Urteilskopf

2010/25

Auszug aus dem Urteil der Abteilung III i. S. santésuisse gegen Regierungsrat des Kantons Bern und diespitäler.be
C-3940/2009 vom 20. Juli 2010


Regeste Deutsch

Krankenversicherung. Tariffestsetzung. Stellungnahmen des Preisüberwachers, Ermittlung der anrechenbaren Kosten im Bereich der stationären Psychiatrie.
Art. 49, Art. 57 Abs. 1 VwVG. Art. 47 KVG, aArt. 49 KVG.
1. Die Preisüberwachung (PUE) kann als Fachstelle, die im erstinstanzlichen Verfahren anzuhören war, vom Bundesverwaltungsgericht (BVGer) zu einer weiteren Stellungnahme eingeladen werden. Präzisierung der Rechtsprechung zur Qualifikation von PUE-Stellungnahmen (E. 2.3.2).
2. Tariffestsetzungsbeschlüsse sind vom BVGer mit voller Kognition zu überprüfen. Stimmt der Entscheid der Kantonsregierung mit den Empfehlungen der PUE überein, auferlegt sich das BVGer Zurückhaltung. In den übrigen Fällen kommt weder der Ansicht der PUE noch derjenigen der Vorinstanz generell ein Vorrang zu (E. 2.4).
3. Der Kostendeckungsgrad ist entsprechend der Praxis des Bundesrates (BR) je nach Kostentransparenz abzustufen (E. 4).
4. Werden die Kosten für Lehre und Forschung nicht vollständig ausgewiesen, sind die normativen Abzüge gemäss BR-Praxis vorzunehmen (E. 5).
5. Überkapazitäten: Für psychiatrische Kliniken gilt ein Auslastungsschwellenwert von 90 %. Es ist Sache der Spitäler nachzuweisen, dass eine Auslastungsreserve von 10 % in der Praxis ungenügend ist (E. 6).
6. Anforderungen an das « Benchmarking » im Bereich Psychiatrie (E. 7 und 10.2).

Regeste en français

Assurance-maladie. Fixation des tarifs. Avis du Surveillant des prix. Détermination des coûts imputables dans le domaine de la psychiatrie hospitalière.
Art. 49, art 57 al. 1 PA. Art. 47 LAMal, ancien art. 49 LAMal.
1. Le Tribunal administratif fédéral (TAF) peut demander un nouvel avis à la Surveillance des prix (SPR), en sa qualité de service spécialisé qu'il avait déjà fallu entendre dans la procédure de première instance. Précisions apportées à la jurisprudence sur la qualification des avis de la SPR (consid. 2.3.2).
2. Les décisions de fixation des tarifs sont soumises au plein pouvoir d'examen du TAF. Si la décision du gouvernement cantonal concorde avec les recommandations de la SPR, le TAF fait preuve de retenue. Dans les autres cas, la primauté n'est donnée généralement ni à l'opinion de la SPR, ni à l'opinion de l'instance précédente (consid. 2.4).
3. Conformément à la pratique du Conseil fédéral (CF), le degré de couverture des coûts doit être échelonné en fonction de la transparence des coûts (consid. 4).
4. Si les coûts de formation et de recherche ne sont pas entièrement justifiés, il convient de procéder aux déductions normatives conformément à la pratique du CF (consid. 5).
5. Surcapacités: pour les cliniques psychiatriques, le seuil d'occupation est de 90 %. Il appartient aux hôpitaux de démontrer qu'une réserve de lits de 10 % est insuffisante dans la pratique (consid. 6).
6. Benchmarking dans le domaine de la psychiatrie (consid. 7 et 10.2).

Regesto in italiano

Assicurazione malattie. Determinazione delle tariffe. Prese di posizione del Sorvegliante dei prezzi, accertamento dei costi computabili nell'ambito della psichiatria ospedaliera.
Art. 49, art. 57 cpv. 1 PA. Art. 47 LAMal, vecchio art. 49 LAMal.
1. La Sorveglianza dei prezzi (SPR), nella sua qualità di autorità specializzata che doveva essere consultata nella procedura di prima istanza, può essere invitata dal Tribunale amministrativo federale (TAF) ad esprimere un nuovo parere. Precisazione della giurisprudenza relativamente alla qualifica dei pareri della SPR (consid. 2.3.2).
2. Il TAF deve esaminare con pieno potere cognitivo le decisioni sulla determinazione delle tariffe. Se la decisione del governo cantonale coincide con le raccomandazioni della SPR, il TAF si impone un riserbo. Nei rimanenti casi non prevale generalmente né il parere della SPR, né quello dell'autorità inferiore (consid. 2.4).
3. Conformemente alla prassi del Consiglio federale (CF) il grado di copertura dei costi è da differenziare a seconda della trasparenza dei costi (consid. 4).
4. Se i costi di formazione e di ricerca non vengono comprovati interamente, devono essere effettuate le trattenute normative secondo la prassi del CF (consid. 5).
5. Sovraccapacità: per le cliniche psichiatriche vige un valore soglia di massima utilizzazione del 90 %. Spetta agli ospedali dimostrare che una riserva di massima utilizzazione del 10 % è insufficiente nella prassi (consid. 6).
6. Benchmarking nell'ambito della psichiatria (consid. 7 e 10.2).

Sachverhalt

Mit Beschluss vom 13. Mai 2009 setzte der Regierungsrat des Kantons Bern (nachfolgend: Regierungsrat oder Vorinstanz) die Tarife ab dem 1. Januar 2009 für die stationäre Behandlung in den psychiatrischen Kliniken des Kantons Bern (allgemeine Abteilung) wie folgt fest: In der Erwachsenenpsychiatrie (EP) Fr. 250.- vom 1.-90. Tag und Fr. 166.- ab dem 91. Tag, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) Fr. 397.- Die als Fachstelle vom Regierungsrat angehörte Preisüberwachung (PUE) hatte in ihrer Stellungnahme empfohlen, die Tagespauschalen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung seien im Bereich EP auf maximal Fr. 237.- (1.-90. Tag) beziehungsweise Fr. 158.- (ab 91. Tag), in der KJP auf maximal Fr. 319.- festzusetzen. Der Verein santésuisse (nachfolgend: santésuisse) liess Beschwerde erheben und beantragen, die Tarife seien gemäss den Empfehlungen der PUE festzusetzen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache zur Neufestsetzung des Tarifs an die Vorinstanz zurück.


