Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo
federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung I
A-2220/2008 und
A-2221/2008{T
0/2}
Urteil vom 12. Mai 2010
Besetzung
Richter Daniel de Vries Reilingh (Vorsitz),
Richter Pascal Mollard, Richter Daniel Riedo,
Gerichtsschreiber Jürg Steiger.
Parteien
X._______,
Beschwerdeführerin
gegen
Eidgenössische
Steuerverwaltung ESTV,
Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Mehrwertsteuer
(1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 und 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2004).
Sachverhalt:
A.
Die
X._______ (hiernach: Beschwerdeführerin oder Bank) ist eine Aktiengesellschaft. Sie ist im Register
der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen.
B.
Anlässlich
einer Kontrolle stellte die ESTV unter anderem fest, dass die Bank gewisse Bezüge von Dienstleistungen
(Verwahrung von Gold im Ausland) aus dem Ausland nicht versteuerte. Mit Ergänzungsabrechnung (EA)
Nr. 140'591 vom 5. Oktober 2004 über die Steuerperioden vom 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000
wurde u.a. Fr. 34'893.70 für die Verwahrung von Gold im Ausland (Ziff. 2b der EA Nr. 140'591) nachbelastet.
Mit EA Nr. 140'592 vom 5. Oktober 2004 über die Steuerperioden vom 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal
2004 wurden zudem weitere Fr. 80'403.45 MWST für die Verwahrung von Gold im Ausland (Ziff. 2b der
EA Nr. 140'592) nachgefordert. Mit zwei separaten Entscheiden vom 15. Dezember 2004 und entsprechenden
Einspracheentscheiden vom 19. Februar 2008 bestätigte die ESTV diese Nachforderungen. Sie erwog,
bei der Verwahrung von Gold im Ausland handle es sich um steuerbare Bezüge von Dienstleistungen
von Unternehmen mit Sitz im Ausland.
C.
Die Bank führte am 7. April 2008 gegen die
beiden Einspracheentscheide vom 19. Februar 2008 je separat Beschwerde mit dem Antrag, die Einspracheentscheide
seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass sie auf den an ausländische Banken zur Lagerung
von Gold im Ausland zu zahlenden Gebühren keine Mehrwertsteuer zu entrichten habe. Sie beantragte
weiter, die von ihr bezahlte Mehrwertsteuer sei ihr nebst Vergütungszins von 5% zurückzuerstatten
- unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Sie begründete ihre Beschwerden damit, dass es sich
bei der Lagerung von Gold nicht um eine Dienstleistung handle, sondern um ein Lagergeschäft, womit
das Erbringerorts- oder das Tätigkeitsortsprinzip anwendbar sei. Die bezahlten Leistungen seien
somit mehrsteuerrechtlich nicht zu versteuern.
Die ESTV schloss in ihren Vernehmlassungen
auf kostenfällige Abweisung der Beschwerden.
Auf die weiteren Eingaben und Vorbringen
der Parteien wird, soweit entscheiderheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht
zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021),
sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor und die ESTV ist eine
Behörde im Sinne von Art. 33
VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die Beurteilung
der vorliegenden Beschwerde zuständig. Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss
dessen Art. 37
das Verfahren nach dem
VwVG.
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht kann die angefochtenen
Entscheide grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann
neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a
VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b
VwVG) auch die Rüge der Unangemessenheit
erheben (Art. 49 Bst. c
VwVG; vgl. ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren
vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 2.149).
1.3 Am 1. Januar 2010 ist das Mehrwertsteuergesetz
vom 12. Juni 2009 (MWSTG,
SR 641.20) in Kraft getreten. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie
die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben grundsätzlich weiterhin auf alle während
ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar (Art.
112 Abs. 1
MWSTG). Soweit der Sachverhalt vom 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2004 betroffen ist, untersteht
das vorliegende Verfahren deshalb in materieller Hinsicht dem Bundesgesetz vom 2. September 1999 über
die Mehrwertsteuer (aMWSTG,
AS 2000 1300). Für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2000
finden ferner die Bestimmungen der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (aMWSTV,
AS 1994 1464) Anwendung (Art. 93
und 94
aMWSTG).
Demgegenüber ist das neue mehrwertsteuerliche
Verfahrensrecht im Sinne von Art. 113 Abs. 3
MWSTG auf sämtliche im Zeitpunkt des Inkrafttretens
hängige Verfahren anwendbar. Allerdings ist Art. 113 Abs. 3
MWSTG insofern restriktiv auszulegen,
als gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung nur eigentliche Verfahrensnormen sofort auf hängige
Verfahren anzuwenden sind, und es dabei nicht zu einer Anwendung von neuem materiellen Recht auf altrechtliche
Sachverhalte kommen darf (ausführlich: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1113/2009 vom 23.
Februar 2010 E. 1.3.3.2). Kein Verfahrensrecht in diesem engen Sinn stellt im vorliegenden Fall etwa
das Selbstveranlagungsprinzip dar, so dass vorliegend diesbezüglich noch altes Recht anwendbar ist.
