Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie (AOMS). Finanziamento
delle cure. Tariffe per le prestazioni accessorie fornite da una casa di cura. Sentenza di principio.
Aus den Erwägungen:
4.
Nachfolgend sind die rechtlichen Grundlagen für die Beurteilung der Streitsache aufzuzeigen.
4.1
(...) Massgebend sind vorliegend somit die am 1. Januar 2011 (Zeitpunkt, ab welchem der
umstrittene Tarif Geltung haben soll) in Kraft stehenden materiellen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen,
auf welche im Folgenden soweit nicht anders vermerkt Bezug genommen wird (vgl. Urteil
des BVGer C 6460/2011 vom 24. Juni 2014 E. 3.2 m.w.H.). Dementsprechend sind insbesondere
die Normen, wie sie im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung mit Wirkung ab 1. Januar 2011
geschaffen beziehungsweise angepasst wurden, massgebend. (...)
4.2
Die OKP übernimmt die Kosten für die Leistungen gemäss den Art. 25 31
nach Massgabe der in den Art. 32 34 festgelegten Voraussetzungen (Art. 24 KVG,
SR 832.10). Der Bundesrat kann unter anderem die von Ärzten und Ärztinnen oder von Chiropraktoren
und Chiropraktorinnen erbrachten Leistungen bezeichnen, deren Kosten von der OKP nicht oder nur
unter bestimmten Bedingungen übernommen werden (Art. 33 Abs. 1 KVG). Er bezeichnet die
nicht von Ärzten und Ärztinnen oder von Chiropraktoren und Chiropraktorinnen erbrachten Leistungen
nach Art. 25 Abs. 2 sowie die Leistungen nach den Art. 26, 29 Abs. 2 Bst. a
und c und 31 Abs. 1 KVG näher (Art. 33 Abs. 2 KVG). Er kann diese Aufgaben dem Departement
oder dem Bundesamt übertragen (Art. 33 Abs. 5 KVG). Die Versicherer dürfen im Rahmen
der OKP keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach den Art. 25 33 KVG
übernehmen (Art. 34 Abs. 1 KVG).
4.3
4.3.1
Gemäss Art. 43 KVG erstellen die Leistungserbringer ihre Rechnungen nach Tarifen oder
Preisen (Abs. 1). Der Tarif ist eine Grundlage für die Berechnung der Vergütung; er kann
namentlich auf den benötigten Zeitaufwand abstellen (Zeittarif [Abs. 2 Bst. a]), für
die einzelnen Leistungen Taxpunkte festlegen und den Taxpunktwert bestimmen (Einzelleistungstarif
[Abs. 2 Bst. b]), pauschale Vergütungen vorsehen (Pauschaltarif [Abs. 2 Bst. c]).
Der Pauschaltarif kann sich auf die Behandlung je Patient oder Patientin (Patientenpauschale) oder auf
die Versorgung je Versichertengruppe (Versichertenpauschale) beziehen. Versichertenpauschalen können
prospektiv aufgrund der in der Vergangenheit erbrachten Leistungen und der zu erwartenden Bedürfnisse
festgesetzt werden (prospektives Globalbudget [Abs. 3]). Einzelleistungstarife müssen auf einer
gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen. Können sich die Tarifpartner
nicht einigen, so legt der Bundesrat diese Tarifstruktur fest (Abs. 5). Die Aufzählung der
Tarifgestaltungsmöglichkeiten in Abs. 2 und 3 ist nicht abschliessend. Die Tarifverantwortlichen
verfügen diesbezüglich über einen grossen Ermessensspielraum (vgl. Gebhard
Eugster, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl.
2007, Rz. 838 S. 678, nachfolgend: SBVR; Gebhard Eugster, Rechtsprechung
des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht [KVG], 2010, Art. 43 N. 3, nachfolgend: KVG-Kommentar).
4.3.2
Tarife und Preise werden in Verträgen zwischen Versicherern und Leistungserbringern (Tarifvertrag)
vereinbart oder in den vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt
(Art. 43 Abs. 4 Satz 1 KVG).
4.3.3
Gemäss Art. 41 Abs. 1 KVG können die Versicherten für die ambulante Behandlung
unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind,
frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten höchstens nach dem Tarif, der am Wohn-
oder Arbeitsort der versicherten Person oder in deren Umgebung gilt. Art. 41 Abs. 1 KVG setzt
voraus, dass zwischen allen zugelassenen Leistungserbringern und allen zur Durchführung der OKP
befugten Einrichtungen Tarife vorhanden sind (vgl. BGE 131 V 133 E. 9.3). Dabei gilt für
das ganze KVG der Grundsatz, dass kein Leistungserbringer, soweit eine Tarifschutzpflicht besteht, Tarife
und Preise frei bestimmen kann (vgl. Eugster, SBVR, a.a.O., Rz. 838
S. 678). Im Rahmen der Tätigkeit für die soziale Krankenversicherung ist es den Leistungserbringern
auch nicht gestattet, mit den Versicherten über die vertraglichen oder behördlichen Tarife
hinausgehende Leistungen zu vereinbaren. Der Tarifschutz ist schliesslich auch im vertragslosen Zustand
zu respektieren. An den Tarifschutz müssen sich alle Leistungserbringer halten (vgl. BGE 131 V 133
E. 6). Wenn die Leistungserbringer, die Versicherer und die staatlichen Organe die ihnen vom Gesetz
zugeordneten Aufgaben nicht wahrnehmen und es deswegen an einem Tarif (oder Preis) für eine bestimmte
Leistung fehlt, darf dies somit nicht dazu führen, dass die Versicherten
den ihnen vom Gesetz garantierten Tarifschutz verlieren und die dort verankerten Ansprüche gegenüber
Leistungserbringern und Krankenversicherern nicht durchsetzen können (vgl. BGE 131 V 133 E. 9.2).
4.3.4
Wie bereits aus Art. 43 KVG ersichtlich wird, kennt das KVG weder eine einheitliche Vergütungsform
(singuläres Tarifsystem oder Preis) noch einen einheitlichen Mechanismus, mit welchem die Tarife
und Preise für OKP-Leistungen bestimmt werden. Vielmehr sieht das KVG in Titel 2 / Kap. 4 /
Abschn. 4 (Tarife und Preise; Art. 43 53 KVG) grundsätzlich vier Regelmechanismen
vor: die Tarifbestimmung mittels behördlich genehmigten Tarifverträgen beziehungsweise durch
subsidiäre hoheitliche Tariffestsetzung gemäss Art. 46 49a
KVG (vgl. E. 4.3.5 und 6.6), die Festsetzung der von den Versicherern an die Pflegeleistungen zu
leistenden Beiträge durch das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) gemäss Art. 50
KVG (i.V.m. Art. 25a KVG und Art. 33 Bst. i KVV [SR 832.102];
vgl. E. 4.3.6), die Festsetzung eines Globalbudgets durch den Kanton gemäss Art. 51 KVG
(vgl. E. 6.4.7) und die Festsetzung von Tarifen beziehungsweise Preisen für Analysen und Arzneimittel,
Mittel und Gegenstände durch das EDI beziehungsweise das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nach
Art. 52 f. KVG (vgl. E. 6.5).
4.3.5
Gemäss Art. 46 KVG sind Parteien eines Tarifvertrags einzelne oder mehrere Leistungserbringer
oder deren Verbände einerseits sowie einzelne oder mehrere Versicherer oder deren Verbände
anderseits (Abs. 1). Ist ein Verband Vertragspartei, so ist der Tarifvertrag für die Mitglieder
des Verbandes nur verbindlich, wenn sie dem Vertrag beigetreten sind. Auch Nichtmitglieder, die
im Vertragsgebiet tätig sind, können dem Vertrag beitreten. Der Vertrag kann vorsehen, dass
diese einen angemessenen Beitrag an die Unkosten des Vertragsabschlusses und der Durchführung leisten
müssen. Er regelt die Art und Weise der Beitritts- sowie der Rücktrittserklärung und ihre
Bekanntgabe (Abs. 2). Der Tarifvertrag bedarf der Genehmigung durch die zuständige Kantonsregierung
oder, wenn er in der ganzen Schweiz gelten soll, durch den Bundesrat. Die Genehmigungsbehörde prüft,
ob der Tarifvertrag mit dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit in Einklang steht
(Abs. 4).
Kommt zwischen Leistungserbringern und Versicherern kein Tarifvertrag zustande
(sogenannter vertragsloser Zustand), so setzt die Kantonsregierung nach Anhören der Beteiligten
den Tarif fest (Art. 47 Abs. 1 KVG). Voraussetzung für die Zuständigkeit der Kantonsregierung
zu einer solchen hoheitlichen Tariffestsetzung ist abgesehen davon, dass die entsprechende Vergütung
überhaupt in ihren sachlichen Zuständigkeitsbereich fällt ein Scheitern
der Vertragsverhandlungen zwischen Versicherer und Leistungserbringer. Als gescheitert im Sinne
von Art. 47 Abs. 1 KVG können Vertragsverhandlungen (nur) dann bezeichnet werden, wenn
vorgängig ernsthafte Vertragsverhandlungen geführt worden sind oder zumindest eine Verhandlungsgelegenheit
vorhanden gewesen ist. Die Vorinstanz hat dies als Eintretensvoraussetzung zu prüfen. Diesbezüglich
kommt ihr ein beachtlicher Ermessensspielraum zu (vgl. BVGE 2014/17 E. 11.1; Urteil des BVGer
C 8011/2009 vom 28. Juli 2011 E. 1.4; Thomas Bernhard Brumann,
Der Tarifvertrag im Krankenversicherungsrecht, in: Jahrbuch zum Sozialversicherungsrecht 2012,
S. 135 m.H.). Können sich Leistungserbringer und Versicherer nicht auf die Erneuerung eines
Tarifvertrags einigen, so kann die Kantonsregierung den bestehenden Vertrag um ein Jahr verlängern.
Kommt innerhalb dieser Frist kein Vertrag zustande, so setzt sie nach Anhören der Beteiligten den
Tarif fest (Art. 47 Abs. 3 KVG). Davor hat sie die Eidgenössische Preisüberwachung
(PUE) anzuhören. Diese kann gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 PüG (SR 942.20)
beantragen, auf die Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich
beibehaltenen Preis zu senken (vgl. BVGE 2010/25 E. 2.3.2 m.w.H.).
4.3.6
Der Wortlaut von Art. 43 KVG ist in erster Linie auf die vertragliche Tarifregelung ausgerichtet,
während auf die behördliche sonstige Preis- oder Tarifbildung nicht spezifisch eingegangen
wird. Im Abschnitt « Tarife und Preise » des KVG werden zunächst die tarifvertragliche
und die subsidiäre hoheitliche Tariffestsetzung geregelt (Art. 46 49a),
bevor die anderen Mechanismen dargelegt werden (Art. 50 52a).
Schon aus dieser Systematik wird ersichtlich, dass die vertragliche Tarifregelung und subsidiäre
hoheitliche Tariffestsetzung im Sinne von Art. 46 und 47 KVG den Regelfall der Tarif- beziehungsweise
Preisbildung im KVG darstellt. Von diesem Regelfall ist nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen
abzuweichen (vgl. RKUV 2001 S. 353 ff. E. 2, 4.3 f.; Staffelbach/Endrass,
Der Ermessensspielraum der Behörden im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens nach Art. 47
in Verbindung mit Art. 53 Krankenversicherungsgesetz, 2006, Rz. 68; Beatrice
Gross Hawk, Leistungserbringer und Tarife in verschiedenen Sozialversicherungszweigen, in:
Recht der Sozialen Sicherheit, 2014, Rz. 34.5, nachfolgend: Leistungserbringer; vgl. auch
Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung, BBl 1992 I 93, 172,
178, nachfolgend: Botschaft zum KVG; Urteile des BVGer C 5354/2011 vom 11. Dezember 2013 E. 4.1.1;
C 536/2009 vom 17. Dezember 2009 E. 5.1.4).
5.
Erste Voraussetzung für eine mögliche Zuständigkeit der Kantonsregierung
zur Festsetzung der OKP-Vergütung einer Leistung ist, dass es sich dabei um eine OKP-Pflichtleistung
handelt. Insbesondere muss der Leistungserbringer als OKP-Leistungserbringer zugelassen sein und die
betroffene Leistung zulasten der OKP erbringen dürfen (vgl. Urteil des BVGer C 7498/2008 vom
31. August 2012 E. 5.4 m.w.H., auch publiziert in: Sozialversicherungsrecht Rechtsprechung
[SVR] 2013 KV Nr. 10). Zu prüfen ist somit, ob die Pflegeheime grundsätzlich dazu berechtigt
sind, die im angefochtenen Beschluss angeführten Nebenleistungen zulasten der OKP abzurechnen.
5.1
Zunächst ist der diesbezügliche rechtliche Rahmen aufzuzeigen.
5.1.1
Zur Tätigkeit zulasten der OKP sind die Leistungserbringer zugelassen, welche die Voraussetzungen
nach den Art. 36 40 KVG erfüllen (Art. 35 Abs. 1 KVG). Leistungserbringer sind
unter anderem Spitäler und Pflegeheime (Art. 35 Abs. 2 Bst. h und k KVG). Gemäss
Art. 39 Abs. 1 KVG sind Anstalten oder deren Abteilungen, die der stationären Behandlung
akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von Massnahmen der medizinischen Rehabilitation
dienen (Spitäler), zugelassen, wenn sie:
a.
ausreichende ärztliche Betreuung gewährleisten;
b.
über das erforderliche Fachpersonal verfügen;
c.
über zweckentsprechende medizinische Einrichtungen verfügen und eine zweckentsprechende pharmazeutische
Versorgung gewährleisten;
d.
der von einem oder mehreren Kantonen gemeinsam aufgestellten Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung
entsprechen, wobei private Trägerschaften angemessen in die Planung einzubeziehen sind;
e.
auf der nach Leistungsaufträgen in Kategorien gegliederten Spitalliste des Kantons aufgeführt
sind.
Gemäss Art. 39 Abs. 3 KVG gelten diese Voraussetzungen sinngemäss
für Geburtshäuser sowie für Anstalten, Einrichtungen oder ihre Abteilungen, die der Pflege
und medizinischen Betreuung sowie der Rehabilitation von Langzeitpatienten und patientinnen dienen
(Pflegeheim).
5.1.2
Gemäss Art. 25 KVG (« Allgemeine Leistungen bei Krankheit ») in
der bis Ende 2010 geltenden Fassung übernahm die OKP die Kosten für die Leistungen, die der
Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienten (Abs. 1). Gemäss Abs. 2
umfassten diese Leistungen:
a.
die Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen, stationär
oder in einem Pflegeheim durchgeführt wurden von:
1.
Ärzten oder Ärztinnen,
2.
Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen,
3.
Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen;
b.
die ärztlich oder unter den vom Bundesrat bestimmten Voraussetzungen von Chiropraktoren oder
Chiropraktorinnen verordneten Analysen, Arzneimittel und der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mittel
und Gegenstände;
c.
bis h. [...]
Insbesondere waren unter dieser Regelung ärztlich angeordnete Pflegemassnahmen
in Pflegeheimen grundsätzlich Pflichtleistungen der OKP (Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG)
und unterstanden dem Tarifschutz gemäss Art. 44 KVG. Die Tarife wurden unter Berücksichtigung
der in der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 (KLV, SR 832.112.31) enthaltenen
Rahmentarife in Tarifverträgen (Art. 46 KVG) oder beim Fehlen von solchen
in Festsetzungsbeschlüssen der Kantonsregierungen (Art. 47 KVG) festgelegt. Da die Rahmentarife
(aArt. 9a Abs. 2 KLV; in Kraft bis 31. Dezember 2010) nicht
kostendeckend waren, wurde der Tarifschutz gemäss Art. 44 KVG in der Praxis nicht voll umgesetzt,
was zu einer unbefriedigenden und intransparenten Situation führte (vgl. Urteile des BGer 2C_333/2012
vom 5. November 2012 E. 3.1; 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2).
5.1.3
Auf den 1. Januar 2011 trat das Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung
der Pflegefinanzierung in Kraft (AS 2009 3517, 6847), womit die von Art. 25 Abs. 2 Bst. a
KVG erfassten Leistungen neu umfassen:
a.
die Untersuchungen und Behandlungen, die ambulant, stationär oder in einem
Pflegeheim sowie die Pflegeleistungen, die in einem Spital durchgeführt werden von:
1.
Ärzten oder Ärztinnen,
2.
Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen,
3.
Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin beziehungsweise eines
Chiropraktors oder einer Chiropraktorin Leistungen erbringen.
Mit Wirkung ab 1. Januar 2011 wurde ausserdem ein Art. 25a
(« Pflegeleistungen bei Krankheit ») in das KVG eingefügt, dessen Abs. 1
wie folgt lautet:
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung
leistet einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche aufgrund einer ärztlichen Anordnung und eines
ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder
im Pflegeheim erbracht werden.
Der Bundesrat bezeichnet die Pflegeleistungen und regelt das Verfahren der
Bedarfsermittlung (Art. 25a Abs. 3 KVG). Der Bundesrat setzt die
Beiträge differenziert nach dem Pflegebedarf in Franken fest. Massgebend ist der Aufwand nach Pflegebedarf
für Pflegeleistungen, die in der notwendigen Qualität, effizient und kostengünstig erbracht
werden. Die Pflegeleistungen werden einer Qualitätskontrolle unterzogen. Der Bundesrat legt
die Modalitäten fest (Abs. 4). Der versicherten Person dürfen von den nicht von Sozialversicherungen
gedeckten Pflegekosten höchstens 20 % des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrages
überwälzt werden. Die Kantone regeln die Restfinanzierung (Abs. 5).
Gemäss Art. 33 Bst. b, h und i KVV (in der Fassung vom 24. Juni
2009, in Kraft seit 1. Januar 2011) bezeichnet das EDI unter anderem die nicht
von Ärzten und Ärztinnen oder Chiropraktoren und Chiropraktorinnen erbrachten Leistungen nach
den Art. 25 Abs. 2 und 25a Abs. 1 und 2 KVG, das Verfahren
der Bedarfsermittlung sowie den in Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG vorgesehenen
und nach Pflegebedarf differenzierten Beitrag an die Pflegeleistungen. Das Departement hat mit
Wirkung ab 1. Januar 2011 die zu übernehmenden Leistungen in Art. 7 KLV festgelegt.
Gemäss Art. 7 Abs. 1 KLV (im 3. Abschn. [Krankenpflege ambulant oder im Pflegeheim]
des 2. Kap. [Auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin erbrachte Leistungen]
des 1. Titels [Leistungen]) gelten als Leistungen nach Art. 33 Bst. b KVV Untersuchungen,
Behandlungen und Pflegemassnahmen, die aufgrund der Bedarfsabklärung nach Art. 7 Abs. 2
Bst. a KLV und nach Art. 8 KLV auf ärztliche Anordnung hin oder im ärztlichen Auftrag
erbracht werden: a. von Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern (Art. 49 KVV); b. von
Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause (Art. 51 KVV); c. von Pflegeheimen (Art. 39
Abs. 3 KVG). Art. 7 Abs. 2 KLV enthält einen Katalog der Leistungen im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 KLV, unterteilt in Massnahmen der Abklärung und der Beratung (Bst. a),
Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung (Bst. b) und Massnahmen der Grundpflege (Bst. c).
Die Leistungen können ambulant oder in einem Pflegeheim erbracht werden (Art. 7 Abs. 2ter
KLV).