Aus den Erwägungen:

2. Das Verfahren vor dem BVGer richtet sich gemäss Art. 37 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) und Art. 53 Abs. 2 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10) grundsätzlich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Vorbehalten bleiben allfällige Abweichungen des VGG und die besonderen Bestimmungen des Art. 53 Abs. 2 KVG.

2.1 (...)

2.2 (...)

2.3 Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die PUE wurden im Instruktionsverfahren eingeladen, eine Stellungnahme einzureichen. Im vorliegenden Verfahren sind die PUE und das BAG jedoch nicht Parteien im Sinne von Art. 6 VwVG.

2.3.1 Die Beschwerdeinstanz kann andere Beteiligte, welchen im Beschwerdeverfahren nicht Parteistellung zukommt, einbeziehen und von diesen eine Stellungnahme einholen (vgl. Art. 57 Abs. 1 VwVG; siehe auch FRANK SEETHALER/KASPAR PLÜSS, in: Praxiskommentar VwVG, Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Zürich 2009, Art. 57 N 16; VERA MARANTELLI-SONANINI/SAID HUBER, in: Praxiskommentar VwVG, Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Zürich 2009, Art. 6 N 58; ANDRÉ MOSER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler [Hrsg.], Zürich 2008, Art. 57 N. 6; BGE 122 II 382 E. 2c, BGE 124 II 409 E. 2, BGE 135 II 384 E. 1.2.1). Unter « andere Beteiligte » im Sinne von Art. 57 Abs. 1 VwVG (bzw. « weitere Beteiligte » im Sinne von Art. 102 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]) fallen insbesondere Behörden, die im erstinstanzlichen Verfahren anzuhören sind (ISABELLE HÄNER, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, Zürich 2000, Rz. 293), sowie in ihrer Aufgabenerfüllung betroffene Amtsstellen (ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 527). Ob auch Fachstellen, die als Sachverständige beigezogen werden (d. h., die Gutachten oder Amtsberichte, welche materiell Gutachtenscharakter aufweisen, erstellen), als weitere Beteiligte zu qualifizieren sind, erscheint fraglich (vgl. HÄNER, a. a. O.; KÖLZ/HÄNER, a. a. O.; MOSER, a. a. O., N. 6). Sofern jedoch eine Kommission von Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren von Gesetzes wegen beteiligt ist und Antrag an die entscheidende Behörde zu stellen hat, kann sie als « weitere Beteiligte » ins Beschwerdeverfahren einbezogen werden (vgl. BGE 135 II 384 E. 1.2).

2.3.2 Die PUE ist im Tariffestsetzungsverfahren nach Art. 47 Abs. 1 KVG von der Kantonsregierung anzuhören (vgl. Art. 14 Abs. 1 des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 [PüG, SR 942.20], Kranken- und Unfallversicherung: Rechtsprechung und Verwaltungspraxis [RKUV] 2001 KV 177 S. 353 E. 2.1, RKUV 1997 KV 16 S. 343 E. 4). Sie kann gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz 2 PüG beantragen, auf die Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken. Den Stellungnahmen der PUE kommt nicht - oder jedenfalls nicht in erster Linie - die Funktion zu, eine sachverständige Ermittlung und Würdigung des rechtserheblichen Sachverhalts zu Handen der entscheidenden Behörde vorzunehmen (vgl. Art. 12 Bst. e VwVG; PATRICK L. KRAUSKOPF/KATRIN EMMENEGGER, in: Praxiskommentar VwVG, Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Zürich 2009, Art. 12 N 147 f.). Vielmehr hat die PUE auch eine Beurteilung vorzunehmen, ob der von der Kantonsregierung in Aussicht genommene Tarif als missbräuchlich im Sinne des PüG zu qualifizieren ist. Insofern als die PUE eine rechtliche Beurteilung vornimmt, handelt es sich nicht um ein Beweismittel und somit auch nicht um einen Amtsbericht, welchem materiell Gutachtenscharakter zukommt (vgl. dazu BGE 123 V 331 E. 1b; ALFRED KÖLZ/JÜRG BOSSHART/MARTIN RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, § 7 N. 78). Als solcher hätte sich der Bericht der PUE nämlich nicht zu Rechtsfragen, sondern nur zu den von der entscheidenden Behörde gestellten Fragen zum Sachverhalt zu äussern (vgl. auch CHRISTOPH AUER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler [Hrsg.], Zürich 2008, Art. 12 N. 43). Die vom BVGer übernommene Rechtsprechung des Bundesrates (BR) zur Stellung der PUE-Empfehlungen (vgl. Zwischenverfügung des BVGer C-297/2009 vom 8. Juli 2009 mit Hinweisen) ist entsprechend zu präzisieren.
Die PUE kann demnach als Fachstelle, die im erstinstanzlichen Verfahren anzuhören war, im Verfahren vor BVGer ohne Weiteres einbezogen werden.

2.3.3 Das BAG ist das für die Krankenversicherung zuständige Bundesamt. Ihm kommen bei der Durchführung der obligatorischen Krankenversicherung - wenn auch nicht explizite bei der Tariffestsetzung nach Art. 47 KVG - wesentliche Aufsichtsfunktionen zu (vgl. Art. 21 KVG; Art. 24 ff. der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV, SR 832.102]). Es rechtfertigt sich, angesichts des unbestreitbar bestehenden Zusammenhanges zwischen den Tariffragen und den Kosten der obligatorischen Krankenversicherung, das BAG als für die Durchführung des KVG-Obligatoriums verantwortliche Behörde am Verfahren zu beteiligen.

2.4 Die Beschwerdeführenden können im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit des Entscheids beanstanden (Art. 49 VwVG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Beschluss dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind unzulässig (Art. 53 Abs. 2 Bst. a KVG).
Tariffestsetzungsbeschlüsse nach Art. 47 KVG sind vom BVGer - im Unterschied zu Beschlüssen über die Spitalplanung (vgl. Art. 53 Abs. 2 Bst. e KVG) - mit voller Kognition zu überprüfen.