Keine Anwendung finden deshalb beispielsweise Art. 70
, 71
, 72
oder 79 MWSTG, obwohl sie unter dem Titel
"Verfahrensrecht für die Inland- und die Bezugsteuer" stehen (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-4360/2008 vom 4. März 2010 E. 1.2,
A-4146/2009 vom 9. März 2010 E. 1.3).
1.4 Grundsätzlich
bildet jeder vorinstanzliche Entscheid ein selbständiges Anfechtungsobjekt und ist deshalb einzeln
anzufechten. Es ist gerechtfertigt, von diesem Grundsatz abzuweichen und die Anfechtung in einem gemeinsamen
Verfahren mit einem einzigen Urteil zuzulassen, wenn die einzelnen Sachverhalte in einem engen inhaltlichen
Zusammenhang stehen und sich in allen Fällen gleiche oder ähnliche Rechtsfragen stellen (vgl.
BGE
123 V 215 E. 1; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-1527/2006 vom 6. März 2008 E. 1.3,
A-1435/2006
vom 8. Februar 2007 E. 1.2,
A-1536/2006 vom 16. Juni 2008 E. 1.3). Unter den gleichen Voraussetzungen
können auch getrennt eingereichte Beschwerden in einem Verfahren vereinigt werden. Ein solches Vorgehen
dient der Verfahrensökonomie und liegt im Interesse aller Beteiligten (Moser/Beusch/Kneubühler,
a.a.O., Rz. 3.17). Diese Voraussetzungen sind in den vorliegenden Verfahren zweifelsfrei erfüllt.
In beiden Fällen ist dasselbe Steuersubjekt, die Beschwerdeführerin, betroffen. Die den Einspracheentscheiden
zugrunde liegenden Sachverhalte sind identisch und es stellen sich dieselben Rechtsfragen (Beurteilung
der Lagerung von Gold im Ausland). Deren Besonderheit ist einzig die unmassgebliche Tatsache, dass die
betroffenen Steuerperioden einerseits die aMWSTV und andererseits das aMWSTG betreffen. Dementsprechend
hat der Vertreter der Beschwerdeführerin die besagten Einspracheentscheide auch mit identischen
Argumenten angefochten. Die Verfahren
A-2220/2008 und
A-2221/2008 sind deshalb zusammenzulegen.
2.
2.1
Der Bezug von Dienstleistungen gegen Entgelt aus dem Ausland (Art. 4 Bst. d
aMWSTV) bzw. von Unternehmen
mit Sitz im Ausland (Art. 5 Bst. d
aMWSTG) unterliegt grundsätzlich der Mehrwertsteuer, sofern die
Umsätze nicht ausdrücklich (nach Art. 14
aMWSTV bzw. Art. 18
aMWSTG) von der Steuer ausgenommen
sind (Urteil des Bundesgerichts
2C_309/2009 vom 1. Februar 2010 E. 4.1).
2.1.1 Steuersubjekt ist
der Leistungsempfänger, der im Inland Wohnsitz, Geschäftssitz oder eine Betriebsstätte
hat. Dieser hat den Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland zu versteuern, wenn er diese zur Nutzung
oder Auswertung im Inland verwendet und wenn er nach Art. 18
aMWSTV mehrwertsteuerpflichtig ist (Art.
9
aMWSTV).
Art. 9
aMWSTV verlangt, dass die Dienstleistung zur Nutzung oder Auswertung im
Inland verwendet wird. Insofern besteht Kongruenz zwischen Dienstleistungsimport und Dienstleistungsexport.
Ein Dienstleistungsexport liegt nach Art. 15 Abs. 2 Bst. l
aMWSTV dann vor, wenn steuerbare Dienstleistungen
an Empfänger mit Geschäfts- oder Wohnsitz im Ausland erbracht werden, sofern sie dort "zur
Nutzung oder Auswertung verwendet werden". Entscheidend ist stets die tatsächliche Verwendung
der Dienstleistung (Urteil des Bundesgerichts
2A.541/2006 vom 21. Februar 2007 E. 2.1.2, veröffentlicht
in: Steuer-Revue [StR] 62/2007 S. 590; Urteil des Bundesgerichts
2C_309/2009 vom 1. Februar 2010 E. 4.2.1).
Die in Art. 12 Abs. 2
aMWSTV unter Bst. c aufgeführten Dienstleistungen werden jedoch am Ort ausgeführt,
wo der Dienstleistende jeweils tatsächlich tätig wird. Es handelt sich um Nebentätigkeiten
des Transportgewerbes, wie Beladen, Entladen, Umschlagen, Lagerung und Ähnlichem.
