006 vom 14. September 2009 E. 2.1; in diesem Sinne auch das Bundesgericht in BGE 135 II 296
E. 4.4.3, BGE
133 II 35 E. 3 und BGE
131 II 13 E. 4).
Diese Zurückhaltung ist dem Grundsatz
nach auch im Bereich des Wettbewerbsrechts zu beachten. Gemäss Praxis der Rekurskommission für
Wettbewerbsfragen ist es in der Regel Aufgabe der Wettbewerbskommission, die materiellrechtlichen Vorschriften
des KG zu konkretisieren und die Wettbewerbspolitik zu formulieren (vgl. Entscheid der REKO WEF vom 9.
Juni 2005, publiziert in: Recht und Politik des Wettbewerbs [RPW] 2005 556 f.). Das Bundesverwaltungsgericht
setzt die Praxis der REKO WEF insofern fort, als es sich zur Aufgabe macht, zu prüfen, ob die Konkretisierung
des offenen Wettbewerbsbegriffs wie auch die Konkretisierung der sonstigen offenen Begriffe des Kartellgesetzes
in rechtsstaatlich einwandfreier, rational nachvollziehbarer Art erfolgt (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
B-4037/2007 vom 29. Februar 2008 E. 4.2.2, bestätigt in BGE 135 II 60 E. 3.2.3). Das Bundesverwaltungsgericht
begründete in einem jüngst ergangenen Entscheid, inwiefern die Art und Weise, wie es seine
Kognition ausübt, mit der Rechtsprechung des EGMR im Einklang steht (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
B-2050/2007 vom 24. Februar 2010 E. 5.6).
6.
Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich
erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von
Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken
oder bewirken (Art. 4 Abs. 1
KG).
Im Rahmen der Untersuchung wurde der Weko die Konvention vom 15.
Dezember 1998 zugestellt. Im Anhang zur Konvention sind die Unternehmen aufgezählt, die sich daran
beteiligt haben. Dabei geht es um die Unternehmen, gegen welche die Untersuchung eröffnet wurde,
d. h. um Unternehmen, die zurzeit der Untersuchung im Kanton Tessin im Bereich des Strassenbaus tätig
waren. Darunter befindet sich auch die Beschwerdeführerin. Das Ziel der Konvention bestand darin,
die Qualität der Arbeitsausführung bzw. ein angemessenes Preisniveau auf Grundlage gegenseitiger
Loyalität zwischen den Vertragsparteien zu gewährleisten (Ziffer 2 der Konvention). Anlässlich
wöchentlicher Sitzungen, für welche die Teilnahme obligatorisch war, diskutierten Vertreter
der beteiligten Unternehmen die bis Ende der darauf folgenden Woche zu vergebenden Aufträge und
bestimmten die Auftragnehmer (Ziffer 3 und 4 der Konvention). Die Beschlüsse wurden mit Mehrheitsentscheid
der Sitzungsteilnehmer gefasst. Bei Meinungsverschiedenheiten sollte die Entscheidung in geheimer Abstimmung
erfolgen. Bei Stimmengleichheit musste sich das Unternehmen mit dem höchsten Kontingent seiner Stimme
enthalten (Ziffer 3 der Konvention). Gegenstand der Konvention waren sämtliche Aufträge der
öffentlichen Vergabestellen, sämtliche Aufträge mit einer Auftragshöhe von über
Fr. 20'000.- sowie andere mit dem Strassenbau zusammenhängende Leistungen für Dritte (Ziffer
5 der Konvention). Für die Zuteilung der Aufträge sah die Konvention verschiedene Kriterien
vor: Die Arbeitsbelastung galt grundsätzlich als wichtigstes Kriterium, gefolgt von Ortsbezogenheit,
Spezialisierung, bereits angefertigten Offerten und Vereinbarungen zwischen den Sitzungsteilnehmern (Ziffer
7 der Konvention). Die Auftragssummen der vergebenen Arbeiten wurden vor der Zuteilung bestimmten Kontingenten
zugeteilt und mit einem Faktor multipliziert, der je nach Unternehmen unterschiedlich war (Ziffer 8 der
Konvention). Die Auftragssummen wurden bei Aufträgen bis zu Fr. 1 Mio. zu 100 % angerechnet, zu
90 % für die folgende Fr. 1 Mio., zu 80 % für die weiter folgende Fr.1 Mio., aber maximal zu
50 % bei Auftragssummen ab Fr. 5 Mio. (Ziffer 8 der Konvention). Bezüglich gemischter Arbeiten waren
spezielle Kontingente vorgesehen (Ziffer 10 der Konvention).
Anlässlich der Untersuchung erklärten
alle befragten Strassenbauunternehmen - mit Ausnahme der Luongo SA und der Belagswerke Comibit SA sowie
Betasfa SA -, sie hätten den wöchentlichen Sitzungen beigewohnt. Aus den jeweiligen Angaben
der untersuchten Unternehmen ging zudem hervor, dass 10 der 18 damals im Kanton Tessin aktiven Strassenbauunternehmen,
die zugleich Aktionäre des Belagswerks Comibit SA sind und je einen Sitz in deren Verwaltungsrat
haben bzw. hatten, vom Vorliegen der Konvention wussten (vgl. Tabelle 2 in der angefochtenen Verfügung).
Comibit SA, Implenia (Ticino) SA sowie Paviclass SA sind Aktionäre des Belagswerks Betasfa SA. Obwohl
die Comibit SA und die Betasfa SA in ihren Eingaben beteuerten, an den wöchentlichen Sitzungen nicht
teilgenommen zu haben, leitete die Weko aus den bestehenden Beteiligungsverhältnissen ab, dass diese
durch ihre Vertreter von den während der Sitzungen gefassten Beschlüssen erfahren haben mussten.
Zurecht geht die Weko davon aus, dass die Unternehmen, gegen die ermittelt wurde (mit Ausnahme der Luongo
SA), mit der Teilnahme an den wöchentlichen Sitzungen ihr Interesse gezeigt haben, der Konvention
auf Grundlage eines "Gentlemen's Agreement" beizutreten. Aufgrund des bisher Abgeklärten
durfte sie ebenfalls darauf schliessen, dass die Unternehmen ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken
angestrebt haben, indem sie sämtliche in den Anwendungsbereich der Konvention fallenden Strassenbauaufträge
unter den an der Konvention beteiligten Unternehmen aufteilten und dabei den Auftragnehmer und die Angebotspreise
bestimmten. Gemäss Konvention wurde anlässlich der Sitzungen auch über die Preise der
sogenannten "offerte d'appoggio" (Scheinangebote) entschieden. Auf Grund dieser Vorgehensweise
ist die Weko zur Erkenntnis gelangt, dass die Konvention den Wettbewerb zwischen den im Kanton Tessin
tätigen Strassenbauunternehmen zu beschränken bezweckte.
Gestützt auf die bisherigen
Ausführungen ist ersichtlich, dass die Weko die an eine Wettbewerbsabrede gestellten Anforderungen
ge-mäss Art. 4
KG zurecht als gegeben erachtet. Da die involvierten Unternehmen der gleichen Marktstufe
angehören, kann ohne weiteres von einer Horizontalabrede gesprochen werden.
Nachdem die Anwendbarkeit
des Kartellgesetzes auf die fragliche Konvention bejaht und diese als Wettbewerbsabrede im Sinne von
Art. 4 Abs. 1
KG qualifiziert wird, ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob die genannte
Abrede aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als zulässig oder unzulässig gilt (vgl. Walter Stoffel,
Wettbewerbsabreden in Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.] Schweizerisches Immaterialgüter-
und Wettbewerbsrecht [SIWR], Teilbd. 2 Kartellrecht, Basel/Genf/München, 2000, S. 58).
7.
Die
Weko hielt fest, dass der in der Konvention beschriebene Mechanismus der Auftragszuteilung einerseits
eine Rotation der Auftragsausführung und damit eine Marktaufteilung i. S. v. Art. 5 Abs. 3 Bst.
c
KG bezweckte, andererseits eine horizontale Preisabrede i. S. v. Art. 5 Abs. 3 Bst. a
KG beinhaltete.
Bei
den Bestimmungen von Art. 5 Abs. 3
und 4
KG handelt es sich um sogenannte Vermutungstatbestände.
Diese beziehen sich nicht auf die Rechtsfolge der Unzulässigkeit, sondern nur auf die Qualifikation
als Abrede, welche den wirksamen Wettbewerb beseitigt (Borer, a.a.O., Rz. 31 ad Art. 5
KG). Von den Sachverhalten,
die die Tatbestände der genannten Vorschriften erfüllen (Vermutungsbasis), wird vermutet, dass
sie zu einer Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs führen (Vermutungsfolge). Bei der Beurteilung
von Wettbewerbsabreden, die in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 3
und 4
KG fallen, sind zwei Fragen
zu prüfen: zunächst einmal, ob ein Tatbestand im Sinne von Art. 5 Abs. 3
und 4
KG vorliegt
und anschliessend ob die dadurch hervorgerufene Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs widerlegt
werden kann (vgl. ROGER ZÄCH, Kartellgesetzrevision 2003, Zürich/Basel/Genf, 2004, S. 26 f.
sowie Stoffel, a.a.O., S. 115). Die Rechtsfigur der Vermutung regelt die Folgen der Beweislosigkeit:
wenn nicht bewiesen werden kann, dass trotz der Wettbewerbsbeschränkung wirksamer Wettbewerb noch
besteht, greift die Vermutung (Botschaft KG 1995 S. 565; zu den Beweisfragen in Zusammenhang mit der
Widerlegung der Vermutung vgl. E. 9).
In Art. 5 Abs. 3
und 4
KG ergibt sich der Vermutungstatbestand
aus den darin aufgelisteten Abreden. Um diesen nachzuweisen, genügt es, wenn der Abschluss bzw.
die Einhaltung solcher Abreden als erwiesen gilt. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist
der Nachweis der tatsächlichen Wirkung auf dem Markt nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus dem
Gesetzestext: In Art. 5 Abs. 3
KG wird ausdrücklich nur auf "Abreden" und nicht auf "wirksame
Abreden" verwiesen. Das ist insofern sinnvoll, als erfahrungsgemäss solche Abreden die Beseitigung
wirksamen Wettbewerbs zur Folge haben; mit der Schaffung der Vermutungstatbestände beabsichtigte
der Gesetzgeber eine Erleichterung der Kontrolle dieser Art von Wettbewerbsabreden und eine Vereinfachung
des Untersuchungsverfahrens (Botschaft KG 1995 S. 565; ROGER ZÄCH, Kartellgesetzrevision 2003, S.
26 f.; Franz Hoffet, in: Homburger/Schmidhauser/Hoffet/Ducrey [Hrsg.] Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz,
Zürich 1997, Rz. 112; a.M. Stoffel, a. a. O., S. 115: nach diesem Autor ist die Vermutungsbasis
erst erstellt, wenn sich die Abreden nach Art. 5 Abs. 3
KG auf dem relevanten Markt erheblich auswirken
und damit eine "genügende" Marktabdeckung erreicht ist). In diesem Sinne würde es
dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, wenn der Vermutungsträger auch die genügende Wirksamkeit
der Abreden, die den Vermutungstatbestand bilden, nachweisen müsste. Gegen den Nachweis der Vermutungsbasis
steht allerdings der Gegenbeweis offen, so dass die Vermutungsbasis, sollte diese als erbracht betrachtet
werden, dahinfallen würde (vgl. Roger Zäch, Kartellgesetzrevision 2003, S. 26).
