Tribunal administrativ federal
Abteilung I
A-4086/2007{T 1/2}
Urteil
vom 26. Februar 2008
Besetzung
Richter Beat Forster (Vorsitz), Richterin Claudia Pasqualetto,
Richter André Moser,
Gerichtsschreiberin Susanne Kuster Zürcher.
Parteien
Eidgenössischer
Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter EDÖB, Feldeggweg 1, 3003 Bern,
Kläger,
gegen
itonex
AG, Lindenstrasse 16, 6340 Baar,
Beklagte.
Gegenstand
Umsetzung von Empfehlungen
des EDÖB.
Sachverhalt:
A.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco)
publiziert mittels Online-Publikation des Schweizerischen Handelsamtsblatts (SHAB, <www.shab.ch>,
nachstehend: shab.ch) unter anderem Handelsregisterdaten. Die itonex AG bezieht diese Daten in elektronischer
Form vom seco und «veredelt» sie mit verschiedenen Suchfunktionen - insbesondere einer Personensuche
mit den Parametern Name, Vorname und Heimatort. Sodann publiziert sie diese Daten auf <www.moneyhouse.ch>
(nachstehend: moneyhouse.ch). In zeitlicher Hinsicht sind die auf dieser Seite (seit 1995) einmal veröffentlichten
Handelsregistermeldungen der natürlichen wie auch der juristischen Personen unbeschränkt verfügbar.
Dieser Dienst ist für das Publikum kostenlos. Im Vergleich dazu sind über die Online-Publikation
des SHAB nur Handelsregistereinträge der letzten drei Jahre abrufbar. Eine direkte personenbezogene
Suche ist auf shab.ch nicht möglich, jedoch besteht eine Volltextsuche, mit der auch nach Vor- und
Nachnamen gesucht werden kann; die jeweilige Trefferliste lässt jedoch zumindest bei häufig
vorkommenden Namen keine eindeutige Identifikation einer natürlichen Person zu. Handelsregistermeldungen
sind ebenfalls auf der vom Eidgenössischen Amt für das Handelsregister (EHRA) zur Verfügung
gestellten Seite <www.zefix.ch> (nachstehend: zefix.ch) abrufbar. Der Zentrale Firmenindex stellt
eine Suche nach Firmen und Namen von aktuellen und seit dem 1. Januar 2000 gelöschten juristischen
Personen, Personengesellschaften und Einzelfirmen zur Verfügung. Die einzelnen Rechtseinheiten sind
auch mit den Handelsregistermeldungen der jeweils letzten 24 Monate hinterlegt. Auf zefix.ch finden sich
auf der Eingangsseite Links zu den Handelsregisterämtern der Kantone, die teilweise bereits heute
ein Online-Register zur Verfügung stellen. Vereinzelt sind diese Register auch mit der Möglichkeit
einer spezifischen Personensuche ausgestattet (z.B. Handelsregister des Kantons Zürich, <www.hraz.ch>).
B.
Der
Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) erliess nach Durchführung
eines Schriftenwechsels am 2. Mai 2007 eine Empfehlung an die Adresse der itonex AG. Er empfahl ihr,
Personendaten über nicht mehr bestehende Verbindungen zwischen natürlichen und juristischen
Personen nur solange zu publizieren, als sie auch unter shab.ch abrufbar seien. Diese Massnahme sei für
das aktuelle Informationsangebot rückwirkend umzusetzen. Ferner müssten sämtliche Personendaten
natürlicher Personen im Zusammenhang mit juristischen Personen, die nicht mehr existierten, gelöscht
werden. Für die Umsetzung beider Massnahmen erachtete der EDÖB einen Zeitraum von sechs Monaten
als angemessen. Ebenfalls müsse die itonex AG auf ausdrückliche Löschungsbegehren von
natürlichen oder juristischen Personen hin die entsprechenden Personendaten innert dreier Arbeitstage
nach Erhalt der Erklärung löschen.
C.
Nachdem die itonex AG die Empfehlung mit Schreiben
vom 5. Juni 2007 abgelehnt hat, legt der EDÖB (Kläger) die Angelegenheit mit Klageeinreichung
vom 14. Juni 2007 dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheid vor. Er beantragt Folgendes:
1. Die
Empfehlungsadressatin sei aufzufordern, die Weitergabe von Perso-nendaten natürlicher Personen künftig
gemäss den Vorgaben von Art. 11 der VO über das schweizerische Handelsamtsblatt (
SR
221.415)
zeitlich zu limitieren, wenn zwischen der betroffenen natürlichen Person und einer bestimmten im
Handelsregister eingetragenen juristischen Person kein Zusammenhang mehr besteht, der dem entsprechenden
aktuellen Handelsregistereintrag entspricht.
2. Die Empfehlungsadressatin sei aufzufordern, das
in Ziff. 1 genannte Begehren auch hinsichtlich ihres bereits bestehenden Informationsangebotes umzusetzen.
3.
Die Empfehlungsadressatin sei aufzufordern, die in Ziff. 2 anbegehrte Anpassung ihres Informationsangebotes
innert einer Frist von 6 Monaten vorzunehmen.
4. Die Empfehlungsadressatin sei aufzufordern, den
Begehren natürlicher und juristischer Personen künftig ausnahmslos stattzugeben, wenn sich
diese gegen eine Weitergabe ihrer Daten durch die Empfehlungsadressatin ausdrücklich aussprechen
(Art. 12 Abs. 2 lit. b

DSG i.V.m. Art. 15 Abs. 1

DSG).
5. Die Empfehlungsadressatin sei aufzufordern,
die in Ziff. 4 geforderte Löschung jeweils innert dreier Arbeitstage ab Erhalt des Begehrens der
betroffenen Person vorzunehmen."
D.
Der Kläger begründet seine Anträge
1-3 zusammengefasst damit, dass die Tätigkeit der itonex AG (Beklagte), d.h. die Weitergabe der
im Schweizerischen Handelsamtsblatt auf der Internetseite moneyhouse.ch publizierten Handelsregisterdaten,
eine widerrechtliche persönlichkeitsverletzende Datenbearbeitung darstelle, soweit es dabei um Daten
von natürlichen Personen gehe, die im Zusammenhang mit obsolet gewordenen Wirtschaftsverbindungen
zu juristischen Personen genannt werden. Entfalle eine handelsregisterrelevante Wirtschaftsbindung (weil
z.B. eine natürliche Person als Organ einer juristischen Person oder eine juristische Person insgesamt
aus dem Wirtschaftskreislauf ausscheide), so müsse die Beklagte die entsprechenden Daten wie auf
shab.ch spätestens nach Ablauf der dreijährigen Publikationsfrist aus ihrem Handelsregisterdaten-Archiv
löschen.
Zu den Anträgen 4 und 5 macht der Kläger sinngemäss geltend, es stelle
in jedem Fall einen Verstoss gegen das Datenschutzgesetz dar, wenn sich eine natürliche oder eine
juristische Person gegen die Datenbearbeitung durch die Beklagte ausspreche, diese aber die entsprechenden
Löschungsbegehren ablehne.
E.
Die Beklagte beantragt mit Klageantwort vom 11. Juli 2007
Abweisung der klägerischen Anträge. Unter anderem macht sie im Sinne einer Ergänzung zum
Sachverhalt darauf aufmerksam, dass sie beim EHRA wie auch beim seco als Datenprovider registriert sei.
Ausserdem stelle sie im Gegensatz zu anderen Anbietern und verschiedenen kantonalen Handelsregisterämtern
sämtliche Handelsregisterdaten kostenlos zur Verfügung.
F.
Der Kläger hält
mit Replik vom 15. August 2007 an seinen Anträgen fest. Zu den vorgebrachten Sachverhaltsergänzungen
bringt der Kläger vor, dass deren Registrierung beim seco und beim EHRA datenschutzrechtlich nicht
relevant sei. Die Kostenlosigkeit des Angebots der Beklagten habe zur Folge, dass sich die von ihr publizierten
Personendaten mittels gängiger Internet-Suchmaschinen ohne Weiteres auffinden liessen. Mit der Eigendynamik
von Internetpublikationen steige die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Zugriffs auf die Daten.
Deshalb sei die Kostenlosigkeit des Informationsangebots der Beklagten von datenschutzrechtlicher Relevanz,
aber nicht im Sinne der Beklagten.
G.
Das seco, das für die Publikation des SHAB verantwortlich
ist, hat auf Einladung hin am 14. September 2007 zur Klage des EDÖB Stellung genommen. Es bringt
Alternativvorschläge zu den Anträgen des Klägers zur Diskussion: Einerseits sei die Datenweitergabe
befristet allenfalls auf 10 Jahre denkbar. Andererseits könnte die Auffindbarkeit der Daten auf
moneyhouse.ch über gängige Suchmaschinen analog zu Vorkehrungen bei shab.ch technisch eingeschränkt
werden.
H.
Der Kläger hat sich am 9. Oktober 2007 zur Eingabe des seco geäus-sert.
Er lehnt die erwähnten Alternativvorschläge ab und hält an seinen Anträgen fest.
I.
Die
Beklagte hat am 8. November 2007 eine Duplik eingereicht und bekräftigt sinngemäss ihre Anträge
auf Klageabweisung. Sie stellt sich auch gegen eine zehnjährige Befristung als Alternative, während
sie sich mit dem Vorschlag des seco zur technischen Einschränkung der Auffindbarkeit über Internetsuchmaschinen
einverstanden erklärt.
J.
Auf Anfrage des Instruktionsrichters haben sowohl der Kläger
als auch di Beklagte mit Schreiben vom 15. bzw. 20. November 2007 auf die Durchführung einer mündlichen
Vorbereitungsverhandlung und einer Hauptverhandlung verzichtet.
K.
Auf weitere Sachverhaltselemente
und Parteivorbringen wird, soweit erforderlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt
gemäss Art. 35 Bst. b