2.1.2
Gemäss Art. 10 Bst. a
aMWSTG hat der Empfänger den Bezug einer Dienstleistung zu versteuern,
wenn er nach Art. 24
aMWSTG steuerpflichtig ist und sofern es sich um eine unter Art. 14 Abs. 3
aMWSTG
fallende Dienstleistung handelt, die ein im Inland nicht steuerpflichtiger Unternehmer mit Sitz im Ausland
im Inland erbringt. Während als Ort einer Dienstleistung in der Regel der Ort gilt, an dem die Dienst
leistende Person den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, von
wo aus die Dienstleistung erbracht wird (Erbringerortsprinzip), gelten die in Art. 14 Abs. 3
aMWSTG aufgeführten
Dienstleistungen ausnahmsweise als an jenem Ort ausgeführt, an dem der Empfänger den Sitz seiner
wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, für welche die Dienstleistungen
erbracht werden (Empfängerortsprinzip; vgl. BGE
133 II 153 E. 5.1; Urteil des Bundesgerichts
2A.677/2006
vom 16. Mai 2007 E. 5.1; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1416/2006 vom 27. September 2007 E. 2.2).
Zu diesen Dienstleistungen zählen insbesondere auch Leistungen von Beratern, Vermögensverwaltern,
Treuhändern, Ingenieuren, Anwälten, Notaren, Buchprüfern, Managementdienstleistungen sowie
sonstige ähnliche Leistungen (Bst. c). Diese Regelung geht darauf zurück, dass es bei gewissen
Dienstleistungen unmöglich ist, den Ort der Nutzung genau zu bestimmen (vgl. BGE
133 II 153 E. 5.1
in fine).
Die in Art. 14 Abs. 2
aMWSTG unter Bst. c aufgeführten Dienstleistungen werden
hingegen am Ort ausgeführt, wo die Dienst leistende Person jeweils tatsächlich tätig wird
(Ort der Tätigkeit als Ausnahme), nämlich bei Nebentätigkeiten des Transportgewerbes,
wie Beladen, Entladen, Umschlagen, Lagerung und Ähnlichem.
2.1.3 Art. 15 Abs. 2 Bst.
a
und l
aMWSTV und Art. 14 Abs. 3
aMWSTG verwirklichen das im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr
geltende Bestimmungslandprinzip. Dieses Prinzip besagt, dass eine Leistung dort besteuert wird, wo sie
konsumiert und verbraucht wird. Das Bestimmungslandprinzip verlangt damit die Befreiung der Exporte und
die Belastung der Importe (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-1361/2006 vom 19. Februar 2007 E.
5.4 und
A-1505/2006 vom 25. September 2008 E. 3.1.3; Entscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission
[SRK] vom 31. Mai 2001, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 65.105
E. 3d/aa, vom 2. November 2004, veröffentlicht in
VPB 69.64 E. 2b; Jörg R. Bühlmann, in
mwst.com, a.a.O., Vorbemerkung zu Art. 19 N 1; Daniel Riedo, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine
Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Bern 1999, S. 62).
Das
Bestimmungslandprinzip führt dazu, dass die Inlandumsatzsteuer durch eine Steuer auf der Einfuhr
zu ergänzen ist. Es gewährleistet auf diese Weise Wettbewerbsneutralität auf inländischen
Märkten, weil eingeführte Leistungen derselben Mehrwertsteuerbelastung unterliegen wie Inlandleistungen
(vgl. Riedo, a.a.O., S. 49). Die schweizerische Mehrwertsteuer wird so gemäss ihrem Konzept als
Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug auf allen Stufen der Produktion und Verteilung sowie bei der
Einfuhr von Verbrauchsgütern erhoben. Dabei soll auch bei der Steuer auf der Einfuhr der vorsteuerabzugsberechtigte
Steuerpflichtige nicht zum Träger der Steuer werden, sondern lediglich der Endverbraucher (Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts
A-1689/2006 vom 13. August 2007 E. 2.3.1; Entscheid der Eidgenössischen
Zollrekurskommission [ZRK] vom 21. Januar 1999 [ZRK 1998-003] E. 3b; Riedo, a.a.O., S. 5 und 16). Art.
29
. Abs. 1 Bst. b aMWSTV und Art. 38 Abs. 1 Bst. b
aMWSTG geben dem Steuerpflichtigen deshalb das Recht,
die (effektiv) entrichtete Steuer auf der Einfuhr als Vorsteuer in Abzug zu bringen (Kommentar des Eidgenössischen
Finanzdepartements [EFD] zur [a]MWSTV vom 22. Juni 1994, zu Art. 29 Abs. 1 Bst. c
aMWSTV). Voraussetzung
ist natürlich auch hier, dass die eingeführten Gegenstände und Dienstleistungen im Zusammenhang
mit einem den Vorsteuerabzug berechtigenden, geschäftsmässig begründeten Zweck verwendet
werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1359/2006 vom 26. Juli 2007 E. 5.2). Gemäss Art.
29 Abs. 6 Bst. b
aMWSTV und Art. 38 Abs. 7 Bst. b
aMWSTG entsteht der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer
bei der Steuer auf dem Bezug von Dienstleistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland im Zeitpunkt, in
welchem der Steuerpflichtige über diese Steuer mit der ESTV abrechnet.
2.1.4 Sinn und Zweck
der Besteuerung von Dienstleistungsimporten ist eine umfassende und rechtsgleiche Erfassung von Leistungen
im Inland und damit auch die Vermeidung ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteile ausländischer Anbieter.
