Abteilung II

B-3325/2010


Sachverhalt:

A.
Die Eintragung der Schweizer Marke Nr. 543 259 "TALLY" der Tally Weijl Holding AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) wurde am 14. März 2006 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) ver­öf­fent­licht. Sie ist u.a. für folgende Waren registriert:

Klasse 14
Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelier­waren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Zubehör zu all diesen Waren soweit in dieser Klasse enthalten.

Klasse 18
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle, Reise- und Handkoffer; Regen­schir­me, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Sattlerwaren; Handtaschen, Ta­schen, Börsen, Schlüsseletuis, Portemonnaies und Brieftaschen jeglicher Art aus Le­der und Lederimitat.

Klasse 25
Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen, alle Waren so­wohl aus Leder als auch aus Textilien und anderen Materialien; Gürtel und Hosen.

B.
Am 1. Juni 2006 reichte die Bally Schuhfabriken AG (nachfolgend: Be­schwer­degegnerin) beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigen­tum (IGE, nachfolgend: Vorinstanz) gegen alle oben aufgeführten Wa­ren der angefochtenen Marke Widerspruch ein. Die Beschwerdegeg­nerin stützt sich dabei auf ihre Schweizer Marke Nr. 335 182 "BALLY", welche für folgende Waren eingetragen ist:

Klassen 1-4, 7-11, 14, 16-26, 28:

Chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche und fotografische Zwecke; Härte­mittel und chemische Präparate zum Löten; Gerbstoffe; Klebstoffe, Far­ben, Firnisse, Lacke; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel; chemisch-technische Er­zeug­nisse zur Pflege und Behandlung von Schuhen und Leder; Spiele und Spiel­waren; Maschinen, Werkzeugmaschinen und Werkzeuge für die schuh- und lederverarbeitende Industrie, Apparate zur Bestimmung der Faltfestigkeit von Schuhoberleder und ähnlichen Werkstoffen, Kompressions-Zweizug­gum­mi­strümpfe, -Zweizuggummistrumpfhosen, -Zweizuggummikniekappen und -Zwei­zug­gummiknöchelstützen, Beleuchtungskörper und Teile derselben wie Lam­penkörper, Lampenabdeckungen und Leuchtwannen; Edelmetalle und de­ren Legierungen sowie Gegenstände daraus und plattierte Gegenstände, Schmuck­sachen, Edelsteine, Uhren und andere Zeitmessinstrumente; Be­dachungs­folien aus Kunststoff oder Gummi, Profile und Profilabdichtungen aus Kunststoff oder Gummi, Sohlen, Absätze, Steckflecke, Keile, Gelenke und andere Schuhbestandteile aus Kunststoff oder Gummi, Schuhwaren, ein­schliess­lich Stiefel und Pantoffeln; Strumpfwaren, Kopfbedeckungen; ge­wirk­te und gestrickte Ober- und Unterbekleidungsstücke; Ober- und Unter­be­klei­dungs­stücke; Leibwäsche; Korsett- und Miederwaren; Krawatten, Hosen­träger, Handschuhe, Taschentücher, Schals; Bade- und Strand­be­kleidungs­stücke für Männer, Frauen und Kinder; Kunststoffplatten; Dübel; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterialien; Schläuche aus Kunststoff oder Gummi; Hand­taschen, Ein­kaufstaschen, Gepäcktaschen, Badetaschen, Aktentaschen, Brieftaschen, Toilettentaschen, Gürtel, Portemonnaies, Lederetuis, Koffer und Reise­ta­schen; Häute und Felle; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazier­stöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Bretter, Latten, Kanteln, Holz­leisten, Leistenrohlinge und Stiefelknechte; Absätze, Sohlen, Keile, Steck­flecke und andere Schuhbestandteile aus Holz, Kork oder Gummikork, Sperr­holz­schablonen zur Verwendung in der Schuhindustrie; Schuhleisten aus Holz so­wie dazugehörige Kammarmierungen aus Fiberplatten; Ge­schenk- und De­ko­rationsartikel aus Acrylglas, nämlich Schirmständer, Würfel, Blumentöpfe, Verkaufsständer und -regale, extrudierte Acrylglasformteile und -platten für das Baugewerbe, insbesondere für den Innenausbau, zu Rek­lame­zwecken in Form von Leucht- und Blindbuchstaben, sowie zur Schau­fenster­dekoration, kleine Haus- und Küchengeräte, Seile, Bindfaden, Netze, Pla­nen, Segel, Säcke aus Textilstoffen oder Kunststoff; Polstermaterial (Pferde­haare, Kapok, Federn, Seegras), Gespinstfasern, Garne, Webstoffe; Bett- und Tischdecken und andere Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Gardinen, Vor­hänge, Haushalt­wä­sche, Tisch- und Bettwäsche, Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnür­senkel.

