6              Finanzen
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Auszug aus dem Urteil der Abteilung I
i. S. X. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
A 6055/2007 und A 6056/2007 vom 3. Juni 2010

Mehrwertsteuer. Bindungswirkung von Wegleitungen, Merkblättern und Branchenbroschüren der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Reduzierter Steuersatz für « Rätselhefte ».

Art. 42 und Art. 27 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 9. Lemma MWSTV von 1994. Art. 1, Art. 2 und Art. 3 der Verordnung des Eidgenössischen Fi­nanz­departements vom 14. Dezember 1994 über die Umschreibung der zum reduzierten Satz besteuerten Gegenstände. Art. 52 und Art. 36 Abs. 1 Bst. a Ziff. 9 MWSTG von 1999. Art. 32, Art. 33 und Art. 34 MWSTGV von 2000.

  1. Die ESTV darf Wegleitungen, Merkblätter und Branchenbro­schü­ren zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs des über­geordneten Rechts erlassen. Diese sind für Verwaltungsbe­hörden verbindlich, sofern sie nicht klarerweise einen verfas­sungs- oder gesetzeswidrigen Inhalt aufweisen, für Justizbe­hör­den hingegen nicht (E. 3.3.1 f.).
  2. Kreuzworträtselbücher und Kreuzworträtselhefte sind als Bü­cher respektive Zeitungen/Zeitschriften gemäss MWSTV von 1994 und MWSTG von 1999 dem reduzierten Steuersatz un­ter­stellt. An dieser Auslegung der einschlägigen Nor­men ändern an­ders lautende Verwaltungsverordnungen nichts (E. 2.2 f. und E. 4.1-4.3).

 

Taxe sur la valeur ajoutée. Force contraignante des instructions, notices et brochures de l'Administration fédérale des contributions (AFC). Taux réduit applicable aux « revues de mots croisés ».

Art. 42 et art. 27 al. 1 let. a ch. 1 9e tiret OTVA de 1994. Art. 1, art. 2 et art. 3 ordonnance du Département fédéral des finances du 14 dé­cem­bre 1994 relative à la délimitation des biens imposables au taux réduit. Art. 52 et art. 36 al. 1 let. a ch. 9 LTVA de 1999. Art. 32, art. 33 et art. 34 OLTVA de 2000.

  1. L'AFC peut édicter des instructions, notices et brochures desti­nées à garantir une mise en oeuvre uniforme du droit supérieur. A moins d'avoir un contenu clairement contraire à la constitution ou à la loi, elles lient les autorités administratives, mais non les autorités judiciaires (consid. 3.3.1 s.).
  2. Les livres et cahiers de mots croisés sont des livres respecti­ve­ment des journaux/revues au sens de l'OTVA de 1994 et de la LTVA de 1999 et bénéficient en tant que tels du taux réduit de TVA. Cela découle de l'interprétation des dispositions perti­nentes; une or­don­nance administrative préconisant une autre so­lu­tion demeure sans effet (con­sid. 2.2 s. et consid. 4.1-4.3).

Imposta sul valore aggiunto. Carattere vincolante di istruzioni, pro­memoria e opuscoli informativi dell'Amministrazione federale delle con­tri­buzioni (AFC). Assoggettamento di « riviste di enigmis­tica » all'aliquota ridotta.

Art. 42 e art. 27 cpv. 1 lett. a cifra 1 9o trattino OIVA del 1994. Art. 1, art. 2 e art. 3 ordinanza del Dipartimento federale delle finanze del 14 dicembre 1994 concernente la definizione dei beni imponibili all'ali­quota ridotta. Art. 52 e art. 36 cpv. 1 lett. a cifra 9 LIVA del 1999. Art. 32, art. 33 e art. 34 OLIVA del 2000.

  1. Per garantire un'esecuzione uniforme del diritto di rango supe­riore, l'AFC può emanare istruzioni, promemoria e opuscoli in­for­mativi che, come le ordinanze amministrative, sono vincolanti per le autorità amministrative fintanto che non presentano un con­te­nuto palesemente contrario alla Costituzione o alla legge (consid. 3.3.1 seg.).
  2. Libri e riviste di cruciverba sono soggetti all'aliquota ridotta in quanto libri e in particolare in quanto giornali/riviste secondo l'OIVA del 1994 e la LIVA del 1999. Ciò risulta dall'inter­pre­ta­zione delle relative norme; ordinanze amministrative di diverso tenore non cambiano questa conclusione (consid. 2.2 seg. e con­sid. 4.1-4.3).

 

Aus den Erwägungen:

2.                    

2.1                Der Mehrwertsteuer unterliegen gemäss Art. 4 Bst. a der Ver­ord­nung über die Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994 (MWSTV, AS 1994 1464, nachfolgend: MWSTV von 1994) respektive Art. 5 Bst. a des Bun­desgesetzes über die Mehr­wertsteuer vom 2. September 1999 (MWSTG, AS 2000 1300, nachfolgend: MWSTG von 1999) die durch steuer­pflich­tige Personen im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferun­gen von Ge­gen­ständen, sofern es sich nicht um ausdrücklich von der Steuer aus­ge­nommene Umsätze handelt (vgl. Art. 14 MWSTV von 1994 bzw. Art. 18 MWSTG von 1999). Die Steuer wird vom Entgelt berechnet (Art. 26 Abs. 1 MWSTV von 1994 bzw. Art. 33 Abs. 1 MWSTG von 1999). Die Lieferung von abschliessend aufgezähl­ten Gegenständen, darunter Zei­tun­gen, Zeitschriften, Bücher und an­dere Druckerzeugnisse ohne Rekla­me­charakter der vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD; Art. 27 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 9. Lemma MWSTV von 1994) be­zie­hungsweise vom Bundesrat (BR) (Art. 36 Abs. 1 Bst. a Ziff. 9 MWSTG von 1999) zu bestimmenden Art unterliegt dem reduzierten Steuersatz. Dieser beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 2 % (Art. 27 Abs. 1 Bst. a MWSTV von 1994, Ver­sion gemäss AS 1994 1464), für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000 2,3 % (Art. 27 Abs. 1 Bst. a MWSTV von 1994, Version gemäss AS 1998 1801 [Ände­rung vom 3. Juni 1998]) und ab dem 1. Januar 2001 2,4 % (Art. 36 Abs. 1 MWSTG von 1999). Ansonsten ist der Normalsatz von 6,5 % (1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998) beziehungs­weise 7,5 % (1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000) beziehungs­weise 7,6 % (ab 1. Januar 2001) anwendbar (Art. 27 Abs. 1 Bst. b MWSTV von 1994 gemäss Version AS 1994 1464 respektive gemäss Version AS 1998 1801 [Änderung vom 3. Juni 1998] bzw. Art. 36 Abs. 3 MWSTG von 1999).

