8              Gesundheit - Arbeit - Soziale Sicherheit
Santé - Travail - Sécurité sociale
Sanità - Lavoro - Sicurezza sociale

30

Auszug aus dem Urteil der Abteilung III
i.S. Klinik A. AG gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
C 245/2012 vom 3. Oktober 2012

Obligatorische Krankenpflegeversicherung. Spitalplanung. Be­schwerdelegitimation eines Vertragsspitals der Versicherer (Art. 49a Abs. 4 KVG).

Art. 39 Abs. 1 Bst. e, Art. 49a Abs. 4 und Art. 53 KVG. Art. 58a und Art. 58b KVV. Art. 48 Abs. 1 VwVG.

Ein Vertragsspital der Versicherer nach Art. 49a Abs. 4 KVG ist nicht legitimiert, mit Beschwerde gegen einen Spitallisten­entscheid die mengenmässige Begrenzung der Leistungsaufträge an die Listenspitäler im Zusatzversicherungsbereich zu bean­tragen (E. 4).

Assurance obligatoire des soins. Planification hospitalière. Qualité pour recourir d'un hôpital conventionné des assureurs (art. 49a al. 4 LAMal).

Art. 39 al. 1 let. e, art. 49a al. 4 et art. 53 LAMal. Art. 58a et art. 58b OAMal. Art. 48 al. 1 PA.

Un hôpital conventionné des assureurs selon l'art. 49a al. 4 LAMal n'a pas qualité pour recourir contre une décision relative à une liste hospitalière pour demander une réduction des man­dats de prestations dans le domaine de l'assurance-maladie complémentaire aux hôpitaux figurant sur la liste (consid. 4).

Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie. Pianifica­zione ospedaliera. Diritto di ricorrere di un ospedale convenzionato degli assicuratori (art. 49a cpv. 4 LAMal).

Art. 39 cpv. 1 lett. e, art. 49a cpv. 4 e art. 53 LAMal. Art. 58a e Art. 58b OAMal. Art. 48 cpv. 1 PA.

Un ospedale convenzionato degli assicuratori in senso dell'art. 49a cpv. 4 LAMal non ha diritto di ricorrere contro una decisione sull'elenco ospedaliero per richiedere una diminuzione dei mandati di prestazioni nel settore dell'assicurazione complementare agli ospedali figuranti nell'elenco (consid. 4).

 

Der Regierungsrat des Kantons Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) erliess mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 eine neue Spitalliste Psychiatrie mit Wirkung ab 1. Januar 2012 (nachfolgend: Spitallistenentscheid 2012) und hob die Spitalliste Psychiatrie 2011 per 31. Dezember 2012 auf. Die Klinik A. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) war in der Zürcher Spitalliste Psychiatrie 2011 als zur Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Halbprivat- und Privatabteilung zulasten der obli­gatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassene Institution aufge­führt. In die Spitalliste Psychiatrie 2012 wurde sie hingegen nicht aufgenommen.

Mit Eingabe vom 12. Januar 2012 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Spitallistenentscheid 2012 Beschwerde. Sie beantragte im Wesent­lichen, die Zürcher Spitalliste Psychiatrie 2012 sei insoweit aufzuheben, als der Anhang keine mengenmässige Begrenzung der Leistungser­bringung der aufgeführten Einrichtungen enthalte; die Vorinstanz sei anzuweisen, die Zürcher Spitalliste Psychiatrie 2012 in dem Sinn abzu­ändern, dass die Leistungsaufträge an die in der Spitalliste Psychiatrie 2012 aufgeführten Institutionen im Zusatzversicherungsbereich umfang­mässig begrenzt würden.

In ihrer Vernehmlassung vom 17. April 2012 beantragte die Vorinstanz, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter seien die Anträge vollumfänglich abzuweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.

Aus den Erwägungen:

1.                   Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich zur Festsetzung der Leistungs­aufträge für die psychiatrische Spitalversorgung (Zürcher Spitalliste Psychiatrie 2012). (...)