Der Beweis
für die Feststellung des die Vermutungsbasis begründenden Sachverhalts ist gemäss der
im Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsmaxime von Amtes wegen zu erheben (Patrick L. Krauskopf/Oliver
Schaller, in: Marc Amstutz/Mani Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar Kartellgesetz, Basel 2010, Rz. 641
ad Art. 5; Stoffel, a. a. O., S. 115). Für die Vermutungsbasis ist nach dem Gesagten grundsätzlich
auf den Inhalt der konkreten Abrede abzustellen. Die konkreten Auswirkungen der Abrede auf den Wettbewerb
müssen indessen nicht bewiesen werden. Auch das Bundesgericht scheint von diesen Grundsätzen
auszugehen, wenn es generell festhält, dass eine horizontale Preisabrede nach dem eindeutigen Wortlaut
von Art. 5 Abs. 3
KG nur die Vermutung einer Wettbewerbsbeseitigung begründe und nicht auch, dass
eine Beseitigung des Wettbewerbs unabänderlich feststünde (BGE
129 II 18 E. 8.3.1).
Gemäss
Konventionstext (inklusive Anhang) verpflichteten sich sämtliche im Kanton Tessin tätigen Strassenbauunternehmen
(mit Ausnahme der Luongo SA), anlässlich wöchentlicher obligatorischer Sitzungen die von der
öffentlichen Hand und von Privaten nachgefragten Arbeiten im Voraus unter sich so zu verteilen,
dass jedes Unternehmen genügend Aufträge erhielt. Für die aus der Sicht der an der Konvention
beteiligten Unternehmen "gerechte" Auftragsverteilung sorgten ein bestimmtes Kontingentssystem
und die Multiplikationsfaktoren. Zugleich verpflichteten sich die Unternehmen, die Preise der für
den Zuschlag vorgesehenen Offerte und denjenigen der Scheinangebote zu bestimmen. Aus dieser in der Konvention
vorgeschriebenen Vorgehensweise ist ersichtlich, dass die an einem Submissionsverfahren teilnehmenden
Anbieter das Vorliegen von Wettbewerb auf dem relevanten Markt nur vortäuschten, während den
betroffenen Auftraggebern aufgrund der bereits im Voraus abgesprochenen Angebotspreise verunmöglicht
wurde, den Wettbewerbspreis für den zu vergebenden Auftrag vorschriftsgemäss zu ermitteln.
Die vorliegende Konvention weist somit die charakteristischen Merkmale einer Submissionsabsprache auf
(vgl. CHRISTOPH HEITZ, Die Sanktionierung von Submissionsabsprachen, Zürich/Basel/Genf 2008, S.
25 ff. und 79 ff.; BENEDICT F. CHRIST, Die Submissionsabsprache, Freiburg 1999, Rz. 260 ff. und 373 ff.).
Die Konvention als solche stellt einen Eingriff in das freie Spiel von Angebot und Nachfrage dar, da
sie die daran beteiligten Unternehmen zu einer Preisfestsetzung der Angebote bzw. einer Aufteilung der
Strassenbauaufträge unter Geschäftspartnern verpflichtet.
Die Weko hat sich aber nicht
nur damit begnügt, das Vorliegen des Abschlusses der Konvention bzw. der Vermutungsbasis darzulegen,
sondern sie hat anhand der aus der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse erkannt, dass die Konvention zwischen
Januar 1999 bis mindestens Ende 2004 auch tatsächlich umgesetzt wurde. Gestützt auf ihre Erhebungen
(209 Tabellen, die die im Voraus festgelegten Auftragsvergaben anlässlich der Sitzungen belegen;
192 Seiten, in welchen die pendenten Arbeiten aufgelistet sind; Ausführungen der Unternehmen, des
Dipartimento del territorio des Kantons Tessin, diverser Tessiner Gemeinden, der Branchenorganisationen
ATIPS und ASTAG) gelangt die Weko zum Schluss, dass die Multiplikationsfaktoren die Grösse und das
Alter der Unternehmen widerspiegelten. Je tiefer der Multiplikationsfaktor, desto grösser und älter
war das betreffende Unternehmen. Den Unternehmen mit einem tieferen Multiplikationsfaktor wurden höhere
Auftragsvolumina zugesprochen als denjenigen mit einem höheren Multiplikationsfaktor. Diejenigen
Unternehmen mit dem gleichen Multiplikationsfaktor haben im Zeitraum 1999 und 2003 ähnlich hohe
Gesamtumsätze erzielt, was gemäss nachvollziehbarer Ansicht der Weko belegen kann, dass die
Unternehmen den Ausgleich mittels Rotationssystems zwar nicht jährlich, aber über die Jahre
hinweg erzielen konnten. Aus dem Vergleich des Marktanteils der Unternehmen aufgrund ihrer Gesamtumsätze
mit dem Marktanteil aufgrund der in der Konvention vorgesehenen Marktaufteilung ergaben sich bloss minimale
Unterschiede (+/- 0,5 %), was die Weko auf die Änderung der Multiplikationsfaktoren im Laufe der
Jahre zurückführt. Während der gesamten Beobachtungsperiode (1999-2003) wurden gemäss
Erhebungen der Weko 62 % der Auftragsvolumina über das Rotationssystem vergeben, wobei zeitweise
80 % des relevanten Markts von der Konvention erfasst waren. Die Prüfung der Volatilität der
Offerte ergab, dass zwischen Januar 1999 und März 2005 mit einer tiefen Volatilität zu rechnen
war und dass ab März 2005 die Volatilität in bemerkenswerter Weise gestiegen ist. Vor März
2005 waren die Preise der Offerten gemäss Erhebungen der Weko höher als der Kostenvoranschlag
des Dipartimento del territorio; danach sind sie markant gefallen (vgl. angefochtene Verfügung Rz.
142, Abbildung 3 und Anhang A3; zum Kostenvoranschlag des Kantons vgl. hinten E. 9.2.3.2).
Gemäss
herrschender Lehre und dem Willen des Gesetzgebers (Botschaft KG 1995, S. 564 f.) wäre es an sich
nicht nötig gewesen, dass die Weko im Rahmen des Beweises für die Feststellung der Vermutungsbasis
über das Abstellen auf den Konventionstext hinaus noch weitere Abklärungen zur effektiven Umsetzung
und Auswirkung der Abrede getätigt hätte. Dieses Vorgehen scheint allerdings gängige Praxis
der Wettbewerbsbehörden zu sein (vgl. Isabelle Chabloz, L'autorisation exceptionnelle en droit de
la concurrence, Fribourg 2002, S. 151 mit Hinweisen auf die Praxis des Sekretariats und der Weko; Stoffel,
a.a.O., S. 117 m. H.). Im Fall Buchpreisbindung hat das Bundesgericht bei der Prüfung der Vermutungsbasis
nebst einer Auseinandersetzung mit dem sogenannten Sammelrevers auch Ausführungen zur Umsetzung
und wettbewerbsrechtlichen Tragweite dieser Abrede mit einbezogen (BGE
129 II 18 E. 6.5). Das zeigt,
dass es in der Praxis offenbar nicht immer leicht fällt, eine genaue Abgrenzung zwischen Erstellen
der Vermutungsbasis und Widerlegung der Vermutung zu ziehen. Grundsätzlich müssen die Wettbewerbsbehörden
eine Vermutung gemäss Art. 5 Abs. 3
(und 4)
KG nicht bestätigen, sie können eine solche
lediglich umstossen. Allerdings könnten Sachverhaltselemente, die sich auf die Auswirkungen einer
Abrede beziehen, auch von Bedeutung sein, um den Verdacht auf Vorliegen einer Wettbewerbsabrede zu beurteilen.
Ergeben sich zum Beispiel schon bei der Prüfung der Vermutungsbasis Anhaltspunkte, dass eine Abrede
gar nicht praktiziert wurde und daher keine Auswirkungen auf dem Markt haben konnte, so läge kein
Vermutungstatbestand vor und eine Widerlegung der Vermutung wäre nicht mehr erforderlich.
Im
vorliegenden Fall konnte die Weko - schon aufgrund der Konvention selbst, ihres Inhaltes und Mechanismus
sowie aufgrund der regelmässig stattgefundenen Sitzungen - zurecht auf das Vorliegen der Vermutungstatbestände
von Art. 5 Abs. 3 Bst. a
und c
KG schliessen, unabhängig vom Nachweis der konkreten Auswirkungen
der Konvention. Als Konsequenz dieser Schlussfolgerung ist zu vermuten, dass die Konvention auf dem relevanten
Markt ihre Wirkungen hatte, indem sie den Wettbewerb beseitigte. Da die Weko nicht über ausreichende
Dokumente und Belege verfügte, liess sie die Frage offen, ob das grösste Tessiner Belagswerk
Comibit SA aufgrund einer Verdrängungsstrategie eine allfällige marktbeherrschende Stellung
auf dem Markt hatte. Ebensowenig ermittelte die Weko, ob eine Abrede über Transportpreise abgeschlossen
wurde. Die Vermutungsbasis beschränkt sich nach dem Gesagten auf die Aufteilung der Strassenbauarbeiten
unter den an der Konvention beteiligten Firmen sowie auf die Festlegung der Preise für diese Arbeiten.
Die
von der Weko ermittelten Aspekte der Auswirkungen der Konvention auf dem relevanten Markt werden gegebenenfalls
im Rahmen der Widerlegung der Vermutung zu berücksichtigen sein. Ob und inwiefern die Prüfung
der Widerlegbarkeit der Vermutung durch die Weko rechtens erfolgte, ist Gegenstand der nachfolgenden
Erwägungen.
8.
Der Grund für die Statuierung der Vermutungstatbestände,
insbesondere derjenigen nach Art. 5 Abs. 3
KG, liegt in der Erkenntnis, dass solche sogenannten harten
Kartelle typischerweise als schädlich gelten (vgl. Botschaft KG 1995, S. 564). Nur die Vermutungsfolge,
die in der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs liegt, bezieht sich auf die wettbewerbsrechtliche Schädlichkeit
der Abrede, nicht aber der Vermutungstatbestand, der, wie bereits erwähnt, bloss das Vorliegen solcher
Abreden nach Art. 5 Abs. 3
KG voraussetzt. Die Frage, ob eine Abrede im Sinne von Art. 5 Abs. 3
KG schädlich
ist, ist demnach im Rahmen der Widerlegung der Vermutung zu untersuchen und nicht bereits bei der Prüfung,
wie die Abrede zu qualifizieren ist, d. h. bei der Frage, welcher der Vermutungstatbestände im konkreten
Fall vorliegt (Art. 5 Abs. 3 Bst. a
-c
KG).
Bei horizontalen Preisabsprachen gemäss Art. 5 Abs.
3 Bst. a
KG manifestiert sich die Schädlichkeit darin, dass der Preis im horizontalen Verhältnis
als wettbewerbsentscheidender Parameter gilt, da es der Marktgegenseite bei einer Preisvereinheitlichung
von homogenen Gütern regelmässig unmöglich wird, auf Substitute auszuweichen. Die Festsetzung
von Preisen hat für den Abnehmer unmittelbar höhere Preise zur Folge. Horizontale Abreden über
die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern im Sinne von Art. 5 Abs. 3
Bst. c
KG gelten vermutungsgemäss als besonders schädlich, weil sie in der Lage sind, mittels
künstlich abgeschotteten Teilmärkten den Wettbewerb auszuschalten. Durch die Segmentierung
des Markts werden künstliche Monopolsituationen geschaffen, die es den Unternehmen erlauben, nach
Belieben Bedingungen zu diktieren, wie überhöhte Preise zu verlangen oder Produktangebote zu
verknappen. Die Aufteilung von Märkten oder Geschäftspartner schränkt somit das Angebot
ein und führt zu einer verminderten Produktion und damit zu höheren Preisen (zum Schädlichkeitspotential
von Abreden nach Art. 5 Abs. 3 Bst. a
und c
KG, vgl. CLAUDIA OESCH, Kooperationen zwischen KMU, Zürich/Basel/Genf
2008, S. 95 f.; Botschaft KG 1995, 568 und KRAUSKOPF/SCHALLER, a.a.O., Rz. 370 ff. ad Art. 5). Auch im
National- und Ständerat ging man offensichtlich davon aus, dass Abreden über Preise, Mengen
und Gebiete im Sinne von Art. 5 Abs. 3
und 4
KG besonders schädliche Auswirkungen zeitigen (ZÄCH,
Schweizerisches Kartellrecht, Bern 2005, Rz. 1121 ff. mit Hinweisen auf die verschiedenen Voten im National-
und Ständerat).
Kann die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs nicht widerlegt werden,
erweist sich eine Wettbewerbsbeschränkung nach dem Gesagten als unzulässig und schädlich.
9.
In
der Folge bleibt zu prüfen, ob die gesetzliche Vermutung für eine Wettbewerbsbeseitigung im
vorliegenden Fall widerlegt werden kann. Zur Widerlegung der Vermutung genügt der Nachweis, dass
trotz der Abrede noch wirksamer aktueller und potentieller Aussen- und/oder wirksamer Innenwettbewerb
bestehen bleibt (vgl. Botschaft KG 1995, 565; Borer, a.a.O., Rz. 29 ad Art. 5
KG; BGE
129 II 36 E. 8.3.2;
vgl. auch hinten E. 9.2.1 und 9.2.2).