2.2                Die Verordnung des EFD über die Umschreibung der zum redu­zierten Satz besteuerten Gegenstände vom 14. Dezember 1994 (AS 1994 3164, nachfolgend: V EFD) definiert Bücher als Druckerzeugnisse, wel­che a) einen Inhalt religiöser, literarischer, künstlerischer, unter­haltender, erzieherischer, belehrender oder wissenschaftlicher Art auf­weisen, jeden­falls keinen Reklamecharakter tragen, b) in Buch-, Broschüren- oder Lose­blattform aufgelegt werden und c) mindestens 16 Seiten auf­weisen, wobei Kinderbücher, gedruckte Musikalien und Teile zu Lose­blatt­wer­ken vom letzten Erfordernis ausgenommen sind (Art. 1 V EFD). Bei­nahe gleich umschreibt die Verordnung zum Bundesgesetz über die Mehr­wert­steuer vom 29. März 2000 (MWSTGV, AS 2000 1347, nach­folgend: MWSTGV von 2000) die Bücher. Einzig den Inhalt fasst sie weiter, in­dem dieser auch informierender oder technischer Art sein kann. Das Er­for­dernis, dass diese Erzeug­nisse keinen Reklamecharakter tragen dürf­ten, umschreibt der BR so, dass diese nunmehr nicht Werbe­zwecken dienen dürften (Art. 32 MWSTGV von 2000). Als Zeitungen oder Zeit­schriften gelten dem­gegenüber Druckerzeugnisse, die min­destens zwei­mal pro Jahr erscheinen, einen gleichbleibenden Titel tragen, eine fort­laufende Nummerierung sowie die Angabe des Erschei­nungs­datums und der Erscheinungsweise enthalten und dem Interesse der Leserschaft an einer laufenden Orientierung über Wissenswertes oder an der Unter­hal­tung dienen (Art. 2 V EFD und Art. 33 Abs. 1 MWSTGV von 2000). Ausge­nommen sind wiederum Erzeugnisse mit Reklamecharakter (Art. 2 V EFD) beziehungsweise solche, die Werbezwecken dienen (Art. 33 Abs. 2 MWSTGV von 2000). Reklamecharakter liegt vor, wenn die Wer­bung für eine andere als im Vertrieb des Drucker­zeugnisses bestehende geschäft­liche Tätigkeit des oder der Herausgeber oder der hinter ihm stehen­den Unternehmen überwiegend in Erscheinung tritt (Art. 3 V EFD). Werbezwecken dient demgegenüber ein Drucker­zeugnis, wenn sein Inhalt dazu bestimmt ist, eine geschäftliche Tätigkeit des Herausge­bers oder der hinter diesem stehenden Dritten deutlich anzupreisen (Art. 34 MWSTGV von 2000). Zu den in der MWSTV von 1994 bezie­hungs­weise im MWSTG von 1999 ge­nannten « andere[n] Druck­erzeug­nisse[n] » äussern sich die Verordnun­gen nicht explizit.