2.4.1 Nach der Rechtsprechung hat auch eine Rechtsmittelbehörde, der volle Kognition zusteht, in Ermessensfragen einen Entscheidungsspielraum der Vorinstanz zu respektieren. Sie hat eine unangemessene Entscheidung zu korrigieren, kann aber der Vorinstanz die Wahl unter mehreren angemessenen Lösungen überlassen (BGE 133 II 35 E. 3). Das BVGer hat daher nur den Entscheid der unteren Instanz zu überprüfen und sich nicht an deren Stelle zu setzen (vgl. BGE 126 V 75 E. 6). Insbesondere dann, wenn die Ermessensausübung, die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder die Sachverhaltswürdigung hoch stehende, spezialisierte technische, wissenschaftliche oder wirtschaftliche Kenntnisse erfordert, ist eine Zurückhaltung des Gerichts bei der Überprüfung vorinstanzlicher Bewertungen angezeigt (vgl. BGE 135 II 296 E. 4.4.3, BGE 133 II 35 E. 3, BGE 128 V 159 E. 3b/cc). Es stellt daher keine unzulässige Kognitionsbeschränkung dar, wenn das Gericht - das nicht als Fachgericht ausgestaltet ist - nicht ohne Not von der Auffassung der Vorinstanz abweicht, soweit es um die Beurteilung technischer, wissenschaftlicher oder wirtschaftlicher Spezialfragen geht, in denen die Vorinstanz über ein besonderes Fachwissen verfügt (vgl. BGE 135 II 296 E. 4.4.3, BGE 133 II 35 E. 3 mit Hinweisen; siehe zum Ganzen auch YVO HANGARTNER, Behördenrechtliche Kognitionsbeschränkungen in der Verwaltungsrechtspflege, in: Benoît Bovay/Minh Son Nguyen [Hrsg.], Mélanges en l'honneur de Pierre Moor, Bern 2005, S. 319 ff.; RETO FELLER/MARKUS MÜLLER, Die Prüfungszuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts - Probleme der praktischen Umsetzung, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 110/2009 S. 442 ff.).

2.4.2 Im Bereich der Tariffestsetzungen gilt es indessen zu beachten, dass die Kantonsregierung die PUE nicht nur anhören, sondern gemäss Art. 14 Abs. 2 PüG auch begründen muss, wenn sie deren Empfehlung nicht folgt. Nach der Rechtsprechung des BR kommt den Empfehlungen der PUE ein besonderes Gewicht zu, weil die auf Sachkunde gestützte Stellungnahme bundesweit einheitliche Massstäbe bei der Tariffestsetzung setzt (vgl. RKUV 1997 KV 16 S. 343 E. 4.6). Das Gericht hat sich insbesondere dann eine Zurückhaltung aufzuerlegen, wenn der Entscheid der Vorinstanz mit den Empfehlungen der PUE übereinstimmt.

2.4.3 Weicht die Kantonsregierung hingegen von den Empfehlungen der PUE ab, kommt weder der Ansicht der PUE noch derjenigen der Vorinstanz generell ein Vorrang zu (vgl. auch DANIEL STAFFELBACH/YVES ENDRASS, Der Ermessensspielraum der Behörden im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens nach Art. 47 in Verbindung mit Art. 53 Krankenversicherungsgesetz, Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 231). Nach dem Willen des Gesetzgebers obliegt es - trotz Anhörungs- und Begründungspflicht gemäss Art. 14 PüG - der Kantonsregierung, bei vertragslosem Zustand den Tarif festzusetzen (vgl. auch RKUV 2004 KV 265 S. 2 E. 2.4; RUDOLF LANZ, Die wettbewerbspolitische Preisüberwachung, in: Thomas Cottier/Matthias Oesch [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XI, Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, 2. Aufl., Basel 2007, N. 113). Das Gericht hat in diesen Fällen namentlich zu prüfen, ob die Vorinstanz die Abweichung in nachvollziehbarer Weise begründet hat. Im Übrigen unterliegen die verschiedenen Stellungnahmen - auch der weiteren Verfahrensbeteiligten - der freien Beweiswürdigung beziehungsweise Beurteilung durch das BVGer (vgl. BGE 124 II 409 E. 2).

3. Streitig und im vorliegenden Verfahren zu beurteilen ist der für die psychiatrischen Kliniken im Kanton Bern festgesetzte Tarif für die stationäre Behandlung in der allgemeinen Abteilung ab Januar 2009.

3.1 - 3.4.1 (...)

3.4.2 Nach aArt. 49 Abs. 1 KVG (in der Fassung vom 18. März 1994, AS 1995 1328) vereinbaren die Vertragsparteien für die Vergütung der stationären Behandlung einschliesslich Aufenthalt in einem Spital (im Sinne von Art. 39 Abs. 1 KVG) Pauschalen. Diese decken für Kantonseinwohner und -einwohnerinnen bei öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern höchstens 50 % der anrechenbaren Kosten je Patient oder Patientin oder je Versichertengruppe in der allgemeinen Abteilung. Die anrechenbaren Kosten werden bei Vertragsabschluss ermittelt. Betriebskostenanteile aus Überkapazität, Investitionskosten sowie Kosten für Lehre und Forschung werden nicht angerechnet.

3.4.3 Die Spitäler ermitteln ihre Kosten und erfassen ihre Leistungen nach einheitlicher Methode; sie führen hiezu eine Kostenstellenrechnung und eine Leistungsstatistik. Die Kantonsregierung und die Vertragsparteien können die Unterlagen einsehen. Der BR erlässt die nötigen Bestimmungen (aArt. 49 Abs. 6 KVG). Diesem Auftrag des Gesetzgebers ist der BR mit dem Erlass der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL, SR 832.104) nachgekommen (in Kraft seit 1. Januar 2003).

3.4.4 Nach aArt. 49 Abs. 7 KVG ordnen die Kantonsregierungen und, wenn nötig, der BR Betriebsvergleiche zwischen Spitälern an. Die Spitäler und die Kantone müssen dafür die nötigen Unterlagen liefern. Ergibt der Betriebsvergleich, dass die Kosten eines Spitals deutlich über den Kosten vergleichbarer Spitäler liegen, oder sind die Unterlagen eines Spitals ungenügend, so können die Versicherer den Tarifvertrag nach Art. 46 Abs. 5 KVG kündigen und der Genehmigungsbehörde (im Sinne von Art. 46 Abs. 4 KVG) beantragen, die Tarife auf das richtige Mass zurückzuführen.

3.5 (...)

