Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung I
Postfach
CH-3000
Bern 14
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Fax +41 (0)58 705 29 80
www.bundesverwaltungsgericht.ch
Geschäfts-Nr.
A-667/20108. Dezember 2010
{T 0/2}
Zwischenverfügung
vom 8. Dezember
2010
Besetzung
Instruktionsrichter Beat Forster,
Gerichtsschreiber Christian Kindler.
In
der Beschwerdesache
Parteien
A._______,
und Mitbeteiligte,
Beschwerdeführende
1
sowie
B._______,
und Mitbeteiligte,
Beschwerdeführende 2
beide
vertreten durch Fürsprecher Rainer Weibel, Herrengasse 30, 3011 Bern,
gegen
BKW
FMB Energie AG, Viktoriaplatz 2, 3000 Bern 25,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Walter Streit,
LL.M., Gesellschaftsstrasse 27, Postfach 6858, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin,
und
Eidgenössisches
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK),
Bundeshaus Nord, 3003 Bern,
Vorinstanz,
Gegenstand
Aufhebung
der Befristung der Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Mühleberg,
stellt das
Bundesverwaltungsgericht fest:
A.
Mit Entscheid vom 17. Dezember 2009 hob das Eidgenössische
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in Gutheissung eines entsprechenden
Gesuchs der BKW FMB Energie AG vom 25. Januar 2005 die Befristung der Betriebsbewilligung für das
Kernkraftwerk (KKW) Mühleberg vom 14. Dezember 1992 bzw. vom 28. Oktober 1998 auf und wies alle
dagegen gerichteten Einsprachen ab. Im Dispositiv seines Entscheids verfügte das UVEK unter anderem
zusätzlich, den von Fürsprecher Weibel Vertretenen werde keine über die mit Verfügung
vom 10. November 2008 hinausgehende Akteneinsicht gewährt und ihre Anträge vom 12. Juni 2009
um Beizug zusätzlicher Akten sowie um Beauftragung eines unabhängigen unbefangenen Gutachters
zur Beurteilung verschiedener Sachverhalte würden abgewiesen.
B.
Zwei durch Fürsprecher
Weibel vertretene Gruppen von Einsprechenden, A._______ und Mitbeteiligte (Beschwerdeführende 1)
sowie B._______ und Mitbeteiligte (Beschwerdeführende 2), erheben mit Eingaben vom 1. bzw. 12. Februar
2010 gegen den Entscheid des UVEK (Vorinstanz) vom 17. Dezember 2009 (angefochtene Verfügung) Beschwerde
vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die betreffenden Beschwerdeverfahren
A-667/2010 und
A-863/2010 sind
vom Bundesverwaltungsgericht am 2. März 2010 unter der Geschäftsnummer des Ersteren vereinigt
worden. Die identischen Rechtsbegehren der Beschwerdeführenden 1 und 2 (Beschwerdeführende)
lauten primär auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Rückweisung an die Vorinstanz
zur Feststellung der Einspracheberechtigung der Beschwerdeführenden sowie zur Gewährung der
Akteneinsicht und Einräumung des Rechts zur Stellungnahme mit Bezug auf aufgelistete - vom UVEK
angeblich vorenthaltene - Aktenstücke. Eventuell seien diese Aktenstücke den Beschwerdeführenden
zur Stellungnahme und Ergänzung der Beschwerde zu eröffnen. Ein weiterer Eventualantrag lautet
auf "Abweisung" der angefochtenen Verfügung. Gemäss Erläuterung in der Beschwerde
vom 1. Februar 2010 fechten die Beschwerdeführenden nebst dem Entscheid vom 17. Dezember 2009 ebenfalls
die Zwischenverfügung des UVEK vom 10. November 2008 betreffend Akteneinsicht an.
C.
Die
Vorinstanz reichte am 28. April 2010 ihre Vernehmlassung zusammen mit den aus ihrer Sicht relevanten
Vorakten ein und stellte u.a. den Verfahrensantrag, die Akten des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Verfahren
A-7975/2008 seien beizuziehen. Die BKW FMB Energie AG (Beschwerdegegnerin) nahm mit Beschwerdeantwort
vom 30. April 2010 und das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) mit Eingabe vom 26.
April 2010 Stellung zu den erhobenen Beschwerden.
D.
Mit Instruktionsverfügung vom
10. Juni 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht festgehalten, das UVEK habe mit seiner Vernehmlassung
die nachfolgenden Sicherheitsunterlagen - in welche die Beschwerdeführenden Einsicht verlangen -
nicht eingereicht:
1. BKW FMB Energie AG, Periodische Sicherheitsüberprüfung 2005 für
das Kernkraftwerk Mühleberg (PSÜ);
2. BKW FMB Energie AG, Probabilistische Sicherheitsanalyse
für das Kernkraftwerk Mühleberg MUSA und SMUSA 2005 (PSA);
3. TÜVNORD EnSys GmbH,
Gutachten zur Sicherheitsbewertung der Klammervorrichtung im Hinblick auf Kernmantel-Durchrisse, Hannover,
Dezember 2006;
4. Structural Integrity Associates, Inc.: Core spray piping and sparger flaw evaluation
handbook;
5. Analysen, Daten und Aktionslisten einzelner Pendenzen in der Liste der Geschäfte;
6.
Detaillierung der auf der Website des ENSI abrufbaren Liste der Geschäfte.
Das Bundesverwaltungsgericht
hat dazu festgestellt, diese Sicherheitsunterlagen seien vom UVEK soweit ersichtlich nicht formell aus
den Akten gewiesen worden, sondern gehörten vielmehr zu den im vorliegenden Fall einzureichenden
Verfahrensakten. Deswegen ist das UVEK verpflichtet worden, die Sicherheitsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht
bis am 24. Juni 2010 vollständig einzureichen und sich gleichzeitig darüber auszusprechen,
für welche dieser Akten in welchem Ausmass und aus welchem Grund allenfalls Verweigerungsgründe
im Sinne von Art. 27
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021) bestünden. Im Übrigen sind die Verfahrensakten
A-7975/2008 des Bundesverwaltungsgerichts
für das vorliegende Verfahren beigezogen worden.
E.
Das UVEK beantragte mit Eingabe
vom 21. Juni 2010, die Verfügung vom 10. Juni 2010 sei in Wiedererwägung zu ziehen, mit der
Begründung, die genannten Sicherheitsunterlagen seien entgegen der Vermutung des Bundesverwaltungsgerichts
nicht Teil der einzureichenden Verfahrensakten. Mit Zwischenverfügung vom 30. Juni 2010 hat das
Bundesverwaltungsgericht den Hauptantrag des UVEK auf Wiedererwägung der Verfügung vom 10.
Juni 2010 abgewiesen. Mangels anderer Beweise könne nicht davon ausgegangen werden, die hier umstrittenen
Sicherheitsunterlagen seien vom UVEK formell aus dem Verfahren gewiesen worden und der Befund sei zu
bestätigen, dass sie zu den vom UVEK einzureichenden Verfahrensakten gehörten. In Gutheissung
des Eventualantrags des UVEK wurde die Frist zur Einreichung und Kennzeichnung dieser Akten auf den 31.
August 2010 verlängert.
F.
Entsprechend dieser Zwischenverfügung haben das
UVEK und das ENSI am 31. August 2010 die in 86 Bundesordnern abgelegten zusätzlichen Verfahrensakten
dem Bundesverwaltungsgericht an seinem Sitz übergeben. Das ENSI hat zugleich ein 59 Seiten umfassendes
Aktenverzeichnis vom 30. August 2010 mit dem vollständigen Inhalt der neu eingereichten Akten und
einer Aufteilung zu den Verweigerungsgründen gemäss Art. 27
VwVG sowie ein Schreiben vom 31.
August 2010 mit Ausführungen zu diesen Verweigerungsgründen überreicht. Ebenfalls am 31.
August 2010 machte die Beschwerdegegnerin eine Eingabe, welche zu den Geheimhaltungsinteressen für
den Bereich Geschäftsgeheimnisse Stellung nimmt und verschiedene Anträge und Bemerkungen zu
den klassifizierten und nicht klassifizierten Akten enthält.
G.
Die Beschwerdeführenden
nehmen mit Eingabe vom 8. Oktober 2010 (sog. "Akteneinsichtbezeichnungsgesuch") Stellung zur
Akteneinsicht in die nachgereichten Sicherheitsunterlagen. Sie listen im Rahmen mehrerer Anträge
und gestützt auf das Aktenverzeichnis des ENSI vom 30. August 2010 detailliert auf, in welche Teile
dieser Unterlagen sie Einsicht verlangen. Daneben stellen sie einige prozessuale Begehren.