Sodann hat das EDI in Art. 7a Abs. 3
KLV für die in Pflegeheimen erbrachten Pflegeleistungen die
von der OKP zu übernehmenden Kostenbeiträge in zwölf Stufen (von Fr. 9. bis
Fr. 108. pro Tag) festgelegt, abhängig vom täglichen Pflegebedarf in Minuten. Gemäss
Art. 8 Abs. 4 KLV erfolgt die Bedarfsabklärung in Pflegeheimen durch die Ermittlung des
Pflegebedarfs gemäss Art. 9 Abs. 2 KLV; der vom Arzt oder von der Ärztin bestimmte
Pflegebedarf gilt als ärztliche Anordnung oder als ärztlicher Auftrag. Nach Art. 9 Abs. 2
KLV müssen die Leistungen nach Art. 7 Abs. 2 KLV der Pflegeheime nach dem Pflegebedarf
in Rechnung gestellt werden.
Gemäss dem per 1. Januar 2011 geänderten Art. 50 KVG
(Kostenübernahme im Pflegeheim) vergütet der Versicherer beim Aufenthalt in einem Pflegeheim
(Art. 39 Abs. 3 KVG) die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege nach Art. 25a
KVG. Die Abs. 7 und 8 von Art. 49 KVG sind sinngemäss anwendbar.
5.1.4
In Bezug auf die Leistungskategorien, die nach dem Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung
zu definieren beziehungsweise zu unterscheiden sind, findet sich eine vielfältige Terminologie.
In seiner Botschaft vom 16. Februar 2005 zum Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung
(BBl 2005 2033, nachfolgend: Botschaft zur Pflegefinanzierung) führte der Bundesrat aus, dass seit
Inkrafttreten des KVG « Pflegemassnahmen », die ambulant, bei Hausbesuchen, stationär,
teilstationär oder in einem Pflegeheim durchgeführt würden, (grundsätzlich)
von der OKP vergütet würden, und unterbreitete dem Parlament ein Modell zur Finanzierung der
« Pflegeleistungen », welches auf den bereits rechtlich verankerten Begriffen der
Behandlungs- und Grundpflege aufbaute. Gemäss
diesem Modell seien die Kosten für jene medizinischen Massnahmen, welche ein therapeutisches oder
palliatives Ziel zur Behandlung einer Krankheit oder zur Bekämpfung deren Folgen verfolgten (« medizinnahe »
Behandlungspflege, die krankheitsspezifisch, d.h. an ärztliche Diagnosen
gebunden ist), voll durch die Krankenversicherung zu vergüten. Demgegenüber werde an
die auf Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ausgerichtete (« medizinferne »)
Grundpflege (deren Kernzweck in der Aufrechterhaltung der allgemeinen täglichen
Lebensverrichtungen zu erkennen sei) von den Krankenversicherern (lediglich) ein Beitrag entrichtet (v.a.
Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2065 2067). Als « primäre Pflegeleistungen »
verstand der Bundesrat Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die bei Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit
durch die Sozialversicherung ausgerichtet würden. Im Vordergrund stünden dabei Heilbehandlungen,
Hilfsmittel und Hilflosenentschädigung (Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2040 ff.).
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde zwar jeweils an der im Sinne der bereits in
der KLV enthaltenen und vom Bundesrat umschriebenen Definition/Umschreibung festgehalten. Statt
Grund- und Behandlungspflege einander gegenüberzustellen und unterschiedlichen Finanzierungsmodellen
zu unterwerfen, verwarf das Parlament diese Zweiteilung allerdings und unterstellte die Pflegeleistungen,
welche sich aus Grund- und Behandlungspflege zusammensetzten und den altrechtlichen Leistungsumfang nicht
veränderten, dem neuen Finanzierungssystem (keine Vollkostendeckung durch die OKP, sondern
blosse Leistung eines Beitrages an diese Pflegeleistungen; vgl. Voten Ständerätin Erika Forster-Vannini
für die Kommission [AB 2006 S 642, 654 ff.]; Nationalrätin Ruth Humbel Näf für
die Kommission [AB 2007 N 1105]; vgl. dazu auch E. 5.3). Das KVG und die KVV kennen die Begriffe
der Grundpflege und Behandlungspflege nicht (vgl. E. 5.1.1 ff.).
Im angefochtenen Beschluss unterscheidet die Vorinstanz zwischen « Pflegepflichtleistungen »
beziehungsweise « Pflegeleistungen » einerseits und « Nebenleistungen »
beziehungsweise « übrige Pflichtleistungen » beziehungsweise « nicht
pflegerische Leistungen » andererseits. Unter Pflegepflichtleistungen werden dabei die Leistungen
gemäss Art. 25a Abs. 1 KVG und Art. 7 Abs. 2 KLV
verstanden, an welche die OKP gemäss dem neuen Kostentragungsmodus lediglich Beiträge leistet.
Die Nebenleistungen werden hingegen als ärztliche und andere nicht pflegerische Leistungen beziehungsweise
als « Ärztin oder Arzt, Arznei, Therapien und Pflegematerialien » umschrieben,
die neben den Pflegepflichtleistungen zu erbringen seien, damit das Pflegeheim seinem integralen
Auftrag der pflegerischen und medizinischen Versorgung seiner Patientinnen und Patienten nachkommen könne.
(...)
5.1.5
Die neue Pflegefinanzierung sollte einerseits die sozialpolitisch schwierige Situation vieler
pflegebedürftiger Personen entschärfen, zugleich aber verhindern, dass die OKP zusätzlich
belastet wird (vgl. Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2034 f., 2065; Voten Ständerätin
Forster-Vannini [AB 2006 S 642]; Nationalrätin Humbel Näf für die vorbereitende Kommission
[AB 2007 N 1105, 1106]). Deshalb wurde einerseits im Gesetz ausdrücklich festgelegt, dass die Krankenversicherung
nicht die gesamten Pflegekosten übernimmt, sondern nur einen Beitrag daran leistet (Art. 25a
Abs. 1 KVG). Andererseits sollten aus sozialpolitischen Gründen die von den Heimbewohnern
zu leistenden Pflegekosten betragsmässig begrenzt werden (Art. 25a
Abs. 5 KVG), wobei zugleich für bedürftige Heimbewohner die Bezahlung dieser Pflegekosten
durch eine Erhöhung der Ergänzungsleistungen erleichtert werden sollte (vgl. Botschaft
zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2035, 2063 ff., 2071, 2082; Voten Ständerätin Forster-Vannini
[AB 2006 S 642 f.]; Nationalrätin Humbel Näf für die vorbereitende Kommission [AB 2007
N 1105, 1106]; vgl. die Revision von Art. 10 und 11 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006
über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELG,
SR 831.30] durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung [AS 2009 3518]). Der
verbleibende Betrag, der weder von der Krankenversicherung noch von den Bewohnern bezahlt wird, ist von
der öffentlichen Hand (Kanton oder Gemeinden) zu übernehmen, was im Gesetz nicht klar gesagt,
aber gemeint ist (vgl. zum Ganzen: Urteile 2C_864/2010 E. 4.2; 2C_333/2012 E. 3.2).
5.1.6
Wie aus E. 5.1.2 f. ersichtlich wird, wurde der Wortlaut des Gesetzes mit Inkrafttreten
der Neuordnung der Pflegefinanzierung somit dahingehend geändert, dass Art. 25 Abs. 2
Bst. a KVG weiterhin als OKP-Pflichtleistungen Untersuchungen und Behandlungen erwähnt, die
in einem Pflegeheim durchgeführt werden, während (eigentliche) Pflegemassnahmen in Bezug
auf Pflegeheime nicht mehr erwähnt werden. Dafür wurde in Art. 25a
Abs. 1 KVG (u.a.) festgehalten, dass die OKP einen Beitrag an die Pflegeleistungen leiste, welche
aufgrund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs im Pflegeheim erbracht
werden. Das Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung änderte somit nichts
daran, dass die OKP gemäss Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG weiterhin die Kosten für
Untersuchungen und Behandlungen (vollumfänglich) zu übernehmen hat, darunter auch diejenigen,
die in einem Pflegeheim erbracht werden. Hingegen entfällt eine (vollumfängliche) Kostenübernahme
von im Pflegeheim erbrachten Pflegemassnahmen. Diesbezüglich leistet die OKP (nur noch) einen
Beitrag. Die mit der Revision vorgenommene Auftrennung der neu in Art. 25a
Abs. 1 KVG aufgeführten Pflegeleistungen, die in einem Pflegeheim erbracht werden und an welche
die OKP nur einen Beitrag leistet, und den (sonstigen) in Pflegeheimen erbrachten OKP-pflichtigen Untersuchungen
und Behandlungen gemäss Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG, deren Kosten von der OKP
(vollumfänglich) zu tragen sind, betont somit, dass auch nach der Revision in Pflegeheimen andere
OKP-pflichtige Leistungen erbracht und zulasten der OKP abgerechnet werden dürfen. Es wäre
denn auch nicht nachvollziehbar, warum den Pflegeheimpatienten, die einen entsprechenden Untersuchungs-
oder Behandlungsbedarf ausweisen, die (vollständige) Kostenübernahme für OKP-pflichtige
Leistungen verweigert sein sollte, dieselbe aber Patienten mit identischem Bedarf, die nicht im Pflegeheim
leben und beispielsweise zuhause von der Spitex Pflegeleistungen beziehen, gewährt wird.
(...)
5.1.7
Seit dem 1. Januar 2011 haben das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht verschiedene
Entscheide in Bezug auf die Neuordnung der Pflegefinanzierung gefällt.
5.1.7.1
So hat das Bundesverwaltungsgericht in BVGE 2011/61 in Bezug auf die Finanzierung der Pflegeleistungen
gemäss Art. 25a Abs. 1 KVG (ohne Akut- und Übergangspflege
gemäss Art. 25a Abs. 2 KVG) ausgeführt, dass
unter Vorbehalt der Anwendung der Übergangsregelung für den Zeitraum vom 1. Januar 2011
bis 31. Dezember 2013 mit der neuen Regelung, wonach das EDI mittels Verordnung einheitliche
Beiträge der OKP an die Pflegeleistungen festsetzt, die bisherigen für diese Pflegeleistungen
und die OKP-Kostenbeteiligung anhin geltenden Tarifbildungsbestimmungen (insb. Abschluss von Tarifverträgen
durch Tarifpartner, Genehmigung dieser Verträge durch die Kantonsregierung und subsidiäre hoheitliche
Festsetzungskompetenz der Kantonsregierung) keine Anwendung mehr finden (BVGE 2011/61 E. 5
und 6.1). Die vom EDI festgesetzten OKP-Beiträge seien vor Bundesverwaltungsgericht nicht
anfechtbar. Soweit eine Kantonsregierung gestützt auf die Übergangsbestimmungen Tarifbeschlüsse
betreffend die Pflegeleistungen fällten, seien diese ebenfalls nicht beim Bundesverwaltungsgericht
anfechtbar (E. 6.4 ff.).
Hingegen sind gemäss BVGE 2013/7 (E. 1.2 und 4)
Entscheide von Kantonsregierungen, mit welchen der kantonale Anteil an der Finanzierung der stationären
Leistungen sowie der Leistungen der Akut- und Übergangspflege (Kostenteiler) festgelegt wird, beim
Bundesverwaltungsgericht anfechtbar, wobei die Übergangsbestimmungen zum Inkrafttreten der
neuen Spitalfinanzierung keine Anwendung finden.
5.1.7.2
Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 2C_333/2012 unter Bezugnahme auf Art. 25a
Abs. 1 und 4 KVG sowie Art. 7a KLV ausgeführt,
dass im Bereich der Pflegefinanzierung das System, wonach die OKP ihre Leistungen grundsätzlich
nach Tarifen vergüte, die primär tarifautonom durch die Tarifvertragspartner festgelegt würden,
im Bereich der Pflegefinanzierung ersetzt worden sei durch bundesrechtlich festgelegte Frankenbeträge,
und das sonst im Bereich des KVG geltende Tarifvertragssystem für die Finanzierung dieser Pflegeleistungen
somit nicht mehr gelte (Urteil 2C_333/2012 E. 5.5). Weiter führte das Bundesgericht aus, dass
das Verordnungsrecht des Bundes (bis zum damaligen Urteilszeitpunkt) für in Pflegeheimen erbrachte
Pflegeleistungen gemäss Art. 7 KLV kein Verfahren der Bedarfsermittlung festgelegt habe,
obwohl der Bundesrat in Art. 25a Abs. 3 KVG damit beauftragt werde.
Daher sei diese Frage nicht jedenfalls nicht abschliessend bundesrechtlich geregelt,
sodass insoweit eine kantonale Zuständigkeit verbleibe (E. 5.2). Weiter hat das Bundesgericht
mehrere Urteile in Bezug auf die Restfinanzierung der Pflegekosten, also auf die aus der Neuordnung
der Pflegefinanzierung resultierenden Restkosten, das heisst den Teil der Pflegekosten, der nicht durch
die Beiträge der Krankenversicherer und die Kostenbeteiligung der Patienten gedeckt wird, gefällt
(BGE 138 I 410; 138 II 191; 138 V 377; 140 V 58; 140 V 563; Urteil des BGer 2C_228/2011 vom 23. Juni
2012).
5.1.7.3
Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht haben sich bisher noch nicht explizit zur Streitfrage
geäussert, ob mit Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung Pflegeheime (neben Pflegeleistungen)
andere OKP-pflichtige Leistungen selbst erbringen und direkt zulasten der OKP abrechnen dürfen und
gegebenenfalls wie und durch wen die entsprechende Vergütung zu regeln ist.
5.1.8
In seiner Stellungnahme vom 13. März 2015 zur (im Rat noch nicht behandelten) Motion
Humbel hat der Bundesrat Folgendes ausgeführt:
Nach Artikel 25 Absatz 2
des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) werden u. a. Leistungen von
Ärztinnen, Ärzten und Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer
Ärztin Leistungen erbringen, übernommen. Diese Leistungen umfassen auch die Untersuchungen,
Behandlungen und Pflegemassnahmen, die in einem Pflegeheim durchgeführt werden.
Das KVG schreibt weiter vor,
dass nur diejenigen Leistungserbringer nach Artikel 35 Absatz 2 KVG darunter fallen
auch die Ärztinnen und Ärzte sowie die Pflegeheime zugelassen sind und somit zulasten
der OKP abrechnen dürfen, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen (Art. 35 Abs. 1
und Art. 36 40 KVG). Artikel 39 Absatz 1 KVG regelt die Zulassungsvoraussetzungen
für Spitäler. Diese Voraussetzungen gelten gemäss Artikel 39 Absatz 3 KVG sinngemäss
auch für Pflegeheime.
Spitäler und Pflegeheime
können indessen nicht gleichgesetzt werden, was sich entsprechend auf die Leistungserbringung und
Abrechnung auswirkt. Artikel 50 KVG definiert die Leistungsvergütung im Pflegeheim und
stellt die Verknüpfung her zwischen Artikel 39 KVG, der die Zulassung der Pflegeheime regelt,
und Artikel 25a KVG, der sich auf die Pflegeleistungen der OKP bei Krankheit namentlich im Pflegeheim
bezieht. Pflegeheime zeichnen sich dadurch aus, dass sie langfristige Unterkunft, Betreuung und Pflege
gewähren. Sie dienen primär der Pflege und nicht der Erbringung von Leistungen anderer Leistungserbringer.
Sind solche zur Tätigkeit zulasten der OKP zugelassen und erbringen ihre Leistungen für Patientinnen
und Patienten, die sich im Pflegeheim aufhalten, an Ort und Stelle, rechnen sie ihre Leistungen selbstständig
ab. Bereits heute zulässig sind Vereinbarungen zwischen Versicherern und Pflegeheimen, in denen
eine Pauschale im Sinne vom Artikel 43 Absatz 3 KVG für ärztliche, therapeutische
und weitere KVG-Leistungen vereinbart wird. Im Rahmen dieser Pauschale haben die Pflegeheime die Möglichkeit,
zusätzlich zu den Pflegeleistungen weitere KVG-pflichtige Leistungen selbst zu verrechnen, was teilweise
im Sinne des Antrages der Motion ist. Damit steht namentlich für grössere Pflegeheime, die
diese Leistungen selbst mit entsprechend qualifiziertem Personal anbieten, diese Möglichkeit offen,
ohne dass eine unangemessene Leistungsausweitung zu befürchten ist. Hingegen sind Pflegeheime, in
denen externe Leistungserbringer die weiteren KVG-pflichtigen Leistungen erbringen und diese über
Einzelleistungstarife abrechnen, nicht gezwungen, zusätzliche Regelungen mit den externen
Leistungserbringern zu treffen. Entsprechend führt die dargelegte Regelung zu keinem Mehraufwand
für die Pflegeheime.
Ausserdem äusserte er sich zur Verrechnung von in Pflegeheimen verwendetem
Pflegematerial (vgl. E. 6.5.3).
5.2
(...)
5.3
Mit der Neuordnung der Pflegefinanzierung wurde lediglich die Aufteilung der Pflegekosten auf
verschiedene Kostenträger neu geregelt. Der Begriff der « Pflegeleistungen »
umfasst die gleichen Leistungen wie unter bisherigem Recht (Art. 7 Abs. 2 KLV). Insbesondere
hat sich das Einfügen von Art. 25a KVG im Rahmen der Neuordnung
der Pflegefinanzierung nicht auf den Leistungsbereich der Pflege nach KVG ausgewirkt (vgl. BVGE 2011/61
E. 5.2; Eugster, KVG-Kommentar, a.a.O., Art. 25a
N. 7, je m.w.H; Votum Ständerätin Forster-Vannini für die vorbereitende Kommission
[AB 2006 S 642 f., 654, 657]). Dementsprechend wurde auch der Bereich von nicht zu den (eigentlichen)
Pflegeleistungen gehörenden OKP-Leistungen von der Neuordnung der Pflegefinanzierung nicht tangiert.
Soweit der Bundesrat in seiner Botschaft zur Pflegefinanzierung eine Aufteilung
der von der Neuordnung betroffenen Leistungen in Grundpflege (an welche die Krankenversicherer einen
Beitrag zahlen) und Behandlungspflege (welche die Krankenversicherer zu vergüten haben) vornahm,
ging sein Gesetzesentwurf vom bisherigen Bereich der Pflegeleistungen
(bereits rechtlich in Grund- und Behandlungspflege aufgeteilt, deren OKP-Vergütung allerdings identisch
war) aus. Es erschien ihm zwar angezeigt, nach Verabschiedung der von ihm vorgeschlagenen Revision die
damals gültige Definition der Grund- und der Behandlungspflege gemäss Art. 7 KLV zu überprüfen
und allenfalls so weit zu präzisieren, dass sie der herrschenden Lehre und Praxis entsprächen.
Dass er mit der Revision eine Ausdehnung oder Einschränkung des Umfangs der Pflegeleistungen, an
deren Kosten sich die OKP in der einen oder anderen Form zu beteiligten hatte, beabsichtigte, ist hingegen
nicht ersichtlich (vgl. Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2065 ff., 2078). Soweit
das Parlament die vom Bundesrat vorgeschlagene Unterteilung der bisherigen Pflegeleistungen in unterschiedlich
zu behandelnde Grund- und Behandlungspflegeleistungen verwarf, und stattdessen eine Aufteilung in Akut-
und Übergangspflege einerseits und übrige Pflege andererseits vornahm, die analog zum bundesrätlichen
Entwurf in Bezug auf die Finanzierungsmodalitäten unterschiedlich ausgestaltet wurden, ging es ebenfalls
vom bisherigen Pflegeleistungsbereich aus und beabsichtigte und bewirkte keine Ausdehnung oder Einschränkung
desselben (vgl. BVGE 2011/61 E. 4.3, 5.2; Eugster, KVG-Kommentar, a.a.O.,
Art. 25a N. 4 und 6 f., je m.w.H.; Votum Ständerätin
Forster-Vannini für die vorbereitende Kommission [AB 2006 S 642 f., 654, 657]).
