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Abteilung II

B-3119/2015

 

 

 

 

Urteil vom 27. August 2015

Besetzung

 

Richter Philippe Weissenberger (Vorsitz),

Richter Frank Seethaler, Richter Ronald Flury,

Gerichtsschreiberin Astrid Hirzel.

 

 

 

Parteien

 

1. William H. Gates III und Melinda French Gates

(als Trustees des Bill & Melinda Gates Foundation Trust),

500 Fifth Avenue, US-WA 98119 Seattle, 

2. Cascade Investment, L.L.C.,
2365 Carillon Point,
US-WA 98033 Kirkland, 

beide vertreten durch die Rechtsanwälte
lic. iur. Philipp Haas, Dr. Andreas Casutt und Dr. Ulysses von Salis,
Niederer Kraft & Frey AG, Bahnhofstrasse 13, 8001 Zürich,

Beschwerdeführende,

 

 

 

gegen

 

 

1. Compagnie de Saint-Gobain,
"Les Miroirs",
18, avenue d' Alsace, FR-92400 Courbevoie, 

vertreten durch die Rechtsanwälte
Prof. Dr. Rolf Watter und Dr. Mariel Hoch,
Bär & Karrer AG, Brandschenkestrasse 90, 8027 Zürich,

2. Schenker-Winkler Holding AG,
Bannäbni 16,
6340 Baar, 

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Paul Bürgi,
Buis Bürgi AG, Mühlebachstrasse 8, Postfach 672, 8024 Zürich,

Beschwerdegegnerinnen,

 

 

 

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA,
Laupenstrasse 27, 3003 Bern,  

Vorinstanz,

 

Übernahmekommission (UEK),
Selnaustrasse 30, Postfach 1758, 8021 Zürich,

Erstinstanz,

 

 

 

 

Gegenstand

 

Angebotspflicht.

 

 

 


Sachverhalt:

A.
Die Sika AG (nachfolgend: Sika) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Baar. Das Aktienkapital beträgt Fr. 1'524'106.80, eingeteilt in 2'333'874 vinkulierte und als Stimmrechtsaktien ausgestaltete Namenaktien mit einem Nennwert von Fr. 0.10 sowie 2'151'199 Inhaberaktien mit einem Nennwert von Fr. 0.60. Die Inhaberaktien sind im Main Standard der SIX Swiss Exchange kotiert, die Namenaktien sind nicht kotiert.

A.a Art. 5 der Statuten der Sika, der den Titel "Öffentliches Kaufangebot" trägt, enthält eine so genannte Opting-out-Klausel folgenden Inhalts: "Ein Erwerber von Aktien der Gesellschaft ist nicht zu einem öffentlichen Kauf­angebot nach Art. 32 und 52 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel BEHG verpflichtet".

A.b Nach Art. 4 der Statuten der Sika unterstehen die Namenaktien folgender Vinkulierung:

"5 % Schwelle              Der Verwaltungsrat kann einen Erwerber von Namenaktien als Aktionär ablehnen, soweit die Anzahl der von ihm gehaltenen Namenaktien 5 % der Gesamtzahl der im Handelsregister eingetragenen Namenaktien überschreitet.

              Die Begrenzung auf 5 % gilt auch für die Zeichnung oder den Erwerb von Namenaktien mittels Ausübung von Bezugs-, Options- oder Wandelrechten aus Namen- oder Inhaberaktien
oder sonstigen von Gesellschaft oder Dritten ausgestellten Wertpapieren.

              Juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, die untereinander kapital- oder stimmenmässig, durch einheitliche Leitung oder auf ähnliche Weise zusammengefasst sind, sowie natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die im Hinblick auf eine Umgehung der Eintragungsbeschränkung koordiniert vorgehen, gelten in Bezug auf diese Bestimmung als ein Erwerber. [...]"

A.c Ende 2014 hielt die Familie Burkard direkt und indirekt über die von ihr zu 100 % beherrschte Schenker-Winkler Holding AG, Baar (nachfolgend: SWH), insgesamt 52.71 % der Stimmrechte der Sika. Jedes der fünf Geschwister der Familie Burkard hält eine 20 % Beteiligung an der SWH. Diese hält derzeit 2'330'853 Namenaktien (rund 99 %) sowie 42'701 Inhaberaktien der Sika; dies entspricht 52.92 % der Stimmrechte an der Sika bzw. 16.97 % des Aktienkapitals.

A.d Am 5. Dezember 2014 schlossen die vorerwähnten Mitglieder der Familie Burkard und die Compagnie de Saint-Gobain, eine Aktiengesellschaft französischen Rechts (nachfolgend: Saint-Gobain), einen Aktienkaufvertrag über sämtliche Aktien der SWH und somit indirekt über die Beteiligung der SWH an der Sika zu einem Preis von 2.75 Mrd. Franken, was im damaligen Zeitpunkt einem Aufschlag von ca. 80 Mio. Franken gegenüber dem Börsenkurs der Inhaberaktien der Sika entsprach.

A.e Nachdem Saint-Gobain mit Medienmitteilung vom 8. Dezember 2014 über den Abschluss des Aktienkaufvertrags informiert und angekündigt hatte, dass kein öffentliches Kaufangebot von Saint-Gobain an die Publikumsaktionäre der Sika beabsichtigt sei, erklärten der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Sika gleichentags mit Medienmitteilung, die geplante Transaktion abzulehnen. Der Börsenkurs der Inhaberaktien eröffnete am 8. Dezember 2014 um 12.5 % tiefer und schloss gegenüber dem Schlusskurs vom vorangehenden Freitag mit einem Minus von 22 %.

A.f Am 22. Dezember 2014 trat Saint-Gobain die Rechte und Pflichten aus dem Aktienkaufvertrag an die von ihr kontrollierte Société de Participations Financières et Industrielles SA ab.

A.g Mit Medienmitteilung vom 26. Januar 2015 teilte die Sika mit, die Vinkulierungsbestimmung nach Art. 4 der Statuten auf die neu gebildete Gruppe bestehend aus der Familie Burkard, SWH und Saint-Gobain anzuwenden und deren Stimmrechte auf 5 % zu beschränken.

B.
Mit Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 stellte die Übernahmekommission (UEK; nachfolgend: Erstinstanz) auf Gesuch der SWH hin die Gültigkeit der in Art. 5 der Statuten der Sika verankerten Opting-out-Klausel fest und entschied, dass bei deren allfälligen Abschaffung Art. 22 Abs. 3 BEHG (zit. in E. 1.1) und die Praxis der UEK zur nachträglichen Einführung eines Opting out keine Anwendung fänden.

Mit Verfügung 594/03 vom 1. April 2015 wies die UEK eine Einsprache der Beschwerdeführenden gegen die Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 ab, was unangefochten geblieben ist.

C.
Mit Verfügung 598/01 vom 1. April 2015 stellte die UEK auf Gesuch von William H. Gates III und Melinda French Gates (als Trustees des Bill & Melinda Gates Foundation Trust) und der Cascade Investment, L.L.C. (nachfolgend: Beschwerdeführende), hin fest, dass die Opting-out-Klausel gemäss Art. 5 der Statuten der Sika auf die zwischen der Familie Burkard und SWH einerseits und Saint-Gobain andererseits beabsichtigte Transaktion Anwendung finde und die Saint-Gobain sowie allenfalls in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnde Personen daher nicht verpflichtet seien, ein öffentliches Kaufangebot an die Aktionäre der Sika zu unterbreiten (Dispositiv-Ziff. 3); darüber hinaus wies die UEK die Begehren der Gesuchsteller und der Sika um Edition weiterer Unterlagen (Dispositiv-Ziff. 4) sowie alle übrigen Begehren (Dispositiv-Ziff. 5) ab und verpflichtete die Gesuchsteller unter solidarischer Haftung zur Bezahlung einer Gebühr von Fr. 40'000.- (Dispositiv-Ziff. 8).