Wird nicht nachgewiesen, dass trotz der Abrede wirksamer Wettbewerb
besteht, gilt dieser als beseitigt. Art. 5 Abs. 3
KG regelt damit die Beweislast, das heisst die Folgen
der Beweislosigkeit. Demgegenüber liegt die Beweisführungslast im verwaltungsrechtlichen Verfahren
bei der Wettbewerbskommission, wobei die Parteien eine Mitwirkungspflicht trifft (Art. 12
und 13
VwVG
i.V.m. Art. 39
und 40
KG; BGE
129 II 18 E. 7.1; BORER, a.a.O., Rz. 31 ad Art. 5; HOFFET, in: Homburger/Schmidhauser/Hoffet/Ducrey
[Hrsg.] Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1997, Rz. 111 ad Art. 5
KG; CHRISTIAN
MEYER-SCHATZ, Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen, in: AJP 1996, S. 820 Ziff. 4.1; STOFFEL, SIWR,
S. 115 f.; ZÄCH, Schweizerisches Kartellrecht, Rz. 451). Da die für die Widerlegung der Vermutung
notwendigen Tatsachen unter Umständen die internen Unternehmensverhältnisse tangieren oder
zumindest Sachkenntnisse über die Verhältnisse auf dem relevanten Markt erfordern, haben die
beteiligten Unternehmen zur Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht einen erheblichen, wenn nicht sogar
den entscheidenden Beitrag zur Widerlegung der Vermutung zu leisten. Bei der Prüfung, ob der wirksame
Wettbewerb trotz der Abrede noch besteht, hat die Wettbewerbsbehörde sowohl den Untersuchungsgrundsatz
als auch die Vorbringen der Parteien zu berücksichtigen (Botschaft KG 1995, 565).
9.1
Die Frage der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs bezieht sich auf einen sachlich und räumlich abgegrenzten
Markt für bestimmte Waren oder Leistungen (ZURKINDEN/TRÜEB, a. a. O., Rz. 3 ad. Art. 5
KG;
BORER, a. a. O., Rz. 9 ff. ad Art. 5
KG). Der Begriff des relevanten Markts wird im KG nicht näher
definiert. Für die Abgrenzung des sachlich und örtlich relevanten Markts im Rahmen der Beurteilung
von Wettbewerbsabreden kann Art. 11 Abs. 3 Bst. a und b der Verordnung vom 17. Juni 1996 über die
Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (VKU,
SR 251.4) analog angewendet werden (vgl. Roland
Köchli/Philippe M. Reich, in: Baker & McKenzie, Stämpflis Handkommentar zum KG, Rz. 42
und 44 ad Art. 4
KG; Borer, a. a. O., Rz. 10 ad Art. 5
KG; BGE
129 II 33 f. E. 7.3).
9.1.1 Die
Bestimmung des sachlich relevanten Markts erfolgt aus der Sicht der Marktgegenseite; massgebend ist,
ob aus deren Optik Waren oder Dienstleistungen miteinander im Wettbewerb stehen. Dies hängt davon
ab, ob sie vom Nachfrager hinsichtlich ihrer Eigenschaften und des vorgesehenen Verwendungszwecks als
substituierbar erachtet werden (vgl. Art. 11 Abs. 3 lit. a VKU).
In der Lehre sowie in der Praxis
der Wettbewerbsbehörden wurde die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts im Zusammenhang mit
den öffentlichen Beschaffungen bereits untersucht. In einem Submissionsverfahren bildet der öffentliche
Auftraggeber die Marktgegenseite zu den anbietenden Unternehmen. Der Auftraggeber spezifiziert in den
Ausschreibungsunterlagen anhand eines umfassenden Produktebeschriebs bzw. eines detaillierten Leistungsverzeichnisses
jene Waren und Dienstleistungen, die er als substituierbar ansieht. Der sachlich relevante Markt wird
durch die öffentlich publizierten Eignungskriterien und durch die Ausschreibungsunterlagen schon
im Voraus definiert und lässt sich im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Markt leicht ermitteln
(vgl. HEITZ, a. a. O., S. 86 ff.; CHRIST, a. a. O., Rz. 301;
RPW 2002/1, S. 141 i. S. Submission Betonsanierung
am Hauptgebäude der Schweizerischen Landesbibliothek). Spezialmärkte können grundsätzlich
für eine zeitlich unbeschränkte (sogenannte "Dauermärkte"), aber auch für
eine zeitlich begrenzte Zeit bestehen (vgl. Heitz, a. a. O., S. 88 f.). Im Fall betreffend Betonsanierung
der Landesbibliothek ging die Weko davon aus, der Wettbewerb beginne auf dem Submissionsmarkt mit der
Ausschreibung und ende mit dem Vertragsschluss. Der effektive Wettbewerb finde im Stadium vor der Einreichung
der Offerten statt. Dem Submissionsmarkt gehörten diejenigen Unternehmen an, die am Vergabeverfahren
teilgenommen und innert Frist eine Offerte eingereicht haben. Die übrigen Anbieter, die auf die
Einreichung einer Offerte verzichtet haben, beteiligten sich nicht am öffentlichen Submissionsverfahren.
Jeder öffentliche Auftrag könnte so gesehen als eigener Markt mit beschränkter Dauer betrachtet
werden (vgl. Heitz, a. a. O., S. 88 f.; Christ, a.a.O., Rz. 307 ff.).
Je nach Art und Charakteristik
der Beschaffungsgegenstände können die betroffenen Märkte im Falle von Submissionsabsprachen
zeitlich in unterschiedlichem Umfang bestehen. Neben einmaligen oder wiederkehrenden Kurzzeitmärkten,
ist es - je nach den konkreten Umständen und wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen - denkbar,
auch von einem eigentlichen Dauermarkt, mithin von einem Dauer-Submissionskartell auszugehen (vgl. auch
Krauskopf/Schaller, a. a. O., Rz. 146 und 147 ad Art. 5
KG).
Für die Abgrenzung des sachlich
relevanten Markts ist die Weko in casu vorerst von zwei Märkten ausgegangen: Dem Markt für
Belagsproduktion einerseits und dem Markt für Strassen- und Belagsbau andererseits. Beim ersten
Markt ist zu berücksichtigen, dass die Auftraggeber aufgrund der Gesamtofferte die Strassenbauunternehmung
und das Belagswerk wählen, denn in der Gesamtofferte werden neben den Strassenbauarbeiten auch die
Preise für das Mischgut verrechnet. In diesem Markt stehen sich die Anbieter von Mischgut, die Strassenbaufirmen
(als direkte Abnehmer) und die öffentlichen Auftraggeber als Nachfrager gegenüber. Der Markt
für Strassen- und Belagsbau umfasst nach Praxis der Weko (
RPW 2007/1 S. 105) alle mit dem Einbau
von Schwarzbelag zusammenhängenden Arbeiten, wie etwa Terrainvorbereitung, Belagseinbau und Unterhalt.
Es stehen sich primär die Strassenbaufirmen als Anbieter und zum grösseren Teil die öffentlichen
Vergabestellen als Nachfrager gegenüber. Der Ansatz, wonach jede Submission als ein eigener relevanter
Markt mit beschränkter Dauer zu betrachten ist, kann im vorliegenden Fall keine praktische Bedeutung
erlangen. Die Beschaffungsstellen des Kantons Tessin schreiben laufend Strassenbauprojekte aus. Die Submittenten
und Anbieter stehen demnach nicht nur punktuell zwischen Beginn der Ausschreibung und Vertragsschluss
in Konkurrenz zueinander, sondern auch zwischen den einzelnen Ausschreibungen. Ebenfalls ist in Betracht
zu ziehen, dass die Marktgegenseite auch private Auftraggeber auf der Bieterseite aufweisen kann.
9.1.2
Der räumlich relevante Markt umfasst gemäss Art. 11 Abs. 3 Bst. b VKU das Gebiet, in welchem
die Marktgegenseite die den sachlichen Markt umfassenden Waren oder Leistungen nachfragt oder anbietet.
Dabei gilt es, zwei Faktoren zu berücksichtigen: die Ortszugehörigkeit der gemäss Ausschreibung
teilnahmeberechtigten Anbieter und die im konkreten Fall nachgefragten Waren oder Dienstleistungen (vgl.
HEITZ, a.a.O., S. 87 f.; CHRIST, a.a.O., Rz. 305 f.).
Die Weko hat den Markt für Belagsproduktion
zurecht mindestens kantonal abgegrenzt, da die Strassenbauunternehmen darauf angewiesen sind, das Material
für den Strassenbelag von einem Belagswerk zu beziehen, das sich in der Nähe der Baustelle
befindet. In Anbetracht dessen, dass das bituminöse Mischgut ein rasch verderbliches Produkt ist,
ist davon auszugehen, dass alle Belagswerke, die im Umkreis von etwa fünfzig Kilometern um den Ort
der Leistung liegen, grundsätzlich zum räumlich relevanten Markt gehören (vgl. CHRIST,
a. a. O., Rz. 305).
Aufgrund der besonderen Beschaffenheit des bituminösen Mischguts sind den
Strassenbauunternehmen in der Wahl des Belagswerks Grenzen gesetzt. Ein Bezug bei Belagswerken in den
benachbarten Kantonen oder dem grenznahen Italien (Lombardei) ist insofern schwer vorstellbar, als die
notorisch bekannten Verkehrsprobleme am Gotthardtunnel und beim Grenzübergang Schweiz/Italien bzw.
die nicht immer freien Zufahrten zu den Alpenpässen eine umgehende Lieferung des bituminösen
Mischguts nicht gewährleisten können. Unter diesem Gesichtspunkt wird ersichtlich, warum -
abgesehen von wenigen Ausnahmen - weder italienische noch ausserkantonale Strassenbauunternehmen während
der untersuchten Periode eine ins Gewicht fallende Tätigkeit im Kanton Tessin wahrgenommen haben.
So konnte die Weko festhalten, dass z. B. das bündnerische Belagswerk Giudicetti SA aus Lostallo
trotz seiner geographischen Nähe bis Ende März 2005 nie Mischgut in den Kanton Tessin geliefert
hatte.
Schliesslich hat die Weko gestützt auf ihre Praxis festgehalten, dass der Markt für
Strassen- und Belagsbau ein regionaler bis nationaler Markt sei. Nicht anders verhält es sich im
vorliegenden Fall. Die Konvention selbst geht für sich von einem örtlichen Geltungsbereich
aus, der ihre Anwendung auf den Kanton Tessin beschränkte. Dies indem sie die Teilnahme an der Konvention
allen Strassenbauunternehmen vorbehält, die im Handelsregister eingetragen und der ATIPS beigetreten
sind (Art. 1). Bei den im Anhang zur Konvention aufgeführten Unternehmen handelt es sich ausschliesslich
um Tessiner Strassenbaufirmen, die während der Beobachtungsperiode im Kanton Tessin auch effektiv
tätig waren. Die Definition des räumlich relevanten Markts gemäss Konvention deckt sich
im Ergebnis mit den Schlussfolgerungen der Ermittlungen der Vorinstanz. Aus den Erhebungen der Weko geht
hervor, dass - abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen - weder italienische noch ausserkantonale Strassenbaufirmen
in der Beobachtungsperiode im Kanton Tessin tätig waren. Im Zusammenhang mit den Ausnahmen verwies
die Weko auf ein italienisches Strassenbauunternehmen, welches sich mit einem Schweizer Unternehmen zu
einem Konsortium zusammengeschlossen und an einem Submissionverfahren im Kanton Tessin teilgenommen hatte.
Die Offerte dieses Konsortiums wurde aber nicht berücksichtigt. Nach dem Gesagten vermag der erfolglose
Markteintritt eines italienischen Strassenbauunternehmens die Ausführungen der Weko zur Abgrenzung
der räumlich relevanten Märkte jedoch nicht in Frage zu stellen.
9.1.3 Als Zwischenresultat
ergibt sich, dass die von der Weko vorgenommene Marktabgrenzung zu keinen Beanstandungen Anlass gibt.
9.2
Die Frage nach der Wirksamkeit des aktuellen und potentiellen Aussen- bzw. Innenwettbewerbs ist grundsätzlich
mit Bezug auf jeden relevanten Markt getrennt zu untersuchen. Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse
zwischen den Belagswerken und den Strassenbauunternehmen (ein Grossteil der Strassenbaufirmen waren Aktionäre
der Belagswerke) scheint die Weko bei der Beurteilung dieser Frage beide Märkte gleichzeitig berücksichtigt
zu haben. Das ist insofern vertretbar, als davon auszugehen ist, dass das Marktverhalten der Belagswerke
aufgrund der Beteiligungsverhältnisse durch die Absprache bestimmt wurde und dem Markt für
Strassen- und Belagsbau untergeordnet war. Es kann daher offen bleiben, ob und inwiefern eine separate
Beurteilung des Markts für Belagsproduktion bei der Prüfung der Frage der Wirksamkeit des aktuellen
und potentiellen Aussen- bzw. Innenwettbewerbs angezeigt und erforderlich gewesen wäre.