(...)
5.4
(...)
5.5
Zur Frage, ob Pflegeheime bis zum 31. Dezember 2010 berechtigt waren, Nebenleistungen
zulasten der OKP abzurechnen, ist Folgendes auszuführen:
5.5.1
Gemäss Art. 39 Abs. 1 KVG in der vor und nach Inkrafttreten der Neuordnung
der Pflegefinanzierung geltenden Fassung sind Anstalten oder deren Abteilungen, die der
stationären Behandlung akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von Massnahmen
der medizinischen Rehabilitation dienen (Spitäler), zugelassen, wenn sie:
a.
ausreichende ärztliche Betreuung gewährleisten;
b.
über das erforderliche Fachpersonal verfügen;
c.
über zweckentsprechende medizinische Einrichtungen verfügen und eine zweckentsprechende pharmazeutische
Versorgung gewährleisten;
d.
der von einem oder mehreren Kantonen gemeinsam aufgestellten Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung
entsprechen, wobei private Trägerschaften angemessen in die Planung einzubeziehen sind;
e.
auf der nach Leistungsaufträgen in Kategorien gegliederten Spitalliste des Kantons aufgeführt
sind.
Gemäss Art. 39 Abs. 3 KVG ebenfalls in der vor und
nach dem 1. Januar 2011 in Kraft stehenden Fassung gelten diese Voraussetzungen sinngemäss
für Geburtshäuser sowie für Anstalten, Einrichtungen oder ihre Abteilungen, die der Pflege
und medizinischen Betreuung sowie der Rehabilitation von Langzeitpatienten und patientinnen dienen
(Pflegeheim).
Gemäss Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. a KVG in
der bis zum Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung geltenden Fassung übernahm die OKP
insbesondere die Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen,
stationär oder in einem Pflegeheim durchgeführt werden von:
1.
Ärzten oder Ärztinnen,
2.
Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen,
3.
Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen.
Der Begriff « stationäre Behandlung »
war dem Spital zugeordnet. Eine stationäre Behandlung war gegeben, wenn sich der Versicherte während
mehr als 24 Stunden unter Inanspruchnahme eines Spitalbetts in einer Heilanstalt zur Behandlung
aufhielt und/oder wenn der Verbleib im Spital über Nacht dauerte und/oder wenn der Eintritt oder
die Einweisung ins Spital mit der Absicht eines Aufenthalts von mehr als 24 Stunden erfolgte und
die Person verstarb oder in ein anderes Spital verlegt werden musste (vgl. Eugster,
KVG-Kommentar, a.a.O., Art. 25 N. 7 f.). Der Begriff « stationär »
bezieht sich somit auf den Spitalaufenthalt als solchen, lässt aber keine Rückschlüsse
darauf zu, wer während eines Spitalaufenthalts die in Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG aufgeführten
Leistungen erbringen und zulasten der OKP abrechnen darf. Dennoch ist offensichtlich und unbestritten,
dass ein Spital diese Leistungen selbst (durch angestelltes Personal) erbringen und zulasten der OKP
abrechnen kann, was ausserdem durch den Wortlaut von Art. 49 KVG in der bis 31. Dezember 2010
geltenden Fassung nahe gelegt wird.
Der Begriff « stationär »
in Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG (in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) in
Verbindung mit Art. 39 Abs. 1 KVG berechtigte die Spitäler dazu, die entsprechenden Untersuchungen,
Behandlungen und Pflegemassnahmen selbst zu erbringen und zulasten der OKP abzurechnen. Es ist deshalb
nicht ersichtlich, warum nicht gemäss Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG in Verbindung mit
Art. 39 Abs. 3 KVG Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die in
einem Pflegeheim durchgeführt wurden, nicht durch das Pflegeheim selbst erbracht und zulasten der
OKP abgerechnet werden konnten. Dass Art. 39 Abs. 3 KVG von den Pflegeheimen verlangt, dass
sie die für Spitäler geltenden Voraussetzungen gemäss Art. 39 Abs. 1 KVG « sinngemäss »
erfüllen, liegt in erster Linie darin begründet, dass Spitäler und Pflegeheime auf ein
unterschiedliches Patientengut ausgerichtet sind und die Kosten für Verpflegung und Unterkunft (Pensionskosten
bzw. Hotelleriekosten bzw. Aufenthaltskosten) im Pflegeheim anders als beim stationären
Aufenthalt im Spital nicht von der OKP vergütet wurden (vgl. Botschaft zum KVG, BBl 1992
I 93, 127, 187; BGE 126 V 344 E. 3.a). Darin liegt denn auch der wesentliche Unterschied zwischen
dem KVG-rechtlichen « stationären » Charakter des Spitalaufenthalts und dem
« ambulanten » Charakter des Pflegeheimaufenthalts. Ein Spitalaufenthalt im Sinne
des KVG setzt Spitalbedürftigkeit voraus, wohingegen ein Pflegeaufenthalt nur erfolgt, wenn keine
Spitalbedürftigkeit (mehr) besteht (vgl. Art. 49 Abs. 3 KVG in der bis 31. Dezember
2008 geltenden Fassung bzw. Abs. 4 in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung; BGE 126 V 344
E. 3.a; Urteil des BGer 4A_67/2014 vom 4. März 2015 E. 5). Dass die Pflegeheimpatienten
sich ununterbrochen, im Sinne einer stationären Langzeitpflege, im Pflegeheim aufhalten, macht den
Pflegeheimaufenthalt somit nicht zu einem stationären Aufenthalt im Sinne des KVG (vgl. Eugster,
KVG-Kommentar, a.a.O., Art. 25 N. 13 und 49 sowie aArt. 49 N. 23 ff., je m.w.H.;
vgl. auch Art. 6 und Art. 3 e contrario der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die
Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in
der Krankenversicherung [VKL, SR 832.104]). Dass die Pensionskosten beim stationären Spitalaufenthalt
von der OKP getragen werden, ergibt sich explizit aus Art. 25 Abs. 2 Bst. e KVG, während
sich der Ausschluss der Pensionskosten im Pflegeheim e contrario aus Art. 50 KVG ergab (vgl.
Eugster, KVG-Kommentar, a.a.O., Art. 25 N. 52 und Art. 50
N. 1).
Angesichts der gesetzgeberischen « Nähe » von Pflegeheim
und Spital hätte bis zum 31. Dezember 2010 eine spezifische Norm gegeben sein müssen,
welche die Pflegeheime im Gegensatz zu den Spitälern vom Erbringen anderer OKP-Leistungen als Pflegeleistungen
ausschliesst. Eine solche Regelung ist dem KVG aber nicht zu entnehmen. Es versteht sich allerdings von
selbst, dass Pflegeheime insofern von der OKP-Leistungserbringung ausgeschlossen waren, als die Patienten
spitalbedürftig waren beziehungsweise eine entsprechende Leistung im Pflegeheim nicht
lege artis erbracht werden konnte.
5.5.2
Soweit santésuisse die Pflegeheime in gesetzgeberischer Hinsicht näher zu (umgangssprachlich
sogenannten) Spitexorganisationen als zu Spitälern rücken will, ist zu beachten, dass die Zulassungsvoraussetzungen
für die « Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause » nicht im gleichen
Gesetzesartikel wie die Pflegeheime (und Spitäler) geregelt sind und nicht sinngemäss die an
ein Pflegeheim gestellten Voraussetzungen erfüllen müssen. Es fehlt somit an einem engen Konnex,
wie er zwischen Spital und Pflegeheim besteht. Die Zulassungsvoraussetzungen der Spitexorganisationen
sind gestützt auf Art. 38 KVG in Verbindung mit Art. 35 Abs. 2 Bst. e
KVG (bloss) auf Verordnungsstufe geregelt. Gemäss Art. 51 KVV (in der vor und nach
Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung geltenden Fassung) werden Organisationen der Krankenpflege
und Hilfe zu Hause zugelassen, wenn sie:
a.
nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen sind;
b.
ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeitsbereich festgelegt
haben;
c.
über das erforderliche Fachpersonal verfügen, das eine dem Tätigkeitsbereich entsprechende
Ausbildung hat;
d.
über Einrichtungen verfügen, die dem Tätigkeitsbereich entsprechen;
e.
an Massnahmen zur Qualitätssicherung nach Artikel 77 KVV teilnehmen, die gewährleisten,
dass eine dem Tätigkeitsbereich entsprechende, qualitativ hochstehende und zweckmässige
Krankenpflege erbracht wird.
Die gemäss Art. 51 KVV an Spitexorganisationen gestellten Anforderungen
gingen und gehen somit weniger weit, als die gemäss Art. 39 Abs. 1 und 3 KVG an Pflegeheime
gestellten. Insbesondere müssen die Spitexorganisationen im Gegensatz zu den Pflegeheimen
nicht eine ausreichende ärztliche Betreuung gewährleisten und nicht über zweckentsprechende
medizinische Einrichtungen verfügen und keine zweckentsprechende pharmazeutische Versorgung
gewährleisten (vgl. Art. 39 Abs. 1 Bst. a, c KVG i.V.m. Art. 39 Abs. 3
KVG).
5.5.3
Der bis zum 31. Dezember 2006 als Rechtsmittelbehörde für die Beurteilung von Beschwerden
gegen KVG-Tariffestsetzungen zuständige Bundesrat ging in seiner Rechtsprechung verschiedentlich,
ohne dies näher zu begründen, davon aus, dass Pflegeheime dazu berechtigt seien, andere als
Pflegepflichtleistungen selbst zu erbringen:
In seinem Entscheid vom 21. Dezember 2005 Nr. 05 06 betreffend
die Tariffestsetzung des Regierungsrats des Kantons Bern für den Tarif zwischen santésuisse
und dem Verband Bernischer Alterseinrichtungen und dem Verband Bernischer Krankenhäuser per 1. Januar
2005 (auszugsweise publiziert als RKUV 2006 S. 257) setzte der Bundesrat gewisse Tagespauschalen
für Pflege auf und setzte sie zuzüglich der unverändert belassenen Pauschale für
Mittel und Gegenstände und des Zuschlages für Arzt, Medikamente und Therapie neu fest
(RKUV 2006 S. 266 E. II.7.2.2 und nicht publizierte E. II.10; RRB-Dispositivziff. 2).
Seinem Entscheid vom 20. Dezember 2000 betreffend die Tarife der durch
Pflegeheime, Chronischkranken-Spitalabteilungen und Rehabilitationszentren für die Jahre 1998,
1999 und 2000 erbrachten Krankenpflegeleistungen (« prestations de soins »)
betreffend den Kanton Waadt (als RKUV 2001 S. 471 separat publiziert) lässt sich Folgendes
entnehmen: Die Pflegeleistungen, von welchen Pflegeheimpatienten profitieren konnten, umfassten drei
Kategorien: 1) Leistungen nach Art. 7 Abs. 2 KLV; 2) andere im Pflegeheim oder im Zusammenhang
mit dem Pflegeheimaufenthalt erbrachte OKP-Leistungen (z.B. Routinearztbesuche, Medikamente verabreicht
nach Art. 7 Abs. 2 Bst. b und c KLV) und 3) OKP-Leistungen, die nicht mit dem Pflegeheimaufenthalt
zusammenhingen. Leistungen der Kategorie 2 konnten für einen Pauschaltarif mit der Kategorie
1 verbunden werden, wenn bei der Tarifermittlung der Kategorie 1 die Kategorie 2 separiert wurde und
die Tarifkalkulation für letztere auf existierenden Tarifen (z.B. Taxpunktwerte für ärztliche
Leistung, Spezialitätenliste für Arzneimittel [SL]) basierte. Es war nicht ausgeschlossen,
wurde vom Bundesrat aber nicht begrüsst, auch Leistungen der Kategorie 3 in den Pauschaltarif
einzubinden. Denn dies könne der Kostentransparenz schaden und dazu führen, dass einzelne Pflegeheime
je nach Patientengut ungerechtfertigt profitierten oder benachteiligt würden. Die Leistungen gemäss
Kategorie 3 mussten dementsprechend grundsätzlich separat nach den spezifisch anwendbaren
Tarifen in Rechnung gestellt werden (RKUV 2001 S. 471 E. II.4.2 f., II.7.3.3 [hier auch:
« médecin rattaché », « par le personnel des établissements »
als Teil von PLAISIR 1998], II.7.5.5 und II.8.2.3). Der Bundesrat führte in den Erwägungen
nicht explizit aus, dass diese Leistungen durch das Pflegeheim selbst erbracht werden könnten, doch
wird dies aus dem Betreff des Originalentscheids (in seiner nicht publizierten Form) und dem gleichlautenden
Titel der RKUV-Publikation ersichtlich (« Tarifs des prestations de soins fournies par
les établissements médico-sociaux et les divisions pour malades chroniques des hôpitaux
et des centres de traitement et de réadaptation pour les années 1998, 1999 et 2000 »).
Weiter machte die Vereinbarung einer Pauschale im Verhältnis zwischen Pflegeheim und Krankenversicherer
nur Sinn, wenn die Leistungen vom Pflegeheim selbst bei den Krankenkassen in Rechnung gestellt werden
konnten.
In seinem Entscheid vom 9. März 1998 betreffend Pflegeheime im
vertragslosen Zustand im Kanton Zürich (publiziert als RKUV 1998 S. 180) setzte der Bundesrat
die umstrittene Vollpauschale auf Fr. 75. pro Tag und Patient fest: Fr. 60. Pflege
und Fr. 15. Arzt-, Therapie- und Medikamentenkosten (RKUV 1998. S. 161 E. II.3,
II.7.2). Beschwerdeführer waren der Verband Zürcher Krankenhäuser, die Städte
Zürich und Winterthur und der Heimverband Schweiz. Dritte Leistungserbringer oder deren Verbände
waren am Verfahren nicht beteiligt.
Mit Entscheid vom 28. Januar 1998 betreffend hoheitliche Festsetzung
eines Pflegeheimtarifs im tariflosen Zustand durch die Regierung des Kantons Freiburg (publiziert als
RKUV 1998 S. 161) akzeptierte der Bundesrat, dass der von der Kantonsregierung festgesetzte Pauschaltarif
eine Pauschale für Medikamente und « petit matériel » enthielt (die [weitgehend]
auf der SL und der Mittel- und Gegenständeliste [MiGeL] aufgeführt waren; RKUV 1998 S. 161
E. II.12 i.V.m. II.2.2).
Gemäss Bundesratsentscheid vom 15. Dezember 1997 betreffend den
Pflegeheimtarif 1997 (...) durfte der Regierungsrat des Kantons Solothurn hoheitlich für die
zusätzlichen Leistungen (die ärztlichen Leistungen nach Krankenkassen-Arzttarif, die kassenpflichtigen
Medikamente und die durch den Arzt verordneten Nebenleistungen [medizintechnische Leistungen, Physiotherapie,
Ergotherapie] nach den für die Krankenversicherung gültigen Tarifen) einen anderen als
einen Pauschaltarif festsetzen (...), was voraussetzt, dass die Pflegeheime solche Leistungen selbst
erbringen und abrechnen durften. Beschwerdegegner war (neben dem Regierungsrat) denn auch die Gemeinschaft
Solothurnischer Altersheime; dritte Leistungserbringer oder deren Verbände waren am Verfahren
nicht beteiligt.
5.5.4
Auch in der Lehre wird die Meinung vertreten, dass es vor Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung
KVG-konform war, wenn vom Pflegeheim festangestellte Ärzte die ärztliche Behandlung und Leitung
durchführten (vgl. Eugster, SBVR, a.a.O., Fn. 1140 S. 655),
beziehungsweise wenn Pflegeheime selbst andere OKP-Pflichtleistungen als eigentliche Pflegeleistungen
erbrachten (vgl. Guy Longchamp, Conditions et étendue du droit aux prestations
de l'assurance-maladie sociale, 2004, S. 473 f.).
5.5.5
Der Bundesrat geht in seiner Stellungnahme zur Motion Humbel schliesslich davon aus, dass Pflegeheime
(bereits) vor Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung grundsätzlich berechtigt waren,
(neben Pflegeleistungen i.S.v. Art. 25 KVG) ärztliche, therapeutische und weitere KVG-Leistungen
nach Art. 25 Abs. 2 KVG selbst abzurechnen.
5.6
Es ist daher davon auszugehen, dass vor Inkrafttreten der Neuordnung
der Pflegefinanzierung Pflegeheime grundsätzlich berechtigt waren, auch andere als Pflegepflichtleistungen
zulasten der OKP zu erbringen und abzurechnen.
Wie bereits ausgeführt, hat die Neuordnung der Pflegefinanzierung am
OKP-Leistungskatalog sowohl betreffend die Pflegepflichtleistungen als auch betreffend andere
OKP-Leistungen nichts geändert. (...)
Da der Leistungskatalog unverändert geblieben ist, müsste aus
den Gesetzesänderungen eine Veränderung des Kreises der Leistungserbringer, welche die jeweils
betroffene OKP-Leistung nicht (mehr) erbringen dürfen, hervorgehen. Eine solche Einschränkung
ist aus dem Gesetzeswortlaut in Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG aber nicht ersichtlich
(vgl. E. 5.1); nichts anderes ergibt sich aus der französischen und italienischen Fassung des
Gesetzestextes (« Ces prestations comprennent: a. les examens et traitements dispensés
sous forme ambulatoire, en milieu hospitalier ou dans un établissement médico-social »,
« Queste prestazioni comprendono: a. gli esami e le terapie ambulatoriali, in ospedale
o in una casa di cura »). Es scheint auch keineswegs naheliegend, im Rahmen einer Revision,
die einzig die Neuordnung der Finanzierung der Pflegepflichtleistungen zum Ziel hatte, die Leistungserbringerschaft
betreffend die sogenannten Nebenleistungen einzuschränken. Hätte der Gesetzgeber mit der Revision
die Pflegeheime als Leistungserbringer für andere als Pflegepflichtleistungen ausschliessen wollen,
hätte er die Pflegeheime in Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG ersatzlos gestrichen und sie
nur noch in Art. 25a KVG, welcher sich nur auf Pflichtpflegeleistungen
und (die hier nicht weiter interessierende) Akut- und Übergangspflege bezieht, aufgeführt.
Dass der Wortlaut von Art. 25 Abs. 2 KVG Untersuchungen und Behandlungen erwähnt, die
in einem Pflegeheim durchgeführt werden, lässt nicht darauf schliessen,
dass von einem Pflegeheim erbrachte Leistungen von dieser Bestimmung nicht
erfasst werden (vgl. auch Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG für im
Spital durchgeführte Pflegeleistungen und Art. 25a Abs. 1
KVG für im Pflegeheim erbrachte Pflegeleistungen). Eugster
führt im KVG-Kommentar (a.a.O.) in N. 15 zu Art. 25a KVG
zunächst aus, dass der Selbstkostenanteil der Pflegeheimpatienten gemäss Art. 25a
Abs. 5 KVG lediglich die Pflegekosten, unter Ausschluss der Kosten für Medikamente, Labor,
Mittel und Gegenstände, ärztliche Behandlung und anderweitige Therapien ausschliesst. Sodann
hält er in N. 8 zu aArt. 41 KVG fest, dass Art. 41 Abs. 1 Satz 2 KVG nach
Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung für Pflegeheimleistungen
gelte. Dies sei für die von der OKP zu leistenden, gesamtschweizerisch gleichen Beiträge
an die Pflege ohne Belang, bleibe aber für anderweitige (ambulante) Pflichtleistungen
relevant. Angesichts dieser Hinweise geht Eugster offenbar davon aus, dass
Pflegeheime (auch) nach Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung neben Pflegepflichtleistungen
Nebenleistungen im Sinne des angefochtenen Beschlusses erbringen und abrechnen dürfen
(so auch Gross Hawk, Leistungserbringer, a.a.O., Rz. 34.70).