des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR
173.32) als erste
Instanz Klagen bei Streitigkeiten über Empfehlungen des EDÖB im Privatrechtsbereich (Art. 29
Abs. 4

des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz [DSG,
SR
235.1]). Die vorliegende
Klage richtet sich gegen die Nichtbefolgung bzw. die Ablehnung einer Empfehlung des EDÖB durch die
Beklagte. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die Klagebeurteilung zuständig und der
EDÖB als Kläger zur Klageerhebung legitimiert.
2.
Das Verfahren richtet sich gemäss
Art. 44 Abs. 1

VGG grundsätzlich nach den Art. 3

-73

sowie 79

-85

des Bundesgesetzes vom 4. Dezember
1947 über den Bundeszivilprozess (BZP,
SR
273).
2.1 Obwohl im Bundeszivilprozess der Richter
sein Urteil grundsätzlich nur auf Tatsachen gründen darf, die im Verfahren geltend gemacht
worden sind (Art. 3 Abs. 2

BZP), gilt vor Bundesverwaltungsgericht infolge der spezialgesetzlichen Bestimmung
von Art. 44 Abs. 2

VGG der Grundsatz der Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen.
2.2 Art. 3
Abs. 2

BZP bestimmt, dass der Richter nicht über die Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen darf.
In einem Klageverfahren wie dem vorliegenden hat die Dispositionsmaxime somit grössere Bedeutung
als im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht: Der Streitgegenstand wird ausschliesslich durch
die gestellten Anträge (und allenfalls der entsprechenden Begründung) definiert. Einer Partei
darf nicht mehr oder nichts anderes zugesprochen werden, als sie beantragt hat (Alfred Kölz/Isabelle
Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998,
Rz. 102, Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz
des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, Rz. 7 zu § 85).
2.3 Die hier zu beurteilenden
Anträge des Klägers beziehen sich bei genauerer Betrachtung allesamt auf eine Verpflichtung
zur Datenlöschung: Die Anträge 1-3 betreffen die Befristung der Weitergabe von ganz bestimmten
- aus der Sicht des Klägers - nicht mehr aktuellen Handelsregisterdaten auf drei Jahre. Nach dieser
Zeit dürften diese Daten für das Publikum also nicht mehr über Internet verfügbar
sein und müssten als Folge davon in der Datenbank der Beklagten gelöscht werden. Die Anträge
4 und 5 bezwecken ebenfalls eine Löschung von Handelsregisterdaten in der Datenbank der Beklagten,
und zwar immer dann, wenn eine natürliche oder eine juristische Person dies verlangt, d.h. unabhängig
davon, ob es sich dabei - in der Terminologie des Klägers - um aktuelle oder obsolet gewordene Handelsregisterdaten
handelt.
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt im Sinne von E. 2.2 im Folgenden nur die beantragten
Datenlöschungen aufgrund einer zeitlichen Befristung (Anträge 1, 2 und 3) oder aufgrund eines
Begehrens (Anträge 4 und 5). Allfällige weitere Fragen, wie z.B. die Einschränkung der
Personensuche oder der Auffindbarkeit über Internetsuchmaschinen, sind nicht Gegenstand der gestellten
Anträge, weshalb auch nicht darüber zu entscheiden ist. Überlegungen zu diesen Themen
können aber in die Erwägungen einfliessen, sofern dies für den Entscheid in der vorliegenden
Sache relevant ist.
3.
Als Nächstes ist zu klären, ob und inwieweit das Datenschutzgesetz
auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung findet.
3.1 Weil die Beklagte Handelsregistereinträge
vom seco in elektronischer Form übernimmt und auf der Seite moneyhouse.ch veröffentlicht, stellt
sich die Frage, ob hier Art. 2 Abs. 2 Bst. d

DSG greift, wonach öffentliche Register des Privatrechtsverkehrs
vom Anwendungs-bereich des DSG ausgeschlossen sind.
3.1.1 Aus der Botschaft zum DSG geht hervor,
dass Art. 2 Abs. 2 Bst. d

DSG jene Register meint, die «im Grunde genommen staatlich getragene und
gesicherte Informationssysteme» darstellen (Botschaft zum Bundesgesetz über den Datenschutz
vom 23. März 1988,
BBl 1988 II S. 413 ff. [im Folgenden: Botschaft DSG], S. 444). Dazu gehören
unter anderem das Grundbuch, die Zivilstandsregister, das Güterrechtsregister oder eben auch das
Handelsregister. Für diese Register gelten bereits spezifische Informationsbearbeitungs- und Datenschutzbestimmungen
(Botschaft DSG, S. 444; vgl. auch Urs Maurer-Lambrou/Simon Kunz, in: Maurer-Lambrou/Vogt [Hrsg.], Datenschutzgesetz,
Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2006, Rz. 39 zu Art. 2

DSG).
3.1.2 Auf die von den Kantonen geführten
Handelsregister (vgl. Art. 3

der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007, [HRegV,
SR
221.411])
ist das DSG damit nicht anwendbar. Das vom Bund geführte zentrale Publikationsorgan SHAB wiederum
wird in der Botschaft DSG nicht erwähnt. Es veröffentlicht aber, wie im Folgenden zu zeigen
sein wird (E. 5.2.2), die Tagesregistereinträge aus den kantonalen Handelsregistern, d.h. dieselben
Daten wie ein öffentliches Register des Privatrechtsverkehrs. Deshalb könnte man sich auf den
Standpunkt stellen, das SHAB sei ebenfalls ein staatlich getragenes und gesichertes Informationssystem.
Umgekehrt ist das SHAB formal betrachtet kein öffentliches Register (vgl. auch Rino Siffert, Handelsregisterdaten
und Datenschutz, in: Reprax, Zeitschrift zur Rechtsetzung und Praxis im Gesellschafts- und Handelsregisterrecht,
1/2005, S. 14 ff.). Welche Betrachtungsweise vorzuziehen ist, braucht hier nicht abschliessend entschieden
zu werden, denn bei der privaten Datenweitergabe, wie sie die Beklagte betreibt, kommt das DSG auf jeden
Fall zur Anwendung: Die vom seco angebotenen Handelsregisterdaten in elektronischer Form, die auf moneyhouse.ch
veröffentlicht werden, müssen zwar inhaltlich unverändert übernommen werden (Art.
13 Abs. 1 Bst. b

der Verordnung vom 15. Februar 2006 über das Schweizerische Handelsamtsblatt [VO
SHAB,
SR
221.415]). Die Datensammlung der Beklagten wird dadurch aber nicht selbst zu einer amtlichen
Veröffent-lichung (vgl. explizit Art. 13 Abs. 2 VO SHAB für Daten ohne qualifizierte elektronische
Signatur) und schon gar nicht zu einem öffentlichen Register des Privatrechtsverkehrs im Sinne von
Art. 2 Abs. 2 Bst. d

DSG. Das DSG ist infolgedessen auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar.
3.2
Aus der Anwendbarkeit des DSG ergeben sich folgende Feststellungen: Bei den Handelsregisterdaten, die
auf moneyhouse.ch veröffentlicht werden, handelt es sich um Personendaten gemäss Art. 3 Bst.
a

DSG, weil sie Angaben über bestimmte oder bestimmbare (juristische oder natürliche) Personen
beinhalten. Sodann umfasst die Tätigkeit der Beklagten das Bearbeiten sowie das Bekanntgeben von
Personendaten gemäss Art. 3 Bst. e

und f DSG. Der über Internet zugängliche Bestand dieser
Personendaten stellt eine Datensammlung gemäss Art. 3 Bst. g