H.
Mit
Stellungnahmen vom 8. November 2010 äussern sich das UVEK, die Beschwerdegegnerin und das ENSI zur
Eingabe der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010, wobei sie ihre bisherigen Anträge und
Ausführungen zur Akteneinsicht bestätigen.
I.
Zu diesen Stellungnahmen vom
8. November 2010 äussern sich die Beschwerdeführenden mit einer weiteren Eingabe vom 22. November
2010.
J.
Auf die Ausführungen der Beteiligten in den erwähnten Rechtsschriften
wird - soweit entscheidrelevant - in den nachfolgenden Erwägungen näher eingegangen.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5
VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG vorliegt und eine Vorinstanz gemäss den
Art. 33
oder 34 VGG entschieden hat. Eine Ausnahme, was das Sachgebiet angeht, ist hier nicht gegeben
bzw. die auf dem Gebiet der Kernenergie bestehenden Ausschlussgründe treffen vorliegend nicht zu
(vgl. Art. 32 Abs. 1 Bst. e
VGG) und das UVEK ist eine Vorinstanz im Sinne von Art. 33 Bst. d
VGG. Demnach
ist das Bundesverwaltungsgericht für die Beurteilung der am 1. bzw. 12. Februar 2010 erhobenen Beschwerden
gegen die Verfügung der Vorinstanz vom 17. Dezember 2009 (angefochtene Verfügung) zuständig.
Die vorliegende Zwischenverfügung über die Akteneinsicht fällt in die Kompetenz des Instruktionsrichters
(vgl. Art. 39 Abs. 1
VGG).
2.
Die Beschwerdeführenden sind als Partei des vorliegenden
Verfahrens ohne weiteres berechtigt, einen prozessualen Antrag auf Akteneinsicht in die Verfahrensunterlagen
im Sinne von Art. 26 Abs. 1
VwVG zu stellen. Die teilweise umstrittene Frage, ob die Beschwerdeführenden
2 die Rechtsmittelfrist eingehalten haben, kann für diese Zwischenverfügung (noch) unbeantwortet
bleiben, da jedenfalls die Beschwerdeführenden 1 mit der gleich lautenden Eingabe vom 1. Februar
2010 die Beschwerdefrist sicher eingehalten haben.
3.
Nach ständiger Rechtsprechung
und Lehre umfasst der Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2
der Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV,
SR 101) als Teilgehalt ebenfalls das Recht
der Parteien auf Akteneinsicht. Dieses wird auf Gesetzesebene für das Bundesverwaltungsverfahren
in den Art. 26 ff
. VwVG konkretisiert. Gemäss dem in Art. 26 Abs. 1
VwVG beschriebenen Akteneinsichtsrecht
hat jede Partei oder ihr Vertreter grundsätzlich Anspruch darauf, in ihrer Sache die Verfahrensunterlagen,
d.h. insbesondere die Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden (Bst. a) und alle
als Beweismittel dienenden Aktenstücke (Bst. b), am Sitz der verfügenden Behörde einzusehen.
Nach Art. 27 Abs. 1
VwVG darf die Behörde die Einsichtnahme in die Akten nur verweigern, wenn u.a.
wesentliche öffentliche Interessen des Bundes oder der Kantone, insbesondere die innere oder äussere
Sicherheit der Eidgenossenschaft (Bst. a), oder wesentliche private Interessen, insbesondere von Gegenparteien
(Bst. b), die Geheimhaltung erfordern. Die Verweigerung der Einsichtnahme darf sich dabei nur auf die
Aktenstücke erstrecken, für die Geheimhaltungsgründe bestehen (Art. 27 Abs. 2
VwVG). Im
Falle der Verweigerung der Einsichtnahme in ein Aktenstück darf auf dieses gemäss Art. 28
VwVG
zum Nachteil der Partei nur abgestellt werden, wenn ihr die Behörde von seinem für die Sache
wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis und ihr ausserdem Gelegenheit gegeben hat,
sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen.
3.1 Allerdings rechtfertigt nicht
jedes entgegenstehende öffentliche oder private Interesse die Verweigerung oder Einschränkung
der Akteneinsicht: Es ist Aufgabe der Verwaltungsbehörde oder im Streitfall des Richters, im Einzelfall
abzuwägen, ob ein konkretes Geheimhaltungsinteresse das grundsätzlich (ebenfalls) wesentliche
Interesse an der Akteneinsicht überwiegt. Die sorgfältige und umfassende Abwägung und
Bewertung der im Konflikt stehenden Interessen ist dabei nach pflichtgemässem Ermessen und unter
Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips vorzunehmen (grundlegend BGE
115 V
297 E. 2c ff. mit Hinweisen; MICHELE ALBERTINI, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches
Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 242; STEPHAN C. BRUNNER, in: Kommentar
zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [Kommentar VwVG], Auer/Müller/Schindler [Hrsg.],
Zürich/St. Gallen 2008, Rz. 9 zu Art. 27; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren
und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 300). Der in Art. 27 Abs. 1 Bst.
a
und b VwVG aufgeführte Begriff des "wesentlichen Interesses" öffentlicher oder
privater Natur zur Einsichtsbeschränkung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der den Behörden
einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Welches dem grundsätzlichen Einsichtsrecht entgegenstehende
Interesse in dem Sinne als wesentlich zu gelten hat, bestimmt sich nicht generell, sondern wiederum im
konkreten Einzelfall (BGE
117 Ib 481 E. 7a/aa mit Hinweis).
3.2 Aus dem bereits zitierten
Art. 27 Abs. 2
VwVG ergibt sich, dass sich die Verweigerung der Akteneinsicht auf das Erforderliche zu
beschränken hat. Mithin dürfen nur Akten und Aktenteile, welche selber einen geheimhaltungswürdigen
Inhalt aufweisen, der Einsichtnahme entzogen werden. Diese in Art. 27 Abs. 2 vorgenommene Konkretisierung
des Verhältnismässigkeitsprinzips führt somit zu einem Anspruch auf insgesamt teilweise
Einsichtsgewährung bzw. volle Einsichtsgewährung in alle übrigen Akteninhalte, gegen deren
Offenlegung keine überwiegenden Interessen auszumachen sind (vgl. BERNHARD WALDMANN/MAGNUS OESCHGER,
in: Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [Praxiskommentar zum VwVG], Waldmann/Weissenberger
[Hrsg.], Zürich 2009, N. 38 zu Art. 27; ALBERTINI, a.a.O., S. 245). Im vorliegenden Fall ist bezüglich
der umstrittenen, durch das Bundesverwaltungsgericht nachträglich einverlangten Sicherheitsunterlagen
für das KKW Mühleberg gemäss der bereits erfolgten Auflistung (vorne Sachverhalt Bst.
D) von Anfang an eine teilweise Einsichtsgewährung im Zentrum gestanden. Deshalb ist das UVEK mit
Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2010 aufgefordert worden, bekanntzugeben, für
welche dieser Akten in welchem Ausmass und aus welchem Grund allenfalls Verweigerungsgründe im Sinne
von Art. 27
VwVG bestünden.
3.3 Entsprechend der vorherigen Bekanntgabe des UVEK haben
mit Eingaben vom 31. August 2010 für die Bereiche Sicherung und Sicherheit das ENSI und für
den Bereich Geschäftsgeheimnis die Beschwerdegegnerin die angeforderten Begründungen geliefert.
In einem ausführlichen (59 Seiten umfassenden) und detaillierten Aktenverzeichnis des ENSI vom 30.
August 2010 wird zu allen nachgereichten Sicherheitsunterlagen in drei parallelen Kolonnen jeweils aufgeführt,
in welche Teile des entsprechenden Dokumentes bzw. Ordners nach Ansicht des ENSI und der Beschwerdegegnerin
(sowie der Vorinstanz) Akteneinsicht gewährt werden kann oder Verweigerungsgründe nach Art.
27 Abs. 1 Bst. a
(öffentliche Sicherheit/Sicherung, als "vertraulich" gestempelt) sowie
Bst. b VwVG (Geschäftsgeheimnisse, als "intern" gestempelt) bestehen. Dieses umfassende
Aktenverzeichnis erfüllt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die nötigen formellen
Anforderungen (wie Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, Aufgliederung der Akten und klare Zuordnung
der geltend gemachten Verweigerungsgründe) und stellt für die nachfolgende inhaltliche Beurteilung
zur Frage der Einsichtnahme in die umstrittenen Sicherheitsunterlagen die Basis dar.