9.2.1
Ein funktionierender Aussenwettbewerb liegt vor, wenn es Unternehmen gibt, die nicht an der Abrede beteiligt
sind und damit so viel Konkurrenz schaffen, dass ein wirksamer Wettbewerb nicht als beseitigt erscheint
(BGE
129 II 18, E. 8.1). Dabei ist neben der disziplinierenden Wirkung der tatsächlichen (aktuellen)
auch diejenige der potenziellen Konkurrenz zu berücksichtigen (vgl. Borer, a.a.O., Rz. 29 ad Art.
5
KG; Hoffet, a.a.O., Rz. 129 ad Art. 5
KG).
Ob und wie stark der Aussenwettbewerb durch Absprachen
beeinträchtigt wird, bestimmt sich nach der Struktur des konkreten Markts. Ausschlaggebend für
die Marktstruktur ist die Frage, in welchem Verhältnis die Anzahl der absprachegebundenen Teilnehmer
zur Anzahl der nicht absprachegebundenen Teilnehmer steht (vgl. HEITZ, a.a.O., S. 97 f.; CHRIST, a.a.O.,
Rz. 360 ff.).
Im vorliegenden Fall hatten 17 der damals 18 im Kanton Tessin im Strassenbau aktiven
Unternehmen an der Konvention teilgenommen. Unter dem Aspekt, dass nicht nur wenige Marktteilnehmer,
sondern fast die Gesamtheit der Akteure auf dem relevanten Markt die Abrede mitgetragen haben, liegt
es auf der Hand, dass praktisch kein wirksamer und funktionierender Aussenwettbewerb vorliegen konnte
(vgl. ZÄCH, Kartellgesetzrevision 2003, a.a.O., S. 28).
Hinsichtlich des aktuellen Aussenwettbewerbs
ist festzuhalten, dass zurzeit der Anwendung der Konvention keine aussenstehenden Unternehmen vorhanden
waren, welche das Verhalten der sich an der Absprache beteiligten Teilnehmer massgeblich beeinflussen
konnten. In der angefochtenen Verfügung nennt die Weko die Firma Mutti G. & Co. und das Strassenbauunternehmen
C. P. A. Costruzioni Pavimentazioni e Asfalti SA als die einzig in Frage kommenden aktuellen Konkurrenten.
Entsprechend den nachvollziehbaren Erhebungen der Vorinstanz ist allerdings davon auszugehen, dass die
Firma Mutti G. & Co. weder über eine eigene Produktionsanlage noch über die notwendigen
Maschinen für die Durchführung grosser Belagsarbeiten verfügte. Das Strassenbauunternehmen
C. P. A. Costruzioni Pavimentazioni e Asfalti SA wurde indessen erst im März 2005 gegründet,
als die Abrede bereits aufgelöst war. Da die Firma Luongo SA an den wöchentlichen Sitzungen
nicht teilnahm, könnte sie als aussenstehendes Unternehmen in die Analyse des aktuellen Aussenwettbewerbs
mit einbezogen werden. Die Ausführungen des Kantons Tessin in der Stellungnahme zur Beschwerde lassen
allerdings darauf schliessen, dass die Firma Luongo SA eine bescheidene Struktur aufwies, die nicht mit
derjenigen der an der Konvention beteiligten Unternehmen verglichen werden kann, weshalb davon auszugehen
ist, dass sie allein das Verhalten der Absprecher nicht wesentlich beeinflussen konnte.
Bezüglich
des potentiellen Aussenwettbewerbs ist anzumerken, dass während der Beobachtungsperiode keine neuen
Strassenbauunternehmen in den Markt eingetreten waren, welche die an der Konvention beteiligten Unternehmen
zu einem wettbewerbskonformen Verhalten hätten disziplinieren können. Gemäss den Erhebungen
der Weko ist davon auszugehen, dass das in Lostallo ansässige Bündner Unternehmen Giudicetti
bis Ende 2005 kein bituminöses Mischgut in den Kanton Tessin geliefert hatte. Der Umstand, dass
eine italienische Firma in Arbeitsgemeinschaft mit einem schweizerischen Unternehmen an einem Submissionsverfahren
betreffend Strassenbauarbeiten teilgenommen hat, genügt für sich allein nicht, um den Einfluss
der Abrede auf den Wettbewerb in Frage zu stellen (vgl. vorne E. 9.1.2 i.f.). Aus den anlässlich
der Untersuchung eingegangenen Antworten ergibt sich, dass sich die in Italien oder in anderen Kantonen
domizilierten Firmen aus sprachlichen Gründen, wegen der Distanz und der Transportkosten und nicht
zuletzt aufgrund der bestehenden Überkapazitäten keinen Zutritt zum Tessiner Markt verschafft
hatten. Die angeblichen potentiellen Konkurrenten sahen insofern keine Gelegenheit, in die Handlungen
der sich abgesprochenen Unternehmen einzugreifen, und waren nicht imstande, auf diese einen genügenden
Wettbewerbsdruck auszuüben. Dass drei von fünf der befragten italienischen Unternehmen einen
Eintritt in den Tessiner Markt für möglich gehalten haben mögen, wie die Beschwerdeführerin
geltend macht, vermag nichts am Umstand zu ändern, dass in casu aufgrund genügender Indizien
vom Nichtvorliegen eines wirksamen potentiellen Aussenwettbewerbs auszugehen ist.
Nach dem Gesagten
ist festzuhalten, dass die Vorinstanz die Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs zurecht
nicht mit dem Argument, es habe ein wirksamer aktueller und potentieller Aussenwettbewerb bestanden,
als widerlegt betrachten konnte.
9.2.2 Der Innenwettbewerb ist der zwischen den an der Abrede beteiligten
Unternehmen bestehende Wettbewerb. Ein funktionierender Innenwettbewerb liegt vor, wenn die Abrede in
Wirklichkeit gar nicht befolgt wird, oder wenn trotz der die Vermutung begründenden Absprache bezüglich
einzelner Wettbewerbsparameter aufgrund anderer Faktoren ein wirksamer Wettbewerb fortbesteht, namentlich
durch den Nachweis eines funktionierenden Beratungs-, Service- oder Qualitätswettbewerbs (BGE
129
II 18 E. 8.1).
9.2.2.1 Mit Bezug auf den Innenwettbewerb ist zu bemerken, dass der Strassenbaumarkt
im Kanton Tessin während der Beobachtungsperiode systematisch unter den an der Konvention beteiligten
Unternehmen aufgeteilt wurde, indem diese anlässlich der wöchentlichen obligatorischen Sitzungen
das den Zuschlag erhaltende Unternehmen bzw. den Preis seiner Offerte im Voraus bestimmten. Aufgrund
der Erhebungen der Weko muss davon ausgegangen werden, dass beinahe sämtliche untersuchten, im Strassenbau
aktiven Unternehmen (mit Ausnahme der Luongo SA) den während der Sitzungen gefassten Beschlüssen
im Sinne der Konvention effektiv Folge geleistet haben. Die Beteiligung an der Konvention und deren Einhaltung
durch sämtliche Tessiner Strassenbaufirmen konnten daher einen funktionierenden Innenwettbewerb
verhindern, wie dies die nachfolgenden Erwägungen zeigen.
9.2.2.2 Die Beschwerdeführerin
bezieht sich auf Art. 32 des kantonalen Gesetzes über das öffentliche Auftragswesen vom 20.
Februar 2001 (LCPubb), um den Nachweis zu erbringen, dass im vorliegenden Fall ein ausreichender Restwettbewerb
aufgrund anderer Faktoren als dem Preis (Termin, Qualität, Betriebskosten) bestehen konnte. Dabei
verweist die Beschwerdeführerin auf den Fall der Buchpreisbindung, in welchem das Bundesgericht
die Relevanz nichtpreislicher Wettbewerbsparameter wie zum Beispiel die Qualität im Bereich Sortimentsbreite
und fachkundiger Beratung bejahte, da die Buchkundschaft offenbar weniger Wert auf tiefe Preise lege
(BGE
129 II 37 f. E. 8.3.2).
Für eine analoge Anwendung der Rechtsprechung in Sachen Buchpreisbindung
auf den vorliegenden - einen Submissionskartell betreffenden Fall - bestehen allerdings gewisse Zweifel.
Wie bereits erwähnt, erfasste die Konvention alle von einem öffentlichen Auftraggeber ausgeschriebenen
Arbeiten. Im Bereich der öffentlichen Beschaffungen und im Unterschied zum Buchmarkt erstreckt sich
der Wettbewerb grundsätzlich nur auf den Angebotspreis. Die übrigen Faktoren sind praktisch
einem Wettbewerb entzogen, weil sie vom öffentlichen Auftraggeber im Leistungsverzeichnis gemäss
Ausschreibung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen im Voraus bestimmt wurden (vgl. Heitz, a.a.O., S.
98; Christ, a.a.O., N 374). Im Vergaberecht des Bundes kann der Zuschlag für weitgehend standardisierte
Güter auch ausschliesslich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen (Art. 21 Abs. 3
des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [
BöB],
SR
172.056.1). Es ist davon auszugehen, dass Strassenbelagsarbeiten in der Regel nicht die Komplexität
haben, bei welcher die Preisabrede aufgrund der Bedeutung von Qualität oder anderen Kriterien signifikant
relativiert werden würde (vgl. Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts
B-3311/2009 vom 16.
Juli 2009, E. 6.3 ff. insbesondere 6.6). Mit Bezug auf den konkreten Fall ergibt sich aus den unbestrittenen
Ermittlungen der Weko und der Stellungnahme des Kantons, dass der zweitbilligste Offerent oft mehr als
5 % teurer als der Gewinner der Ausschreibung war sowie dass die Offerten der teureren Anbieter oftmals
weniger detailliert und lückenhaft waren. Daraus wird ersichtlich, dass der Preis den entscheidenden
Faktor auf dem relevanten Markt darstellte.
Wird eine Preisabsprache getroffen, so haben die an
der Abrede Beteiligten praktisch keinen Einfluss mehr auf den Wettbewerbsparameter Preis. Wie bereits
erörtert, verhält es sich im Vergaberecht so, dass der Auftraggeber die meisten Wettbewerbsfaktoren
im Leistungsverzeichnis im Voraus bestimmt, mit Ausnahme des Parameters Preis. Es liegt auf der Hand,
dass durch die Preisabsprache die Handlungsfreiheit der Unternehmen, die sogenannte stützende bzw.
Scheinangebote einreichen oder auf die Einreichung einer Offerte verzichten, komplett beseitigt sein
dürfte. Eine Abrede, die den Preis des den Zuschlag erhaltenden Angebots bestimmt und mittels eines
Verteilschlüssels in der Lage ist, den Zuschlag auf den zum Voraus bestimmten Empfänger zu
lenken, ist ebenfalls geeignet, die Handlungsfreiheit der an der Abrede beteiligten Unternehmen auszuschalten
(vgl. Heitz, a.a.O., S. 98; Christ, a.a.O., Rz. 374).
Der Umstand, dass praktisch alle im Kanton
Tessin tätigen Strassenbauunternehmen der Abrede beigetreten waren und ein Grossteil dieser Firmen
aufgrund der Grösse und der wirtschaftlichen Bedeutung einen beträchtlichen Marktanteil hielten,
stellt ein erdrückendes Indiz für die Annahme dar, dass der Wettbewerb auf dem relevanten Markt
beseitigt gewesen sein dürfte. Die öffentlichen Auftraggeber (Kanton und Gemeinden) konnten
nicht auf Angebote ausweichen, welche unabhängig von der Konvention erstellt worden waren. Aus ihrer
nicht zu beanstandenden Sachverhaltsfeststellung durfte die Weko ohne weiteres schliessen, dass die Abhängigkeit
der Strassenbauunternehmen von der Konvention die Bildung eines wirksamen Innenwettbewerbs verhindere
und dazu beitrage, das Preisniveau der Aufträge aufgrund des fehlenden Wettbewerbsdrucks zu verfälschen.