Auch der Bundesrat geht in seiner Stellungnahme zur Motion Humbel davon
aus, dass Pflegeheime die Möglichkeit haben, für zusätzlich zu den eigentlichen
Pflegeleistungen von ihnen im Sinne von Art. 25 Abs. 2 KVG erbrachte ärztliche,
therapeutische und weitere KVG-Leistungen mit den Versicherern eine Pauschale im Sinne von Art. 43
Abs. 3 KVG zu vereinbaren und diese Leistungen selbst in Rechnung zu stellen.
5.7
Somit bleibt festzuhalten, dass (auch) ab dem 1. Januar 2011 auf der kantonalen Pflegeheimliste
gemäss KVG als Leistungserbringer zugelassene Pflegeheime neben Pflegepflichtleistungen
auch andere OKP-Leistungen selbst erbringen und zulasten der Krankenversicherer abrechnen dürfen
(...). Im Gegenzug sind die Versicherer dazu verpflichtet, diese Leistungen den Pflegeheimen
zu vergüten (vgl. Art. 41 Abs. 1 KVG i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Bst. k KVG;
vgl. E. 4.3.3).
5.8
Da die Vorinstanz im angefochtenen Beschluss den Tarif für « in den auf der Zürcher
Pflegeheimliste aufgeführten Institutionen mit Standort im Kanton Zürich » festgesetzt
hat, und der Kanton Zürich somit für diese Institutionen rechtskräftig befunden hat, dass
sie sämtliche Voraussetzungen von Art. 39 Abs. 3 KVG in Verbindung mit Art. 39 Abs. 1
KVG erfüllen, ist vorliegend nicht zu prüfen, ob einzelne Institutionen die entsprechenden
Voraussetzungen nicht (vollständig) erfüllen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass alle vom
Tarif betroffenen Pflegeheime grundsätzlich dazu berechtigt sind, andere
OKP-Leistungen als Pflegepflichtleistungen selbst zu erbringen und zulasten der Krankenversicherer abzurechnen.
Die im angefochtenen Beschluss festgesetzten Tarife betreffen allerdings nur jene OKP-Leistungen, die
durch solche Institutionen selbst erbracht werden, nicht jedoch OKP-Leistungen, die durch hinzugezogene
Leistungserbringer in solchen Pflegeheimen beziehungsweise für deren Pflegeheimpatienten erbracht
und durch diese abgerechnet werden (...).
Dementsprechend sind Modelle, die eine direkte Leistungserbringung und abrechnung
durch Pflegeheime vorsehen, grundsätzlich zulässig.
6.
Zur Beurteilung der Zuständigkeit des Regierungsrates zum Erlass des angefochtenen Beschlusses
sind nach einem Blick in die aktuelle Praxis betreffend durch Pflegeheime erbrachte Nebenleistungen
und deren Vergütung (vgl. E. 6.1; ...) sowie des Inhalts des angefochtenen Beschlusses
(vgl. E. 6.3) als strittige Punkte zu prüfen,
-
ob eine Zuständigkeit des kantonalen Schiedsgerichts im Sinne von Art. 89 KVG gegeben ist,
welche eine Zuständigkeit des Regierungsrats zum Erlass des angefochtenen Beschlusses ausschliesst
(vgl. E. 6.3),
-
wie die Vergütung der von Pflegeheimen erbrachten Nebenleistungen zu regeln ist (vgl. E. 6.5),
-
darauf basierend, ob der Regierungsrat vorliegend über die Kompetenz verfügte, für
die im Beschlussdispositiv aufgeführten Leistungskategorien die konkret bezeichneten Tarife
(gestützt auf Art. 47 KVG) hoheitlich festzusetzen (vgl. E. 6.6 f.),
-
ob die Tarifpartner für die Nebenleistungen einen Pauschaltarif hätten vereinbaren und von
der Kantonsregierung hätten genehmigen lassen müssen beziehungsweise ob die Kantonsregierung
subsidiär einen Pauschaltarif hätte hoheitlich festsetzen müssen (vgl. E. 6.8).
6.1
6.1.1
In der Fachliteratur finden sich Hinweise dafür, dass vor allem die grösseren Pflegeheime
über die Jahre hinweg eine rasante Entwicklung durchlaufen haben (vgl. Häsli/Bieri,
Die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten in Schweizer Pflegeheimen, Schweizerische
Ärztezeitung 2013 S. 1956 ff.). Namentlich hochbetagte Patientinnen und Patienten, bei
denen komplexe Eingriffe sowie aufwändige Behandlungen durchgeführt würden, stellten besondere
medizinische und pflegerische Anforderungen, die (teilweise) von den Pflegeheimen übernommen werden
müssten. Die Pflegeheime würden dadurch gezwungen, das Angebot an medizinischer geriatrischer
Leistung und Kompetenz sowie hochspezialisierter Pflege auszubauen. Ausserdem werde ein erheblicher Teil
der eintretenden Bewohnerinnen und Bewohner nach kürzerer oder längerer Behandlung von den
Pflegeheimen wieder nach Hause entlassen. Die Patientinnen und Patienten seien deutlich instabiler, was
eine höhere ärztliche Präsenz erfordere. Viele Pflegezentren sähen sich daher gezwungen,
vollamtliche Heimärzte anzustellen, um den Aufgaben gewachsen zu sein. Faktisch funktionierten viele
Heime wie stationäre Einrichtungen mit einer hohen Verfügbarkeit von ärztlicher Präsenz
und medizinischem Know-how. In diesem Sinne äussern sich auch die Beschwerdegegnerinnen, soweit
sie ausführen, dass die Stadt Zürich diverse Pflegezentren betreibe, die mehr als 1 600
Betten anböten und mehr als 1 900 Personen beschäftigten. In diesen Pflegezentren würden
seit je spezialisierte geriatrisch-medizinische Dienstleistungen (nahezu notwendigerweise) durch einen
Stab von circa 16 fest angestellten Ärztinnen und Ärzten erbracht (...).
Natürlich ändern solche Entwicklungen nichts daran, dass bei (stationärer)
Spitalbedürftigkeit die entsprechende (stationäre) Behandlung nicht in einem Pflegeheim im
Sinne von Art. 39 Abs. 3 KVG, sondern in einem Spital im Sinne von Art. 39 Abs. 1
KVG durchzuführen ist (vgl. E. 5.5.1). Die im KVG vorgesehene Differenzierung von Spitälern
und Pflegeheimen als Leistungserbringerkategorien und die Zweiteilung in eine Spitalplanung
und eine Pflegeheimplanung (vgl. insb. Art. 35 Abs. 2 Bst. h
versus Bst. k, Art. 39 Abs. 1 versus Abs. 3 KVG; Art. 58a
Abs. 1, Art. 58c Bst. a und b versus Bst. c KVV) bleiben
gewahrt.
6.1.2
In den Pflegeheimen des Kantons Zürich erfolgte die Verrechnung von Pflegeleistungen
und von Pflegenebenleistungen (Ärztin oder Arzt, Therapien und Pflegematerialien) zulasten der OKP
bis zum 31. Dezember 2010 einerseits gestützt auf den BESA-Pflegeheimvertrag, andererseits
gestützt auf den RAI/RUG-Pflegeheimvertrag (...).
Beide Verträge, an welchen santésuisse als Vertragspartei beteiligt
war, sahen mindestens als Option die Vergütung der Nebenleistungen mittels Pauschale
vor. Dass dies im Kanton Zürich teilweise so gelebt wurde, wird von den Verfahrensbeteiligten nicht
bestritten. (...)
Im Kanton Zürich wurden von Pflegeheimen erbrachte Nebenleistungen
somit bis zum 31. Dezember 2010 gestützt auf die von santésuisse geschlossenen
Verträge teilweise mittels Pauschalen abgegolten.
6.1.3
Auch in anderen Kantonen umfassen Voll- oder Teilpauschalen mindestens teilweise
durch Pflegeheime erbrachte Nebenleistungen. (...)
6.2 6.3.1 (...)
6.3.2
OKP-Tarifverträge bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Kantonsregierung
oder, wenn sie in der ganzen Schweiz gelten sollen, durch den Bundesrat (Art. 46 Abs. 4 KVG).
Kommt zwischen den Leistungserbringern und Versicherern kein Tarifvertrag zustande, so setzt die Kantonsregierung
nach Anhören der Beteiligten den Tarif fest (Art. 47 Abs. 1 KVG; vgl. E. 4.3.5).
6.3.3
Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet hingegen ein Schiedsgericht
(Art. 89 Abs. 1 KVG). Zuständig ist das Schiedsgericht desjenigen Kantons, dessen Tarif
zur Anwendung gelangt, oder desjenigen Kantons, in dem die ständige Einrichtung des Leistungserbringers
liegt (Abs. 2). Die sachliche Zuständigkeit erstreckt sich auf alle Streitigkeiten zwischen
Krankenversicherern und Leistungserbringern, wenn und soweit sie Rechtsbeziehungen zum Gegenstand haben,
die sich aus dem KVG ergeben oder auf Grund des KVG eingegangen worden sind. Der Streitgegenstand muss
mit anderen Worten die besondere Stellung der Versicherer oder Leistungserbringer im Rahmen des KVG,
mithin die OKP betreffen (vgl. BGE 134 V 269 E. 2.1 m.H.). Gegenstand solcher schiedsgerichtlicher
Verfahren sind insbesondere Fragen der Anwendung des richtigen Tarifs, der richtigen Anwendung
eines Tarifs, der Wahrung des Tarifschutzes sowie die mit diesen Streitpunkten verbundenen Feststellungen,
welche Vergütung die OKP richtigerweise schuldet. Schiedsgerichtliche Domäne ist sodann die
Auslegung und rechtliche Beurteilung von Durchführungsbestimmungen in Tarif- und Zusammenarbeitsverträgen.
Nicht zuständig ist das Schiedsgericht für die Genehmigung oder eine genehmigungspflichtige
Abänderung eines Tarifvertrags, welche in den Aufgabenbereich der Kantonsregierung oder des Bundesrats
fällt (vgl. Eugster, SBVR, a.a.O., Rz. 1204 ff. S. 813 ff.
m.w.H.). Regelt entgegen der gesetzlichen Ordnung weder eine genehmigte Tarifvereinbarung noch ein behördlich
erlassener Tarif die Vergütung erbrachter Leistungen, ist das Schiedsgericht im strittigen, konkreten
Streitfall zuständig, eine Entschädigungslösung zu suchen, die den Anforderungen der sozialen
Krankenversicherung gerecht wird (vgl. Urteil des EVG K 124/02 vom 30. April 2004 [publiziert
als RKUV 2004 S. 298 ff.] E. II.6).
Da OKP-Leistungen nur erbringen kann, wer zum Erbringen der entsprechenden
Leistungen zulasten der OKP berechtigt ist, muss die zuständige Tarifgenehmigungs- beziehungsweise
Tariffestsetzungsbehörde vorfrageweise prüfen, ob der dem avisierten Tarif zu unterstellende
Leistungserbringer diese Voraussetzung erfüllt (vgl. SVR 2013 KV Nr. 10 E. 5.4 m.w.H.).
Ausserdem hat die Tariffestsetzungsbehörde (und gegebenenfalls die Beschwerdeinstanz) bei einer
hoheitlichen Tariffestsetzung vorfrageweise zu prüfen, ob ein vertragsloser Zustand vorliegt
(vgl. E. 4.3.5), soweit das für diese Beurteilung eigentlich zuständige Schiedsgericht
nicht angerufen wurde (vgl. RKUV 1997 S. 375 ff. E. II.13). (...)
6.3.4 6.3.5 (...)
6.4
6.4.1
Wie bereits dargelegt (vgl. E. 4.3), erfolgt die Bestimmung eines OKP-Tarifs aufgrund einer
Vereinbarung mittels Tarifvertrag, mit behördlicher Genehmigung und subsidiär hoheitlicher
Tariffestsetzung gemäss Art. 46 und 47 KVG, soweit das Gesetz keine Ausnahme vorsieht. In seiner
Botschaft zum KVG hat der Bundesrat ausgeführt, dass die in Art. 39 des Gesetzesentwurfs (welche
Bestimmung mit gewissen Änderungen als Art. 46 KVG in Kraft trat) aufgestellten
allgemeinen Regeln für alle Tarifverträge nach diesem Gesetz gälten. Darüber hinaus
seien gegebenenfalls die besonderen Bestimmungen zu beachten bezüglich Tarifverträgen mit Ärzteverbänden,
Spitälern und Pflegeheimen. Zu prüfen ist daher, ob Art. 50 KVG eine einschlägige
Regelung für die Vergütung für von Pflegeheimen erbrachte OKP-Nebenleistungen enthält.
Die historische Entwicklung von Art. 50 KVG stellt sich wie folgt dar:
Bis 31. Dezember 2008 geltende Fassung:
Art. 50 Tarifverträge
mit Pflegeheimen
Beim Aufenthalt in einem Pflegeheim
(Art. 39 Abs. 3) vergütet der Versicherer die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege
und bei Krankenpflege zu Hause. Er kann mit dem Pflegeheim pauschale Vergütungen vereinbaren. Die
Absätze 6 und 7 von Artikel 49 sind sinngemäss anwendbar.
Vom 1. Januar 2009 (Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung zur
neuen Spitalfinanzierung) bis 31. Dezember 2010 geltende Fassung:
Art. 50 Tarifverträge
mit Pflegeheimen
Beim Aufenthalt in einem Pflegeheim
(Art. 39 Abs. 3) vergütet der Versicherer die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege
und bei Krankenpflege zu Hause. Er kann mit dem Pflegeheim pauschale Vergütungen vereinbaren. Die
Absätze 7 und 8 von Artikel 49 sind sinngemäss
anwendbar.
Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Pflegefinanzierung
am 1. Januar 2011 geltende Fassung [Streichung durch das Gericht]:
Art. 50 Kostenübernahme
im Pflegeheim:
Beim Aufenthalt in einem Pflegeheim
(Art. 39 Abs. 3) vergütet der Versicherer die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege
nach Artikel 25aund
bei Krankenpflege zu Hause. Er kann mit dem Pflegeheim pauschale Vergütungen vereinbaren.
Die Absätze 7 und 8 von Artikel 49 sind sinngemäss anwendbar.
Schon aus dem Wortlaut der im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung
per 1. Januar 2011 vorgenommenen Änderung von Art. 50 KVG wird ersichtlich, dass dieser
sich nur auf die eigentlichen Pflegeleistungen gemäss Art. 25a KVG
bezieht, an deren Kosten die Krankenversicherer einen Beitrag leisten (« Kostenübernahme »;
« nach Artikel 25a »). Weitere Leistungen gemäss
Art. 25 Abs. 2 KVG, welche von Pflegeheimen erbracht werden, werden durch Art. 50 KVG
nicht tangiert.
Der Bundesrat ging im Rahmen seiner Rechtsprechung betreffend Pflegeheimtarife
davon aus, dass Tarife im Sinne des altrechtlichen Art. 50 KVG nicht gestützt auf Art. 50,
sondern gestützt auf Art. 46 beziehungsweise 47 KVG zu genehmigen beziehungsweise hoheitlich
festzusetzen waren. Überhaupt fanden gemäss Rechtsprechung des Bundesrates auf die entsprechenden
Pflegeheimtarife im Wesentlichen abgesehen von den dargelegten, aus Art. 50 KVG abgeleiteten
Ausnahmen die allgemeinen Tarifbestimmungen gemäss Art. 43 ff.
KVG Anwendung (vgl. für viele RKUV 2001 S. 471 E. II.3.1; RKUV 1998S. 180
E. II.3).
6.4.2
Somit stellt Art. 50 KVG für die Pflegenebenleistungen anders als Art. 25a
KVG für die eigentlichen Pflegeleistungen keine Ausnahmeregelung zu den allgemeinen
Tarif- und Preisbildungsbestimmungen des KVG dar.
6.4.3
6.4.3.1
Gemäss Art. 49 Abs. 1 KVG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) vereinbaren
die Vertragsparteien für die Vergütung der stationären Behandlung einschliesslich
Aufenthalt und Pflegeleistungen in einem Spital (Art. 39 Abs. 1) oder einem Geburtshaus (Art. 29)
Pauschalen. Gemäss Art. 49 Abs. 6 KVG (in der seit 1. Januar 2009 geltenden
Fassung) vereinbaren die Vertragsparteien die Vergütung bei
ambulanter Behandlung. Das Gesetz enthält keine (analoge) Bestimmung, wonach die Vergütung
von durch Pflegeheime erbrachte Nebenleistungen zu vereinbaren ist. Zu prüfen ist, ob daraus e contrario
zu schliessen ist, dass für durch Pflegeheime erbrachte Nebenleistungen keine Vereinbarungspflicht
(Kontrahierungszwang) besteht.
6.4.3.2
Art. 49 KVG bezieht sich (nur) auf die Vergütung von in Spitälern und Geburtshäusern
erbrachte OKP-Leistungen. Der Hauptfokus richtet sich dabei auf die stationären Leistungen einschliesslich
Aufenthalt (vgl. insb. Abs. 1, aber auch Abs. 2 5 sowie entsprechend dem Verweis
auf Art. 49 Abs. 1 KVG Art. 49a KVG [« Abgeltung
der stationären Leistungen »]). Nur Abs. 6 von Art. 49 KVG bezieht sich auf
die Vergütung bei ambulanter Behandlung. Diese separate Regelung für in Spitälern und
Geburtshäusern erbrachte ambulante Leistungen indiziert e contrario, dass die für die stationären
Leistungen geltenden Grundsätze (namentlich betreffend das Primat der Fallpauschalen) auf die ambulanten
Leistungen keine Anwendung finden, und die Vergütung der in Spitälern und Geburtshäusern
erbrachten ambulanten Leistungen den allgemeinen OKP-Tarifgrundsätzen gemäss Art. 43 ff.
KVG untersteht und somit verschiedene Tarifformen zur Wahl stehen (vgl. E. 4.3.1). Tatsächlich
werden zum Beispiel in Spitälern ambulant erbrachte ärztliche Leistungen nach der gesamtschweizerisch
einheitlichen Tarifstruktur für ärztliche Leistungen (TARMED) vergütet.
In seinem Entwurf zum KVG sah der Bundesrat in Art. 42 KVG (« Tarifverträge
mit Spitälern ») vor, dass er Bestimmungen über den Vergütungsmodus bei partiellem
Aufenthalt in einem Spital erlasse (Abs. 5). In der Botschaft führte er diesbezüglich
aus, dass bei einem partiellen Aufenthalt im Spital (z.B. bei ambulanten Geburten oder bei One-day-surgery)
die Infrastruktur des Spitals anders beansprucht werde, als bei der eigentlichen stationären Behandlung.
Dies müsse auch bei der Tarifierung in angemessener Art und Weise zum Ausdruck kommen können.