DSG dar. Die Weitergabe von Handelsregisterinformationen
über Internet ist sodann geeignet, die Persönlichkeit einer grösseren Anzahl von Personen
zu verletzen und gilt in diesem Sinne als «Systemfehler» gemäss Art. 29 Abs. 1 Bst. a

DSG. Aus diesem Grund ist der EDÖB bzw. der Kläger zur Abgabe einer Empfehlung an die Beklagte
berechtigt, obwohl es sich bei der Tätigkeit der Beklagten um eine privatrechtliche handelt.
Datenlöschung
aufgrund einer zeitlichen Befristung
(Anträge 1 - 3)
4.
Die Kernfrage für den
Entscheid über die einander bedingenden Anträge 1-3 ist, ob die Bearbeitung und Bekanntgabe
von Handelsregistereinträgen durch die Beklagte eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung
im Sinne von Art. 12

und 13

DSG darstellt, wenn es sich dabei um Daten handelt, die gemäss Definition
des Klägers obsolet gewordene Wirtschaftsbeziehungen zwischen natürlichen und juristischen
Personen betreffen. Die Parteien bringen dazu Folgendes vor:
4.1 Der Kläger ist der Ansicht,
dass die Weitergabe von Handelsregistereinträgen im Zusammenhang mit obsolet gewordenen Wirtschaftsverbindungen
zwischen natürlichen und juristischen Personen eine persönlichkeitsverletzende Datenbearbeitung
darstellt. Dies gelte namentlich - aber nicht ausschliesslich - dann, wenn die juristische Person zwischenzeitlich
aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschieden sei. Die Handelsregisterdaten seien nicht allgemein zugänglich
gemacht im Sinne von Art. 12 Abs. 3

DSG und deren Weitergabe durch die Beklagte sei eine potenziell persönlichkeitsverletzende
Datenbearbeitung. Die private Duplizierung von Handelsregisterdaten sei aber nicht generell datenschutzwidrig,
sondern entspreche zumindest teilweise einem wichtigen Teilzweck des Handelsregisters. Die Weitergabe
lasse dann einen genügenden Zusammenhang zum ursprünglich für die Datenerfassung angegebenen
Zweck vermissen, wenn Daten publiziert würden, die den aktuellen Handelsregistereinträgen nicht
mehr entsprächen bzw. die obsolet gewordene Wirtschaftsbeziehungen zwischen natürlichen und
juristischen Personen betreffen. An solchen Daten bestehe kein staatliches Weiterverbreitungsinteresse.
Daher handle es sich bei der Weitergabe dieser obsoleten Wirtschaftsdaten um einen Verstoss gegen das
Gebot der Zweckbindung bei der Datenbearbeitung (Art. 4 Abs. 3

DSG). Gleichzeitig sei auch eine Verletzung
des Verhältnismässigkeitsprinzips gemäss Art. 4 Abs. 2

DSG gegeben, da eine quantitative
Übersteigerung des staatlichen Informationsangebots vorliege. Es bestehe kein besonderer Rechtfertigungsgrund
nach Art. 13 Abs. 2

DSG und die Datenweitergabe sei weder durch die Einwilligung der betroffenen Personen
noch durch ein überwiegendes privates Interesse gemäss Art. 13 Abs. 1
DSG gedeckt. Die Interessenabwägung,
die für die Widerrechtlichkeitsprüfung vorzunehmen sei, führe zum Schluss, dass das Publikumsinteresse
an der wirtschaftlichen Vergangenheit einer natürlichen Person weniger schwer wiege als das Interesse
dieser Person, mit einem Unternehmen nicht mehr in Verbindung gebracht zu werden.
Es bestehe namentlich
im Zusammenhang mit den (gesellschaftlich stigmatisierenden) Firmenkonkursen ein «Recht auf Vergessen»
bezogen auf die wirtschaftliche Biographie einer Person. Aus dem öffentlichen Glauben des Handelsregisters
ergebe sich, dass nur die aktuell im Handelsregister eingetragenen Informationen publik sein müssten;
dem Publikum sei aber bei der Änderung von Handelsregistereinträgen eine angemessene Möglichkeit
zur Kenntnisnahme einzuräumen. Dafür habe der Gesetzgeber mit Art. 11 Abs. 2 VO SHAB einen
genauen Zeitraum (3 Jahre generell, 1 Jahr bei Privatkonkursen) definiert. Diese staatliche Selbstbeschränkung
gewährleiste, dass eine natürliche Person als Gegenstand eines Handelsregistereintrags online
nur während der erwähnten Zeitspanne ohne weiteren Aufwand zu ermitteln sei. Art. 11 Abs. 2
VO SHAB stelle deshalb auch für Privatpersonen eine zwingende Vorgabe dar. Im Weiteren bringt der
Kläger zur Begründung seiner Anträge vor, dass im (Online-) Datenbestand der kantonalen
Handelsregisterämter keine schweizweite, personenbezogene Suche möglich sei; gut ein Drittel
der Kantone verzichteten aus-serdem ganz auf eine personenbezogene Abfragemöglichkeit. Eine personenbezogene
Suche bestehe in der Gesamtausgabe des SHAB seit 1998 unter zefix.ch ebenfalls nicht. Der staatliche
Referenzdatenbestand sei jener, der unter shab.ch abrufbar sei.
Im Fall von aktuellen Wirtschaftsbindungen
zwischen natürlichen und juristischen Personen stelle die Datenbearbeitung der Beklagten zwar ebenfalls
eine datenschutzrelevante Übersteigerung des staatlichen Informationsangebots dar, weil hier eine
schweizweite, personenbezogene Suche ohne zeitliche Limitierung zur Verfügung stehe. Die Inte-ressenabwägung
ergebe aber, dass das private Interesse der Beklagten stärker zu gewichten sei, da ein staatliches
Weiterverbreitungsinteresse wie auch ein Interesse des privaten Publikums an einem möglichst leichten
Zugang zu den aktuellen Handelsregisterdaten bestehe. Die persönlichkeitsverletzende Weitergabe
der Daten natürlicher Personen in Bezug auf aktuelle Wirtschaftsbeziehungen sei daher nicht widerrechtlich.
Die
Weitergabe von (aktuellen oder obsolet gewordenen) Handelsregisterdaten über juristische Personen
sei auch eine persönlichkeitsverletzende Datenbearbeitung, soweit das staatliche Informationsangebot
übersteigert werde. Das Privatheitsinteresse der betroffenen juristischen Personen sei aber regelmässig
gering, während das Interesse des Publikums einzelfallweise beträchtlich sein könne. Die
Weitergabe von Daten juristischer Personen sei daher als nicht widerrechtlich zu taxieren.
4.2 Die
Beklagte macht geltend, dass die Publikation von Handelsregisterdaten auf moneyhouse.ch keine quantitative
Ausweitung des staatlichen Informationsangebots darstelle, weil die von ihr publizierten Daten jederzeit
auch bei den kantonalen Handelsregisterämtern ersichtlich seien. Art. 11 VO SHAB beziehe sich ausserdem
nicht im Besonderen auf die Handelsregisterdaten: So publiziere das SHAB neben Handelsregisterdaten eine
Vielzahl von anderen, zum Teil gesetzlich vorgeschriebenen Informationen, für die diese Bestimmung
gelte. Zudem veröffentliche das EHRA selbst auf zefix.ch sämtliche Handelsregisterdaten seit
dem Jahr 1998 in unbeschränkter Form. An den von ihr, der Beklagten, publizierten Daten bestehe
auch über den von Art. 11 VO SHAB definierten Zeitraum hinaus ein öffentliches Interesse.
4.3
Das seco als für die Publikation des SHAB zuständige Stelle vertritt die Haltung, dass die
neue VO SHAB vom 15. Februar 2006 Rahmenbedingungen für die Publikation der Meldungen geschaffen
habe und die Weitergabe der elektronischen SHAB-Daten an Abonnenten regle. Mit der Gesamtheit dieser
Neuregelung solle die weite Verbreitung und Kenntnis der SHAB-Daten sowohl bei den einzelnen Bürgerinnen
und Bürgern wie auch bei den Partnern in Wirtschaft und Verwaltung gewährleistet werden. In
Art. 12 und 13 VO SHAB über die Auflagen zur Verwertung der elektronischen SHAB-Daten würden
keine Vorgaben zu Suchfunktionalität und Suchzeitraum der übernommenen elektronischen SHAB-Meldungen
in private Datenbanken gemacht. Diese Regelung ziele darauf ab, dass die weite Verbreitung der entsprechenden
Wirtschaftsinformationen nicht allein vom (staatlichen) Herausgeber, sondern auch mit Hilfe der Privatwirtschaft
erfolge. Den professionellen Datenanbietern komme durch die Möglichkeit der Veredelung der SHAB-Daten
als Wirtschaftsinformationsquelle zu Gunsten des funktionierenden Wirtschaftsgeschehens und des Gläubigerschutzes
eine wichtige Rolle zu. Auf shab.ch sei die Grundversorgung der Öffentlichkeit an SHAB-Meldungen
sichergestellt. Dies entspreche dem Rechtsinformationskonzept des Bundesrates. So sei etwa auch im Publikationsgesetz
vom 18. Juni 2004 (PublG,
SR
170.512) für die elektronischen Publikationen des Bundesrechts vorgesehen,
dass sich der Staat auf die Grundversorgung beschränke und die Veredelung der Privatwirtschaft überlasse.
Die Veredelung von SHAB-Meldungen erfolge durch die Anreicherung von Zusatzinformationen und anderen
Meldungen zu Unternehmen oder natürlichen Personen. Weitere Suchfunktionalitäten und längere
Suchzeiträume in den Datenbanken der Anbieter seien ebenfalls ein Mehrwert.
Zur Beschränkung
des Suchzeitraums auf shab.ch erklärt das seco, dass beim Erlass von Art. 11 Abs. 2 VO SHAB bzw.
der Dreijahresfrist für Eintragungen im SHAB (wozu auch die Handelsregistereinträge gehörten)
und im Speziellen bei der Einjahresfrist bei Privatkonkursen in erhöhtem Mass auf die Persönlichkeitsrechte
von Betroffenen Rücksicht genommen worden sei, obwohl die SHAB-Publikationen öffentlich seien
und deren Bekanntheit ohne zeitliche Einschränkung fingiert werde. Es bestünden trotzdem berechtigte
Interessen an der Zugänglichkeit von Meldungen, die älter seien als drei Jahre; hier erbrächten
private Anbieter entsprechende Dienstleistungen. Art. 11 Abs. 2 VO SHAB sei daher auch unter dem Gesichtspunkt
des Grundversorgungsauftrags des Staates zu betrachten. Ein«Recht auf Vergessen» entspreche
nicht dem Zeitgeist und sei allenfalls nach 10 Jahren seit der Publikation eine Option, weil die Veröffentlichung
Fristen auslöse (Verjährungsfristen bei Haftungsfragen und privatrechtliche Aufbewahrungsfristen).
Da die elektronischen SHAB-Daten rechtswirksam seien und deshalb deren Bekanntheit ohne zeitliche Einschränkung
fingiert sei, müssten diese weiterhin (u.a. bei der Nationalbibliothek) einsehbar sein.
5.
Bei
der Beurteilung dieser Vorbringen stellt sich zunächst die Frage, ob die private Bearbeitung und
Bekanntgabe von Handelsregisterdaten, die sich auf «obsolet gewordene» Wirtschaftsbeziehungen
zwischen natürlichen und juristischen Personen beziehen, eine Persönlichkeitsverletzung im
Sinne von Art. 12
DSG darstellt.
5.1 Nach der gesetzlichen Vermutung von Art. 12 Abs. 3
DSG liegt
keine Persönlichkeitsverletzung vor, wenn die betroffene Person die Daten allgemein zugänglich
gemacht hat, ohne die Bearbeitung ausdrücklich zu verbieten. Der Gesetzgeber hat dabei insbesondere
an allgemein zugänglich gemachte Daten wie die Personalien einer Person, ihre Berufsbezeichnung,
Adresse, Telefonnummer, etc. sowie an Daten und Meinungen gedacht, welche die betroffene Person in einer
öffentlichen Veranstaltung oder in den Medien über sich selber bekannt gibt (Corrado Rampini,
in: Maurer-Lambrou/Vogt [Hrsg.], a.a.O., Rz. 16 zu Art. 12