Das Bundesgericht hat es daher als folgerichtig erachtet, wenn beim Dienstleistungsimport wie auch beim
Dienstleistungsexport auf den Sitz des Leistungsempfängers als gewichtiges Indiz für den Verbrauch
der Dienstleistung abgestellt wird. Es ist indessen im Einzelfall stets zu prüfen, wo die Dienstleistungen
tatsächlich genutzt werden (Urteil des Bundesgerichts
2A.541/2006 vom 21. Februar 2007 E. 2.3, veröffentlicht
in: StR 62/2007 S. 590; Urteil des Bundesgerichts
2C_309/2009 vom 1. Februar 2010 E. 4.4).
2.1.5
Die Mehrwertsteuer stellt auf wirtschaftliche Vorgänge ab und sie besteuert den wirtschaftlichen
Konsum. Bestand und Umfang einer der Mehrwertsteuer unterstehenden Leistung werden aufgrund der wirtschaftlichen
Betrachtungsweise bestimmt. Die mehrwertsteuerliche Qualifikation von Vorgängen hat nach ständiger
Rechtsprechung nicht in erster Linie aus einer zivil-, sprich vertragsrechtlichen Sicht, sondern nach
wirtschaftlichen, tatsächlichen Kriterien zu erfolgen (Urteil des Bundesgerichts
2A.304/2003 vom
14. November 2003 E. 3.6.1 mit Hinweisen; Entscheide der SRK vom 5. Juli 2005, veröffentlicht in
VPB 70.7 E. 2a, mit Hinweisen; ausführlich: Riedo, a.a.O, S. 112 Fn. 125; Jean-Marc Rivier/Annie
Rochat, La taxe sur la valeur ajoutée, Fribourg 2000, S. 24). Dies gilt insbesondere auch für
die Bestimmung des Leistungsempfängers (Urteil des Bundesgerichts
2A.202/2006 vom 27. November 2006
E. 3.2, 4.2; Entscheid der SRK vom 20. März 2006 [CRC 2005-021] E. 3b, 4b; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1444/2006 vom 22. Juli 2008).
2.2 In der Verwaltungspraxis wird Näheres zum steuerbaren
Dienstleistungsbezug und dessen Voraussetzungen festgelegt (Wegleitung 1997 für Mehrwertsteuerpflichtige
[Wegleitung 1997] Rz. 156-157, 557a ff und 637a; Branchenbroschüre Nr. 03 "Banken und Finanzgesellschaften"
herausgegeben im März 1995 [BB 03] Ziff. 2.2 Bst. b und Ziff. 2.3 Bst. a, sowie Ziff. 3 des Leistungskatalogs
betreffend das Stichwort "Lagerung von Gold und anderen Edelmetallen"; Merkblatt Nr. 13 über
die Steuerbefreiung von bestimmten ins Ausland erbrachten oder aus dem Ausland bezogenen Dienstleistungen
vom 31. Januar 1997 [MB 13] Ziff. 2 Bst. b und c; Wegleitung 2001 zur Mehrwertsteuer [Wegleitung 2001],
Rz. 65, 512 ff. und Rz. 643-644; Branchenbroschüre Nr. 14 betreffend den "Finanzbereich"
herausgegeben im September 2000 [BB 14], Ziff. 2.2 und Ziff. 6.3 des Leistungskatalogs; Merkblatt Nr.
6 über grenzüberschreitende Dienstleistungen; Abgrenzung Lieferung/Dienstleistung gültig
ab 1. Januar 2001 [MB 6] Ziff. 3.2.1 und Ziff. 3.3 [vgl. auch neue Wegleitung 2008 zur Mehrwertsteuer
{Wegleitung 2008}, Rz. 512 ff. sowie Merkblatt Nr. 6, grenzüberschreitende Dienstleistungen, Ziff.
3.3, beide gültig seit 1. Januar 2008]).
2.2.1 Die Wegleitung 1997 hält fest, dass zur
Definition, wo die Nutzung oder Auswertung einer Dienstleistung erfolgt, die unter Rz. 557b-557d genannten
Kategorien geschaffen worden sind (Wegleitung 1997, Rz. 557a). Die Nutzung oder Auswertung erfolgt bei
Bank- und Werbedienstleistungen, bei Dienstleistungen von Beratern, Vermögensverwaltern, Ingenieuren,
Anwälten oder Treuhändern am Ort, an dem der Empfänger seinen Geschäfts- oder Wohnsitz
hat (Empfängerortsprinzip) (Wegleitung 1997, Rz. 557d). Nur wenn Dienstleistungen in keine der genannten
Kategorien fallen, erfolgt die Nutzung oder Auswertung am Ort, wo die Dienstleistungen als erbracht gelten
(Wegleitung 1997, Rz. 557e). BB 03 erklärt, dass aus Praktikabilitätsgründen primär
auf den Geschäfts- und Wohnsitz des Dienstleistungsempfängers, d.h. auf das Empfängerortsprinzip,
abgestellt wird. Als steuerbare Vermögensverwaltung gilt nach Wegleitung 1997 die Überwachung
eines bei einer Bank hinterlegten Vermögens in technischer und/oder wirtschaftlicher Hinsicht aufgrund
eines Vermögensverwaltungsmandates oder eines Hinterlegungsvertrages. Dazu gehört u.a. das
offene und verschlossene Depotgeschäft (Wegleitung 1997, Rz. 637a). Aus Ziff. 3 des Leistungskatalogs
von BB 03 ist ersichtlich, dass die Lagergebühr für die Lagerung von Gold und anderen Edelmetallen
im Inland zu versteuern ist, wenn der Leistungsempfänger seinen Wohn- oder Geschäftssitz im
Inland hat und die Nutzung oder Auswertung der erbrachten Leistung im Inland erfolgt.
Dagegen gilt
gemäss Wegleitung 1997 als Aufbewahrung, die unter Art. 12 Abs. 2 Bst. c
aMWSTV fällt, jede
Übernahme von Gegenständen, seien es solche für geschäftliche oder private Zwecke
(z.B. auch in verschlossenen Depots von Banken) (Wegleitung 1997, Rz. 156). MB 13 hält fest, dass
u.a. bei der Aufbewahrung von Gegenständen (wie z.B. im verschlossenen Depot oder im Nachttresor
einer Bank), die Nutzung der Dienstleistung an dem Ort erfolgt, an dem diese tatsächlich erbracht
wird (MB 13, Ziff. 2b).
2.2.2 Die Wegleitung 2001 zur Mehrwertsteuer besagt, dass die Umsätze
in der Vermögensverwaltung versteuert werden müssen (Wegleitung 2001, Rz. 643). Als steuerbare
Vermögensverwaltung gilt danach u.a. die Überwachung eines bei einer Bank hinterlegten Vermögens
in technischer und/oder wirtschaftlicher Hinsicht aufgrund eines Verwaltungsmandats oder eines Hinterlegungsvertrages.
Dazu gehört u.a. das Depotgeschäft (offenes und verschlossenes Depot) (Wegleitung 2001, Rz.
644). Gemäss BB 14 ist die Drittverwahrung im Ausland (Depotgebühren) ein Beispiel für
steuerbare Bezüge von Dienstleistungen bei Unternehmen mit Sitz im Ausland (BB 14, Ziff. 2.2 S.
17). Zudem ist gemäss des Leistungskatalogs der Branchenbroschüre Nr. 17 die "Verwahrung
von Gold und anderen Edelmetallen" ein steuerbarer Umsatz (siehe BB 14, Ziff. 6.3 des Leistungskatalogs).
Die
Wegleitung 2001 hält jedoch weiter fest, dass das Entgegennehmen und Aufbewahren von Wertsachen,
die in der Regel keiner Verwaltung bedürfen, keine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung
bilden, sondern eine steuerbare Aufbewahrung (Wegleitung 2001, Rz. 645). Der Mehrwertsteuer unterliegt
jede Aufbewahrung von Gegenständen, die ein Unternehmen für einen Dritten besorgt. Als Aufbewahrung
gilt jede Übernahme zur Lagerung von Gegenständen, sei es für geschäftliche oder
private Zwecke (z.B. in Lagerhäusern, Kühlhäusern und -räumen, Silos, Speichern,
Werften, auf Lagerplätzen) (Wegleitung 2001, Rz. 65). MB 6 hält fest, dass bei Nebentätigkeiten
des Transportgewerbes, wie u.a. Lagerung und Ähnlichem nach Art. 14 Abs. 2 Bst. c
aMWSTG der Ort,
wo die Dienst leistende Person jeweils tätig wird, als Ort der Dienstleistung gilt; diese Regelung
gilt auch für selbständige Leistungen (MB 12, Ziff. 3.2.3).
Soweit die Verwaltungspraxis
im vorliegenden Fall massgeblich ist und sich im Wesentlichen auf das gesetzlich vorgegebene Empfängerortsprinzip
abstützt, erweist sie sich als bundesrechtskonform.
2.2.3 Art. 12 Abs. 1
aMWSTV und Art.
14 Abs. 1
aMWSTG besagen, dass eine Dienstleistung an dem Ort ausgeführt wird, an dem der Dienstleistende
seinen Geschäftssitz oder eine Betriebsstätte hat (aMWSTV) bzw. an dem die dienstleistende
Person den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat (aMWSTG) (Erbringerortsprinzip).
Die in Art. 12 Abs. 1
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 1
aMWSTG bezeichneten Leistungsorte gelten allerdings
vorbehaltlich des Abs. 2 (aMWSTV) bzw. der Abs. 2 und 3 (aMWSTG). Diese gehen jeweils dem Absatz 1 als
Spezialbestimmung vor. Art. 12 Abs. 1
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 1
aMWSTG gelten demnach als Grundregel
immer dann, wenn keine der anderen Bestimmungen anwendbar ist. Es handelt sich somit um einen Auffangtatbestand.
Ein Vorrang gegenüber den anderen Bestimmungen kommt Absatz 1 allerdings nicht zu (betreffend das
aMWSTG siehe: Camenzind/Honauer/Vallender, a.a.O., S. 195 Rz. 533; Camenzind, a.a.O., N. 9 zu Art. 14
aMWSTG). Die Lehre weist darauf hin, dass der Auffangtatbestand in einem Spannungsverhältnis zum
Bestimmungslandprinzip steht und sich der Empfängerort als Auffangtatbestand besser eignet (zum
aMWSTG vgl: Camenzind/Honauer/Vallender, a.a.O., S. 194 Rz. 534 und S. 35 Rz. 73). Art. 8
MWSTG bestimmt
denn auch (neu), dass - unter Vorbehalt von Absatz 2 - als Ort der Dienstleistung der Ort gilt, an dem
der Empfänger oder die Empfängerin der Dienstleistung den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit
oder eine Betriebsstätte hat, für welche die Dienstleistung erbracht wird (Empfängerortsprinzip).
Unter der alten Mehrwertsteuerverordnung und dem alten Mehrwertsteuergesetz sind jedoch die Dienstleistungen,
welche unter Art. 12 Abs. 1
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 1
aMWSTG fallen, wohl weniger häufig, weil
die meisten Leistungen entweder unter die Spezialbestimmungen von Art. 12 Abs. 2
aMWSTV bzw. Art. 14
Abs. 2
und 3
aMWSTG subsumiert werden können oder mit dem Lieferungsbegriff von Art. 5 Abs. 2
aMWSTV
bzw. Art. 6 Abs. 2
aMWSTG abgedeckt werden (zum aMWSTG siehe: Camenzind/Honauer/ Vallender, a.a.O., S.
194-195 Rz. 535).
2.2.4 Im Gegensatz zum aMWSTG fehlte in der aMWSTV insbesondere der Katalog von
Art. 14 Abs. 3
aMWSTG. Die in diesem Absatz aufgeführten Dienstleistungen wurden gemäss Art.
12 Abs. 1
aMWSTV am Ort des Leistungserbringers und nicht - wie gemäss Art. 14 Abs. 3
aMWSTG - an
demjenigen des Leistungsempfängers erbracht. Zur Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips legte
deshalb Art. 15 Abs. 2 Bst. l
aMWSTV fest, dass andere [als die in Art. 15 Abs. 2
aMWSTV vorgängig
aufgezählten] steuerbare Dienstleistungen, die an Empfänger mit Geschäfts- oder Wohnsitz
im Ausland erbracht werden, sofern sie dort zur Nutzung oder Auswertung verwendet werden, echt von der
Steuer befreit sind. Für die Steuerbefreiung waren somit zwei Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen.
Erstens musste der Empfänger seinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Ausland haben und zweitens
musste die Leistung im Ausland genutzt oder ausgewertet werden (BGE
133 II 153 E. 4.1, Urteile des Bundesgerichts
2A.534/2004 vom 18. Februar 2005 E. 4.1,
2A.507/2002 vom 31. März 2004 E. 3.3).
Überdies
sah Art. 9
aMWSTV die Besteuerung von Dienstleistungsimporten vor, wenn der Empfänger Geschäfts-
und Wohnsitz im Inland hat und eine Nutzung oder Auswertung im Inland erfolgt. Die Umsetzung dieser Norm
war in der Praxis nicht immer einfach und die ESTV hat das Anwendungsfeld aufgrund von verschiedenen
Verwaltungsanweisungen erweitert und der Regelung in der EU angenähert. Die Generalklausel von Art.
12 Abs. 1
aMWSTV kann deshalb nicht als Regelfall zur Anwendung kommen (vgl. Camenzind, a.a.O., N. 21
zu Art. 14
aMWSTG).
3.
3.1 Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin geltend,
das Rechtsverhältnis sei als Dienstleistung im Sinne von Art. 12 Abs. 1
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs.
1
MWSTG oder Art. 12 Abs. 2 Bst. c
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 2 Bst. c
aMWSTG zu qualifizieren. Sie argumentiert
im Wesentlichen, bei der Lagerung von Gold bei Banken handle es sich zivilrechtlich nicht um (offene)
Depotverträge, sondern um einen Hinterlegungsvertrag. Bei der Hinterlegung bestehe die Vertragsleistung
des Aufbewahrers einzig darin, die vom Hinterleger anvertraute Sache zu übernehmen und an einem
sicheren Ort aufzubewahren (Art. 472 Abs. 1
des Obligationenrechts vom 30. März 1911 [
OR,
SR 220]).
Die ausländischen Banken würden denn auch die Beschwerdeführerin nicht in ihren Goldanlagen
beraten oder gar das Gold für sie verwalten. Einzige Pflicht der ausländischen Banken sei die
Verwahrungstätigkeit. Es liege somit eine Lagertätigkeit im Sinn von Art. 12 Abs. 2 Bst. c
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 2 Bst. c
aMWSTG vor, womit kein Bezug einer Dienstleistung nach Art. 9
aMWSTV
bzw. Art. 10
aMWSTG zu deklarieren sei.