2.3                Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat in ihrer Weg­lei­tung und einem Merkblatt beziehungsweise einer Branchen­broschüre de­taillierte Ausführungen dazu gemacht, was als zum reduzierten Satz steuerbares Druckerzeugnis zu gelten hat und welche Druckerzeugnisse dem Normalsatz unterliegen. Die vorliegend für die Zeit bis zum 31. Dezember 2000 massgebliche Wegleitung 1997 für Mehrwert­steuer­pflichtige verweist dabei in Rz. 391 auf das Merkblatt Nr. 11/1998 über die steuerliche Behandlung von Druckerzeugnis­sen (Merkblatt Nr. 11/1998). Vorliegend ist die Fassung vom 12. Januar 1998 mass­geb­lich. Die ab dem 1. Januar 2001 geltende Wegleitung 2001 zur Mehr­wert­steuer verweist in Rz. 335 auf die Broschüre grafi­sches Gewerbe (Branchenbroschüre Nr. 3/2001), wobei die per 1. Januar 2001 bis 31. De­zember 2007 gültige Fassung vorliegend massgeblich ist. Dem­nach sind Druckerzeugnisse, die vorwiegend zur Aufnahme von Eintra­gungen bestimmt und nach erstmaligem Gebrauch bereits verbraucht sind, unter anderem werden Kreuzworträtselbücher dazu­gezählt, zum Nor­malsatz steuerbar (Ziff. 1.4.2 7. Lemma Merkblatt Nr. 11/1998 bzw. Ziff. 6.4 2. Lemma Branchenbroschüre Nr. 3/2001), auch wenn sie die formellen Anforderungen an Bücher erfüllen (Ziff. 1 und Ziff. 1.1 Merk­blatt Nr. 11/1998 bzw. Ziff. 6 und 6.1 Branchenbroschüre Nr. 3/2001; vgl. auch E. 2.2). Für Zeitungen und Zeitschriften gilt gemäss den Publi­kationen der ESTV, dass sie, neben der Erfüllung der in der V EFD beziehungsweise MWSTGV von 2000 umschriebenen Voraussetzungen (vgl. E. 2.2), äusserlich als solche aufgemacht sein müssen und nicht vor­wiegend Verzeichnisse und/oder Flächen zur Aufnahme von Eintra­gun­gen aufweisen dürfen (Ziff. 2 Merkblatt Nr. 11/1998 bzw. Ziff. 7 Bran­chenbro­schüre Nr. 3/2001). Kreuzworträtselhefte sind zum nor­malen Satz steuerbar (Ziff. 2.1.2 7. Lemma Merkblatt Nr. 11/1998 bzw. Ziff. 7.2 3. Lemma Bran­chenbroschüre Nr. 3/2001). Gemäss Merkblatt Nr. 11/1998 sind Druckerzeugnis­se, sofern sie nicht als Bücher quali­fiziert wer­den können, möglicher­weise als Zeitungen oder Zeit­schriften zu 2 % steuerbar (Ziff. 1.6 Abs. 2 Merkblatt Nr. 11/1998) und umgekehrt (Ziff. 2.3 Abs. 2 Merkblatt Nr. 11/1998). In der Branchenbroschüre Nr. 3/2001 fehlen diese Ausführungen. Ebenso wie die V EFD und die MWSTGV von 2000 enthalten weder das Merk­blatt Nr. 11/1998 noch die Branchenbroschüre Nr. 3/2001 Ausführungen dazu, was unter « an­dere[n] Druckerzeugnisse[n] » zu verstehen ist.

3.                    

3.1                 

3.1.1           Das BVGer kann auf Beschwerde hin vorfra­geweise Verord­nun­gen des BR auf ihre Gesetz- und Verfas­sungsmässigkeit prüfen (kon­kre­te Normenkontrolle). Der Umfang der Kognition hängt dabei davon ab, ob es sich um eine unselbständige oder aber um eine selbständige Ver­ord­nung handelt (André Mo­ser/Mi­chael Beusch/Lorenz Kneubühler, Pro­zes­sieren vor dem Bundesver­wal­tungs­gericht, Basel 2008, Rz. 2.177). Bei unselbständigen Verord­nungen, die sich auf eine gesetz­liche Dele­gation stützen, prüft das BVGer, ob sich der BR oder das durch Sub­delegation er­mächtigte Departement an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräum­ten Befugnis gehalten hat. Wird dem BR durch die gesetzliche Delega­tion ein sehr weiter Bereich des Ermes­sens für die Regelung auf Verord­nungsstufe eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach Art. 190 der Bundes­verfassung der Schwei­ze­rischen Eidgenossen­schaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) vom BVGer zu respektieren. Es darf in diesem Fall bei der Über­prü­fung der Verordnung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des BR setzen, sondern hat seine Prü­fung darauf zu be­schrän­ken, ob die Verordnung den Rahmen der dem BR im Gesetz dele­gierten Kompetenz offensichtlich sprengt oder aus andern Grün­den gesetz- oder verfassungswidrig ist (BGE 131 II 562 E. 3.2, BGE 131 II 271 E. 4, BGE 128 IV 177 E. 2.1; Urteil des Bundes­gerichts [BGer] 2C_729/2007 und 2C_735/2007 vom 25. Juni 2008 E. 4.2; Urteil des BVGer A 4620/2008 vom 19. Januar 2009 E. 4.2). Dabei kann es na­ment­lich prüfen, ob sich eine Verord­nungs­be­stim­mung auf ernst­hafte Grün­de stützt oder Art. 9 BV widerspricht, weil sie sinn- oder zwecklos ist, rechtliche Unter­schei­dungen trifft, für die ein ver­nün­ftiger Grund in den tatsächlichen Ver­hält­nissen fehlt, oder Un­terschei­dungen unterlässt, die richtigerweise hätten getroffen werden sollen. Die Zweckmässigkeit hat es hingegen nicht zu beurteilen (BGE 131 II 162 E. 2.3, BGE 131 V 256 E. 5.4; Urteil des BGer 6P.62/2007 vom 27. Ok­tober 2007 E. 3.1; Urteil des BVGer A 7518/2006 vom 28. Juli 2009 E. 1.4.3).

3.1.2           Sowohl bei Art. 27 Abs. 1 Bst. a MWSTV von 1994 als auch bei Art. 36 Abs. 1 Bst. a MWSTG von 1999 handelt es sich um Aus­nah­me­bestimmungen gegenüber denjenigen, welche Gegenstände betreffen, deren Liefe­rung und Eigenverbrauch zum normalen Satz zu versteuern sind. Ent­gegen der älteren bundesgerichtlichen Rechtsprechung (zur Wa­ren­umsatzsteuer: BGE 97 I 161 E. 2, teilweise veröffentlicht in Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 39 S. 516 ff.; BGE 83 I 199 E. 1, die allerdings nicht von einer restriktiven Auslegung sprechen, son­dern nur davon, die Auslegung dürfe nicht über den Wortlaut hinaus­gehen; zum MWSTG von 2000 siehe noch Urteil des BGer 2A.69/2003 vom 31. August 2004 E. 3.4) sind Ausnahmebestimmun­gen primär (wie andere Rechtsnormen auch) weder extensiv noch res­triktiv, sondern nach ihrem Sinn und Zweck « richtig » auszulegen (vgl. zu Art. 18 MWSTG von 2000: Urteil des BGer 2A.127/2002 vom 18. Sep­tember 2002 E. 4.6; Urteil des BVGer A 2999/2007 vom 12. Februar 2010 E. 2.4; Entscheid der Eidgenössi­schen Steuerrekurs­kommission [SRK] vom 28. Juni 2005, veröffentlicht in Verwal­tungs­praxis der Bun­des­behörden [VPB] 69.125 E. 3c).