2. - 3.4 (...)

4.               Nach Art. 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) ist zur Erhebung der Be­schwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutz­würdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Bst. c).

4.1               Die von der Beschwerdeführerin eingereichte Beschwerde richtet sich nicht gegen die Verfügung, mit welcher ihr die Vorinstanz das Gesuch um Aufnahme in der Zürcher Spitalliste Psychiatrie 2012 und die Erteilung eines unbegrenzten Leistungsauftrages abgelehnt hat. In ihrer Beschwerdebegründung (...) wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Beschwerdeführerin nicht um die Aufnahme in die Spitalliste Psychiatrie 2012 ersuchte. Die Beschwerde richtet sich gegen die fehlende Begren­zung des Leistungsauftrages der Listenspitäler.

4.2               Die Anforderungen gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG - welche Art. 89 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) entsprechen (BGE 135 II 172 E. 2.1) - sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts besonders bedeutend bei der Be­schwerde eines Dritten, der nicht (primärer) Verfügungsadressat ist, son­dern gegen eine den Adressaten begünstigende Verfügung Beschwerde erhebt (Drittbeschwerden; Urteil des Bundesgerichts 2C_457/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 3.1; vgl. auch BVGE 2010/51 E. 6). Die Regelung soll die Popularbeschwerde ausschliessen und den Charakter des allge­meinen Beschwerderechts als Instrument des Individualrechtsschutzes unterstreichen. Die Beschwerde führende Person muss durch den ange­fochtenen Entscheid stärker als ein beliebiger Dritter betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Neben der spezifischen Beziehungsnähe zur Streitsache muss die Beschwerde führende Person einen praktischen Nutzen aus einer allfäl­ligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, das heisst, ihre Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Inter­esse besteht darin, dass ein materieller oder ideeller Nachteil vermieden werden soll, den der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse berechtigt - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - nicht zur Beschwerde (BGE 135 II 172 E. 2.1, BGE 135 II 145 E. 6.1, BGE 133 II 249 E. 1.3.1, BGE 131 II 587 E. 2.1 und 3). Die Beschwerdebefugnis von Konkurrenten ist nicht bereits dadurch ge­geben, dass sie in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. Eine besondere Beziehungsnähe zwischen Konkurrenten kann durch eine besondere wirtschaftsverwaltungsrechtliche Ordnung begründet werden (vgl. Isabelle Häner, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 48 N. 15).

4.3               Allein der Umstand, dass ein Leistungserbringer von der Spital­liste als solcher beziehungsweise von den übrigen, nicht an ihn gerichteten Verfügungen der Spitalliste stärker als die Allgemeinheit betroffen und in diesem Sinne besonders berührt ist, vermag die Legiti­mation noch nicht zu begründen; zusätzlich ist eine besondere, be­achtenswerte, nahe Beziehung zur Streitsache beziehungsweise ein schutzwürdiges Interesse erforderlich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_762/2010 vom 2. Februar 2011 E. 4.3.2). Für die Frage nach dem besonders schutzwürdigen Interesse sind nach der Rechtsprechung die konkreten Umstände des Einzelfalles von zentraler Bedeutung. In frü­heren Entscheiden hat das Bundesgericht auch festgehalten, dass es keine rechtslogisch stringente, begrifflich fassbare, sondern nur eine praktisch vernünftige Abgrenzung zur Popularbeschwerde gebe; wo diese Grenze verlaufe, sei für jedes Rechtsgebiet gesondert zu beurteilen (Urteil des Bundesgerichts 2C_762/2010 vom 2. Februar 2011 E. 4.4 mit Hin­weisen).