4.
Als
Erstes zu beurteilen ist die Frage der Verweigerungsgründe nach Art. 27 Abs. 1 Bst. a
VwVG, also
der wesentlichen öffentlichen Interessen des Bundes (oder der Kantone), worunter insbesondere die
innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft fällt. Der hier im Vordergrund stehende
Begriff der inneren Sicherheit meint in erster Linie die Gewährleistung von Ruhe und Ordnung durch
Justiz und Polizei, namentlich im Rahmen der präventiven und repressiven Gefahrenabwehr und Terrorbekämpfung.
Zur inneren Sicherheit gehört unter anderem der Schutz wichtiger Infrastrukturanlagen vor Sabotageakten
oder Terroranschlägen. Bei Kernkraftwerken kommt speziell hinzu, dass kriminelle Einwirkungen aufgrund
der Gefahr einer grossräumigen radioaktiven Verstrahlung weitreichende Beeinträchtigungen für
grosse Teile der Bevölkerung in den Gebieten rund um die Anlage und generell ein hohes Schadenspotential
zur Folge haben können. In der Praxis werden unter dieser Kategorie weiter auch Verweigerungsgründe
vorgebracht, die sich unter den Oberbegriff "Schutz des öffentlichen Interesses an funktionsfähigen
staatlichen Institutionen" zusammenfassen lassen. Gemeinsamer Zweck ist dabei oft, die zielkonforme
Durchführung behördlicher Massnahmen zu gewährleisten, wobei es auch um den Schutz der
freien Meinungsbildung der Behörden geht. Als Beispiel werden etwa Bereiche aufgeführt, in
welchen das Gesetz - wie offensichtlich im Anwendungsbereich des Kernenergiegesetzes vom 21. März
2003 (KEG,
SR 732.1) - administrative Kontrollen, Inspektionen und dergleichen vorsieht, wo es zulässig
sein muss, allgemeine Informationen über die Auswahl der Kontrollierten, die Periodizität der
Kontrollen sowie über Einzelheiten des Ablaufs und der im Rahmen der Kontrolle angewendeten Prüfungskriterien
der Akteneinsicht zu entziehen (BRUNNER, Kommentar VwVG, Rz. 19 und 23 f. zu Art. 27 mit Hinweisen).
4.1
Gestützt auf diese allgemeinen Ausführungen ist dem ENSI beizupflichten, wenn es in seiner
Eingabe vom 31. August 2010 erläutert, sicherungsrelevant sei Information, aus der sich für
die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten ableiten liessen. Entgegen der diesbezüglichen
Replik der Beschwerdeführenden sind darunter auch Informationen zu verstehen, die nicht etwa sie
selber verwenden würden, aber bei welchen eine Gefahr der (auch indirekten) Weitergabe in kritische
Hände nicht ausgeschlossen werden kann. Mit Blick auf solche Drittpersonen oder -organisationen,
die in den Besitz heikler Informationen gelangen könnten, kann auch die Nähe des Wohnsitzes
der Einsichtnehmenden zum KKW Mühleberg und die Frage der Unterstellung einer Selbstgefährdung
keine Rolle spielen.
4.2 Die Gegenparteien berufen sich in diesem Zusammenhang auf die entsprechende
Klassifizierung der Akten gemäss der Informationsschutzverordnung vom 4. Juli 2007 (ISchV,
SR 510.411).
Zwar kann auf die Klassifizierung von Akten als geheim oder vertraulich nicht allein abgestellt werden,
weil bei der Akteneinsicht ein materieller Geheimnisbegriff massgebend ist (WALDMANN/OESCHGER, Praxiskommentar
zum VwVG, N. 20 zu Art. 27 mit Hinweis). Trotzdem ist vorliegend die Klassifizierung der einschlägigen
Aktenteile als "vertraulich" ein Indiz für das Vorliegen von Verweigerungsgründen,
weil sich die Kategorisierung nach der relativ neuen IschV richtet und damit vereinheitlicht ist, womit
sie nicht beliebig verändert werden kann. Gemäss Art. 6 Abs. 1
ISchV werden als "VERTRAULICH"
denn auch Informationen klassifiziert, deren Bekanntwerden u.a. die zielkonforme Durchführung konkreter
behördlicher Massnahmen (Bst. b), die Sicherheit der Bevölkerung (Bst. c) sowie die wirtschaftliche
Landesversorgung oder die Sicherheit von wichtigen Infrastrukturanlagen (Bst. d) beeinträchtigen
kann. Eine wichtige internationalrechtliche Grundlage im Bereich von Kernenergieanlagen bildet zudem
das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial (
SR 0.732.031) und dessen geplante
Änderung in Art. 2 A Ziff. 3 (vgl. Botschaft vom 7. Dezember 2007 betreffend die Ratifikation eines
Übereinkommens und der Änderung eines Übereinkommens sowie Beitritt zu zwei Änderungsprotokollen
der UNO zur Bekämpfung terroristischer Handlungen gegen die nukleare und maritime Sicherheit,
BBl
2008 1153 und 1237): Der dortige Grundsatz L verlangt demnach, dass der Staat Anforderungen zum Schutz
der Vertraulichkeit von Informationen aufstellen soll, deren unbefugte Offenlegung den physischen Schutz
von Kernmaterial und Kernanlagen gefährden könnte. Selbst wenn dieser Grundsatz noch nicht
formell gilt, kann er trotzdem bei der Auslegung des Sicherheitsbegriffs gebührend berücksichtigt
werden.
4.3 Das ENSI umschreibt gestützt auf die soeben dargelegten Grundlagen die folgenden
Kriterien, welche für die Einstufung von Unterlagen oder Teilen davon als sicherungsrelevant gelten:
a)
Wichtige Komponenten, Systeme, Räume, Gebäude/Bauten und Systemabhängigkeiten werden
so ausführlich beschrieben, dass sich daraus für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten
ableiten lassen.
b) Wichtige Operateurhandlungen werden so ausführlich beschrieben, dass sich
daraus für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten ableiten lassen.
c)
Auslösende Ereignisse, technische Störfallanalysen oder radiologische Störfallanalysen
werden so ausführlich beschrieben, dass sich daraus für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten
ableiten lassen.
d) Cutsets werden angegeben. (Cutsets beschreiben detailliert, welche Kombinationen
von Ausfällen von Komponenten zum Ausfall eines Systems / Systemteils bzw. zu einem Kernschaden
führen. Daraus lassen sich für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten
ableiten.)
e) Importanzen werden so detailliert angegeben, dass sich daraus für die nukleare
Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten ableiten lassen. (Importanzen quantifizieren, wie wichtig
Komponenten bzw. Systeme zur Vermeidung eines Kernschadens sind. Sie geben also an, bei welchen Komponenten
/ Systemen für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten bestehen.)
f)
Sicherungsmassnahmen der Anlagen werden beschrieben.
g) Transporte radioaktiver Stoffe werden ausreichend
ausführlich beschrieben, dass sich daraus für die nukleare Sicherheit relevante Sabotagemöglichkeiten
ableiten lassen.
h) Sicherungsmassnahmen für Transporte radioaktiver Stoffe werden beschrieben.
Diese
Kriterien des ENSI sind einleuchtend und werden sowohl der allgemeinen Ausgangslage im Kernenergiebereich
wie auch der spezifischen Situation beim KKW Mühleberg gerecht. Damit sind die wesentlichen öffentlichen
Interessen des Bundes an der Geheimhaltung der "vertraulichen" Sicherheitsunterlagen in genügender
Weise aufgezeigt. Die Beschwerdeführenden vermögen diesen Darlegungen des ENSI nichts Substantielles
entgegenzusetzen (vgl. dazu auch hinten E. 4.6 f.).
4.4 Zu beachten ist dabei insbesondere
Folgendes: Das ENSI ist nicht nur eine aus der zentralen Bundesverwaltung ausgegliederte rechtlich verselbstständigte
öffentlichrechtliche Körperschaft (vgl. Art. 7a
ff. und Anhang 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung
vom 25. November 1998 [RVOV,
SR 172.010.1]), sondern zugleich in den gerade vorliegend relevanten Bereichen
der nuklearen Sicherheit und Sicherung nach Art. 70 Abs. 1 Bst. a
KEG die gesetzliche Aufsichtsbehörde
über das KKW Mühleberg. Gemäss Abs. 2 der erwähnten Gesetzesbestimmung ist sie in
fachlicher Hinsicht nicht weisungsgebunden und formell von den Bewilligungsbehörden zu trennen.