D.
Am 7. April 2015 wurde der Aktienkaufvertrag zwischen der Familie Burkard und Saint-Gobain vom 5. Dezember 2014 durch einen neuen Vertrag ersetzt, der nun auch die vormals direkt von der Familie Burkard an der Sika gehaltenen und zwischenzeitlich der SWH übertragenen Aktien - mit Ausnahme von fünf Namenaktien, die an einen Dritten veräussert wurden - umfasst (vgl. Bst. A.c). In einer Medienmitteilung der Saint-Gobain vom gleichen Tag erklärte diese, dass mit dem neuen Vertrag dessen Gültigkeit bis zum 30. Juni 2016 verlängert worden sei, unter Einräumung einer Option auf nochmalige Verlängerung. Gleichzeitig erklärte Saint-Gobain, sie könne nicht gezwungen werden, die Aktien der SWH zu erwerben, wenn dies Auslöser für ein öffentliches Kaufangebot an die Aktionäre der Sika sei.

E.
Am 14. April 2015 lehnte die ordentliche Generalversammlung der Sika unter Berücksichtigung der Stimmen der SWH den Antrag einer Aktionärsgruppe auf Streichung der Opting-out-Klausel in Art. 5 der Statuten der Sika ab.

F.
Mit Verfügung vom 4. Mai 2015 wies der Übernahmeausschuss der Eidgenössischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA; nachfolgend: Vorin­stanz) die von den Beschwerdeführenden gegen die Verfügung 598/01 vom 1. April 2015 erhobene Beschwerde sowie alle übrigen Anträge der Verfahrensbeteiligten ab (Dispositiv-Ziff. 1, 2 und 3), erhob von den Beschwerdeführenden (unter solidarischer Haftung) sowie von der Sika je eine Gebühr von Fr. 22'500.- (Dispositiv-Ziff. 4 und 5) und sprach der SWH sowie der Saint-Gobain zulasten der Beschwerdeführenden und der Sika je eine Parteientschädigung von je Fr. 5'000.- zu (Dispositiv-Ziff. 6 und 7).

G.
Mit Eingabe vom 14. Mai 2015 erhoben die Beschwerdeführenden dagegen Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragen, Dispositiv-Ziff. 1 und 3 bis 7 der Verfügung der Vorinstanz vom 1. April 2015 seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass Saint-Gobain verpflichtet sei, ein Pflichtangebot gemäss Art. 32 BEHG (zit. in E. 1.1) für alle sich im Publikum befindenden Aktien der Sika zu unterbreiten. Eventualiter sei festzustellen, dass Saint-Gobain mit dem Vollzug des Aktienkaufvertrags vom 5. Dezember 2014 verpflichtet sei, ein Pflichtangebot für alle Publikumsaktien der Sika zu unterbreiten. Die Verfahrenskosten seien Saint-Gobain aufzuerlegen und diese sei zur Zahlung einer angemessenen Parteientschädigung an die Beschwerdeführenden zu verpflichten.

G.a Zudem beantragen die Beschwerdeführenden, wie bereits vor Vor­instanz, Massnahmen bzw. Auflagen zum Schutz der Publikumsaktionäre für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Angebotspflicht von Saint-Gobain verneine, damit die Sika trotz Kontrollwechsels weiterhin als unabhängiges Publikumsunternehmen geführt werde. Dazu gehöre insbesondere die Unabhängigkeit des Verwaltungsratspräsidenten und der Mehrheit des Verwaltungsrats der Sika von Saint-Gobain, damit diese keinen Einfluss auf die Konzernorganisation und die operative Unabhängigkeit der Sika Gruppe ausüben würden, sowie der Abschluss sämtlicher Vereinbarungen und Abreden zwischen der Sika und Saint-Gobain zu Drittbedingungen (arm's length) bei strikter Handhabung von Interessenkonflikten. Ferner stellen die Beschwerdeführenden ein Begehren um Edition sämtlicher Verkaufsunterlagen wie Procedure Letters, Informationsmemoranda und andere seitens der Familie Burkard den Kaufinteressenten zur Verfügung gestellten Unterlagen, und um Befragung von Urs Burkard als Zeugen oder Auskunftsperson betreffend den Verkauf.

G.b Zur Begründung bringen die Beschwerdeführenden im Wesentlichen vor, die Opting-out-Klausel nach Art. 5 der Statuten der Sika finde auf Saint-Gobain keine Anwendung; die Vorinstanz habe die Methode zur Auslegung von Statuten bei Publikumsgesellschaften falsch angewendet und die Auslegung von Vinkulierung und Opting out müsse aufgrund der gemeinsamen Zwecksetzung der beiden Institute gemeinsam erfolgen. Die korrekte Auslegung der Opting-out-Klausel führe zum Resultat, dass das Opting out zwar auf Kontrollverschiebungen innerhalb der Familie, nicht aber auf einen Kontrollerwerb durch Dritte anwendbar sei. Ferner sei die Berufung auf die Opting-out-Klausel unlauter; die Vorinstanz habe die Prüfung einer Verletzung des (börsenrechtlichen) Lauterkeitsgebots jedoch unterlassen. Als Konsequenz des unlauteren Verhaltens müsse von der Transaktion Abstand genommen werden oder den Publikumsaktionären ein Angebot gemacht werden. Da die Opting-out-Klausel nicht anwendbar sei, unterliege die Saint-Gobain der Angebotspflicht nach Art. 32 BEHG (zit. in E. 1.1). Sollte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss gelangen, dass zum heutigen Zeitpunkt, d.h. vor Vertragsvollzug, noch keine Angebotspflicht bestehe, sei festzustellen, dass die Angebotspflicht mit Vollzug der Transaktion und dem Erwerb des Eigentums an den SWH-Aktien entstehe.

H.
Mit Zwischenverfügung vom 20. Mai 2015 erhob das Bundesverwaltungsgericht Kostenvorschüsse von den Beschwerdeführenden, eröffnete den Schriftenwechsel zur Sache und ersuchte die Sika, zu erklären, ob sie die Voraussetzungen einer Beiladung als erfüllt sehe und beantrage, zum Verfahren beigeladen zu werden.

H.a Die Sika beantragte mit Eingabe vom 1. Juni 2015, ihr sei im Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht weiterhin Parteistellung zuzuerkennen, es sei ihr vollständige Akteneinsicht zu gewähren, insbesondere eine Kopie der Beschwerde inklusive Beilagen zuzustellen, und es sei ihr eine angemessene Frist zur Einreichung einer Stellungnahme anzusetzen.

H.b Den Verfahrensbeteiligten wurde sodann das rechtliche Gehör mit Bezug auf die Anträge der Sika gewährt.

H.c Mit Zwischenentscheid vom 16. Juni 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Sika auf Einräumung einer Parteistellung im vorliegenden Beschwerdeverfahren sowie die damit verbundenen Verfahrensanträge ab. Die Ausführungen der Sika in ihrer Eingabe vom 1. Juni 2015 zur Sache (Rz. 12 bis Rz. 45 erster Satz) wurden aus dem Recht gewiesen. Der Sika wurden die Verfahrenskosten von Fr. 400.- für das Verfahren betreffend Parteistellung auferlegt und den Beschwerdegegnerinnen zu Lasten der Sika je eine Parteientschädigung von Fr. 1'700.- zugesprochen.


I.
Mit Vernehmlassungen vom 21. bzw. 28. Mai 2015 beantragen die Vor- und die Erstinstanz die Abweisung der Beschwerde. In der Sache verzichteten sie unter Verweis auf ihre Ausführungen in der erst- und vorinstanzlichen Verfügung auf eine Stellungnahme.

J.
Mit Beschwerdeantwort vom 1. Juni 2015 beantragt Saint-Gobain die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführenden. Auf einen zweiten Schriftenwechsel sei zu verzichten, da das Verfahren spruchreif sei. Die von den Beschwerdeführenden gestellten Editionsbegehren und die beantragte Befragung seien abzuweisen, da daraus keine relevanten Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Schliesslich seien die beantragten Schutzmassnahmen zugunsten der Publikumsaktionäre mangels Substantiierung abzuweisen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht sich dennoch inhaltlich damit befassen, seien diese abzulehnen, da es an einer rechtlichen Grundlage für die geforderten Massnahmen fehle.