Dabei werde auch darauf zu achten sein, dass Kosten, die spezifisch dem stationären Sektor anzulasten
seien, nicht für Leistungen bei partiellem Spitalaufenthalt belastet würden und umgekehrt (Botschaft
zum KVG, BBl 1992 I 93, 187). Mit der entsprechenden Bestimmung strebte der Bundesrat somit eine sachgerechte
unterschiedliche Behandlung der in Spitälern erbrachten stationären und nicht stationären
OKP-Leistungen an. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum KVG wurde der Wortlaut von Art. 42
Abs. 5 KVG mehrfach geändert und schliesslich als Art. 49 Abs. 5 KVG mit folgendem
Wortlaut Gesetz: « Die Vertragspartner vereinbaren die Vergütung bei ambulanter Behandlung
und bei teilstationärem Aufenthalt. » Inhaltliche Aussagen zu dieser Bestimmung wurden
im Rahmen der parlamentarischen Beratungen allerdings keine gemacht (vgl. AB 1992 S 1299, 1313 f.,
1316; AB 1993 N 1852, 1861; AB 1993 S 1072, 1075; AS 1995 1343). Mangels abweichender Voten ist davon
auszugehen, dass das Parlament Art. 49 Abs. 5 KVG, wie schon der Bundesrat, zur Abgrenzung
und tarifarischen Differenzierung von stationären und nicht stationären Leistungen in Spitälern
erliess.
Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass Abs. 5 von Art. 49 KVG
(lediglich) dazu diente, für die Bestimmung der Vergütung ambulanter Leistungen einen weiteren
Spielraum einzuräumen, als für die von Spitälern erbrachten stationären Leistungen.
6.4.3.3
Im Gesetzesentwurf zur neuen Spitalfinanzierung sah der Bundesrat vor, den bisherigen Art. 49
Abs. 5 KVG zum Art. 49 Abs. 6 KVG überzuführen und wie im gesamten Rahmen
der Spitalfinanzierungsreform den Begriff teilstationär aus dem Gesetzestext zu streichen
(vgl. Botschaft vom 15. September 2004 betreffend die Änderungen des KVG, BBl 2004 5551, 5580
und BBl 2004 5593, 5596). Ausserdem wurde der Anwendungsbereich von Art. 49 KVG auf Geburtshäuser
ausgedehnt. Weitere Ausführungen zur Bedeutung von Art. 49 Abs. 6 KVG hat der Bundesrat
in seiner Botschaft nicht gemacht. Auch in den Ratsprotokollen finden sich keine einschlägigen Voten.
Somit ist davon auszugehen, dass die Neuordnung der Spitalfinanzierung nichts daran geändert hat,
dass die Bestimmung, wonach die Vertragspartner die Vergütung ambulanter Leistungen vereinbaren,
zum Ausdruck bringen sollte, dass keine Bindung an die speziell für die stationäre Leistungserbringung
geltenden Bestimmungen besteht.
6.4.3.4
Da die Pflegeheime keine stationären OKP-Leistungen erbringen, erübrigt sich für
sie im Gegensatz zu den Spitälern und Geburtshäusern eine Abgrenzung und
Differenzierung zwischen der Vergütung stationärer und ambulanter OKP-Leistungen. Daraus, dass
für Pflegeheime keine zu Art. 49 Abs. 6 KVG analoge Bestimmung besteht, wonach die
Vertragsparteien die Vergütung bei ambulanter Behandlung vereinbaren, ist daher nichts herzuleiten.
6.4.4
Sonstige Gesetzesbestimmungen, die eine entsprechende Ausnahme begründen könnten,
sind nicht ersichtlich.
6.4.5
Da OKP-pflichtige Leistungen einen Preis oder Tarif aufweisen müssen (vgl. E. 4.3.3)
und keine Ausnahmebestimmung einschlägig ist (vgl. E. 6.4.1 ff.), richtet sich die Vergütung
von durch Pflegeheime erbrachte Nebenleistungen auch im Sinne der dargelegten bundesrätlichen
Rechtsprechung nach den allgemeinen Tarif- und Preisbildungsbestimmungen des KVG (Art. 43-52a
KVG).
6.4.6
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht in BVGE 2011/61
zum Schluss gekommen ist, dass die vor Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung anwendbaren
allgemeinen Tarifbildungsbestimmungen gemäss Art. 43 ff. KVG im Rahmen der Neuordnung
der Pflegefinanzierung in Bezug auf die von der OKP an die übrigen Pflegeleistungen zu bezahlenden
Beiträge keine Anwendung mehr finden und die Kantonsregierungen keine auf diese Tariffestsetzungsbestimmungen
gestützten Tarifbeschlüsse mehr erlassen können (BVGE 2011/61 E. 5.3.3, 5.4.1 und
6.1). Diese Aussage ist dahingehend zu präzisieren, als sie lediglich in Bezug auf die in Art. 25a
Abs. 1 und 3 5 KVG geregelten eigentlichen Pflegeleistungen (im erwähnten Urteil
als « übrige Pflegeleistungen » bezeichnet [BVGE 2011/61 E. 5.2]) gilt.
Für weitere von Pflegeheimen erbrachte OKP-Leistungen, vorliegend als Nebenleistungen bezeichnet,
gelten die allgemein für diese Leistungen geltenden Bestimmungen betreffend Tarife und Preise
und deren Zustandekommen.
6.4.7
Wie zuvor ausgeführt (vgl. E. 4.3.4), sieht das KVG vier verschiedene Tarif- beziehungsweise
Preisbildungsmechanismen vor. Da vorliegend die eigentlichen Pflegeleistungen nicht Verfahrensgegenstand
sind und der Regierungsrat kein Globalbudget für Pflegeheime im Sinne von Art. 51 KVG festgesetzt
hat, werden die von Pflegeheimen erbrachten Nebenleistungen - soweit sie nicht nach behördlich
festgesetzten Preisen gemäss Art. 52 f. KVG vergütet werden (vgl. E. 6.5)
nach vereinbarten und genehmigten beziehungsweise subsidiär hoheitlich festgesetzten Tarifen gemäss
Art. 46 und 47 KVG gebildet (vgl. E. 6.6).
6.4.8
Die Vorinstanz hat für die einzelnen in Dispositivziffer II.a e angeführten
OKP-Leistungskategorien den Tarif hoheitlich festgesetzt (vgl. RRB-Dispositivziff. II. erster Absatz:
« Die Tarife [...] werden [...] wie folgt festgesetzt »
[...]). Dabei lassen sich die einzeln verfügten Tarife in zwei Kategorien unterteilen: einerseits
in jene Tarife, für welche vom EDI oder dem BAG Preise oder Tarife als im Verhältnis zwischen
den Pflegeheimen und den Versicherern massgebende Tarife festgesetzt wurden (vgl. E. 6.5), andererseits
in jene Tarife, für welche die Vorinstanz die Anwendung von anderen, vorbestehenden Tarifen angeordnet
hat (vgl. E. 6.6).
6.5
6.5.1
Die Vorinstanz hat verfügt, dass die ärztlich angeordneten, kassenpflichtigen medizinischen
Analysen gemäss den entsprechenden Tarifvereinbarungen und geltenden Taxpunktwerten für ambulante
Leistungserbringer (RRB-Dispositivziff. II.b), kassenpflichtige Medikamente auf der Grundlage
der SL mit einem Rabatt von 10 % (RRB-Dispositivziff. II.c) und die von den Leistungserbringern
abgegebenen kassenpflichtigen Mittel und Gegenstände auf der Grundlage des Höchstvergütungspreises
der MiGeL abzüglich 15 % abzurechnen seien; von der Rabattierung der Höchstvergütungspreise
seien die auf Zeiteinheiten beruhenden Pauschalen auszunehmen (RRB-Dispositivziff. II.d). Die Vorinstanz
hat somit eine Regelung für die individuelle Vergütung jeder einzelnen dieser Leistungen getroffen
(nachfolgend: Einzelvergütung).
6.5.2
Gemäss Art. 25 Abs. 1 KVG übernimmt die OKP die Kosten für die Leistungen,
die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Diese Leistungen umfassen unter
anderem die ärztlich oder unter den vom Bundesrat bestimmten Voraussetzungen von Chiropraktoren
oder Chiropraktorinnen verordneten Analysen, Arzneimittel und der Untersuchung oder Behandlung
dienenden Mittel und Gegenstände (Art. 25 Abs. 2 Bst. b KVG). Art. 52 KVG (« Analysen
und Arzneimittel, Mittel und Gegenstände ») lautet wie folgt:
1
Nach Anhören der zuständigen Kommissionen und unter Berücksichtigung der Grundsätze
nach den Artikeln 32 Absatz 1 und 43 Absatz 6:
a.
erlässt das Departement:
1.
eine Liste der Analysen mit Tarif,
2.
eine Liste der in der Rezeptur verwendeten Präparate, Wirk- und Hilfsstoffe mit Tarif; dieser umfasst
auch die Leistungen des Apothekers oder der Apothekerin,
3.
Bestimmungen über die Leistungspflicht und den Umfang der Vergütung bei Mitteln und Gegenständen,
die der Untersuchung oder Behandlung dienen;
b.
erstellt das Bundesamt eine Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten
Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste). Diese hat auch die mit den Originalpräparaten
austauschbaren preisgünstigeren Generika zu enthalten.
[...]
3.
Analysen, Arzneimittel und der Untersuchung oder der Behandlung dienende Mittel und Gegenstände
dürfen höchstens nach den Tarifen, Preisen und Vergütungsansätzen gemäss
Absatz 1 verrechnet werden. Der Bundesrat bezeichnet die im Praxislabor des Arztes oder der
Ärztin vorgenommenen Analysen, für die der Tarif nach den Artikeln 46 und 48 festgesetzt
werden kann.
Die Liste der ärztlich verordneten Analysen (nachfolgend:
Analysenliste oder AL) wird vom Departement nach Anhören der Eidgenössischen Kommission
für Analysen, Mittel und Gegenstände als Anhang 3 zur KLV erlassen (Art. 52 Abs. 1
Bst. a Ziff. 1 KVG und Art. 33 Abs. 2 KVG, Art. 34 und Art. 37f
KVV). Sie enthält die als Pflichtleistung zu vergütenden Analysen. Diese Analysenliste
stellt eine Positivliste dar, das heisst einzig die darin aufgeführten Analysen dürfen von
der Krankenversicherung vergütet werden (Art. 34 Abs. 1 KVG). Die Verrechnung einer
nicht aufgeführten Analyse unter einer anderen, in der Analysenliste aufgeführten Position
ist unzulässig. Zudem ist die Analysenliste ein sogenannter Amtstarif, das heisst ein behördlich
erlassener Tarif. Die Analysenliste, die in der Regel jährlich durch eine entsprechende Änderung
der KLV revidiert wird, enthält nebst der Bezeichnung der Analysen auch die dazugehörigen Einzelleistungstarife,
die betriebswirtschaftlich zu bemessen sind sowie sachgerecht sein müssen (Art. 43 KVG)
und dem Tarifschutz unterliegen (Art. 44 Abs. 1 KVG), das heisst die Leistungserbringer
dürfen keine höheren Vergütungen in Rechnung stellen. Einzig für das ärztliche
Praxislaboratorium kann für gewisse, in der Analysenliste bezeichnete Analysen, ein Tarif
nach den Art. 46 und 48 KVG festgesetzt werden (Art. 52 Abs. 3 KVG). Die Analysenliste
wird nur bei ambulanter Behandlung angewendet; bei stationärer Behandlung (in einem Spital
oder Geburtshaus) sind die Analysen grundsätzlich in der Pauschale inbegriffen (Art. 49
KVG). Der Taxpunktwert beträgt Fr. 1. (vgl. BAG: Einleitende Bemerkungen zu Anhang 3
KLV vom 1. Januar 2011; BAG: Analysenliste vom 1. Januar 2011, < http://www.bag.admin.ch/the
men/krankenversicherung/00263/00264/04185/06674/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCJe4R5fWym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A-- >,
abgerufen am 23.06.2015).
Hinsichtlich der Mittel und Gegenstände
gilt: Die Versicherung leistet eine Vergütung an Mittel und Gegenstände, die der Behandlung
oder der Untersuchung im Sinne einer Überwachung der Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen
dienen, die auf ärztliche Anordnung von einer Abgabestelle nach Art. 55 KVV abgegeben werden
und von der versicherten Person selbst oder mit Hilfe einer nichtberuflich an der Untersuchung oder der
Behandlung mitwirkenden Person angewendet werden (Art. 20 KLV). Gemäss Art. 20a
Abs. 1 KLV sind Mittel und Gegenstände in Anhang 2 der KLV nach Arten und Produktgruppen
aufgeführt, der sogenannten MiGeL. Mittel und Gegenstände, die in den Körper implantiert
werden oder von Leistungserbringern nach Art. 35 Abs. 2 KVG (somit auch den Pflegeheimen gemäss
Art. 35 Abs. 2 Bst. k KVG) im Rahmen ihrer Tätigkeit zulasten der OKP verwendet werden,
sind (gemäss Art. 20a Abs. 2 KLV) in der Liste nicht
aufgeführt. Die Vergütung wird mit der entsprechenden Untersuchung oder Behandlung in den Tarifverträgen
geregelt. Die MiGeL wird in der AS und in der SR nicht veröffentlicht. Sie wird in der Regel jährlich
herausgegeben (Art. 20a Abs. 3 KLV). Von den in der Liste aufgeführten
Arten von Mitteln und Gegenständen dürfen sämtliche Produkte abgegeben werden, welche
nach der Gesetzgebung des Bundes oder der Kantone in Verkehr gebracht werden dürfen. Massgebend
ist die Gesetzgebung des Kantons, in welchem sich die Abgabestelle befindet (Art. 23 KLV). Die Mittel
und Gegenstände werden höchstens zu dem Betrag vergütet, der in der Liste für die
entsprechende Art von Mitteln und Gegenständen angegeben ist (Art. 24 Abs. 1 KLV). Liegt
der von der Abgabestelle für ein Produkt in Rechnung gestellte Betrag über dem in der Liste
für die entsprechende Produkteart angegebenen Betrag, so geht die Differenz zulasten der versicherten
Person (Abs. 2; vgl. zum Ganzen auch: BAG: Kommentierte Mittel- und Gegenstände-Liste [MiGeL]
vom 1. Januar 2011, < http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/00263/00264/04184/06692/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCIdIN,e2ym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A-- >,
abgerufen am 23.06.2015).
Die Vergütungspflicht für pharmazeutische
Spezialitäten und konfektionierte Arzneimittel erstreckt sich nach Art. 52 Abs. 1
Bst. a Ziff. 2 KVG grundsätzlich nur auf Arzneimittel, die in der SL aufgeführt sind.
Die SL zählt die pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel im
Sinne einer Positivliste abschliessend auf. Es dürfen höchstens die in der SL festgesetzten
Preise verrechnet werden (Art. 52 Abs. 3 KVG). Das BAG veröffentlicht die SL in elektronischer
Form (Art. 64 KVV).
Für den Erlass der AL und der MiGeL beziehungsweise die Erstellung
der SL sind das Departement beziehungsweise das Bundesamt verpflichtet, vorgängig die zuständige
Kommission anzuhören und die Grundsätze nach Art. 32 Abs. 1 KVG (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit
und Wirtschaftlichkeit der Leistungen) und Art. 43 Abs. 6 KVG (qualitativ hochstehende
und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten) zu berücksichtigen
(Art. 52 Abs. 1 KVG; vgl. zum Ganzen: BGE 134 V 83 E. 4.1; Urteile des BGer 9C_539/2013
vom 8. April 2014 E. 3.1; 9C_1011/2012 vom 18. April 2013 E. 2.1, je m.w.H.).
6.5.3
Art. 52 Abs. 3 KVG sieht vor, dass der Bundesrat die im Praxislabor des Arztes oder
der Ärztin vorgenommenen Analysen bezeichnet, für die der Tarif nach Art. 46 und 48 KVG
festgesetzt werden kann. E contrario ist schon aufgrund des Wortlautes des Gesetzes davon auszugehen,
dass für die übrigen in Art. 52 KVG erwähnten einzelnen OKP-Leistungen (nicht im
Praxislabor eines Arztes oder einer Ärztin vorgenommene Analysen, pharmazeutische Spezialitäten
und konfektionierte Arzneimittel, Mittel und Gegenstände) kein Raum für eine tarifliche
Vereinbarung nach Art. 46 KVG und umso weniger für eine hoheitliche Tariffestsetzung
besteht (zur Frage einer allfälligen vertraglichen oder hoheitlichen Festsetzung von Pauschalen,
die solche Leistungen umfassen, vgl. E. 6.8). Aus der Bezugnahme auf Art. 48 KVG (der sich
spezifisch auf Ärzteverbände bezieht [« Tarifverträge mit Ärzteverbänden »])
wird ersichtlich, dass ein allfälliges Labor eines Pflegeheims nicht ohne Weiteres als Praxislabor
eines Arztes oder einer Ärztin im Sinne von Art. 52 Abs. 3 letzter Satz KVG gelten kann.
Diese Schlussfolgerung wird in Bezug auf Mittel- und Gegenstände auf
Verordnungsebene bestätigt: Art. 20a KLV sieht vor, dass die Mittel-
und Gegenstände, die in den Körper implantiert werden oder von Leistungserbringern nach
Art. 25 Abs. 2 KVG im Rahmen ihrer Tätigkeit zulasten der OKP verwendet werden, in der
Liste nicht aufgeführt sind, und die Vergütung für diese Mittel und Gegenstände mit
der entsprechenden Untersuchung oder Behandlung in den Tarifverträgen geregelt wird. E contrario
besteht für die auf der MiGeL geführten Mittel und Gegenstände kein Raum für eine
tarifvertragliche Regelung (und damit für eine subsidiäre hoheitliche kantonale Tariffestsetzung).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dispositivziffer II.d des angefochtenen
Beschlusses nur auf die von den Leistungserbringern abgegebenen
kassenpflichtigen Mittel und Gegenstände Bezug nimmt. Vom Beschluss erfasst werden somit nur Mittel
und Gegenstände, die im Sinne von Art. 20 KLV von einer Abgabestelle nach Art. 55 KVV
abgegeben werden und von der versicherten Person selbst oder mit Hilfe einer nichtberuflich an der Untersuchung
oder der Behandlung mitwirkenden Person angewendet werden, wofür die Kantonsregierung keine Kompetenz
zur hoheitlichen Tariffestsetzung hat. Hingegen nimmt der angefochtene Beschluss keinen
Bezug auf Mittel und Gegenstände, die von Pflegeheimen selbst
beziehungsweise ihrem Personal im Rahmen ihrer Tätigkeit zulasten der OKP verwendet
werden. (...) Unter diesen Umständen ist die Frage, inwiefern solches, von Pflegeheimen beziehungsweise
ihrem Personal verwendetes Material mit den von den Krankenversicherern gemäss Art. 25a
KVG Abs. 1 und Art. 7 f. KLV an Pflegeleistungen geleisteten Beiträge vergütet
wird oder zusätzlich separat in Rechnung gestellt werden kann, vorliegend nicht zu beantworten.
6.5.4
Auch systematisch würde eine überschneidende Zuständigkeit der den Preis festsetzenden
Bundesbehörden und tarifgenehmigender- oder tariffestsetzender kantonaler Behörden keinen Sinn
machen. Denn gemäss Art. 52 Abs. 1 KVG berücksichtigen das EDI und das BAG beim Erlass
der AL und MiGeL beziehungsweise bei Erstellung der SL die Grundsätze nach Art. 32 Abs. 1
und Art. 43 Abs. 6 KVG (vgl. E. 6.5.2). Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die
Kantonsregierung zusätzlich eine Tarifgenehmigung oder Tariffestsetzung vornehmen würde, bei
der sie insbesondere die Einhaltung der gleichen Grundsätze prüfen beziehungsweise gewährleisten
müsste und möglicherweise zu abweichenden Resultaten käme.