9.2.2.3
Die Beschwerdeführerin erachtet die Feststellung der Weko als falsch, wonach der wirksame Wettbewerb
als beseitigt gelte, wenn lediglich 60 % des relevanten Markts von der Abrede erfasst seien. Sie geht
davon aus, dass der Wettbewerb bei 40 % Restwettbewerb nicht beseitigt sei und verweist hierzu auf in-
und ausländische Doktrin sowie auf einen Entscheid der Weko in Sachen Fahrlehrer Graubünden,
der den Wettbewerb nicht als beseitigt betrachtet habe, obwohl bis 74 % des Markts die vorgegebenen Preise
eingehalten habe.
Um die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs zu widerlegen, genügt
es nicht, das Vorliegen irgendeines Restwettbewerbs nachzuweisen. Gegenstand des Nachweises ist das Vorliegen
wirksamen Wettbewerbs trotz der vermutungsbegründenden Abreden (vgl. Zäch, Kartellgesetzrevision
2003, S. 28). Mit ihrer Rüge übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Vermutung der
Beseitigung wirksamen Wettbewerbs nicht allein durch pauschale Hinweise auf den jeweiligen Marktanteil
widerlegt werden kann. Die Weko hat nicht nur den Marktanteil, sondern auch die Marktverhältnisse,
die Marktstruktur und die Umstände des Einzelfalls in ihre Analyse miteinbezogen. Sie hielt fest,
dass zwischen 1999 und 2003 mindestens 62 % der vergebenen Aufträge gemäss dem Konventionsmechanismus
verteilt wurden. Unter Berücksichtigung der folgenden Aspekte lässt sich vorstellen, dass dieser
Durchschnittswert noch höher ausgefallen wäre. Aufträge oberhalb von Fr. 1 Mio. bzw. Aufträge,
die Strassenbauarbeiten neben noch zusätzlichen anderen Aufträgen umfassten (sogenannte gemischte
Aufträge), wurden nicht zu 100 % den Kontingenten zugerechnet (Gemäss Ziffer 10 der Konvention
wurden Arbeiten mit Naturstein zu 50 % und Abdichtungsarbeiten zu 25 % verrechnet). Unter Hinweis auf
Ziffer 8 der Konvention erkannte die Weko, dass Angebotspreise, die nicht innerhalb zwei Monaten nach
der Zuteilung zu einem Auftrag führten, von den Kontingenten abgezogen wurden. Diese sogenannten
pendenten Arbeiten wurden in einer entsprechenden Liste aufgenommen und belaufen sich auf Fr. 10,6 Mio.
für 2002, auf Fr. 27,8 Mio. für 2003 und auf 5,3 Mio. für 2004. Unter Einbezug der pendenten
Arbeiten wurden zwischen 1999 und 2003 auf dem relevanten Markt durchschnittlich 72 % der Aufträge
über das in der Konvention verankerte Rotationssystem zugeteilt. Entgegen der Behauptung der Weko
kann dahingestellt bleiben, ob auch die nicht unter den Anwendungsbereich der Konvention fallenden Aufträge
(es handelt sich dabei bloss um private Aufträge unterhalb von Fr. 20'000.-) ebenfalls zu einem
höheren Durchschnittswert der vergebenen Aufträge hätten führen können. Es ist
davon auszugehen, dass solche Aufträge nur eine geringe oder zumindest vernachlässigbare Rolle
für die Verteilung der Aufträge gespielt haben dürfen.
Diesen Ermittlungen der Weko
lässt sich der Schluss entnehmen, dass der relevante Markt in beträchtlicher Art und Weise
von der Konvention beeinflusst war und dass die in den Geltungsbereich der Konvention fallenden Aufträge
in Abhängigkeit vom vorgesehenen Rotationssystem vergeben wurden. Gemäss Tabelle 3 in der angefochtenen
Verfügung ist zudem davon auszugehen, dass sich die durch das Rotationssystem tatsächlich erzielte
Aufteilung des Markts und die in der Konvention vorgesehene nur gering unterschieden (+/- 0,5 %). Unter
diesen Umständen mag es vielleicht naheliegen, dass Aufträge, die nicht im Rahmen des Rotationssystems
vergeben wurden, ebenfalls nach dem Konventionsmechanismus vergeben wurden, da die Preisunterschiede
zwischen den abgesprochenen und den nicht abgesprochenen Aufträgen zur Aufdeckung der abgesprochenen
Aufträge hätten beitragen können. Diese Frage kann aber offen bleiben, weil die Gesamtergebnisse
der Untersuchung bereits genügend Anhaltspunkte dafür liefern, dass die Konventionsordnung
keinen Raum für einen wirksamen Restwettbewerb liess.
Aus dem Hinweis auf die Untersuchung
der Weko im Fall der Fahrlehrer im Kanton Graubünden kann die Beschwerdeführerin nichts zu
ihren Gunsten ableiten. Im Fall Fahrschule Graubünden erkannte die Wettbewerbskommission, dass noch
bei einer Bindung von 72 % des relevanten Markts wirksamer Aussenwettbewerb bestehen könne (
RPW
2003/2, 283-287 Rz. 50-64). Dabei verhielt es sich so, dass 39 Fahrlehrer eines Verbands einer (aufgehobenen)
Verbands-Preisempfehlung in einer Spannbreite von +/- 5 % gefolgt waren, wohingegen fünf unabhängige
Fahrlehrer und zehn dem Verband angeschlossene Fahrlehrer eine davon unabhängige Preispolitik verfolgten.
Die Weko kam damals zur Erkenntnis, dass trotz eines Marktanteils der untersuchten Abrede von 74 % noch
Aussenwettbewerb durch diese drei erwähnten Kategorien von Konkurrenten erfolgen könne. Eine
solche Ausgangslage ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Mit ihrer Rüge, die Weko
habe die Marktanteile aufgrund einer durchschnittlichen Erfassung der Zeitperioden (1999-2003) und nicht
anhand einer isolierten Betrachtung jedes einzelnen Jahres (zumindest der Jahre 2001, 2003 und 2004)
beurteilt, stösst die Beschwerdeführerin insofern ins Leere, als das von der Abrede vorgesehene
Rotationssystem langfristig angelegt war. Die Weko hat für die Jahre 1999 bis 2003 die anteilmässige
Verteilung der Umsätze durch das Rotationssystem im Hinblick auf jedes einzelne Jahr separat wiedergegeben.
Innerhalb dieser Periode wurden in den Jahren 1999, 2000 und 2002 83 %, 70 % und 81 % der Auftragsvolumina
mit dem Rotationssystem zugeteilt. In den Jahren 2001 und 2003 betrugen die Werte 47 % bzw. 32 %. Diese
Schwankungen führte die Weko darauf zurück, dass die Aufträge den Kontingenten und den
Erfolgsrechnungen der Unternehmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zugerechnet wurden bzw. dass nicht
alle von der Konvention erfassten Aufträge zu 100 % zu den Kontingenten zugeteilt wurden. Die von
der Weko angeführten Gründe für die Umsatzschwankungen lassen sich ohne weiteres nachvollziehen.
Die gleiche Vereinbarung wurde über Jahre von den gleichen Kontrahenten angewendet. Daher erscheint
eine durchschnittliche Erfassung der Auftragsvolumina mit Blick auf die gesamte Beurteilungsperiode gerechtfertigt.
Ihrerseits tut die Beschwerdeführerin nicht dar, warum und mit welchen Konsequenzen sich vorliegend
eine separate Beurteilung der einzelnen Jahre der Beobachtungsperiode aufgedrängt hätte. Allein
aufgrund der Unterschiede in den Jahresprozentanteilen drängt sich eine separate Beurteilung nicht
auf, zumal die technische Ausgestaltung der Abrede wie erwähnt darauf ausgelegt ist, einen länger-
oder mittelfristigen Ausgleich entsprechend den vereinbarten Kriterien zu erreichen.
9.2.2.4 Als
Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Weko aufgrund ihrer Ermittlungen zurecht davon ausgehen konnte,
dass trotz Konvention kein wirksamer Innenwettbewerb vorgelegen hatte. Mit ihren Rügen vermochte
die Beschwerdeführerin nicht darzulegen, dass die Abrede von den Beteiligten nicht eingehalten wurde,
dass diese keine Auswirkungen auf dem relevanten Markt verursacht hatte und nicht marktabdeckend war.
Die Beschwerdeführerin kann die Vermutung auch nicht mit dem Argument widerlegen, auf dem betreffenden
Markt habe aufgrund anderer Wettbewerbsparameter, trotz Ausschaltung des Wettbewerbsparameters Preis,
immer noch wirksamer Wettbewerb bestanden. In diesem Sinne durfte der Konvention die Beseitigung wirksamen
Wettbewerbs attestiert werden, mit der Folge, dass diese als unzulässig und schädlich erachtet
werden muss.
9.2.3 Die Beschwerdeführerin bringt im Zusammenhang mit der Widerlegbarkeit der
Vermutung weiter vor, dass die Weko die Schädlichkeit der Abrede nicht geprüft habe. Sie ist
der Ansicht, dass die gemäss Konvention kalkulierten Offertpreise den Marktpreisen entsprächen,
was gegen die Schädlichkeit der Abrede spreche. Die Weko habe es unterlassen, den Marktpreis anhand
der Kosten- bzw. Vergleichsmarktmethode zu ermitteln. Jedenfalls habe die Beschwerdeführerin während
der Dauer der Abrede im Bereich Strassenbelagsarbeiten keinen Gewinn und auch keine Monopolrente erwirtschaftet.
Des Weiteren rügt die Beschwerdeführerin, die Weko habe eine falsche Schlussfolgerung betreffend
das Preisniveau gezogen, da sie nicht belegt habe, warum sie die aktuellen Preise, die 20-40 % unter
denjenigen von 2005 gelegen hätten, als marktkonform erachte. Stattdessen erleide die Beschwerdeführerin
seit 2005 erhebliche Verluste und die Unternehmen sprächen nur noch vom ruinösen Wettbewerb
aufgrund der nicht kostendeckenden Preise.
9.2.3.1 Die Kosten- und die Vergleichsmarktmethode werden
in der Regel zur Ermittlung des angemessenen Preises im Rahmen von Untersuchungen betreffend unzulässige
Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen gemäss Art. 7
KG herangezogen (vgl. ROBERTO DALLAFIOR,
in: Homburger/Schmidhauser/Hoffet/Ducrey [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Art. 7
Rz. 116 f.;
RPW 2007/2, S. 241 ff.). Da die Weko in casu die Untersuchung nur auf das Vorliegen von Abreden
nach Art. 5 Abs. 3
KG einschränkte, erwies es sich als nicht mehr erforderlich, die Angemessenheit
der offerierten Preise zu prüfen. Selbst in der Annahme, dass die Ermittlung der angemessenen Preise
anhand der genannten Methoden auch in der hier zu beurteilenden Untersuchung hätte vorgenommen werden
können, kann die Beschwerdeführerin aber nichts zu ihren Gunsten ableiten. Ihre Behauptung,
wonach die Vorinstanz in Anwendung der Kostenmethode hätte erkennen können, dass sie keinen
Gewinn erwirtschaftet und keine Monopolrente erzielt habe, fällt nicht ins Gewicht. Denn der Umstand,
dass der Gewinn ausgeblieben ist, vermag nicht aufzuzeigen, dass die Abrede keine schädlichen Auswirkungen
gezeitigt hat (vgl. hinten E. 9.2.3.2). Indessen konnte die Weko aufgrund der Analyse der Konvention
und deren effektiven Anwendung auf dem sachlich relevanten Markt darauf schliessen, dass die vorliegende
Abrede den wirksamen Wettbewerb beseitigt hatte und schädlich war. Die Schädlichkeit der Konvention
lag im fehlenden Rationalisierungsdruck und in der Aufrechterhaltung ineffizienter Strukturen. Im Rahmen
des Rotationssystems konnten auch diejenigen Unternehmen, die hohe strukturelle Kosten aufwiesen, Aufträge
erhalten. Ihre Angebote waren so konzipiert, dass der Angebotspreis auch ihre eigenen hohen strukturellen
Kosten decken konnte. Mit dem Beitritt zur Konventionsordnung wurden diejenigen Unternehmen, die günstigere
Preise hätten offerieren können, aber davon abgehalten, tiefere Angebotspreise einzureichen.
9.2.3.2
Hinsichtlich des Preisniveaus äusserte sich die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung
dahingehend, als der unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommene Preis nichts über die Kostendeckung
aussage. Der Markt bestimme bei funktionierendem Wettbewerb die Preise. Es sei weder Absicht noch Aufgabe
der Wettbewerbsbehörde, auf dem Markt regulierend einzugreifen und die Angemessenheit der Preise
zu überprüfen. Diesen Ausführungen der Vorinstanz hat das Bundesverwaltungsgericht nichts
beizufügen.