DSG).
5.1.1 Welche Angaben natürliche
Personen für Handelsregistereinträge gegenüber der Handelsregisterbehörde zu machen
haben, ist in Art. 119 Abs. 1 Bst. a

- h HRegV festgelegt. Es geht dabei um die Personalien einer Person
inklusive Heimatort, Wohnort und Jahrgang, sowie die Funktion, die die betroffene Person in einer Rechtseinheit,
auf die sich der Handelsregistereintrag bezieht, wahrnimmt, und um Informationen zur Zeichnungsberechtigung
dieser Person. Für diese Angaben besteht eine gesetzliche Eintragungspflicht, die für die verschiedenen
Rechtseinheiten weiter spezifiziert wird. Die damit verbundene Datenübertragung betrifft dementsprechend
einen Vorgang zwischen Privaten und (kantonalen) Behörden. Darauf ist nun aber Art. 12 Abs. 3

DSG
gar nicht anwendbar (vgl. Titel des 3. Abschnitts des DSG). Der verlangte Willensakt ist für die
Angabe gegenüber den Handelsregisterbehörden überhaupt gar kein Kriterium. Anzufügen
ist aber noch, dass die Betroffenen die nötigen Daten in den meisten Fällen freiwillig dem
Handelsregisteramt melden (Siffert, a.a.O., S. 4), da auch sie selber in aller Regel ein Interesse am
Eintrag haben (vgl. Hans-Ueli Vogt, Der öffentliche Glaube des Handelsregisters, Zürich/Basel/Genf
2003, Rz. 75 zu § 3).
5.1.2 Hingegen erstreckt sich die Eintragungspflicht nach der HRegV nicht
auf die Weiterverwendung der Handelsregistereinträge (bzw. der SHAB-Publikationen) durch Private.
Macht eine private Organisation wie die Beklagte die Handelsregisterdaten bzw. die SHAB-Einträge
ebenfalls einem breiten Publikum über Internet zugänglich, liegt dieser Vorgang daher im Anwendungsbereich
von Art. 12 Abs. 3
DSG. Damit greift hier das Kriterium des Willensaktes in Bezug auf die Publikation
der Daten. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte die Daten, die auf shab.ch publiziert werden,
jeweils vom seco geliefert erhält und nicht auf eine Einwilligungserklärung der darin genannten
Personen abstellt. Die Handelsregisterdaten, die über moneyhouse.ch frei zugänglich sind, sind
aus diesem Grund nicht von den betroffenen Personen selber im Sinne von Art. 12 Abs. 3

DSG allgemein
zugänglich gemacht worden. Dieser Ausschlussgrund für das Bestehen einer Persönlichkeitsverletzung
kommt demnach nicht zum Tragen.
5.2 Es ist gemäss Art. 12 Abs. 2 Bst. a

DSG weiter zu prüfen,
ob im Fall der zeitlich unbefristeten Weitergabe von «nicht mehr aktuellen» oder «obsoleten»
Handelsregisterdaten über natürliche Personen durch die Beklagte eine Verletzung des Grundsatzes
der Zweckbindung von Art. 4 Abs. 3

DSG vorliegt. Dieser allgemeine Datenschutzgrundsatz ist sowohl auf
die private wie auf die staatliche Datenbearbeitung anwendbar. Nach Art. 4 Abs. 3
DSG dürfen Personendaten
nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der bei der Beschaffung der Daten angegeben wurde, aus den Umständen
ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist.
5.2.1 Das Handelsregister hat die zentrale Funktion,
die für den Handel wissenswerten, rechtlich erheblichen Verhältnisse und Tatsachen von privaten
Rechtssubjekten amtlich festzustellen, festzuhalten und zu veröffentlichen, damit diese im Rechtsverkehr
als bekannt vorausgesetzt werden können. Dadurch wird eine sichere Auskunft über Namen und
Firmen, über die Zusammensetzung und die Verhältnisse der verschiedenen Rechtseinheiten zuhanden
des Publikums und der Geschäftswelt gewährleistet. Im allgemeinen Interesse der Geschäftswelt
und des Publikums werden im Handelsregister die rechtserheblichen Daten wie die Haftungs- und Vertretungsverhältnisse
eingetragen und der Gesellschaft durch die Öffentlichkeit dieses Registers sowie der Publikation
im SHAB kundgetan (Siffert, a.a.O., S. 2; vgl. auch Manfred Küng, Berner Kommentar Band VIII, 1.
Abteilung, 1. Teilband, Das Handelsregister, Bern 2001, N. 7 zu Art. 927
OR; Karl Rebsamen, Das Handelsregister,
2. Aufl., Zürich 1999; BGE
120 II 137 E. 3a, BGE
108 II 122 E. 5, BGE
104 Ib 321 E. 2a). Dementsprechend
hält Art. 1
HRegV fest: «Das Handelsregister dient der Konstituierung und der Identifikation
von Rechtseinheiten. Es bezweckt die Erfassung und Offenlegung rechtlich relevanter Tatsachen und gewährleistet
die Rechtssicherheit sowie den Schutz Dritter im Rahmen zwingender Vorschriften des Zivilrechts.»
5.2.2
Jeder Kanton führt ein Handelsregister (Art. 927

des Obligationenrechts vom 30. März 1911 [
OR,
SR
220] i.V.m. Art. 3

HRegV). Gemäss Art. 6 Abs. 1
HRegV besteht das Handelsregister genau genommen
aus mehreren Registern, nämlich dem Tagesregister und dem Hauptregister und ausserdem den Anmeldungen
und der Belege. Das Tagesregister ist das elektronische Verzeichnis aller Einträge in chronologischer
Reihenfolge (Art. 6 Abs. 2