4. Der Beschwerdeführer beanstandet zunächst den vom Regierungsrat festgesetzten Kostendeckungsgrad von 47 %.

4.1 Nach der Rechtsprechung des BR sind die Spitäler - obwohl dies aus dem deutschen Wortlaut des aArt. 49 Abs. 6 KVG nicht klar hervorgeht - gehalten, nebst der Leistungsstatistik eine Betriebsabrechnung vorzulegen, welche die Kostenrechnung (bestehend aus der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung) sowie die Ermittlung des Betriebserfolges umfasst (RKUV 2005 KV 338 S. 339 E. 5.2). Legt ein Spital eine gute Kostenstellenrechnung sowie eine vollständige, qualitativ gute, ausreichend detaillierte Kostenträgerrechnung (inkl. Leistungserfassung) vor, ist die Kostentransparenz vollständig gegeben (RKUV 2005 KV 338 S. 339 E. 6.2 mit Hinweisen).
Bei ungenügender Kostentransparenz besteht die Gefahr, dass die Spitalpauschalen bei öffentlich subventionierten Spitälern mehr als das gesetzlich vorgesehene Maximum (höchstens 50 % der anrechenbaren Kosten) decken. Der BR hat deshalb den Grad der Kostendeckung (oder Deckungsquote) je nach Kostentransparenz abgestuft. Lag eine gute Kostenstellenrechnung - jedoch keine Kostenträgerrechnung - vor, wurde die Deckungsquote auf 46 % festgesetzt (RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 13.2). Eine höhere Deckungsquote von 48 % gewährte der BR im Fall eines öffentlichen Spitals, welches über eine - allerdings noch nicht restlos genügende - Kostenträgerrechnung verfügte (unveröffentlichter Bundesratsentscheid [BRE] 02-16 WS vom 2. Juli 2003 E. 5.2.2; vgl. auch in RKUV 2005 KV 325 S. 159 [BRE vom 30. Juni 2004] nicht veröffentlichte E. 12.1 mit Hinweisen).

4.2 In der VKL wurden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Nachvollziehbarkeit der Kosten übernommen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 30. September 2002 zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 5. April 2002 betreffend die « Aufsichtseingabe der Kantone zur Entscheidpraxis des Bundesrates bei Beschwerden gegen Tarifentscheide der Kantonsregierungen in der Krankenversicherung » [BBl 2003 334]).

4.2.1 Die Ermittlung der Kosten und die Erfassung der Leistungen muss gemäss Art. 2 Abs. 1 VKL so erfolgen, dass damit namentlich die Grundlagen geschaffen werden für die Unterscheidung der Leistungen und der Kosten zwischen der stationären, teilstationären (mit dem am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Art. 49 KVG wurde die Kategorie « teilstationäre Behandlung » aufgehoben), ambulanten und Langzeitbehandlung (Bst. a), die Bestimmung der Leistungen und der Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der stationären Behandlung im Spital (Bst. b) und die Ausscheidung der nicht anrechenbaren Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der stationären Behandlung im Spital (Bst. g). Die Unterscheidung und Bestimmung der in Abs. 1 genannten Kosten und Leistungen soll die Bildung von Kennzahlen (Bst. a), Betriebsvergleiche auf regionaler, kantonaler und überkantonaler Ebene zur Beurteilung von Kosten und Leistungen (Bst. b), die Berechnung der Tarife (Bst. c), die Berechnung von Globalbudgets (Bst. d), die Aufstellung von kantonalen Planungen (Bst. e), die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Leistungserbringung (Bst. f) sowie die Überprüfung der Kostenentwicklung und des Kostenniveaus (Bst. g) erlauben (Art. 2 Abs. 2 VKL).

4.2.2 Nach Art. 9 Abs. 1 und 2 VKL müssen die Spitäler eine Kostenrechnung führen, welche insbesondere die Elemente Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträger und die Leistungserfassung umfassen muss. aArt. 10 Abs. 1 VKL (in der Fassung vom 3. Juli 2002, AS 2002 2835) verpflichtet die Spitäler zudem, eine Finanzbuchhaltung zu führen.

4.3 Der Regierungsrat und der Verein diespitäler.be erachten die eingereichten Kostenrechnungen als transparent, weshalb der Kostendeckungsgrad auf 47 % festzusetzen sei. Demgegenüber vertreten der Beschwerdeführer, die PUE und das BAG die Ansicht, es könne lediglich ein Deckungsgrad von 46 % gewährt werden, weil keine Kostenträgerrechnung vorliege.

4.3.1 Im angefochtenen Beschluss wird dazu Folgendes ausgeführt: Für psychiatrische Leistungen gebe es bis anhin noch keine kostenadäquatere Leistungseinheit als die Pflegetage. Daher würden die Tarife in der Psychiatrie - im Unterschied zur Akutsomatik - nach wie vor pflegetagorientiert ermittelt. Für pflegetagorientierte Tarife sei ein Kalkulationsobjekt (Kostenträger) dann zweckmässig, wenn es die Kosten der erbrachten Pflegetage sachgerecht abbilde. Diese Anforderung würden die eingereichten Kostenrechnungen erfüllen. Weiter wird darauf hingewiesen, dass die psychiatrischen Institutionen zudem daran seien, eine fallorientierte Kostenträgerrechnung aufzubauen. Da die Kostenträgerrechnungen noch nicht in allen Institutionen den gleichen Stand aufwiesen, erachte der Regierungsrat auf Grund der eingereichten Unterlagen einen Kostendeckungsgrad von 47 % als angemessen (...).

4.3.2 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Weder aus der Rechtsprechung des BR noch aus der VKL kann geschlossen werden, dass für psychiatrische Institutionen geringere Anforderungen an die Kostenrechnungen zu stellen wären beziehungsweise die erforderliche Transparenz auch lediglich mit Kostenstellenrechnungen gewährleistet würde. Auch dem Handbuch REKOLE® von H+ (PASCAL BESSON, REKOLE® Betriebliches Rechnungswesen im Spital, 3. Aufl., Bern 2008) lässt sich nicht entnehmen, dass Kostenträgerrechnungen im Bereich Psychiatrie nicht erforderlich wären (vgl. BESSON, a. a. O., S. 17, S. 253 ff.), zumal die Kostenträgerrechnung unter anderem eine transparente Ausscheidung der Kosten für Lehre und Forschung gewährleisten soll (vgl. BESSON, a. a. O., S. 272 ff.). Im Übrigen erscheint die Begründung des Regierungsrates etwas widersprüchlich, wenn er zunächst sinngemäss geltend macht, in der Psychiatrie sei eine Kostenträgerrechnung entbehrlich, und gleich anschliessend ausführt, die Kostenträgerrechnungen würden in den psychiatrischen Institutionen eingeführt. Allein der Umstand, dass mit der Einführung der nach Art. 9 Abs. 2 VKL erforderlichen Kostenträgerrechnung begonnen wurde, rechtfertigt für das BVGer kein Abweichen von der konstanten Rechtsprechung des BR, wonach bei Vorliegen einer guten Kostenstellenrechnung ein Kostendeckungsgrad von 46 % zu gewähren ist.