C.
Das Verfahren vor der Vorinstanz wurde auf Antrag der Parteien zwecks Verhandlung über eine vergleichsweise Erledigung in der Zeit vom 10. November 2006 bis zum 9. Juni 2009 sistiert. Anschliessend wurde das Verfahren wieder aufgenommen. Die Be­schwer­de­führerin nahm am 5. August 2009 zum Widerspruch Stellung.

D.
Mit Verfügung vom 6. April 2010 hiess die Vorinstanz den Widerspruch gut (Ziff. 1). Die Schweizer Marke Nr. 543 259 "TALLY" werde im Um­fang des Wider­spruchs (Klassen 14, 18 und 25) widerrufen (Ziff. 2). Der Beschwerde­geg­nerin werde zu Lasten der Beschwerdeführerin eine Parteient­schädigung von Fr. 1'800.- (inkl. Ersatz der Wider­spruchs­gebühr) zuge­sprochen (Ziff. 4).

Zur Begründung führt die Vorinstanz aus, die Zeichen verfügten zwar über einen Unterschied beim Sinngehalt; in Anbetracht der fest­ge­stellten Ähnlichkeiten der Vergleichszeichen bestünden jedoch auf der semantischen Ebene keine rechtsgenüglichen Unterschiede, welche die Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Zeichen zu kompen­sie­ren vermöchten. Die Identität der im vorliegenden Fall starken En­dung -ALLY und die (bei nicht allzu deutlicher Aussprache) nur wenig unter­schied­liche Aussprache des Anfangsbuchstabens führten in klang­li­cher Hinsicht zu einer Markenähnlichkeit. Die beiden Begriffe würden sich reimen und seien deshalb infolge des ähnlichen Wortklangs ver­wech­sel­bar. Da die beanspruchten Waren weitgehend identisch seien, sei eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

E.
Mit Eingabe vom 7. Mai 2010 erhob die Beschwerdeführerin dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt, die Zif­fern 1, 2 und 4 der angefochtenen Verfügung aufzuheben und den Wider­spruch abzuweisen.

Bei den Wor­ten BALLY und TALLY handle es sich um Kurzwörter; die Unter­schie­de würden deshalb stark ins Gewicht fallen, zumal der Unter­schied vorlie­gend zu einer Veränderung des Wortsinns führe. Die jeweiligen An­fangs­buchstaben würden (in jeder Landessprache) betont ausge­spro­chen und auch klanglich einen deutlich hörbaren Unter­schied zwi­schen den Zeichen bewirken. Auch das Schriftbild unter­scheide sich deut­lich. Die Unterschiede seien am prägenden Wort­an­fang. Insge­samt liege ein genügender Zei­chen­abstand vor. Die bear­bei­teten Markt­segmente und der Markt­auf­tritt der beiden Parteien seien offen­sicht­lich derart verschieden, dass das Publikum keiner Ge­fahr von Fehl­zurechnungen unterliegen würde. Zudem würden die bei­den Mar­ken BALLY und TALLY (WEIJL) seit knapp 20 Jahren pro­blem­los ko­existieren. Die beiden Marken verfügten über klar ver­schie­de­ne Sinn­ge­halte. Der Sinngehalt von BALLY werde von der Vor­instanz in Ab­wei­chung zu ihrer bisherigen Praxis beurteilt. Die Vor­instanz unter­scheide im angefochtenen Entscheid fälschlicherweise nicht zwischen dem er­kennbaren Zweck eines Wortes und dem parallel dazu erkenn­ba­ren Sinn desselben Wortes. Es fehle an jeg­li­cher Ge­danken­ver­bin­dung zwi­schen den beiden Kurzwörtern. Selbst bei weitgehend iden­ti­schen Waren begründe die blosse entfernte Mög­lichkeit einer Ver­wechs­lung noch keine rechtlich relevante Ver­wechs­lungs­gefahr. Vor­lie­gend fehle es sowohl an einer unmittelbaren als auch an einer mittel­baren Ver­wechslungs­gefahr.