K.
Mit Beschwerdeantwort vom 1. Juni 2015 beantragt die SWH ebenfalls die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführenden; für die Bemessung der Parteientschädigung seien auch die Aufwendungen vor der Vorinstanz zu berücksichtigen. Die Einsicht der Beschwerdeführenden in den als Beilage eingereichten Aktienkaufvertrag vom 7. April 2015 sei von der Auflage abhängig zu machen, dass dieser Vertrag nur für den Zweck des vorliegenden Verfahrens verwendet und Dritten nicht zugänglich gemacht werden dürfe. Ferner beantragt die SWH, die von den Beschwerdeführenden beantragten Beweismassnahmen seien mangels Relevanz für das vorliegende Verfahren abzuweisen. Der Antrag auf Schutzmassnahmen für die Publikumsaktionäre sei unklar, jedenfalls aber abzulehnen.

L.
Mit Verfügung vom 17. Juni 2015 stellte das Bundesverwaltungsgericht die Vernehmlassungen und die Beschwerdeantworten den Verfahrensbeteiligten zu, hiess den Antrag der SWH betreffend den Aktienkaufvertrag vom 7. April 2015 unter der beantragten Auflage gut.

M.
Mit Replik vom 3. Juli 2015 halten die Beschwerdeführenden an ihren Anträgen fest. In der Begründung wird der Vorwurf der Marktmanipulation nach Art. 33f BEHG (aufsichtsrechtliches Verbot der Marktmanipulation; zit. in E. 1.1) durch eine Aussage von Urs Burkard gegenüber den Medien erhoben. Weiter begründen die Beschwerdeführenden ihre Anträge um Edition sämtlicher Dokumente (Korrespondenz mit der Mandantin, Memoranda und Abklärungen im Zusammenhang mit der Opting-out-Klausel und der Vinkulierungsbestimmung) auf die sich Saint-Gobain in Rz. 10 ihrer Beschwerdeantwort beziehe, um Edition des Aktienkaufvertrags vom 5. Dezember 2014 sowie weiterer damit zusammenhängenden Vereinbarungen und um die beantragte Zeugenbefragung. Schliesslich äussern sich die Beschwerdeführenden zu den Ausführungen der Sika vom 1. Juni 2015.

N.
Mit Verfügung vom 7. Juli 2015 stellte das Bundesverwaltungsgericht die Replik den übrigen Verfahrensbeteiligten zu und erklärte, dass kein weiterer Schriftenwechsel vorgesehen sei.

O.
Mit unaufgefordert eingereichter Stellungnahme vom 10. Juli 2015 hält die SWH an ihrem Antrag fest. Ferner erklärt sie, die Ausführungen der Beschwerdeführenden zur Eingabe der Sika vom 1. Juni 2015 seien unbeachtlich und müssten aus dem Recht gewiesen werden, da das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 16. Juli 2015 die entsprechenden Ausführungen der Sika zur Sache aus dem Recht gewiesen habe und die genannten Ausführungen damit eine unzulässige Beschwerdeergänzung darstellten.

P.
Die Beschwerdeführenden haben dazu mit Eingabe vom 10. August 2015 Stellung genommen.


Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.  

1.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 33d Abs. 1 des Börsengesetzes vom 24. März 1995 [BEHG, SR 954.1] i.V.m. Art. 31 und 33 Bst. e des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]).

1.2 Die Cascade Investment, L.L.C., hielt im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verfügung als direkte Aktionärin eine Beteiligung von deutlich mehr als 3 % der Stimmrechte der Sika (4,62 % am 6. Februar 2015). Ihr Stimmrechtsanteil betrug am 27. März 2015 5,23 % (https://www.six-exchange-regulation.com/de/home/publications/significant-shareholders.html#notificationId=TBF3Q00014, besucht am 17. August 2015). Wirtschaftlich berechtigt sind an diesen Aktienpositionen William H. Gates III und Melinda French Gates sowie der Bill und Melinda Gates Foundation Trust im Umfang von 134'577 Stimmrechten (entsprechend 3,001 % der Stimmrechte der Sika). Alle an der Cascade Investment, L.L.C., wirtschaftlich Berechtigten sind durch einen Aktionärsbindungsvertrag miteinander verbunden. Entsprechend hat die Erstinstanz die Beschwerdeführenden als Gruppe, als welche sie auch bei der Sika gemeldet worden war, eingestuft und ihnen, aufgrund ihrer Beteiligung von mehr als 3 % der Stimmrechte an der Sika, in Anwendung von Art. 33b Abs. 3 BEHG i.V.m. Art. 56 Abs. 3 der Übernahmeverordnung vom 21. August 2008 (UEV, SR 954.195.1) Parteistellung zuerkannt. Im Einklang damit hat auch die Vorinstanz den Beschwerdeführenden die Beschwerdelegitimation zugestanden, da sie Adressaten der vor der Vorinstanz angefochtenen Verfügung und in ihrer Eigenschaft als Aktionäre durch die Feststellung der Anwendbarkeit der Opting-out-Klausel besonders berührt seien, wodurch sie ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der Verfügung hätten. Gleiches gilt für das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht (Art. 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]), was von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht in Frage gestellt wird.

Da die beiden Beschwerdeführenden als Gruppe auftreten, wird ihre Eingabe als eine einzige Beschwerde behandelt.

1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden und die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 50 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 und Art. 44 ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.
Mit Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 bzw. Einspracheentscheid 594/03 vom 1. April 2015 (vgl. Sachverhalt Bst. B) hat die UEK festgestellt, dass das in Art. 5 der Statuten der Sika verankerte Opting out gültig sei. Da der Entscheid der UEK nicht weitergezogen wurde (vgl. angefochtene Verfügung Rz. 40), kann die Rechtsgültigkeit der Opting-out-Klausel im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Frage gestellt werden. Streitgegenstand ist hier einzig, ob sich Saint-Gobain als Erwerberin der Mehrheit der Stimmrechte an Sika auf die Opting-out-Klausel berufen kann oder sie gegenüber den anderen Aktionären eine Angebotspflicht trifft und ob die Vorinstanz den Beschwerdegegnerinnen Auflagen zum Schutz der Publikumsaktionäre hätte machen müssen.

3.
Das BEHG regelt in seinem 5. Abschnitt bzw. in den Art. 22 ff. die öffentlichen Kaufangebote. Dieser Abschnitt ist am 1. Januar 1998 in Kraft getreten, wobei einige Bestimmungen seither gewisse Modifikationen erfahren haben. Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG ist zur Unterbreitung eines Angebots für alle kotierten Beteiligungspapiere einer schweizerischen Publikumsgesellschaft verpflichtet, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere dieser Gesellschaft erwirbt und damit zusammen mit den bereits gehaltenen Beteiligungspapieren den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, überschreitet. Dieser Grenzwert kann in den Statuten der Gesellschaft bis auf 49 % der Stimmrechte angehoben werden. Gemäss Art. 22 Abs. 2 BEHG können die Gesellschaften vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere gemäss Art. 22 Abs. 1 BEHG in ihren Statuten festlegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 32 BEHG verpflichtet ist (so genanntes Opting out, also Verzicht auf die Anwendung von Art. 32 Abs. 1 BEHG). Diese Bestimmung wird durch Art. 22 Abs. 3 BEHG dahingehend ergänzt, dass eine Gesellschaft jederzeit eine Bestimmung gemäss Abs. 2 der Norm in ihre Statuten einführen kann, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220) bewirkt.

3.1 Wie im Sachverhalt (vgl. Bst. A.a) dargelegt, enthält Art. 5 der Statuten der Sika, der den Titel "Öffentliches Kaufangebot" trägt, eine auf Art. 22 Abs. 2 BEHG sich stützende Opting-out-Klausel folgenden Inhalts: "Ein Erwerber von Aktien der Gesellschaft ist nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 32 und 52 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel BEHG verpflichtet". Diese Klausel wurde von Sika an ihrer Generalversammlung vom 27. Mai 1998 innerhalb der zweijährigen Übergangsfrist nach Inkrafttreten des Börsengesetzes am 1. Januar 1998 (Art. 53 aBEHG, AS 1997 2044) mit einstimmigem Beschluss eingeführt. Mit Verfügungen 594/01 bzw. 594/03 (vgl. E. 2) hat die UEK die Rechtsgültigkeit dieser Klausel festgestellt.

3.2 An der ordentlichen Generalversammlung der Sika vom 14. April 2015 wurde über das traktandierte Begehren einer Aktionärsgruppe um Streichung des Opting out befunden. Die Generalversammlung sprach sich gegen den Antrag aus.

4.
Vorliegend rechtfertigt es sich, die Entscheide der Erst- und Vorinstanz bzw. deren Begründungen ausführlich darzulegen.

