Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung II
B-1136/2009{T 1/2}
Urteil
vom 9. Juli 2010
Besetzung
Richter Marc Steiner (Vorsitz), Richter Claude Morvant, Richter
David Aschmann;
Gerichtsschreiberin Miriam Sahlfeld.
Parteien
Semomed AG, Steinentorstrasse
23, 4002 Basel,
vertreten durch Robert Flury, A. W. Metz & Co. AG, Hottingerstrasse 14, P.O.
BOX, 8024 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
Omnicom Group Holding
AG, Weissbadstrasse 14, 9050 Appenzell,
vertreten durch Cabinet Nardin & Associés, Puits-Godet
8A, case postale, 2000 Neuchâtel,
Beschwerdegegnerin,
Eidgenössisches Institut
für Geistiges Eigentum IGE,
Stauffacherstrasse 65, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Widerspruch
gestützt auf CH-Marke P-421'977 PERNATON gegen CH-Marke 570'007 Pernadol 400.
Sachverhalt:
A.
Die
Marke Nr. P-421'977 PERNATON der Beschwerdeführerin wurde am 2. Dezember 1995 hinterlegt und deren
Eintragung am 15. April 1996 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht. Das Zeichen wurde
für folgende Waren eingetragen:
Klasse 5:
Diätetische Erzeugnisse für medizinische
Zwecke;
Klasse 30:
Diätetische Erzeugnisse für nicht medizinische Zwecke.
B.
Am
3. April 2008 wurde die Marke der Widerspruchs- und Beschwerdegegnerin, PERNADOL 400 unter der Nr. 570'007
ins Schweizerische Markenregister für folgende Ware eingetragen:
Klasse 5:
Préparation
à base d'alpha-tocophérol et de beta-carotène pour la consommation humaine et animale;
Klasse
29:
Préparation à base d'extrait marin de perna caniculus.
C.
Am 11. Juli
2008 erhob die Beschwerdeführerin nach erfolgter Abmahnung gegen die Eintragung dieser Marke, gestützt
auf ihre schweizerische Marke PERNATON (Nr. P-421'977), Widerspruch beim Eidgenössischen Institut
für Geistiges Eigentum (Vorinstanz). Zur Begründung führte sie aus, Marken mit gleicher
Vokalfolge und gleichem Wortanfang hätten den gleichen Klang und seien daher verwechselbar. Diese
Merkmale träfen auf die beiden Marken zu. Die Zahl 400 könne als nicht kennzeichnungskräftiges
Element nichts zur Unterscheidung beitragen. Im Übrigen geht sie von mindestens partieller Warengleichartigkeit
aus.
D.
Mit Stellungnahme vom 21. August 2008 beantragte die Beschwerdegegnerin, der
Widerspruch sei vollumfänglich abzuweisen. Sie bestreitet eine gleichartige Vokalfolge. Je nach
dem welcher Konsonant folge, könne das "O" eine andere Klangfarbe haben, insbesondere,
wenn ein "N" nachfolge. Des Weiteren macht sie geltend, der Wortstamm PERNA sei dem Gemeingut
zugehörig, weswegen schon geringe Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr zu bannen.
Aus der Kombination dieses Wortstammes mit der auf Schmerz (douleur) hindeutenden Silbe "dol"
entstehe eine Marke mit gewichtiger Kennzeichnungskraft, die mit der Widerspruchsmarke nicht verwechselt
werden könne. Die an die Widerspruchsmarke angefügte Zahl 400 führe zu einer weiteren
Verringerung der Verwechslungsgefahr. Obgleich die Waren der Parteien wohl aus einem ähnlichen,
aus der in Neuseeland beheimateten Muschel perna canaliculus gewonnenen Grundstoff bestünden, unterschieden
sie sich doch in Bezug auf den Vertriebskanal. Während PERNATON-Produkte in Apotheken erhältlich
seien, würde PERNADOL 400 via Telefon direkt vertrieben. Die Beschwerdegegnerin weist zudem darauf
hin, dass die Inhaberin der Widerspruchsmarke eine Reihe von Marken mit dem Wortstamm PERNA habe eintragen
lassen.
E.
Nachdem die Widersprechende auf eine weitere Stellungnahme verzichtet hatte,
wies die Vorinstanz den Widerspruch mit Verfügung vom 21. Januar 2009 ab. Zur Begründung stützte
sie sich im Wesentlichen darauf, dass zwar eine gewisse Zeichenähnlichkeit festzustellen sei, aufgrund
des ihrer Ansicht nach gemeinfreien Wortstammes und des infolgedessen geringen Schutzumfanges die vorhandenen
geringen Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr zu bannen.
F.
Gegen die
Verfügung der Vorinstanz erhob die Widersprechende am 19. Februar 2009 Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht
und beantragt:
"1. Es sei die Verfügung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges
Eigentum vom 21. Januar 2009 aufzuheben, der Widerspruch sei gutzuheissen und die Eintragung der marke
Nr. 570'007 Pernadol 400 sei zu widerrufen;
2. alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen
zu Lasten der Beschwerdegegnerin und Vorinstanz."
Zur Begründung führt sie
aus, in Bezug auf die beanspruchten Marken bestehe wenigstens teilweise Warengleichartigkeit, weswegen
bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein besonders strenger Massstab anzuwenden sei. Die Beschwerdeführerin
ist der Ansicht, PERNA sei unbekannt und deshalb durchschnittlich unterscheidungskräftig. Sie führt
dies darauf zurück, dass PERNA nicht nur Teil des lateinischen Namens der Grünlipp-Muschel
(perna canaliculus) sei, sondern zugleich im Lateinischen Schinken oder Hinterkeule bedeute. Schon im
Entscheid PERNATON/PERNA (fig.) (Gerichtskreis VIII Bern-Laupen vom 2. Oktober 2001, publiziert in sic!
9/2001 806 ff.) sei festgehalten worden, dass das Wort den wenigsten Konsumenten bekannt sein dürfte.
Soweit die Vorinstanz PERNA auch als Name einer Krankheit, nämlich der Chlorakne, identifiziert
hatte, handle es sich um eine Abkürzung von Perchlornaphtaline, einem Isoliermaterial für elektrische
Leitungen, das offenbar die sogenannten Chlorakne verursachen könne die darum ebenfalls Perna genannt
werde, welche aber durch den Muschelextrakt nicht gelindert werden könne. Aufgrund der geringen
Bekanntheit beim relevanten Verkehrskreis der Durchschnittskonsumenten sei PERNA nicht kennzeichnungsschwach
und es reichten nicht schon geringfügige Abweichungen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschliessen.