F.
Die Vorinstanz verweist mit Vernehmlassung vom 10. Juni 2010 auf ihre Begründung in der angefochtenen Verfügung und beantragt, die Beschwerde sei unter Kosten­folge abzuweisen.

G.
Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Stellungnahme vom 18. Juni 2010, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen. Sämtliche Aus­führungen der Beschwerdeführerin zu möglicherweise divergierenden Marktsegmenten oder aktuellen Marktauftritten seien im vorliegenden Verfahren nicht zu hören; das Verfahren habe sich ausschliesslich auf die Frage der Verwechselbarkeit der Wortmarken BALLY und TALLY zu beschränken. Es sei bei der Marke BALLY zumindest von einem durch­schnittlichen Schutzumfang auszugehen und an die Zeichen­ver­schie­den­heit seien demnach, angesichts der identischen bzw. gleichartigen Waren, erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Verwechslungsgefahr sei vorliegend streng zu prüfen. Die Frage, ob sich die beiden Marken genügend unterschieden, sei aufgrund des Gesamteindrucks zu ent­scheiden; eine Aufteilung der Widerspruchsmarke in die Vorsilbe BAL- und die Endsilbe -LY, wie dies die Beschwerdeführerin postuliere, sei unangebracht. Die Marken BALLY und TALLY stimmten in allen für die Beurteilung des Wortklangs massgebenden Kriterien überein. Die unter­schiedlichen Konsonanten am Wortanfang vermöchten keine ge­nügende Verschiedenheit zu bewirken. Dass die kaum hörbare klang­li­che Ver­schie­denheit am Wortanfang stehe, habe keine entscheidende Be­deu­tung. Bei Fantasiemarken komme keinem Teil mehr oder we­ni­ger Kennzeichnungskraft zu; alle Silben würden glei­cher­massen zum Ge­samteindruck beitragen. Der Vergleich des Schrift­bildes ergebe, dass beide Marken in vier von fünf Buchstaben über­ein­stimmten und eine identische Buchstabenanzahl aufwiesen. Der Unter­schied der Kon­sonanten B und T werde durch die beide Buch­staben prägende, dominante Linie senkrechte Linie abgeschwächt. TALLY werde von den Konsumenten als blosse Variation zum Zeichen BALLY aufgefasst. Die Annahme einer blossen Markenvariation be­einflusse die Ver­wechs­lungs­gefahr von kurzen, zweisilbigen Zeichen zentral. Es sei bei der Marke BALLY im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren von einem reinen Fantasiebegriff auszugehen, da ein wesentlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise darin keinen Nachnamen erkenne. Bei der Marke TALLY sei ebenfalls von einem Fantasiebegriff aus­zu­gehen. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Mar­ken sei zu bejahen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache zuständig (Art. 31
, 32 und 33 Bst. d des Verwaltungs­ge­richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32).

Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilge­nom­men (Art. 48 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes über das Ver­wal­tungs­ver­fahren vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]), ist durch die an­gefochtene Verfügung besonders berührt (Art. 48 Abs. 1 Bst. b VwVG) und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG).

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 50 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 und Art. 44 ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzu­treten.

2.
Vom Markenschutz ausgeschlossen sind Zeichen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienst­leistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Ver­wechs­lungs­gefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 Bst. c des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]. Der Inhaber einer älteren Marke kann gestützt auf Art. 3 Abs. 1 MSchG innerhalb von drei Mona­ten nach der Veröffentlichung der Eintragung Widerspruch erhe­ben (Art. 31 MSchG).

2.1. Ob zwei Marken sich hinreichend deutlich unterscheiden oder im Gegenteil verwechselbar sind, ist nicht auf Grund eines abstrakten Zeichenvergleichs, sondern stets vor dem Hintergrund der gesamten Umstände zu beurteilen. Der Massstab, der an die Unterscheidbarkeit anzulegen ist, hängt einerseits vom Umfang des Ähnlichkeitsbereichs ab, dessen Schutz der Inhaber der älteren Marke beanspruchen kann, und anderseits von den Waren und Dienstleistungen, für welche die sich gegenüberstehenden Marken hinterlegt sind (BGE 122 III 382 E. 1 - Kamillosan/Kamillan, Kamillon).

