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Abteilung I

A-128/2017

 

 

 

 

 

Urteil vom 29. März 2018

Besetzung

 

Richterin Marianne Ryter (Vorsitz),

Richterin Salome Zimmermann, Richter Michael Beusch,  

Gerichtsschreiberin Tanja Petrik-Haltiner.

 

 

 

Parteien

 

NetAP - Network for Animal Protection,
Vogelsangstrasse 32,
8133 Esslingen, 

vertreten durch Dr. iur. Bruno Mascello, Rechtsanwalt, Mascello Legal, Vogelsangstrasse 32, 8133 Esslingen,

Beschwerdeführerin,

 

 

 

gegen

 

 

Oberzolldirektion (OZD),
Hauptabteilung Verfahren und Betrieb,
Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,  

Vorinstanz.

 

 

 

 

Gegenstand

 

Zollbefreiung für Ausland-Materiallieferungen.

 

 

 


Sachverhalt:

A. 
Die Tierschutzorganisation Network for Animal Protection (NetAP) stellte bei der Zollkreisdirektion Schaffhausen (ZKD) mit E-Mails vom 4. und 5. Juli 2016 ein Gesuch um Abgabenbefreiung für Hilfsgüter unter Beilage einer entsprechenden Spendenbescheinigung. Die ZKD teilte ihr am 13. Juli 2016 mit, dass die fragliche Ware die Voraussetzungen für eine abgabebefreite Einfuhr nicht erfülle. Gleichentags informierte die NetAP die ZKD ausführlicher und bat sie um erneute Prüfung ihres Gesuchs. In der Folge verlangte die ZKD von der NetAP die Verfügung des kantonalen Steueramts über die Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Tätigkeit, welche ihr die NetAP umgehend zukommen liess.

Mit E-Mail vom 11. August 2016 erklärte die ZKD, ihren Entscheid nicht in Wiedererwägung zu ziehen, woraufhin die NetAP um eine entsprechende schriftliche Begründung ersuchte. Am 17. August 2016 verfügte die ZKD die Ablehnung des Gesuchs.

B. 
In der Folge reichte die NetAP bei der Oberzolldirektion (OZD) mit Eingabe vom 31. August 2016 Beschwerde gegen die vorgenannte Verfügung der ZKD ein und beantragte deren Aufhebung und die Gewährung der Zollbefreiung für Ausland-Materiallieferungen. Die OZD wies diese Beschwerde mit Entscheid vom 15. Dezember 2016 ab.

C. 
Die Tierschutzorganisation NetAP (nachfolgend: Beschwerdeführerin) erhebt mit Eingabe vom 6. Januar 2017 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht und beantragt, der Entscheid der OZD (nachfolgend:
Vorinstanz) vom 15. Dezember 2016 sei aufzuheben und es sei ihr die Abgabenbefreiung für Ausland-Materiallieferungen zu gewähren, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

D. 
Mit Vernehmlassung vom 27. Februar 2017 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin und verweist im Grundsatz auf ihre Erwägungen im angefochtenen Entscheid.

 

E. 
Auf weitere Vorbringen der Parteien und eingereichte Dokumente wird - sofern entscheidrelevant - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.   

1.1  Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG, SR 172.021), sofern - wie vorliegend - keine Ausnahme nach Art. 32 des Verwaltungsgerichtsgesetzes (VGG, SR 173.32) gegeben ist (Art. 31 VGG). Die OZD ist eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Art. 33 Bst. d VGG und auch Art. 116 Abs. 4 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 [ZG, SR 631.0]). Dieses ist daher für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 2 Abs. 4 VwVG).

1.2  Die Beschwerdeführerin ist Adressatin des angefochtenen Entscheids und damit zur Beschwerdeerhebung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG).

1.3  Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist demnach einzutreten (vgl. Art. 50 Abs. 1 VwVG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

2. 
Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Beschwerdeentscheid in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG). Im Beschwerdeverfahren gelten die Untersuchungsmaxime, wonach der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist, und der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 4 VwVG; statt vieler Urteil des BVGer A-6226/2016 vom 22. Februar 2018 E. 1.5 mit Hinweisen). Letzterer verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht, auf den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgestellten Sachverhalt jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als zutreffend erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 119 V 347 E. 1a und Urteil des BVGer A-7614/2016 vom 17. Januar 2018 E. 1.5, je mit Hinweisen).