4.4               Im Urteil BVGE 2012/9 hatte sich das Bundesverwaltungs­gericht mit folgender Konstellation zu befassen: Das Beschlussorgan der interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin wies die Herztransplantationen drei Universitätsspitälern in der Schweiz zu. Eine der drei beauftragten Institutionen wehrte sich beschwerdeweise gegen den Zuteilungsentscheid an die beiden anderen Spitäler. In diesem Zusammenhang befasste sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Legitimation zur Drittbeschwerde im Zusammenhang mit der Spital­planung. Es hat die Rechtsprechung des Bundesrates bestätigt und wie folgt präzisiert: Im Rahmen des Erlasses von Spital- und Pflegeheim­listen ist ein in die Liste aufgenommener Leistungserbringer weder als Adressat der ihn selbst betreffenden Verfügung (beschränkter Anfech­tungsgegenstand) befugt noch unter dem Titel einer Drittbeschwerde legitimiert, die einen anderen Leistungserbringer betreffende begünsti­gende Verfügung der Liste anzufechten (BVGE 2012/9 E. 4.2.3).

Mit der KVG-Revision zur Spitalfinanzierung wurden unter anderem Art. 39 KVG betreffend Spitalplanung geändert und in Art. 53 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG, SR 832.10) neue Verfahrensvorschriften eingefügt. Im Urteil BVGE 2012/9 E. 4.3 prüfte das Bundesverwaltungsgericht, ob die Recht­sprechung zur Beschwerdelegitimation auch nach diesen Gesetzes­änderungen fortgeführt werden soll. Eine Prüfung der Materialien zeigte, dass der Gesetzgeber die Beschwerdebefugnis im Bereich der Spitallisten gegenüber der bisherigen Praxis jedenfalls nicht ausdehnen wollte. Das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses sei daher weiterhin nach einem strengen Massstab zu beurteilen, und die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesrates sei fortzuführen. Ein Spital hat somit kein schutzwürdiges Interesse daran, dass ein anderes Spital von der Spitalliste im Sinne von Art. 39 Abs. 1 Bst. e KVG gestrichen oder dessen Leistungsauftrag reduziert wird, und es ist deshalb nicht legiti­miert, eine einen anderen Leistungserbringer betreffende begünstigende Verfügung anzufechten. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Legitima­tion zur Anfechtung der andere Leistungsansprecher begünstigenden Ver­fügung daher verneint.

4.5               Durch den Entscheid des Regierungsrates vom 13. Dezember 2011 ist die Beschwerdeführerin insoweit unmittelbar betroffen, als ihr Gesuch um Aufnahme in die Spitalliste und Erteilung eines Leistungs­auftrages abgelehnt wurde. Da sie nicht angefochten wurde, gehört diese Verfügung nicht zum Streitgegenstand. Soweit die Beschwerdeführerin den Entscheid zur Erteilung von Leistungsaufträgen an andere Institu­tionen und deren Spezifikationen anficht, fehlt ihr die Beschwerde­legitimation als Verfügungsadressatin. Es bleibt zu prüfen, ob besondere Gründe bestehen, welche die Beschwerdelegitimation zur Drittbeschwer­de rechtfertigen.

Als Leistungserbringerin im Bereich der stationären Psychiatrie ist die Beschwerdeführerin von der Spitalliste als solcher beziehungsweise von den übrigen, nicht an sie gerichteten Verfügungen der Spitalliste zwar stärker als die Allgemeinheit betroffen. Dies alleine vermag die Legitimation aber noch nicht zu begründen; zusätzlich ist eine besondere Beziehung zur Streitsache beziehungsweise ein schutzwürdiges Interesse erforderlich. Die besondere Beziehungsnähe der Beschwerdeführerin ist nicht bereits dadurch gegeben, dass sie zu den Listenspitälern in einem Konkurrenzverhältnis steht. Zur ausnahmsweisen Bejahung der Legi­timation bedürfte es einer besonderen rechtserheblichen Konkurrenz­situation.