Eventualiter vertritt sie die Auffassung, dass auch wenn das Gericht die Widerspruchsmarke als schwach
einstufe, die Zeichenähnlichkeit so deutlich sei, dass dennoch von einer Verwechslungsgefahr auszugehen
sei.
G.
Die Vorinstanz beantragt mit Eingabe vom 30. April 2009 unter Hinweis auf die
Begründung der angefochtenen Verfügung, die Beschwerde unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin
abzuweisen.
H.
Die Beschwerdegegnerin liess sich mit Eingabe vom 30. April 2009 vernehmen
und stellte gleichlautende Anträge. Zur Begründung führt sie aus Klassen-, Ordnungs-,
Familien- und Gattungsbezeichnungen gehörten zum Gemeingut und seien freizuhalten, weswegen sie
nicht eingetragen werden dürften. Wegen des Gemeingutcharakters des Wortstamms PERNA habe die Widerspruchsmarke
nur eine schwache Kennzeichnungskraft. Bezüglich der Warengleichartigkeit verweist sie erneut auf
die unterschiedlichen Vertriebskanäle. Weiter macht sie geltend, dass von einem eingeschränkten
Verkehrskreis an Gesundheitsprodukten interessierter Personen auszugehen sei, der aufgrund der Natur
der Produkte, beim Kauf derselben eine erhöhte Aufmerksamkeit als ein Durchschnittskonsument an
den Tag lege. Gegen eine Zeichenähnlichkeit spreche weiter, dass die angefochtene Marke zwei sinnvolle
Bestandteile, "perna" und "dol" (Kurzwort für Schmerz) kombiniere. Wenn eines
der Vergleichszeichen insgesamt verständlich sei, nicht aber das andere, seien Zeichenähnlichkeit
und Verwechslungsgefahr zu verneinen. Was den Wortklang betrifft, rekurriert sie auf ihre Ausführungen
zum Klang des Buchstaben "O" (vgl. oben D.) und betont den unterschiedlichen Klang bei französischer
Aussprache.
I.
Die Beschwerdeführerin replizierte am 8. Juni 2009. Sie bestreitet
die Existenz einer Gattungsbezeichnung "perna". Es gebe nur die perna canaliculus. Das Wort
"perna" stelle aus Sicht des Durchschnittskonsumenten, von dem ihres Erachtens nach auszugehen
ist, einen Fantasiebegriff dar. Gattungsbezeichnungen seien nicht zwingend dem Gemeingut zugehörig.
Entscheidend sei vielmehr, ob die Bedeutung eines Begriffs von den relevanten Verkehrskreisen tatsächlich
erkannt werde. Sei der Begriff den Verkehrskreisen unbekannt, könnten aus dem Charakter als Gattungsbezeichnung
keine Rückschlüsse auf die Kennzeichnungskraft und den Schutzumfang der Marke gezogen werden.
Zur Warengleichartigkeit führt sie aus, dass die Vertriebskanäle hierfür nicht von Bedeutung
seien. Die Produkte der Beschwerdeführerin könnten mangels Verschreibungspflicht von jedem
aus dem Regal genommen werden. Sie bestreitet, dass die unter der angefochtenen Marke angebotenen Produkte
nur mittels Telefonmarketing vertrieben werden. Auch weist sie insoweit auf das Umstellungspotential
hin. Ungeachtet ihrer Klassifizierung seien die Waren gleichartig. Eventualiter macht sie geltend, dass
selbst wenn es sich bei "perna" um einen schwachen Bestandteil handelte, dieser im Rahmen des
Zeichenvergleichs nicht einfach unberücksichtigt bleiben könne. Die Endsilben seien vor allem
bei schweizerdeutscher Aussprache kaum zu unterscheiden. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin
geltend, die Widerspruchsmarke habe sich am Markt durchgesetzt.
J.
Der Vorinstanz und
der Beschwerdegegnerin wurde mit Verfügung vom 9. Juni 2009 bis zum 13. Juli 2009 Gelegenheit zur
Duplik gegeben.
J.a Die Vorinstanz verzichtete mit Schreiben vom 9. Juni 2009 auf die Einreichung
einer Duplik.
J.b Die Duplik der Beschwerdegegnerin vom 12. Juli 2009 (Poststempel: 14. Juli 2009)
ging laut Eingangsstempel am 15. Juli 2009 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Couvert der Eingabe
trug den handschriftlichen Vermerk, dass es am 13. Juli 2009 um 22.50 Uhr bei der Post in Bevais in Gegenwart
einer Zeugin, die darauf unterzeichnet hatte, eingeworfen worden sei.
J.c Die Beschwerdegegnerin
wiederholt im Rahmen der Duplik, dass "perna" eine zoologische Gattungsbezeichnung ist, die
in Bezug auf "perna canaliculus" enthaltende Waren keine Fantasiebezeichnung darstelle, sondern
dem Gemeingut zuzurechnen sei. Es handle sich daher bei dem Widerspruchszeichen um ein Zeichen mit schwacher
Kennzeichnungskraft, bei dem schon geringfügige Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr
auszuschliessen. Die Beschwerdegegnerin geht von Warengleichheit aus, meint aber die Vertriebskanäle
hätten Einfluss auf die Verwechslungsgefahr. Insgesamt geht sie von einem eingeschränkten Verkehrskreis
derjenigen aus, die Arthritis und Arthrose schonend behandeln wollten. Sie bestreitet die Durchsetzung
der Widerspruchsmarke.
J.d Mit Verfügung vom 15. Juli 2009 teilte der Instruktionsrichter
den Parteien mit, dass er ohne anders lautende Stellungnahme bis zum 17. August 2009 davon ausgehe, dass
die Wahrung der Duplikfrist nicht bestritten werde.
J.e Innert erstreckter Frist bestritt die Beschwerdeführerin
mit Schreiben vom 27. August 2009 die Wahrung der Duplikfrist, sofern nicht das Gegenteil bewiesen werde
und beantragte vorsorglich, die Duplik aus dem Recht zu weisen. Ebenfalls vorsorglich nahm sie zu den
Vorbringen der Duplik Stellung und wiederholte im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen.