3. 
Waren, die ins schweizerische Zollgebiet verbracht werden, sind grundsätzlich zollpflichtig und müssen nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) veranlagt werden (Art. 7 Abs. 1 ZG). Sie unterliegen zudem prinzipiell der Einfuhrsteuer nach Art. 50 ff. des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20).

Gewisse Waren sind jedoch gesetzlich zollbefreit (Art. 8 Abs. 1 ZG), während weitere vom Bundesrat für zollfrei erklärt werden können (Art. 8 Abs. 2 ZG). So kann der Bundesrat insbesondere Waren für gemeinnützige Organisationen, Hilfswerke oder bedürftige Personen für zollfrei erklären (Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG; diese sind sodann gemäss Art. 53 Abs. 1 Bst. d MWSTG auch mehrwertsteuerbefreit). Von dieser Kompetenz hat er mit Erlass von Art. 17 der Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01) Gebrauch gemacht. Dessen Abs. 1 bestimmt, dass Waren, die für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen nach Artikel 2 Absatz 1 des Zuständigkeitsgesetzes vom 24. Juni 1977 (ZUG, SR 851.1) gespendet werden, zollfrei sind.

3.1  Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin als gemeinnützige Organisation zu qualifizieren ist unter Anlehnung an die sich in Art. 3 Bst. j MWSTG befindliche Legaldefinition, welche auf die materiellen Voraussetzungen von Art. 56 Bst. g des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) verweist. Die Befreiung von der Erhebung direkter Steuern durch die kantonale Steuerverwaltung wurde entsprechend belegt (vgl. vorne Sachverhalt Bst. A). Ebenfalls nachgewiesen und unbestritten ist, dass die fraglichen Waren gespendet wurden und das Gesuch um Zollbefreiung vor der Einfuhr bei der Zollkreisdirektion eingereicht wurde (vgl. Art. 17 Abs. 3 ZV).

Die Vorinstanz kommt in den Erwägungen des angefochtenen Entscheids jedoch zum Schluss, dass die Zollbefreiung nur für Waren gelte, welche für Not leidende Personen als Endempfänger gespendet würden. Als bedürftig gelte, wer für seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen könne (Art.17 Abs. 1 ZV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 ZUG). Die Haltung von Haustieren gehöre nicht zu diesem Grundbedarf. Sie stützt diese Ansicht auf Art. 16 Abs. 1 aZV (vom 10. Juli 1926, aufgehoben per 1. Mai 2007, AS 1973 651), nach dessen Wortlaut die Spenden explizit an Personen zu leisten seien und Tiere nicht erwähnt würden. Mit der Zollgesetzrevision sei keine Praxisänderung verbunden worden. Da in verschiedenen Bereichen international weitgehende Übereinstimmung über die als zollfrei zu erklärenden Waren bestünde, worauf das Gesetz allgemein mit der Wendung "auf Grund internationaler Gepflogenheiten" hinweise, zieht sie weiter die deutsche Zollbefreiungsverordnung zu Rate, gemäss welcher eindeutig nur Personen als Endempfänger gälten.

Die Beschwerdeführerin bemängelt die vorinstanzliche Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG i.V.m. Art. 17 Abs. 1 ZV. Sie macht geltend, die Vorinstanz vermische die in vorgenannten Bestimmungen erwähnten Adressaten fälschlicherweise bzw. verwende den gesetzlichen Begriff der bedürftigen Person als Oberbegriff und schaffe so unzulässigerweise eine kumulativ zu erfüllende Voraussetzung für eine Abgabenbefreiung.

Nachfolgend ist demnach in Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG i.V.m. Art. 17 Abs. 1 ZV zu ermitteln, ob die Beschwerdeführerin für die strittigen Güter - von den Parteien als "Ausland-Materiallieferungen" - bezeichnet, Anspruch auf Zollbefreiung hat.

3.2  Das Gesetz ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, d.h. nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 143 IV 49 E. 1.4.1 mit Hinweisen, zit. in Urteil des BVGer A-6377/2016 vom 14. Februar 2018 E. 2.3.1).