3.2                 

3.2.1           Die MWSTV von 1994, die sich als selbständige Verordnung auf Art. 8 Abs. 1 der Übergangsbestimmungen (UeB-aBV) der bis zum 31. De­zember 1999 in Kraft befindliche (alten) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (aBV, AS 1 1) beziehungsweise auf den (mittlerweile aufgehobenen) Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 BV stützt, kann vom BVGer auf ihre Übereinstimmung mit der Bundes­ver­fas­sung überprüft werden (vgl. E. 3.1.1). Art. 27 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 9. Lemma MWSTV von 1994 hält sich jedoch im Wesentlichen an den Wortlaut der Verfassungsbestimmung, weshalb er von der Be­schwer­de­führerin zu Recht nicht angefochten wird.

3.2.2           Sowohl das EFD (während der Geltung der MWSTV von 1994) als auch der BR (unter der Geltung des MWSTG von 1999) definieren in den jeweiligen Verordnungen, was einerseits unter dem Begriff Bücher und andererseits unter den Begriffen Zeitungen/Zeitschriften als bevor­zugt behandelt zu gelten hat (vgl. E. 2.2). Auch diese Verordnungen wer­den von der Beschwerdeführerin - zu Recht - nicht beanstandet. Da sie den vom übergeordneten Recht vorgegebenen Rahmen in Bezug auf den vorliegenden Fall nicht offensichtlich überschreiten (vgl. E. 3.1.1), muss darauf nicht weiter eingegangen werden.

 

 

3.3                 

3.3.1           Verwaltungsverordnungen (Merkblätter, Richtlinien, Kreis­schrei­ben usw.) sind Meinungsäusserungen der Verwaltung über die Aus­legung der anwendbaren Gesetzesbestimmungen. Sie dienen der Sicher­stellung einer einheitlichen, gleichmässigen und sachrichtigen Praxis des Gesetzesvollzugs (Michael Beusch, Was Kreisschreiben dür­fen und was nicht, in: Der Schweizer Treuhänder 2005, S. 613 ff.). Als solche sind sie für die als eigentliche Adressaten figurierenden Verwal­tungsbehörden ver­bindlich, wenn sie nicht klarerweise einen verfas­sungs- oder gesetz­widrigen Inhalt aufweisen (Michael Beusch, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizeri­schen Steuerrecht, Teil I/ Bd. 2b, Bundesgesetz über die direkte Bun­dessteuer [DBG], 2. Aufl., Basel 2008, Rz. 15 ff. zu Art. 102 DBG). Nicht ver­bindlich sind Ver­wal­tungs­verordnungen, welche keine von der ge­setz­lichen Ordnung ab­weichenden Bestimmungen enthalten dürfen, dagegen für die Justiz­be­hörden, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung von Ver­fassung und Ge­setz im Einzelfall zu überprüfen (Moser/Beusch/Kneu­bühler, a. a. O., Rz. 2.173 f.). Die Gerichtsbehörden sollen Verwal­tungsverordnungen bei ihrer Entscheidung allerdings mitberücksichti­gen, sofern diese eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werden­de Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Dies gilt umso mehr, als es nicht ihre Aufgabe ist, als Zweitinterpretin­nen des der Verwaltungsverordnung zugrunde liegenden Erlasses eigene Zweck­mässigkeitsüberlegungen an die Stelle des Vollzugskon­zepts der zustän­digen Behörde zu setzen (zum Ganzen: BGE 123 II 16 E. 7; BVGE 2007/41 E. 3.3; Entscheid der SRK vom 28. Juni 2005, veröffentlicht in VPB 69.125 E. 3b mit Hinweisen). Von selbst versteht sich angesichts der herausragenden Bedeutung, wel­che dem Legali­tätsprinzip im Schweizer Steuerrecht zukommt, bei alle­dem, dass eine Verwal­tungs­verordnung oder gar eine blosse nicht schrift­lich festgehal­tene Praxis unter keinen Umständen alleinige Grund­lage für die wie auch immer ausgestaltete steuerliche Erfassung eines Sach­ver­halts darstellen kann (BVGE 2007/41 E. 4.1; statt vieler: Urteil des BVGer A 1960/2007 vom 1. Februar 2010 E. 2.3, Urteil des BVGer A 4355/2007 vom 20. November 2009 E. 4.1).

3.3.2           Gemäss Art. 42 MWSTV von 1994 beziehungsweise Art. 52 MWSTG von 1999 erlässt die ESTV alle zur Erhebung der Mehr­wert­steuer erfor­der­lichen Weisungen und Entscheide, deren Erlass nicht aus­drücklich einer anderen Behör­de vorbehalten ist. Art. 27 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 9. Lemma MWSTV von 1994 delegiert zwar die Be­stim­mung der zum reduzierten Steuersatz steuer­baren Arten von Drucker­zeug­nissen an das EFD und Art. 36 Abs. 1 Bst. a Ziff. 9 MWSTG von 1999 delegiert sie an den BR, beide Artikel schliessen aber weitere Wei­sungen und Ent­scheide einer anderen Behörde nicht aus. Der für die Veranlagung und Erhebung der Steuer zuständigen ESTV muss er­mög­licht werden, detail­lierte Anwei­sungen zur Hand­habung der entspre­chen­den Bestimmung zu erlassen, um die Einheit­lichkeit des Vollzugs zu gewährleisten. Die ESTV hat sich dabei aber innerhalb des vom EFD be­zie­hungsweise vom BR gesteckten Rah­mens zu bewegen. Andernfalls würde die Delega­tions­norm der über­ge­ordneten Gesetzgebung ausge­hebelt.