4.1 Die Erstinstanz stellt fest, dass die Opting-out-Klausel gemäss Art. 5 der Statuten von Sika auf die vorliegende Transaktion zwischen der SWH und Saint-Gobain anwendbar sei und Saint-Gobain sowie allenfalls in gemeinsamer Absprache handelnde Personen nicht verpflichtet seien, ein öffentliches Kaufangebot an die Aktionäre von Sika zu unterbreiten. Zur Begründung führt sie zusammenfassend Folgendes aus:

4.1.1 Die Vinkulierungsklausel und die Opting-out-Klausel seien inhaltlich und verfahrensrechtlich getrennt voneinander zu betrachten. Während sich die Opting-out-Klausel inhaltlich auf die börsenrechtliche Angebotspflicht gemäss Art. 32 BEHG beziehe, regle die aktienrechtliche Vinkulierungsbestimmung, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Erwerber von nicht kotierten Namenaktien Eigentum an ihnen erwerben könne (Art. 685c Abs. 1 OR). Entsprechend ergäben sich verfahrensrechtlich unterschiedliche Zuständigkeiten: Während die Gültigkeit und der Inhalt einer Opting-out-Klausel (und damit zusammenhängend das Bestehen einer Angebotspflicht) durch die UEK geprüft werde, seien für die Beurteilung der Vinkulierungsklausel die Zivilgerichte zuständig. Die UEK könne vorfrageweise zu Aspekten des Aktienrechts Stellung nehmen, wenn die Beantwortung einer gesellschaftsrechtlichen Frage einen Einfluss auf die börsen- bzw. übernahmerechtlich zu beurteilende Frage habe; bei der Vinkulierungsklausel handle es sich jedoch nicht um eine Vorfrage, sondern um eine selbständige Frage. Die Opting-out-Klausel in den Statuten der Sika sei klar und eindeutig, weshalb sie nicht im Lichte anderer Statutenbestimmungen ausgelegt werden müsse. Nach dem Wortlaut von Art. 5 der Statuten sei der "Erwerber" von jeglichen Aktien der Sika von der Angebotspflicht befreit. Die Bestimmung unterscheide weder nach der Person des Erwerbers noch nach der Art von Aktien (Namen- oder Inhaberaktien). Sie enthalte somit einen generellen bzw. vorbehaltlosen Ausschluss der gesetzlichen Angebotspflicht. In diesem Sinne sei die Bestimmung auch von der SIX Swiss Exchange in ihrem Hinweis auf ihrer Webseite und von Sika in ihren Geschäftsberichten interpretiert worden; jedenfalls enthielten weder die Informationen der SIX noch der Sika Hinweise darauf, dass sich nur die Mitglieder der Familie Burkard auf die Opting-out-Klausel berufen könnten.

4.1.2 Ferner liege kein Rechtsmissbrauch vor, der die Anrufung der Opting-out-Klausel ausschliessen würde. Daran vermöchten allfällige öffentliche Aussagen der Geschwister Burkard über ihre stabilisierende Rolle und jene der SWH als Trägerin der Stimmenmehrheit im Kapitalmarkt nichts zu ändern. Es könne deshalb offen gelassen werden, ob und unter welchen
Voraussetzungen solche Aussagen Saint-Gobain zugerechnet werden könnten, da solche Aussagen jedenfalls nicht geeignet seien, die Anrufung des Opting out als rechtsmissbräuchlich erscheinen zu lassen, und zwar weder für Saint-Gobain noch für SWH und die Geschwister Burkard. Solche Aussagen könnten aber gegebenenfalls die Frage einer zivilrechtlichen Vertrauenshaftung aufwerfen, wofür die UEK nicht zuständig sei. Schliesslich handle Saint-Gobain nicht widersprüchlich, indem sie als Erwerberin die Opting-out-Klausel anrufe und gleichzeitig mit Blick auf eine mögliche Anwendung der Vinkulierungsklausel bestreite, Erwerberin zu sein. Das gelte jedenfalls in Bezug auf das Opting out, weil Saint-Gobain stets kundgetan habe, sich auf dieses zu berufen bzw. berufen zu wollen. Bei diesem Ergebnis seien die Anträge um Edition von Unterlagen (im Wesentlichen der Kaufvertrag und alle Dokumente, die in engem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag stünden), abzuweisen. Die Details des Kontrollerwerbs seien unerheblich, da der Kontrollerwerb ohnehin keine Angebotspflicht auslöse und im Übrigen nicht ersichtlich sei, inwiefern die verlangten Dokumente für die Auslegung des Opting out relevant sein könnten.

4.2 In Ihrer Verfügung vom 4. Mai 2015 weist die Vorinstanz die gegen die Verfügung der UEK erhobenen Beschwerden ab. Mit einer stark ausgebauten Begründung folgt sie der Erstinstanz.

4.2.1 Die Vorinstanz geht zunächst eingehend auf die Entstehungsgeschichte von Art. 22 Abs. 2 und 3 sowie Art. 32 Abs. 1 BEHG und zu ihrer Wirkung (Vor- und Nachteile) ein. Sie legt dar, dass das Opting out den generellen Ausschluss der Angebotspflicht von Art. 32 Abs. 1 BEHG bezweckt. Das habe erhebliche Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme sowie auf ein allfälliges Übernahmeszenario. Die Kontrollnahme über eine Gesellschaft sei mit weniger Investitionsaufwand möglich, als wenn den Publikumsaktionären ein Mindestangebot nach den gesetzlichen Vorgaben unterbreitet werden müsse. Der Gesetzgeber habe dieses Instrument mit seinen einschneidenden Wirkungen bewusst und im Wissen um allfällige Nachteile geschaffen. Nur die Möglichkeit eines Opting out habe es ihm im Sinne eines politischen Kompromisses erst erlaubt, die höchst umstrittene Angebotspflicht einzuführen. Darüber hinaus schliesse der Gesetzgeber die Kombination von Opting out, vinkulierten Namenaktien und Stimmrechtsaktien, wie sie die Sika-Namenaktien gegenüber den Sika-Inhaberaktien darstellten, nicht aus, und er habe soweit ersichtlich auch keine Vorkehrungen zur Regelung oder Einschränkung des Zusammenspiels dieser drei Instrumente getroffen. Damit habe er es auch hingenommen, dass die gleichzeitige Implementierung aller drei Instrumente im Ergebnis zu einer Situation wie der vorliegenden führe.