HRegV), während das Hauptregister den elektronischen Zusammenzug aller
rechtswirksamen Einträge des Tagesregisters geordnet nach Rechtseinheit darstellt (Art. 6 Abs. 3

HRegV). Sowohl das Tages- wie das Hauptregister enthalten Eintragungen über Rechtseinheiten (Art.
7 Bst. a
HRegV). Angaben zu natürlichen Personen sind nur dann Gegenstand von Handelsregisterdaten,
wenn sie in einer bestimmten, gesetzlich festgelegten Funktion in einer Unternehmung oder Gesellschaft
tätig sind (oder waren). Gegenüber Dritten wird eine Eintragung am Tag nach ihrer Publikation
im SHAB wirksam (Art. 932
OR i.V.m. Art. 9 Abs. 1
HRegV; BGE
104 Ib 321 E. 2a). Ab diesem Zeitpunkt besteht
die gesetzliche Fiktion der allgemeinen Kenntnis des Registerinhalts, indem nach Art. 933 Abs. 1
OR die
Einwendung, dass jemand eine Dritten gegenüber wirksam gewordene Tatsache nicht gekannt habe, ausgeschlossen
ist (sogenannter Publizitätszweck mit beschränkter Richtigkeitsgewähr, siehe dazu Vogt,
a.a.O., Rz. 31 ff. zu § 3; vgl. auch BGE
123 III 220 E. 3a, BGE
117 II 575 E. 5b.aa). Diese gesetzliche
Fiktion wird an die schweizweite Publikation der Tagesregistereinträge aus den kantonalen Handelsregistern
im SHAB geknüpft. Ihre Wirkung steht sodann in engem Zusammenhang mit dem Begriff des «Öffentlichen
Glaubens des Handelsregisters». Kurz gefasst ist darunter die Tatsache zu verstehen, dass das Vertrauen
Dritter auf eine unrichtige Eintragung im Handelsregister geschützt wird. Für Dritte ohne Kenntnis
einer abweichenden tatsächlichen Rechtslage gilt dasjenige Rechtsverhältnis, das sich aus dem
Handelsregistereintrag ergibt, und zwar im positiven Sinn (Bestehen einer Tatsache bei entsprechendem
Eintrag) wie auch im negativen Sinn (Nichtbestehen einer Tatsache bei Fehlen eines entsprechenden Eintrags).
Dies ergibt sich unter anderem aus Art. 933 Abs. 2
OR (siehe dazu Vogt, a.a.O., Rz. 3 ff. zu § 13;
BGE 104 Ib E. 3b). Aus dieser Funktionsweise des Handelsregisters folgt sodann, dass einmal erfolgte
Einträge unverändert und zeitlich unbeschränkt bestehen bleiben müssen (Art. 8 Abs.
5

und Art. 9 Abs. 4
HRegV). Änderungen in den rechtlichen Verhältnissen einer Rechtseinheit,
insbesondere die Löschung einer Rechtseinheit, werden entsprechend auch als solche kenntlich gemacht
und publiziert (vgl. Art. 9 Abs. 3

und Art. 27
HRegV), denn auch an diese Änderungen sind Rechtswirkungen
geknüpft.
5.2.3 Das Handelsregister ist öffentlich, und zwar mit Einschluss der Anmeldungen
und Belege (Art. 930
OR). Es kann von jedermann eingesehen werden, ohne dass dafür ein bestimmtes
Interesse nachgewiesen werden müsste (Küng, a.a.O., Rz. 12 zu Art. 930
OR, Rebsamen, a.a.O.,
Rz. 13 und 15). Es besteht also eine uneingeschänkte und konsequente Offenlegung des Registerinhalts
(vgl. Siffert, a.a.O., S. 5); daher kann auch vorausgesetzt werden, dass die Handelsregisterdaten im
Rechtsverkehr ganz allgemein bekannt sind und diesen vereinfachen. Dies fällt unter den Begriff
des Zwecks der informationellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs (vgl. dazu Vogt, a.a.O., Rz.
68 ff. zu § 3).
Aus der Öffentlichkeit des Handelsregisters, dem Zweck der Publizität
und insbesondere jenem der informationellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs ergibt sich also,
dass ein generelles öffentliches Interesse an einer möglichst leichten Zugänglichkeit
der Handelsregisterdaten besteht. Die konsequente Öffentlichkeit ist nun mit der per 1. Januar 2008
in Kraft getretenen revidierten HRegV weiter ausgebaut worden, indem die Kantone verpflichtet sind, die
Einträge im Hauptregister für Einzelabfragen im Internet unentgeltlich zur Verfügung zu
stellen (Art. 12 Abs. 1
HRegV). Dadurch ist die Öffentlichkeit des Handelsregisters an die heutigen
technologischen Möglichkeiten angepasst worden (vgl. Siffert, a.a.O., S. 13). Die Kantone können
ferner gemäss Art. 35 Abs. 3

HRegV ihre Tagesregistereintragungen nebst der obligatorischen Publikation
im SHAB (Art. 35 Abs. 1