Zu den Aufgaben und Befugnissen der Aufsichtsbehörde gehört u.a. gemäss Art. 72 Abs. 1
bis
3
KEG Folgendes: Sie wacht darüber, dass die Inhaber von Bewilligungen und von nuklearen Gütern
ihre Pflichten nach dem KEG einhalten und ordnet alle zur Einhaltung der nuklearen Sicherheit und Sicherung
notwendigen sowie verhältnismässigen Massnahmen an. Droht eine unmittelbare Gefahr, so kann
sie umgehend Massnahmen anordnen, die von der erteilten Bewilligung oder Verfügung abweichen. Eine
massgebliche Grundlage dafür ist die spezialgesetzliche Auskunfts- und Herausgabepflicht nach Art.
73 Abs. 1
KEG: Demnach sind den Aufsichtsbehörden - soweit für den Vollzug nötig - sämtliche
Auskünfte zu geben und Unterlagen einzureichen oder auf Verlangen herauszugeben, die für eine
umfassende Beurteilung oder Kontrolle erforderlich sind.
Dem ENSI kommt insgesamt eine institutionalisiert
deutlich höhere Bedeutung zu als einer normalen Fachbehörde oder Vorinstanz. Zugleich hält
sich das Bundesverwaltungsgericht praxisgemäss bei Fragen der Sicherheit bzw. in Belangen, die einen
hohen technischen Wissensstand erfordern, selbst bei Endurteilen zurück. Es ist dabei ohne weiteres
zulässig, bei der Prüfung naturwissenschaftlicher und technischer Fragen auf die Berichte und
Stellungnahmen der vom Gesetzgeber eingesetzten sachkundigen Instanzen abzustellen (
BVGE 2010/19 E. 4.2
f.; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-2606/2009 vom 11. November 2010 E. 4 und
A-1936/2006 vom
10. Dezember 2009 E. 33.1.2 und 35.2 mit Hinweisen). Diese Zurückhaltung hat bei Zwischenentscheiden
mindestens im gleichen Mass zu gelten.
4.5 Den Stellungnahmen des ENSI als gesetzliche Aufsichtsbehörde
kommt nach dem Dargelegten im vorliegenden Verfahren zum KKW Mühleberg - zumindest soweit die öffentlichen
Geheimhaltungsinteressen betreffend - sehr hohes Gewicht zu. Dies gilt vor allem bei der Beurteilung
der Frage, welche Dokumente sicherheitsrelevant sind, zumal diese weitgehend technische bzw. fachspezifische
Aussagen enthalten. Das ENSI hat denn auch umfassend Stellung bezogen und mit grossem Aufwand das bereits
erwähnte Aktenverzeichnis vom 30. August 2010 erstellt, in welchem der Inhalt der einzelnen Sicherheitsunterlagen
und Ordner äusserst detailliert umschrieben wird. Dieses umfangreiche Aktenverzeichnis ist den Beschwerdeführenden
ohne Einschränkung zugestellt worden. Die vom ENSI dazu geschilderten Kriterien (ausführlich
vorne E. 4.3) für die Einstufung - und gleichzeitig Klassifizierung - der Sicherheitsunterlagen
in die Kategorie "Vertraulich" überzeugen und treffen soweit ersichtlich auf Aktenteile,
bei denen nach Art. 27 Abs. 1 Bst. a
VwVG eine Verweigerung der Einsichtnahme verlangt wird, zu. Davon
hat sich das Bundesverwaltungsgericht in den nachgereichten Akten selber ein Bild machen können.
Die
Wesentlichkeit der öffentlichen Interessen des Bundes an der Geheimhaltung ist somit in genügendem
Masse glaubhaft gemacht. Darüber hinaus kann es aufgrund der deutlich höheren Fachkenntnisse
des ENSI einerseits und angesichts des unverhältnismässig hohen Verwaltungsaufwands andererseits
nicht Aufgabe des Gerichts sein, die über achtzig Bundesordner mit Sicherheitsunterlagen anhand
des detaillierten Aktenverzeichnisses des ENSI geradezu Abschnitt für Abschnitt unter Prüfung
der zitierten zahlreichen Ausschluss-Kriterien durchzugehen, um allenfalls noch isoliert offenzulegende
Teile oder gar Aussagen zu entdecken (vgl. dazu BGE
125 II 225 E. 4b am Schluss). Entgegen von letztlich
unbelegten Vorwürfen und Behauptungen der Beschwerdeführenden ergeben sich für das Bundesverwaltungsgericht
keine Zweifel an den Erstellungsmodalitäten, der Vollständigkeit sowie der inhaltlichen Richtigkeit
der Ausführungen des ENSI. Es sind in seinen Erläuterungen weder (offensichtliche) Mängel
noch innere Widersprüche erkennbar.
4.6 Angesichts des hergeleiteten Resultats der Interessenabwägung
erübrigt es sich hier und kann nicht Thema eines blossen Zwischenentscheids sein, auf die zahllosen
Einwendungen und Vorbringen der Beschwerdeführenden hinsichtlich vieler einzelner Teile der Sicherheitsunterlagen
noch im Detail einzugehen. Es ist in einem solchen Verfahren mit derart umfangreichen Akten entgegen
ihren Einwänden zweifellos zulässig, gewisse Kategorisierungen bezüglich der Einordnung
der Akten vorzunehmen. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in der Zwischenverfügung vom
30. Juni 2010 auf Folgendes aufmerksam gemacht: In Art. 27 Abs. 2
und Art. 28
VwVG ist betreffend Verweigerung
der Einsichtnahme von "Aktenstücken" die Rede, weshalb nicht verlangt wird, dass die verschiedenen
Dokumente hinsichtlich jeder einzelnen Seite oder gar Aussage überprüft werden müssen,
sondern mit einem gewissen Schematismus vorgegangen werden kann. Das (damals) angesprochene "Ausmass"
der Verweigerungsgründe bezieht sich somit nicht auf einzelne Seiten oder gar Aussagen in den Aktenstücken,
sondern auf diese als solche und deren abgrenzbare Teile. Bei einer gegenteiligen Ansicht müsste
gerade im vorliegenden Fall der Aufwand für die Sichtung und Durchforstung, Bekanntgabe und Bezeichnung
aller einzelnen Aktenstücke als unverhältnismässig bezeichnet werden.
Zusätzlich
ist darauf hinzuweisen, dass sich die Stellungnahmen der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober und
22. November 2010 in vielen Bereichen trotz anderslautender Aufforderung des Gerichts teilweise oder
gar vollständig nicht auf das Zwischenverfahren zur Akteneinsicht, sondern auf die Hauptsache beziehen.
Auf entsprechende Ausführungen und neue Anträge dazu ist denn an dieser Stelle - wie auch einzelne
Gegenparteien korrekterweise anmerken - nicht einzugehen. Dies gilt insbesondere auch für die als
Parteigutachten einzustufende sog. "Kurzstellungnahme zur Akteneinsicht der Bürger in Sicherheitsunterlagen
des Kernkraftwerks Mühleberg im Rahmen der Bundesverwaltungsgerichtsbeschwerde A._______ et al."
des Öko-Instituts e.V. Darmstadt vom September 2010, soweit sie sich im materiellen Bereich bewegt.
Im Übrigen finden die in diesem Parteigutachten häufig geäusserten Rechtsstandpunkte zur
Frage der Interessenabwägung im Rahmen der Akteneinsicht ihre Antwort mit der hier vorliegenden
gerichtlichen Interessenabwägung.
4.7 Auf die Haupteinwände der Beschwerdeführenden,
die einzig die Akteneinsicht betreffen, ist hingegen noch einzugehen. So wenden die Beschwerdeführenden
mehrfach und mit verschiedenem Bezug ein, in früheren Verfahren zum KKW Mühleberg oder zu anderen
Anlagen in Deutschland und der Schweiz sei jeweils zumindest betreffend einzelnen Unterlagen Akteneinsicht
gewährt worden. Dagegen ist schon grundsätzlich festzuhalten, dass sich aus der Art und Weise
der Handhabung der Akteneinsicht in früheren Verfahren keinerlei heutiger Anspruch für Parteien
ergibt, diese wiederum im gleichen Ausmass gewährt zu erhalten. Ausländische Verfahren bzw.