J.f
Die Beschwerdegegnerin erhielt mit Verfügung vom 1. September 2009 Gelegenheit, sich bis zum 1.
Oktober 2009 zu den Umständen der Postaufgabe und der Rolle der auf dem Couvert unterzeichnenden
Zeugin zu äussern.
J.g Die Beschwerdegegnerin reichte am 29. Oktober 2009 innert erstreckter
Frist ein Schreiben der auf dem Couvert benannten Zeugin vom 17. September 2009 ein, worin diese bestätigt,
dass der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin am Abend des 13. Juli 2009 einen an das Bundesverwaltungsgericht
adressierten Umschlag in den Briefkasten der Post in Bevais eingeworfen habe. Zugleich nimmt sie zu den
materiellen Vorbingen der Beschwerdeführerin vom 27. August 2009 Stellung.
J.h Mit Eingabe
vom 9. November 2009 zog die zur Stellungnahme aufgerufene Beschwerdeführerin ihren Antrag, die
Duplik aus dem Recht zu weisen, zurück. Zugleich wies sie erneut darauf hin, dass es nur darauf
ankommen könne, ob "Perna" verstanden werde, was nicht der Fall sei. Der Widerspruchsmarke
sei daher eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen, die angesichts von Warengleichartigkeit
und Zeichenähnlichkeit zu einer Verwechslungsgefahr führe.
K.
Auf die weiteren
Vorbringen der Parteien, wird - soweit erforderlich im Rahmen der Erwägungen einzugehen sein.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist
zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchsverfahren zuständig
(Art. 31
, 32
, und 33 lit. d des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005
[VGG,
SR 173.32]). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist des Art. 50
des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (Verwaltungsverfahrensgesetzes, VwVG;
SR 172.021) erhoben
und der verlangte Kostenvorschuss fristgerecht geleistet. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene
Verfügung besonders berührt und durch den Entscheid beschwert (Art. 48
VwVG). Auf die Beschwerde
ist daher einzutreten.
2.
Nach Art. 3 Abs. 1 lit. c
des Bundesgesetzes vom 28. August
1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz [MSchG],
SR 232.11) sind
Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche
oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr
ergibt. Der Inhaber einer älteren Marke kann gestützt auf Art. 3 Abs. 1
MSchG innerhalb von
drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung Widerspruch erheben (Art. 31
MSchG).
3.
3.1
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist ausschlaggebend, ob aufgrund der Ähnlichkeit
Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche das besser berechtigte Zeichen in seiner Individualisierungsfunktion
beeinträchtigen (BGE
127 III 160 E. 2a, S. 166 Securitas/Securicall). Von einer Verwechslungsgefahr
ist nicht nur auszugehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise zwei Marken nicht auseinander zu halten
vermögen (sogenannte unmittelbare Verwechslungsgefahr), sondern auch dann, wenn sie die Zeichen
zwar auseinander halten können, aufgrund der Markenähnlichkeit aber unzutreffende Zusammenhänge
vermuten, insbesondere an Serienmarken denken, die verschiedene Produktlinien ein und desselben Unternehmens
oder verschiedener, wirtschaftlich miteinander verbundener Unternehmen kennzeichnen (sogenannte mittelbare
Verwechslungsgefahr; BGE
128 III 96 E. 2a ORFINA [fig.]/ORFINA,
122 III 384 E. 1 Kamillosan/Kamillan,
Kamillon).
3.2 Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c
MSchG ist dann
anzunehmen, wenn das jüngere Zeichen die ältere Marke in ihrer Unterscheidungsfunktion beeinträchtigt.
Eine solche Beeinträchtigung ist gegeben, sobald zu befürchten ist, dass die massgeblichen
Verkehrskreise sich durch die Ähnlichkeit der Marken irreführen lassen und Waren, die das eine
oder andere Zeichen tragen, dem falschen Markeninhaber zurechnen (BGE
122 II 382 E. 1 S. 384 Kamillosan/
Kamillan, Kamillon, BGE
127 III 160 E. 2a S. 165 f. Securitas/Securicall). Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr
ist auf die Ähnlichkeit der Zeichen im Erinnerungsbild des Letztabnehmers abzustellen (BGE
121 III
378 E. 2a BOSS/BOKS,
119 II 473 E. 2d Radion/Radiomat; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer]
B-7934/2007 vom 26. August 2009 E. 2.1 Fructa/Fructaid,
B-3578/2007 vom 31. Oktober 2007 E. 2 Focus/Pure
Focus,
B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 3 Aromata/Aromathera). Zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen
und dem Mass an Gleichartigkeit zwischen den geschützten Waren und Dienstleistungen besteht eine
Wechselwirkung: An die Verschiedenheit der Zeichen sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je
ähnlicher die Produkte sind und umgekehrt (Lucas David, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht,
Markenschutzgesetz/Muster- und Modellgesetz, Basel 1999, MSchG Art. 3 N
. 8). Die Beurteilung im Lichte
von Art. 3 Abs. 1
MSchG richtet sich dabei nach dem Registereintrag der Marken (Urteil des BVGer
B-5325/2007
vom 12. November 2007 E. 3 Adwista/ad-vista mit Hinweisen; Eugen Marbach, in: Roland von Büren/
Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht,
2. Aufl., Basel 2009, N. 705).
3.3 Neben dem Aufmerksamkeitsgrad, mit dem die Abnehmer Waren
oder Dienstleistungen nachfragen, ist auch die Kennzeichnungskraft im Rahmen der Beurteilung des Einzelfalles
von wesentlicher Bedeutung, da diese den Schutzumfang einer Marke massgeblich beeinflusst (BGE
122 III
382 E. 2a, S. 385 Kamillosan/Kamillan, Kamillon; Urteil des BVGer
B-7934/2007 vom 26. August 2009 E.