6.5.5
Der Bundesrat hat in seinem Beschwerdeentscheid vom 13. März 2000 in Sachen Krankenversicherer
H. und S. gegen den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt betreffend Verlängerung eines Tarifvertrags
durch die Kantonsregierung (publiziert: RKUV 2001 S. 353 E. II.4.3) unter anderem Folgendes
ausgeführt:
« Weiter enthält
das KVG Bestimmungen, welche gewisse Bereiche der Vergütung medizinischer Leistungen abschliessend
regeln, so dass für Tarifvereinbarungen zwischen Leistungserbringern und Versicherern oder
die Tariffestsetzung durch die Kantonsregierung kein Raum mehr bleibt, mithin diese Bereiche der Vertragsfreiheit
entzogen sind. So hat der Bundesrat festgehalten, dass die Vergütung von Mitteln und Gegenständen,
die der Untersuchung oder der Behandlung dienen, in den Art. 20 ff. KLV abschliessend geregelt
ist (unveröffentlichter Bundesratsentscheid vom 1. Juli 1998 i.S. Tarife im Kanton Genf).
Dasselbe gilt bezüglich der Arzneimittelliste gemäss Art. 29 KLV für Leistungen der
Apothekerin oder des Apothekers bei der Herstellung oder Vorbereitung von Rezepturen, und zwar auch dann,
wenn in der Arzneimittelliste eine offensichtliche Lücke vorliegt (unveröffentlichter
Bundesratsentscheid vom 17. Februar 1999 i.S. Tarife im Kanton Genf [in der Zwischenzeit publiziert
als RKUV 1999 S. 150]). Liegt [somit] ein Bereich vor, in dem der Umfang und die Vergütung
von Leistungen abschliessend durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung geregelt werden,
so ist dieser Bereich einer vertraglichen Regelung zwischen Versicherern und Leistungserbringern entzogen. »
In E. II.4.4 führte er weiter aus:
« Ein abschliessend
durch die obligatorische Krankenversicherung geregelter Bereich ist aber nicht bloss jeglicher vertraglichen
Vereinbarung entzogen. Vielmehr steht eine solche abschliessende Regelung auch einer hoheitlichen
Tariffestsetzung durch die Genehmigungsbehörde entgegen. »
In Bezug auf die in jenem Beschwerdeverfahren umstrittenen Laborleistungen
(Analysen) erwog er, dass solche gemäss Art. 52 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 und Abs. 3
KVG nur von der OKP zu vergüten seien, wenn sie auf der Analysenliste enthalten seien und dann höchstens
nach den entsprechenden Tarifen, Preisen und Vergütungsansätzen. Die Vergütung von Laborleistungen
werde durch die Analysenliste abschliessend geregelt und sei der Vertragsfreiheit der Parteien und der
hoheitlichen Festsetzung eines Tarifs durch die Kantonsregierung entzogen (RKUV 2001 S. 353 E. 5.1 ff.).
In seinem Beschwerdeentscheid vom 17. Februar 1999 betreffend den Tarif für von einer « Apotheke
bei Spitalpflege zuhause » erbrachte Leistungen im Kanton Genf führte der Bundesrat im
Weiteren aus, dass die Kantonsregierungen im Anwendungsbereich der SL und der Arzneimittelliste mit Tarif
keine Regelungskompetenz hätten, und vom Verfahren betreffend Erlass und Anpassung der SL und der
Arzneimittelliste mit Preisen gemäss Art. 52 KVG nicht abgewichen werden dürfe (RKUV
1999 S. 150 E. II.4.1).
6.5.6
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich unter Bezugnahme auf RKUV 2001 S. 353
die Rechtsprechung des Bundesrates zu eigen gemacht, wonach das KVG Bestimmungen enthalte, welche gewisse
Bereiche der Vergütung medizinischer Leistungen abschliessend regelten, sodass für Tarifvereinbarungen
zwischen Leistungserbringern und Versicherern oder die Tariffestsetzung durch die Kantonsregierung kein
Raum mehr bleibe (vgl. Urteile C 5354/2011 E. 4.1; C 536/2009 E. 5.1.3 f.).
In einem weiteren Urteil (C 4168/2014 vom 23. Oktober 2014 E. 2.5) bestätigt das
Bundesverwaltungsgericht, dass die Vergütung von Laborleistungen in der Analysenliste abschliessend
geregelt wird.
6.5.7
Die Verfahrensbeteiligten bringen keine substantiierten Argumente vor, die ein Abweichen
von der dargelegten Rechtsprechung rechtfertigen würden. (...)
6.5.8
In Bezug auf die in Art. 52 KVG aufgeführten Leistungen unterstehen die Tarifpartner
somit keiner Verhandlungspflicht im Sinne von Art. 46 KVG und verfügen die Kantonsregierungen
nicht über die Kompetenz, subsidiär gestützt auf Art. 47 KVG hoheitlich einen (höheren,
tieferen oder gleich hohen) Tarif zur individuellen Vergütung der übrigen in Art. 52 KVG
erwähnten einzelnen OKP-Leistungen zu erlassen (vgl. auch Gross Hawk,
Leistungserbringer, a.a.O., Rz. 34.45 ff.). Die Vorinstanz hat demnach ihre Kompetenzen verletzt,
indem sie im angefochtenen Beschluss für von der SL erfasste kassenpflichtige Medikamente, für
auf der MiGeL aufgeführte kassenpflichtige Mittel und Gegenstände und für die medizinischen
Analysen gemäss AL einen Einzelvergütungstarif festgesetzt hat (zur Frage eines allfälligen
Einbezuges und Vergütung solcher Leistungen im Rahmen eines Pauschaltarifs vgl. E. 6.8).
6.5.9
Ergänzend ist Folgendes anzuführen: Die Vorinstanz scheint davon auszugehen, dass die
vom vorliegenden Verfahren betroffenen Pflegeheime alle (zusätzlichen bzw. spezifischen) Voraussetzungen
erfüllen, um die genannten Leistungen zulasten der OKP zu erbringen. Da dies von den übrigen
Verfahrensbeteiligten nicht substantiiert infrage gestellt wird, und in Anbetracht des Verfahrensausganges
entfällt eine diesbezügliche Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht (vgl. z.B. auch
Art. 67 Abs. 1 KVV [in der am 1. Januar 2011 geltenden Fassung], wonach die SL die bei
Abgabe durch [...] Pflegeheime massgebenden
Höchstpreise enthält).
6.5.10
Der Vollständigkeit halber ist auf Folgendes hinzuweisen: In Dispositivziffer II.c verfügt
die Vorinstanz, dass die Pflegeheime berechtigt seien, den in der Apotheke bezahlten Betrag zu
verrechnen, wenn sie die Medikamente im Sinne einer Dienstleistung in der
Apotheke bezogen hätten. In einer solchen Konstellation ist allerdings (nur) die Apotheke OKP-Leistungserbringerin,
die direkt mit den OKP-Versicherern abrechnet, während das Pflegeheim (lediglich) als Vertreter
seiner Patientinnen und Patienten agiert. Daher ist der Regierungsrat nicht befugt, für dieses Dreiecksverhältnis
eine (direkte) Vergütung zwischen den Versicherern und den Pflegeheimen anzuordnen.
6.6
6.6.1
Bei in den RRB-Dispositivziffern II.a (ambulante ärztliche Leistungen), II.b (paramedizinische
Leistungen) und II.e (zwischen H+ und SVK tarifierte Leistungen) aufgeführten Leistungen handelt
es sich, was nicht substantiiert bestritten wird, grundsätzlich um OKP-Pflichtleistungen.
Dass diese grundsätzlich auch von Pflegeheimen selbst zulasten der OKP erbracht und abgerechnet
werden können, wurde bereits ausgeführt (vgl. E. 5). Da das Gesetz für diese Leistungskategorien
keine speziellen Tarif- oder Preisbildungsmechanismen vorsieht, kommen die allgemeinen Tarifvereinbarungs-
und Tariffestsetzungsmechanismen gemäss Art. 46 und 47 KVG zur Anwendung (vgl. E. 4.3.5 f.).
6.6.2
Der angefochtene Beschluss enthält keine autonome Regelung der Tarife für diese in Dispositivziffern II.a,
II.b und II.e aufgeführten, tarifvertraglich vereinbarten Leistungen. Stattdessen hat die Vorinstanz
die Pflegeheime und Versicherer verpflichtet, in Bezug auf diese Leistungen andere Tarife anzuwenden
beziehungsweise « entsprechend », « analog » zu diesen abzurechnen
(vgl. RRB-Dispositivziff. II [...]).
6.6.3
Entsprechend den Ausführungen der Verfahrensbeteiligten ist festzuhalten, dass die Pflegeheime
keinem dieser Tarife direkt unterstehen und insbesondere den entsprechenden Verträgen nicht als
Tarifpartner angehören (vgl. namentlich RRB Bst. E [...]). Etwas anderes lässt sich
auch daraus nicht ableiten, dass für andere Leistungserbringerkategorien
(z.B. Ärztinnen und Ärzte) solche Tarife gelten und sie Parteien solcher Verträge sind.
6.6.4
Dementsprechend liegt in Bezug auf diese Leistungen ein vertrags- und tarifloser Zustand vor,
was Voraussetzung für eine auf Art. 47 Abs. 1 KVG abgestützte hoheitliche Tariffestsetzung
ist (vgl. E. 4.3.5). Als weitere Voraussetzung für ein vorinstanzliches Eintreten auf das Begehren
einer auf Art. 47 KVG abgestützten hoheitlichen Tariffestsetzung müssen Vertragsverhandlungen
zwischen Versicherer und Leistungserbringer im Sinne von Art. 47 Abs. 1 KVG gescheitert sein
(vgl. E. 4.3.5).
(Schilderung der gescheiterten Vertragsverhandlungen)
Der Regierungsrat war somit grundsätzlich berechtigt und verpflichtet,
gestützt auf Art. 47 Abs. 1 KVG einen Tarif für die in RRB-Dispositivziffern II.a,
II.b und II.e aufgeführten OKP-Leistungen festzusetzen.
6.6.5
Die Tariffestsetzung erfolgte dadurch, dass der Regierungsrat Pflegeheime und Versicherer mit
Wirkung ab 1. Januar 2011 dazu verpflichtet,
-
ambulante ärztliche Leistungen gemäss TARMED mit dem im Kanton Zürich für frei praktizierende
Ärztinnen und Ärzte gültigen Taxpunktwert abzurechnen (RRB-Dispositivziff. II.a);
-
die ärztlich angeordneten, kassenpflichtigen paramedizinischen Leistungen wie Physiotherapie, Ergotherapie,
Logopädie, Ernährungsberatung gemäss den entsprechenden Tarifvereinbarungen und
geltenden Taxpunktwerten für ambulante Leistungserbringer abzurechnen (RRB-Dispositivziff. II.b);
-
alle zwischen H+ Die Spitäler der Schweiz und dem Schweizerischen Verband für Gemeinschaftsaufgaben
der Krankenversicherer (SVK) tarifierten Leistungen wie Dialysen, Heimdialysen, Peritonealdialysen,
künstliche Ernährung, mechanische Heimventilation, Transplantationen usw. gemäss den dort
vereinbarten Taxen abzurechnen (RRB-Dispositivziff. II.e).
6.6.6
Soweit in Bezug auf die in RRB-Dispositivziffern II.b und II.e erwähnten Leistungen
auf nationale Tarifverträge beziehungsweise Tarifstrukturen verwiesen wird, welchen die Pflegeheime
nicht unterstehen und welche der Bundesrat nach dem Scheitern von pflegeheimbezogenen nationalen
Verhandlungen nicht mittels Verordnung für Pflegeheime zur gesamtschweizerisch einheitlichen
Tarifstruktur bestimmt hat, stellen die diesbezüglichen Verweise der Kantonsregierung pflegeheimbezogen
eine unzulässige Festsetzung einer fiktiven nationalen Tarifstruktur dar, sodass der Beschluss diesbezüglich
als bundesrechtswidrig aufzuheben ist (vgl. BVGE 2014/18; zur Frage der Zulässigkeit eines gestützt
auf Art. 46 bzw. 47 KVG vereinbarten bzw. hoheitlich festgesetzten Pauschaltarifs vgl. E. 6.8).
6.6.7
6.6.7.1
(...)
6.6.7.2
Nach Art. 43 KVG ist bei der Tarifvereinbarung oder Festsetzung durch die zuständige
Behörde auf eine betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu
achten. Bei Tarifverträgen zwischen Verbänden sind vor dem Abschluss die Organisationen anzuhören,
welche die Interessen der Versicherten auf kantonaler oder auf Bundesebene vertreten (Abs. 4 Sätze 2
und 3). Einzelleistungstarife müssen auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur
beruhen. Können sich die Tarifpartner nicht einigen, so legt der Bundesrat diese Tarifstruktur fest
(Abs. 5). Der Bundesrat kann Anpassungen an der Tarifstruktur vornehmen, wenn sie sich als nicht
mehr sachgerecht erweist und sich die Parteien nicht auf eine Revision einigen können (Abs. 5bis
[in Kraft seit 1. Januar 2013]). Die Vertragspartner und die zuständigen Behörden achten
darauf, dass eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst
günstigen Kosten erreicht wird (Abs. 6). Die Leistungserbringer müssen sich an die vertraglich
oder behördlich festgelegten Tarife und Preise halten und dürfen für Leistungen nach diesem
Gesetz keine weitergehenden Vergütungen berechnen (Tarifschutz; Art. 44 Abs. 1 KVG). Der
Tarifschutz in weit gefasster Definition umfasst die Pflicht der Leistungserbringer und Versicherer
zur Einhaltung der massgeblichen Tarife und Preise sowohl im gegenseitigen als auch im Verhältnis
zu den Versicherten.
Der Bundesrat kann Grundsätze für eine wirtschaftliche Bemessung
und eine sachgerechte Struktur sowie für die Anpassung der Tarife aufstellen. Er sorgt für
die Koordination mit den Tarifordnungen der anderen Sozialversicherungen (Art. 43 Abs. 7
KVG). Nach Art. 59c KVV prüft die Genehmigungsbehörde
im Sinne von Art. 46 Abs. 4 des Gesetzes, ob der Tarifvertrag namentlich folgenden Grundsätzen
entspricht: a. Der Tarif darf höchstens die transparent ausgewiesenen Kosten der Leistung decken.
b. Der Tarif darf höchstens die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen Kosten
decken. c. Ein Wechsel des Tarifmodells darf keine Mehrkosten verursachen (Abs. 1). Die Vertragsparteien
müssen die Tarife regelmässig überprüfen und anpassen, wenn die Erfüllung der
Grundsätze nach Abs. 1 Bst. a und b nicht mehr gewährleistet ist. Die zuständigen
Behörden sind über die Resultate der Überprüfungen zu informieren (Abs. 2).
Gemäss Abs. 3 wendet die zuständige Behörde die Abs. 1 und 2 bei Tariffestsetzungen
nach den Art. 43 Abs. 5, 47 oder 48 des Gesetzes sinngemäss an (vgl. zum Ganzen auch BVGE
2014/18 E. 4.2 ff. m.w.H.). Die zuständige Behörde hat bei der hoheitlichen Tariffestsetzung
somit zu gewährleisten, dass die festgesetzten Tarife mit dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit
und Billigkeit in Einklang stehen und eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche
Versorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht wird. Die Behörde hat auf eine betriebswirtschaftliche
Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten. Der Tarif darf höchstens die transparent
ausgewiesenen Kosten der Leistung und höchstens die für eine effiziente Leistungserbringung
erforderlichen Kosten decken. Die entsprechenden Prüfungen müssen jeweils konkret in Bezug
auf den festzusetzenden Tarif bezogen erfolgen und den spezifischen Gegebenheiten Rechnung tragen (vgl.
z.B. BVGE 2014/18 E. 5.7 ff.). Bei einer Tariffestsetzung mittels Verweises auf einen anderen
Tarif ist hervorzuheben, dass schon der Tarif, der aus einem kantonalen Verbandsvertrag resultiert, für
ein dem Vertrag nicht beigetretenes Mitglied nicht ohne Weiteres für anwendbar erklärt
werden kann (vgl. BVGE 2010/24 E. 5 ff. unter Bestätigung und Präzisierung der
bundesrätlichen Rechtsprechung).
Umso höhere Anforderungen sind an die Anwendbarkeitserklärung
eines Tarifs auf eine andere Leistungserbringerkategorie zu stellen. So hat der Bundesrat in seinem Beschluss
vom 17. Februar 1997: Verband der Genfer Krankenversicherer gegen den Staatsrat des Kantons Genf
und die Organisationen Sitex SA und SOS Pharmaciens (publiziert in: RKUV 1999 S. 150 ff.)
befunden, dass der für eine Leistungserbringerkategorie festgesetzte Tarif nicht unbesehen auf eine
verwandte Leistungserbringerkategorie übertragen werden kann. Er subsumierte die im Kanton
Genf zugelassenen « Apotheken bei Spitalpflege zuhause » (nachfolgend Spitex-Apotheken)
als eine Form von Spitex-Organisationen, welche Leistungen gemäss Art. 7 Abs. 2 KLV (in
der damals geltenden Fassung) zulasten der OKP erbringen durften. Im Vergleich zu anderen Spitex-Organisationen
behandelten diese Spitex-Apotheken ein limitiertes Behandlungsspektrum schwerer Fälle, wofür
besondere spezifische Kenntnisse und qualifiziertes Personal (seien es diplomierte Apotheker oder Inhaber
einer postgraduate Ausbildung in klinischer Pharmazie) erforderlich seien. Dies müsse bei der Tariffestsetzung
beachtet werden. Es sei daher unzulässig, unbesehen den für Pflegende und andere Spitex-Organisationen
geltenden Tarif für die Spitex-Apotheken zu übernehmen. Stattdessen hätte eine Studie
der reellen Kosten durchgeführt werden müssen, welche die Angemessenheit der analogen Tarifübernahme
bestätigt hätte (RKUV 1999 S. 162 ff. E. II. 4.2, 4.3.3).
6.6.7.3
Wenn die Tariffestsetzung mittels Verweis auf den für die gleiche Leistungserbringerkategorie
beziehungsweise für den entsprechenden Verband geltenden Tarif und auf den für eine verwandte
Leistungserbringerkategorie geltenden Tarif unzulässig ist, muss dies umso mehr für einen
Verweis auf den für eine andere Leistungserbringerkategorie geltenden Tarif gelten.
Vorliegend wurden die für anwendbar erklärten Tarife nicht mit
Pflegeheimen als Leistungserbringerkategorie vereinbart und genehmigt oder hoheitlich festgesetzt.