Rechtsbestimmungen können dabei von vornherein nicht massgebend sein. Selbst bei Verfahren nach
Schweizer Recht ist aber - ohne auf die umstrittenen Fragen, inwieweit genau in solchen früheren
Verfahren Einsicht gewährt worden ist, näher eingehen zu müssen (zur Ausnahme vgl. hinten
E. 5.7 ff.) - zu betonen, dass es einer Behörde im Rahmen eines Zwischenverfahrens nicht versagt
sein kann, die Einsicht anders als in einem früheren Gesuch aus haltbaren Gründen und mit neuer
Beurteilung zu verweigern. Das behördliche Verhalten ist insoweit - selbst in einem die gleiche
Anlage betreffenden Verfahren - nicht an den formellen Widerrufsgründen zu messen. Eine frühere
Einsichtsgewährung kann immerhin als gewisses Indiz berücksichtigt werden (vgl. BGE
125 II
225 E. 3).
4.8 Das soeben Gesagte gilt umso mehr, wenn es wie hier um Verfahren zum KKW Mühleberg
geht, die bereits 20 Jahre zurückliegen. Wegen dieser langen Zeitdauer und den seitherigen Entwicklungen
und Änderungen der Rahmenbedingungen können die Beschwerdeführenden aus der damaligen
Handhabung der Akteneinsicht nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dieser Schluss ist aber auch noch hinsichtlich
der in den Jahren 1994 und 2004 abgeschlossenen Verfahren zum KKW Beznau gültig. In beiden Fällen
ist vor allem, wie die Gegenparteien allesamt zu Recht ins Feld führen, auf die Änderung der
Sach- und Rechtslage aufmerksam zu machen: Der Schutz von Kernanlagen hat angesichts der verschiedenen
Terroranschläge im letzten Jahrzehnt, darunter insbesondere denjenigen vom 11. September 2001 in
den USA, international zunehmende Bedeutung erlangt. Dies wiederspiegelt sich in den bereits erwähnten
Änderungen des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (vorne E. 4.2).
Gleichzeitig hat ein Umdenken stattgefunden, was den Umgang mit sensiblen Informationen anbelangt. Die
vorliegend schon zitierte ISchV, die neue Grundlagen enthält, ist erst am 1. August 2007 in Kraft
getreten. Und schliesslich weisen die Gegenparteien richtigerweise auf die veränderten technischen
Möglichkeiten der Erfassung, Verarbeitung und weltweiten Verbreitung von Informationen hin, welche
sich vor allem mit dem Internet massiv erweitert haben. Ohne Belang ist dabei entgegen den Beschwerdeführenden,
ob bereits konkret zu Kernkraftwerken in der Schweiz oder zum KKW Mühleberg selber Missbräuche
nachweisbar gewesen sind, da es diese im Voraus zu verhindern gilt und ein bisheriger Erfolg diesbezüglich
schnell umgestossen sein könnte.
Aus all diesen Gründen sowie dem Umstand, dass es sich
dabei um ein anderes Verfahren zu einer anderen Anlage gehandelt hat, sind die neuen oder bekräftigten
Vorbringen der Beschwerdeführenden in ihrer Stellungnahme vom 22. November 2010 zum KKW Beznau ohne
Relevanz. Dass laut ihren Angaben der damalige 4-bändige Sicherheitsbericht 2001 und der Hauptbericht
der Probabilistischen Sicherheitsanalyse BERA vom 1. Dezember 2001 offenbar ab dem 5. März 2002
für drei Monate öffentlich aufgelegt wurden, dient ihnen hier nichts. Ohnehin ist aber noch
zusätzlich davon auszugehen, dass der damalige Sicherheitsbericht und die Sicherheitsanalyse, gerade
weil diese so kurzzeitig nach den Attentaten vom 11. September 2001 aufgelegt worden sind, noch gar nicht
auf alle neuen Erkenntnisse zu terroristischen Bedrohungspotentialen eingehen konnten. Die möglichst
abschliessende Aufarbeitung solcher einschneidender Ereignisse mit vielfältigen Folgerungen benötigt
mehr Zeit als bloss wenige Monate bis Anfang März 2002 (soweit überhaupt eine entsprechende
Aktualisierung dieser Unterlagen für die öffentliche Auflage erfolgte, was angesichts der angegebenen
Abschlussdaten zu bezweifeln ist).
4.9 Es ist aus den soeben angeführten Gründen
selbst im gleichen Verfahren über eine gewisse Zeitdauer (und erst recht bei mehreren Instanzen)
nicht ausgeschlossen, dass der Umfang der Akteneinsicht verändert wird, wobei von praktischer Relevanz
wohl nur eine Erweiterung sein kann. Demzufolge ist entgegen der Vermutung der Beschwerdeführenden
keine willkürliche Handhabung in der von ihnen anerkannten Tatsache zu sehen, dass das UVEK (und
das ENSI) ihnen nun eine Akteneinsicht zugestehen, welche über die im Einspracheverfahren bis zum
Endentscheid vom 17. Dezember 2009 gewährte hinausgeht. Vielmehr deutet diese Ausweitung auf eine
neue, sehr genaue und aufwendige Durchforstung der Sicherheitsunterlagen mit Blick auf die mögliche
Offenlegung hin, wie sie dem besagten detaillierten Aktenverzeichnis des ENSI zu entnehmen ist. Es erscheint
ohnehin widersprüchlich, wie die Beschwerdeführenden von Anfang an zahlreiche weitere Ausweitungen
der Offenlegung zu verlangen und dann ein im Vergleich zu früher grösseres Entgegenkommen der
zuständigen Stellen als vermutlich willkürliche Handhabung zu rügen.
4.10
Abschliessend ist noch darauf hinzuweisen, dass - wie die Beschwerdeführenden mit Eingabe vom 22.
November 2010 selber anerkennen - im Zeitpunkt der Eröffnung des angefochtenen Entscheids noch nicht
existente Unterlagen nicht zu den Akten ediert und eingesehen werden können. Dasselbe gilt ohne
weiteres auch für Unterlagen aus damals wie heute entweder nicht im Zusammenhang stehenden oder
noch nicht abgeschlossenen bzw. neu beginnenden Verfahren im Rahmen der laufenden Aufsicht des ENSI über
das KKW Mühleberg.
4.11 Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die öffentlichen
Geheimhaltungsinteressen nach Art. 27 Abs. 1 Bst. a
VwVG bei den Akten, die gemäss dem Aktenverzeichnis
vom 30. August 2010 als "vertraulich" klassifiziert sind, vom ENSI in genügender Dichte
und überzeugend dargelegt worden sind und sie das gestützt auf Art. 26 Abs. 1
VwVG in Anspruch
genommene Einsichtsinteresse der Beschwerdeführenden in allen Teilen überwiegen. Deren Akteneinsichtsgesuch
ist somit in diesem Umfang abzuweisen und die geforderte Einsicht zu verweigern.
Soweit absehbar
werden würde, dass sich das Bundesverwaltungsgericht für das Endurteil im Sinne von Art. 28
VwVG zum Nachteil der Beschwerdeführenden auf gewisse, dem Einsichtsrecht nun entzogene Sicherheitsunterlagen
stützen muss, können später im Instruktionsverfahren soweit erforderlich (und nicht schon
bestehend) noch entsprechende Zusammenfassungen eingeholt werden. Dazu besteht vorderhand kein Anlass.
5.
Als
Zweites zu beurteilen ist die Frage der Verweigerungsgründe nach Art. 27 Abs. 1 Bst. b
VwVG, also
der wesentlichen privaten Interessen, insbesondere derjenigen von Gegenparteien, welche Geheimhaltung
erfordern.
5.1 Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Eingabe vom 31. August 2010 dazu gewisse
Ausführungen gemacht. Sie erläutert, die im Aktenverzeichnis vom 30. August 2010 mit "intern"
gekennzeichneten Dokumente und Seiten enthielten wesentliche private Geheimhaltungsinteressen, wobei
zwischen den Kategorien 2 und 3 unterschieden werde. Die Kategorie 2 betreffe geistiges Eigentum und
wesentliche Geheimhaltungsinteressen von Dritten, d.h. insbes. von Herstellern und Lieferanten von Anlagekomponenten
sowie von anderen Anlagebetreibern. In Bezug auf mehrere Dokumente liegen laut Beschwerdegegnerin entsprechende
Erklärungen der Drittfirmen vor, wobei sie vier Beilagen dazu einreicht. Weitere Hinweise auf geistige
Eigentumsrechte und geschützte Geschäftsgeheimnisse von Drittfirmen seien den jeweiligen Dokumenten
selber zu entnehmen. Dabei sei zu beachten, dass die Verfasser der betreffenden Dokumente teilweise nicht
selber Inhaber der Schutzrechte seien, sondern lediglich darauf aufmerksam machten, dass bei der Erstellung
der Dokumente rechtlich geschützte Informationen von weiteren Drittfirmen verwendet würden.