2.1 Fructa/Fructaid; Gallus Joller, in: Michael Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz
[MschG], Bern 2009, [hiernach: Bearbeiter, in: MSchG], Art. 3 N. 69 ff.; Christoph Willi, in: Markenschutzgesetz,
Kommentar zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und internationalen
Markenrechts, Zürich 2002, Art. 3, N. 17 ff.). Der geschützte Ähnlichkeitsbereich für
schwache Marken ist kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher schon bescheidenere
Abweichungen, um eine ausreichende Unterscheidbarkeit zu bewirken (BGE
122 III 385 E. 2a Kamillosan/
Kamillon, Kamillan; Urteile des BVGer
B-5440/2008 vom 24. Juli 2009 E. 4 jump [fig.]/JUMPMAN,
B-1427/2007
vom 28. Februar 2008 E. 6.1 Kremlyovskaya/Kremlyevka mit Hinweisen,
B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E.
6 Aromata/Aromathera). Stark sind Marken, die entweder aufgrund ihres fantasiehaften Gehalts auffallen
oder aber sich im Verkehr durchgesetzt haben (BGE
122 III 385 E. 2a Kamillosan/Kamillon, Kamillan mit
Hinweisen; Marbach, a.a.O., N. 979 mit Hinweis auf Urteile des BVGer
B-7475/2006 vom 20. Juni 2007 E.
6 und 7 Converse All Stars [fig.]/Army tex [fig.] und RKGE vom 26. Oktober 2006 in sic! 7+8/2007 531
E. 7 Red Bull [fig.]/Red, Red Devil). Als schwach gelten demgegenüber Marken, die sich eng an Sachbegriffe
des allgemeinen Sprachgebrauchs anlehnen oder durch eine allgemein gebräuchliche Bezeichnung für
die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen geprägt wird (Urteile des BVGer
B-5440/2008 vom
24. Juli 2009 E. 6.2 jump [fig.]/JUMPMAN,
B-5477/2007 vom 28. Februar 2008 E. 6 Regulat/H2O3 pH/ Regulat
[fig.],
B-8320/2007 vom iBond/HY-Bond Resiglass,
B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 Aromata/Aromathera;
Marbach, a.a.O., N. 976 ff.).
4.
Im vorliegenden Fall sind die Marken aus der Sicht der
Käuferschaft von diätetischen Erzeugnissen für medizinische und nicht-medizinische Zwecke
sowie für Anwender von préparation à base d'alpha-tocophérol et de beta-carotène
pour la consommation humaine et animale und préparation à base d'extrait marin de perna caniculus
zu prüfen. Hierzu gehören einerseits Ärzte und Apotheker mit ihrer geschulten Aufmerksamkeit,
andererseits aber zu einem überwiegenden Teil auch das allgemeine Publikum, welches Kennzeichen
für nicht verschreibungspflichtige diätetische Erzeugnisse mit geringerer Aufmerksamkeit als
etwa verschreibungspflichtige Medikamente wahrzunehmen und zu unterscheiden pflegt (Urteile des BVGer
B-6770/2007 vom 9. Juni 2008 E. 7 Nasacort/Vasacor,
B-4070/2007 vom 8. April 2008 E. 5.2 und 9 mit Hinweisen
Levane/Levact,
B-5709/2007 vom 16. Januar 2008 E. 3 Nexcare/Newcare [fig.]).
5.
Zunächst
ist zu prüfen, ob die durch die zu vergleichenden Marken zu kennzeichnenden Waren gleichartig sind.
5.1
Die Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, es handle sich um einen Fall
von Warengleichartigkeit (Beschwerde, S. 5 f.). Auch nach Ansicht der Vorinstanz handelt es sich trotz
unterschiedlicher Klassifizierung um gleichartige und zum Teil hochgradig gleichartige Waren, nämlich
Nahrungsergänzungsmittel bzw. Aufbaupräparate für Mensch und Tier, welche diätetischen
Zwecken dienten (angefochtene Verfügung, Ziffer III.B). Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Gleichartigkeit
der Waren nicht (Vernehmlassung, S. 4; Duplik, Ziff. 36), macht aber geltend, die betroffenen Produkte
würden auf unterschiedliche Weise vertrieben - PERNATON-Produkte als nicht verschreibungspflichtige
Präparate in Apotheken und Drogerien und Pernadol 400 im Telefonmarketing -, was allgemein als Indiz
für die fehlende Gleichartigkeit gewertet werde.
5.2 Unterschiedliche Vertriebskanäle
allein sind indessen noch kein ausreichendes Indiz für eine fehlende Warengleichartigkeit (vgl.
RKGE vom 2004 in sic! 11/2004 863 E. 8 Harry [fig.]/Harry's Bar Roma; MARBACH, a.a.O., N. 835 ff.). Um
diese nachzuweisen, müssen vielmehr weitere Indizien wie unterschiedliche Abnehmerkreise und die
zu vermutende unterschiedliche Herstellungspraxis hinzutreten (vgl. zu den relevanten Indizien, Urteil
des BVGer
B-8320/2007 vom 13. Juni 2008 E. 4 iBond/HY-BOND RESIGLASS; Richtlinien der Vorinstanz in Markensachen
vom 1. Juli 2008, Teil V, Ziff. 7.6). In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdegegnerin sinngemäss
geltend gemacht (Beschwerdeantwort, S. 6 f., Duplik, S. 5), die Beschwerdeführerin bestreite zu
Unrecht, dass es sich um einen eingeschränkten Verkehrskreis der an Arthrose oder Arthritis leidenden
Konsumenten handle, für die die Nahrungsergänzungsmittel bestimmt seien. Die Ausführungen
der Beschwerdegegnerin lassen indessen nicht erkennen, dass die von den Verfahrensbeteiligten beanspruchten
Produkte unterschiedliche Abnehmerkreise ansprechen. Bei der Markenprüfung ist von den beanspruchten
Waren und nicht von deren konkreter Erscheinungsform und Wirkweise auszugehen (JOLLER, in: MSchG Art.
3 N
. 235 und 237 mit Hinweisen). Obwohl die Beschwerdegegnerin die ihrerseits beanspruchten Waren stark
eingegrenzt hat, erscheint es naheliegend, dass Konsumenten, welche diätetische Lebensmittel erwerben,
wie sie die Beschwerdeführerin anbietet, auch an préparation à base d'alpha-tocophérol
et de beta-carotène pour la consommation humaine et animale (Klasse 5), welche wohl unter den Begriff
der diätetischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke fallen und préparation à base
d'extrait marin de perna caniculus (Klasse 29) interessiert sein könnten. Es ist damit nicht von
unterschiedlichen Abnehmerkreisen auszugehen.