4.3.3 Dass die Tarifparteien in ihrem bis Ende 2008 gültigen Tarifvertrag einen Kostendeckungsgrad von 47 % vereinbart hatten, ändert an dieser Beurteilung nichts. Der Regierungsrat hatte nur die Möglichkeit, den Tarif neu festzusetzen oder den bestehenden Vertrag um ein Jahr zu verlängern. Eine dritte Möglichkeit, im Sinne einer Vertragsverlängerung mit Änderung einzelner Bestimmungen, gibt es nach der Rechtsprechung des BR, welche fortzuführen ist, nicht (BRE 96-84 TG vom 23. September 1996 E. 4 mit Hinweis auf Verwaltungspraxis der Bundesbehörden VPB 54.34 und VPB 56.44; vgl. auch GEBHARD EUGSTER, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [KVG] - Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 2010, Art. 47 N. 11 und 13). Wird der Tarif neu festgesetzt, muss dieser den Anforderungen, welche sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergeben, entsprechen.

4.4 Vorliegend ist der Kostendeckungsgrad demnach auf 46 % festzusetzen.

5. Streitig ist weiter der Abzug für Lehre und Forschung.

5.1 Nach aArt. 49 Abs. 1 KVG sind die Kosten für Lehre und Forschung von den auf die Pauschalen anrechenbaren Kosten abzuziehen.

5.1.1 Die Kosten für die Lehre umfassen laut aArt. 7 Abs. 1 VKL die Aufwendungen für die theoretische und praktische Ausbildung der Studierenden der Medizin bis zum Erwerb des Staatsexamens (Bst. a), die Weiterbildung der Ärzte und Ärztinnen bis zum Erwerb eines Facharzttitels (Bst. b), die Aus- und Weiterbildung des übrigen medizinischen akademischen Personals (Bst. c), die theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals (Bst. d) sowie die theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung des Personals medizinisch-technischer und medizinisch-therapeutischer Fachbereiche (Bst. e).

5.1.2 Die Kosten für die Forschung umfassen die Aufwendungen für systematische schöpferische Arbeiten und experimentelle Entwicklung zwecks Erweiterung des Kenntnisstandes sowie deren Verwendung mit dem Ziel, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Darunter fallen Projekte, die zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie zur Verbesserung der Prävention, der Diagnostik und Behandlung von Krankheiten ausgeführt werden (aArt. 7 Abs. 2 VKL).

5.1.3 Ebenfalls als Kosten für Lehre und Forschung gelten die indirekten Kosten sowie die Aufwendungen, die durch von Dritten finanzierte Lehr- und Forschungstätigkeiten verursacht werden (aArt. 7 Abs. 3 VKL).

5.1.4 Die Definition der Lehre und Forschung in aArt. 7 VKL entspricht im Wesentlichen der bundesrätlichen Praxis (BRE 02-11-23 TG vom 23. Juni 2004 E. 6.3.2), wonach von einem weiten Begriff der Lehre und Forschung auszugehen ist. Ein Abzug für Lehre ist immer vorzunehmen, wenn Angestellte gemäss Pflichtenheft zumindest während eines Teils ihrer Arbeitszeit als Ausbildnerin oder Ausbildner tätig sind; die entsprechenden Kosten sind auszuweisen (RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 1.6.3; unveröffentlichte BRE 98-94 SG vom 14. April 1999 E. 8.3.2 und BRE 03-24-25 LU vom 4. März 2005 E. 16).

5.2 Nach der Rechtsprechung des BR, welche auch in dieser Hinsicht fortzuführen ist, sind die effektiven Kosten für Lehre und Forschung abzuziehen, sofern diese bekannt sind; anderenfalls sind normative Abschlagssätze anzuwenden (RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 10.1, RKUV 1997 KV 16 S. 343 E. 8.2). Sind die Kosten für Lehre und Forschung nicht ausgewiesen, kommen praxisgemäss folgende, nach Spitalgrösse und -typ abgestufte Abzüge zur Anwendung: bei Universitätsspitälern 25 %, bei mittelgrossen und grossen Spitälern (über 125 Betten) 5 %, bei Spitälern mit 75 - 124 Betten 2 % und bei kleineren Spitälern 1 % (vgl. RKUV 1997 KV 17 S. 375 E. 8.2, RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 10.1.1).

5.3 Unbestritten ist, dass die Nicht-Universitätsspitäler in ihren Kostenrechnungen die effektiven Kosten für Lehre und Forschung nicht oder nicht vollständig ausweisen und deshalb der entsprechende Pauschalabzug vorzunehmen ist. Streitig und vorliegend zu prüfen ist, ob die von den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) ausgewiesenen Kosten in der Höhe von 5,4 % der Gesamtkosten vollständig sind.

5.3.1 - 5.3.5 (...)

5.4 (Zusammenfassung: Die effektiven Kosten für Lehre und Forschung wurden vom Universitätsspital nicht hinreichend ausgeschieden und ausgewiesen. Deshalb ist ein normativer Abzug vorzunehmen).

5.5 (...)

5.5.1 (...)

5.5.2 Die Pauschalabzüge für Lehre und Forschung stellen nach der Rechtsprechung des BR lediglich ein Korrektiv dar, welches anzuwenden ist, wenn die Spitäler ihrer Pflicht, die effektiven Kosten auszuscheiden, nicht nachgekommen sind. Daher sind an die Berechnungen der Pauschalabzüge keine sehr differenzierten Anforderungen zu stellen (unveröffentlichter BRE 98-94 SG vom 14. April 1999 E. 8.3.4). Der BR wendete in den Bereichen Akutsomatik und Psychiatrie die gleichen Pauschalabzüge an (vgl. unveröffentlichter BRE 02-11-23 TG vom 23. Juni 2004 E. 6.3.2, siehe auch RKUV 1997 KV 17 S. 375 E. 8.2 und E. 10.3.2). Es besteht für das BVGer kein Anlass, von dieser Praxis abzuweichen.

5.6 (...)