4.                   Unbestritten ist vorliegend, dass der Inhalt der als « Rätsel­hefte » be­zeichneten Produkte grossmehrheitlich aus Kreuzworträtseln besteht. Es ist damit zu beurteilen, ob die in Frage stehenden Druck­erzeugnis­se zum Normalsatz oder zum reduzierten Mehrwertsteuersatz zu versteuern sind. Es ist also eine reine Rechtsfrage zu klären. Das Merkblatt Nr. 11/1998 und die Branchenbroschüre Nr. 3/2001 erklären sowohl Kreuz­worträtselbücher als auch Kreuzworträtselhefte aus­drücklich als zum Normalsatz steuerbar (vgl. E. 2.3). Nach dem zuvor Gesag­ten ist, bevor über fragliche « Rätselhefte » zu befinden ist, zunächst zu unter­suchen, ob sich die Präzisierungen der ESTV bezüglich dieser Produkte im Rahmen des übergeordneten Rechts bewegen oder ob ihnen die An­wendung zu versagen ist, weil sie eine von der gesetzlichen Ordnung ab­weichende Bestimmung enthalten (vgl. E. 3.3.1).

4.1                Die ESTV war für den Erlass des Merkblattes Nr. 11/1998 be­zie­hungs­weise der Branchenbroschüre Nr. 3/2001 zuständig (vgl. E. 3.3.2).

Die Definitionen von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern in der V EFD und der MWSTGV von 2000 nehmen Kreuzworträtselhefte und Kreuz­worträtselbücher nicht von den privilegiert zu behandelnden Ge­gen­ständen aus. Auch im gewöhnlichen Sprachgebrauch werden sie zu den Büchern oder Zeitschriften gezählt. Sofern sie die formellen Vor­aus­setzungen erfüllen, kann ihr Inhalt durchaus als solcher unter­hal­ten­der, allenfalls auch belehrender Art bei Büchern beziehungsweise als der Unterhaltung dienend bei Zeitungen und Zeitschriften betrachtet wer­den (vgl. E. 4.2.4). Was die Zeitschriften betrifft, so hat das BGer ebenfalls unter der Geltung der Warenumsatzsteuer festgelegt, dass die Ausdrücke « Zeitungen » und « Zeitschriften », wel­che häufig gebrauch­te Objekte bezeichnen würden, gemäss dem Sinn, der ihnen im Allge­meinen von der Bevölkerung eines Landes gegeben werde, auszulegen seien (Urteil des BGer vom 14. Mai 1976, veröffentlicht in ASA 45 S. 265 ff. E. 2a). Insbesondere sollte das inhaltliche Kriterium weit aus­gelegt werden (Dieter Metzger, Hand­buch der Warenumsatzsteuer, Bern 1983, S. 70 Rz. 125). Die von der ESTV im Merkblatt Nr. 11/1998 und der Bran­chen­broschüre Nr. 3/2001 gemachte Einschränkung lässt sich somit aus dem Wortlaut der Bestimmungen nicht rechtfertigen.

4.2                Die ESTV hält dafür, das Merkblatt Nr. 11/1998 und die Bran­chen­broschüre Nr. 3/2001 führten lediglich die unter der Warenum­satz­steuer begründete Praxis fort. Sie stützt sich dabei insbesondere auf ein Urteil des BGer vom 12. Dezember 1975 (veröffentlicht in: ASA 44 S. 587 ff.). Tat­sächlich übernahm die ESTV bezüglich der privilegiert zu behan­delnden Waren mit dem Mehrwertsteuerrecht grossteils die alte unter der Geltung der Warenumsatzsteuer geltende Praxis (vgl. Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender, Hand­buch zum Mehr­wertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 1295 S. 442). Für den vorliegenden Fall kann bezüglich der ent­sprechenden Begriffe an die vom BGer unter dem Recht der Warenumsatzsteuer entwickelte Praxis angeknüpft werden (ausführlich dazu: Entscheid der SRK vom 6. März 1998, in VPB 62.82, insbes. E. 2.d).