5.3 Die von der Beschwerdeführerin bestrittenen
Ausführungen der Beschwerdegegnerin zu den unterschiedlichen Vertriebskanälen ändern damit
mangels weiterer Indizien nichts an der grundsätzlich unbestrittenen Warengleichartigkeit (vgl.
mit selbem Ergebnis, Urteil des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen vom 2. Oktober 2001 in sic! 9/2001 806
E. 7e Perna [fig.]).
6.
Im Falle der Warengleichartigkeit kommt es für die Frage,
ob zwei Marken verwechselbar sind, auf die Zeichenähnlichkeit an. Wie unter E. 3.3 hiervor ausgeführt,
ist im Falle einer Bejahung der Zeichenähnlichkeit zu klären, welche Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke zukommt, und damit, wie ähnlich die Marken sein dürfen, die jene neben sich
zu dulden hat (E. 7.2 hiernach).
6.1 Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist
auf den Gesamteindruck von Wortmarken abzustellen, welche durch Klang, Schriftbild und Sinngehalt bestimmt
werden (Marbach, a.a.O., N. 872). Den Wortklang prägen insbesondere das Silbenmass, die Aussprachekadenz
und die Aufeinanderfolge der Vokale, während das Schriftbild vor allem durch die Wortlänge
und durch die Eigenheiten der verwendeten Buchstaben gekennzeichnet wird (BGE
122 III 382 E. 5a S. 388
Kamillosan/Kamillon, Kamillan, BGE
121 III 377 E. 2b S. 379 Boss/ Boks; BVGer
B-7442/2006 vom 18. Mai
2007 E. 4.2 Feel'n learn/See'n learn), welche im Folgenden bezogen auf die im Streit stehenden Marken
zu untersuchen sind.
6.2 Beim Vergleich des Wortklanges fällt auf, dass die Vokalfolge
identisch ist. Die Marken unterscheiden sich allein in Bezug auf Konsonanten - im sechsten (T gegenüber
D) sowie achten Buchstaben (N gegenüber L), deren fehlende Übereinstimmung die identische Vokalfolge
nicht zu kompensieren vermag (zur wesentlichen Bedeutung der Vokalfolge für das Klangbild vgl. MARBACH,
a.a.O., N. 878 mit Hinweisen). Zu Recht weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass insbesondere
bei mundartlicher Aussprache, die Vergleichszeichen durch das weiche T noch weiter angenähert sind
(Replik, Ziff. 17; zur Berücksichtigung der mundartlicher Aussprache vgl. MARBACH, a.a.O., N. 876).
Soweit die Beschwerdegegnerin darauf abstellt, dass bei französischer Aussprache die unterschiedlichen
Endsilben "-ton" und "-dol" die Unterschiede eher verstärkt wahrzunehmen seien
(Vernehmlassung, Ziff. 33), ist darauf zu verweisen, dass schon die Ähnlichkeit in einer der Landessprachen
ausreicht, um die Verwechslungsgefahr zu begründen (BGE
84 II 314 E. 1b Compact/Compactus; RKGE
vom 14. Juni 2005 in sic! 10/2005 749 Zara/Zahara [fig.]; JOLLER, in: MSchG, Art. 3 N. 140). Silbenmass
und Aussprachekadenz der Marken sind ebenfalls identisch, wenn man vom Zusatz "400" bei der
angefochtenen Marke PERNADOL 400 absieht. Mithin ist von einem sehr ähnlichen Klangbild auszugehen.
6.3
Zum Schriftbild beider Marken ist festzustellen, dass die zu vergleichenden Wortzeichen, vom Zusatz
"400" abgesehen, genau gleich, nämlich acht Buchstaben lang, sind. Gewisse Abweichungen,
namentlich der Zusatz 400, die Grossschreibung bei PERNATON und die Kleinschreibung bei Pernadol 400
bewirken kein rechtlich relevantes Schriftbild (vgl. Gallus Joller, in: MSchG, Art. 3, N. 131 mit Hinweisen
zur Gross- und Kleinschreibung). Angehängte Zahlen wie "400" sind insbesondere dann irrelevant,
wenn ihre Bedeutung wie vorliegend für den Konsumenten unklar ist (vgl. insoweit RKGE vom 28. Juni
2005 in sic! 10/2005 754 E. 8 Gabel/Kabel 1 weil es sich auf Textilien und nicht auf Radio- oder Fernsehprogramme
bezog). Der Vergleich der Schriftbilder spricht damit für eine Zeichenähnlichkeit.
6.4
6.4.1
Im Hinblick auf den Sinngehalt der Zeichen vertritt die Vorinstanz die Auffassung, beide Zeichen enthielten
den Wortstamm PERNA, wobei es sich um den lateinischen Begriff für Muschel handle, der somit auf
den Inhaltsstoff verweise. Ausserdem will sie den Verweis auf eine Hautkrankheit (Pernakrankheit als
Abkürzung für Perchlornaphtalinkrankheit, auch Chlorakne genannt, vgl. Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 261. Aufl., Berlin 2007, S. 1471, 329) erkennen. Den Endsilben und dem Zusatz "400"
könne keine Bedeutung beigemessen werden. Aufgrund des gleichen Wortstammes geht sie von einer Übereinstimmung
auch im Sinngehalt aus (Verfügung, Ziff. III.C.4). Die Beschwerdeführerin geht offenbar von
einer Zeichenähnlichkeit aus, ohne sich ausdrücklich zur Übereinstimmung im Sinngehalt
zu äussern, weist indessen die Ausführungen der Vorinstanz zur Bedeutung des Bestandteils "Perna"
zurück. Bei dem Wortstamm PERNA handle es sich nicht um eine Sach-, sondern um eine Fantasiebezeichnung,
dem sie keinen dem Konsumenten verständlichen Sinngehalt beimisst. Die Beschwerdegegnerin geht dagegen
von einem abweichenden Sinngehalt beider Marken aus, da die Endsilbe "dol" auf das lateinische
Wort "dolor" für Schmerz Bezug nehme, welche als Kurzwort für Schmerzen verwendet
werde. Wenn die Marke eine Bedeutung aufweise, die die andere Marke nicht beinhalte, sei die Wahrscheinlichkeit,
dass sich das Publikum aufgrund eines ähnlichen Klang- oder Schriftbildes irre, äusserst gering
(Vernehmlassung, Ziff. 32). Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, der unterschiedliche
Sinngehalt werde wegen der klanglichen Ähnlichkeit gar nicht wahrnehmbar.