6. Nicht zu den anrechenbaren Kosten gehören gemäss aArt. 49 Abs. 1 KVG Betriebskostenanteile aus Überkapazität.

6.1 Ob in einem Spital Überkapazitäten bestehen, beurteilt sich nach der Rechtsprechung des BR aufgrund der Bettenbelegung. Dabei wurde der Auslastungsschwellenwert für Akutspitäler mit Notfallstation auf 85 % festgelegt. Für Akutspitäler ohne Notfallstation, für Psychiatrie-, Geriatrie- und Rehabilitationsspitäler gilt hingegen ein Auslastungsschwellenwert von 90 % (RKUV 1997 KV 17 S. 375 E. 8.4, RKUV 1997 KV 16 S. 343 E. 8.1.2 unveröffentlichter BRE 98-94 SG vom 14. April 1999 E. 8.2.2; vgl. auch RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 10.1.2).

6.2 (...)

6.2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die psychiatrischen Institutionen, die gemäss Leistungsauftrag eine Notfallaufnahmepflicht hätten (...), seien als Akutspitäler mit Notfallstation zu qualifizieren, weshalb der Bettenbelegungsgrad mindestens 85 % - und nicht 90 % wie von der PUE vertreten - betragen müsse. (...)

6.2.2 - 6.3 (...)

6.3.1 Die Krankenhaustypologie des Bundesamtes für Statistik (BFS), auf welche auch die Rechtsprechung abstellt (vgl. nachfolgende E. 10.5.1), unterscheidet zwischen den beiden Hauptkategorien « Allgemeine Krankenhäuser » (K1) und « Spezialkliniken » (K2). Die psychiatrischen Kliniken bilden eine Unterkategorie der « Spezialkliniken » (K21) und werden in zwei Versorgungsniveaus unterteilt, wobei für die Unterscheidung die Anzahl Pflegetage massgebend ist (vgl. Statistik der stationären Betriebe des Gesundheitswesens - Krankenhaustypologie, Version 5.2, Bundesamt für Statistik, Neuenburg, November 2006, S. 3 f. und S. 7). In der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser werden unter dem Begriff « Akutspitäler » alle allgemeinen Krankenhäuser sowie die Spezialkliniken für Chirurgie, Gynäkologie/Neonatologie und Pädiatrie zusammengefasst. Nicht unter die Akutspitäler fallen die psychiatrischen Kliniken (vgl. BFS Aktuell vom März 2007, Spitalaufenthalte im Überblick - Ergebnisse aus der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser 2005, Neuenburg, März 2007, S. 6 [http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.html?publicationID=2586 ]). In den Studien des BAG wird der Begriff « Akutspitäler » im gleichen Sinne verwendet (vgl. Statistiken zur Krankenversicherung - Qualitätsindikatoren der Schweizer Akutspitäler 2006, Bericht über die Pilotstudie. Resultate von 29 Spitälern auf freiwilliger Basis, Bundesamt für Gesundheit, Bern 2009, PDF-Version vom 17. Februar 2009, S. 13 [http://www.bfs.admin.ch > Themen > 14 - Gesundheit > Zum Nachschlagen > Publikationen]).

6.3.2 Aufgrund der von der Rechtsprechung vorgenommenen Unterscheidung zwischen Akutspitälern mit Notfallstation einerseits und Akutspitälern ohne Notfallstation, Psychiatrie-, Geriatrie- und Rehabilitationsspitälern andererseits ist davon auszugehen, dass unter dem Begriff « Akutspitäler » - entsprechend der Terminologie des BFS und des BAG im Bereich Statistik - lediglich somatische und nicht psychiatrische Spitäler erfasst werden sollten. Nach der Rechtsprechung des BR gilt im Bereich der stationären Psychiatrie lediglich die Besonderheit, dass eine normative Korrektur der Aufenthaltsdauer nicht möglich ist, weshalb von der tatsächlichen Anzahl Pflegetage auszugehen ist (vgl. BRE 02-11-23 TG vom 23. Juni 2004 E. 6.3.1). Aus der Rechtsprechung des BR lässt sich jedoch nicht ableiten, dass bei psychiatrischen Kliniken zwischen zwei Kategorien - mit beziehungsweise ohne Notfallaufnahme - unterschieden werden soll.

6.3.3 Die Argumentation des Beschwerdegegners und der Vorinstanz erscheint zwar insofern nachvollziehbar, dass psychiatrische Kliniken, die gemäss Leistungsauftrag verpflichtet sind, Notfälle aufzunehmen, über eine gewisse Kapazitätsreserve verfügen müssen. Da in anderen Kantonen die Bettenbelegung zum Teil deutlich über 90 % liegt (...), kann ein Auslastungsschwellenwert von 90 % in den psychiatrischen Kliniken mit Notfallaufnahmepflicht jedoch nicht als offensichtlich zu hoch bezeichnet werden. Weder die Vorinstanz noch der Beschwerdegegner machen - unter Vorlage entsprechender Beweise - geltend, eine durchschnittliche Auslastung der Kliniken von mindestens 90 % würde dazu führen, dass Akutabteilungen periodisch überbelegt seien und die erforderliche Qualität in der Versorgung deshalb nicht mehr gewährleistet wäre. Wie die PUE und das BAG zu Recht bemerkten, müssten die Spitäler den Nachweis erbringen, dass eine Auslastungsreserve von 10 % in der Praxis unzureichend ist.

6.4 (...)

7. Die Bestimmung, wonach die Kantonsregierung bei der Genehmigung von Tarifverträgen zu prüfen hat, ob diese mit dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit im Einklang stehen (Art. 46 Abs. 4 KVG), gilt auch bei der Tariffestsetzung im vertragslosen Zustand nach Art. 47 KVG (BVGE 2010/24 E. 4.3; RKUV 2004 KV 311 S. 502 E. 3.3).

7.1 Bei Vergleichen zwischen Spitälern dürfen nach der Rechtsprechung des BR nicht einfach die blossen Tarife einander gegenüber gestellt werden, weil damit nicht gewährleistet ist, dass Gleiches mit Gleichem verglichen wird und daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden. Eine taugliche Vergleichsbasis besteht daher nur dann, wenn Kosten einander gegenüber gestellt werden, die auf vergleichbare Leistungen entfallen. In diesem Sinne sind zunächst die mit den strittigen Tarifen abgegoltenen Leistungen eines Spitals sowie die darauf entfallenden Kosten zu bestimmen und sodann den Leistungen sowie Kosten eines oder mehrerer anderer Spitäler (nachfolgend: Referenzspitäler) gegenüber zu stellen. Der an Hand der Zahlen der Referenzspitäler ermittelte Wert wird als Benchmark (oder auch als Referenzwert oder Vergleichswert) bezeichnet, die Methode zur Bestimmung und zum Vergleich der Leistungen und Kosten als Benchmarking und das zu vergleichende Spital als das zu benchmarkende Spital ( RKUV 2002 KV 232 S. 480 E. 16.2.1 mit Hinweis).