3.2.1  Für zollfrei erklären kann der Bundesrat nach Art. 8 Abs. 1 Bst. d ZG Waren für gemeinnützige Organisationen, Hilfswerke oder bedürftige Personen, während Art. 17 Abs. 1 ZV in diesem Zusammenhang ausführt, dass Waren, die für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen nach Art. 2 Abs. 1 ZUG gespendet werden, zollbefreit sind (vgl. auch vorne E. 3).

Die Konjunktion "und" verbindet nebenordnend einzelne Wörter, Satzteile und Sätze, kennzeichnet also eine Aufzählung, während "oder" mehrere Möglichkeiten, die zur Wahl stehen, verbindet (Renate Wahrig-Burfeind, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. Gütersloh/München 2011 und Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim 2007, je Stichworte "und" sowie "oder").

Die konkrete Verwendung dieser Bindewörter durch den Gesetz- und Verordnungsgeber weist daraufhin, dass es sich bei den strittigen Begriffen der gemeinnützigen Organisation und der bedürftigen Person um zwei unterschiedliche, gleichgeordnete und alternative Kategorien von Empfängern handelt. Dies bedeutet, dass der seitens der Vorinstanz zur Entscheidbegründung herangezogene Begriff der bedürftigen Person nach Art. 2 Abs. 1 ZUG nicht im Sinne einer kumulativen Voraussetzung zur Gewährung einer Zollbefreiung zu verwenden ist. Sofern also zu bejahen ist, dass es sich bei der Adressatin der Warenspende um eine gemeinnützige Organisation handelt, kann es nicht zusätzlich von Bedeutung sein, ob die Destinatärin der Spende eine bedürftige Person im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZUG und damit eine natürliche Person ist. Schliesslich sollen nach dem Willen des Gesetzgebers zum einen die Einfuhr von Gütern, die an bedürftige, natürliche Personen, zum anderen jedoch auch diejenige an juristische Personen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, erleichtert werden.

3.2.2  Eine andere Interpretation würde dem Zweck der Zollbefreiung nach Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG zuwiderlaufen bzw. diese zweckwidrig einschränken, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

Auch wenn die direkten Steuern, welche im Inland erhoben werden, nicht mit der Einfuhrsteuer, welche bei Grenzübertritt der Ware erhoben wird, gleichzusetzen sind, erscheint es mit Bezug auf letzteren Aspekt des gemeinnützigen Zwecks sachgerecht, mit der Vorinstanz mangels entsprechender Definition im Zollrecht auf die Gesetzgebung zur Einfuhrsteuer abzustellen, welche diesbezüglich in materiellrechtlicher Hinsicht auf die Regelung betreffend die direkten Steuern verweist (vgl. Art. 3 Bst. j MWSTG und auch vorne E. 3.1). Demnach gilt eine Organisation als gemeinnützig im Sinne des MWSTG, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, welche gemäss Art. 56 Bst. g DBG für die direkte Bundessteuer gelten: Die betreffende juristische Person muss also öffentliche oder gemeinnützige, nicht-unternehmerische Zwecke verfolgen. Darunter sind gemäss der einschlägigen Botschaft auch die Förderung der beruflichen Ausbildung oder die Erfüllung von wohltätigen und kulturellen Aufgaben sowie solchen des Umweltschutzes zu verstehen (bundesrätliche Botschaft vom 25. Mai 1983 zu den Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer, BBl 1983 III 1 ff., 109). Grundlegend für eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit ist die Verfolgung des Allgemeininteresses. Als im Gemeinwohl liegend erscheint dabei neben der Förderung der Menschenrechte auch der Heimat-, Natur- und Tierschutz (vgl. in diesem Sinne etwa Kreisschreiben Nr. 12 der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV] vom 8. Juli 1994 zu Art. 56 Bst. g DBG, S. 2 Ziff. II. 3. Bst. a). Ob eine bestimmte Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegt, beurteilt sich nach der jeweils massgebenden Volksauffassung, wobei die verfassungsrechtlich und gesetzlich verankerten rechtsethischen Prinzipien wichtige Erkenntnisquellen bilden (Kreisschreiben Nr. 12 der ESTV vom 8. Juli 1994 zu Art. 56 Bst. g DBG, S. 3 Ziff. II. 3. Bst. a). Die Verfassung bezeichnet eine Vielfalt von förderungswürdigen Zielen, darunter auch den Tierschutz (Art. 80 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]; allgemein zu solchen Zielen vgl. z.B. Art. 41 BV betreffend Sozialziele, Art. 61a ff. BV betreffend Ziele im Bereich der Bildung, Forschung und Kultur, Art. 73-80 BV betreffend Umwelt-, Natur-, Heimat- und Tierschutz und Art. 108 BV betreffend Wohnbau- und Wohneigentumsförderung).