Wesentliche private Geheimhaltungsinteressen lägen zudem bei sämtlichen Schemata mit hohem
Detaillierungsgrad sowie bei Zeichnungen mit Massangaben vor.
5.2 Unter der sog. Kategorie
3 werden laut Beschwerdegegnerin Dokumente und Dokumententeile erfasst, die geistiges Eigentum oder andere
wesentliche Geheimhaltungsinteressen der BKW FMB Energie AG (BKW) selber betreffen. Darunter fallen gemäss
Beschwerdegegnerin insbesondere die folgenden Dokumentengruppen:
Verträge zwischen der BKW
und Dritten, welche kommerzielle Geschäftsgeheimnisse enthalten.
Methoden, Werkzeuge, Informatikcodes,
Analyseverfahren und Datensammlungen, die vom oder für das KKW Mühleberg erstellt bzw. entwickelt
wurden und Urheberrechte der BKW oder rechtlich geschütztes Know-how darstellen. Die Zugänglichmachung
dieser Informationen an Unbefugte könne der BKW beträchtlichen Schaden zufügen.
Interne
Berichte, Pläne, Schemata und Figuren, die dem ENSI ohne Berichterstattungs- und Meldeverpflichtungen
im Sinne der Transparenz oder zur Erleichterung seiner Inspektionstätigkeit zur Verfügung gestellt
wurden. Die Offenlegung solcher Dokumente würde zu einer restriktiveren Informationspolitik der
Werke gegenüber dem ENSI führen.
5.3 Diese und weitere Ausführungen der Beschwerdegegnerin
zur Darlegung der Geschäftsgeheimnisse von ihr selber wie von Dritten überzeugen grundsätzlich.
Es fällt aber auf, dass die Beschwerdegegnerin, obwohl sie im genau gleichen Mass wie das UVEK und
das ENSI die Wesentlichkeit ihrer Interessen glaubhaft machen muss, weniger eingehende Äusserungen
macht als die soeben Genannten und sich insbesondere in ihrer Eingabe vom 8. November 2010 hauptsächlich
auf wenige Wiederholungen und den bereits berücksichtigten Ausführungen zu den öffentlichen
Geheimhaltungsinteressen beschränkt. Dies, obwohl die Beschwerdeführenden in ihrer Eingabe
vom 8. Oktober 2010 die Einsicht in einzelne Dokumente, die unter Kategorie 2 oder 3 der Geschäftsgeheimnisse
fallen, in vertiefter Hinsicht verlangen, wobei in der Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom
15. Oktober 2010 auf verschiedene Punkte der Beschwerdeführenden ausdrücklich hingewiesen und
zur (eingehenderen) Stellungnahme aufgefordert worden ist.
5.4 Gerade im Bereich der Geschäftsgeheimnisse
hat die Beschwerdegegnerin somit nicht weiter Stellung genommen zu den detaillierteren Vorbringen der
Beschwerdeführenden. Dies fällt hier insofern auch ins Gewicht, als anders als bei den öffentlichen
Geheimhaltungsinteressen es bei Geschäftsgeheimnissen nicht um Sicherheitsinteressen im eigentlichen
Sinne geht. Die ausführlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Änderung der
Sach- und Rechtslage (vorne E. 4.7 ff.) sind zwar für den Sicherheitsbereich relevant und - wie
gesehen - durchaus ausschlaggebend, was aber im Bereich der Geschäftsgeheimnisse weniger der Fall
ist. Insbesondere hat das genannte Indiz der Möglichkeit früherer Einsichtnahmen in bestimmte
gleiche oder ähnliche Unterlagen hier ein anderes Gewicht, weil bei den Geschäftsgeheimnissen
nicht oder jedenfalls nicht von vornherein ersichtlich ist, inwiefern diese Änderungen der Sach-
und Rechtslage sich auf sie (zusätzlich) einschränkend auswirken sollten. Die Beschwerdegegnerin
macht dazu jedenfalls wie angesprochen keine nennenswerten Erläuterungen. Im Gegenteil verzichtet
sie in ihrer Eingabe vom 8. November 2010 ausdrücklich auf eine eingehendere Stellungnahme zur Eingabe
der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010 und dem erwähnten Parteigutachten mit Hinweis auf
den materiellen Gehalt derselben. Dies ist insofern richtig, soweit darin effektiv zur Sache selber Ausführungen
gemacht werden (so vorne E. 4.6). Die Eingabe vom 8. Oktober 2010 enthält aber nicht nur materielle
Teile, wie schon das Aufgreifen einzelner Punkte durch das Bundesverwaltungsgericht in der erwähnten
Verfügung vom 15. Oktober 2010 zeigt.
5.5 Zusätzlich ist weiter bemerkenswert,
dass die Beschwerdegegnerin bereits in ihrer Eingabe vom 31. August 2010 einen umfassenden Eventualantrag
gestellt hat zu Modalitäten der Akteneinsichtnahme für den Fall, dass in gewisse "intern"
klassifizierte Unterlagen Einsicht gewährt werden sollte. Dies steht ihr einerseits selbstverständlich
ohne weiteres zu, zeigt aber andererseits ebenfalls auf, dass sie im Bereich Geschäftsgeheimnisse
nicht vollkommen strikt und unter Ausschluss aller Eventualitäten von einer vollständigen Einsichtsverweigerung
durch das urteilende Gericht ausgeht.
5.6 Das Bundesverwaltungsgericht kommt nach dem Gesagten
zu folgendem Schluss: Wie dargelegt sind zwar die Geheimhaltungsinteressen der Beschwerdegegnerin für
die Unterlagen der Kategorie 2 und 3 grundsätzlich überzeugend aufgezeigt worden. Sie müssen
aber im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überall auch das Einsichtsinteresse der
Beschwerdeführenden überwiegen in dem Sinne, dass sie als "wesentlich" glaubhaft
dargelegt worden sind. Dabei sind zwar einerseits bei den hier umstrittenen sehr umfangreichen und inhaltlich
komplexen Unterlagen sicherlich gewisse Kategorisierungen und Schematisierungen zulässig (so vorne
E. 4.6), andererseits hätte die Beschwerdegegnerin zumindest dort einen höheren Begründungsaufwand
und eine eingehendere Stellungnahme machen müssen, wo die Beschwerdeführenden vertieft und
mit Blick auf bisherige Einsichten in ganz bestimmte Unterlagen Akteneinsicht verlangen.
5.7
Dies gilt jedenfalls beim Gutachten zur Sicherheitsbewertung der Klammervorrichtung im Hinblick auf
Kernmantel-Durchrisse der TÜVNORD EnSys GmbH (Hannover 2006 [TÜVNORD-Gutachten]), welches ausschliesslich
als "intern" gestempelt ist. Die Beschwerdeführenden haben dazu in ihrer Eingabe vom 8.
Oktober 2010 ausführliche Darlegungen gemacht, welchen die Beschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme
vom 8. November 2010 wie bereits angesprochen nichts entgegnete. So ist zu dem vom Bundesverwaltungsgericht
ausdrücklich angefragten Punkt der Vergleichbarkeit der Expertise des TÜV Energie Consult zur
sicherheitstechnischen Bedeutung der Risse im Kernmantel des KKW Mühleberg vom Januar 1998 (TÜV-Expertise)
und dem vorliegend streitigen TÜVNORD-Gutachten auffälligerweise nichts gesagt worden, womit
den Beschwerdeführenden Recht zu geben ist, dass mangels Einwänden von der Vergleichbarkeit
auszugehen ist.
5.7.1 Zur Thematik bestätigt das UVEK am 8. November 2010, dass es anlässlich
einer Pressekonferenz am 19. Februar 1998 über das Ergebnis der TÜV-Expertise informiert habe.
Eine Publikation der Expertise habe es hingegen nicht gegeben. Am 27. Februar 1998 sei von der damaligen
Hauptabteilung für die Sicherheit von Kernanlagen (HSK) als Vorgängerin des ENSI einem eng
bezeichneten Personenkreis unter Auflagen Einsicht in dieses Dokument gegeben worden. Das ENSI bestätigt
gleichentags ebenfalls, dass über die TÜV-Expertise informiert worden sei, aber das Dokument
sei nicht als Ganzes herausgegeben oder publiziert worden.