Die zu solchen Tarifen führenden Vertragsverhandlungen und allenfalls daran anschliessenden
Genehmigungs- oder subsidiären Tariffestsetzungsverfahren werden jeweils spezifisch auf die entsprechenden
Leistungserbringerkategorien ausgerichtet, die ihre Interessen und Kenntnisse ihrer spezifisch-eigenen
Situation in die Verhandlungen einbringen. Dies führt zum Beispiel in Bezug auf TARMED dazu, dass
für die Leistungskategorien Spitäler und Ärzte separate Verträge ausgehandelt und
vom Bundesrat genehmigt wurden. Die kantonalen Taxpunktwerte für die beiden Leistungserbringerkategorien
sind auch keineswegs stets identisch. Die Physiotherapietarifstruktur wiederum beruhte bisher auf
einem speziell entwickelten Modellphysiotherapieinstitut, welches sich auf für den
(vom Bundesrat am 1. Juli 1998 genehmigten) nationalen Tarifvertrag für die Behandlung durch
Physiotherapeuten in freier Praxis (...) empirisch ermittelte, normativ ergänzte und
statistisch bereinigte Daten bezog (vgl. BVGE 2014/18 E. 5.4). Solche bilateralen Verhandlungen
und Genehmigungs- oder Festsetzungsverfahren können sich über Jahre hinwegziehen. So
begann der Entwicklungsprozess, der zum Inkrafttreten von TARMED per 1. Januar 2004 führte,
bereits 1986/1987 (vgl. Thomas Brumann, Tarif- und Tarifstrukturverträge
im Krankenversicherungsrecht, Hamburg, 2012, S. 145). Auch die Verhandlungen, die zur Vereinbarung
der nationalen Tarifstruktur für von freischaffenden Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen
erbrachten Physiotherapieleistungen führten, nahmen rund zehn Jahre in Anspruch (vgl. Beatrice
Gross Hawk, Selbständige nichtärztliche Medizinalpersonen in der freien Praxis
wie viel Freiheit belässt ihnen das Krankenversicherungsrecht?, 2008, Rz. 108 Fn. 226,
nachfolgend: Medizinalpersonen). Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Behörde bei der Genehmigung
oder Festsetzung solcher Tarife die vorgeschriebene Prüfung auf KVG-Konformität vorgenommen
hat, konnte dies lediglich in Bezug auf die damals betroffenen Leistungserbringerkategorien geschehen
und nur für diese Kategorie gelten. Sollen dieselben Tarife auf andere Leistungserbringerkategorien
übertragen werden, ist eine neue, auf diese Kategorien bezogene Prüfung vorzunehmen.
Anders vorzugehen würde bedeuten, dass die Genehmigung oder Festsetzung eines bestimmten Tarifs
für die eine Leistungserbringerkategorie (z.B. Spitäler als ambulante Leistungserbringer)
den Tarif für andere Leistungserbringerkategorien (z.B. Ärztinnen und Ärzte in freier
Praxis) präjudizieren würde und diverse KVG-Tarifbildungsgrundsätze (namentlich das Verhandlungsprimat
und die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung der einzelnen Tarife) de facto ausser Kraft setzen könnte.
Vorliegend ist namentlich zu beachten, dass die primäre Aufgabe von
Pflegeheimen das Erbringen von Pflegeleistungen im Sinne von Art. 25a KVG
ist. Die Pflegeheime verfügen über dementsprechend ausgerichtete Strukturen, Abläufe,
Kosten- und Ertragssysteme. Diese können in Bezug auf von ihnen erbrachte Nebenleistungen offensichtlich
nicht unbesehen mit anderen Leistungserbringerkategorien gleichgesetzt werden, deren hauptsächliche
oder einzige Tätigkeit das Erbringen der betreffenden Leistungen ist.
6.6.7.4
(Unzulässige Nichtdurchführung einer entsprechenden Prüfung in Bezug auf die vorliegend
umstrittene Tariffestsetzung durch die Vorinstanz)
6.6.7.5
Der angefochtene Beschluss ist somit (auch) mangels Durchführung einer konkreten Prüfung
der OKP-Konformität der Tarife nach RRB-Dispositivziffern II.a, II.b und II.e rechtswidrig.
6.6.8
Zu prüfen ist weiter, ob eine Tariffestsetzung mittels Verweis
in der vorliegend im Rahmen der RRB-Dispositivziffern II.a, II.b und II.e vorgenommenen
Form zulässig ist.
6.6.8.1
In seinem Urteil C 5733/2012 vom 15. Februar 2013 führte das Bundesverwaltungsgericht
aus, dass ein hoheitlicher Tariffestsetzungsbeschluss aus sich selber heraus hinreichend klar sein
müsse, weshalb jedenfalls hinsichtlich weiterer Modalitäten nicht lediglich
auf einen von anderen Parteien geschlossenen Vertrag verwiesen werden könne
(C 5733/2012
S. 8). Der dort angefochtene Beschluss bezeichnete die betroffene Leistung und den Tarif (Infrastrukturpauschale
von Fr. 700. ) direkt, und verwies nur für Modalitäten auf einen von anderen Parteien
geschlossenen Vertrag. Das Gericht hatte somit keinen Anlass dafür, sich zur Zulässigkeit eines
tarifbezogenen Verweises zu äussern. Da das Gebot der hinreichenden Klarheit eines Beschlusses und
ein Verbot des Verweises auf Drittverträge schon für Modalitäten gilt, welche nicht Gegenstand
eines Tariffestsetzungsbeschlusses sein müssen (vgl. BVGE 2010/24 E. 7.3), muss dies umso mehr
für den zwingenden Inhalt von Tarifverträgen beziehungsweise subsidiären Tariffestsetzungsbeschlüssen
gelten. Dazu gehören im Wesentlichen die Nennung der tarifierten Leistungen, die vereinbarte Taxe
und im Falle eines komplexen mehrteiligen Einzelleistungsvertrags (z.B. nach dem Modell TARMED)
die Tarifstruktur also die Parameter für die Tariffestsetzung (vgl. Urteil
C 5354/2011
E. 4.2.1).
6.6.8.2
Als Genehmigungsbehörde hat der Bundesrat am 26. Mai 2004 über die Genehmigung
des zwischen dem Verband der Heilbäder und santésuisse am 22. Mai 2001 geschlossenen (nationalen)
Vertrags über physiotherapeutische Leistungen in anerkannten Heilbädern befunden. Dieser Vertrag
sah vor, dass « der Physiotherapietarif sowie die sonstigen vertraglichen Bestimmungen gemäss
dem Vertrag SPV-KSK vom 01.09.1997 » anwendbar seien. In seinem Genehmigungsentscheid hielt
der Bundesrat fest, dass mit dieser Klausel lediglich die (vom Bundesrat bereits genehmigte) Tarifstruktur
übernommen werde und der unter Ziffer 5 des Vertrags enthaltene Verweis, wonach der im Kanton
für den Vertrag SPV-KSK verhandelte oder behördlich festgelegte Taxpunktwert gelte, nicht Bestandteil
des Tarifvertrags bilden könne, weil die Vertragsparteien nicht identisch seien und dieser Verweis
daher auf eine ausserhalb des Vertrags liegende Bezugsgrösse abziele (vgl. Gross
Hawk, Medizinalpersonen, a.a.O., Rz. 379 inkl. Fn. 865). Folgt man dieser Argumentation,
ist ein Verweis auf einen anderen Vertrag umso mehr unzulässig, wenn er nicht vertraglich vereinbart,
sondern in einem mangels einvernehmlicher Regelung notwendig gewordenen hoheitlichen
Tariffestsetzungsbeschluss verwendet wird.
6.6.8.3
Für eine strenge Handhabung der Zulässigkeit von Verweisen auf bestehende Tarifvereinbarungen
und Tarife spricht auch, dass der anwendbare Tarif und allfällige damit verbundene Modalitäten
den einzelnen Krankenversicherern und Leistungserbringern zweifelsfrei bekannt sein müssen, damit
sie ihn korrekt anwenden können. Weiter muss es den Versicherten möglich sein, den im konkreten
Einzelfall massgebenden Tarif identifizieren und dessen korrekte Anwendung kontrollieren zu können
(vgl. auch Art. 42 Abs. 3 KVG). Schliesslich setzt auch eine allfällige gerichtliche Beurteilung,
ob in einem Streitfall richtig Rechnung gestellt wurde, eine zweifelsfreie Identifikation der massgebenden
Tarifbestimmungen voraus.
6.6.8.4
Sogar wenn davon ausgegangen werden sollte, dass Verweise auf ausserhalb der Tariffestsetzung
liegende Bezugsgrössen nicht in jeder Konstellation verboten sind, wären doch hohe Anforderungen
an die Verweise zu stellen, damit deren Verwendung im konkreten Tariffestsetzungsbeschluss bejaht
werden kann. Der Verweis muss mindestens garantieren, dass die betroffenen Krankenversicherer, Leistungserbringer,
Versicherten und allenfalls angerufenen Gerichte den Tarif, auf den abgestellt wird, ohne grossen Aufwand
identifizieren und darauf Zugriff nehmen können. Der Identifikationsbedarf wird umso grösser,
je komplizierter die dem anwendbar erklärten Tarif zugrunde liegende Basis und je grösser die
Verwechslungsgefahr beziehungsweise Unsicherheit einer klaren Identifikation ist, dass bei der Anwendung
im Einzelfall auf einen falschen Tarif abgestützt wird, zum Beispiel weil für verschiedene
Einkaufsgemeinschaften und/oder Verbände/Gruppen von Leistungserbringern unterschiedliche
Tarife für die gleichen Leistungen bestehen.
6.6.8.5
Für eine korrekte Identifikation eines Tarifvertrags sind mindestens der Titel des Vertrags,
die Vertragsparteien, die im Vertrag geregelten Leistungen, das Datum der Vertragsunterzeichnung und
der zeitliche Geltungsbereich des Vertrags notwendig. Ausserdem sollte der Genehmigungsbeschluss der
Kantonsregierung identifiziert werden; sollten sich daraus Abweichungen zum Vertrag ergeben, muss
der Genehmigungsbeschluss bezeichnet werden. Resultiert der Tarif hingegen aus einem hoheitlichen
Festsetzungsbeschluss, muss dieser identifiziert werden, wozu mindestens seine offizielle Bezeichnung,
das Beschlussdatum, der Kreis der betroffenen Leistungserbringer und Krankenversicherer,
die betroffenen OKP-Leistungen und sein zeitlicher Geltungsbereich notwendig sind. Resultiert der Tarif,
auf welchen verwiesen wird, aus einer Kombination verschiedener Verträge und/oder Tariffestsetzungsentscheide
(z.B. national vereinbarte, vom Bundesrat genehmigte Tarifstruktur und in deren Rahmen erfolgter kantonaler
Tariffestsetzungsbeschluss), sind sämtliche massgebenden Elemente zu identifizieren und allenfalls
deren genaues Zusammenspiel offenzulegen. In jedem Fall muss den Verweisen auch entnommen werden können,
welche Teile der Verträge beziehungsweise Beschlüsse für anwendbar erklärt werden.
6.6.8.6
Vorliegend verweisen die betreffenden RRB-Dispositivziffern lediglich allgemein auf den im Kanton
Zürich gültigen TARMED-Taxpunktwert für frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte
(Ziff. II.a) beziehungsweise auf die entsprechenden Tarifvereinbarungen und die geltenden Taxpunktwerte
für ambulante Leistungserbringer (Ziff. II.b). Ziffer II.e verweist auf die zwischen H+
Die Spitäler der Schweiz und dem Schweizerischen Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer
(SVK) tarifierten Leistungen, die « gemäss den dort vereinbarten Taxen » abzurechnen
seien. Diese Dispositivziffern enthalten somit nahezu keine der für eine zweifelsfreie Identifikation
der Bezugsgrössen (namentlich der Vereinbarungen, Genehmigungsbeschlüsse und/oder Tariffestsetzungsbeschlüsse)
notwendigen Angaben. In Bezug auf die paramedizinischen und die zwischen H+ und SKV betroffenen Leistungen
fehlt es sogar an einer vollständigen Bezeichnung der Leistungskategorien, auf die Bezug genommen
wird (paramedizinische Leistungen « wie »
Physiotherapie; « [...] Transplantationen usw. »).
Wer in Dispositivziffer II.b als ambulanter Leistungserbringer gemeint ist, ist nicht ersichtlich,
zumal nur ambulant erbrachte Leistungen betroffen sein sollen. Weiter geht aus dem angefochtenen Beschluss
nicht klar hervor, ob sich der Verweis auf externe Bezugsgrössen beziehungsweise deren Anwendbarkeitserklärung
(lediglich) auf den Tarif selbst bezieht allenfalls festgesetzt aus einer Kombination von
Tarifstruktur und Taxpunktwert oder ob auch Modalitäten, die in den Tarifvereinbarungen
und/oder Festsetzungsbeschlüssen geregelt sind, für anwendbar erklärt werden. So
wird im RRB unter Bst. E. erklärt, dass die Tarife und Modalitäten für Nebenleistungen
festzusetzen seien. In « G. Tarife und Modalitäten ab 1. Januar 2011 »
wird als sachgerecht erachtet, auf « Tarifregelwerke » und auf « die entsprechenden
Genehmigungsbeschlüsse » des Regierungsrates zu verweisen. Beides indiziert, dass
auch mit den entsprechenden Tarifen verbundene Modalitäten, die aber nicht genauer umschrieben oder
eingegrenzt sind, als anwendbar erklärt werden. Gemäss Dispositivziffer II.b soll
ausserdem gemäss den entsprechenden Tarifvereinbarungen und geltenden Taxpunktwerten abgerechnet
werden. Im ersten Absatz von Dispositivziffer II. werden hingegen lediglich die Tarife, in Dispositivziffer II.a
der gültige Taxpunktwert und in Dispositivziffer II.e die vereinbarten Taxen erwähnt,
was indiziert, dass nur die (entsprechenden) Tarife ohne allfällige Modalitäten anwendbar
erklärt werden.
6.6.8.7
Der angefochtene Beschluss indiziert weiter, dass die per 1. Januar 2011 referenzierten Tarife
in Bezug auf die Pflegeheime nicht unverändert anwendbar sein sollen, sondern allfällige Anpassungen
des Referenztarifs zu einer automatischen Anpassung der für die Pflegeheime geltenden Tarife führen
sollen (im Sinne eines dynamischen Verweises). Der Beschluss sieht sogar vor, dass im Falle eines gekündigten
Vertrags beziehungsweise vertragslosen Zustandes die zuletzt gültigen Vereinbarungen zu den
einzelnen Nebenleistungen als anwendbar gelten, bis ein neuer Tarifvertrag zustande gekommen beziehungsweise
der Tarif hoheitlich festgelegt ist (RRB-Dispositivziff. II zweiter Absatz).
In BVGE 2010/24 befand das Bundesverwaltungsgericht, dass es unzulässig
sei, in einem TARMED-Taxpunktwert-Festsetzungsentscheid betreffend einen einzelnen Arzt vorzusehen, dass
der festgesetzte Taxpunktwert jeweils automatisch an künftige Veränderungen des Taxpunktwerts
gemäss dem kantonalen TARMED-Anschlussvertrag angepasst werde (BVGE 2010/24 E. 8.2 und 9).
Das Gericht führte aus, dass ein solcher Anpassungsautomatismus (bzw. der dazu führende dynamische
Verweis) sich schon deshalb als nicht rechtmässig erweise, weil zu solchen allfälligen zukünftigen
Taxpunktanpassungen betreffend den einzelnen Arzt entgegen Art. 14 PüG keine
Stellungnahme der PUE eingeholt werden könne. Ergänzend ist anzufügen, dass zugleich
wenn die Anpassung auf Verbandsebene erfolgt das Anhörungsrecht der Organisationen, welche
die Interessen der Versicherten auf kantonaler Ebene vertreten, verletzt wird (Art. 43 Abs. 4
KVG; Urteil des BVGer
C 5543/2008 vom 1. April 2011 E. 7.5 m.H.).
Überhaupt setzt ein solcher Anpassungsautomatismus den vom KVG vorgesehenen Mechanismus für
die Tariffestsetzung ausser Kraft (vgl. RKUV 2001 S. 371 ff. E. II.3.2.2). Auch liegt
jedenfalls dann, wenn die von der automatischen Tarifanpassung betroffenen Tarifpartner
nicht in das Verfahren betreffend die Anpassung des Referenztarifs mit einbezogen werden eine
Verletzung ihres Anspruches, vor der Tarifveränderung angehört zu werden (vgl. Art. 47
Abs. 1 KVG), beziehungsweise ihres grundsätzlichen Anspruches auf rechtliches Gehör (gemäss
Art. 29 Abs. 2 BV) vor.
Gegen die im angefochtenen Beschluss vorgesehene andauernde Gültigkeit
einer dahingefallenen vertraglichen Regelung spricht zusätzlich, dass mit diesem Dahinfallen auch
die Gründe bedeutungslos werden, die zur Rechtfertigung des ursprünglichen Anknüpfens
an den Referenztarif vorgebracht wurden, zumal der referenzierte Tarif sichtlich schon von direkt beteiligten
Tarifpartnern nicht mehr für gesetzeskonform und/oder sachgerecht beurteilt wird. Ausserdem schafft
diese Fiktion zusätzliche Unklarheiten betreffend den massgebenden Tarif. Auch geht aus besagtem
Passus des Dispositivs nicht klar hervor, ob damit die Zeitspanne, in welcher kein Tarif besteht und
im Nachhinein keiner vereinbart und genehmigt beziehungsweise hoheitlich festgesetzt wird, (definitiv)
überbrückt werden soll, oder ob es sich dabei um einen provisorischen Tarif handelt, der im
Falle einer rückwirkenden Tarifgenehmigung oder festsetzung einer Rückabwicklung untersteht.
Unklar bleibt weiter, inwiefern sich allfällige von den Genehmigungs- oder Festsetzungsbehörden
oder dem Bundesverwaltungsgericht (im Beschwerdefall) in Bezug auf den referenzierten Tarif angeordnete
provisorische Regelungen/Tarife auswirken. Gegen die Zulässigkeit der unbefristet fingierten Anwendung
eines referenzierten Tarifs beziehungsweise Tarifvertrags spricht ausserdem, dass Art. 47 Abs. 3
KVG den Kantonsregierungen nur erlaubt, einen bestehenden Tarifvertrag im Anschluss an dessen Ausserkrafttreten
um ein Jahr zu verlängern. Kommt kein Vertrag zustande, haben die Kantonsregierungen nach Anhören
der Beteiligten eine hoheitliche Tariffestsetzung vorzunehmen. Umso weniger sollte ein solcher Vertrag
nach Ablauf der Verlängerungsfrist als Referenzwert unbefristet Geltung behalten können.
6.6.8.8
Die in den Dispositivziffern II.a, II.b und II.e des angefochtenen Beschlusses ab 1. Januar
2011 festgesetzten Tarife sind somit unzureichend bestimmbar, unterstehen einem unzulässigen
Anpassungsautomatismus und sollen mit zusätzlichen Unsicherheiten belastet und ohne
ersichtliche Rechtfertigung einem fiktiven Tarif folgen. Aus diesen Gründen sind die mit
diesen Dispositivziffern festgesetzten Tarife als rechtswidrig aufzuheben.
6.7
6.7.1
Wie dargelegt wurde, verstösst der angefochtene Beschluss zum einen insofern gegen Bundesrecht,
als der Regierungsrat gestützt auf Art. 47 KVG für die individuelle Vergütung der
von der SL erfassten kassenpflichtigen Medikamente, der auf der MiGeL aufgeführten kassenpflichtigen
Mittel und Gegenstände und der medizinischen Analysen gemäss AL einen Einzelvergütungstarif
festgesetzt hat, obwohl er nicht über die entsprechende Kompetenz verfügt. Es besteht für
die entsprechenden OKP-Leistungen keine Tariflosigkeit. Vielmehr gelten diesbezüglich
grundsätzlich die von den Bundesbehörden festgesetzten Einzelvergütungspreise von
Gesetzes wegen auch für die Pflegeheime, soweit sie individuell die für die entsprechende Leistungserbringung
vorausgesetzten Bedingungen erfüllen (zur allfälligen Vergütung solcher Leistungen
im Rahmen eines kantonalen, nicht eine Einzelvergütung solcher Leistungen vorsehenden Tarifs
vgl. E. 6.8). Es besteht diesbezüglich somit kein (zwingender) Handlungsbedarf.
6.7.2
Zum anderen verstösst der angefochtene Beschluss in Bezug auf die übrigen Leistungskategorien
(gemäss RRB-Dispositivziff. II.a, II.b und II.e) gegen Bundesrecht, weil nur der Bundesrat
über die Kompetenz verfügt, Einzelleistungstarifstrukturen zu genehmigen oder festzusetzen.