7.2 (...)

7.3 Da der Regierungsrat den Tarif hoheitlich neu festsetzte und nicht den bisherigen Vertrag gestützt auf Art. 47 Abs. 3 KVG verlängerte, war er nicht gehalten, eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Methode des Benchmarkings zu übernehmen (vgl. E. 4.3.3). Das von ihm im Rahmen der Tariffestsetzung gewählte Benchmarking muss den von der Rechtsprechung formulierten Anforderungen entsprechen.

7.3.1 Aus der Forderung, dass nur Gleiches mit Gleichem verglichen werden darf, folgt nach der Rechtsprechung des BR, dass (1) das zu benchmarkende Spital und die Referenzspitäler über dieselben rechnerischen Grundlagen in Form von Kostenstellenrechnungen verfügen müssen. Zudem (2) müssen die Leistungen und Kosten des zu benchmarkenden Spitals und der Referenzspitäler an Hand bestimmter Kriterien fassbar und vergleichbar sein (je nach Art des Kostenvergleichs bspw. hinsichtlich Versorgungsstufe, Leistungsangebot in Diagnostik und Therapie, Zahl und Art sowie Schweregrad der Fälle oder hinsichtlich Leistungen in Hotellerie/Service und Pflege [RKUV 2005 KV 325 S. 159 E. 11.1; vgl. auch BVGE 2009/24 E. 4.2.4 S. 299]).

7.3.2 Wenn die Leistungen vergleichbar sind, so ist zu vermuten, dass auch deren Kosten etwa gleich hoch liegen werden. Falls dies im Einzelfall nicht zutrifft und das zu benchmarkende Spital für die strittigen Leistungen höhere Kosten aufweist als die Referenzspitäler, kann das Spital diese Vermutung umstossen, indem es die höheren Kosten stichhaltig begründet. Wenn dies nicht gelingt, so ist anzunehmen, dass die höheren Kosten mindestens teilweise auf einer unwirtschaftlichen Leistungserbringung beruhen, was mit dem KVG nicht vereinbar und daher beim zu benchmarkenden Spital zu korrigieren ist (Art. 43 Abs. 6 und 7 sowie Art. 46 Abs. 4 KVG; RKUV 2002 KV 232 S. 480 E. 16.2.1, RKUV 2005 KV 325 S. 159 E. 11.1).

7.4 Das von der Vorinstanz vorgenommene Benchmarking erfüllt die Anforderungen der Rechtsprechung nicht.

7.4.1 Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht zulässig ist, bei den günstigeren Institutionen die effektiv ermittelten anrechenbaren Kosten auf den Benchmark anzuheben (...). Mit dem Benchmarking soll lediglich verhindert werden, dass unwirtschaftlich erbrachte Leistungen nicht von der Krankenversicherung finanziert werden (vgl. auch RKUV 2002 KV 213 S. 195 E. 8.3.2 in fine), nicht aber die wirtschaftlich arbeitenden Spitäler mit einer Prämie zu belohnen.

7.4.2 Der Regierungsrat hat bei den Institutionen UPD, Psychiatriezentrum Münsingen (PZM), Psychiatrische Dienste Biel-Seeland-Berner Jura (PDBBJ), Psychiatrische Dienste Spital Region Oberaargau (SRO) und Soteria einen Abzug wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung vorgenommen. Der Entscheid enthält jedoch keine Ausführungen zur Frage der Vergleichbarkeit der Kliniken und deren Leistungen. Die Ausführungen der Vorinstanz in der Vernehmlassung dazu sind zudem widersprüchlich, da im Zusammenhang mit dem Abzug für Lehre und Forschung vorgebracht wird, im Universitätsspital würden die medizinisch anspruchsvollsten Patientinnen und Patienten behandelt (...), beim Benchmarking aber davon ausgegangen wird, dass die Leistungen der UPD mit denjenigen der übrigen Kliniken ohne Weiteres vergleichbar seien (...).

7.4.3 Der Beschwerdeführer hat in seiner bei der Vorinstanz eingereichten Tarifberechnung die Soteria vom Benchmarking ausgenommen und - im Unterschied zu den Berechnungen der Vorinstanz, der PUE und der Kliniken - bei dieser Institution auch keinen Wirtschaftlichkeitsabzug vorgenommen. Eine Begründung dafür lässt sich den Akten nicht entnehmen. Da die Soteria (als sehr kleine Einrichtung) sich mit einem speziellen Therapiekonzept für eine besondere Zielgruppe anbietet (...), ist diese Institution nicht nur aufgrund der geringen Anzahl Pflegetage vom Benchmarking auszunehmen, sondern insbesondere weil sie nicht die gleichen Leistungen erbringt. Zweifelhaft erscheint die Vergleichbarkeit aber auch bei den anderen beiden Kleininstitutionen, insbesondere beim SRO, welches - soweit ersichtlich - im Bereich der stationären Psychiatrie nur eine Kriseninterventionsstation führt (...). Das Regionalspital Emmental AG betreibt eine offen geführte psychiatrische Station im Spital Burgdorf mit 18 Betten (...).

7.4.4 Den Kliniken UPD, PZM, PDBBJ und Privatklinik Meiringen (PM) wurde mit Regierungsratsbeschluss Nr. 2838 vom 29. Juni 1988 ein Pflichtaufnahmegebiet zugeteilt (...). In diesem Punkt sind diese vier Kliniken vergleichbar. Ob das Leistungsangebot tatsächlich gleich ist, lässt sich indessen nicht ermitteln.

7.4.5 Ebenfalls nicht beurteilt werden kann die Vergleichbarkeit der beiden Institutionen im Bereich KJP (UPD und PDBBJ).

7.5 Als Ergebnis kann somit bloss festgehalten werden, dass die vorliegenden Akten kein rechtskonformes Benchmarking ermöglichen, weil nicht festgestellt werden kann, ob beziehungsweise welche Kliniken miteinander vergleichbar sind. Deshalb kann auch nicht auf eine andere von den Verfahrensbeteiligten vorgeschlagene Methode abgestellt werden. Die Sache ist deshalb zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

8. (...)

9. (...)

10.