HRegV) auch in anderen (unentgeltlichen) Publikationsorganen veröffentlichen
(Art. 35 Abs. 3
HRegV).
5.2.4 Die Tagesregistereinträge im SHAB, das ursprünglich nur
in gedruckter Form existierte, werden heute nach Art. 11 VO SHAB auch im Internet veröffentlicht
(vgl. auch Art. 9 VO SHAB, wonach die elektronische Fassung die massgebende ist). Weil mit der Publikation
der Tagesregistereinträge im SHAB Rechtswirkungen gegenüber Dritten verbunden sind und die
Eintragungen chronologisch erfolgen, dient das SHAB hauptsächlich dem zuvor erwähnten Publikationszweck.
Daneben sollen die Veröffentlichung der Einträge und insbesondere die in Art. 11 Abs. 3 VO
SHAB vorgesehenen Zugriffshilfen die Informationsbeschaffung im Geschäftsverkehr erleichtern. Dieser
Aspekt wird auch mittels anderer Informationsmöglichkeiten gewährleistet, unter anderem durch
die verschiedenen, bereits erwähnten Informationsangebote des Bundes und der Kantone im Internet.
Da die Informationen auf shab.ch die täglichen Einträge aus den kantonalen Handelsregistern
abbilden, kann es für die informationelle Erleichterung des Geschäftsverkehrs keine Rolle spielen,
aus welcher dieser Quellen eine Handelsregisterinformation stammt, solange deren Richtigkeit garantiert
ist, denn alle ermöglichen im Sinne des eingangs beschriebenen gesetzlichen Zwecks eine möglichst
breite Streuung der Handelsregisterinformationen.
Dasselbe muss auch für private Publikationen
von Handelsregisterdaten gelten, wenn sie die amtlichen Daten unverändert wiedergeben (vgl. dazu
Art. 13 VO SHAB). Auch wenn - wie der Kläger richtig vorbringt - an die private Publikation selbst
keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten geknüpft sind, tragen auch private Datensammlungen,
die im Internet zugänglich gemacht werden, wesentlich zur Verwirklichung des Zwecks der informationellen
Erleichterung des Geschäftsverkehrs bei. Deshalb besteht an der privaten Weitergabe von unveränderten
Handelsregisterdaten ebenfalls ein öffentliches Interesse (ebenso Siffert, a.a.O., S. 10).
5.2.5
Auch der Kläger anerkennt, dass die Duplizierung von Handelsregisterdaten und deren Weitergabe durch
Private immerhin einem Teilzweck des Handelsregisters entspricht. In diesem Zusammenhang unterscheidet
der Kläger nun aber zwischen «aktuellen» und «obsolet gewordenen» Handelsregisterdaten.
Nur bezüglich der ersteren entspreche die Tätigkeit der Beklagten dem Handelsregisterzweck.
Diese begriffliche Differenzierung ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings nicht sachgerecht: Wie
oben erwähnt, müssen die Informationen des Handelsregisters zeitlich unbeschränkt bestehen
bleiben und jederzeit zugänglich sein (E. 5.2.2. in fine). Aus Handelsregistereinträgen können
unter Umständen auch Jahre nach ihrer Publikation noch Rechtsansprüche abgeleitet werden. Dies
gilt zunächst immer dann, wenn sich die Rechtsverhältnisse über lange Zeit nicht verändern
und Informationen über die Rechtseinheiten nur zeitlich weit zurückliegenden Eintragungen entnommen
werden können. Aber auch mit dem Erlöschen von Rechtseinheiten (etwa infolge der Aufgabe der
Geschäftstätigkeit) oder mit Austritten von natürlichen Personen aus einer solchen (z.B.
als Organ oder als Zeichnungsberechtigte) sind Rechtswirkungen verbunden, die für Dritte und auch
für die betroffene Rechtseinheit selber noch lange nach dem entsprechenden Eintrag im Handelsregister
von rechtlicher und tatsächlicher Bedeutung sind (insbesondere im Zusammenhang mit Verjährungsfristen
für Forderungen).
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass ein Löschungseintrag im
Handelsregister nicht mit der Durchstreichung im Betreibungsregister zu vergleichen ist, wie dies der
Kläger vorbringt. Anders als eine erledigte Betreibung können im Bereich des Handelsregisters
allen Arten von Eintragungen Rechtswirkungen zukommen. Auch wenn das Interesse des Publikums an der Kenntnis
von gewissen Handelsregisterinformationen mit zunehmendem Zeitablauf wohl abnimmt, gilt weiterhin die
gesetzliche Fiktion der Kenntnis der entsprechenden Handelsregistereinträge. Im Geschäftsverkehr
wiederum bleiben die Daten je nach deren Inhalt ebenfalls von (tatsächlicher) Bedeutung; auch aus-serhalb
der Geltendmachung von konkreten Rechtswirkungen verlangt der Zweck der informationellen Erleichterung
des Geschäftsverkehrs demnach die jederzeitige Verfügbarkeit von Daten. Handelsregis-terdaten
sind aus diesen Gründen jederzeit aktuell bzw. müssen dies bleiben können. Das öffentliche
Weiterverbreitungsinteresse an Handelsregisterinformationen ist deshalb zeitlich unbeschränkt und,
wie bereits gesagt, unabhängig davon, ob die Datenquelle öffentlichen oder privaten Ursprungs
ist, solange die Daten inhaltlich nicht verändert werden.
5.2.6 Es stellt sich gemäss
den Vorbringen des Klägers noch die Frage, wie sich die unbeschränkte Aktualität der Handelsregistereinträge
mit dem Umstand verträgt, dass natürliche Personen - im Gegensatz zu juristischen Personen
- durch ihre Nennung im Zusammenhang mit Rechtseinheiten nicht zu öffentlichen Personen werden (Botschaft
DSG, S. 461; eventuell anderer Meinung: Siffert, a.a.O., S. 8 f.). Der Begriff der «öffentlichen
Person» ist rechtlich nicht klar definiert, nimmt aber Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts
zum Persönlichkeitsschutz nach Art. 28

des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907
(ZGB,
SR
210). Dort gilt der Grundsatz, dass über eine Person der Zeitgeschichte zum Beispiel gerade
in den Medien auch ohne Einwilligung der betroffenen Person berichtet werden darf, weil hier ein überwiegendes
öffentliches Informationsinteresse besteht. Absolute Personen der Zeitgeschichte sind dabei solche,
die kraft ihrer Stellung, ihrer Funktion oder ihrer Leistung derart in das Blickfeld der Öffentlichkeit
getreten sind, dass ein legitimes Informa-tionsinteresse an ihrer Person und ihrer gesamten Teilnahme
am öffentlichen Leben zu bejahen ist, was etwa für Politiker, Spitzenbeamte sowie berühmte
Sportler, Wissenschaftler oder Künstler zutrifft. Bei relativen Personen der Zeitgeschichte besteht
ein legitimes Informationsinteresse demgegenüber nur aufgrund und im Zusammenhang mit einem bestimmten
aussergewöhnlichen Ereignis (zum Ganzen BGE
127 III 481 E. 2c.aa mit weiteren Hinweisen; Andreas
Meili, in Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht,
Basel/Frankfurt a.M. 1996, Rz. 52 zu Art. 28