Zudem haben die Resultate der Untersuchung nachvollziehbar ergeben, dass die Offertpreise
vor Auflösung der Abrede höher als die Kostenvoranschläge des Kantons lagen, währenddem
sie ab 2005 merklich darunter waren. Erfahrungsgemäss ist ein von einer öffentlichen Vergabestelle
erstellter Kostenvoranschlag zur Schätzung der Auftragswerte eher (vorsichtig) hoch kalkuliert (vgl.
Peter Galli/André Moser/Elisabeth Lang/Evelyne Clerc, Praxis des öffentlichen Beschaffungrechts,
zweite Auflage 2007, 1. Band: Landesrecht, N 183 sowie den auf Internet abrufbaren Zwischenentscheid
des Bundesverwaltungsgerichts
B-4657/2009 vom 6. August 2009 E. 6.6). Es kann offen bleiben, ob und inwiefern
der kantonale Auftraggeber die Kostenvoranschläge lege artis erarbeitet hat. Ausschlaggebend ist
vielmehr der Umstand, dass ab 2005 signifikante Schwankungen der Offertpreise eingetreten sind. Wie die
Vorinstanz zutreffend erkennt, sind solche Schwankungen der Offertpreise als Indiz dafür zu werten,
dass die Unternehmen nach der Auflösung der Konvention den Wettbewerbsdruck zu spüren bekamen
bzw. dass ab 2005 eine Phase der Marktumstrukturierung und Strukturbereinigung eingesetzt hatte. Dieser
Aspekt lässt sich unter anderem durch den Umstand konkretisieren, dass die Unternehmen ab 2005 neu
den Lieferanten-Rabatt von ihren Offerten abziehen, was zurzeit der Anwendung der Abrede nicht geschehen
sei (vgl. Stellungnahme des Dipartimento del territorio vom 31. Oktober 2008).
Die Vorbringen der
Beschwerdeführerin hinsichtlich des angeblich ruinösen Preiswettbewerbs müssen in mehrfacher
Art relativiert werden. Wie die Weko in der angefochtenen Verfügung und in der Vernehmlassung zurecht
festhält, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Preise, die in einer Wettbewerbsordnung
entstehen, nicht zwangsläufig kostendeckend sein müssen. Das gilt auch in einer Phase der Strukturbereinigung
und des Abbaus von Kapazitäten, welche mit der Auflösung der Wettbewerbsabrede tendenziell
einhergeht. Des Weiteren lässt sich der Stellungnahme des Kantons entnehmen, dass die an der Abrede
beteiligten Unternehmen zur Zeit der Stellungnahme immer noch aktiv waren, mit Ausnahme einer einzigen
Firma, die sich in Liquidation befand. Schliesslich ergibt sich aus einer Untersuchung des Bundesamts
für Statistik zur Entwicklung der Baupreise im Zeitraum Oktober 1998 bis April 2007 (Beilage zur
Vernehmlassung der Weko), dass die Durchschnittspreise für den Neubau von Strassen im Kanton Tessin
ab 2002 gesamtschweizerisch gesehen die höchsten waren.
Die Anwendung der Vergleichsmarktmethode
wurde von der Weko am Anfang der Untersuchung zwar ins Auge gefasst, jedoch nach Einreichung der Konvention
und Erhalt der 20 9 Tabellen, welche die wöchentlichen Sitzungen der an der Absprache beteiligten
Unternehmen im Zeitraum 1999 bis 2003 dokumentierten, zurecht aufgegeben. Spätestens zu jenem Zeitpunkt
konnte die Weko davon ausgehen, dass eine unzulässige Wettbewerbsabrede vorlag und dass die daran
beteiligten Unternehmen diese auch in der Praxis umgesetzt hatten.
9.2.3.3 Mit dem Argument, die
Weko habe die Schädlichkeit der Abrede nicht geprüft und falsche Schlussfolgerungen betreffend
das Preisniveau gezogen, kann die Beschwerdeführerin die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs
nicht umstossen.
9.2.4 Die Beschwerdeführerin bringt sinngemäss vor, die Vermutung der
Beseitigung wirksamen Wettbewerbs könne durch die starke Marktgegenseite des Kantons als öffentlicher
Auftraggeber umgestossen werden. Sie bemängelt, dass sich die Weko mit der Stellung des Kantons
nicht auseinandergesetzt habe. Der Kanton habe mit seinem Verhalten die Beschwerdeführerin sowie
die untersuchten Unternehmen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen veranlasst.
Hierzu ist erstmal
anzumerken, dass zur Vermutungswiderlegung gemäss Art. 5 Abs. 3
KG an sich nur der Nachweis genügt,
dass auf dem relevanten Markt noch Innen- oder Aussenwettbewerb hinsichtlich des von der Abrede betroffenen
Wettbewerbsparameters besteht. Sofern kein wirksamer Restwettbewerb vorliegt, kann in das Prüfungsschema
zur Widerlegung der Vermutung ebenfalls die Frage miteinbezogen werden, ob die Stellung der Marktgegenseite
disziplinierend auf die Parteien der Wettbewerbsabrede wirkt. Ist die Marktgegenseite nicht in der Lage,
auf die an der Abrede Beteiligten Wettbewerbsdruck auszuüben, so kann die durch die Abrede herbeigeführte
Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs nicht umgestossen werden (vgl. zum Ganzen: Krauskopf/Schaller,
a. a. O., Rz. 455 und 241 ad Art. 5
KG; Zäch, Schweizerisches Kartellrecht, a.a.O., N. 434 i. f.).
Sofern
die Beschwerdeführerin die starke Marktgegenseite des Kantons als Argument zur Widerlegung der Vermutung
der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs anführt, kann auf ihre Rüge aufgrund des bisher Gesagten
näher eingegangen werden. Erblickt sie in der starken Marktgegenseite des Kantons indessen bloss
einen Rechtfertigungsgrund für die Preisabsprache sowie für die Absprache über die Aufteilung
des relevanten Markts unter Geschäftspartnern im Sinne der Konvention, so lässt sich ein solches
Argument angesichts der bisherigen Ausführungen nicht mit dem Prüfungsraster für die Widerlegbarkeitsprüfung
vereinbaren.
9.2.4.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1bis
KG gelten als Unternehmer sämtliche Nachfrager
oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts-
und Organisationsform. Damit wollte der Gesetzgeber auch die Nachfragemacht der öffentlichen Hand
den kartellrechtlichen Regeln unterstellen (vgl. Hubert Stöckli, Vergaberecht 2004 in: Zeitschrift
für Baurecht/Droit de la construction [BR], Sonderheft Vergaberecht 2004, S. 6). In Anbetracht dessen,
dass der öffentliche Auftraggeber im Baubereich den Grossteil der Aufträge vergibt und dass
die Anbieter an das vom Auftraggeber erstellte Leistungsverzeichnis gebunden sind (vgl. Christ, a.a.O.
S. 41), ist der Vorwurf einer marktmächtigen Stellung des Auftraggebers auf den ersten Blick nicht
ganz von der Hand zu weisen. Die Nachfragemacht des öffentlichen Auftraggebers führt jedoch
nur dann zu Problemen, wenn sie missbraucht wird. Einem solchen Fall sind kartellrechtliche Grenzen gesetzt
(Art. 7
KG; vgl. Zäch, Schweizerisches Kartellrecht, a. a. O., N 528).
Im Beschaffungswesen,
bei der Ausschreibung eines konkreten Auftrags, ergibt sich, je nach Marktsektor, oft und typischerweise
eine Situation von Marktmacht, bei der eine grössere Anzahl Anbieter einer geringen Zahl an Nachfragern
oder einem Nachfragemonopol gegenübersteht. Die objektiv an sich gegebene Ungleichgewichtssituation
zwischen Anbietern und Nachfrager kann im Bereich des Strassenbaus, wo die öffentliche Hand einen
bedeutenden Anteil der Nachfrage vertritt, akzentuiert in Erscheinung treten, ist jedoch systemimmanent
und wird bei Beschaffungen der öffentlichen Hand durch deren Bindung an die rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien
und die gemäss kantonaler Beschaffungsordnung einzuhaltenden Grundsätze wie Transparenz und
Gleichbehandlung weitgehend entschärft. Bei Verletzung dieser Garantien oder Grundsätze stehen
die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Rechtsmittel und -behelfe zur Verfügung. Im Übrigen
können sich Anbieter, die einem marktbeherrschenden Gemeinwesen gegenüberstehen, gegen allfällige
Missbräuche staatlicher Nachfragemacht wehren, indem sie dem Sekretariat der Weko eine Anzeige erstatten
(Art. 26 Abs. 1
KG), die gegebenenfalls zur Eröffnung einer kartellrechtlichen Untersuchung führen
könnte oder direkt den Kartellzivilrechtsweg (Art. 12 f
.
KG) beschreiten (vgl. Hubert Stöckli,
Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung, Freiburg 1999, S. 287).
Generell betrachtet birgt eine
Submission durch die Schaffung der genannten Ungleichgewichtssituation zwischen Anbietern und öffentlichem
Nachfrager auch gewisse Risiken für die Anbieter. Der Ausschreiber erhält mit der Submission
Informationen über den Markt und kann sich somit Transparenz verschaffen. Den Anbietern gehen indessen
derart genaue Marktkenntnisse ab. Sie sind in ihrer Wahl- bzw. Ausweichmöglichkeiten eingeschränkt,
weil sie weder die Preise noch die Lösung der Probleme mit anderen Anbietern vorab vergleichen können
(vgl. Christ, a.a.O., Rz. 205; Heitz, a. a. O, S. 41 f.). Bedenkt man noch, dass der Preis im Vergabeverfahren
ein massgeblicher Faktor darstellt, dann wird ersichtlich, dass die Anbieter unter einem gewissen Preisdruck
stehen können (vgl. Heitz, a.a.O., S. 41 f.). Die Anbieter könnten demnach in einem Submissionskartell
das geeignete Mittel sehen, um der Nachfragemacht bzw. dem Preisdruck etwas entgegen setzen zu können
(vgl. Heitz, a.a.O., S. 42).
9.2.4.2 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass 17 von 18 im Kanton
Tessin aktiven Strassenbauunternehmen durch Einhaltung der Konvention den Zuschlagsempfänger und
den Preis des für den Zuschlag vorgesehenen Angebots bzw. der sog. "Stützofferten"
bestimmt haben. Dem angeblichen Nachfragemonopol des kantonalen öffentlichen Auftraggebers stand
somit faktisch ein Angebotsmonopol gegenüber. Die durch die Abrede vermutungsweise herbeigeführte
Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs und die erfahrungsgemäss damit verbundenen tendenziell höheren
Preise dürften eine mögliche Nachfragemacht des Kantons erheblich abgeschwächt haben.
Immerhin
hat sich der kantonale Auftraggeber (und nicht die untersuchten Unternehmen) wegen der hohen Preise der
Aufträge im Strassenbausektor direkt an die Weko gewandt. Dies könnte wiederum als Indiz dafür
gewertet werden, dass die kantonale Vergabestelle nicht in der Lage war, das wettbewerbswidrige Verhalten
der Unternehmen zu disziplinieren.
9.2.4.3 Die Beschwerdeführerin leitet die (von ihr gemutmasste)
nachfragemächtige Stellung des Kantons aus Art. 9 des Strassengesetzes vom 2. März 1983 ab
(Legge sulle strade, Raccolta Leggi TI 7.2.1.2), in welchem die Zuständigkeit des Kantons Tessin
im Bereich des Strassenbaus verankert ist.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, wurden alle
Aufträge für die öffentlichen Ämter, alle anderen Aufträge ab Fr. 20'000.- und
andere Dienstleistungen für Dritte betreffend Strassenbelagsarbeiten von der Konvention erfasst
(Art. 5 Konvention). Bereits hieraus ist ersichtlich, dass die unter die Konvention fallenden Strassenbelagsarbeiten
nicht nur von öffentlichen, sondern auch von privaten Auftraggebern ausgeschrieben wurden. Beim
öffentlichen Auftraggeber müsste allerdings eine weitere Differenzierung vorgenommen werden.
Gemäss Art. 9 Abs. 1 des kantonalen Strassengesetzes wird der Kanton Tessin zwar als allein zuständig
für den Bau von Strassen erklärt. Jedoch ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 desselben Gesetzes,
dass der Kanton diese Kompetenz auch an die Gemeinden delegieren kann.