6.4.2 Dem Sinngehalt
kommt bei lexikografisch klar belegbaren Wortzeichen eine erhebliche Bedeutung zu (MARBACH, a.a.O., N.
886). Nach der Rechtsprechung vermag ein abweichender Sinngehalt die optische oder akustische Nähe
zwischen zwei Kennzeichen allerdings nur ausnahmsweise zu kompensieren (JOLLER, in: MSchG, Art. 3 N.
168 mit zahlreichen Hinweisen). Voraussetzung ist, dass der unterschiedliche Sinngehalt beim Hören
oder Lesen sofort und unwillkürlich erkannt wird (BGE
121 III 377, 379 E. 2b Boss/Boks). Blosse
Anklänge sind nicht geeignet, sofort und unwillkürlich bestimmte Assoziationen zu wecken (BGE
88 II 465, 468 E. 3 Felina/Florina). Vorliegend muss entgegen der Annahme der Vorinstanz davon ausgegangen
werden, dass jedenfalls die im Rahmen des relevanten Verkehrskreises stärker ins Gewicht fallenden
Durchschnittskonsumenten dem Bestandteil PERNA unabhängig vom genauen Bedeutungsgehalt (dazu E.
7.3 hiernach) keinen Sinngehalt beimessen, da sich etwaige Lateinkenntnisse jedenfalls nicht auf Tierbezeichnungen
erstrecken. In der Endsilbe "-dol" der Widerspruchsmarke klingt das Lateinische "dolor"
für Schmerz an. Nur etwa die Hälfte, der ca. 150 auf "-dol" endenden Marken im Schweizerischen
Markenregister sind indessen ausschliesslich für Waren der Klasse 5 (pharmazeutische und veterinärmedizinische
Erzeugnisse) eingetragen, so dass dieser Schlusssilbe kein einheitlicher Bedeutungsgehalt zugemessen
wird (vgl. dazu auch Widerspruchsentscheid, Ziff. III.C.4). Darüber hinaus beschränkt sich
das Bekannte vorliegend auf das "-dol", ohne dass verstanden würde, ob und gegebenenfalls,
was der Wortanfang für eine Bedeutung habe. Demnach kann sich der Konsument, jedenfalls ohne ein
Verständnis des Wortanfanges "Perna", zumindest keinen vollständigen Sinngehalt erschliessen
und deswegen beim Vergleich mit PERNATON auch nicht sofort und unwillkürlich einen Unterschied im
Sinngehalt feststellen. Offen bleiben kann angesichts dessen, inwieweit ein allenfalls abweichender Sinngehalt
ausnahmsweise die optische und akustische Nähe zu kompensieren vermag (JOLLER, in: MschG, Art. 3
N. 168).
6.5 Nach Untersuchung der einschlägigen Parameter ist damit von ähnlichen
Zeichen auszugehen. Auch die Betrachtung der Zeichen als Ganzes führt zu keinem anderen Ergebnis.
7.
Warengleichartigkeit
und Zeichenähnlichkeit führen nicht zwingend zur Verwechslungsgefahr. Letztere kann etwa dann
ausgeschlossen sein, wenn die Widerspruchsmarke nur über eine geringe Kennzeichnungskraft verfügt
und aufgrund dessen nur einen kleineren geschützten Ähnlichkeitsbereich beanspruchen kann (BGE
122 III 385 E. 2a Kamillosan/Kamillon, Kamillan; Urteile des BVGer
B-2235/2008 vom 2. März 2010
E. 4.3 Dermoxane/Dermasan,
B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 Aromata/Aromathera). Von einem schmalen
Schutzbereich ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Zeichen als Ganzes oder wesentliche Bestandteile
gemeinfrei sind (JOLLER, in: MSchG, Art. 3 N. 86 f.; MARBACH, a.a.O. N. 981 mit zahlreichen Hinweisen
auf die Rechtsprechung). In einem solchen Fall genügen schon geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr
zu bannen. Durchgesetzte Marken sind dagegen grundsätzlich mindestens durchschnittlich unterscheidungskräftig
(JOLLER, in: MSchG, Art. 3 N. 110 f.; MARBACH, a.a.O. N. 983).
7.1 Vorinstanz und Beschwerdegegnerin
gehen übereinstimmend davon aus, dass der Markenbestandteil PERNA dem Gemeingut zuzurechnen ist
(angefochtene Verfügung Ziff. III.D.3.; Vernehmlassung S. 5), wobei die Vorinstanz den gemeinfreien
Charakter aufgrund des jedenfalls für Fachkreise beschreibenden Hinweises auf den Inhaltsstoff bzw.
als Hinweis auf die Behandlung einer bestimmten Krankheit annimmt (Verfügung III.D.3) und die Beschwerdegegnerin
von einer Freihaltebedürftigkeit des Bestandteils PERNA als Gattungsbezeichnung ausgeht (Beschwerdeantwort,
S. 4). Aus der Gemeinfreiheit des Bestandteils PERNA schliessen sie, dass sich die offenbar durchschnittliche
Kennzeichnungskraft nur aus der Schlusssilbe -TON ergebe, der Bestandteil PERNA indessen nicht zu Kennzeichnungskraft
beitrage und die Beschwerdeführerin eine Verwechslungsgefahr darauf nicht stützen könne,
weswegen diese im Ergebnis zu verneinen sei. Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Auffassung,
dass für den zoologisch nicht gebildeten Durchschnittskonsumenten der Bestandteil PERNA den Charakter
einer Fantasiebezeichnung habe, weswegen sich aus deren Kombination mit der Schlusssilbe eine durchschnittlich
unterscheidungskräftiges Zeichen ergebe, welches einen normalen Ähnlichkeitsbereich beanspruchen
könne.
7.2 Vorinstanz und Beschwerdegegnerin gehen zu Recht davon aus, dass im Einzelfall
der gemeinfreie Charakter eines Markenbestandteils der Widerspruchsmarke dazu führen kann, dass
sich die durchschnittliche Kennzeichnungskraft nur aus den anderen unterscheidungskräftigen Bestandteilen
ergibt (Urteile des BVGer
B-2235/2008 vom 2. März 2010 E. 6.5 Dermoxane/Dermasan,
B-7492/2006 vom
12. Juli 2007 E. 6 Aromata/Aromathera). Mit anderen Worten schenkt der Konsument dem gemeinfreien Teil
der Marken kaum Aufmerksamkeit, so dass die Verwechslungsgefahr im Wesentlichen anhand der kennzeichnungskräftigen
Bestandteile beider Marken zu prüfen ist (Urteil des BVGer
B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 Aromata/Aromathera).