4.2.1           Unter dem Recht der Warenumsatzsteuer waren zunächst nur Zei­tungen und Zeitschriften als kaum entbehrliche Gegenstände von die­ser Steuer befreit (Art. 14 Abs. 1 Bst. b des Bundesbeschlusses über die Warenumsatzsteuer [WUB] vom 29. Juli 1941, AS 1941 793, BS 6 173). Bei der Revision im Jahr 1958, welche auf den 1. Januar 1959 in Kraft trat, wurden neu auch Bücher privilegiert behandelt (AS 1958 471). Be­züg­lich Büchern war es nicht Ziel des Gesetzge­bers, alle Druck­erzeug­nisse in Buchform von der Steuer auszuneh­men, sondern das Buch als po­tenziellen Kulturträger von der Abgabe zu befreien (Urteil des BGer vom 12. Dezember 1975, in: ASA 44 S. 587 ff. E. 2 mit Hinweis auf BGE 97 I 161, aus­zugsweise veröffentlicht in: ASA 39 S. 516 ff.; Metz­ger, a. a. O., S. 68 Rz. 117). Es stellte dazu fest, dass « die heutige Liste der steuer­befreiten Waren, in der auch die Bücher aufgeführt sind, [...] ein­deutig über das hinaus[geht], was allgemein als für die Be­frie­di­gung der tägli­chen Be­dürfnisse kaum entbehrlich betrachtet werden kann » (BGE 97 I 161 E. 2 veröffentlicht in: ASA 39 S. 517 f.). Ent­schei­dendes Krite­rium war ge­mäss BGer, dass das Druckerzeugnis ir­gend­einen kul­turellen Wert hatte. Die « Drucksache in Buchform » musste dazu be­stimmt, ge­eignet und fähig sein, die geistige Formung des Lesers durch Vermitt­lung von Wis­sen und Information unmittelbar zu fördern. Stand die Tä­tig­keit des Be­nutzers im Vordergrund, so wurde dies ver­neint. Die Tätigkeit des Be­nutzers sollte dann überwiegen, wenn die Druck­sache in Buchform, ein­mal gebraucht, verbraucht war, wenn sie also den Zweck, für den sie heraus­gegeben wurde, für einen weiteren Benutzer nicht mehr erfüllen konnte (Urteil des BGer vom 12. Dezember 1975, in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3 am Ende). Hier ist festzuhalten, dass aus dem genannten Entscheid einzig her­vorgeht, dass er « Arbeitshefte und Arbeitsblätter in Buch­form » be­traf. Das BGer erklärte, die be­druck­ten Teile knüpften « in genereller Weise an Lern- beziehungsweise Aus­bil­dungsstoff an » und stellten dem Schü­ler zu lösende Aufgaben. Ihr Inhalt war marginal, stellte sich doch das BGer auf den Standpunkt, die Zielsetzung der zu beur­tei­lenden Waren könne auch durch solche « Schreib- und Zeichen­hefte bzw. -bücher » verwirklicht werden, « die überhaupt weder Bild noch Text ent­halten » (Urteil des BGer vom 12. De­zember 1975, in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3). Sofern es sich um völ­lig leere, allenfalls mit Linien oder sonstigen « Schreib­hil­fen » be­druckte « Bücher » handelte, ist so­fort klar, dass der Inhalt in keiner Weise kul­tureller Art sein kann, da solche Drucker­zeug­nisse nur leere Seiten auf­weisen. Dies gilt auch für Bücher, bei denen Ein­tra­gungen zwar vorge­druckt sind, die aber für sich allein über keinerlei Informa­tionswert verfügen. Zu denken ist beispiels­weise an Adress­bücher, bei denen die Felder für Namen und Telefon­num­mer vor­gedruckt sind, denen jedoch erst das Ausfüllen des Benutzers zu einem aussage­kräftigen Inhalt ver­hilft. Die im genannten Urteil des BGer vom 12. De­zember 1975, in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3 wiederge­ge­bene Literatur­angabe weist auch in diese Richtung: Dort werden « Er­zeug­nisse, die vor allem ge­schäft­lichen Zwecken dienen », von der Privi­legie­rung ausge­schlossen, so « Papete­rie­waren in Buchform (Schreib­bücher, Geschäfts­bücher usw.) » (Wilhelm Wellauer, Die eid­ge­nössische Waren­umsatz­steuer, Basel 1959, S. 84 Rz. 46). Diesen Pro­duk­ten wird erst bei deren Ge­brauch durch den Be­nutzer ein kreativer Inhalt gegeben. Auch unter dem Recht des MWSTG von 1999 sollten solche Druck­erzeugnisse vom pri­vi­legierten Satz aus­ge­nommen werden (vgl. Bruno Tenner, in: mwst.com, Kommentar zum Bun­desgesetz über die Mehr­wertsteuer, Basel 2000, N. 2 zu Art. 36 Abs. 1 Bst. a Ziff. 9, der leere Tage­bücher vom reduzierten Satz aus­nimmt, allerdings nichts zum Krite­rium des Ver­brauchs ausführt). Die Auf­gabensammlungen, um welche es im Urteil des BGer vom 12. De­zember 1975 (in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3) ging, wurden später von der Ver­wal­tungspraxis unter der Warenumsatz­steuer als steuer­be­freite Pro­dukte behandelt (Metzger, a. a. O., S. 70 Rz. 126) und auch unter der Geltung der MWSTV von 1994 und des MWSTG von 1999 dem redu­zierten Steuersatz unter­wor­fen (Ziff. 1.4.1 3. Lemma Merk­blatt Nr. 11/1998 und Ziff. 6.3 5. Lem­ma Branchen­bro­schüre Nr. 3/2001).

Hier ist festzuhalten, dass die Argumentation bereits bei Metzger (a. a. O., S. 70 Rz. 126 mit Verweis auf die Verwaltungspraxis) und auch seitens der ESTV widersprüchlich ist, wenn einerseits mit Bezug auf das Urteil des BGer vom 12. Dezember 1975 (in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3) fest­gehalten wird, Bücher, die nach einmaligem Gebrauch ver­braucht seien, würden nicht privilegiert, dann aber ausgerechnet die in diesem Urteil be­han­delten Aufgabensammlungen doch privilegiert behandelt wer­den sollen, andere, vom BGer nicht erwähnte Druckerzeugnisse hin­gegen nicht. Gleiches gilt im Übrigen auch für Malbücher, die vom BGer unter der Geltung der Warenum­satzsteuer der normalen Besteue­rung unter­worfen wurden (Urteil des BGer vom 30. Januar 1976 in ASA 45 S. 265 ff. E. 4), die aber gemäss Merkblatt Nr. 11/1998 (Ziff. 1.1 5. Lem­ma) und Bran­chen­broschüre Nr. 3/2001 (Ziff. 6.1 5. Lemma) zum redu­zierten Steuer­satz steuerbar sind.

Der Inhalt der Druckerzeugnisse hatte unter dem Recht der Warenum­satzsteuer zwar grundsätzlich kultureller Art zu sein, es durfte aber auf den kulturellen Wert nicht ankommen, da der Richter nicht « Kulturrich­ter » sein könne (Wellauer, a. a. O., S. 85 Rz. 47; Metzger, a. a. O., S. 70 Rz. 125).