In Bezug auf diese Leistungskategorien besteht somit Tariflosigkeit, die entsprechend den allgemeinen
Tarifgrundsätzen gemäss Art. 43 ff. KVG durch einen vom Regierungsrat zu
genehmigenden Tarifvertrag beziehungsweise subsidiär durch eine hoheitliche Tariffestsetzung
(gestützt auf Art. 46 bzw. 47 KVG) behoben werden muss (vgl. E. 4.3.5).
Zu prüfen bleibt, ob die Tarifpartner und der Regierungsrat zur Behebung dieser Tariflosigkeit (nachfolgend:
Tariflücke) auf eine bestimmte Tarifform zurückgreifen müssen und zum Beispiel nur ein
Pauschaltarif vereinbart und genehmigt beziehungsweise subsidiär hoheitlich festgesetzt werden darf.
6.8
6.8.1
Wie an früherer Stelle ausgeführt wurde, können gestützt auf Art. 46
beziehungsweise 47 KVG (je i.V.m. Art. 43 KVG) grundsätzlich Zeittarife, Pauschaltarife, Einzelleistungstarife
oder Mischformen davon vereinbart beziehungsweise hoheitlich festgesetzt werden (vgl. E. 4.3.1).
Bei der Wahl des Tarifmodells verfügen die Tarifpartner und subsidiär der Regierungsrat über
ein grosses Ermessen, soweit die Zielsetzung einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen gesundheitlichen
Versorgung zu möglichst günstigen Kosten gewahrt bleibt (vgl. BVGE 2012/18 E. 5.3,
5.4 und 21.4; BGE 126 V 344 E. 4.a; RKUV 1997 S. 375 ff. E. II.9.3; Eugster,
KVG-Kommentar Art. 43 N. 6; Gross Hawk, Leistungserbringer, a.a.O.,
Rz. 34.21 und Rz. 34.141 f.). So kann die Kantonsregierung
beispielsweise im Rahmen der hoheitlichen Tariffestsetzung insbesondere auch ein neues Tarifmodell einführen,
ohne sich dafür mit den Versicherern vorgängig ins Einvernehmen zu setzen (vgl. BVGE
2012/18 E. 21.4). Auch akzeptierte der Bundesrat in seiner Rechtsprechung zu von Pflegeheimen erbrachten
Pflege- und Nebenleistungen, dass für deren Vergütung Pauschaltarife vereinbart beziehungsweise
subsidiär hoheitlich festgesetzt wurden, die auch OKP-Leistungskategorien umfassten, deren
Einzelvergütung bereits von Bundesbehörden geregelt worden war (namentlich Analysen gemäss
AL, Arzneimittel gemäss SL, Mittel- und Gegenstände gemäss MiGeL; vgl. E. 5.5.3;
vgl. auch Eugster, SBVR, a.a.O., Rz. 889 S. 698).
6.8.2
Da Einzelleistungstarife auf einer gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstruktur beruhen
müssen und eine solche für von Pflegeheimen erbrachte Nebenleistungen nicht besteht, fällt
die Vereinbarung oder Festsetzung eines Einzelleistungstarifs vorliegend allerdings ausser Betracht
(vgl. E. 6.6.6).
6.8.3
Vom BAG wird geltend gemacht, dass ein allfälliger Nebenleistungstarif die Form eines
Pauschaltarifs annehmen müsse (...), was im Folgenden zu prüfen ist.
6.8.3.1
Im Gesetz findet sich keine Norm, wonach für von Pflegeheimen erbrachte Nebenleistungen Pauschalen
vereinbart oder subsidiär hoheitlich festgesetzt werden müssten.
6.8.3.2
Zu prüfen ist, ob aus Art. 50 KVG eine entsprechende Pflicht hergeleitet werden kann.
Diesbezüglich ist vorauszuschicken, dass Art. 50 KVG sich in der
ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung nur auf die eigentlichen Pflegeleistungen gemäss
Art. 25a KVG bezieht, an deren Kosten die Krankenversicherer
einen Beitrag leisten. Weitere Leistungen gemäss Art. 25 Abs. 2 KVG, welche von Pflegeheimen
erbracht werden, werden durch Art. 50 KVG nicht tangiert (vgl. E. 6.4.1). Damit ist grundsätzlich
ausgeschlossen, dass aus Art. 50 KVG auf eine Pflicht zur Vereinbarung beziehungsweise hoheitlichen
Festsetzung von Pauschaltarifen für von Pflegeheimen erbrachte Nebenleistungen zu schliessen ist.
Der Vollständigkeit halber ist im Folgenden ein Blick auf die Entstehung und Entwicklung von
Art. 50 KVG und auf die diesbezügliche Rechtsprechung zu werfen.
In seiner Botschaft zum KVG sprach der Bundesrat Pauschaltarifen gegenüber
Einzelleistungstarifen eine kostendämpfende Wirkung zu, zumal Einzelleistungstarife gewisse Anreize
zur Leistungserbringung, und damit zur Mengenausweitung in sich trägen. Gerade die Mengenausweitung
spiele aber bekanntlich bei der Kostenentwicklung eine entscheidende Rolle (Botschaft zum KVG, BBl 1992
I 93, 174, 184). Der bundesrätliche KVG-Entwurf enthielt einen Art. 43, der inhaltlich im Wesentlichen
dem Gesetz gewordenen Art. 50 KVG entspricht, der mit dem Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung
am 1. Januar 2009 keine wesentliche Änderung erfahren hat (vgl. E. 6.4.1). In seiner Botschaft
zum KVG führte der Bundesrat aus, dass die im Entwurf vorgesehenen, für den Tarifvertrag aufgestellten
allgemeinen Grundsätze und Regeln für alle Tarifverträge gemäss KVG gälten.
Darüber hinaus seien gegebenenfalls noch die besonderen Bestimmungen bezüglich Tarifverträge
mit Pflegeheimen (Art. 43) zu beachten (Botschaft zum KVG, BBl 1992 I 93, 171 f., 180).
Gemäss Art. 43 KVG übernehme die Versicherung bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim
die gleichen Kosten wie bei ambulanter Behandlung, wohingegen die Kosten für Aufenthalt und
Verpflegung anders als beim Spitalaufenthalt aus anderen Quellen finanziert würden,
nämlich aus den persönlichen Einkünften der Patienten, namentlich den Renten der AHV/IV/EL
(allenfalls auch aus den Renten der zweiten Säule) und aus Steuergeldern (Botschaft zum KVG, BBl
1992 I 93, 127, 152; vgl. auch Eugster, KVG-Kommentar, Art. 50 N. 1).
Den Pauschaltarif habe man unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die
Kranken- und Unfallversicherung (KUVG [BS 8 281]; in Kraft bis 31. Dezember 1995) insbesondere bei
der Abgeltung der Spitalaufenthalte gekannt; es sei aber gut vorstellbar, dass Pauschaltarife und Zeittarife
in Zukunft vermehrt in der ambulanten Behandlung zur Anwendung kämen. In manchen Vernehmlassungen
sei die Meinung vertreten worden, dass die Pauschalvergütung auch im Pflegeheim die Regel bilden
werde. Die Vorlage lasse diese Möglichkeit ausdrücklich offen,
schreibe sie jedoch nicht als Regel vor (Botschaft zum KVG, BBl 1992 I 93, 173, 187). Weiter seien
die Bestimmungen über die Kostenkontrolle bei Spitälern sinngemäss auf die Pflegeheime
anwendbar, wobei der Bundesrat unter anderem auf seine Ausführungen zu Art. 37 des Entwurfs
verwies, dessen Abs. 1, Abs. 2 Bst. a c, Abs. 3 und Abs. 4 erster Satz
namentlich die Tarifarten Zeittarif, Einzelleistungstarif und Pauschaltarif nennen und unverändert
im Rahmen der parlamentarischen Beratung als Art. 43 KVG Gesetz wurden (Botschaft zum KVG,
BBl 1992 I 93, 172 f., 187). Aus dem Wortlaut und den Materialien betreffend Art. 50 KVG wird
somit ersichtlich, dass dieser in seiner ursprünglichen Form die Vereinbarung von Pauschalen ermöglichen,
aber nicht dazu verpflichten sollte.
Als nach Einführung des KVG für die Beurteilung von Beschwerden
gegen kantonale Entscheide betreffend Pflegeheimtariffestsetzungen oder Nichtgenehmigung von Pflegeheimtarifverträgen
zuständige Rechtsmittelinstanz bestätigte der Bundesrat in seiner Rechtsprechung
jeweils, dass sich aus Art. 50 KVG herleite, dass Unterkunft und Verpflegung bei Pflegeheimaufenthalten
nicht von der OKP bezahlt würden. Die eigentlichen Pflegeleistungen gemäss Art. 7 KLV
seien zum ambulanten Bereich zu zählen unabhängig davon, ob ein
Pauschaltarif festgesetzt worden sei oder nicht. Damit habe der Gesetzgeber im Gegensatz
zu den Spitälern eine Finanzierung der Pflegeheime als Institutionen und damit eine Anrechnung
der allgemeinen Infrastruktur- und Betriebskosten bei der Ermittlung der Kosten der Leistungen ausgeschlossen.
Der Gesetzgeber habe sie aber in einem gewissen Grade den Spitälern gleichgestellt, indem
die Pflegeheime ebenfalls der Kostenkontrolle unterliegen und deshalb eine Kostenrechnung und eine Leistungsstatistik
führen müssten (vgl. RKUV 1999 S. 371 E. II.5; RKUV 2001 S. 471 E. II.4;
vgl. auch Art. 7 Abs. 3 KLV in der vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 geltenden
Fassung). Die Entscheide der Kantonsregierungen betreffend Pflegeheimtariffestsetzungen wurden hingegen
nicht gestützt auf Art. 50 KVG, sondern zu Recht, wie der Bundesrat jeweils ausführte
gestützt auf Art. 47 KVG verfügt. Auf die entsprechenden Pflegeheimtarife waren
im Wesentlichen abgesehen von den dargelegten, aus Art. 50 KVG abgeleiteten Ausnahmen
die allgemeinen Tarifbestimmungen gemäss Art. 43 ff. KVG
anwendbar (vgl. für viele RKUV 2001 S. 471 E. II.3.1; RKUV 1998 S. 180 E. II.3).
So leitete der Bundesrat aus Art. 43 Abs. 2 KVG, wonach als Tarifierungsart namentlich ein
Zeittarif, ein Einzelleistungstarif und ein Pauschaltarif möglich waren, ab, dass Pauschalen
nur eine Möglichkeit der Tarifierung waren und keine Pflicht des Regierungsrates
bestand, für die zusätzlichen Leistungen eine Pauschale festzulegen (...). Die Verwendung
eines Pauschaltarifs (im Verhältnis zu einer detaillierten Einzelleistungsabrechnung) reduziere
administrative Kosten, könne allerdings auch zu einer unerwünschten Einschränkung der
Transparenz führen (vgl. RKUV 1998 S. 161 ff. E. II.12; RKUV 2001 S. 471 E. II.4.2).
Auch aus dieser Rechtsprechung ist darauf zu schliessen, dass Art. 50 KVG in seiner ursprünglichen
Form die Option der Vereinbarung von Pauschaltarifen vorsah, aber keine entsprechende Pflicht.
Der Bundesrat sah in seinem Entwurf von Art. 50 KVG zur Neuordnung
der Pflegefinanzierung vor, dass für die in den Pflegeheimen gewährte Behandlungspflege Pauschalen
zu vereinbaren seien. Damit werde gegenüber dem geltenden Recht, das die pauschale Vergütung
lediglich in einer deklaratorischen Kann-Vorschrift erwähne, die Möglichkeit einer Einzelleistungstarifierung,
die erfahrungsgemäss tendenziell die Mengenausweitung fördere, explizit ausgeschlossen
(Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2033, 2071 Ziff. 2.3.2.3, 2077 Ziff. 3.1.1).
Letztlich erachtete der Bundesrat die in Art. 43 Abs. 2 KVG vorgesehenen Tarifierungsarten,
wozu auch der Pauschaltarif gehört, als zulässige Tarifierungsarten für die vor
Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung geltenden Pflegeheimtarife. Wie bereits ausgeführt,
wurde die vom Bundesrat vorgesehene Aufteilung der OKP-Pflegeleistungen in Grund- und Behandlungspflege
vom Parlament verworfen. Dieses schrieb für die Akut- und Übergangspflege die Pflicht zur Vereinbarung
von Pauschalen fest (letzter Satz von Art. 25a Abs. 2 KVG).
Für die Pflegeleistungen gemäss Art. 25a Abs. 1
KVG, auf welche Art. 50 KVG sich bezieht, und an welche die OKP mittels Verordnung des Bundes festgesetzte
Tarife zu entrichten hat, entfiel systemgemäss die Möglichkeit der Vereinbarung von Pauschalen.
Dementsprechend wurde die Bezugnahme auf Pauschaltarife aus Art. 50 KVG (diesbezüglich)
diskussionslos entsprechend den jeweiligen Kommissionsanträgen gestrichen (AB 2006 S 659 f.;
AB 2007 N 1119).
Somit kann aus Art. 50 KVG keine Pflicht zur Vereinbarung beziehungsweise
hoheitlichen Festsetzung von Pauschaltarifen für von Pflegeheimen erbrachte Nebenleistungen hergeleitet
werden.
6.8.4
Gegen eine Pflicht zur Vereinbarung (bzw. subsidiär
zur hoheitlichen Festsetzung) von Pauschaltarifen betreffend die von Pflegeheimen erbrachten Nebenleistungen
spricht ausserdem e contrario, dass der ebenfalls mit der Neuordnung der Pflegefinanzierung eingeführte
Art. 25a Abs. 2 KVG für die Akut- und Übergangspflege,
die ebenfalls von Pflegeheimen erbracht werden kann (vgl. Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 7
Abs. 1 Bst. c KLV [je in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung]), eine solche Pflicht
explizit statuiert. Eine entsprechende Pflicht gilt im Übrigen
gemäss Art. 49 Abs. 1 KVG (in den ab 1. Januar 1996 bzw. 1. Januar 2009
geltenden Fassungen) seit Einführung des KVG auch für stationäre Behandlungen
in Spitälern. Dass Art. 49 Abs. 6 KVG die Spitäler und Geburtshäuser für
die Vergütung von ambulanten Leistungen von der Vereinbarung von Pauschaltarifen befreit (vgl.
E. 6.4.3), kann als zusätzliches Indiz dafür gedeutet werden, dass für Pflegeheime
keine Pauschaltarifpflicht besteht.
6.8.5
Während vorliegend verschiedene Gründe für einen Pauschaltarif sprechen, muss
die Vergütung der von Pflegeheimen erbrachten Nebenleistungen somit nicht mittels Pauschalen
erfolgen (vgl. auch Gross Hawk, Leistungserbringer, a.a.O., Rz. 34.21
e contrario). Vielmehr stehen mit Ausnahme eines Einzelleistungstarifs den Tarifpartnern
und dem Regierungsrat grundsätzlich sämtliche Tarifarten, auch Pauschaltarife, zur Wahl offen.
Im Rahmen eines Zeit- oder Pauschaltarifs besteht die Option, nicht aber die Pflicht, auch Leistungen
in die Pauschalvergütung einzubeziehen, deren Einzelvergütung von Bundesbehörden
geregelt wurde (vgl. E. 6.8.1). Wie allgemein bei der Tarifbildung verfügen die Tarifpartner
und die Kantonsregierungen bei der Tarifbildung über ein weites Ermessen, in welches das Bundesverwaltungsgericht
nur mit Zurückhaltung eingreift (vgl. E. 6.8.1). Es ist vorliegend nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts,
den Parteien Vorschriften zur Tarifart oder Tarifhöhe zu machen, zumal lediglich die Bildung von
Einzelleistungstarifen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Immerhin würde für die Bildung
von Pauschaltarifen sprechen, dass die Pflegeheime und Versicherer im Kanton Zürich eine solche
Praxis gepflegt haben, die auch in anderen Kantonen oder bei anderen Vertragsparteien Anwendung findet
(vgl. E. 6.1). Somit sind die Tarifpartner in Anbetracht des vorliegenden Urteils
dazu anzuhalten, auf kantonaler Ebene Tarifverhandlungen aufzunehmen und eine vertragliche Lösung
anzustreben. Eine solche ist dann durch den Regierungsrat zu prüfen und gegebenenfalls zu genehmigen
(vgl. auch E. 4.3.5). Sollten die entsprechenden Verhandlungen scheitern, wäre der Regierungsrat
verpflichtet, die Tariflücke mittels subsidiärer hoheitlicher Tariffestsetzung zu schliessen.
Gegen einen solchen Beschluss könnte grundsätzlich wiederum Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht
geführt werden.
7.
7.1
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die bundesrechtswidrige RRB-Dispositivziffer II. aufzuheben
und die Beschwerde im Sinne der nachfolgenden E. 7.2 gutzuheissen ist, soweit darauf einzutreten
ist.
7.2
Die Schlussfolgerungen des Bundesverwaltungsgerichts lassen sich wie folgt resümieren:
Zugelassene Pflegeheime dürfen auch nach Inkrafttreten der Neuordnung
der Pflegefinanzierung (in Kraft seit 1. Januar 2011) sogenannte Nebenleistungen im Sinne
von Art. 25 Abs. 2 KVG selbst zulasten der OKP erbringen und abrechnen.
Die Vergütung solcher Nebenleistungen richtet sich nach den allgemeinen
Tarif- und Preisbildungsbestimmungen des KVG. Die Einzelvergütung der in Art. 52 KVG aufgeführten
Leistungen (namentlich von abgegebenen Mitteln und Gegenständen, von pharmazeutischen Spezialitäten
und konfektionierten Arzneimitteln sowie von [nicht im Praxislabor eines Arztes] vorgenommenen Analysen)
erfolgt gemäss den von den zuständigen Bundesbehörden erstellten Listen (namentlich
MiGeL, SL und AL), die Kantonsregierung hat diesbezüglich keine Regelungskompetenz. Die Vergütung
der übrigen Nebenleistungen ist tarifvertraglich zwischen den Krankenversicherern und den Pflegeheimen
zu vereinbaren; subsidiär erfolgt eine hoheitliche Tariffestsetzung durch die Kantonsregierung.
Die Tarifpartner (und subsidiär die Kantonsregierung) verfügen bei der Wahl des Tarifmodells
über ein grosses Ermessen. Infrage kommen grundsätzlich Zeittarife, Pauschaltarife oder
Mischformen davon. Dabei ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein solcher Tarif auch die
Vergütung von Leistungen gemäss Art. 52 KVG umfasst soweit er nicht deren Einzelvergütung
vorsieht. Die Vereinbarung und Genehmigung oder die Festsetzung eines Einzelleistungstarifs auf kantonaler
Ebene ist jedoch ausgeschlossen.
Vorliegend ist der Regierungsrat im umschriebenen Rahmen zur hoheitlichen
Tariffestsetzung gemäss Art. 47 KVG berechtigt. Da die konkret vorgenommene Tariffestsetzung
jedoch in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht verstösst, ist sie aufzuheben und sind die Tarifpartner
dazu anzuhalten, auf kantonaler Ebene (mindestens für jene Leistungen, deren Einzelvergütung
nicht durch eine Bundesbehörde geregelt wird) Tarifverhandlungen aufzunehmen und eine KVG-konforme
vertragliche Lösung anzustreben. Eine solche ist durch die Kantonsregierung zu prüfen und gegebenenfalls
zu genehmigen, andernfalls sie subsidiär hoheitlich einen entsprechenden Tarif festzusetzen hat.