Im vorliegenden Fall ist indessen bislang ungeklärt, ob der Bestandteil PERNA gemeinfrei ist.
7.3
Dem Gemeingut zugehörig sind Zeichen, bzw. Zeichenbestandteile, wenn es ihnen im Hinblick auf die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt oder von einem
Freihaltebedürfnis auszugehen ist, wobei beide Fallgruppen eine gewisse Schnittmenge aufweisen (Urteil
des BVGer
B-1580/2008 vom 19. Mai 2009 E. 2.2 A - Z).
7.3.1 Ein Zeichen lässt die erforderliche
Unterscheidungskraft unter anderem dann vermissen, wenn der Sinngehalt eine besondere Nähe zu den
beanspruchten Waren aufweist, indem die Marke etwa die Inhaltsstoffe beschreibt (Urteil des BVGer
B-6257/2008
vom 23. Dezember 2009 E. 11.2 Deozinc; RKGE vom 12. Februar 2004 in sic! 9/2004 673 E. 5 Tahitian Noni;
DAVID ASCHMANN in:
MSchG Art. 2
lit. a N. 144 ff.). Technische Ausdrücke aus dem Zunftjargon von
Berufsleuten oder der gehobenen Fachsprache werde hingegen oft nur von den entsprechenden Berufs- und
Fachkreisen verstanden. Die Produktnähe eines solchen Sinngehalts ist nur zu bejahen, wenn die Fachkreise
einen wesentlichen oder gar den hauptsächlich massgeblichen Verkehrskreis am betreffenden Markt
ausmachen (Urteil des BVGer
B-6070/2007 vom 24. April 2008 E. 3.1 Trabecular Metal für Ärzte
und medizinische Fachpersonen; Aschmann in:
MSchG Art. 2
lit. a N. 148, Marbach, a.a.O., N. 285 und 287
mit Anmerkung 364). Der gemeinsame Markenbestandteil PERNA wurde von beiden Verfahrensbeteiligten unbestrittenermassen
gewählt, weil die Waren, für welche die Marken beansprucht werden Bestandteile einer in Neuseeland
beheimateten Muschelspezies, perna canaliculus, enthält. Verstanden wird der Zeichenbestandteil
allein mit dieser Bedeutung und zwar allenfalls von Zoologen oder Ärzten und Apothekern (vgl. E.
6.4. hiervor). Die anderen Bedeutungen - Name einer finnischen bzw. mehrerer tschechischer Gemeinden
(Beilage 1 zur Eingabe der Beschwerdeführerin vom 27. August 2009), das lateinische Wort für
Hüfte bzw. Schinken (vgl. Langenscheidt's Grosswörterbuch Lateinisch, Teil 1 Lateinisch-Deutsch,
24. Aufl., Berlin 1992, S. 559) sowie Abkürzung einer jedenfalls nicht durch die perna canaliculus
heilbaren Hautkrankheit (E. 6.4.1 hiervor, Pschyrembel, a.a.O. S. 329) - sind im Zusammenhang mit den
beanspruchten Waren zu vernachlässigen. Die nicht verschreibungspflichtigen Produkte der Markeninhaberinnen
sind indessen wie ausgeführt (vgl. E. 4 hiervor) überwiegend an den Durchschnittskonsumenten
gerichtet, der über keine besonderen zoologischen oder medizinischen Kenntnisse verfügt. Der
Zeichenbestandteil PERNA, betrachtet in Bezug auf die beanspruchten Produkte, ist daher entgegen der
Ansicht der Vorinstanz unterscheidungskräftig. Ob Namen von Pflanzen und Tieren als Gattungsbezeichnungen
grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftig einzustufen sind (so RKGE vom 12. Februar 2004
in sic! 9/2004 673 E. 6 Tahitian Noni), kann angesichts der nachstehenden Ausführungen zum Freihaltebedürfnis
offenbleiben.
7.3.2 Ein Freihaltebedürfnis ist im Lichte der erwarteten Marktentwicklung zu
prüfen. Schützenswert ist daher nicht nur ein aktuelles, sondern bereits ein potentielles Interesse
der Konkurrenten (RKGE vom 12. Februar 2004 in sic! 9/2004 673 E. 6 Tahitian Noni; Marbach, a.a.O., N.
258; Aschmann, in:
MSchG Art. 2
lit. a N. 195). In Anbetracht, dass neben der perna canaliculus zwei
andere Muschelspezies in die Gattung der Pernae fallen, die ebenfalls für den Menschen geniessbar
sind (perna viridis, auf den Philippinen anzutreffende Spezies; perna perna, an den Atlantikküsten
Afrikas und Südamerikas anzutreffende Spezies, vgl. insgesamt Scott E. Sidall, A Clarification of
the Genus Perna [Mytilidae], in: Bulletin of Marine Science 4/1980 858 ff.), muss angenommen werden,
dass zum einen die anderen Spezies der Gattung Perna angebaut werden könnten und insoweit ein schützenswertes
Interesse an der Bezeichnung besteht bzw. zum anderen schon in Bezug auf die aus der perna canaliculus
zu gewinnenden Stoffe von einem Freihaltebedürfnis auszugehen ist. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin
folgend ist daher der übereinstimmende Zeichenbestandteil PERNA aufgrund des Freihaltebedürfnisses
dem Gemeingut zuzurechnen.