4.2.2           Zunächst ist festzuhalten, dass es im obigen Entscheid des BGer nur um Bücher, nicht aber um Zeitungen und Zeitschriften ging. Letztere werden ohnehin oft nur einmal gelesen und dann höchs­tens noch als Fachzeitschriften beziehungsweise aus Forschungsgründen oder auf­grund fachspezifischer Interessen in die Hand genommen. Damit lässt sich das Kriterium des Verbrauchtseins wegen des anders gelagerten Ge­brauchs von vornherein nicht von Büchern auf Zeitschriften übertra­gen. Diese unterliegen eher als Bücher nicht nur einem Ge-, sondern auch einem Verbrauch.

Auch bezüglich Büchern ist aber an der soeben erwähnten Einschrän­kung festzuhalten, dass das BGer im Urteil vom 12. Dezem­ber 1975 (in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3) offenbar Druckerzeugnisse in Buchform nur von der Pri­vi­legierung ausschliessen wollte, wenn sie keinen aussagekräf­tigen In­halt hatten.

Bezüglich Kreuzworträtselbüchern kann daher - wie auch bezüglich ent­sprechender Zeitschriften - dem Kriterium des Verbrauchtseins kein gros­ses Gewicht beigemessen werden. Abgesehen davon, dass eine Be­nut­zung durch mehrere Personen nicht ausgeschlossen ist - sei es, dass eine Person nicht alles zu lösen vermag, sei es, dass Lö­sungen (theo­retisch) wieder ausradiert werden und die Rätsel so ein weiteres Mal gelöst werden können -, geht ihr Inhalt weit über blosse For­mu­lar­drucke hinaus und kann durchaus kreativer Art sein. Es kann kein Zwei­fel daran bestehen, dass ihr Zweck nicht mittels völlig leerer « Bücher » und auch nicht mittels minimaler Anweisungen erreicht wer­den könnte, weshalb der Fall hier anders liegt als im oben genannten Urteil des BGer (vom 12. Dezember 1975, in: ASA 44 S. 587 ff. E. 3; vgl. E. 4.2.1). Käme es im Üb­ri­gen auf die Leerflächen in den Druck­erzeugnissen an, so wäre in der Tat - wie die Beschwerdeführerin aus­führen lässt - un­ver­ständlich, wes­halb Kinderrätselbücher privilegiert zu besteuern sein sollen, macht doch das übergeordnete Recht einzig beim Seiten­umfang zugunsten von Kin­derbüchern einen Vorbehalt (vgl. E. 2.2). Darauf ist jedoch nicht weiter einzugehen.

4.2.3           Entscheidend ist aber, dass sich das BGer in dem nur aus­zugs­weise veröffentlichten Urteil einzig mit dem Begriff des kultu­rellen In­haltes auseinandersetzte (vgl. E. 4.2.1), während die Verordnungen des EFD und des BR weitere Inhalte zulassen (vgl. E. 2.2). In einem anderen Urteil erklärte das BGer selbst Zeitschriften, die praktisch über keinen redaktionellen Teil, son­dern nur über Anzeigen verfügten, als von der Steuer befreit. Es ge­nügte, dass der Leser durch Bezahlung des Preises sein Interesse am Inhalt der Zeitschrift bekundet. Weitere Ausführungen zum notwen­digen Inhalt von Zeitschriften machte das BGer nicht (BGE 83 I 199 E. 1; Urteil des BGer vom 14. Mai 1976, in: ASA 45 S. 265 ff. E. 2a). Von einem Inhalt kultureller Art konnte dort nicht gesprochen werden.

4.2.4           Vorliegend interessieren nun vor allem der unterhaltende, in ge­ringerem Masse auch der belehrende Charakter beziehungsweise die laufende Orientierung über Wissenswertes (vgl. Art. 1 und Art. 2 V EFD sowie Art. 32 Bst. a und Art. 33 Abs. 1 MWSTGV von 2000). Dass sich das BGer im oben erwähnten Entscheid damit nicht auseinandersetzte, dürfte daran gelegen haben, dass ein dergestalt gearteter Inhalt bezüglich der damals zu beurteilenden Druckerzeugnisse gar nicht in Frage kam.

Was nun den Inhalt sowohl der Rätselbücher als auch der Rätselhefte anbelangt, so kann kein Zweifel daran bestehen, dass er der Unterhal­tung dient beziehungsweise unterhaltender Natur ist. Überdies ist der Be­schwerde­führerin beizupflichten, wenn sie in diesen Produkten auch einen belehrenden Inhalt erkennt. Zwar dürften Rätsel in der Regel vor allem aufgrund ihres Unterhaltungswerts gelöst werden, doch lässt sich nicht leugnen, dass sie auch zu gewissen Lerneffekten führen können. Wie schon bei Inhalten kultureller Art, bei denen der Richter nicht als « Kul­turrichter » zu amten hat, steht es ihm auch beim belehrenden Cha­rak­ter nicht zu zu ent­schei­den, ob es sich um « lernenswerte » Infor­ma­tio­nen handelt. Auf das Niveau oder das Thema der Rätsel kann es daher nicht ankommen.

4.2.5           Weder aus dem übergeordneten Recht noch aus Sinn und Zweck oder der Rechtsprechung zur Warenumsatzsteuer beziehungsweise jener der SRK zum MWSTG von 1999 - neuere einschlägige Entscheide lie­gen nicht vor - findet sich somit eine Stütze für die Auffassung der ESTV, dass Rätselbücher und Rätselhefte von der Privilegierung aus­zu­schlies­sen seien. Eine von höherrangigem Recht vorgesehene Privile­gie­rung kann jedoch nicht auf dem Weg einer Verwaltungsverordnung rück­gängig gemacht werden (vgl. E. 3.3.1).