4.2.2 Weiter beschäftigt sich die Vorinstanz mit der Auslegung der hier umstrittenen Statutenregelung. Sie wendet die gleichen Regeln an wie für die Gesetzesauslegung und prüft grammatikalische, systematische, historische und teleologische Aspekte. Wie die Erstinstanz erachtet sie den Wortlaut von Art. 5 der Statuten zunächst als klar und eindeutig. Die Opting-out-Klausel enthalte keinen Hinweis auf eine Anwendungsbeschränkung und lasse damit keine Zweifel offen, dass sie auf jeden Erwerber und jede Kontrollsituation Anwendung finde. Sie sei auch nicht im Lichte der Vinkulierungsklausel auszulegen. Ein Zusammenhang beider Rechtsinstitute werde weder in Lehre und Rechtsprechung hergestellt noch entspreche dies der gesetzlichen Konzeption. Wenn Sika Vinkulierung und Opting out im Einzelfall hätte verknüpfen wollen, hätte sie dies explizit und für jeden potenziellen Investor nachvollziehbar in den Statuten aufnehmen müssen. Weiter legt die Vorinstanz eingehend die Umstände der Einführung von Art. 5 der Statuten der Sika dar. Die SWH habe den Antrag auf Einführung einer Opting-out-Klausel gestellt, wobei aus den Verwaltungsratsprotokollen der Sika hervorgehe, dass sie dies getan habe, um die Nachteile einer börsengesetzlichen Angebotspflicht auszuschliessen und die generelle Handelbarkeit ihrer Beteiligung an Sika zu bewahren, und dies trotz erwarteter negativer Auswirkungen auf den Börsenkurs und die Reputation der Gesellschaft. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Opting-out-Klausel ausschliesslich mit dem Zweck eingeführt worden sei, eine Angebotspflicht der Familie Burkard oder der SWH bei allfälligen familieninternen Umschichtungen oder bei einem Fluktuieren der eigenen Beteiligung um einen Grenzwert auszuschliessen. Bei der Einführung der Opting-out-Klausel sei weder im Verwaltungsrat der Sika noch an der Generalversammlung ein Zusammenhang zur Vinkulierung hergestellt worden. Die Sika habe mit Art. 5 der Statuten auf den Schutz der börsengesetzlichen Regelungen über die Pflichtangebote verzichtet und sich in diesem Punkt dafür entschieden, die vor Einführung der Angebotspflicht geltende Rechtslage beizubehalten. Daraus ergebe sich, dass der Schutz der Publikumsaktionäre bei Sika im Fall einer Kontrollübernahme, wenn überhaupt, einzig im Rahmen der Vinkulierung gemäss Art. 4 der Statuen erfolgen könne. Daran vermöge nichts zu ändern, dass die Verwaltungsratsmitglieder der SWH bei der Einführung der Opting-out-Klausel gesellschaftsintern die traditionell publikumsfreundliche Haltung der Familie hervorgehoben und gegenseitig bekräftigt hätten, an niemanden verkaufen zu wollen, der die Interessen der Minderheitsaktionäre missachte. Solche Aussagen vermöchten die Gültigkeit des von der Generalversammlung der Sika beschlossenen Opting out nicht einzuschränken. Im Übrigen hätte es Sika in der Hand gehabt, den Anwendungsbereich der Opting-out-Klausel nachträglich nur auf einen begrenzten Aktionärskreis - z.B. die Mitglieder der Familie Burkard bzw. die SWH - zu beschränken bzw. entsprechende Schritte einzuleiten. Seit dem Jahr 2010 habe die UEK ihre Praxis sukzessive dahingehend angepasst, dass formell und materiell selektive Opting-out-Klauseln in den Statuten einer Publikumsgesellschaft zulässig seien, sofern die Generalversammlung in voller Kenntnis der Sachlage über die Einführung des Opting out abstimme und der Antrag von der Mehrheit der von Minderheitsaktionären vertretenen Stimmen angenommen werde. Schliesslich sei die Opting-out-Klausel durch die öffentlich zugänglichen Statuten der Sika, die Hinweise in der Datenbank der SIX und die Ausführungen in den jährlichen Geschäftsberichten der Sika für alle Beteiligten und den gesamten Markt transparent gewesen.

4.2.3 Die Vorinstanz verneint schliesslich ein rechtsmissbräuchliches Anrufen der Opting-out-Klausel durch Saint-Gobain. Da dem Opting out in seiner gesetzlich vorgesehenen Form die Ungleichbehandlung der Aktionäre inhärent sei, was durch die Stimmrechtsaktien noch akzentuiert wer­de, könne die Anwendung einer Opting-out-Klausel nur im Ausnahmefall und jedenfalls nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich sein, weil sie sich für die Minderheitsaktionäre nachteilig auswirke. Das gebiete nicht zuletzt das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und das berechtigte Vertrauen der Beteiligten und des Finanzmarktes in den Bestand einer rechtsgültigen, klaren und eindeutigen Statutenbestimmung. Öffentliche Bekenntnisse von Mitgliedern der Familie Burkard zu ihrer Beteiligung an Sika könnten von vornherein die Anwendbarkeit der fraglichen Statutenbestimmung nicht beeinflussen, weil nur die Generalversammlung befugt sei, Art. 5 der Statuten im Rahmen der Praxis der FINMA abzuändern. Im Übrigen hätten sich die Familienmitglieder Burkard bzw. die SWH vor dem Verkauf ihrer Anteile nicht zur Anwendbarkeit des Opting out geäussert und sich auch nicht verpflichtet, Mehrheitsaktionärin von Sika zu bleiben. Es sei der Familie Burkard bzw. SWH jederzeit frei gestanden, ihre Meinungen zu ändern. Aber selbst wenn sie den berechtigten Eindruck vermittelt haben sollten, auch in Zukunft die Mehrheit an Sika unverändert halten zu wollen, so würde ein dadurch geschaffenes Vertrauen bzw. dessen Enttäuschung nicht dazu führen, dass das Opting out ausser Kraft gesetzt worden wäre und den Erwerber der Mehrheitsbeteiligung eine Angebotspflicht treffe. Vielmehr müssten wegen enttäuschten Vertrauens (anderer Aktionäre) die Zivilgerichte angerufen werden.

4.3 Nach der Rechtsprechung kann das Gericht im Rechtsmittelverfahren auf die Begründung der Vorinstanz verweisen, wenn es dieser beipflichtet. Davon ist indes zurückhaltend Gebrauch zu machen, da andernfalls der Eindruck entstehen kann, die Rechtsmittelinstanz setze sich mit den Vorbringen im Rechtsmittel nicht auseinander (Urteil des Bundesgerichts 6B_1224/2014 vom 9. April 2015 E. 1.2 f., zur Publikation vorgesehen). Auf der anderen Seite kann es nicht der Sinn eines Rechtsmittelverfahrens sein, dass zutreffende Ausführungen der unteren Instanzen wörtlich oder nahezu wörtlich von der Rechtsmittelinstanz wiederholt werden. Dies gilt jedenfalls in Fällen wie hier, in denen die Verfügungen der unteren Instanzen auf deren Webseiten abgerufen werden können. Nachfolgend wird das Bundesverwaltungsgericht von der Verweisungsmöglichkeit Gebrauch machen, soweit es den Ausführungen der UEK oder der FINMA beipflichtet und deren Einzelheiten für das Verständnis des vorliegenden Urteils nicht zwingend erforderlich sind.

5.
Zu prüfen ist, ob Saint-Gobain als Erwerberin einer Mehrheitsbeteiligung an Sika einer Angebotspflicht unterliegt.

5.1 Die Beschwerdeführenden bringen vor, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht angenommen, Saint-Gobain könne sich auf die Opting-out-Klausel berufen und müsse daher den Publikumsaktionären von Sika kein Pflichtangebot im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG vorlegen. Die Vorinstanz habe bei der Auslegung von Art. 5 der Statuten der Sika dem historischen Element zu grosses Gewicht beigemessen und das systematische Element falsch gewertet. In teleologischer Hinsicht müsse Art. 5 der Statuten zusammen mit der Vinkulierungsklausel nach Art. 4 der Statuten interpretiert werden. Letztere sei nur auf die Stimmrechtsaktien anwendbar und habe den Zweck, die Publikumsaktionäre beim Erwerb der Kontrolle durch einen Dritten zu schützen. Dies entspreche dem üblichem Zweck einer Vinkulierungsklausel mit prozentualer Limitierung, ausser, dass normalerweise jegliche Dominanz verhindert werden solle, während hier die Kontrolle durch die Familie Burkard akzeptiert werde. Die Vinkulierungsklausel mit einer Prozent-Vinkulierung von 5 % erlaube kleinere Aktienverschiebungen, etwa im Kreis der Familie oder auch an Dritte. Die Kontrolle durch Dritte könne nur durch Beschluss der Generalversammlung der Sika bewilligt werden, mit dem die Vinkulierungsklausel aufgehoben werde. Eine derartige Zustimmung der Publikumsaktionäre zu einem Kontrollwechsel sei nur wahrscheinlich, wenn der Käufer ihnen faire Konditionen biete, insbesondere, indem er ein öffentliches Angebot zu einem attraktiven Preis unterbreite. Auch bei der Opting-out-Klausel gehe es um die rechtlichen Konsequenzen bei einem Kontrollerwerb, insbesondere um dessen Auswirkungen auf die Rechte der Publikumsaktionäre. Sie müsse deshalb so ausgelegt werden, dass sie im Gleichklang und übereinstimmend mit der Vinkulierungsordnung beim Wechsel der Kontrolle über die Sika zu Dritten die Publikumsaktionäre ebenfalls geschützt würden. In beiden Fällen bestünden die Ausnahmen deshalb nur im Hinblick auf eine Kontrolle durch die Familie. Der Anwendungsbereich der Opting-out-Klausel sei deshalb auf Kontrollwechsel innerhalb der Familie zu reduzieren.