4.6               Die Rechtsstellung eines Vertragsspitals nach Art. 49a Abs. 4 KVG unterscheidet sich von derjenigen eines Listenspitals. Die ver­sicherte Person kann für die stationäre Behandlung unter den Listen­spitälern ihres Standortkantons frei wählen (Art. 41 Abs. 1bis KVG). Die Listenspitäler haben einen staatlichen Leistungsauftrag: Im Rahmen ihrer Leistungsaufträge und ihrer Kapazitäten sind sie nach Art. 41a Abs. 1 KVG verpflichtet, für alle versicherten Personen mit Wohnsitz im Standortkanton eine Aufnahmebereitschaft zu gewährleisten (Aufnahme­pflicht). Das Spital hat sich so zu organisieren und die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, dass es den Leistungsauftrag erfüllen kann (vgl. Gebhard Eugster, Bundesgesetz über die Kranken­versicherung (KVG), in: Murer/Stauffer [Hrsg.], Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 49a N. 4, Art. 41a N. 2). Der Versicherer und der Wohnkanton übernehmen bei stationärer Behandlung in einem Listenspital die Vergütung anteilsmässig höchstens nach den geltenden Tarifen. Die Vertragsspitäler haben demgegenüber keinen staatlichen Leistungsauftrag und sind bei der Ausgestaltung ihres Angebots im Rahmen gesundheits­polizeilicher Vorschriften frei. Das KVG statuiert für diese Einrichtungen keine Aufnahmepflicht. Die Möglichkeit zur Abrechnung zulasten der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) besteht nur unter der Voraussetzung, dass mit der betreffenden Krankenversicherung ein ent­sprechender Vertrag nach Art. 49a Abs. 4 KVG abgeschlossen worden ist. In diesem Fall entspricht die Vergütung maximal dem Anteil, den der Versicherer bei Wahl eines Listenspitals tragen würde (OKP-Anteil). Der kantonale Anteil ist - auch bei Bestehen eines Vertrages - nicht zu er­bringen (vgl. Bernhard Rütsche, Neue Spitalfinanzierung und Spitalplanung, Bern 2011, Rz. 72; Ueli Kieser, Spitalliste und Spital­finanzierung - Auswirkungen der Änderung des Krankenversicherungs­gesetzes vom 21. Dezember 2007 [Spitalfinanzierung], in: Aktuelle Juristische Praxis 1/2010 S. 66). Die unterschiedliche gesetzliche Ordnung und die Entstehungsgeschichte von Art. 49a Abs. 4 KVG (vgl. Eugster, a.a.O., Art. 49a N. 4, mit Hinweisen auf die parlamentarische Debatte; AB 2006 S 50 ff.) zeigen, dass eine Gleichbehandlung zwischen Listenspitälern und Vertragsspitälern nicht beabsichtigt ist. Nach dem Gebot der Rechtsgleichheit sind vergleichbare Sachverhalte gleich, unterschiedliche jedoch differenziert zu behandeln. Aus der differen­zierten Regelung des Gesetzgebers für unterschiedliche Sachverhalte kann keine Beschwerdelegitimation zur Drittbeschwerde abgeleitet werden.

4.7               Ziel der Spitalplanung ist in erster Linie die bedarfsgerechte Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung (vgl. Art. 39 Abs. 1 Bst. d KVG; Art. 58a der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV, SR 832.102]; Eugster, a.a.O., Art. 39 N. 8). Bis zur Umsetzung der Revision des KVG vom 21. Dezember 2007 (KVG-Revision zur Spitalfinanzierung) waren eine optimale Res­sourcenverwendung, ein Abbau von Überkapazitäten und die Kosten­eindämmung ebenfalls direkte Ziele der Spitalplanung (vgl. Eugster, a.a.O., Art. 39 N. 9). Nach der Zielsetzung der KVG-Revision zur Spitalfinanzierung soll die Spitalplanung einerseits die Versorgung aller vom Versicherungsobligatorium erfassten Versicherten sicherstellen und andererseits durch Zusammenwirken mit Wettbewerbselementen den Rahmen für die Optimierung der Ressourcennutzung bilden (vgl. Bot­schaft des Bundesrates betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [Spitalfinanzierung] vom 15. September 2004 [BBl 2004 5564]). Mit der Verpflichtung zur Spitalplanung soll das öffentliche Interesse der Versicherten an der Gewährleistung der Versorgungssicherheit und der Versicherten und Steuerzahler an der Kostenbegrenzung geschützt werden (vgl. BGE 138 II 398). Eine weitergehende Planungsverpflich­tung, insbesondere zum Schutze von individuellen Interessen der Leis­tungserbringer, ist dem KVG nicht zu entnehmen. Was die Frage angeht, ob die Planung des Kantons bezüglich dieser öffentlichen Interessen KVG-konform erfolgt ist, fehlt das Individualrechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin und damit die Beschwerdelegitimation (vgl. E. 4.2).