Die Beschwerdeführerin
weist zuerst allgemein auf die starke Stellung der Marktgegenseite im Sinne des kantonalen Auftraggebers
hin. Konkret bezieht sie sich nur und bloss in pauschaler Form auf Art. 9 des kantonalen Strassengesetzes,
ohne sich mit den zahlreich vorhandenen Bestimmungen auseinanderzusetzen, die auf die Strassenbautätigkeit
der Gemeinden schliessen lassen. Den bisherigen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass die
Strassenbauarbeiten von verschiedenen Auftraggebern der öffentlichen Hand (Kanton, Gemeinden, evtl.
Bund) und auch noch von Privaten und Dritten nachgefragt werden konnten. Daher waren die Marktanteile
der nachgefragten Aufträge unter zahlreichen Auftraggebern aufgeteilt. Weder aus den Akten noch
aus der Beschwerdebegründung ergeben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass der kantonale
Auftraggeber über einen derart signifikanten Marktanteil verfügen konnte, um eine disziplinierende
Wirkung auf die untersuchten Unternehmen auszuüben.
Dem Kanton eine nachfragemächtige
Stellung attestieren zu wollen, wie dies die Beschwerdeführerin tut, erweist sich mehr als fraglich.
In diesem Kontext ist in erster Linie die Frage entscheidend, ob das Verhalten des Kantons im Rahmen
der Widerlegung der Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs zu berücksichtigen ist und nicht,
ob seitens des Kantons eine Untersuchung wegen Missbrauchs einer marktmächtigen Stellung anzuheben
gewesen wäre.
9.2.4.4 Als weiterer Beweis für die starke Stellung der Marktgegenseite
des Kantons führt die Beschwerdeführerin zuerst den Umstand an, dass die kantonalen Behörden
im Jahr 1995 eine Ausschreibung wegen zu tiefer Offertpreise aufgehoben hätten. Dies reicht für
sich allein aus verschiedenen Gründen nicht aus, die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs
umzustossen.
Die Aufhebung der Ausschreibung, auf die die Beschwerdeführerin verweist, ist
bereits im Jahr 1995 erfolgt, d. h. 3 Jahre vor Abschluss der Konvention, so dass ein direkter Zusammenhang
zwischen diesen Ereignissen nicht naheliegt. Sodann trifft die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin
nicht ganz zu. Gemäss Stellungnahme des Kantons zum Verfügungsentwurf der Vorinstanz vom 8.
März 2006 wurde die Ausschreibung nicht wegen zu hoher Preise aufgehoben, sondern weil diese so
konzipiert war, dass ein korrekter Vergleich zwischen den Offerten unmöglich war. Insbesondere konnten
offenbar die Transportkosten nicht korrekt in den Offertpreisen erfasst werden. Dass die öffentliche
Hand an sich die Möglichkeit hat, unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Ausschreibung zurückzukommen,
ist öffentlich-rechtlich nicht zu beanstanden. Allein daraus kann die Beschwerdeführerin nichts
zu ihren Gunsten ableiten.
9.2.4.5 Die Beschwereführerin weist schliesslich auf die vom Kanton
verlangten Rabattforderungen nach Offerteingaben hin. In dieser Hinsicht ist der Stellungnahme des Kantons
zu entnehmen, dass Rabattforderungen lediglich in wenigen isolierten Fällen verlangt wurden und
eher die Ausnahme darstellten. Mit dieser Frage hat sich die Weko bereits in der angefochtenen Verfügung
auseinandergesetzt. Sie hält zurecht fest, Rabattforderungen nach Offerteingabe könnten im
Lichte von Art. 7 Abs. 2 Bst. c
KG (Erzwingung unangemessener Preise) problematisch werden. Wie bereits
erwähnt, ist die nachfragemächtige Stellung des öffentlichen Auftraggebers ein im öffentlichen
Beschaffungswesen generell anzutreffender Aspekt (vgl. vorne E. 9.2.4.1). Allein damit lässt sich
eine kartellrechtliche Verletzung im Sinne einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung aber
nicht rechtfertigen. Vielmehr müssten Anhaltspunkte vorliegen, die auf einen Missbrauch einer möglicherweise
marktbeherrschenden Stellung schliessen lassen. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn die kantonale
Vergabestelle die Wettbewerbsstruktur durch ihr Verhalten nachhaltig verändern oder Anbieter nachhaltig
schwächen kann (vgl. Wettbewerb und Vergaberecht - Wettbewerbspolitische Analyse des Vergaberechts
der Schweiz, insbesondere des Vergaberechts des Bundes, Bericht des Sekretariats der Wettbewerbskommission
zur Revision des Beschaffungsrechts,
RPW 2006/2, S. 404 f.). Vorliegend trifft das nicht zu, wie bereits
an anderer Stelle angeführt wurde (vgl. vorne E. 9.2.4.2).
9.2.4.6 Die Beschwerdeführerin
behauptet, das Verhalten der an der Konvention beteiligten Unternehmen lasse sich zumindest bis Ende
April 2001 mit den kantonalen gesetzlichen Vorgaben vereinbaren. Art. 23 Bst. d des kantonalen Gesetzes
über die öffentlichen Aufträge vom 12. September 1978 habe vorgesehen, die Arbeitslast
der Unternehmen als Zuschlagskriterium bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen, um eine gleichmässige
Auftragsverteilung zwischen den Konkurrenten zu ermöglichen. Die Verteilung der Aufträge nach
der Arbeitslast der Unternehmen habe ebenfalls dem Rotationsprinzip gemäss Konvention zugrunde gelegen.
Nachdem im Jahre 1995 eine Ausschreibung wegen zu tiefer Offertpreise aufgehoben worden sei, sei im selben
Jahr eine paritätische Kommission zur Bestimmung des kostendeckenden Preises gegründet worden,
um die Offertpreise an die realen Kosten anzupassen. Die Weko habe es aber unterlassen zu würdigen,
dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten bloss die behördlichen Vorgaben umgesetzt habe.
Mit
diesen Argumenten verkennt die Beschwerdeführerin, dass sich das (alte) Gesetz an die Vergabestellen
richtete und nur ihr die Ausschreibungsmodalitäten vorschrieb. Gemäss der anlässlich der
Untersuchung eingereichten Stellungnahme des Kantons war die Arbeitslast nur eines von mehreren im Gesetz
aufgeführten Zuschlagskriterien und durfte mit einem Gewicht von 5 % berücksichtigt werden.
Das lässt den Schluss zu, dass die im Gesetz enthaltenen Ausschreibungsmodalitäten der Einreichung
konkurrenzfähiger Angebote nicht entgegenstanden. Art. 23 Bst. d des kantonalen Gesetzes über
die öffentlichen Aufträge vom 12. September 1978 rechtfertigt selbstverständlich nicht,
dass sich Unternehmen bei der Auftragsvergabe absprechen und das für den Zuschlag in Frage kommende
Angebot einschliesslich Preis im Voraus und in Berücksichtigung der Arbeitslast gleich selbst bestimmen.
Sowohl
die Aufhebung der Ausschreibung als auch die Gründung einer paritätischen Kommission, auf die
die Beschwerdeführerin verweist, liegen drei Jahre vor Abschluss der Konvention zurück und
fallen nicht in den untersuchten Zeitraum. Gemäss Stellungnahme des Kantons zur Beschwerde sowie
zum Verfügungsentwurf wurde die Gründung der paritätischen Kommission mit Schreiben vom
29. November 1995 der wichtigsten, mit dem Bausektor verbundenen Berufsvereinigungen an den Tessiner
Regierungsrat sowie aufgrund verschiedener Anfragen im Tessiner Parlament in die Wege geleitet. Im Hintergrund
dieser Bemühungen habe ein angeblicher Preiskampf im Bausektor gestanden und auch die Frage, ob
die kantonalen Behörden über das nötige Instrumentarium verfügten, um beurteilen
zu können, ob eine Offerte kostendeckend sei oder nicht. In diesem Zusammenhang wurde die paritätische
Kommission (bestehend aus Vertretern der ATIPS und der Divisione delle costruzioni des Dipartimento)
gegründet. Ihr Zweck habe darin bestanden, den Vergabebehörden einen neutralen Ansprechpartner
zur Verfügung zu stellen, der die erforderlichen technischen Daten für die Offertenbeurteilung
hätte übermitteln können. In seiner Stellungnahme hebt der Kanton hervor, die Kommission
habe nicht die Aufgabe gehabt, die Preise festzusetzen. In seiner Stellungnahme vom 8. März 2007
zum Verfügungsentwurf der Weko erklärte der Kanton, dass die paritätische Kommission mehrmals
ihre Tätigkeit habe unterbrechen und wieder aufnehmen müssen (zum letzten Mal zwischen 2005
und 2006), ohne zu einem konkreten und akzeptablen Ergebnis zu kommen. Der Grund für diesen Misserfolg
habe in der mangelnden Transparenz der Vertreter des Privatsektors gelegen. Diese hätten bis zum
heutigen Zeitpunkt den Vertretern der öffentlichen Hand die erforderlichen technischen Daten zur
Beurteilung der Offerten nicht herausgegeben.
Angesichts dieser Ausführungen ist ersichtlich,
dass die gegründete paritätische Kommission das Verhalten der an der Konvention beteiligten
Unternehmen nicht zu beeinflussen vermochte. Aus der Gründung der paritätischen Kommission
zur Prüfung des Kostendeckungsgrades in Einzelfällen sowie aus dem Umstand, dass der Einsatz
der Kommission bisher offenbar nicht erfolgreich war, kann weder auf einen wirksamen (Rest-)Wettbewerb
im relevanten Markt noch auf einen allfälligen Missbrauch der Marktstellung des Kantons geschlossen
werden.
Es bleibt somit dabei, dass die Vorinstanz, gestützt auf die Resultate ihrer Ermittlungen,
in der Konvention und deren Anwendung eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung erblicken durfte.
Eine Ausdehnung der Untersuchung auf das Verhalten der kantonalen Behörden war deshalb nicht erforderlich.
Wie bereits erwähnt, ist ausserdem davon auszugehen, dass die Unternehmen mit der Einhaltung der
Abrede die Stellung des öffentlichen Auftragsgebers insofern geschwächt haben, als dieser nicht
mehr in der Lage war, einen Wettbewerbspreis für die zu vergebenden Aufträge zu ermitteln.
Nach
dem Gesagten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Weko den Sachverhalt unvollständig
bzw. falsch festgestellt hat. Vielmehr hat sie sich schon in der angefochtenen Verfügung punktuell
zu jeder Beanstandung der Beschwerdeführerin bezüglich der Stellung des Kantons geäussert.
Angesichts der vorstehenden Ausführungen durfte die Weko zurecht darauf verzichten, den Gegenstand
der Untersuchung auch auf die dem Abschluss der Konvention vorausgehenden Ereignisse (Aufhebung einer
Ausschreibung, Gründung der paritätischen Kommission) bzw. auf das Verhalten des Kantons auszudehnen.
Ebenso wenig kann die Beschwerdeführerin den Nachweis erbringen, dass sich die Stellung des Kantons
als Marktgegenseite auf die beteiligten Unternehmen im von ihr beschriebenen Sinne einschlägig disziplinierend
ausgewirkt hätte.
9.2.5 Demnach kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die Weko
die Konvention vom 15. Dezember 1998 zurecht als eine Abrede über die Aufteilung der Aufträge
sowie als eine horizontale Preisabrede qualifizieren durfte und dass sie die Prüfung der Widerlegung
der Vermutung gemäss Art. 5 Abs. 3
KG sachlich und korrekt vorgenommen hat. Eine Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes ist nicht auszumachen. Kann die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs
nicht widerlegt werden, erweist sich die fragliche Konvention nach Art. 5 Abs. 1
KG als unzulässig
und kann gemäss derselben Bestimmung auch nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz
gerechtfertigt sein (vgl. Stoffel in: SIWR, a.a.O., S. 76 m. w. H., Heitz, a.a.O., S. 73; Reinert, a.a.O.,
Rz. 22 ad Art. 5
KG).
Die Fragen, ob eine Wettbewerbsabrede eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung
verursacht sowie ob sie sich aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lässt,
stellen sich nur, falls die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs umgestossen werden kann (vgl.
Botschaft KG 1995, S. 98 f.; BGE
129 II 18 E. 9.5.5 und 10). Das trifft vorliegend nicht zu, weshalb
sich die Prüfung der entsprechenden Fragen erübrigt.