2.2. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist ausschlag­ge­bend, ob aufgrund der Ähnlichkeit Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche das besser berechtigte Zeichen in seiner Individualisie­rungs­funktion beeinträchtigen (BGE 127 III 160 E. 2a - Secu­ritas/Se­curicall). Von einer Verwechslungsgefahr ist nicht nur auszu­gehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise zwei Marken nicht aus­ei­nan­der zu halten vermögen (unmittelbare Verwechs­lungsgefahr), son­dern auch dann, wenn sie die Zeichen zwar aus­ein­ander halten können, aufgrund der Markenähnlichkeit aber falsche Zusammen­hänge vermuten, wie dass die ent­sprechend gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen vom glei­chen Unternehmen stammten (mittel­bare Verwechslungs­gefahr; BGE 127 III 160 E. 2a - Securi­tas/Securi­call; Gallus Joller, in: Michael G. Noth/Gregor Bühler/Florent Thouve­nin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 21 ff.).

Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. c MSchG ist dann anzunehmen, wenn das jün­gere Zei­chen die ältere Marke in ihrer Unterscheidungsfunktion beeinträch­tigt. Eine solche Beein­trächti­gung ist gegeben, sobald zu befürchten ist, dass die mass­geblichen Ver­kehrs­kreise sich durch die Ähnlichkeit der Marken irre­führen lassen und Waren, die das eine oder andere Zeichen tragen, dem falschen Marken­inhaber zurechnen (BGE 127 III 160 E. 2a - Securi­tas/Securi­call). Bei der Beur­teilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Ähnlich­keit der Zeichen im Erinnerungsbild des Letzt­ab­nehmers abzu­stellen (BGE 121 III 378 E. 2a - Boss/Boks). Zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und dem Mass an Gleich­artigkeit zwischen den ge­schütz­ten Waren und Dienst­leistungen besteht eine Wechsel­wir­kung: An die Ver­schiedenheit der Zeichen sind umso höhere Anfor­derungen zu stellen, je ähnlicher die Pro­dukte sind und umge­kehrt (Lucas David, in: Kom­men­tar zum schwei­zerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz/Mu­ster- und Modell­gesetz, Basel 1999, Art. 3 N. 8). Die Beur­tei­lung im Lichte von Art. 3 Abs. 1 MSchG richtet sich dabei nach dem Register­eintrag der Marken (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-5325/2007 vom 12. Novem­ber 2007 E. 3 - Adwista/ad-vista, mit Hin­weisen; Eugen Mar­bach, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Im­ma­terialgüter- und Wett­bewerbs­recht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl., Basel 2009, N. 705).

2.3. Je näher sich die Waren und Dienstleistungen sind, für welche die Marken registriert sind, desto grösser wird das Risiko von Verwechs­lungen und desto stärker muss sich das jüngere Zeichen vom älteren abheben, um die Verwechslungsgefahr zu bannen. Ein strenger Mass­stab ist anzulegen, wenn beide Marken für weitgehend identische Wa­ren oder Dienstleistungen bestimmt sind. Im Weiteren ist von Bedeu­tung, an welche Abnehmerkreise sich die Waren richten und unter wel­chen Umständen sie gehandelt zu werden pflegen. Bei Mas­sen­artikeln des täglichen Bedarfs ist mit einer ge­ringeren Aufmerksam­keit und einem geringeren Unterscheidungsvermögen der Kon­su­men­ten zu rechnen als bei Spezialprodukten, deren Absatzmarkt auf einen mehr oder weniger geschlossenen Kreis von Berufsleuten beschränkt bleibt (BGE 126 III 315 E. 6b/bb - Rivella/Apiella).