Die Einfuhr von zur Verfolgung gemeinnütziger Zwecke gespendeter Waren würde bei konsequenter Anwendung der vorinstanzlichen Begründung nicht mehr zollbefreit sein, wenn davon nicht letztlich bedürftige Personen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZUG profitieren würden. Dies würde sowohl dem Zweck des fraglichen Gesetzesartikels als auch der Verfassung entgegenstehen, indem es den Kreis der Destinatäre und damit letztlich den soeben skizzierten, vielseitigen Begriff des gemeinnützigen Zwecks unnötig einschränken würde.

3.2.3  Daran ändert auch die historisch untermauerte Argumentation der Vorinstanz nichts, wonach der mit "Geschenke für Bedürftige und Geschädigte; (...)" betitelte Art. 16 aZV, welcher in Wiederholung des Wortlauts von Art. 14 Ziff. 11 aZG (vom 1. Oktober 1925, aufgehoben per 1. Mai 2007, AS 42 287) in Abs. 1 Waren, die vom Ausland her Bedürftigen oder durch aussergewöhnliche Ereignisse Geschädigten oder Hilfswerken für solche Personen gespendet werden, für zollfrei erklärt, Tiere unerwähnt lasse.

Nach geltendem Recht haben nämlich als zusätzliche Empfängerkategorie auch die gemeinnützigen Organisationen Eingang in die gesetzlichen Grundlagen zur Zollbefreiung gefunden (vgl. vorne E. 3. und E. 3.2.1). Dementsprechend trägt Art. 17 ZV abweichend von Art. 16 aZV den Titel "Für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen gespendete Waren". Art. 14 Ziff. 11 aZG und Art. 16 Abs. 1 aZV wurden demnach nicht bloss umstrukturiert und -numiert, sondern auch inhaltlich ergänzt und insofern ist eine Änderung der rechtlichen Grundlagen erfolgt. Damit wurde auch der - im Vergleich zu den Zeitpunkten des Erlasses der Zollgesetzgebung (1925/26) und der Inkraftsetzung der vorgenannten, mittlerweile seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geltenden, vorgenannten Artikel (1973) - veränderten Volksauffassung Rechnung getragen. Dieses gerade auch im Zusammenhang mit der vorliegenden Frage erweiterte rechtsethische Bewusstsein findet nicht nur in der Verfassung (vgl. dazu vorangehende E. 3.2.2), sondern auch in einer umfassenden Tierschutzgesetzgebung Ausdruck. So bezweckt das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG, SR 455), die Würde und das Wohlergehen von Tieren zu schützen (Art. 1; vgl. auch Art. 641a Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210], welcher anlässlich der Änderung vom 4. Oktober 2002 [Grundsatzartikel Tiere] per 1. April 2003 in Kraft gesetzt wurde und wonach Tiere in zivilrechtlicher Hinsicht nicht mehr als Sachen gelten).