5.1.1 Wie bereits dargelegt, hat die Sika an ihrer Generalversammlung vom 27. Mai 1998 einstimmig die Aufnahme eines Art. 5 mit einer Opting-out-Klausel in ihre Statuten beschlossen (vgl. E. 3.1). Damit machte sie bzw. machten ihre Aktionäre von der durch die am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Revision des BEHG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Pflicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 32 und 52 BEHG auszuschliessen; gleichzeitig verhinderte sie durch ihr Handeln während der gesetzlichen Übergangsfrist von zwei Jahren (vgl. Art. 53 aBEHG), dass sie die strengeren Voraussetzungen für die Einführung einer Opting-out-Klausel nach Art. 22 Abs. 2 und 3 BEHG erfüllen musste. Damals erlaubte Art. 22 Abs. 2 BEHG den Publikumsgesellschaften nur, die erwähnte gesetzliche Angebotspflicht innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Revision global für nicht anwendbar zu erklären. Die gesetzliche Ausnahme von Art. 32 Abs. 3 BEHG, wonach die Angebotspflicht ausgeschlossen ist, wenn die Stimmrechte durch Schenkung, Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben werden, bestand bereits. Hätte Sika das Opting out auf solche Fälle beschränken wollen, um die Familie Burkard davor zu schützen, bei Verschiebungen im Aktionariat ein Pflichtangebot unterbreiten zu müssen, hätte gar kein Opting out beschlossen werden müssen. Nicht möglich war damals, die Angebotspflicht selektiv auszuschliessen bzw. - über die Fälle nach Art. 32 Abs. 3 BEHG hinaus - nur auf bestimmte Aktionärskreise oder Konstellationen anzuwenden. Der Gesetzgeber hat aber später erkannt, dass eine strikte Anwendung der Angebotspflicht zu unerwünschten Folgen führen könne. Er hat deshalb in Art. 32 Abs. 2 BEHG (i.V.m. Art. 39 der Börsenverordnung FINMA vom 25. Oktober 2008 [BEHV-FINMA, SR 954.193]), der am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, Sachverhalte aufgelistet, die es der UEK erlauben, die Angebotspflicht in Einzelfällen ausser Kraft zu setzen. Mit dieser Gesetzesrevision sind die Bedenken, die zur Einführung des Opting out nach Art. 22 Abs. 2 und 3 BEHG geführt haben, ganz oder jedenfalls weitgehend hinfällig geworden. Wie die Vorinstanzen eingehend dargelegt haben, hat die UEK ab dem Jahr 2010 ihre Praxis sukzessive dahingehend angepasst, dass formell und materiell selektive Opting-out-Klauseln in den Statuten einer Publikumsgesellschaft zulässig seien, sofern die Generalversammlung in voller Kenntnis der Sachlage über die Einführung des Opting out abstimme und der Antrag von der Mehrheit der von Minderheitsaktionären vertretenen Stimmen angenommen werde (vgl. für eine Zusammenfassung der entsprechenden Praxis der UEK Rz. 9 ff. der Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG). Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz, einschliesslich Quellenangaben, kann hier verwiesen werden (angefochtene Verfügung Rz. 49). Diese Entwicklung ändert aber nichts daran, dass die unter dem alten Regime - vor dem 1. Januar 2000 - eingeführten Opting-out-Klauseln in Statuten börsenkotierter Gesellschaften (vgl. dazu Art. 22 Abs. 1 BEHG) nach dem klaren Willen des historischen Gesetzgebers nach wie vor pauschal gelten und auf jegliche Aktionäre anwendbar sind. Eine nachträgliche selektive Anwendung solcher genereller Opting-out-Klauseln ist ausgeschlossen. Den betroffenen Gesellschaften steht es aber frei, sie unter den Voraussetzungen von Art. 22 Abs. 3 BEHG abzuändern. Dies erfordert aber einen Beschluss der Generalversammlung, der zudem keine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirken darf. Da die Sika Art. 5 ihrer Statuten nicht entsprechend angepasst hat, ist die Bestimmung pauschal auf alle Aktionäre anwendbar. Hätte z.B. ein Dritter Inhaberaktien aufgekauft und den Schwellenwert für eine Angebotspflicht nach Art. 32 Abs. 1 BEHG überschritten, hätte auch er sich auf die Opting-out-Klausel berufen können.

5.1.2 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass Art. 5 der Statuten der Sika gar nicht auslegungsbedürftig ist. Sein Wortlaut ist klar und eindeutig und entspricht seinem dargelegten Zweck. Seine uneingeschränkte Anwendung auf jegliche Aktionäre bzw. Aktionärskreise entspricht dem Entscheid des historischen Gesetzgebers, der den Publikumsgesellschaften im Jahr 1998 keine andere Möglichkeit eingeräumt hat, als sich entweder den Angebotsregeln nach Art. 32 Abs. 1 BEHG zu unterziehen oder sich ihnen integral - d.h. ausnahmslos - zu entziehen. Entsprechend vermögen die Beschwerdeführenden aus der Vinkulierungsregelung nach Art. 4 der Statuten der Sika nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Diese steht in keinem direkten Zusammenhang zur Opting-out-Klausel. Während die Opting-out-Klausel die Kontrollnahme über börsenkotierte Gesellschaften erleichtert, was für die Publikumsaktionäre und die betroffene Gesellschaft nachteilig sein kann, will die Vinkulierungsklausel verhindern, dass Dritte durch den Kauf von Namenaktien gewisse Stimmrechtsschwellen überschreiten. Darin mag hier ein gewisses Misstrauen gegenüber den Namenaktionären erblickt werden, doch findet dieses keine Entsprechung in der Opting-out-Klausel. Falls die von den Parteien in Bezug auf die Auslegung der Vinkulierungsklausel angerufenen Zivilgerichte im Sinne der Beschwerdeführenden und der Sika entscheiden würden, könnte Saint-Gobain seine erworbene Stimmenmehrheit nicht (vollständig) ausüben; das hätte jedoch keine Auswirkungen auf die Frage der Angebotspflicht. Im umgekehrten Fall könnte Saint-Gobain ihre erworbenen Stimmrechte ausüben, ohne einer Angebotspflicht zu unterliegen. In keinem Szenario vermag das Bundesverwaltungsgericht einen Widerspruch zu erkennen. Sollte die Vinkulierungsklausel auf die hier zu beurteilende Transaktion Anwendung finden, würde dies einfach bedeuten, dass sie, trotz Opting out, die Interessen der Minderheitsaktionäre effektiv schützt.

5.2 Zu prüfen ist weiter das Vorbringen der Beschwerdeführenden, Saint-Gobain dürfe sich nicht auf die Opting-out-Klausel berufen, weil Urs Burkard bzw. die SWH gegen die börsenrechtliche Lauterkeitspflicht verstossen hätten.