ZGB).
In diesem Rahmen wird in der Lehre und Rechtsprechung
auch das vom Kläger angerufene «Recht auf Vergessen» diskutiert. In der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung wurde beispielsweise im Zusammenhang mit einem Medienbericht über vergangene Straftaten
einer Person das öffentliche Informationsinteresse dem Ziel der Resozialisierung dieser Person gegenübergestellt;
dabei wurde erwogen, dass die Presseäusserung verhindern könnte, dass das dem normalen Lauf
der Dinge entsprechende Vergessen eintrete (BGE
122 III 449 E. 3b, BGE
109 II 353 E. 3). In einem Fall,
in dem es um die in der Presse thematisierte frühere politische Haltung einer Person der Zeitgeschichte
ging, wurde ein Recht auf Vergessen ausdrücklich abgelehnt (BGE
111 II 209 E. 3c, vgl. dazu auch
Meili, a.a.O.). Insgesamt ist also kein Recht auf Vergessen anerkannt, zumindest nicht in einem absoluten
Sinn.
Ein Recht auf Vergessen kann auch im Bereich der öffentlichen Handelsregisterdaten nicht
anerkannt werden. Die natürlichen Personen, die im Handelsregister mit ihrem Namen und weiteren
Angaben erwähnt sind, werden zwar durch den Eintrag nicht zu absoluten oder relativen Personen der
Zeitgeschichte, so dass an ihnen kein legitimes öffentliches Informationsinteresse im Sinne der
oben genannten Rechtsprechung besteht. Das bedeutet aber nur, dass nicht automatisch jede Information
über diese Personen frei verfügbar wird. Es besteht beispielsweise kein überwiegendes
öffentliches Interesse an den privaten Lebensumständen, den Verwandtschaftsverhältnissen,
der Ausbildung, der politischen Überzeugung, etc. dieser Person, auch wenn sie im Zusammenhang mit
einer Rechtseinheit im Handelsregister eingetragen ist. Der Status als «nicht öffentliche Person»
kann hingegen nicht gleichzeitig zur Folge haben, dass die öffentliche Zugänglichkeit zu denjenigen
Daten, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen öffentlich sind und dies auch sein müssen,
eingeschränkt werden dürfte. Bei den Handelsregisterdaten, die die Beklagte auf ihrer Internetseite
unentgeltlich verbreitet, handelt es sich ausschliesslich um Informationen, die bereits vor der Weitergabe
öffentlich gewesen sind. Sie berühren zudem nur diejenigen Teilaspekte der wirtschaftlichen
Persönlichkeit (Siffert, a.a.O., S. 10), die aufgrund des Publizitätszwecks und des Zwecks
der informationellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs öffentlich sein müssen. Ein «Recht
auf Vergessen» an diesen Informationen würde daher den Gesetzeszweck des Handelsregisters unterlaufen.
5.2.7
Aus den bisherigen Erwägungen ergibt sich, dass für alle Arten der Publikation von Handelsregisterdaten
kein Raum für eine zeitliche Befristung besteht. Daran ändert auch Art. 11 Abs. 2 VO SHAB nichts,
wonach die Daten auf shab.ch nur über einen Zeitraum von 3 Jahren online verfügbar sind.
Vorab
ist zu anzumerken, dass die in dieser Bestimmung ebenfalls erwähnte Befristung von einem Jahr sich
auf Privatkonkurse bezieht und damit nicht auf im Handelsregister eingetragene Rechtseinheiten. Diese
Bemerkung leitet zur Feststellung über, dass das SHAB nebst dem zuvor erörterten Publizitätszweck
im Bereich Handelsregister auch Publikationsorgan ist für weitere amtliche Informationen, gesetzlich
vorgeschriebene Bekanntmachungen und andere (private) Publikationen (Unternehmensanzeigen und Mitteilungen
zu Handel, Gewerbe und Industrie). Die Rubrik «Handelsregister» ist folglich nur eine von zehn
in Art. 2 VO SHAB aufgeführten Rubriken. Die Informationen aus den übrigen neun Rubriken des
SHAB können aus Sicht der davon betroffenen natürlichen Person teilweise recht «heikel»
oder «ruf-schädigend» sein, so etwa im Bereich der Schuldbetreibungen, der Konkurse und
der Schuldenrufe.
An der Veröffentlichung dieser Informationen besteht aus verschiedenen, hier
nicht näher zu erörternden Gründen zwar wie beim Handelsregister ebenfalls ein öffentliches
Interesse. Aufgrund des Inhalts der Informationen (z.B. die Bekanntgabe einer Frist zur Anmeldung von
Forderungen) ist es in diesen Bereichen hingegen einerseits gar nicht notwendig, dass die Daten unbeschränkt
verfügbar sind. Andererseits wird hier die Abwägung des öffentlichen Interesses gegenüber
dem Persönlichkeitsschutz anders ausfallen müssen, als es im Bereich der Handelsregisterdaten
der Fall ist. Daraus folgt, dass es bei den meisten Rubriken des SHAB ausreichend Gründe für
eine zeitliche Beschränkung der Verfügbarkeit der Daten auf shab.ch gibt.
In diesem Zusammenhang
steht die Aussage des seco, wenn es erklärt, die dreijährige (bzw. einjährige) Veröffentlichungsfrist
sei auch aus datenschützerischen Überlegungen festgelegt worden, bzw. man habe betreffend Zugänglichkeit
der Meldungen im Online-Archiv des SHAB in erhöhtem Masse auf die Persönlichkeitsrechte von
Betroffenen Rücksicht genommen. Bei den Handelsregisterdaten widerspricht eine zeitliche Beschränkung,
wie ausführlich erörtert, an sich dem Zweck des Handelsregisters. Weil aber das SHAB hauptsächlich
dem Teilzweck der Publizität mit dem damit verbundenen Eintritt der Rechtswirkung gegenüber
Dritten dienen muss, und jener der informellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs auch mittels
anderer Informationsmittel erfüllt wird, ist diese zeitliche Einschränkung für shab.ch
vertretbar, auch wenn es um grundsätzlich öffentliche Handelsregisterdaten geht. Deshalb hat
es zumindest teilweise auch seine Berechtigung, wenn das seco vorbringt, auf shab.ch werde ein staatliches
Grundangebot zur Verfügung gestellt, das durch Private weiter veredelt werden solle.
Art. 11
Abs. 2 VO SHAB ist nach dem Gesagten also gar nicht speziell auf die Handelsregisterdaten ausgerichtet.
Es besteht deshalb auch kein Anlass, aus dieser Bestimmung eine Verhältnismässigkeitsvorgabe
für private Veröffentlichungen abzuleiten.
Auch aus Art. 16 Abs. 3
PublG, wonach amtliche
Texte mit Personendaten in der elektronischen Form zu anonymisieren sind, sofern die Gesetzgebung nichts
anderes bestimmt, kann nichts für den vorliegenden Zusammenhang abgeleitet werden. Zwar geht der
Kläger selber davon aus, dass das PublG gemäss seinem Art. 1 nur auf die Sammlungen des Bundesrechts
(Amtliche Sammlung [AS] und Systematische Sammlung [SR] des Bundesrechts) und das Bundesblatt (BBl) anwendbar
ist. Er bringt aber vor, dass daraus auf den Datenschutzgedanken von Art. 11 Abs. 2 VO SHAB geschlossen
werden könne. Dies ist, wie soeben ausgeführt, zumindest für die Handelsregisterdaten
auf shab.ch nicht stichhaltig.
Wenn Handelsregisterdaten zeitlich unbeschränkt öffentlich
verfügbar sein müssen, besteht im Übrigen auch kein Grund für die vom seco ins Spiel
gebrachte generelle zeitliche Limitierung der Datenverfügbarkeit auf zehn Jahre: Der Zweck des Handelsregisters
würde dadurch ebenfalls unterlaufen.
5.2.8 Als besonders problematisch erachtet der Kläger
die auf der Seite moneyhouse.ch ermöglichte Personensuche. In der Tat stellt sich die Frage, welche
konkreten Suchmodalitäten in Handelsregisterdatensammlungen mit dem Persönlichkeits- bzw. Datenschutz
vereinbar sind: Je nach Ausgestaltung des Angebots können mittels eigentlicher Personensuchfelder
Recherchen über natürliche Personen durchgeführt werden. Auf diese Weise erlaubt eine
Personensuche die Verknüpfung von Datensätzen, womit eine natürliche Person in einem bestimmten
Zusammenhang gezeigt wird, der über den Informationsgehalt der Ursprungsdaten im Handelsregister
- Eintragungen über Rechtseinheiten (E. 5.2.2) - hinausgeht. Daher ist es denkbar, dass solche Suchmöglichkeiten
nicht vom handelsregisterlichen Zweck der Publizität und der informationellen Erleichterung des
Geschäftsverkehrs gedeckt sind und sie daher dem Gebot der Zweckbindung der Datenbearbeitung widersprechen
könnten (vgl. aber Siffert, a.a.O., S. 13 f., der für eine wohlwollende Auslegung von Art.
930
OR plädiert und deshalb personenbezogene Abfragen als zulässig erachtet). Anzumerken ist
dazu, dass sich Überlegungen zur Einschränkung der Personensuche sowohl auf die privaten wie
auch auf die staatlichen Informationsangebote beziehen müssten.
Der Kläger verlangt jedoch
nicht eine Einschränkung der Suchmodalitäten, sondern er stellt Anträge zur zeitlichen
Einschränkung der Verfügbarkeit der Daten auf moneyhouse.ch, was die Löschung von bestimmten
Datensätzen nach 3 Jahren nach dem Handelsregistereintrag bedingen würde (vgl. E. 2.2). Weil
es bei der Einschränkung von Suchmodalitäten um etwas anderes geht als bei der Löschung
von Daten, ist Ersteres nicht durch den Streitgegenstand abgedeckt und das Bundesverwaltungsgericht hat
darüber nicht zu befinden.
Auch die Frage, ob die Beklagte allenfalls zu verpflichten wäre,
die technischen Möglichkeiten zur Einschränkung der Auffindbarkeit über gängige Internetsuchmaschinen
zu nutzen, ist nicht Teil der klägerischen Anträge. Entsprechende Überlegungen sind für
den vorliegenden Entscheid infolgedessen ebenfalls nicht von Bedeutung.
5.2.9 Im Ergebnis ist festzuhalten,
dass sich die private, zeitlich unbeschränkte Weiterverbreitung von Handelsregisterinformationen
über Rechtseinheiten aus dem Konzept der zu Grunde liegenden gesetz-lichen Bestimmungen ergibt.
An deren Umsetzung besteht ein öffentliches Interesse. Diese Schlussfolgerung ist nicht spekulativ,
wie dies der Kläger dem seco vorwirft. Die vorliegend zu beurteilende Übernahme von Handelsregisterdaten
von shab.ch und die zeitlich unbeschränkte Weiterverbreitung durch moneyhouse.ch bewegen sich daher
nicht ausserhalb des gesetzlich vorgesehenen Zwecks im Sinne von Art. 4 Abs. 3
DSG. Es liegt somit keine
Persönlichkeitsverletzung durch Verstoss gegen das Verbot der Zweckbindung (Art. 12 Abs. 2 Bst.
a
DSG) vor.
5.3 Der Kläger bringt weiter vor, eine Persönlichkeitsverletzung sei auch
darin zu sehen, dass die Tätigkeit der Beklagten gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip
im Sinne von Art. 4 Abs. 2
DSG verstosse. Die seiner Meinung nach ausserhalb des Zwecks der Datenerhebung
gemäss Art. 4 Abs. 3