Neben dem Aufmerksamkeitsgrad, mit dem die Abnehmer Waren oder Dienst­leistungen nachfragen, ist auch die Kennzeichnungskraft im Rahmen der Beurteilung des Einzelfalles von wesentlicher Bedeu­tung, da diese den Schutzumfang einer Marke massgeblich beeinflusst (BGE 122 III 382 E. 2a - Kamillosan/Kamillan, Kamillon; Jol­ler, a.a.O., Art. 3 N. 69 ff.). Der geschützte Ähnlichkeits­be­reich für schwa­che Mar­ken ist kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher bereits beschei­denere Abwei­chungen, um eine aus­reichende Unter­scheid­bar­keit zu bewirken (BGE 122 III 382 E. 2a - Kamillosan/ Kamillon, Kamillan). Stark sind Marken, die entweder auf­grund ihres fantasie­haften Gehalts auffallen oder aber sich im Verkehr durchge­setzt haben (BGE 122 III 382 E. 2a - Kamillo­san/Kamil­lon, Kamillan mit Hinweisen; Marbach, a.a.O., N. 979). Als schwach gelten demge­gen­über Marken, die sich eng an Sachbegriffe des allgemeinen Sprach­ge­brauchs anlehnen oder durch eine allge­mein gebräuchlichen Bezeich­nung für die in Frage stehen­den Waren und Dienstleistungen geprägt werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-5440/2008 vom 24. Juli 2009 E. 6.2 - jump[fig.]/Jumpman; Mar­bach, a.a.O., N. 976 ff.; Jol­ler, a.a.o., Art. 3 N. 86 ff.).

2.4. Die Markenähnlichkeit beurteilt sich nach dem Gesamteindruck, den die Marken in der Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreise hinterlassen (BGE 121 III 377 E. 2a - Boss/Boks). Der Gesamteindruck wird bei Wortmarken durch den Klang, das Schriftbild und den Sinngehalt bestimmt. Den Klang prägen das Silbenmass, die Ausspra­chekadenz und die Aufeinanderfolge der Vokale, während das Schriftbild vor allem durch die Wortlänge und die Eigenheiten der verwen­de­ten Buchstaben gekennzeichnet wird. Schliesslich ist zu beachten, dass der Wortanfang beziehungsweise der Wortstamm und die En­dung in der Re­gel grössere Beachtung finden als dazwischen gescho­be­ne, unbetonte weitere Silben (BGE 127 III 160 E. 2b/cc - Se­curi­tas/Se­curi­call; Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum [RKGE] vom 20. August 2002, Zeitschrift für Im­material­güter-, Informations- und Wettbewerbsrecht [sic!] 2002, S. 756 f., E. 7 - Bally/Ball [fig.]; Joller, a.a.O., Art. 3 N. 130 ff.).

Bereits die Nähe auf einer der genannten Beurteilungsebenen kann genügen, um auf Zeichenähnlichkeit zu schliessen (RKGE vom 7. Juni 2000, sic! 2001, 133, E. 3 - Otor/Artor). Bestehen auf meh­reren Ebe­nen Ähnlichkeiten, so verstärkt dies die Ähnlichkeit. Anderer­seits kann die Ähn­lich­keit auf einer Ebene durch klare Unterschiede auf einer anderen Ebene neutralisiert werden, so beispielsweise ein ähnlicher Wortklang durch einen klar abweichenden Sinngehalt (Eugen Marbach, a.a.O., N. 875).

3.
Die fraglichen Marken sind aus der Sicht der Käuferschaft der ent­sprechenden Konsumgüter zu beurteilen. Die bezeichneten Waren rich­ten sich vorwiegend an das allgemeine Publi­kum.

Vorliegend ist unbestritten, dass die beanspruchten Waren der sich gegenüber stehenden Marken weitgehend identisch sind (vgl. Sach­verhalt A. und B. sowie E. 2.3), weshalb die Verwechslungsgefahr streng zu beurteilen ist (BGE 122 III 387 E. 3 - Kamillo­san/Kamil­lon, Kamillan; vgl. E. 2.2 f.).

4.
Ausgehend von der Warengleichartigkeit sind die beiden Marken nun auf ihre Zeichenähnlichkeit und Verwechselbarkeit hin zu überprüfen (vgl. E. 2.4).

4.1. Die Widerspruchsmarke und die angefochtene Marke sind Wort­marken. Sie weisen die gleiche Anzahl Buchstaben auf und stimmen in den letzten vier Buchstaben -ALLY überein. Sie unterscheiden sich so­mit lediglich im Anfangsbuchstaben B bzw. T.

4.2. In Bezug auf den Sinngehalt der strittigen Marken hat die Vor­instanz ausgeführt, dass die Marke BALLY aus einem Fa­milien­namen besteht. Entgegen ihren Ausführungen erscheint indessen zweifelhaft, ob dieser Hintergrund der Marke für den massgebenden Abnehmer­kreis wirklich erkennbar ist. Mindestens ebenso naheliegend ist viel­mehr, dass die Marke als Phantasiemarke verstanden wird, bei wel­cher es sich um eine Abwandlung der englischsprachigen Worte "Ball" oder "Ballsy" handeln könnte. Für den massgebenden Abnehmerkreis dürfte ebenso wenig erkennbar sein, dass die Marke TALLY aus dem Vornamen der Firmen­gründerin besteht. Der Sinngehalt beider Mar­ken bleibt damit für den durchschnittlichen Konsumenten unklar; es kann nicht von einem klar erkennbaren unterschiedlichen Sinngehalt aus­ge­gangen werden.