5.7.2 Dem treten die Beschwerdeführenden
in ihrer Eingabe vom 22. November 2010 (erneut) mit umfassenden Ausführungen entgegen. So legen
sie mit detaillierten Angaben und Belegen glaubhaft Folgendes dar: An besagter Pressekonferenz vom 19.
Februar 1998 sei ein Exemplar der Expertise auf einem Beitisch zur Einsichtnahme aufgelegen, welches
einer der wissenschaftlichen Berater der (bereits damaligen) Beschwerdeführenden kurz durchgesehen
habe. Mit Begleitschreiben vom 20. Februar 1998 habe der Chef des Rechtsdienstes des Bundesamtes für
Energie (BFE) dem - damaligen wie heutigen - Anwalt der Beschwerdeführenden die TÜV-Expertise
zugestellt, wobei das Schreiben ausdrücklich von dem am 19. Februar 1998 veröffentlichten Gutachten
zu den Rissen im Kernmantel des KKW Mühleberg spreche. Im Weiteren werde darin auch der Akteneinsichtstermin
vom 27. Februar 1998 bei der HSK in Würenlingen bestätigt (diese Angaben ergeben sich indirekt
aus dem vorliegenden Schreiben des Anwalts an das BFE vom 11. Mai 1998). Die Beschwerdeführenden
haben entsprechend dem Bundesverwaltungsgericht am 22. November 2010 in Papierform ein Exemplar der TÜV-Expertise
eingereicht.
5.7.3 Das Ganze zeigt auf, dass offensichtlich in die damalige TÜV-Expertise
nicht nur Akteneinsicht gewährt worden ist, sondern zumindest den heutigen Beschwerdeführenden
ebenfalls ein soweit ersichtlich vollständiges (188-seitiges) Exemplar dieser Expertise mit zahlreichen
- allesamt nicht abgedeckten - und sehr detaillierten technischen Angaben, Tabellen und Abbildungen abgegeben
worden ist. Gleichzeitig ist die Vergleichbarkeit der TÜV-Expertise mit dem TÜVNORD-Gutachten
nicht bestritten worden und ist aufgrund aller erhältlichen Angaben davon auszugehen, dass die Expertise
und das Gutachten um acht Jahre verschoben die letztlich gleiche Problematik abhandeln. Zugleich geht
schon aus dem eingereichten Exemplar der TÜV-Expertise hervor, dass damals im Wesentlichen die gleichen
Drittfirmen mit gewissen Geschäftsgeheimnissen involviert gewesen sind wie heute von der Beschwerdegegnerin
geltend gemacht. Dem eingereichten Schreiben der "TÜV NORD EnSys Hannover GmbH & Co. KG"
vom 29. August 2006 (Beilage 4 zur Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 31. August 2010) ist jedenfalls
nichts zu entnehmen, was an der vorliegend dargelegten Einschätzung etwas ändern könnte.
Aus den ganzen Umständen folgt, dass es der Beschwerdegegnerin nicht gelungen ist, die bestehenden
privaten Geheimnisinteressen gegenüber dem Einsichtsinteresse der Beschwerdeführenden als überwiegend,
mithin "wesentlich" im Sinne des Gesetzes, erscheinen zu lassen.
5.7.4 Den Beschwerdeführenden
ist somit vor dem Bundesverwaltungsgericht Einsicht in das vollständige TÜVNORD-Gutachten zur
Thematik der Kernmantelrisse beim KKW Mühleberg zu gewähren, wobei wegen der vollständigen
früheren Abgabe der TÜV-Expertise nicht einsehbar erscheint, warum sie nicht auch heute davon
Kopien anfertigen können sollten. Wie bereits angesprochen (vorne E. 5.4) kann bei den hier umstrittenen
(blossen) Geschäftsgeheimnissen die Zeitdauer von acht Jahren zwischen der Expertise und dem Gutachten
und die teilweise veränderte Sach- und Rechtslage anders als bei den vertraulichen Sicherheitsdokumenten
nicht zu einer Verweigerung der Einsicht führen.
Immerhin ist aber dem Eventualantrag der Beschwerdegegnerin
vom 31. August 2010 insoweit zu folgen, als die Beschwerdeführenden ihre Erkenntnisse aus diesen
Unterlagen nur für das Beschwerdeverfahren verwenden sollen. Sie werden deshalb mit der beantragten
Strafandrohung gemäss Art. 292
des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB,
SR 311.0) belegt. Dasselbe gilt für die von ihnen beigezogenen Experten. Zu den bisher von den Beschwerdeführenden
vorgeschlagenen Experten ist seitens der Gegenparteien kein Widerstand erwachsen, womit sie auch zur
Akteneinsicht zugelassen werden können. Entgegen der Beschwerdegegnerin ist dabei nicht ersichtlich,
weshalb bei grundsätzlicher Bejahung anstelle von bloss einem nicht gleich zwei oder drei der gemeldeten
Experten zugelassen werden sollten.
5.8 Bezüglich weiterer als "intern" gestempelter
Dokumente ist vorab festzuhalten, dass die Beschwerdeführenden nur in einen Teil davon Akteneinsicht
verlangen. Soweit diese Dokumente vom ENSI ganz oder teilweise als "vertraulich" bezeichnet
worden sind, besteht auf Grund des Ausgeführten (vorne E. 4.5 ff.) kein Anlass, auf das bereits
verweigerte Einsichtsrecht zurückzukommen.
5.8.1 Nebst dem schon erörterten TÜVNORD-Gutachten
ist hingegen zu untersuchen, ob den Beschwerdeführenden hinsichtlich ihrer am 8. Oktober 2010 präzisierten
Anträge (unter Bst. C) Einsicht in nicht als "vertraulich", aber als "intern"
bezeichnete Akten oder Teile davon zu gewähren ist. Eine diesbezügliche Durchsicht hat ergeben,
dass die fraglichen Dokumente bzw. Dokumententeile entweder Interessen Dritter (PSÜ 2005 KKM Sicherheitsbericht
Ordner 1, Kapitel 1 "Übersicht und Auslegungsgrundlagen", Ziff. 1.3.4 und 1.3.5 sowie
AN-KL-05/122: Vorkommnisse in anderen in- und ausländischen Kernkraftwerken; Appendices zum Dokument
"Core spray piping and sparger flaw evaluation handbook": weitgehend mit "Contains Vendor
Proprietary Information" gekennzeichnet) betreffen. Oder es werden mittels Erklärungen von
Drittfirmen (Beilagen 1 bis 3 zur Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 31. August 2010) überzeugend
für einzelne Aktenteile geistiges Eigentum oder Geheimhaltungsinteressen Dritter geltend gemacht
(PSÜ 2005 KKM Sicherheitsbericht Ordner 1, Kapitel 3 "Reactor" sowie Kapitel 4 "Reactor
Coolant System"). Darüber hinaus enthalten Dokumente im Zusammenhang mit Szenarien zu Überflutungen
und Dammbruch beim Wasserkraftwerk Mühleberg plausibel geltend gemachte Geschäftsgeheimnisse
der Beschwerdegegnerin, der im Übrigen besagtes Flusskraftwerk gehört (AN-KL-05/052 ab S. 3;
Ordner 9/21 Appendix S. 6 ab S. 44, Ordner 18/21 Appendix S. 9 S. 4 bis 15, Bericht TKC1216 ab S. 9 und
Assessment ab S. 1 sowie 11/08/024 PSÜ-8.3-lj Appendix O.3 ab S. 6). Aufgrund überwiegender
privater Geheimhaltungsinteressen (vgl. vorne E. 5.1 ff.) ist den Beschwerdeführenden das Einsichtsrecht
in diese Aktenteile zu verweigern.
5.8.2 Nicht überzeugend sind hingegen die Einwände
der Beschwerdegegnerin bzw. ihr Hinweis auf eigene Geschäftsgeheimnisse bezüglich der Akten
AN-KL-05/121, AN-KL-05/121 Rev. a und AN-KL-05/140 sowie die damit zusammenhängenden Vorbringen,
bei Bekanntgabe dieser Akten würde die bis anhin bestehende offene und vertrauensbildende Meldekultur
und die hohe (betriebsinterne) Meldebereitschaft in Frage gestellt. Diese Akten enthalten Ausführungen
zur Betriebsführung und zum Betriebsverhalten bzw. zu meldepflichtigen Vorkommnissen. Weil darin
aber auch interne Informationen über das Personal bzw. nicht meldepflichtige Vorkommnisse enthalten
sind, ist den privaten Interessen der Beschwerdegegnerin an deren Geheimhaltung insofern Rechnung zu
tragen, als diese drei Dokumente von den Beschwerdeführenden nur eingesehen, nicht aber kopiert
werden dürfen. Ebenfalls ist diesbezüglich die gleiche Strafandrohung nach Art. 292
StGB zu
verhängen. Mit diesen ergänzenden Auflagen bleibt das geforderte hohe Mass an Diskretion für
die Beschwerdegegnerin immer noch gewahrt.