10.
Die Beschwerdeführerin
rügt, die Weko habe in der angefochtenen Verfügung eine hypothetische Berechnung der Sanktion
vorgenommen, obwohl im vorliegenden Fall keine direkte Sanktion ausgesprochen werden könne. Sie
ist der Meinung, dass für die Berechnung einer fiktiven Busse in der Verfügung keine Rechtsgrundlage
vorliege.
Die Weko hat in der angefochtenen Verfügung effektiv die Höhe der Sanktion für
den Fall berechnet, dass der Sachverhalt nach dem neuen Recht zu beurteilen gewesen wäre. Sie ging
von einem Betrag zwischen Fr. 534'000 und Fr. 2.780 Mio. pro Unternehmen sowie von einer maximalen Busse
in Höhe von Fr. 29.3 Mio. aus. Die Weko hielt hierzu fest, die Sanktionsbemessung sei rein hypothetischer
Natur und habe keinerlei finanzielle Auswirkungen, weshalb auf Ausführungen zur Sanktionsbemessung
verzichtet werde. Sie erachtete eine ungefähre Sanktionsberechnung aufgrund des Auflösungszeitpunkts
der Absprache für gerechtfertigt. Dieser falle in die Übergangsperiode zum neuen Kartellgesetz.
Nach Ansicht der Weko liegt die Höhe der mutmasslichen Sanktion im öffentlichen Interesse.
In
diesem Zusammenhang gilt es festzuhalten, dass das Dispositiv der angefochtenen Verfügung und deren
Begründung darin übereinstimmen, dass keine direkten Sanktionen ausgesprochen werden können.
Die Beschwerdeführerin bemängelt lediglich das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die hypothetische
Bemessung der Sanktion, zumal auf den vorliegenden Sachverhalt die neue Sanktionsordnung nicht anwendbar
sei, ohne in diesem Zusammenhang einen konkreten Antrag zu stellen. Schon aus diesem Grund ist die von
ihr erhobene Rüge nicht geeignet, die gestellten Rechtsbegehren zu begründen. Die Beschwerdeführerin
legt zudem nicht substanziiert dar, ob und inwiefern sie durch die Berechnung einer fiktiven Busse -
lediglich in der Begründung der angefochtenen Verfügung - effektiv beschwert sein soll. Für
eine Beschwer ist auch kein Grund ersichtlich. Denn die Beschwerdeführerin macht selber nicht geltend,
ob und inwiefern ihr aus der hypothetischen Berechnung der Sanktion ein rechtlich relevanter Nachteil
erwachsen sei, weshalb sich weitere Ausführungen zu diesem Thema erübrigen.
11.
Die
Beschwerdeführerin bringt weiter vor, das Sekretariat habe die beteiligten Unternehmen mit Schreiben
vom 9. Januar 2007 über den Verfügungsentwurf informiert und am darauf folgenden Tag eine Pressemitteilung
betreffend Abschluss der Untersuchung über Strassenbeläge im Tessin veröffentlicht, ohne
die Unternehmen im Voraus darüber zu informieren. So sei die Beschwerdeführerin nicht in der
Lage gewesen, selbst eine Pressemitteilung vorzubereiten. Auch sei die Pressemitteilung in der Presse
insofern missverstanden worden, als die Medien über den Abschluss des Verfahrens durch die Weko
berichtet und das Verfahren als abgeschlossen erachtet hätten. Die Pressemitteilung habe deshalb
zu einer Vorverurteilung der Unternehmen in den Medien geführt. Damit habe das Sekretariat den Grundsatz
der Unschuldsvermutung verletzt.
Aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht ersichtlich,
welche der von ihr gestellten Rechtsbegehren sie damit zu stützen versucht. Ein konkreter Antrag
liegt auch hier nicht vor. Selbst wenn von einem konkreten Rechtsbegehren auszugehen wäre, würde
sich dieses nicht primär gegen die angefochtene Verfügung, sondern gegen eine im Rahmen der
Untersuchung abgegebene Pressemitteilung richten.
Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen
des Kartellgesetzes sehen vor, dass die Eröffnung einer Untersuchung publiziert wird (Art. 28
KG)
bzw. dass die Wettbewerbsbehörden ihre Entscheide veröffentlichen können (Art. 48 Abs.
1
KG) und die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit orientieren (Art. 49 Abs. 1
KG). Die
Orientierung der Öffentlichkeit erfolgt oftmals in Form von Pressemitteilungen (STEFAN KOLLER, in:
Baker & McKenzie, Stämpflis Handkommentar zum KG, Art. 49 Rz. 2 f.). Pressemitteilungen stellen
sogenannte Informationshandlungen bzw. Realakte von Verwaltungsbehörden dar. Diese sind nicht auf
Rechtswirkungen, sondern auf Tathandlungen ausgerichtet. Deshalb stellen Realakte keine Verfügungen
im Sinne von Art. 5
VwVG dar und sind nicht selbständig anfechtbar. Nicht anders verhält es
sich im vorliegenden Fall. In der fraglichen Pressemitteilung wird die Öffentlichkeit darüber
informiert, dass die Untersuchung über Strassenbeläge im Tessin mittels Verfügungsantrags
abgeschlossen und der Verfügungsantrag den Parteien zur Stellungnahme unterbreitet wurde. Am Ende
der Pressemitteilung ist der Antrag des Sekretariats an die Weko enthalten, diese habe einen Entscheid
im Sinne der Ergebnisse der Untersuchung zu treffen, aus welcher sich das tatsächliche Vorliegen
von Absprachen im Sinne von Art. 5
KG ergeben habe. Aus dem Text der Pressemitteilung geht deutlich hervor,
dass der verfahrensabschliessende Entscheid der Weko auf Antrag des Sekretariats hin noch nicht gefällt
wurde. Die an der Untersuchung beteiligten Unternehmen werden in der Pressemitteilung nicht beim Namen
genannt. Da weder eine bewusste, ausdrückliche und verbindliche Gestaltung der Rechtstellung der
betroffenen Unternehmen noch ein entsprechendes Anfechtungsobjekt vorliegt, könnte auf das (wenn
überhaupt implizit gestellte) Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin nicht eingetreten werden,
und es rechtfertigt sich, nicht weiter auf diese Thematik einzugehen (vgl. Felix Uhlmann, in: Bernhard
Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], VwVG, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren,
Zürich/Basel/Genf 2009, Rz. 89 f. ad Art. 5
VwVG). Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführerin
durch den Text der Pressemitteilung beschwert sein könnte. Zwar trifft es zu, dass im Auszug aus
der NZZ vom 11. Januar 2007 (Beilage 10 der Beschwerde) der Anschein erweckt wird, dass die Untersuchung
der Weko schon abgeschlossen war. Für die missverständliche Wiedergabe der klar formulierten
Pressemitteilung in der Presse und für eine Vorverurteilung der beteiligten Unternehmen in den Medien
kann die Vorinstanz nicht verantwortlich gemacht werden.
12.
Zusammenfassend ergibt sich,
dass die angefochtene Verfügung in formeller Hinsicht gerechtfertigt ist und die Eintretensvoraussetzungen
insgesamt als gegeben zu erachten sind; insbesondere ist hervorzuheben, dass die Weko aufgrund der zurzeit
des Abschlusses der Untersuchung geltenden Bestimmungen befugt war, die Unzulässigkeit der während
der Frist gemäss Schlussbestimmung aufgelösten Wettbewerbsabrede festzustellen und die Anwendung
derselben zu verbieten, unter Androhung der Sanktionen nach Art. 50
und 54
KG im Fall der Zuwiderhandlung
(E. 1.2, 2.4.2-2.4.6). In materieller Hinsicht durfte die Weko zurecht davon ausgehen, dass die Konvention
vom 15. Dezember 1998 die Anforderungen an eine Wettbewerbsabrede gemäss Art. 4
KG erfüllt
(E. 6). Die durch die Weko vorgenommene Qualifizierung der Konvention als Abrede über die direkte
oder indirekte Festsetzung von Preisen (Art. 5 Abs. 3 Bst. a
KG) und zugleich als Abrede über die
Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern (Art. 5 Abs. 3 Bst. c
KG) ist als
zutreffend zu erachten; das Vorliegen der Vermutungsbasis im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. a
und c
KG
ist schon aufgrund des Inhalts und der tatsächlichen Anwendung der Konvention zu bejahen; Ausführungen
zu den Auswirkungen der Konvention auf dem relevanten Markt, die bei der Prüfung des Nachweises
der Vermutungsbasis miteinbezogen wurden, können gegebenenfalls im Rahmen der Widerlegung der Vermutung
berücksichtigt werden (E. 7). Die von der Weko vorgenommene Abgrenzung des sachlich und geographisch
relevanten Markts ist nicht zu beanstanden (E. 9.1). Aufgrund der Untersuchungsergebnisse durfte die
Weko zum Schluss kommen, dass die Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs nicht widerlegt
werden konnte, da weder wirksamer aktueller und potentieller Aussen- noch wirksamer Innenwettbewerb nachgewiesen
werden konnte (E. 9.2). Die von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Argumente zum Nachweis
der Widerlegung der Vermutung (mit Bezug auf das Vorliegen von Restwettbewerb) erweisen sich als nicht
stichhaltig; es gelingt der Beschwerdeführerin auch nicht, konkrete Anhaltspunkte darzutun, wonach
die angeblich starke Marktgegenseite des Kantons als Auftraggeber disziplinierende Wirkung auf die untersuchten
Unternehmen ausgeübt bzw. wonach der Kanton seine allfällige marktbeherrschende Stellung missbraucht
hätte (E. 9.2.3-9.2.4). Da die zur Diskussion stehende Abrede den wirksamen Wettbewerb beseitigt,
gilt sie als unzulässig und es erübrigt sich zu prüfen, ob sie aus Gründen der wirtschaftlichen
Effizienz als gerechtfertigt erscheint. Weiter erweist sich die Rüge der fehlenden Rechtsgrundlage
für eine hypothetische Berechnung der Sanktion mangels konkreter Anträge als nicht stichhaltig
(E. 10). Die Rüge der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Pressemitteilung des Sekretariats
betreffend Abschluss der Untersuchung über Strassenbeläge im Tessin erweist ebenfalls als unbegründet.
Insbesondere ist aus dieser nicht ersichtlich, welche der von ihr gestellten Rechtsbegehren sie damit
zu stützen versucht. Ein separater Antrag liegt nicht vor (E. 11).
Nach dem Gesagten verletzt
die angefochtene Verfügung kein Bundesrecht. Sie ist deshalb zu bestätigen und die Beschwerde
in der Hauptsache als unbegründet abzuweisen. Da kein Anlass besteht, in der Sache neu zu entscheiden
oder die angefochtene Verfügung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen, sind der
Eventual- sowie der Subeventualantrag ebenfalls abzuweisen.
13.
Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs.
1
und Art. 63 Abs. 5
VwVG) und keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1
VwVG, Art.
7
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht,
[VGKE,
SR 173.320.2]). Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache,
Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Es rechtfertigt sich vorliegend, die
Gerichtsgebühr auf Fr. 5'000.- festzusetzen (Art. 2 Abs. 1
VGKE i.V.m. Art. 3
VGKE). Die zu sprechende
Gerichtsgebühr ist mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.- zu verrechnen. Die Differenz
von Fr. 2'000.- hat die Beschwerdeführerin innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses
Urteils zu bezahlen.
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 5'000.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3000.- verrechnet. Der Restbetrag von
Fr. 2'000.- hat die Beschwerdeführerin innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses
Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen. Die Zustellung des Einzahlungsscheins erfolgt
mit separater Post.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses
Urteil wird eröffnet:
der Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Pressemitteilung
vom 16. Juni 2010);
der Vorinstanz (Ref-Nr. 22-0323: Strassenbeläge Tessin; Gerichtsurkunde;
Beilage: Pressemitteilung vom 16. Juni 2010);
dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement
(Gerichtsurkunde; Beilage: Pressemitteilung vom 16. Juni 2010);
dem Dipartimento del territorio
del Cantone Ticino (Beilage: Pressemitteilung vom 16. Juni 2010);
und auszugsweise mitgeteilt:
der
Costra SA (Beilage: Pressemitteilung vom 16. Juni 2010).
Für die Rechtsmittelbelehrung
wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Francesco
Brentani Corrado Bergomi
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert
30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 [
BGG,
SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat,
beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
Versand: 16. Juni 2010