Die seitens der Vorinstanz zitierte Passage aus der Botschaft des Bundesrats zum neuen Zollgesetz, wonach mit dem Erlass von Art. 8 ZG keine Praxisänderung verbunden sei, bezieht sich auf die Gesetzessystematik der absoluten und relativen Zollbefreiungsgründe als solche (vgl. dazu Art. 8 Abs. 1 und 2 ZG und vorne E. 3 sowie ausführlich Heinz Schreier in: Kommentar zum ZG, 2009, Art. 8 Rz. 3 ff.), welche beibehalten wurde. Es wurde auf den Erlass einer Generalklausel verzichtet zugunsten einer Regelung, die zwar auf Gesetzesstufe genügend konkret ausfällt, aber dennoch dem Verordnungsgeber Raum für Ergänzung lässt (vgl. bundesrätliche Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz, BBl 2004 567 ff., 596 zu Art. 8 ZG). Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass sich der von der Vorinstanz erwähnte Abschnitt aus der Botschaft, wonach international weitgehend Übereinstimmung über die als zollfrei zu erklärenden Waren besteht, was sich in der gesetzlichen Formulierung "auf Grund internationaler Gepflogenheiten" zeige (vgl. BBl 2004 567 ff., 596 zu Art. 8 ZG), einzig auf Art. 8 Abs. 2 Bst. a ZG bezieht und somit im vorliegenden Zusammenhang nicht bedeutsam ist. Damit erübrigen sich Ausführungen zu ausländischen Gesetzgebungen im Bereich der Zollbefreiung, insbesondere auch solche zur deutschen Zollbefreiungsverordnung, auf welche die Vorinstanz hinweist (vgl. vorne E. 3.1).

3.3  Dass die fraglichen Waren gespendet wurden und es sich bei der Beschwerdeführerin um eine anerkannte gemeinnützige Organisation handelt, ist - wie erwähnt - unbestritten (vgl. vorne E. 3.1 und auch die rechtskräftige Verfügung des kantonalen Steueramts Zürich vom 30. September 2008 über die Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Tätigkeit, welche in Anwendung von § 61 Bst. g des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 [LS 631.1] und Art. 56 Bst. g DBG ergangen ist).

Damit sind unter Hinweis auf die vorangehenden Ausführungen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zollbefreiung nach Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG i.V.m. Art. 17 ZV erfüllt und die Beschwerde ist vollumfänglich gutzuheissen. Der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben und der Beschwerdeführerin ist mit Bezug auf die fraglichen Waren die Zollbefreiung für Ausland-Materiallieferungen im Sinne der Erwägungen zu gewähren.

4.   

4.1  Als obsiegende Partei hat die Beschwerdeführerin keine Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Dementsprechend ist ihr der einbezahlte Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückzuerstatten. Der Vorinstanz werden als Bundesbehörde keine Verfahrenskosten auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG).

Für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren hätten der Beschwerdeführerin demzufolge keine Verfahrenskosten auferlegt werden dürfen, weshalb ihr auch der im vorinstanzlichen Verfahren geleistete Kostenvorschuss zurückzuerstatten ist.

4.2  Grundsätzlich zu entschädigen ist, wenn ein Anwalt zugleich Organ einer juristischen Person ist und für diese handelt; dies zumindest dann, wenn die anwaltliche Tätigkeit des Prozessvertreters im Vordergrund steht und nicht seine Funktion als Verwaltungsrat oder gar als ehrenamtliches Vorstandsmitglied (Moser et al., Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 4.77 mit Hinweisen). Dementsprechend hat die obsiegende, anwaltlich durch eines ihrer Vorstandsmitglieder vertretene Beschwerdeführerin gemäss Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG in Verbindung mit Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) Anspruch auf eine Parteientschädigung zulasten der Vor-instanz. Diese Entschädigung wird für das vorinstanzliche und das Beschwerdeverfahren mangels Kostennote aufgrund der Akten ermessensweise auf Fr. 1'500.- (inkl. Auslagen) festgesetzt (Art. 14 Abs. 2 VGKE).

 

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der vorinstanzliche Entscheid vom 15. Dezember 2016 aufgehoben und der Beschwerdeführerin im Sinne der Erwägungen die Zollbefreiung gewährt.

2. 
Die Zollkreisdirektion Schaffhausen wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin den im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren eingeforderten Kostenvorschuss von Fr. 400.- zurückzuerstatten.

3. 
Es werden keine Kosten erhoben. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- wird ihr nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

4. 
Die Vorinstanz wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin für das vorliegende und das vorinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.- zu bezahlen.

5. 
Dieses Urteil geht an:

-        die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

-        die Vorinstanz (Ref-Nr. 314.7-2-2016-200-0001; Gerichtsurkunde)

 

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.


Die vorsitzende Richterin:

Die Gerichtsschreiberin:

 

 

Marianne Ryter

Tanja Petrik-Haltiner

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

 

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