4.3. Die Vorinstanz bejahte die Ähnlichkeit der fraglichen Marken so­wohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht. Demgegen­über würde die Verschiedenheit der Konsonanten B und T kaum ins Gewicht fallen. Diese seien klangschwach und nicht geeignet, die bei­den Marken im mündlichen Verkehr (vor allem bei nicht sehr deutlicher Aussprache) klar auseinanderzuhalten. Dieser Auffassung ist aus nach­folgenden Gründen zuzustimmen:

4.4. Das Schriftbild der beiden Marken präsentiert sich mit Ausnahme des Anfangsbuchstabens gleich; Silbenanzahl und Wortlänge von TALLY und BALLY stimmen überein. Die Konsonanten B und T ver­fügen zwar beide über einen senkrechten Strich, doch fügen sich beim B un­mittel­bar daran zwei Bogen an, während das T lediglich einen waag­rechten darüber liegenden Strich aufweist. Der schrift­bild­liche Unter­schied zwischen B und T ist jedoch unter Be­rück­sich­tigung der bisherigen Rechtsprechung (RKGE vom 28. Juni 2005, sic! 2005, 754 ff., E. 8 - Gabel/Kabel 1; RKGE vom 15. Juli 1999, E. 4 - Bico/Hico, auszugsweise publiziert in sic! 1999, 566 ff.) als marginal ein­zu­stufen; zumindest besteht diesbezüglich eine grosse Ähnlichkeit.

4.5. Die ange­foch­tene Marke wird "TA-LLY", die Wider­spruchs­marke "BA-LLY" aus­ge­spro­chen. Vokalfolge und Aussprachekadenz sind zwar iden­tisch, doch wird der Anfangs­buchstabe T mit der Zunge und dem Gau­men ge­bildet, was eine harte Klangfolge bewirkt, während der An­fangs­buch­stabe B mit den Lippen gebildet und entsprechend weicher aus­ge­spro­chen wird. Insofern sind die beiden Marken phone­tisch voneinander abgegrenzt. Weiter ist zu beachten, dass ge­mäss stän­di­ger Recht­sprechung dem Wortanfang erhöhte Bedeutung zu­kommt, weil er in der Regel besser im Ge­dächtnis haften bleibt (BGE 127 III 160 E. 2b/cc - Se­curi­tas/Se­curi­call; vgl. E. 2.4). Es handelt sich dabei je­doch lediglich um ein Indiz, wel­ches sich schematischer An­wendung entzieht und im Einzelfall ohne Weiteres eine abweichende Be­ur­teilung zulässt (RKGE vom 7. Juni 2000, sic! 2001, 133, E. 4 - Otor/Artor). Eine solch differenzierte Sichtweise drängt sich im vor­lie­gen­den Fall auf, weil der, beiden Marken gemeinsamen, Endung "ALLY" prägendes Gewicht zukommt und die marginalen Unterschiede in Schrift­bild und Aussprache da­durch in den Hintergrund treten.

4.6. Daraus ergibt sich zusammenfassend, dass, obschon gewisse Unter­schiede in Schriftbild und Aussprache bestehen, die Buch­sta­ben­folge "ALLY" dominiert und die fraglichen Marken bei den ange­spro­che­nen Ver­kehrs­kreisen keinen deutlich ver­schie­de­nen Ge­samtein­druck (An­wen­dung eines strengen Beurteilungsmassstabs, vgl. E. 3) hinter­lassen, zumal TALLY und BALLY nicht über einen klar erkenn­baren unter­schiedlichen Sinngehalt verfügen (vgl. E. 4.2). Die Marken er­wei­sen sich daher ge­samt­haft betrachtet als nicht ge­nügend unter­schei­dungs­kräftig. Dies gilt gleicher­massen im Fran­zösi­schen sowie im Italieni­schen.