5.2.1 Die Beschwerdeführenden machen geltend, im Vorfeld der Bekanntgabe der Transaktion hätten Vertreter der Familie (SWH) gegenüber der Öffentlichkeit dargelegt, dass das "Commitment" der Familie gegenüber der Sika ungebrochen sei, obwohl damals der Verkaufsprozess bereits "voll im Gange" gewesen sei. Derartige tatsachenwidrige Aussagen verstiessen gegen das börsenrechtliche Lauterkeitsgebot. Saint-Gobain habe mit ihrem Verhalten der Aufrechterhaltung dieses rechtswidrigen Zustandes Hand geboten und damit ebenfalls unlauter gehandelt. Entsprechend sei es ihr verwehrt, sich auf die Opting-out-Klausel zu berufen, weil ansonsten das in Art. 1 UEV verankerte, aber für das gesamte Finanzmarktrecht geltende börsenrechtliche Lauterkeitsgebot verletzt sei. Die Beschwerdeführenden betonen, dass sie weder eine faktische Derogation des Opting out noch einen Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210) geltend machen würden. Vielmehr habe die Familie Burkard bzw. die SWH durch öffentliche Äusserungen von Urs Burkard das Lauterkeitsgebot verletzt. So habe Urs Burkard an einer Podiumsdiskussion am 17. Oktober 2014 in Davos über den 100-jährigen "Sika Spirit" erwähnt, dass sich dieser auch in den nächsten 100 Jahren nicht ändern werde. In der Ausgabe der Zeitschrift Bilanz vom 28. November 2014 werde Urs Burkard mit folgender Aussage zitiert: "Das Commitment der Familie zum Unternehmen bleibt ungebrochen". Die Authentizität dieser Aussage sei von Urs Burkard in einem am 22. Februar 2015 in der Sonntagszeitung publizierten Interview ausdrücklich bestätigt worden. Gemäss den Ausführungen der SWH im Verfahren vor der Vorinstanz habe die Familie zu diesem Zeitpunkt den Verkaufsentscheid bereits gefällt, auch wenn noch offen gewesen sei, an wen verkauft werde. Da die SWH Verkaufshandlungen mit Interessen nur unter der Prämisse aufnehmen wollte, dass diese keinen Kontakt mit dem Verwaltungsrat und dem Management von Sika aufnahmen, sei Saint-Gobain als einziger Interessent übrig geblieben. Indem die Familie Burkard bzw. die SWH noch mitten im laufenden Verfahren zur Veräusserung ihres Sika-Aktienpakets dem Markt ausdrücklich zugesichert habe, dass sie der Sika weiterhin die Treue halten werde, habe sie börsenrechtlich unlauter gehandelt. Dies sei Saint-Gobain zuzurechnen, da diese aktiv das Anhalten des unlauteren Zustandes ermöglicht und damit ebenfalls das börsenrechtliche Lauterkeitsprinzip verletzt habe. Weder die Familie Burkard bzw. SWH noch Saint-Gobain dürften aus dieser Rechtsverletzung einen Vorteil ziehen. Saint-Gobain könne sich bereits aus diesem Grunde nicht auf das Opting out berufen, sofern dieses überhaupt auf Saint-Gobain als Dritterwerberin anwendbar sei. Da die Opting-out-Klausel nicht anwendbar sei, unterliege die Saint-Gobain der Angebotspflicht nach Art. 32 BEHG. Sollte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss gelangen, dass zum heutigen Zeitpunkt, d.h. vor Vertragsvollzug, noch keine Angebotspflichte bestehe, sei festzustellen, dass die Angebotspflicht mit Vollzug der Transaktion und dem Erwerb des Eigentums an den SWH-Aktien entstehe.

5.2.2 Die Beschwerdeführenden berufen sich allein auf Art. 1 BEHG und Art. 1 UEV. Art. 1 BEHG hat folgenden Inhalt: "Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von Börsen sowie für den gewerbsmässigen Handel mit Effekten, um für den Anleger Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen. Es schafft den Rahmen, um die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten." Art. 1 UEV hat folgenden Wortlaut: "Diese Verordnung regelt, wie die Lauterkeit und die Transparenz von öffentlichen Kaufangeboten sowie die Gleichbehandlung der Anlegerinnen und Anleger sichergestellt werden".

5.2.3 Sowohl Art. 1 BEHG als auch Art. 1 UEV sind blosse Zweckbestimmungen. Art. 1 UEV, der an Art. 1 BEHG angelehnt ist und dessen Vorgaben in Bezug auf öffentliche Kaufangebote konkretisiert (Dieter Gericke/
Karin Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung, Zürich/Basel/
Genf 2011, Art. 1 Rz. 4), ist hier grundsätzlich nicht einschlägig, weil sich der Anwendungsbereich der Verordnung auf öffentliche Kaufangebote beschränkt. Nur wenn Saint-Gobain den Publikumsaktionären ein Pflichtangebot hätte unterbreiten müssen, wäre die UEV anwendbar; das ist aber aus den vorstehenden und nachfolgenden Gründen nicht der Fall.

5.2.4 Die Beschwerdeführenden stützen ihre Rechtsauffassung im Wesentlichen auf die öffentliche Aussage von Urs Burkard während des laufenden Verkaufsprozesses, wonach das "Commitment der Familie zum Unternehmen" ungebrochen bleibe. Diese Aussage lässt verschiedene Interpretationen zu. Wie man sie auch verstehen mag, vermochte sie jedenfalls die SWH nicht zu verpflichten, ihre Beteiligung an Sika zu halten. Abgesehen davon können öffentliche Aussagen von Aktionären im Vorfeld des Verkaufs ihrer Anteile an einer Gesellschaft den (künftigen) Käufer der Aktien grundsätzlich nicht zugerechnet werden. Jedenfalls fehlen gesetzliche Be­stimmungen, die Aktionären, die ihre Beteiligung veräussern wollen, Verhaltenspflichten auferlegen, die über ein Täuschungsverbot hinausgehen. Die Beschwerdeführenden machen nicht geltend, die Beschwerdegegnerinnen hätten andere börsenrechtliche Bestimmungen - wie z.B. die Offenlegungspflichten nach Art. 20 f. BEHG - verletzt. Sie verneinen auch ausdrücklich, dass Saint-Gobain und SWH sich rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2 ZGB verhalten hätten (vgl. Beschwerde, Rz. 25). Schliesslich erheben sie auch nicht den Vorwurf, die Beschwerdegegnerinnen hätten Anleger getäuscht und sie dadurch zu vermögensschädigenden Dispositionen veranlasst oder Saint-Gobain habe Urs Burkard dazu angehalten, solche Aussagen zu tätigen. Dass die Aussage von Urs Burkard mit Saint-Gobain abgesprochen gewesen sein sollte, kann dem Kaufvertrag zwischen der SWH und Saint-Gobain, der den Beschwerdeführenden zugestellt wurde, nicht entnommen werden. Es kann auch ausgeschlossen werden, das sich den Dokumenten, welche die Beschwerdeführenden ediert haben möchten, diesbezüglich etwas Konkretes entnehmen lassen könnte, weshalb die Anträge in antizipierter Beweiswürdigung abzuweisen sind (vgl. nachfolgend E. 5.2.5 und E. 5.4.1). Weil die beanstandeten Aussagen von Urs Burkard Saint-Gobain nicht zugerechnet werden können, erweist sich der Vorwurf der Verletzung der börsenrechtlichen Lauterkeitspflicht durch Saint-Gobain als von vornherein unberechtigt. Daran vermag der Umstand, dass sich Saint-Gobain gegenüber SWH verpflichtete, während der Kaufgespräche Stillschweigen gegenüber der Sika zu bewahren, nichts zu ändern. Saint-Gobain traf bis zum Abschluss der Kaufgespräche bzw. bis zu deren Bekanntwerden keinerlei Informationspflicht.

5.2.5 Saint-Gobain könnte sich selbst dann auf die Opting-out-Klausel berufen, wenn ihr die Aussagen von Urs Burkard zugerechnet würden. Solche Aussagen vermögen die Gültigkeit des von der Generalversammlung der Sika beschlossenen Opting out, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, nicht einzuschränken (angefochtene Verfügung, Rz. 52 ff.; Verfügung 598/01 der UEK vom 1. April 2015, Rz. 25). Selbst wenn die Gründerfamilie durch ihre öffentlich bekräftigte Bindung zu Sika ein Vertrauen in die Fortführung der Aktionärsstruktur geschaffen hätte, würde dies nicht dazu führen, das statutarische Opting out ausser Kraft zu setzen und für den Erwerber eine Angebotspflicht nach Art. 32 BEHG zu begründen. Eine solche Rechtsfolge ist gesetzlich nicht vorgesehen und lässt sich auch durch richterliche Rechtsfortbildung nicht herstellen. Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, ist nur die Generalversammlung der Sika befugt, die Opting-out-Klausel zu modifizieren (angefochtene Verfügung, Rz. 56). Auch sind die Zivilgerichte zuständig, um über Vertrauenshaftungsklagen von Marktteilnehmern zu befinden.

5.3 Die Beschwerdeführenden rügen eine Verletzung des Marktmissbrauchsverbots von Art. 33f Abs. 1 Bst. a BEHG durch Urs Burkard, dessen bereits erwähnten Aussagen (vgl. E. 5.2.1) wahrheitswidrig gewesen seien, da sich die Familie Burkard zum damaligen Zeitpunkt bereits entschieden habe, sämtliche Stimmrechtsaktien bzw. die Kontrolle an der Sika zu verkaufen. Die falsche Informationslage sei auch nie korrigiert worden. Der geplante Verkauf sei stattdessen weiter vorangetrieben und die Marktteilnehmer auf einem klar falschen Informationsstand belassen worden.