4.8               Art. 49a Abs. 4 KVG, der die Möglichkeit der Versicherungen vorsieht, mit Spitälern, welche nicht auf der Liste stehen, Verträge abzuschliessen, war im Entwurf des Bundesrates zur KVG-Revision (BBl 2004 5593) nicht enthalten. Die Bestimmung fand erst auf Antrag der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit Eingang ins Gesetz (AB 2006 S 49). Durch das Institut des Vertrags­spitals sollte ein Wettbewerbselement in die Spitalfinanzierung einge­bracht werden. Vertragsspitäler, welche entsprechend effizient arbeiten, dass sie (auch ohne Kantonsanteil) mit Listenspitälern konkurrenzfähig sind, sollen bei gegebenen Voraussetzungen die Möglichkeit haben, den OKP-Anteil zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abzurechnen (AB 2006 S 50; Erläuterungen der Bestimmung durch die Kommissionspräsidentin). Das Angebot der Vertragsspitäler nach Art. 49a Abs. 4 KVG wird damit durch den Wettbewerb reguliert, und im Rahmen der Spitallisten erhalten sie keine Leistungsaufträge. Die Spitalplanung ist auf den Bereich der OKP beschränkt (BBl 2004 5567; vgl. in diesem Zusammenhang auch Beat Meyer, Ausserkantonale Wahlbehandlung - Tarifschutz und Tarifgestaltung gemäss 3. KVG-Revision, in: Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge 05/2012 S. 389 ff.). Dem Kanton ist es verwehrt, das Angebot von Vertragsspitälern zu steuern, indem er ihnen Vorgaben bezüglich Art und Menge stationärer Leistungen machen würde. Solche Vorgaben würden die in Art. 49a Abs. 4 KVG vorgesehene Vertrags­autonomie zwischen Vertragsspitälern und Krankenversicherern tan­gieren. Der Gesetzgeber nimmt damit in Kauf, dass Vertragsspitäler ohne Mengenbeschränkung zulasten der OKP tätig werden können (Rütsche, a.a.O., Rz. 104). Auch die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde aus, dass bezüglich des von Vertragsspitälern nach Art. 49a Abs. 4 KVG abgedeckten Leistungsumfangs keine Planungsbefugnis des Kantons bestehe (...). Wenn der Regierungsrat keine Befugnis hat, den Leistungs­umfang der Vertragsspitäler zu regulieren, so hat er diese Befugnis auch nicht für planerische Eingriffe, um den Vertragsspitälern eine Leistungs­menge zur Verfügung zu halten. Damit hat er auch keine Verpflichtung, eine solche Planung indirekt über die Begrenzung des Angebots der Listenspitäler vorzunehmen. Nach dieser Konzeption zeigen sich keine Anhaltspunkte für einen rechtlich geschützten Anspruch eines Vertrags­spitals auf ein Behandlungskontingent zulasten der OKP. Besondere Gründe, welche die Legitimation zur Drittbeschwerde rechtfertigen könnten, lassen sich daraus nicht ableiten.