7.4 Unter Berücksichtigung des unter E. 7.2 Gesagten ist
demnach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Wesentlichen auf die Schlusssilben -TON und
-DOL abzustellen und aufgrund des kennzeichnungsschwachen Wortstammes, PERNA-, der Widerspruchsmarke
diesem nur ein schmaler geschützter Ähnlichkeitsbereich zuzubilligen und eine Verwechslungsgefahr
wegen der unterschiedlichen Schlusssilben im Ergebnis zu verneinen. Daran ändert auch der hier besondere
Umstand nichts, dass zwei verschiedene relevante Verkehrskreise - Konkurrenten und Konsumenten - zu unterschiedlichen
Fragen - Gemeingutcharakter bzw. Verwechslungsgefahr - zu berücksichtigen sind. So ist unter Berücksichtigung
des Konkurrenteninteresses vom gemeinfreien Charakter des Bestandteils PERNA und insoweit schwacher Kennzeichnungskraft
auszugehen (Eugen Marbach, Die Verkehrskreise im Markenrecht, sic! 1/2007, S. 6). Für die Frage
der Verwechslungsgefahr kommt es zwar auf das Verständnis der durchschnittlichen Abnehmer an (Marbach,
Verkehrskreise, sic! 1/2007, S. 6). Eben jener Durchschnittskonsument würde in PERNA keinen Sinngehalt
erkennen, weshalb aus seiner Sicht die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht eingeschränkt
und eine Verwechslungsgefahr angesichts von Warengleichartigkeit und Zeichenähnlichkeit möglicherweise
zu bejahen wäre. Indessen kommt den Interessen der Abnehmer im vorliegenden Zusammenhang nur im
Sinne eines Reflexes des Ausschliesslichkeitsrechts ein mittelbarer Schutz zu (Joller, in: MSchG, Art.
3 N. 8 ff.). Wenn der Zweck das Ausschliesslichkeitsrecht des Markeninhabers zu schützen aufgrund
gegenläufiger Interessen der Konkurrenten, insbesondere bei an das Gemeingut angelehnten Elementen,
relativiert werden muss (Joller, in: MSchG, Art. 3 N. 10), wird insoweit auf die Interessen der Konsumenten
keine Rücksicht genommen. Die Beschwerdeführerin ist bei der Gestaltung der Widerspruchsmarke
das Risiko eingegangen, als Hauptbestandteil eine zoologische Gattungsbezeichnung zu wählen und
musste damit rechnen, dass auch ihre Konkurrenten ein Interesse an diesem Zeichenbestandteil haben könnten.
8.
Die
Behauptung, ihre Marke geniesse als bekannte Marke einen erhöhten Schutzumfang (Replik, S. 14),
hat die Beschwerdeführerin nicht hinreichend substanziiert, so dass auf diese Frage nicht näher
einzugehen ist.
9.
Im Ergebnis ist die Verfügung der Vorinstanz zu bestätigen
und die Beschwerde abzuweisen. Der Zeichenbestandteil PERNA als zoologische Gattungsbezeichnung ist freihaltebedürftig
und gemeinfrei anzusehen. Für die Frage der Verwechslungsgefahr kommt es daher im Wesentlichen auf
die Wortendungen "-ton" und "-dol 400" an, die aufgrund der klanglichen und schriftbildlichen
Unterschiede als nicht verwechselbar anzusehen sind.
10.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens
sind die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist nach
Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien
festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis
VwVG, Art. 2 Abs. 1
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die
Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]). Im Beschwerdeverfahren
vor dem Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu veranschlagen (Art. 4
VGKE), wobei
dafür im Widerspruchsbeschwerdeverfahren das Interesse der Widersprechenden an der Löschung,
beziehungsweise der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen ist. Es
würde allerdings zu weit führen und könnte im Verhältnis zu den geringen Kosten des
erstinstanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür im Einzelfall stets konkrete Aufwandsnachweise
verlangt würden. Bei eher unbedeutenden Zeichen darf von einem Streitwert zwischen Fr. 50'000.-
und Fr. 100'000.- ausgegangen werden (BGE
133 III 492 E. 3.3 Turbinenfuss mit Hinweisen). Von diesem
Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich,
die Verfahrenskosten insgesamt auf Fr. 4'000.- festzulegen. Der den Kostenvorschuss in Höhe von
Fr. 5'000.- übersteigende Betrag von 1'000.- ist der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten.
11.
Die
Parteientschädigung zugunsten der Beschwerdegegnerin ist aufgrund der mit Eingabe vom 22. Juni 2010
eingereichten Kostennote festzusetzen (Art. 14 Abs. 2
Satz 2 i.V.m. Art. 7 Abs. 1
VGKE). Der dort ebenfalls
in Rechnung gestellte Aufwand während des mit einfachem Schriftenwechsel geführten Widerspruchsverfahrens
ist bereits durch eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 1'000.- (Ziff. 3 der Widerspruchsverfügung)
abgegolten. Angesichts des doppelten Schriftenwechsels nebst den Ausführungen zur Rechtzeitigkeit
der Duplik erscheint für das Beschwerdeverfahren ein Aufwand von 20 Stunden zu dem von der Beschwerdegegnerin
verlangten Stundenansatz von Fr. 250.-, insgesamt Fr. 5'000.-, gerechtfertigt. Nicht berücksichtigt
werden können indessen nicht im Rahmen der Instruktion verlangte materielle Ausführungen, welche
zusätzlich zur Stellungnahme zur Wahrung der Duplikfrist gemacht wurden sowie Übersetzungsarbeiten.
Die Parteientschädigung umfasst unter anderem die Kosten der Vertretung (Art. 8
VGKE), zu denen
das Anwaltshonorar, Auslagen und die Mehrwertsteuer zu rechnen sind (Art. 9 Abs. 1
VGKE). Nebst Auslagen
von Fr. 250.- und Mehrwertsteuer in Höhe von Fr. 399.- hat die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin
daher eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 5'649.- auszurichten.
12.
Gegen
dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht zur Verfügung (Art. 73
des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [
BGG,
SR 173.110]). Es ist deshalb rechtskräftig.
Demnach erkennt das
Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten
von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss
von Fr. 5'000.- verrechnet. Der Beschwerdeführerin werden demnach Fr. 1'000.- aus der Gerichtskasse
zurückerstattet.
3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin eine
Parteientschädigung in Höhe von Fr. 5'649.- (inkl. MwSt.) auszurichten.
4.
Dieses
Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Rechtsvertreter; Einschreiben; Beilage: Rückerstattungsformular;
Beschwerdebeilagen zurück)
die Beschwerdegegnerin (Rechtsvertreter; Einschreiben; Akten zurück)
die
Vorinstanz (Ref-Nr. WI Nr. 9786; Einschreiben; Vorakten zurück)
Der vorsitzende Richter:
Die Gerichtsschreiberin:
Marc Steiner Miriam Sahlfeld
Versand:
16. August 2010