DSG liegende Datenbearbeitung durch die Beklagte sei eine quantitative Ausdehnung
des staatlichen Informations-angebots. Die Beklagte und das seco bestreiten dies.
Das Internetangebot
der Beklagten ist, wie erörtert, lediglich einer der möglichen Weiterverbreitungskanäle
handelsregisterlicher Informationen und dient der informationellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs.
Es werden von der Beklagten grundsätzlich dieselben Handelsregisterdaten weiterverbreitet, die bereits
über andere, ebenfalls leicht über Internet zugängliche amtliche Publikationen öffentlich
verfügbar sind. Deshalb liegt hier keine quantitative Ausdehnung des staatlichen Informationsangebots
vor. Eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips im Sinne von Art. 4 Abs. 2

i.V.m. Art.
12 Abs. 2 Bst. a
DSG ist darum nicht festzustellen.
5.4 Weil die zeitlich unbeschränkte Veröffentlichung
von Handelsregisterinformationen nach den obigen Erwägungen gar keine Persönlichkeitsverletzung
darstellt, ist die Frage der Rechtfertigungsgründe im Sinne von Art. 13
DSG für den Entscheid
über die Anträge 1-3 nicht mehr zu prüfen. Die von den Parteien hierzu vorgebrachten Überlegungen
sind für den Entscheid unbeachtlich. Die Anträge 1, 2 und 3 sind abzuweisen.
Datenlöschung
auf Begehren (Anträge 4 und 5)
6.
Für die Beurteilung der Anträge 4 und 5 ist
zu untersuchen, ob der Tatbestand von Art. 12 Abs. 2 Bst. b
DSG erfüllt ist, wenn die Beklagte auf
Löschungsbegehren von natürlichen oder juristischen Personen nicht eintritt. Die Parteien machen
dazu Folgendes geltend:
6.1 Der Kläger führt aus, dass ein besonderer Rechtfertigungsgrund
im Sinne von Art. 13 Abs. 2
DSG fehle. Zu prüfen sei einzig, ob ein privates Interesse im Sinne
von Art. 13 Abs. 1
DSG vorliege, welches das ausdrückliche Verbot der Datenbearbeitung durch eine
betroffene Person rechtfertigen würde. Die private Duplizierung der Handelsregisterdaten durch die
Beklagte diene primär deren wirtschaftlichen Interessen und erst in zweiter Linie den Informationsbedürfnissen
des Publikums. Das Recht der betroffenen Person auf informationelle Selbstbestimmung wiege deutlich schwerer.
Der private Datenanbieter verfolge keine ideale bzw. staatstragende Zielsetzung. Die Funktion des überwiegenden
öffentlichen Interesses bestehe also bloss darin, ein achtbares privates Datenbearbeitungsinteresse
zu verstärken und so die Interessenabwägung zu beeinflussen. Ferner sei der Aspekt der Vollständigkeit
der Datensammlung nur für das staatliche Grundangebot (d.h. für shab.ch, aber auch für
die kantonalen Online-Datenbanken gemäss Art. 12 Abs. 1
HRegV) von Bedeutung. Sodann sei der Anspruch
auf informationelle Selbstbestimmung mit Art. 13 Abs. 2

der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
vom 18. April 1999 (BV,
SR
101) verfassungsrechtlicher Natur.
6.2 Die Beklagte beantragt die Abweisung
der Anträge 4 und 5, weil für sie die Vollständigkeit und Verlässlichkeit der angebotenen
Dienstleistung im Vordergrund steht. Ein Eintreten auf die Löschungsbegehren würde ihrer Meinung
nach zwangsläufig dazu führen, dass die Aussagekraft privater Handelsregisterdatenbanken verloren
ginge.
6.3 Aus der Sicht des seco besteht ein öffentliches Interesse an der Vollständigkeit
und Korrektheit der SHAB-Meldungen, die im Internet abrufbar sind. Ein Lösch- oder Berichtigungsrecht
erachtet das seco dort als falsch, wo private Datenanbieter SHAB- und Handelsregisterdaten unverändert
der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Private Datenbanken hätten im Falle der Gutheissung
der Anträge 4 und 5 keine korrekte Aussagekraft und damit keine eigentliche Berechtigung mehr.
7.
Gemäss
Art. 12 Abs. 2 Bst. b
DSG liegt eine Persönlichkeitsverletzung vor, wenn eine Datenbearbeitung gegen
den ausdrücklichen Willen der betroffenen Personen erfolgt und kein Rechtfertigungsgrund dafür
vorliegt. Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob sich die Beklagte für ihre Weigerung, Löschbegehren
stattzugeben, auf einen Rechtfertigungsgrund gemäss Art. 13
DSG stützen kann.
7.1 Ein
besonderer Rechtfertigungsgrund nach Art. 13 Abs. 2
DSG besteht im vorliegenden Fall nicht. Im Vordergrund
steht daher ein allfälliges überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder eine
Rechtfertigung durch Gesetz als Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 13 Abs. 1
DSG. Wenn sich der Bearbeiter
auf ein gesetzliches Recht oder andere überwiegende Interessen berufen kann, ist ein ausdrücklich
erklärtes Verbot unbeachtlich (Rampini, a.a.O, Rz. 13 zu Art. 12
DSG; BGE
127 III 481 E. 3a.bb und
3b).
7.2 Nicht widerrechtlich ist eine Datenbearbeitung dann, wenn das Gesetz die Bearbeitung von
Personendaten ausdrücklich vorschreibt, erlaubt oder implizit voraussetzt. Mit dem Begriff «durch
Gesetz» wird dabei kein formelles Gesetz als rechtfertigende Grundlage verlangt (Rampini, a.a.O.,
Rz. 15 und 17 zu Art. 13

DSG).
7.2.1 Die Erwägungen zu den Anträgen auf zeitliche Einschränkung
des Datenangebots der Beklagten haben gezeigt, dass die private Weiterverbreitung der - öffentlichen
und ohne besonderes Interesse zugänglichen - Handelsregisterdaten dem Zweck der informationellen
Erleichterung des Geschäftsverkehrs dient, solange die Daten unverändert von einem staatlichen
Referenzdatenbestand übernommen und (unentgeltlich) weiterverbreitet werden. Dies ergibt sich aus
der Konzeption der Öffentlichkeit des Handelsregisters gemäss Art. 930
OR und aus den verschiedenen
erörterten gesetzlichen Bestimmungen zur Funktionsweise und zur Publikation der Handelsregisterdaten
(vgl. E. 5.2.4).
Besonders zu erwähnen sind dabei die folgenden Bestimmungen: Art. 12 Abs.
1
HRegV, wonach die Kantone ihre Handelsregister ebenfalls über Internet unentgeltlich zugänglich
machen müssen; Art. 35 Abs. 3
HRegV, wonach die Kantone die Handelsregisterinformationen nach der
Publikation im SHAB auch in anderen Publikationsorganen veröffentlichen dürfen; Art. 12 und
13 VO SHAB, worin die Weitergabe an private Datenanbieter zwecks Verwertung explizit vorgesehen ist.
Zu erinnern ist speziell an die Pflicht für private Bearbeiter von Handelsregisterdaten aus dem
SHAB, die übernommenen Daten inhaltlich nicht zu verändern (Art. 13 Abs. 1 Bst. b VO SHAB)
- darunter ist gemäss den obigen Erwägungen auch eine Pflicht zur Gewährleistung der Vollständigkeit
der Daten zu verstehen. Datenlöschungen würden hingegen dazu führen, dass gewisse nach
wie vor geltende Handelsregisterinformationen als nicht existent erachtet werden könnten; die entstehende
Intransparenz würde den Zweck der informationellen Erleichterung des Geschäftsverkehrs unterlaufen.
7.2.2
Die Datenbearbeitung durch die Beklagte ist demnach durch Gesetz im Sinne von Art. 13 Abs. 1
DSG gerechtfertigt.
Ausführungen zu den sich gegenüberstehenden Interessen erübrigen sich deshalb. Die Anträge
4 und 5 sind nach diesen Erwägungen ebenfalls abzuweisen.
8.
Gemäss Art. 69 Abs.
1
BZP entscheidet das Gericht über die Prozesskosten von Amtes wegen nach den Art. 65

, 66

und 68

des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (
BGG,
SR
173.110).
8.1 Dem vollumfänglich unterliegenden
Kläger, der in seinem amtlichen Wirkungskreis tätig geworden ist, werden gemäss Art. 66
Abs. 4
BGG keine Gerichtskosten auferlegt.
8.2 Nach Art. 68 Abs. 2

BGG sind der obsiegenden Partei,
hier der Beklagten, alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten nach Massgabe des Tarifs
des Bundesgerichts zu ersetzen. Nach Art. 1

des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung
und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht (
SR
173.110.210.3)
gehören dazu die Anwaltskosten und allfällige weitere notwendige Kosten, die durch den Rechtsstreit
verursacht worden sind. Nachdem die Beklagte nicht anwaltlich vertreten war und auf die Durchführung
einer Vorbereitungs- sowie einer Hauptverhandlung nach Art. 35

und 66

ff.
BZP verzichtet worden ist,
wird der Beklagten keine Parteientschädigung zugesprochen.
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die
Klage wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Es wird keine
Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
- den Kläger (Gerichtsurkunde)
-
die Beklagte (Gerichtsurkunde)
- seco (zur Kenntnis, A-Post)
- EHRA (zur Kenntnis, A-Post)
Der
vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Beat Forster Susanne
Kuster Zürcher
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die folgende Seite verwiesen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen
diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff

., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [
BGG,
SR
173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die
Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen
(vgl. Art. 42
BGG).
Versand: