Abteilung I
A-1359/2006{T 0/2}
Urteil vom 26. Juli 2007
Mitwirkung:
Richter
Daniel Riedo (Vorsitz); Richterin Salome Zimmermann; Richter Pascal Mollard;
Gerichtsschreiberin
Jeannine Müller.
X._______ Limited, (für sich sowie für die mittlerweile im
Schweizerischen Handelsregister gelöschte Y._______ Limited),
Beschwerdeführerin, vertreten
durch Z._______ AG,
gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung
Mehrwertsteuer,
Vorinstanz
betreffend
Mehrwertsteuer (4. Quartal 1998 - 2. Quartal
2002); Steuervergütung / Abzug der Vorsteuer auf der Einfuhr.
Sachverhalt:
A. Die
Y._______ Limited war eine Zweigniederlassung der X._______ Limited und wurde von der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 3. September 1998 bis 30. Juni 2003 in ihrem Register als Mehrwertsteuerpflichtige
geführt (Geschäftsaufgabe per 31. Dezember 2002).
Die Geschäftstätigkeit des
Hauptsitzes bestand darin, Prospektmaterial über Banken sowie Studien und Untersuchungen betreffend
deren Investmentabteilungen, etc., welche ihr von verschiedenen englischen (und amerikanischen) Banken
zugesandt wurden, an Banken und Investoren in der ganzen Welt weiterzuleiten. Für diese Leistungen
stellte der Hauptsitz den betreffenden ausländischen Banken Rechnung. Das Prospektmaterial, welches
für Banken und Investoren in der Schweiz bestimmt war, wurde per Flugkurier (Namen der Fluggesellschaften)
an die Zweigniederlassung weitergeleitet. Dort wurde das Material auseinander genommen, sortiert, etikettiert
und schliesslich durch beauftragte Agenten kostenlos an schweizerische Banken und Investoren ausgeliefert.
Für diese Tätigkeit stellte die Y._______ Limited (in der Folge Steuerpflichtige oder Zweigniederlassung
genannt), Rechnung an den Hauptsitz. Die im Zusammenhang mit der Einfuhr auf dem Prospektmaterial entrichtete
Steuer machte sie als Importeurin im Rahmen der Quartalsabrechnung mit der ESTV als Vorsteuer geltend.
B.
Aufgrund der erheblichen Vorsteuerüberschüsse in den Abrechnungen ersuchte die Verwaltung die
Steuerpflichtige mehrmals telefonisch und schriftlich um Auskunft. Die ESTV gelangte dabei zum Schluss,
dass die entrichtete Importsteuer vorliegend nicht als Vorsteuer abgezogen werden könne. Mit Ergänzungsabrechnung
(EA) Nr. ... vom 7. August 2001 belastete sie die von der Steuerpflichtigen für den Zeitraum vom
3. Quartal 1998 bis 2. Quartal 2001 (Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 2001) - annäherungsweise
ermittelte - abgezogene Vorsteuer in der Höhe von Fr. 179'253.-- zuzüglich Verzugszins zurück.
Da
die Steuerpflichtige diese Rückbelastung mit Eingabe vom 25. September 2001 bestritt, erliess die
ESTV am 17. Dezember 2001 einen anfechtbaren Entscheid, mit welchem sie ihre Nachforderung gemäss
EA Nr. ... bestätigte. In E. 2.3 führte die Verwaltung jedoch an, dass eine Vergütung
der von der Zweigniederlassung bezahlten Steuer auf der Einfuhr hingegen für den Hauptsitz a priori
möglich sei. In E. 2.4 wies die ESTV ferner darauf hin, dass die von der Zweigniederlassung erbrachten
Leistungen (Auseinandernehmen, Sortieren, Etikettieren und das Weiterversenden der Prospektmaterialien
an die Empfänger) ab dem 1. Januar 2001 - bei vorhandenem Nachweis - von der Steuer befreit seien.
C.
Gegen den erwähnten Entscheid liess die Steuerpflichtige am 16. Januar 2002 Einsprache erheben und
dessen Aufhebung beantragen. Zudem reichte sie - wie im Entscheid vom 17. Dezember 2001 ausgeführt
- am 22. Mai 2002 für den Hauptsitz in (...) ein Gesuch um Vergütung der Einfuhrsteuer sowie
zuviel bezahlter Umsatzsteuer von insgesamt Fr. 214'150.25 ein bzw. informierte die ESTV am 6. Juni 2002
schriftlich dahingehend, die Einfuhrsteuer für das Geschäftsjahr 2001, wie vereinbart, mit
der noch ausstehenden Abrechnung für das 4. Quartal 2001 geltend zu machen. Mit Gutschriftanzeige
Nr. ... vom 6. Juni 2002 vergütete die Verwaltung der Steuerpflichtigen den Betrag von gerundet
Fr. 214'151.--, wobei die Summe mit der Rückforderung der Vorsteuer gemäss EA Nr. ... (Fr.
179'253.--; zuzüglich Verzugszins) verrechnet und lediglich der Mehrbetrag ausbezahlt wurde.
Mit
Schreiben vom 4. Juli 2002 korrigierte die ESTV ihre Ansicht gemäss E. 2.4 des Entscheids vom 17.
Dezember 2001 bezüglich Steuerfreiheit der Leistungen der Zweigniederlassung an den Hauptsitz für
die Zeit vom 1. Januar 2001 an; wegen falscher Auskunft seien diese Leistungen aber erst ab 1. Juli 2002
wiederum steuerbar.
D. Am 9. Dezember 2002 erliess die Verwaltung die EA Nr. ..., mit welcher sie
die Rückerstattung (Gutschriftanzeige Nr. ...) von Fr. 214'151.-- für das 4. Quartal 1998 bis
2. Quartal 2001 (Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 30. Juni 2001) aufhob. Gleichentags belastete sie mit der
EA Nr. ... für das 3. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002 (Zeit vom 1. Juli 2001 bis 30. Juni 2002)
aufgrund zu Unrecht in Abzug gebrachter Vorsteuern Fr. 191'976.-- Mehrwertsteuern zurück.
Schliesslich
erliess die ESTV betreffend die umstrittene Berechtigung zur Geltendmachung der Einfuhrsteuer als Vorsteuer
für den Zeitraum vom 3. Quartal 1998 bis 2. Quartal 2001 am 11. Dezember 2002 einen Einspracheentscheid,
mit welchem sie die Einsprache vom 16. Januar 2002 abwies und die Rückbelastung in Höhe von
Fr. 179'253.-- gemäss EA Nr. ... vom 7. August 2001 bestätigte. Die Verwaltung hielt im Wesentlichen
dafür, die Zweigniederlassung nehme das Material - in einer quasi-treuhänderischen Funktion
- nur für den anschliessenden Weiterversand an inländische Empfänger entgegen und behandle
es entsprechend. Sie handle nicht nur im Namen des Hauptsitzes, sondern auch in dessen Interesse. Die
beim Import erhobene Einfuhrsteuer könne nicht als mit den Leistungen des Auseinandernehmens, Etikettierens,
Sortierens und Versendens verbundener Aufwand betrachtet werden. Ein Verstoss gegen Treu und Glauben
sei nicht gegeben. Ferner führte die ESTV in E. 3.2 an, die Voraussetzungen für eine Vergütung
der Einfuhrsteuer an den Hauptsitz seien nicht gegeben. Dieser Einspracheentscheid blieb unangefochten.
E.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2003 stellte die ESTV der Steuerpflichtigen die beiden EA Nr. ... und ...
vom 9. Dezember 2002 erneut zu, da diese beim ersten Mal nicht zugestellt werden konnten. Die Verwaltung
wies zudem darauf hin, dass der in der Entscheidformel des Entscheids vom 17. Dezember 2001 sowie des
Einspracheentscheids vom 11. Dezember 2002 verfügte Betrag von Fr. 179'253.-- der annäherungsweisen
Ermittlung der von der Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 30. Juni 2001 zu Unrecht
geltend gemachten Vorsteuern entspreche. Dieser geschuldete Steuerbetrag sei zugunsten des Hauptsitzes
mit der Gutschrift Nr. ... von der ESTV versehentlich erstattet worden. Mit Schreiben vom 8. Mai 2003
gab die Steuerpflichtige an, dass der Vergütungsantrag fristgemäss gestellt worden sei. Es
sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die ESTV vor dem Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2002 trotz
Vergütung die Forderungen erneut stelle.
Dieses Schreiben vom 8. Mai 2003 nahm die ESTV als
Bestreitung der beiden EA vom 9. Dezember 2002 entgegen und erliess am 24. September 2003 einen anfechtbaren
Entscheid, in welchem sie die Forderungen gemäss EA Nr. ... im Betrag von 214'151.-- zuzüglich
Verzugszins für das 4. Quartal 1998 bis 2. Quartal 2001 sowie gemäss EA Nr. ... in Höhe
von Fr. 191'976.-- zuzüglich Verzugszins für das 3. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002 bestätigte.
F.
Dagegen liess die Steuerpflichtige am 27. Oktober 2003 Einsprache erheben und die Aufhebung des Entscheids
sowie die Erklärung der Gegenstandslosigkeit der beiden EA beantragen. Im Wesentlichen hielt sie
dafür, dass die Verwaltung der Steuerpflichtigen zu Unrecht die Berechtigung zur Geltendmachung
der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer aberkannt habe bzw. dass - soweit der Vorsteuerabzug nicht zulässig
sein sollte - ein allfälliger, diesbezüglicher Mehrwertsteuer-Erstattungsanspruch des Hauptsitzes
bestehe. Ferner machte sie einen Verstoss gegen Treu und Glauben sowie gegen die Grundsätze des
fairen Verfahrens geltend.
Mit Einspracheentscheid vom 29. März 2004 wies die Verwaltung die
Einsprache vom 27. Oktober 2003 ab und hielt an den Rückforderungen gemäss der EA Nr. ... sowie
... fest. Sie bestätigte, dass weder die Berechtigung zur Geltendmachung der Einfuhrsteuer als Vorsteuer
durch die Steuerpflichtige noch die Vergütungsberechtigung des Hauptsitzes, vertreten durch die
Steuerpflichtige, gegeben seien. Die ESTV erwog, dass es sich bei Ergänzungsabrechnungen und Gutschriften
nicht um Verfügungen handle. Aus diesem Grund könnten diese voraussetzungslos abgeändert
werden. Das Vorliegen einer Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben verneinte sie ebenfalls.
G.
Dagegen liess die X._______ Limited (nachfolgend Beschwerdeführerin genannt), am 14. Mai 2004 bei
der Eidgenössischen Steuerrekurskommission (SRK) Beschwerde erheben und die Aufhebung des Einspracheentscheids
vom 29. März 2004 sowie der Ergänzungsabrechnungen Nr. ... und ... vom 9. Dezember 2002 beantragen.
Im Wesentlichen hielt sie dafür, die ESTV gehe zu Unrecht davon aus, dass an die schweizerischen
Empfängerinnen der Prospekte und Informationen Gratisleistungen erbracht worden seien. Der für
die Beurteilung massgebende Leistungsaustausch habe zwischen der inländischen Zweigniederlassung,
dem Hauptsitz der Beschwerdeführerin und den ausländischen Auftraggebern stattgefunden. Der
Hauptsitz sei von seinen Drittkunden beaufragt worden, für diese die Werbeleistung in verschiedenen
Ländern zu erbringen. Zur Erfüllung dieser Aufträge in der Schweiz habe er sich seiner
inländischen Zweigniederlassung bedient, welche vom Hauptsitz ein Entgelt erhalten habe. Die Zweigniederlassung
habe das Prospektmaterial eingeführt und die Behandlung (Sortierung, Etikettierung, Verpackung)
vorgenommen. Auf dem Entgelt für diese Leistung habe sie zu Recht die Mehrwertsteuer erhoben bzw.
abgerechnet. Im Gegenzug habe ihr aber auch der Vorsteuerabzug für die bezahlten Inlandsteuern und
die Einfuhrsteuer zugestanden. Ferner vermöge auch die Verneinung des Vergütungsanspruchs des
Hauptsitzes für die schweizerische Mehrwertsteuer nicht durchzudringen. Massgebend sei dabei die
Sicht des Hauptsitzes, nicht jene der Schweizer Beworbenen. Der Hauptsitz habe gegenüber den ausländischen
Auftraggebern eine Leistung erbracht, die Werbeleistung. Die damit erzielten Umsätze, soweit sie
im Inland stattfinden würden, unterlägen der Mehrwertsteuer. Wie die inländischen Banken
und Investoren die Prospekte verwendeten, sei irrelevant. Schliesslich sei die vorliegende Beschwerde
auch unter dem Blickwinkel von Treu und Glauben und dem Vertrauensgrundsatz zu beurteilen.
In ihrer
Vernehmlassung vom 30. August 2004 schloss die ESTV auf Abweisung der Beschwerde.
H. Per 31. Dezember
2006 hat die SRK die Verfahrensakten an das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) zur Beurteilung der Sache
übergeben.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Bis
zum 31. Dezember 2006 konnten Einspracheentscheide der ESTV auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer nach Art.
44 ff
. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021)
innert 30 Tagen nach Eröffnung mit Beschwerde bei der SRK angefochten werden (aArt. 65
des Bundesgesetzes
vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [
MWSTG,
SR 641.201], in der Fassung vom 1. Januar
2001 [
AS 2000 1300]; aufgehoben per 31. Dezember 2006). Das BVGer übernimmt, sofern es zuständig
ist, die am 1. Januar 2007 bei der SRK hängigen Rechtsmittel. Die Beurteilung erfolgt nach neuem
Verfahrensrecht (Art. 53
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht
[Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG,
SR 172.32]). Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG
nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG). Das BVGer ist zur Behandlung der Beschwerde sachlich wie funktionell
zuständig (Art. 31
, 32
und 33
Bst. d VGG). Die Beschwerdeführerin hat den Einspracheentscheid
vom 29. März 2004 frist- und formgerecht angefochten (Art. 50
und 52
VwVG). Sie ist durch diesen
beschwert und zur Anfechtung berechtigt (Art. 48
VwVG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
1.2.
Am 1. Januar 2001 sind das MWSTG sowie die zugehörige Verordnung (Verordnung vom 29. März 2000
zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer [MWSTGV,
SR 641.201]) in Kraft getreten. Die Beurteilung
des vorliegenden Sachverhalts richtet sich nach dieser Gesetzgebung, soweit er sich in deren zeitlichen
Geltungsbereich ereignet hat (1. Januar 2001 bis 30. Juni 2002). Soweit sich hingegen der Sachverhalt
vor Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes zugetragen hat (1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 2000),
ist auf die vorliegende Beschwerde grundsätzlich noch die Verordnung vom 22. Juni 1994 über
die Mehrwertsteuer (MWSTV von 1994, AS 1994 1464) anwendbar (Art. 93
und 94
MWSTG).
1.3. Das BVGer
kann den angefochtenen Entscheid prinzipiell in vollem Umfang überprüfen. Gerügt werden
kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
(Art. 49 Bst. a
VwVG), die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
(Art. 49 Bst. b
VwVG) sowie die Unangemessenheit (Art. 49 Bst. c
VwVG). Infolge des Grundsatzes der Rechtsanwendung
von Amtes wegen ist das BVGer als Beschwerdeinstanz verpflichtet, auf den festgestellten Sachverhalt
jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutreffenden erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von
der es überzeugt ist (BGE
119 V 347 E. 1a; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage,
Bern 1983, S. 212). Demnach ist das BVGer als Beschwerdeinstanz an die rechtliche Begründung der
Begehren nicht gebunden (Art. 62 Abs. 4
VwVG) und kann eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend
gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung
bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1342/2006
vom 3. Mai 2007 E. 1.3). Die Beschwerdeinstanz ist nicht gehalten, nach allen möglichen Rechtsfehlern
zu suchen, für entsprechende Fehler müssen sich mindestens Anhaltspunkte aus den Parteivorbringen
oder den Akten ergeben (vgl. BGE
121 III 274 E. 2b; André Moser, in: André Moser / Peter Uebersax,
Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frankfurt am Main 1998, Rz. 1.8 f.).
2.
Grundlage des angefochtenen Einspracheentscheids vom 29. März 2004 bilden die beiden EA Nr. ...
sowie Nr. ... vom 9. Dezember 2002.
Bei der ersteren handelt es sich um die Rückforderung der
- nach Ansicht der Verwaltung - fälschlicherweise vergüteten Einfuhrsteuer für das 4.
Quartal 1998 bis 2. Quartal 2001. Das entsprechende Gesuch um Vergütung hatte die (inzwischen aufgelöste)
Zweigniederlassung - für den Hauptsitz - am 22. Mai 2002 eingereicht. Die vorübergehende Gutschrift
bzw. Vergütung erfolgte danach direkt an die Zweigniederlassung, jedoch zugunsten des Hauptsitzes.
In
der Beilage zur EA Nr. ... wird seitens der ESTV angeführt, dass es sich um die Nachbelastung der
durch die Zweigniederlassung zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern für das 3. Quartal 2001 bis
2. Quartal 2002 von Fr. 191'976.-- (geschätzt) handle. Im in der Folge - aufgrund der Bestreitung
- ergangenen Entscheid vom 24. September 2003 hält die Verwaltung unter E. 3.2 indes dafür,
dass sowohl mit der EA Nr. ... über Fr. 214'151.-- als auch mit jener der Nr. ... in der Höhe
von Fr. 191'976.-- die Steuervergütung (zugunsten des Hauptsitzes in [...]) rückgängig
gemacht worden sei. Ferner bestätigt auch die Beschwerdeführerin in ihrer Einsprache vom 27.
Oktober 2003 implizit, dass die EA Nr. ... im Ergebnis die Vergütung der Einfuhrsteuer an den Hauptsitz
zum Gegenstand hat, indem sie ausführt, dass sich die Zweigniederlassung mit dem zuständigen
Beamten einigte, die Einfuhrumsatzsteuer für das Jahr 2001 direkt in ihrer noch nicht eingereichten
Abrechnung für das 4. Quartal 2001 - stellvertretend für den Hauptsitz - geltend zu machen
(Ziff. 6.3.2 von III. Rechtliches der erwähnten Einsprache).
Obschon die Zweigniederlassung
die Einfuhrsteuer von Fr. 191'976.-- für das 3. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002 (Zeit vom 1. Juli
2001 bis 30. Juni 2002) - offenbar zunächst im Einverständnis mit der ESTV (vgl. Beschwerdebeilage
Nr. 12) - in ihrer Abrechnung als Vorsteuer abgezogen hat, liegt auch der EA Nr. ... grundsätzlich
die Problematik der Steuervergütung an den Hauptsitz in (...) zugrunde. Zunächst ist somit
die Frage der Vergütungsberechtigung des Hauptsitzes zu beurteilen. Auf die Ausführungen der
Beschwerdeführerin zur Berechtigung der Zweigniederlassung zur Geltendmachung der Einfuhrsteuer
als Vorsteuer wird in E. 5 eingegangen.
3.
3.1. Unter dem Begriff der Zweigniederlassung ist
nach Lehre und Rechtsprechung ein kaufmännischer Betrieb zu verstehen, der zwar rechtlich Teil einer
Hauptunternehmung ist, von der er abhängt, der aber in eigenen Räumlichkeiten dauernd eine
gleichartige Tätigkeit wie jene ausübt und dabei über eine gewisse wirtschaftliche und
geschäftliche Unabhängigkeit verfügt (BGE
117 II 85 E. 3). Aus mehrwertsteuerlicher Sicht
lösen inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten einer inländischen Unternehmung
keine eigene subjektive Mehrwertsteuerpflicht aus. Begründet hingegen eine ausländische natürliche
Person, Personengesellschaft oder juristische Person in der Schweiz eine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte,
so führt dies gemäss Praxis der ESTV zur Eintragung im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen,
sobald die Voraussetzungen für die subjektive Steuerpflicht erfüllt sind. Die Folge davon ist
eine mehrwertsteuerrechtliche Verselbständigung der eingetragenen Zweigniederlassung bzw. Betriebsstätte
(Martin Kocher, Die Holdinggesellschaft im schweizerischen Mehrwertsteuerrecht, Grundsätzliche Aspekte
unter Einbezug des "Konzern-Mehrwertsteuerrechts", veröffentlicht in Archiv für Schweizerisches
Abgaberecht [ASA] 74 S. 627 Ziff. 2.5).
3.2.
3.2.1. Der Mehrwertsteuer unterliegen u.a. die
im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen (Art. 5 Bst.
a
und b MWSTG; Art. 4 Bst. a
und b MWSTV). Eine Lieferung liegt vor, wenn die Befähigung verschafft
wird, im eigenen Nahmen über einen Gegenstand wirtschaftlich zu verfügen (Art. 6 Abs. 1
MWSTG;
Art 5 Abs. 1
MWSTV). Eine Lieferung liegt ebenfalls vor, wenn ein Gegenstand, an dem Arbeiten besorgt
worden sind, abgeliefert wird, auch wenn dieser Gegenstand dadurch nicht verändert, sondern bloss
geprüft, geeicht, reguliert, in der Funktion kontrolliert oder in anderer Weise behandelt worden
ist (Art. 6 Abs. 2 Bst. a
MWSTG; Art. 5 Abs. 2 Bst. a
MWSTV). Als Dienstleistung gilt jede Leistung,
die keine Lieferung eines Gegenstands ist (Art. 7 Abs. 1
MWSTG; Art. 6 Abs. 1
MWSTV). Damit ein steuerbarer
Umsatz überhaupt vorliegt, ist ein Austausch von Leistungen notwendig. Der Leistung steht eine Gegenleistung
(Entgelt) gegenüber. Die Entgeltlichkeit stellt ein unabdingbares Tatbestandsmerkmal einer mehrwertsteuerlichen
Leistung dar (Ausnahme: Eigenverbrauch [Art. 5 Bst. c
MWSTG; Art. 4 Bst. c
MWSTV]). Besteht kein Austauschverhältnis
in diesem Sinn zwischen Leistungserbringer und -empfänger, ist die Aktivität mehrwertsteuerlich
irrelevant und fällt nicht in den Geltungsbereich der Mehrwertsteuergesetzgebung (statt vieler:
Entscheid der SRK vom 18. November 2002, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden
[VPB] 67.49 E. 2a cc).
3.2.2. Die Annahme eines solchen Leistungsaustauschs setzt voraus, dass zwischen
Leistung und Gegenleistung eine innere wirtschaftliche Verknüpfung gegeben ist (BGE
126 II 443 E.
6a, mit Hinweisen; Ivo P. Baumgartner, in mwst.com, Kommentar zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer,
Basel/Genf/München 2000, ad Art. 33 Abs. 1 und 2 Rz. 6 und 8). Die Beantwortung der Frage nach der
inneren Verknüpfung erfolgt nicht in erster Linie nach zivilrechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen,
tatsächlichen Kriterien. Insbesondere ist für die Annahme eines Leistungsaustauschs das Vorliegen
eines Vertragsverhältnisses nicht zwingend erforderlich (BGE
126 II 249 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts
vom 8. Juni 2000, veröffentlicht in MWST-Journal 2/200 S. 151 f. E. 4a; Urteil des Bundesgerichts
2A.304/2003 vom 14. November 2003 E. 3.6.1 mit Hinweisen; Entscheid der SRK vom 5. Juli 2005, veröffentlicht
in
VPB 70.7 E. 2a mit Hinweisen). Es genügt vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung innerlich
derart verknüpft sind, dass die Leistung eine Gegenleistung auslöst. Der wirtschaftlichen Betrachtungsweise
kommt im Bereich der Mehrwertsteuer einerseits bei der Auslegung von zivilrechtlichen und von steuerrechtlichen
Begriffen sowie andererseits bei der rechtlichen Qualifikation von Sachverhalten entscheidende Bedeutung
zu (Urteil des Bundesgerichts vom 8. Januar 2003, veröffentlicht in Archiv für Schweizerisches
Abgaberecht [ASA] 73 S. 569 E. 3.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1341/2006 vom 7. März
2007 E. 2.4).
3.3. Der Bundesrat ist zuständig zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen
den Abnehmern mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland die Steuer auf den an sie im Inland ausgeführten
Lieferungen oder Dienstleistungen bei Gewährung des Gegenrechts durch das Land ihres Wohn- oder
Geschäftssitzes vergütet werden kann (Art. 90 Abs. 2 Bst. b
MWSTG). Während der Geltungsdauer
der MWSTV lag die Zuständigkeit hierfür beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD, Art.
81 Bst. c
MWSTV).
Anspruch auf Steuervergütung hat, wer Gegenstände einführt oder
sich im Inland Leistungen der in den Art. 6
und 7
MWSTG genannten Arten gegen Entgelt erbringen lässt
und zudem (a) Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland hat, wobei der Ort, an welchem eine Betriebsstätte
geführt wird, einem Geschäftssitz gleichgestellt ist; (b) im Inland keine Gegenstände
liefert oder, gewisse Ausnahmen vorbehalten, im Inland keine Dienstleistungen erbringt; (c) im Land seines
Wohn- oder Geschäftssitzes seine Unternehmereigenschaft nachweist (Art. 28 Abs. 1
der Verordnung
vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTGV,
SR 641.201). Die bezahlte
Steuer wird unter anderem vergütet, sofern die bezogenen Leistungen der Erzielung von Umsätzen
dienen, die in der Schweiz von Gesetzes wegen der Mehrwertsteuer unterliegen würden (Art. 29 Abs.
1
MWSTGV). Für Leistungen, die nicht für einen geschäftlich begründeten Zweck im
Sinne von Art. 38 Abs. 2
MWSTG verwendet werden, besteht kein Vergütungsanspruch (Art. 29 Abs. 3
Satz 1
MWSTGV). Der Gesuchsteller hat einen Vertreter mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz
zu bestellen (Art. 31 Abs. 2
MWSTGV).
Die entsprechenden Bestimmungen in der alten Verordnung des
EFD vom 14. Dezember 1994 über die Erstattung der Mehrwertsteuer an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz
im Ausland (AS 1994 3162; aufgehoben per 1. Januar 2001) waren - soweit vorliegend von Interesse - weitgehend
identisch (Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung). Anstelle des
Begriffs "Vergütung" wird der Ausdruck "Steuererstattung" verwendet, welcher
jedoch dasselbe meint.
3.4. Nach dem im Mehrwertsteuerrecht geltenden Selbstveranlagungsprinzip
(Art. 46 f
. MWSTG; Art. 37 f
. MWSTV; vgl. Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des Steuerrechts, 6.
Auflage, Zürich 2002, S. 421 ff.) trägt die mehrwertsteuerpflichtige Person nach konstanter
Rechtsprechung und Lehre die Verantwortung für die richtige und vollständige Versteuerung ihrer
Umsätze (Urteil des Bundesgerichts vom 31. Mai 2002, veröffentlicht in ASA 72 S. 727 ff. E.
1; Entscheid der SRK vom 5. Januar 2000, veröffentlicht in
VPB 64.83 E. 2 mit weiteren Hinweisen;
Dieter Metzger, Kurzkommentar zum Mehrwertsteuergesetz, Muri/Bern 2000, N 1 zu Art. 46
). Das Mehrwertsteuergesetz
bzw. die Mehrwertsteuerverordnung stellen hohe Anforderungen an den Steuerpflichtigen, indem sie ihm
wesentliche, in anderen Veranlagungsverfahren der Steuerbehörde obliegende Vorkehren überträgt.
Er hat nicht nur selber zu bestimmen, ob er die Voraussetzungen für die Steuerpflicht erfüllt,
sondern ist auch für die korrekte (vollständige und rechtzeitige) Deklaration und die Ablieferung
der Steuer verantwortlich (Art. 43 ff
.
MWSTG; Art. 34 ff
.
MWSTV).
4.
4.1. Im vorliegenden Fall
gründete die Beschwerdeführerin im September 1998 in der Schweiz eine Zweigniederlassung. Per
3. September 1998 erfolgte die Eintragung im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen. Diese mehrwertsteuerrechtliche
Verselbständigung der Zweigniederlassung (E. 3.1) hat u. a. zur Folge, dass Leistungen zwischen
Hauptniederlassung und Zweigniederlassung zu behandeln sind, als ob unabhängige Dritte vorlägen.
Dadurch wird insbesondere auch ein Leistungsaustausch fingiert, der in dieser Weise zivilrechtlich nicht
stattfindet (Kocher, a.a.O., S. 628 Ziff. 2.5).
4.2. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin
besteht darin, Prospektmaterial über Banken sowie Studien und Untersuchungen betreffend deren Investmentabteilungen,
etc., welche ihr von verschiedenen englischen und amerikanischen Banken zugesandt werden, in deren Auftrag
und gegen ein entsprechendes Entgelt an Banken und Investoren in der ganzen Welt weiterzuleiten. Für
das zur Verteilung in der Schweiz bestimmte Material war im hier massgeblichen Zeitraum die Zweigniederlassung
zuständig. Diese liess das entsprechende Prospektmaterial dabei im eigenen Namen einführen
und entrichtete die darauf anfallende Einfuhrsteuer. Sodann nahm sie das Material auseinander, sortierte
und etikettierte es, um es schliesslich an die Banken und Investoren in der Schweiz auszuliefern. Für
diese Arbeiten wurde die Zweigniederlassung vom Hauptsitz entschädigt.
Dass zwischen der Zweigniederlassung
und dem Hauptsitz - in Anbetracht der geltenden Praxis betreffend Zweigniederlassung von ausländischen
(juristischen) Personen - ein Leistungsaustausch im mehrwertsteuerrechtlichen Sinn stattgefunden hat,
ist augenscheinlich und wird von den Parteien nicht bestritten. Zwischen den Parteien herrscht zudem
Einigkeit darüber, dass der Ort dieser Leistungen - ob es sich nun um eine Lieferung nach Art. 6
Abs. 2 Bst. a
MWSTG bzw. Art. 5 Abs. 2 Bst. a
MWSTV oder eine Dienstleistung handelt - in der Schweiz
gelegen hat. Entgegen der Auffassung der ESTV umfasste das "Leistungspaket" der Zweigniederlassung
an den Hauptsitz, für welches sie von diesem entschädigt wurde, jedoch nicht nur das Bearbeiten
des Prospektmaterials, sondern insbesondere auch das Weiterleiten bzw. Verteilen der Prospekte an die
inländischen Banken und Investoren. Das Entgelt, welches der Hauptsitz entrichtet hat, deckt auch
diese Leistung ab. Die Verteilung des Prospektmaterials an Banken in diversen Ländern ist ja gerade
Teil der Tätigkeit, zu welcher sich der Hauptsitz gegenüber seinen Auftraggebern im Ausland
verpflichtet hat. Diese Aufgabe erfüllte in der Schweiz die Zweigniederlassung. Inwiefern die Auslieferung
aus Sicht derjenigen Personen, welche das Prospektmaterial schliesslich erhalten, "gratis"
gewesen ist, oder ihnen keine Rechnungen gestellt worden sind, ist unbeachtlich. Richtigerweise bestand
nämlich zwischen der Zweigniederlassung und den schweizerischen Banken und Investoren gar keine
mehrwertsteuerrechtlich relevante Beziehung (Leistungsaustausch) oder ein einen Nichtumsatz auslösendes
Verhältnis ("Gratisversand"). Die Zweigniederlassung hat die Leistung der Auslieferung
an diese Personen - nebst der Bearbeitung des Materials - mehrwertsteuerlich einzig und allein dem Hauptsitz
erbracht; eine Tätigkeit bzw. Leistung kann nicht gleichzeitig an zwei (Leistungs-)Empfänger
erbracht werden (vgl. Entscheid der SRK vom 19. Mai 2000 [SRK 1999-147], veröffentlicht in
VPB 64.110
E. 4c; unveröffentlichte Entscheide der SRK vom 18. Februar 2005 [SRK 2003-068], E. 4c; vom 23.
März 2004 [SRK 2003 056], E.2a/ee in fine, 3c; vom 7. September 2001 [SRK 2001 004],
E. 3b/aa).
4.3.
4.3.1. Nachdem feststeht, wie sich der hier massgebliche Leistungsaustausch
darstellt, ist zu prüfen, ob die ESTV der Beschwerdeführerin, d.h. dem Hauptsitz, zu Recht
die Berechtigung zur Vergütung der Einfuhrsteuer abgesprochen hat.
4.3.2. Gemäss Art.
28 Abs. 1
MWSTGV bzw. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die Erstattung der Mehrwertsteuer an Abnehmer
mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland hat Anspruch auf die Steuererstattung, wer Gegenstände
einführt oder im Inland bezieht sowie sich Dienstleistungen erbringen lässt. Aus den Akten
geht hervor, dass die Einfuhrsteuer ausschliesslich von der Zweigniederlassung bezahlt worden ist. Diese
trat gegenüber den Behörden als Importeurin auf. Daraus erhellt, dass der Hauptsitz von vornherein
nicht berechtigt gewesen ist, die Einfuhrsteuer auf dem Prospektmaterial im Vergütungsverfahren
zurückzuverlangen. Wenn die ESTV die Zweigniederlassung einer ausländischen Unternehmung mehrwertsteuerrechtlich
als unabhängige Dritte betrachtet, muss dies konsequenterweise in allen Bereichen gelten, ungeachtet
dessen, ob wirtschaftlich betrachtet im Endeffekt der Hauptsitz die finanzielle Belastung der Einfuhrsteuer
zu tragen hat. Im Ergebnis ist die Ansicht der Verwaltung betreffend die fehlende Berechtigung des Hauptsitzes
zur Vergütung der Einfuhrsteuer, wenn auch mit einer anderen Begründung, zu schützen.
Dass die Zweigniederlassung in der Schweiz ebenfalls nicht zur Vergütung auf diesem Weg berechtigt
ist, ist offenkundig und wird ohnehin nicht geltend gemacht.
4.3.3. Man könnte sich indes fragen,
ob der Hauptsitz allenfalls gestützt auf den 2. Teilsatz der erwähnten Bestimmungen, d. h.
im Zusammenhang mit im Inland bezogenen Gegenständen oder Dienstleistungen, Anspruch auf eine Steuervergütung
hat. Die Leistungen, welche ihm die Zweigniederlassung erbracht hat (das Auseinandernehmen, Sortieren,
Etikettieren und Weiterversenden des Prospektmaterials), sind denn auch grundsätzlich darunter zu
subsumieren (E. 4.2). Die Zweigniederlassung hat bis zum 31. Dezember 2000 die Mehrwertsteuer darauf
abgerechnet. Soweit den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2002 betreffend, ist die Vorinstanz
zunächst davon ausgegangen, dass die Leistungen an den Hauptsitz ab dem 1. Januar 2001 - bei vorhandenem
Nachweis - steuerbefreit seien. Diese Sichtweise hat sie in der Folge mit Schreiben vom 4. Juli 2002
korrigiert und dahingehend präzisiert, dass die genannten Arbeiten zwar nach wie vor zu versteuern
seien; aufgrund falscher Mitteilung unter E. 2.4 des Entscheids vom 17. Dezember 2001 sei dies jedoch
erst wieder ab dem 1. Juli 2002 der Fall.
Das Gesuch vom 22. Mai 2002 bezieht sich ausschliesslich
auf die Vergütung der Einfuhrsteuer. Inwieweit die Beschwerdeführerin (bzw. die Zweigniederlassung
im Namen des Hauptsitzes) auch für die auf den Arbeiten der Zweigniederlassung entrichtete Mehrwertsteuer
ein Vergütungsgesuch eingereicht hat, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Falls dem so ist,
wäre die Frage, ob auch die übrigen Voraussetzungen für eine Vergütung gegeben sind,
in einem gesonderten Verfahren zu beurteilen. Im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens besteht
jedenfalls keine Veranlassung, das Gesuch vom 22. Mai 2002 auch unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen.
Die Beschwerdeführerin hat sich weder in ihrer Beschwerde noch in einer früheren Eingabe an
die ESTV je in dieser Hinsicht geäussert bzw. einen entsprechenden Antrag gestellt. Diese Haltung
rechtfertigt sich insbesondere auch in Anbetracht des Selbstveranlagungsprinzips (vgl. E. 3.4). Trägt
eine mehrwertsteuerpflichtige Person die Verantwortung für die richtige und vollständige Versteuerung
ihrer Umsätze bzw. bei der Bestimmung, ob sie die Voraussetzungen für die Steuerpflicht erfüllt,
muss es entsprechend auch Sache der ausländischen Unternehmer sein festzustellen, in welchen Fällen
und unter welchen Voraussetzungen sie allenfalls eine Erstattung der zugunsten des Schweizerischen Fiskus
bezahlten Mehrwertsteuer beantragen können. Soweit den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 30. Juni
2002 betreffend, ist ferner aufgrund der Aktenlage davon auszugehen, dass die Leistungen der Zweigniederlassung
an den Hauptsitz - infolge der Zugeständnisse der ESTV nach ihrer Falschauskunft - nicht mit Mehrwertsteuer
fakturiert worden sind. Insofern käme eine Rückerstattung ohnehin nicht in Frage. Ob die Voraussetzungen
des Vertrauensschutzes überhaupt gegeben waren, bildet indessen nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens und wird daher vom BVGer auch nicht überprüft.
4.4. In einem ersten Zwischenergebnis
ist somit festzuhalten, dass die ESTV zu Recht die Berechtigung des Hauptsitzes zur Vergütung der
Einfuhrsteuer verneint bzw. die fälschlicherweise ergangene Gutschrift rückgängig gemacht
hat.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin rügt des Weitern, dass der Zweigniederlassung
zu Unrecht der Abzug der Einfuhrsteuer als Vorsteuer verwehrt worden sei.
Wie gesehen liegen dem
angefochtenen Einspracheentscheid die beiden EA Nr. ... sowie Nr. ... vom 9. Dezember 2002 zugrunde,
welche an sich die Vergütung der Einfuhrsteuer an den Hauptsitz rückgängig machen sollten
(für die Steuerperioden 3. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002 nicht über ein Vergütungsverfahren,
sondern als Vorsteuerabzug in den Abrechnungen der Zweigniederlassung). Ungeachtet dessen setzte sich
die ESTV im Entscheid vom 24. September 2003 und noch eingehender im Einspracheentscheid vom 29. April
2004 auch mit der Vorsteuerabzugsberechtigung der Zweigniederlassung auseinander und erwog, dass diese
die Einfuhrsteuer nicht als Vorsteuer abziehen könne.
Soweit den Zeitraum vom 3. bzw. 4. Quartal
1998 bis 2. Quartal 2001 betreffend, ist darauf hinzuweisen, dass die ESTV bereits mit der EA Nr. ...
vom 7. August 2001 die von der Zweigniederlassung abgezogene Vorsteuer in der Höhe von Fr. 179'253.--
zuzüglich Verzugszins zurückgefordert hatte. Das in der Folge durchgeführte Entscheid-
und Einspracheverfahren endete mit Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2002, in welchem die Verwaltung
ihre Forderung bestätigte. Dieser Entscheid wurde durch die Beschwerdeführerin nicht angefochten,
weshalb er und damit auch die Aufrechnung der Vorsteuer in Rechtskraft erwachsen sind. Für diesen
Zeitraum kann demnach auf die vorliegende Beschwerde nicht eingetreten werden. Indes ist die Frage nach
der Vorsteuerabzugsberechtigung der Zweigniederlassung für den Zeitraum vom 3. Quartal 2001 bis
2. Quartal 2002 zu beurteilen.
5.2. Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände oder Dienstleistungen
für steuerbare Ausgangsleistungen (Lieferung oder Dienstleistung), so kann er in seiner Steuerabrechnung
u. a. die ihm auf der Einfuhr von Gegenständen der Eidgenössischen Zollverwaltung entrichtete
Steuer abziehen (Art. 38 Abs. 1 Bst. c
und Abs. 2 MWSTG). Bei der Einfuhrsteuer wird nicht auf das Vorliegen
einer Leistung, sondern auf die Einfuhr von Gegenständen ins Inland abgestellt. Für den Nachweis
sind denn auch nicht Rechnungen gemäss Art. 37
MWSTG, sondern durch die Zollbehörden ausgestellte
Belege erforderlich (vgl. auch Art. 38 Abs. 7 Bst. c
MWSTG; zum Ganzen: Baumgartner, a.a.O., ad Art.
38 Abs. 1-4, Abs. 5 Rz. 33-36). Massgebend ist jedoch auch hierbei, dass die eingeführten Gegenstände
im Zusammenhang mit einem den Vorsteuerabzug berechtigenden, geschäftsmässig begründeten
Zweck verwendet werden. Verlangt wird eine wirtschaftliche Verknüpfung zwischen den Ausgangsumsätzen
und den Vorsteuern bzw. den Eingangsleistungen (Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 2004, veröffentlicht
in ASA 75 S. 176 f. E. 4.2 und 4.3 mit Hinweisen; Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender,
Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 1363 ff.), wobei ein Vorsteuerabzug
nicht nur bei direktem Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und dem Ausgangsumsatz zu gewähren
ist, sondern auch dann, wenn eine nur mittelbare (indirekte) Verwendung der Eingangsleistung für
den Ausgangsumsatz besteht bzw. der Ausgangsumsatz mit Hilfe der bezogenen Leistungen ausgeführt
wird (BGE
132 II 353 E. 8.3; ferner Urteile des Bundesgerichts
2A.650/2005 vom 15. August 2006 E. 3.4;
2A.175/2002 vom 23. Dezember 2002 E. 5.2; zur Publikation vorgesehenes Urteil BVGE A 1340/2006
vom 6. März 2007 E. 2.1.5; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1357/2006 vom 27. Juni 2007 E.
2.1; Entscheid der SRK vom 14. März 2006, veröffentlicht in
VPB 70.79 E. 2c).
5.3. Die
Zweigniederlassung hat das durch sie eingeführte Prospektmaterial bearbeitet (auseinander genommen,
sortiert, etikettiert) und versendet. Wie unter E. 4.2 dargelegt, wurden diese entgeltlichen Leistungen
ausschliesslich dem Hauptsitz erbracht. Die Einfuhr der genannten Prospekte und Unterlagen erfolgte somit
- entgegen der Auffassung der Vorinstanz - vollumfänglich für einen steuerbaren Zweck. Dass
der Versand aus Sicht der inländischen Abnehmer kostenlos erscheinen mag, ist dabei unerheblich
(vgl. E. 4.2).
Nicht entscheidend ist ferner, dass die Zweigniederlassung während dieser Zeit
wohl keine Mehrwertsteuer auf den Leistungen an den Hauptsitz abgerechnet hat. Sie unterliess dies lediglich
aufgrund des Zugeständnisses der ESTV, wonach angesichts der falschen Mitteilung in E. 2.4 des Entscheids
vom 17. Dezember 2001 eine Versteuerung erst wieder ab dem 1. Juli 2002 zu erfolgen habe. Die Leistungen
bleiben aber grundsätzlich steuerbar. Mithin bleibt auch die Berechtigung der Zweigniederlassung
zum Vorsteuerabzug bestehen. Das Prospektmaterial wird verwendet, um die Leistungen an den Hauptsitz
überhaupt erbringen zu können, d.h. die Einfuhr dieses Materials mündet in prinzipiell
steuerbare Ausgangsleistungen. Im Übrigen würde das Zugeständnis der ESTV faktisch seiner
Wirkung beraubt, wäre die Zweigniederlassung gezwungen, die Steuer auf den Tätigkeiten an den
Hauptsitz dennoch zu entrichten, um nicht der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs verlustig zu werden.
Unbeachtlich
ist überdies die Höhe des Entgelts, welches der Hauptsitz für die Leistungen der Zweigniederlassung
entrichtet hat. Vergleicht man die Höhe der Einfuhrsteuer mit der Höhe der Einnahmen der Zweigniederlassung
für ihre Leistungen (gemäss Angaben der Beschwerdeführerin: Fr. 15.50/kg gegenüber
Fr. 5.75/kg), kann ein gewisses Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag nicht von vornherein
verneint werden. Man könnte sich deshalb durchaus fragen, ob der durch den Hauptsitz zu bezahlende
Preis tatsächlich nach marktwirtschaftlichen Kriterien festgelegt worden ist oder ob dieser allenfalls
als Vorzugspreis betrachtet werden müsste, der einem Dritten so nicht gewährt worden wäre.
Im Falle einer Lieferung oder Dienstleistung an eine nahe stehende Person gilt als Entgelt (Bemessungsgrundlage
für die Steuer) denn auch der Wert, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde (Art.
33 Abs. 1
und 2
MWSTG; Grundsatz des Drittvergleichs: "Dealing at arm's length"; Bericht der
Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats [WAK] vom 28. August 1996 zur Parlamentarischen
Initiative für ein Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, ad Art. 31 E-MWSTG S. 55). Da aber
die Zweigniederlassung auf ihren Umsätzen aus den Leistungen an den Hauptsitz in den hier massgeblichen
Steuerperioden aufgrund der Wirkungen des Vertrauensschutzes ohnehin keine Steuer abliefern musste, kann
die Frage, ob die Zweigniederlassung für diese Leistungen gemessen an der Höhe der Einfuhrsteuer
nicht eine viel höhere Steuer zu entrichten hätte, offen bleiben. Ebenso wenig muss beurteilt
werden, ob die weiteren Voraussetzungen für einen Drittvergleich erfüllt wären.
5.4.
Nach dem Gesagten ist die Einfuhrsteuer für die Steuerperioden 3. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002
(Zeit vom 1. Juli 2001 bis 30. Juni 2002) im Umfang von Fr. 191'976.-- als Vorsteuer abzugsberechtigt.
Gegen deren rechnerische Ermittlung erhebt die Beschwerdeführerin keine Einwände. Insoweit
ist die Beschwerde gutzuheissen.
6.
6.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich
auf den Grundsatz von Treu und Glauben und den Vertrauensschutz. Als ausländische Unternehmung,
der das schweizerische Recht nicht so vertraut sei, sei es ihr aufgrund der konfusen Rechtsanwendung
durch die Vorinstanz objektiv nicht mehr möglich gewesen, ihre Verfahrenspflichten richtig zu erfüllen.
Im Falle der Abweisung der Beschwerde würde ihr ein riesiger Schaden entstehen, da es ihr nicht
mehr möglich sei, die nachbelasteten Steuern auf ihre Kunden zu überwälzen.
Aufgrund
der vorstehenden Gutheissung betreffend die Vorsteuerabzugsberechtigung für den Zeitraum vom 3.
Quartal 2001 bis 2. Quartal 2002 bleibt zu beurteilen, ob ein Verstoss gegen den Vertrauensgrundsatz
allenfalls im Zusammenhang mit der rechtskräftig gewordenen Nachforderung der Vorsteuer für
die Steuerperioden vom 3. bzw. 4. Quartal 1998 bis 2. Quartal 2001 bzw. der verweigerten Steuervergütung
im entsprechenden Betrag zu bejahen ist.
6.2. Das in Art. 9
der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV,
SR 101) enthaltene Gebot von Treu und Glauben gilt nach Rechtsprechung
und Lehre auch im Verwaltungsrecht und gibt dem Bürger einen Anspruch auf Schutz des berechtigten
Vertrauens, das er in behördliche Zusicherungen und sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes
Verhalten der Behörden setzt. Es müssen indessen verschiedene Voraussetzungen kumulativ erfüllt
sein, damit sich der Private mit Erfolg auf Treu und Glauben berufen kann. So ist eine unrichtige Auskunft
einer Verwaltungsbehörde nur bindend, wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug
auf bestimmte Personen gehandelt hat, wenn sie dabei für die Erteilung der betreffenden Auskunft
zuständig war oder wenn der Bürger die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig
betrachten durfte, wenn gleichzeitig der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres
erkennen konnte und wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat,
die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können sowie wenn die gesetzliche Ordnung
seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat. Zudem muss das private Interesse am Vertrauensschutz
das öffentliche Interesse an der richtigen Rechtsanwendung überwiegen, damit die Berufung auf
Treu und Glauben durchdringen kann (BGE
129 I 161 E. 4.1,
126 II 377 E. 3a,
125 I 267 E. 4c f.; Urteile
des Bundesverwaltungsgerichts
A-1377/2006 vom 20. März 2007 E. 2.4 sowie
A-1366/2006 vom 28. Februar
2007 E. 2.3; Arthur Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 220 f.; Ulrich
Häfelin / Georg Müller / Felix Uhlmann, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zürich
2006, Rz. 622 ff.; Max Imboden / René A. Rhinow / Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Basel/Frankfurt am Main 1990, Nr. 74 und Nr. 75 Bd. III/b/2; Beatrice Weber-Dürler, Vertrauensschutz
im Öffentlichen Recht, Basel/Frankfurt am Main 1983, S. 79 ff., 128 ff.).
6.3. Gemäss
Rechtsprechung ist die EA (bzw. Gutschrift) keine Verfügung im Sinne von Art. 5
VwVG. Sie kann zugunsten
oder zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, soweit sie nicht Gegenstand eines rechtskräftigen
Entscheids bildet und die Verjährung nicht eingetreten ist (Urteile des Bundesgerichts
2A.339/2003
vom 18. Februar 2004 E. 4.2, mit Hinweisen;
2A.75/2002 vom 9. August 2002 E. 5.2 und 5.3; Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts
A-1366/2006, a.a.O., E. 2.2; Entscheid der SRK vom 17. Juli 2001, veröffentlicht
in
VPB 66.43 E. 3a, mit Hinweisen).
6.4. Im Bereich des Mehrwertsteuerrechts, welches durch das
Selbstveranlagungsprinzip gekennzeichnet ist, besteht keine allgemeine Pflicht der ESTV zur Aufklärung,
Information oder gar Beratung (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-1358/2006 vom 1. Februar 2007 E.
3.3; Entscheid der SRK vom 6. Oktober 2003, veröffentlicht in
VPB 68.57 E. 7c; vgl. auch Entscheid
der Eidgenössischen Zollrekurskommission vom 2. Oktober 1995, veröffentlicht in ASA 65 S. 412
E. 3c). Es obliegt vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst, sich über seine gesetzlichen Verpflichtungen
zu informieren (Entscheid der SRK vom 6. Oktober 2003, a.a.O., E. 7c). Dies schliesst selbstredend auch
allfällige Verfahrenspflichten oder -obliegenheiten ein und gilt für ausländische Steuerpflichtige
gleichermassen wie für inländische. Es bleibt dem ausländischen Unternehmer unbenommen,
sich durch eine inländische Person vertreten zu lassen. Selbstverständlich ist demgegenüber
auch die ESTV verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, was im konkreten Einzelfall zwar
erfordern kann, dass die Verwaltung den Steuerpflichtigen auf - diesem nicht bewusst werdende - steuerliche
Folgen von Sachverhalten hinweist. Hierzu bedarf es aber seitens der ESTV hinreichender Kenntnis über
diese konkreten Sachverhalte.
6.5. Den Akten kann entnommen werden, dass anfänglich Unklarheiten
betreffend die Tätigkeit der Zweigniederlassung und die Behandlung der Vorsteuerüberschüsse
herrschten. Diese konnten auch durch Telefonate und Schreiben nicht ohne weiteres beseitigt werden. Zugleich
mangelte es zunächst an hinlänglichen Unterlagen seitens der Steuerpflichtigen. Die ESTV bezahlte
die Überschüsse - entsprechend dem Selbstveranlagungsprinzip - zwar fürs erste an die
Zweigniederlassung aus, forderte die geltend gemachten Vorsteuern jedoch mit EA Nr. ... vom 7. August
2001 wieder nach. Im daraufhin ergangenen Entscheid vom 17. Dezember 2001 wies die Verwaltung dann wohl
(fälschlicherweise) auf die Möglichkeit der Vergütung der Einfuhrsteuer an den Hauptsitz
hin. Dem entsprechenden Gesuch wurde mit der Gutschrift Nr. ... vom 6. Juni 2002 zunächst auch entsprochen.
In der Folge machte die ESTV die Vergütung mit EA Nr. ... vom 9. Dezember 2002 indes ebenfalls wieder
rückgängig.
Mit der fraglichen Gutschrift war die Vergütung an den Hauptsitz nicht
rechtskräftig festgelegt (E. 6.3). Demzufolge konnte die Vorinstanz in casu ohne Weiteres darauf
zurückkommen. Dass die ESTV die Erstattung zunächst gewährt hat, kann unter diesen Umständen
nicht als vertrauensbegründende Zustimmung angesehen werden. Die Beschwerdeführerin durfte
sich somit nicht darauf verlassen, die Einfuhrsteuer zumindest im Rahmen des Vergütungsverfahren
geltend machen zu können. Vielmehr hat sie es selber zu vertreten, dass sie in der Folge den Einspracheentscheid
vom 11. Dezember 2002 betreffend die Berechtigung der Zweigniederlassung zum Vorsteuerabzug der Einfuhrsteuer
in Rechtskraft hat erwachsen lassen und eine weitere Überprüfung diesbezüglich verunmöglichte.
6.6.
Hinsichtlich des falschen Hinweises im Entscheid vom 17. Dezember 2001 betreffend die Berechtigung der
Vergütung der Einfuhrsteuer an den Hauptsitz ist im Übrigen anzumerken, dass sich die Beschwerdeführerin
ohnehin nur auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen könnte, wenn sie im Vertrauen auf die
Richtigkeit der steuerlichen Beurteilung ihrer Tätigkeit durch die ESTV Dispositionen getroffen
oder unterlassen hätte, die sie nicht oder jedenfalls nicht ohne Schaden rückgängig machen
oder nachholen könnte. Das Fehlverhalten der Verwaltung müsste folglich für ihre nachteilige
Disposition kausal gewesen sein (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 686 f.). An dieser Kausalität
mangelt es im vorliegenden Fall. Der Hinweis der ESTV erfolgte am 17. Dezember 2001. Die Beschwerdeführerin
kann folglich gestützt darauf überhaupt nicht unterlassen haben, die Einfuhrsteuer der zurückliegenden
Zeit vom 1. Juli bzw. 1. Oktober 1998 bis 30. Juni 2001 zu überwälzen. Auch hat die Beschwerdeführerin
die Art und Weise der Geschäftsabwicklung im Verhältnis zwischen Hauptsitz und ausländischen
Banken sowie zwischen Zweigniederlassung und Hauptsitz schon zu Beginn der Steuerpflicht der Zweigniederlassung
per 3. Quartal 1998 gewählt und unverändert weitergeführt. Insofern ist das später
eingetretene Versehen der ESTV unter keinen Umständen kausal für den behaupteten Nachteil der
Beschwerdeführerin.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich vorliegend, die weiteren kumulativen
Voraussetzungen des Vertrauensschutzes zu prüfen.
7. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im
Sinne der Erwägungen teilweise gutzuheissen (E. 5), soweit darauf einzutreten ist, im Übrigen
jedoch abzuweisen. Die Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem BVGer in Höhe von
Fr. 3'500.-- sind verhältnismässig zu reduzieren (vgl. Art. 63 Abs. 1
Satz 2
VwVG) und der
Beschwerdeführerin im Umfang von Fr. 2'000.-- aufzuerlegen. Die Beschwerdeinstanz hat im Dispositiv
den Kostenvorschuss mit den Verfahrenskosten zu verrechnen und den Überschuss (Fr. 1'500.--) zurückzuerstatten.
Der ESTV sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 2
VwVG). Die Vorinstanz hat der teilweise
obsiegenden Beschwerdeführerin gemäss Art. 64 Abs. 1
VwVG eine reduzierte Parteientschädigung
auszurichten, welche in Anwendung von Art. 7 ff
. des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten
und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE,
SR 173.320.2) auf Fr. 2'000.-- festgesetzt
wird.
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird im Sinne der
Erwägungen teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird, im Übrigen jedoch abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 3'500.-- werden der Beschwerdeführerin im Umfang von Fr.
2'000.-- auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'500.-- verrechnet. Der Überschuss
(Fr. 1'500.--) wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Entscheids
zurückerstattet.
3. Der Eidgenössischen Steuerverwaltung werden keine Kosten auferlegt.
4.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine reduzierte
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'000.-- auszurichten.
5. Dieses Urteil wird eröffnet:
-
der Beschwerdeführerin (mit Gerichtsurkunde)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. 454 321/0066/WES) (mit
Gerichtsurkunde)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel
Riedo Jeannine Müller
Rechtsmittelbelehrung:
Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
können innert 30 Tagen seit Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne angefochten
werden. Die Beschwerde ist unzulässig gegen Entscheide über die Stundung oder den Erlass von
Abgaben. Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung
mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Sie muss spätestens am letzten Tag
der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen
diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (vgl. Art. 42
, 48
, 54
, 82
, 83
Bst.
m sowie Art. 100
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz,
BGG,
SR 173.110]).
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