4.9               Nach der Grundsatzbestimmung von Art. 58a KVV umfasst die Planung für eine bedarfsgerechte Versorgung die Sicherstellung der stationären Behandlung im Spital. Der Text der Verordnung spricht damit die Versorgungssicherheit an. Art. 58b KVV steht unter dem Titel « Versorgungsplanung » und legt Regeln und Kriterien für die Planung fest. Art. 58b Abs. 3 KVV weist die Kantone an, das Angebot zu be­stimmen, das durch Listenspitäler zu sichern ist. Nach dem ausdrück­lichen Wortlaut der Bestimmung besteht diese Pflicht zur Erhebung des Angebots unter dem Aspekt der Gewährleistung der Versorgungssicher­heit. Das zu sichernde Angebot entspricht dem ermittelten Versorgungs­bedarf abzüglich dem Angebot, das in Einrichtungen beansprucht wird, die nicht auf der Spitalliste aufgeführt sind. Nach ihrem Wortlaut ist diese Bestimmung auf die Verhinderung einer Unterversorgung ausge­richtet. Anhaltspunkte für eine Verpflichtung der Kantone zur Mengen­steuerung betreffend die Listenspitäler zugunsten von Institutionen, welche nicht auf der Liste aufgeführt sind, sind im KVG nicht vor­handen. Die Frage, ob der zweite Satz von Art. 58b Abs. 3 KVV auch auf die Vermeidung einer Überversorgung ausgerichtet ist, kann offen­bleiben, da eine entsprechende Verpflichtung einzig zum Schutz der Öffentlichkeit bestehen könnte. Diesbezüglich fehlt wie erwähnt das Individualrechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin und damit die Beschwerdelegitimation.

4.10               In ihrer Beschwerde vom 12. Januar 2012 (...) hielt die Be­schwerdeführerin fest, die Situation sei vergleichbar mit derjenigen eines Spitals, welches sich auf der Spitalliste befinde, jedoch durch die Zulassung eines neuen Spitals in seinen Leistungsaufträgen faktisch eingeschränkt würde, womit ihm finanzielle Einbussen drohen würden. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte mit BVGE 2012/9 das schutz­würdige Interesse eines Listenspitals daran, dass ein anderes Spital von der Spitalliste gestrichen wird oder dessen Leistungsauftrag reduziert wird. Mit Blick auf die unterschiedliche Ausgestaltung der Rahmen­bedingungen kann eine rechtserhebliche Konkurrenzsituation und die zur Drittbeschwerdelegitimation erforderliche besondere Beziehungsnähe zwischen Listen- und Vertragsspitälern umso weniger bejaht werden.

4.11               Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht zur Beschwerdeführung legitimiert ist. Auf das Rechtsmittel ist deshalb nicht einzutreten. Die mangelnde Beschwerdelegitimation um­fasst auch den Antrag auf eine vorsorgliche Massnahme.

 

vorheriges Urteil
nächstes Urteil

pdf

Wichtiger Hinweis: Die Liste der vorgeschlagenen Entscheide wird automatisch, ohne jegliche intellektuelle Bearbeitung, generiert.
Deskriptoren
spitalliste
entscheid
spitalplanung
psychiatrie
popularbeschwerde
beschwerdelegitimation
beschwerdeführer
rechtsmittel
spital
bundesgericht
leistungsauftrag
schutzwürdiges interesse
kanton
bundesverwaltungsgericht
gerichts- und verwaltungspraxis
revision(rechtssetzung)
leistungserbringer
vorinstanz
revision(entscheid)
revision(raumplan)
legitimation
regierungsrat
versorgung
versicherer
krankenpflegeversicherung
beschränkung(allgemein)
berechtigter
frage
versicherter
zugang(allgemein)
uno
verhältnis zwischen
öffentliches interesse
sicherstellung
verordnung
bundesrat
digeste
gesuch an eine behörde
Amtsblatt
Weitere Urteile ab 2000