Die Vorinstanz ist jedoch der Ansicht, dass die blosse
"Verwahrung von Gold" eine Vermögensverwaltungsdienstleistung im Sinne von Art. 9
aMWSTV
bzw. Art. 14 Abs. 3 Bst. c
aMWSTG sei. Im Unterschied zum Aufbewahren von Gebrauchsgegenständen,
das keine Vermögensverwaltungsleistung darstelle, sondern eine steuerbare Aufbewahrung, handle es
sich bei der Verwahrung von Gold um einen Spezialfall, der nicht mit der Verwahrung von normalen Gegenständen
gleichgesetzt werden könne, sondern aufgrund der Bedeutung des Goldes als Wertgegenstand unter die
Vermögensverwaltung falle. Eine Vermögensverwaltungsleistung könne sehr wohl ohne Beratungsleistung
einzig in der Verwahrung von Wertgegenständen wie Gold bestehen. Aus diesem Grund werde die Verwahrung
von Gold und anderen Edelmetallen auch als Dienstleistung im Leistungskatalog der BB 03 aufgeführt.
3.2
Unbestritten ist, dass die von der Beschwerdeführerin entrichteten Depotgebühren als Entschädigung
für die "Verwahrung von Gold" nicht als Umsatz im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs
von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind (vgl. Art. 14 Ziff. 19 Bst. e
aMWSTV bzw. Art. 18 Ziff. 19 Bst.
e
aMWSTG). Die mehrwertsteuerliche Behandlung des entrichteten Entgelts bestimmt sich nach der Art der
erbrachten Dienstleistung, welche es im Folgenden näher zu betrachten gilt.
3.2.1 Die strittige
Dienstleistung der ausländischen Banken besteht in der sicheren Verwahrung (und Überwachung)
der durch die Beschwerdeführerin bei ihnen gelagerten Goldbestände. Zusätzliche Leistungen
liegen unbestrittenermassen keine vor. Die dezentralisierte Goldlagerung dient der Risikodiversifizierung
bzw. -dezentralisierung. Für die sichere Verwahrung ihrer Goldbestände entrichtet die Beschwerdeführerin
den ausländischen Banken eine Depotgebühr. Bei Banken ist das Depotgeschäft dadurch gekennzeichnet,
dass der Kunde der Bank Wertgegenstände, insbesondere Effekten (Wertpapiere, Wertrechte) und Edelmetalle,
zur Verwahrung übergibt und sich dieser verpflichtet, eine Depotgebühr als Entgelt zu entrichten
(Max Boemle/Max Gsell/Jean-Paul Jetzer/Paul Nyffeler/Christian Thalmann, Geld- Bank- und Finanzmarktlexikon
der Schweiz, Zürich 2002, S. 296). Es wird allgemein zwischen dem verschlossenen und dem offenen
Depot unterschieden. Beim verschlossenen Depot (Verwahrungsdepot) werden die zu verwahrenden Vermögenswerte
in versiegeltem Zustand der Bank ausschliesslich zur sicheren Verwahrung übergeben. Bezweckt wird
nur die sichere Verwahrung (Boemle/Gsell/Jetzer/Nyffeler/Thalmann, a.a.O., S. 296). Die Bank übernimmt
keine Verwaltungstätigkeiten, wie z.B. Einlösen der Kupons oder des Talons, und es erfolgen
keine Benachrichtigungen hinsichtlich Kapitalmassnahmen, Hauptversammlungen oder Ähnliches.
Wird
ein verschlossenes Depot errichtet, so schliesst der Kunde mit der Bank einen Hinterlegungsvertrag nach
Art. 472 ff
.
OR ab. Beim offenen Depot liegt dagegen ein gemischter Vertrag vor, welcher in Bezug auf
die Verwahrungspflicht der Bank Elemente des Hinterlegungsvertrages (Art. 472 ff
.
OR) und in Bezug auf
die Verwaltung der Hinterlegungsgegenstände Elemente des einfachen Auftrages (Art. 394 ff
.
OR) aufweist.
3.2.2
Bei der Verwahrung der Goldbestände durch die Banken handelt es sich somit nach schweizerischem
Recht um einen Hinterlegungsvertrag. Die von der Beschwerdeführerin bezogene Dienstleistung ist
deshalb mit einem verschlossenen Depot zumindest vergleichbar, worüber sich die Parteien im Prinzip
einig sind.
Mit der Zuordnung der Vermögensverwaltung zum Empfängerortsprinzip (Art.