4.3                Damit ergibt sich, dass die ESTV im Merkblatt Nr. 11/1998 und der Branchenbroschüre Nr. 3/2001 zu Unrecht Rätselbücher und Rät­sel­hefte von der Privilegierung ausnahm. Sofern die vorliegend frag­lichen Pro­dukte die Voraussetzungen an Bücher oder Zeitungen beziehungs­weise Zeitschrif­ten erfüllen, sind sie demnach zum reduzierten Steuer­satz zu besteu­ern.

5.                   Es bleibt zu prüfen, ob vorliegend die Produkte der Gruppe « Rät­sel­hefte » als Zeitschriften oder Bücher zu gelten haben. Nun ist zwar richtig, dass - wie die ESTV im Einspracheentscheid vom 6. Juli 2007 feststellt - unter dem Recht der Warenumsatzsteuer und damit in histo­rischer Sicht Bücher erst anlässlich einer Revision neben Zeitun­gen und Zeitschriften in den entsprechenden Bundesbeschluss aufge­nommen wur­den (vgl. E. 4.2.1), doch lässt sich daraus - im Gegensatz zur Ansicht der ESTV - nicht schliessen, dass dadurch bereits eine Prüfreihenfolge fest­gelegt sei. Schon die Auffassung, weil etwas später ins Gesetz auf­ge­nommen worden sei, sei es gleichsam subsidiär, erweist sich als nicht haltbar. Dieser Ansicht war wohl auch die ESTV bei Verfassen des Merk­blatts Nr. 11/1998, verweist sie dort doch bei beiden Arten von Druck­erzeugnissen (Bücher sowie Zeitungen/Zeitschriften) auf die je­weils andere Art, sollte sich eine Privilegierung unter der einen Art als nicht mög­lich erweisen (vgl. E. 2.3). Der Hinweis auf Zeitungen und Zeit­schriften in Ziff. 1.6 Merkblatt Nr. 11/1998 erwiese sich als über­flüs­sig, wenn diese zuerst geprüft und damit aus­geschlossen worden wären. Das Merkblatt Nr. 11/1998 sieht damit explizit und zu Recht keine Prüf­reihenfolge vor. Im Übrigen behandeln sowohl die V EFD und die MWSTGV von 2000 sowie auch das Merkblatt Nr. 11/1998 und die Bran­chenbroschüre Nr. 3/2001 - im Gegensatz zur MWSTV von 1994 und zum MWSTG von 1999 - zuerst die Bücher und erst daran an­schliessend die Zeitungen und Zeitschriften. Wie erwähnt kommt es näm­lich auf die Reihenfolge der Prüfung nicht an, sondern ein Druck­erzeugnis ist dann zum reduzierten Satz zu besteuern, wenn es entweder als Zeitung/Zeitschrift oder als Buch im Sinn der Gesetzgebung zu gelten hat. Ob den « andere[n] Druckerzeugnisse[n] » eine eigen­stän­dige Be­deu­tung zukommt, kann hier offengelassen werden.

5.1                Druckerzeugnisse haben gewissen formellen und gewissen in­halt­lichen Ansprüchen zu genügen, um als Bücher oder Zeitungen/Zeit­schrif­ten im Sinn des Mehrwertsteuerrechts zu gelten (vgl. E. 2.1 f.). Die vorliegend fraglichen Drucksachen weisen zwar keine offensichtliche Buchform auf, doch könnte es sich allenfalls um eine Broschürenform handeln. Einige weisen zudem mehr als 16 Seiten auf. Reklamecharakter kommt ihnen, trotz gelegentlicher Annoncen nicht zu. Damit erfüllen jene « Rätselhefte », die mehr als 16 Seiten umfas­sen, möglicherweise die formellen Voraussetzungen an ein Buch. Die « Hefte » erscheinen mehr­mals im Jahr, tragen einen gleichbleibenden Titel, haben eine fort­laufende Nummerierung, enthalten Angaben zu Erscheinungsdatum sowie Erschei­nungs­weise und haben keinen Wer­becharakter, womit sie auch die Former­fordernisse einer Zeitung/Zeit­schrift aufweisen. Sie die­nen der Unter­haltung, so dass sie auch inhaltlich die Erfordernisse er­fül­len (vgl. E. 2.2). Somit kann festgehalten werden, dass alle fragli­chen Pro­dukte der Gruppe « Rätselhefte » die Voraussetzungen für eine mit dem redu­zierten Satz zu besteuernde Zeitung/Zeitschrift erfüllen. Einige könnten zudem auch unter die zum reduzierten Satz zu besteuernden Bü­cher ge­zählt werden. Aufgrund der äusseren Aufmachung werden sie im allge­mei­nen Sprachgebrauch aber eher zu den Zeitschriften als zu den Bü­chern gezählt werden. Da sie ohnehin als Zeitungen/Zeitschriften mehr­wertsteuerlich privilegiert zu behandeln sind, kann hier offenblei­ben, ob sie allenfalls auch als Bücher betrachtet werden könnten.

5.2                Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Produkte der Grup­pe « Rätselhefte » in jedem Fall die vom Gesetz aufgestellten Anfor­derun­gen an zum reduzierten Satz steuerbare Druckerzeugnisse im Sinn von Art. 27 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 9. Lemma MWSTV von 1994 i. V. m. Art. 1-Art. 3 V EFD beziehungsweise Art. 36 Abs. 1 Bst. a Ziff. 9 MWSTG von 1999 i. V. m. Art. 34-Art. 36 MWSTGV von 2000 erfül­len. Die Nach­for­de­rung der ESTV mit den Ergän­zungsabrechnungen Nr. ... und Nr. ... vom 13. Mai 2004 jeweils beschränkt auf die Pro­duktegruppe « Rätsel­hefte » erfolgte daher zu Unrecht.

Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen der Beschwerde­füh­re­rin einzugehen.


 

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