10.1 Bei der Neufestsetzung der Tarife wird die Vorinstanz zudem zu berücksichtigen haben, dass nach der Rechtsprechung Gruppentaxen - dieselbe Pauschale für eine Gruppe von Spitälern - nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Da die Kosten gemäss Art. 49 KVG für jedes Spital separat zu ermitteln sind, müssen grundsätzlich auch die Pauschalen für jedes Spital einzeln berechnet werden. Gruppentaxen sind ausnahmsweise dort zulässig, wo die Spitäler bei entsprechender Struktur vergleichbare Kosten aufweisen (RKUV 2002 KV 220 [nur elektronische Publikation] E. 10.5 mit Hinweis; EUGSTER, a. a. O., Art. 49 N. 19).

10.2 Der BR hat sich in seiner Rechtsprechung vorwiegend mit dem interkantonalen Vergleich von (somatischen) Akutspitälern befasst. Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigen sich daher die nachfolgenden Ausführungen zum Benchmarking.

10.2.1 Im Bereich der Akutspitäler stehen für den (interkantonalen) Vergleich der Fallkosten in der Regel die Case-Mix-Indizes-Berechnungen (durchschnittlicher Schweregrad der in einem Spital behandelten Fälle) im Vordergrund (vgl. eingehend RKUV 2005 KV 325 S. 159 E. 11). Nach der Rechtsprechung des BR eignet sich indessen auch die Krankenhaustypologie beziehungsweise die Einreihung der Spitäler in eine der Versorgungsstufen als Einstieg für Betriebsvergleiche, weil sich daraus drei grundsätzliche Schlüsse ziehen lassen: (1) Spitäler der gleichen Stufe müssten ähnliche Kostenniveaus aufweisen, (2) ein Spital sollte zumindest nicht teurer sein als eines, das eine Versorgungsstufe höher liegt, und (3) ein Spital kann nicht gleich teuer oder teurer sein als eines, das mindestens zwei Versorgungsstufen höher liegt. Weist ein zwei Stufen tiefer liegendes Spital dennoch gleiche oder höhere Kosten aus, entsteht (automatisch) die Vermutung der unwirtschaftlichen Leistungserbringung und es obliegt dem betreffenden Spital diese Vermutung umzustossen. Hingegen entsteht eine solche Vermutung nicht ohne Weiteres bei einem auf der gleichen oder um eine Stufe tiefer liegenden Spital, weil zahlreiche Unterschiede die verschiedenen Kostenniveaus erklärbar machen können (RKUV 2005 KV 326 S. 172 E. 3.3).

10.2.2 Im Bereich der Psychiatrie lässt sich aus der Versorgungsstufe kaum etwas für die Betriebsvergleiche ableiten, weil die Krankenhaustypologie für psychiatrische Kliniken (2 Versorgungsniveaus, vgl. E. 6.3.1) im Vergleich zu den allgemeinen Spitälern (mit 5 Versorgungsniveaus) weit weniger Differenzierungen vornimmt. Der Case Mix Index (CMI) ist eine der Grundlagen für die Festsetzung von (diagnosebezogenen) Fallpauschalen in den Akutspitälern und wird für psychiatrische Kliniken nicht ermittelt, weil noch nicht festgelegt ist, ob beziehungsweise nach welchen Kriterien der Schweregrad der in der Psychiatrie behandelten Fälle bestimmt werden kann/soll (vgl. http://www.swissdrg.org > Informationen zu SwissDRG sowie SwissDRG System 0.2 > Bericht betreffend Tarifentwicklungen in den Bereichen Psychiatrie, Rehabilitation und Geburtshäuser, vom 12.6.2009 [nachfolgend: Bericht Tarifentwicklungen]; Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV]. Änderungen per 1. Januar 2009. Änderungen und Kommentar im Wortlaut [nachfolgend: Kommentar des BAG], S. 5 [...]). Für den Kostenvergleich im Bereich Psychiatrie kann der CMI deshalb keine Rolle spielen. Im Hinblick auf die Einführung von leistungsbezogenen Pauschalen gemäss dem neuen Art. 49 Abs. 1 KVG (in der seit 1. Januar 2009 gültigen Fassung) soll auch bei Tagespauschalen die Art der Leistung einerseits und die Ressourcenintensität beziehungsweise die Intensität der Leistung andererseits berücksichtigt werden (vgl. Art. 59d Abs. 4 KVV [in Kraft seit 1. Januar 2009]; soeben zitierter Kommentar des BAG, S. 11 f.). Zur Zeit liegt noch kein Tarifierungsprojekt der SwissDRG AG für den Bereich Psychiatrie vor, aus welchem sich allenfalls anerkannte Kriterien zur Beurteilung einer wirtschaftlichen Leistungserbringung in der stationären Psychiatrie ableiten liessen (vgl. Bericht Tarifentwicklungen).

10.2.3 Daraus folgt, dass allein die höheren anrechenbaren Kosten der einen psychiatrischen Klinik gegenüber einer anderen Institution noch nicht die Vermutung der unwirtschaftlichen Leistungserbringung begründet. Vielmehr muss - wie der BR in RKUV 2005 KV 326 S. 172 erwogen hat - zunächst glaubhaft gemacht werden, dass tatsächlich einerseits Vergleichbarkeit und andererseits unwirtschaftliche Leistungserbringung gegeben sind, was eine entsprechend zuverlässige und umfassende Datenbasis erfordert (...).

vorheriges Urteil
nächstes Urteil

pdf

Wichtiger Hinweis: Die Liste der vorgeschlagenen Entscheide wird automatisch, ohne jegliche intellektuelle Bearbeitung, generiert.
Deskriptoren
kv
spital
vorinstanz
psychiatrie
regierungsrat
psychiatrische klinik
weiler
kanton
kostenrechnung
berechnung
medizin
leistungserbringer
behörde
entscheid
lediger
vermutung
stelle
wirtschaft
vergleich
tariffestsetzung
betriebsvergleich
verfahren
statistik
begriff
gesetz
bundesrat
weiterbildung
tag
sachverhalt
beschwerdeführer
kostentransparenz
ausführung
bundesverwaltungsgericht
verordnung
vertragspartei
angemessenheit
sache
1995
rahm
sachverständiger
allgemeine abteilung
bundesrecht
richtigkeit
verfahrensbeteiligter
zahl
bundesamt für statistik
bundesgesetz über das verwaltungsverfahren
pauschale
tagespauschale
bundesamt für gesundheit
ermessen
verein
bundesgesetz über die krankenversicherung
aufenthalt
Amtliche Sammlung
1995/1328
Bundesblatt
Entscheide BVGer
VPB
56.44
54.34