6.
Nicht direkt zum Thema dieses Zwischenentscheids
gehört die Frage der Akteneinsicht in die ursprünglich eingereichten Vorakten, welche die
Beschwerdeführenden mit Eingabe ihrer Beschwerde (Rechtsbegehren Ziff. 1 und 2) bereits verlangt
haben. Diese Akteneinsicht ist unbestritten und wird bloss der Vollständigkeit und guten Form halber
nachstehend im Dispositiv erwähnt. Sie wird sinnvollerweise mit derjenigen in die nachträglich
eingereichten Sicherheitsunterlagen zu kombinieren sein.
7.
Zur Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens
werden die Verfahrensbeteiligten eingeladen, dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen, wenn
sie auf eine Anfechtung des vorliegenden Zwischenentscheids verzichten (vgl. dazu hinten E. 9 sowie Ziff.
7 des Dispositivs). Das ENSI wird bereits heute darauf aufmerksam gemacht, dass die Ansetzung der Frist
zur Einreichung der abgedeckten Version der Sicherheitsunterlagen für die Akteneinsicht sofort nach
Klärung der Situation betreffend Anfechtung bzw. nach Eintritt der Vollstreckbarkeit erfolgen und
diese Frist relativ kurz sein wird. Vorbehalten unvorhergesehener Verzögerungen wird die Akteneinsicht
voraussichtlich im Zeitraum von Ende Januar / Anfang Februar 2011 stattfinden und nicht wegen Nichtverfügbarkeit
von einzelnen Personen (wie insbes. Rechtsvertretern oder Experten) verschoben werden. Dabei wird die
ständige Anwesenheit mindestens jeweils einer fachkundigen Person des ENSI und der Beschwerdegegnerin
während der Akteneinsicht erforderlich sein und auch entsprechend vom Gericht angeordnet werden.
8.
Über
die Kosten dieses Zwischenentscheids sowie allfällige Parteientschädigungen wird im Entscheid
über die Hauptsache zu befinden sein.
9.
Abschliessend ist noch darauf hinzuweisen,
dass der vorliegende Zwischenentscheid mit Blick auf Art. 93 Abs. 1 Bst. a
des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 (
BGG,
SR 173.110) sowie der Praxis des Bundesgerichts bei der (teilweisen) Abweisung
von Akteneinsichtsgesuchen für die Beschwerdeführenden wohl nicht selbständig anfechtbar
sein dürfte (vgl. Urteil des Bundesgerichts
8C_1071/2009 vom 9. April 2010 E. 3.2 f. mit Hinweisen
sowie den Nichteintretensentscheid des Bundesverwaltungsgerichts
A-7975/2008 vom 22. Juni 2009). Da die
Beurteilung der Eintretensvoraussetzungen bei einer allfälligen Beschwerde dem Bundesgericht selber
obliegt, muss es hier bei diesem Hinweis sein Bewenden haben. Die nachfolgend dem Dispositiv angehängte
Rechtsmittelbelehrung ist aber mit dieser Präzisierung zu verstehen.
Demnach verfügt
das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Stellungnahme der Beschwerdeführenden vom 22.
November 2010 wird den übrigen Verfahrensbeteiligten zugestellt.
2.
2.1 Das Akteneinsichtsgesuch
der Beschwerdeführenden gemäss Beschwerde vom 1. Februar 2010 wird gutgeheissen betreffend
die gesamten von der Vorinstanz ursprünglich eingereichten Verfahrensakten.
2.2 Das
Akteneinsichtsgesuch der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010 wird gutgeheissen mit Bezug auf
sämtliche Dokumente und Teile davon, welche gemäss Aktenverzeichnis des ENSI vom 30. August
2010 durch die Gegenparteien zur Einsicht freigegeben sind (letzte Spalte "Akteneinsicht gewährt
werden kann [...]" oder "Herausgegeben werden kann [...]").
2.3 Das Einsichtsrecht
beinhaltet praxisgemäss die Möglichkeit zur Erstellung von (kostenpflichtigen) Kopien anlässlich
der Einsichtnahme am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts.
3.
Das Akteneinsichtsgesuch
der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010 wird weiter gutgeheissen mit Bezug auf das vollständige
TÜVNORD-Gutachten vom Dezember 2006 gemäss Ziff. 3 (S. 36) des Aktenverzeichnisses des ENSI
vom 30. August 2010.
3.1 Diese Genehmigung beinhaltet in Abweisung des Eventualantrags der
Beschwerdegegnerin die Möglichkeit zur Erstellung von Kopien anlässlich der Einsichtnahme am
Sitz des Bundesverwaltungsgerichts.
3.2 Den Beschwerdeführenden, ihrem Anwalt und allen
beigezogenen Expertinnen und Experten wird unter Strafandrohung gemäss Art. 292
i.V.m. Art. 106
StGB, d.h. mit Busse bis CHF 10'000.--, ausdrücklich verboten, die aus der Akteneinsicht in das
TÜVNORD-Gutachten gewonnenen Unterlagen und Informationen für Zwecke ausserhalb des vorliegenden
Beschwerdeverfahrens zu verwenden oder an Dritte weiterzugeben.
4.
Schliesslich wird
das Akteneinsichtsgesuch der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010 ebenfalls gutgeheissen mit
Bezug auf die drei vollständigen Dokumente AN-KL-05/121, AN-KL-05/121 Rev. a und AN-KL-05/140 (Ziff.
1 S. 6 bzw. 8 des Aktenverzeichnisses des ENSI vom 30. August 2010).
4.1 Die Möglichkeit
zur Erstellung von Kopien wird hier in diesbezüglicher Gutheissung des Eventualantrags der Beschwerdegegnerin
nicht gewährt.
4.2 Den Beschwerdeführenden, ihrem Anwalt und allen beigezogenen
Expertinnen und Experten wird unter Strafandrohung gemäss Art. 292
i.V.m. Art. 106
StGB, d.h. mit
Busse bis CHF 10'000.--, ausdrücklich verboten, die aus der Akteneinsicht in diese drei Dokumente
gewonnenen Informationen für Zwecke ausserhalb des vorliegenden Beschwerdeverfahrens zu verwenden
oder an Dritte weiterzugeben.
5.
Darüber hinausgehend wird das Akteneinsichtsgesuch
der Beschwerdeführenden vom 8. Oktober 2010 abgewiesen.
6.
Sämtliche diesen
Anordnungen entgegenstehenden Anträge der Verfahrensbeteiligten zur Gesamtthematik der Akteneinsicht
werden abgewiesen.
7.
Der genaue Zeitraum der Akteneinsicht und die weiteren Modalitäten
derselben werden mit der Vollstreckbarkeit dieses Zwischenentscheids oder nach Mitteilung der Verfahrensbeteiligten,
dass sie auf eine Anfechtung verzichten, mit separater Verfügung festgesetzt.
8.
Über
die Verfahrenskosten und allfällige Parteientschädigungen wird mit der Hauptsache entschieden.
9.
Diese
Zwischenverfügung geht an:
die Beschwerdeführenden (Einschreiben mit Rückschein)
die
Beschwerdegegnerin (Einschreiben mit Rückschein; Beilage: Stellungnahme der Beschwerdeführenden
vom 22. November 2010)
die Vorinstanz (Einschreiben mit Rückschein; Beilage: Stellungnahme
der Beschwerdeführenden vom 22. November 2010)
das ENSI (Einschreiben mit Rückschein;
Beilage: Stellungnahme der Beschwerdeführenden vom 22. November 2010)
Der Instruktionsrichter:
Der Gerichtsschreiber:
Beat Forster Christian Kindler
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen
diesen Zwischenentscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14,
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen
gemäss den Art. 82 ff
., 90 ff. und 100
BGG gegeben sind. Gemäss Art. 46 Abs. 1 Bst. c
BGG steht
die Frist still vom 18. Dezember 2010 bis und mit dem 2. Januar 2011. Die Rechtsschrift ist in einer
Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die
Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende
Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
Versand: 08. Dezember 2010