Dies steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung (BGE 126 III 315 - Rivella/Apiella; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7438/2006 vom 10. Mai 2007 - Cellini [fig.]/Elini [fig.]; RKGE vom 28. Ju­ni 2005, sic! 2005, 754 ff. - Gabel/Kabel 1; RKGE vom 13. Au­gust 2004, sic! 2004, 927 ff. - Ecofin/Icofin [fig.]; RKGE vom 20. Au­gust 2002, sic! 2002, 756 f. - Bally/Ball [fig.]; RKGE vom 7. Juni 2000, sic! 2001, 133 - Otor/Artor; RKGE vom 15. Juli 1999, sic! 1999, 566 ff. - Bico/Hico; RKGE vom 21. März 1995, Schweizerische Mitteilungen über Immaterialgüterrecht [SMI] 1995, 311 ff. - Bally/Sali) und es be­steht vorliegend kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzu­wei­chen.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass vorliegend eine Ver­wechslungs­ge­fahr im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. c MSchG besteht. Die Be­schwer­de erweist sich daher als unbegründet und ist abzuweisen.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 63 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 1 VwVG).

6.1. Die Gerichtsgebühr ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streit­sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien fest­zulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Feb­ruar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Beschwerde­ver­fahren vor Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu ver­an­schlagen (Art. 4 VGKE), wobei dafür im Widerspruchsbe­schwerde­verfahren das Inter­esse der Widersprechenden an der Löschung, bzw. der Widerspruchsgegnerin am Be­stand der angefochtenen Mar­ke zu ver­an­schlagen ist. Es würde allerdings zu weit führen, wenn dafür im Ein­zel­fall stets konkrete Auf­wandsnachweise verlangt wür­den. Mangels anderer streitwertrelevanter Angaben ist der Streitwert darum nach Erfahrungswerten auf einen Betrag zwischen Fr. 50'000.- und Fr. 100'000.- festzulegen (BGE 133 III 490 E. 3.3, mit Hinweisen). Von diesem Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszu­gehen. Daraus ergeben sich Verfahrenkosten von Fr. 3'000.-, die der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen sind. Der den Kosten­vorschuss in Höhe von Fr. 4'000.- über­steigende Betrag von Fr. 1'000.- ist der Beschwerdeführerin zurückzu­er­statten.

6.2. Der obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Antrag eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten zu­lasten der Beschwerdegegnerin zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VKGE.). Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei (Art. 8 VGKE). Gemäss Art. 14 VGKE setzt das Gericht die Parteientschädigung aufgrund einer detaillierten Kostennote fest, so­fern eine solche eingereicht wird. Vor­liegend hat die Beschwerde­geg­nerin mit Eingabe vom 18. Juni 2010 eine solche ein­ge­reicht, die sich auf ein anwaltliches Honorar in Höhe von Fr. 3'800.- (pauschal für die Durchsicht der Beschwerde und die Ausarbeitung sowie Einreichung der Beschwerdeantwort) be­läuft. Ange­sichts der durchschnittlichen Kom­plexität dieses Wider­spruchs­ver­fahrens erscheint dies ange­mes­sen. Damit ist der Beschwerdeführerin eine Partei­ent­schädigung von ins­gesamt Fr. 4'088.80, bestehend aus einem Hono­rar in Höhe von Fr. 3'800.-, zuzüglich Fr. 288.80.- Mehr­wertsteuer (7.6 %), auf­zuerle­gen.

7.
Entscheide, die im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen eine Marke getroffen worden sind, sind nach Art. 73 des Bundes­gerichts­gesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) nicht an das Bundes­gericht weiterziehbar. Das vorliegende Urteil ist somit rechtskräftig.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 3'000.- werden der Be­schwer­deführerin auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 4'000.- verrechnet. Der Restbetrag ist der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten.

3.
Der Beschwerdegegnerin wird zulasten der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 4'088.80.- zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beilage: Rückerstat­tungs­for­mular; Beschwerdebeilagen zurück)

- die Beschwerdegegnerin (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. Widerspruchsverfahren Nr. 8279; Einschreiben; Vorakten zurück)

Der vorsitzende Richter:

Die Gerichtsschreiberin:

Philippe Weissenberger

Astrid Hirzel

Versand: 20. Dezember 2010

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frage
ältere marke
verfahrenskosten
eidgenössisches institut für geistiges eigentum
begründung des entscheids
widerspruchsverfahren
abnehmerkreis
umfang(allgemein)
ausmass der baute
änderung(allgemein)
berechtigter