9
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 3 Bst. c
aMWSTG) wollte der Bundesrat bzw. das Parlament sicherstellen, dass
solche Dienstleistungen nicht der schweizerischen Mehrwertsteuer unterliegen, sofern sie an einen im
Ausland ansässigen Empfänger erbracht werden (Dieter Metzger, Kurzkommentar zum MWST-Gesetz,
Muri/Bern 2000, Rz. 14 zu Art. 14 Abs. 3
aMWSTG; vgl. auch Votum Christoffel Brändli, Berichterstatter,
Amtl. Bull. SR, Sitzung vom 29. September 1998, S. 962 f.). Bezüglich der Verwahrung von Gold und
anderen Edelmetallen bedeutet dies, dass die Verwahrungsleistung, sofern sie durch eine Bank in der Schweiz
für einen Empfänger im Ausland erbracht wird, nicht mit der Mehrwertsteuer belastet wird, da
sie in Anwendung des Empfängerortsprinzips als im Ausland erbracht zu gelten hat (bzw. von der Steuer
befreit ist [Art. 15 Abs. 2 Bst. l
aMWSTV]). Im umgekehrten, hier zu beurteilenden Fall, hat die Verwahrungsleistung
als in der Schweiz erbracht zu gelten bzw. auf dem Dienstleistungsbezug aus dem Ausland ist die Mehrwertsteuer
in der Schweiz geschuldet. Somit ist sowohl für die Verwahrung von Gold im Ausland als auch für
die Verwahrung von Gold im Inland das Bestimmungslandprinzip umgesetzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass
die Beschwerdeführerin auf den für die Verwahrung von Gold im Ausland bezahlten Depotgebühren
die Mehrwertsteuer zu entrichten hat bzw. den steuerbaren Dienstleistungsbezug aus dem Ausland in der
Schweiz versteuern muss (Art. 9
aMWSTV bzw. Art. 10 Bst. a
aMWSTG).
3.2.3 Art. 12 Abs. 2 Bst. c
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 2 Bst. c
aMWSTG bestimmen, dass Nebentätigkeiten im Zusammenhang mit Güterbeförderungen
wie das Beladen, Entladen, der Umschlag oder die Lagerung von Gütern für den Ort der Dienstleistung
auf den Tätigkeitsort abgestellt wird (Camenzind, a.a.O., N. 63 zu Art. 14
aMWSTG; Camenzind/Honauer/Vallender,
a.a.O., S. 209 Rz. 574). Auch wenn die Nebentätigkeiten als selbständige Hauptleistungen aufgeführt
werden, was voraussetzt, dass sie nicht in direktem Zusammenhang mit einer Güterbeförderung
erbracht werden und somit nicht als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilen (Camenzind,
a.a.O., N. 63 zu Art. 14
aMWSTG; Camenzind/Honauer/Vallender, a.a.O., S. 209 Rz. 574), müssen besagte
Tätigkeiten, wie die ESTV in ihrer Vernehmlassung ausführt, in einem irgendwie gearteten Zusammenhang
mit einer Güterbeförderung sein. Der Verordnungs- bzw. Gesetzestext ist diesbezüglich
klar, denn es ist die Rede von Nebentätigkeiten des Transportgewerbes (siehe Art. 12 Abs. 2 Bst.
c
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 2 Bst. c
aMWSTG). Die vorliegend betroffene Verwahrung von Gold im Ausland
steht jedoch in keinem Zusammenhang mit einer Güterbeförderung und es kann somit keine Rede
sein von einer Nebentätigkeit des Transportgewerbes. Bei der Verwahrung von Gold handelt es sich
im Gegenteil um eine bankentypische Dienstleistung, welche sich somit nach dem Empfängerortsprinzip
richtet (Art. 9
aMWSTV bzw. Art. 14 Abs. 3 Bst. c
aMWSTG).
Gold (und anderen Edelmetallen)
ist eigen, dass es sich dabei trotz Nummerierung um nicht individualisierte Anlagemittel im Finanzbereich
handelt. Demgegenüber stellen wertvolle Gegenstände wie Gemälde, Schmuckstücke, Weine,
usw. im Prinzip Unikate mit anderer Zweckbestimmung, wie z.B. Sammeln, Tragen, Betrachten, Trinken, dar.
Aufgrund dieser Unterschiede rechtfertigt es sich, das Verwahren von Gold, eine bankentypische Vermögensverwaltungsdienstleistung,
auch mehrwertsteuerrechtlich als Vermögensverwaltung und eben nicht als Lagerung im behaupteten
Sinn zu qualifizieren. Damit unterliegt die Verwahrung von Gold als Dienstleistungsbezug aus dem Ausland
der Mehrwertsteuer (Art. 9
aMWSTV bzw. Art. 10 Bst. a
aMWSTG).
4.
Diesen Ausführungen
zufolge ist die Beschwerde abzuweisen. Die Verfahrenskosten für das vereinigte Verfahren in Höhe
von insgesamt Fr. 5'000.-- sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
VwVG) und mit
dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen. Eine Parteientschädigung an
die Beschwerdeführerin ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1
VwVG bzw. Art. 7 Abs. 1
des Reglements
vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2] e contrario).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die
Beschwerdeverfahren
A-2220/2008 und
A-2221/2008 werden vereinigt.
2.
Die Beschwerden
werden abgewiesen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 5'000.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit den geleisteten Kostenvorschüssen von Fr. 5'000.- verrechnet.
4.
Eine
Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
5.
Dieses Urteil geht an:
die
Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Gerichtsurkunde)
Der
vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Daniel de Vries Reilingh
Jürg Steiger
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert
30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 [
BGG,
SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat,
beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
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