5.3.1 Art. 33f BEHG regelt das aufsichtsrechtliche Verbot der Marktmanipulation, das sich an sämtliche Marktteilnehmer richtet. Unzulässig handelt nach Art. 33f Abs. 1 Bst. a BEHG, wer Informationen öffentlich verbreitet, von denen er weiss oder wissen muss, dass sie falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Kurs von Effekten geben, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. Die FINMA konkretisiert diesen börsengesetzlichen Verbotstatbestand zum Marktverhalten in ihren Rundschreiben 2013/8 "Marktverhaltensregeln". Das aufsichtsrechtliche Verbot der Marktmanipulation wird durch die Safe Harbour Rules, die in Art. 55a ff. der Börsenverordnung vom 2. Dezember 1996 (BEHV, SR 954.11) festgehalten sind, eingeschränkt. Bei Widerhandlung kann die FINMA eine Feststellungsverfügung, eine Einziehung von unrechtmässig erzielten Gewinnen sowie die Veröffentlichung der Endverfügung anordnen. Gegenüber prudenziell Beaufsichtigten wie etwa Banken und Effektenhändlern ist hingegen das gesamte Enforcementinstrumentarium gemäss Art. 29-37 FINMAG anwendbar, weshalb auch etwa die Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten oder ein Berufsverbot in Frage kommen.

5.3.2 Da die fraglichen Aussagen von Urs Burkard der Saint-Gobain, wie bereits festgestellt, nicht zugerechnet werden können (vgl. E. 5.2.4), braucht der Tatbestand des aufsichtsrechtlichen Verbots der Marktmanipulation nicht geprüft zu werden. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Saint-Gobain auf diese Aussagen in irgendeiner Form hingewirkt hätte. Im Übrigen vermag in der Aussage, wonach ein Mehrheitsaktionär mit der Gesellschaft "verbunden" bleibe ("Commitment"), von vornherein keine Marktmanipulation erblickt werden, weil dies jederzeitige Änderungen des Portfolios nicht ausschliesst und der erwähnten Aussage auch nicht widerspricht.

5.4 Die Beschwerdeführenden beantragen, im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung seien sämtliche Verkaufsprozessunterlagen zu edieren, und es sei zudem Urs Burkard als Zeuge einzuvernehmen.

5.4.1 Diese Anträge sind, soweit ihnen im Instruktionsverfahren nicht bereits entsprochen wurde (vgl. Sachverhalt Bst. K und L), in antizipierter Beweiswürdigung abzuweisen. Aus dem Gebot der Gewährung des rechtlichen Gehörs folgt u.a. der Anspruch auf Abnahme der von einer Partei angebotenen Beweise (BGE 127 I 54 E. 2b m.H.). Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn eine Behörde auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil die antizipierte Beweiswürdigung ergibt, dass die Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind, etwa weil ihnen die Beweiseignung an sich abgeht oder die betreffende Tatsache aus den Akten bereits genügend ersichtlich ist und angenommen werden kann, dass die Durchführung des Beweises im Ergebnis nichts ändern wird (statt vieler BGE 130 II 425 E. 2.1). Die von den Beschwerdeführenden beantragten Beweiserhebungen, die den Ablauf und Inhalt der Verkaufsverhandlungen zwischen den Beschwerdegegnerinnen klären sollen, sind nicht geeignet, das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens zu beeinflussen. Selbst wenn man annehmen wollte, dass Urs Burkard mit seinen öffentlichen Äusserungen einen Vertrauenstatbestand in Bezug auf den Weiterbestand der Beteiligung von SWH an Sika geschaffen habe und Saint-Gobain dafür mitverantwortlich sei, würde dies keine Angebotspflicht von Saint-Gobain begründen.

5.5 Was schliesslich die Anträge der Beschwerdeführenden auf Erlass von Massnahmen zum Schutz der Publikumsaktionäre betrifft, sind diese abzuweisen, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführenden stützen ihren Antrag auf Art. 39 Abs. 3 BEHV-FINMA. Nach dieser Bestimmung, die sich auf Art. 32 Abs. 2 und 6 BEHG stützt, können mit der Gewährung von Ausnahmen (von der Angebotspflicht) Auflagen verbunden werden; insbesondere können der Erwerbsperson Verpflichtungen für die Zukunft auferlegt werden. Daraus wird klar, dass die Vorinstanz gestützt auf die Bestimmung nur dann Auflagen anordnen kann, wenn sie bzw. die UEK einzelfallweise Ausnahmen von der Angebotspflicht gewährte. Nicht erfasst sind die Fälle eines statutarischen Opting out gemäss Art. 22 Abs. 2 BEHG. Beim Opting out wird ein Pflichtangebot ausnahmslos ausgeschlossen, weshalb kein Raum für die Vorinstanzen besteht, gestützt auf Art. 32 Abs. 2 BEHG Ausnahmen von einer Angebotspflicht anzuordnen (vgl. Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques
Iffland/Tino Gaberthül, Öffentliche Kaufangebote, 3. Aufl., Zürich/
Basel/Genf 2014, Rz. 79 Fn. 219). Andere Rechtsgrundlagen für ihren Antrag nennen die Beschwerdeführenden nicht; solche sind auch nicht ersichtlich.

6.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der Erwerb der SWH und damit der von dieser gehaltenen Sika-Namen- und Inhaberaktien durch die Saint-Gobain keine Angebotspflicht auslöst. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Für den von den Beschwerdeführenden gestellten Eventualantrag verbleibt damit kein Raum.

7.
Entsprechend dem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführenden die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Diese werden angesichts der vermögensrechtlichen Interessen und des mit jenem der Vorinstanz vergleichbaren Aufwands auf insgesamt Fr. 24'000.- festgesetzt und je zur Hälfte den Beschwerdeführenden auferlegt, unter solidarischer Haftung für den Gesamtbetrag (Art. 6a VGKE). Die am 18. Juni 2015 einbezahlten Kostenvorschüsse von je Fr. 12'000.- werden zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

Die obsiegenden Beschwerdegegnerinnen haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 VGKE). Diese umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei, wobei unnötiger Aufwand nicht entschädigt wird (Art. 8 ff. VGKE). Das Anwaltshonorar wird nach dem notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen. Der Stundensatz beträgt für Anwälte mindestens Fr. 200.- und höchstens Fr. 400.- (Art. 10 VGKE). Wird keine Kostennote eingereicht, setzt das Gericht die Parteientschädigung aufgrund der Akten fest (Art. 14 VGKE). Die Beschwerdegegnerinnen liessen sich vor Bundesverwaltungsgericht anwaltlich vertreten, reichten jedoch keine Kostennote ein. Die Parteientschädigungen sind daher aufgrund der Akten und des geschätzten Aufwands festzusetzen. Vorliegend erscheinen unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Vertreter der Beschwerdegegnerinnen seit Beginn des Verfahrens vor der UEK mit der Sache befasst waren, Parteientschädigungen von je Fr. 5'000.- insgesamt als angemessen; darin enthalten ist der Mehrwertsteuerzuschlag i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE. Die Parteientschädigungen werden den unterliegenden Beschwerdeführenden auferlegt (Art. 64 Abs. 2 VwVG).

8.
Das vorliegende Urteil ist endgültig (Art. 83 Bst. u des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).


Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Verfahrenskosten von je Fr. 12'000.- werden den Beschwerdeführenden, unter solidarischer Haftung für den Gesamtbetrag, auferlegt. Die einbezahlten Kostenvorschüsse werden zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.
Den Beschwerdegegnerinnen werden zulasten der Beschwerdeführenden je eine Parteientschädigung von Fr. 5'000.- zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

-        die Beschwerdeführenden (Einschreiben, vorab per Fax;
Beilage: Medienmitteilung vom 1. September 2015; Beschwerdebeilagen zurück)

-        die Beschwerdegegnerinnen (Einschreiben, vorab per Fax;
Beilage: Medienmitteilung vom 1. September 2015; Beilagen zurück)

-        die Vorinstanz (Ref-Nr. G01062760; Einschreiben, vorab per Fax;
Beilage: Medienmitteilung vom 1. September 2015; Vorakten zurück)

-        die Erstinstanz (Ref-Nr. 0598; Einschreiben, vorab per Fax;
Beilage: Medienmitteilung vom 1. September 2015; Vorakten zurück)

 

 

Der vorsitzende Richter:

Die Gerichtsschreiberin:

 

 

Philippe Weissenberger

Astrid Hirzel

 

 

Versand: 1. September 2015

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