Urteilskopf

2010/24

Auszug aus dem Urteil der Abteilung III i. S. santésuisse gegen A. und Regierungsrat des Kantons Luzern
C-6571/2007 vom 21. Juni 2010


Regeste Deutsch

Krankenversicherung. Tariffestsetzung. Verhandlungspflicht der Tarifpartner.
Art. 49, Art. 62 Abs. 2 und 3 VwVG. Art. 43 Abs. 4 und 5, Art. 46 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 1 KVG.
1. Kein Anschlussbeschwerderecht vor Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Verlangt ein Beschwerdegegner die Änderung der angefochtenen Verfügung zuungunsten des Beschwerdeführers, so ist dies als prozessuale Anregung zu behandeln (E. 3.3).
2. Grundsätzlich keine Überprüfung eines Tarifs nach KVG, wenn dies zur Durchsetzung des vom Gesetzgeber vorgesehenen Systems der Tarifgestaltung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung notwendig erscheint. Ein Leistungserbringer, der dem Verbandsvertrag nicht beigetreten ist und gegenüber dem Tarifpartner keine konstruktiven Vorschläge zur Tarifgestaltung gemacht hat, kann für sich keinen höheren als den von seinem Verband abgeschlossenen Tarif beanspruchen; Bestätigung der Praxis des Bundesrats (E. 5-5.2.2.3).
3. Diese Praxis gilt auch bei hoheitlichen Tariffestsetzungen im ambulanten Bereich; Präzisierung der Rechtsprechung (E. 5.2.1).
4. Ob ein tieferer als der vom Verband abgeschlossene Tarif hätte festgesetzt werden müssen, überprüft das BVGer umfassend (E. 7).
5. Ob Vorteile für einen dem Verbandsvertrag nicht beigetretenen Leistungserbringer anstatt durch eine Reduktion des Taxpunktwerts durch eine Pauschalzahlung kompensiert werden sollen, wird offengelassen (E. 7.3).
6. Keine automatische Anpassung des Taxpunktwerts für einen dem Verbandstarif nicht beigetretenen Leistungserbringer an künftige Veränderungen des Verbandstarifs. Jede Änderung des Taxpunktwerts hat im vorgesehenen Verfahren zu erfolgen, wobei der Preisüberwacher anzuhören ist (E. 8.2).

Regeste en français

Assurance-maladie. Fixation des tarifs. Obligation des partenaires tarifaires de négocier.
Art. 49, art. 62 al. 2 et 3 PA. Art. 43 al. 4 et 5, art. 46 al. 2 et art. 47 al. 1 LAMal.
1. Pas de recours joint devant le Tribunal administratif fédéral (TAF). Si l'intimé demande que la décision attaquée soit modifiée au détriment du recourant, il ne peut le faire que sous la forme d'une requête procédurale (consid. 3.3).
2. En principe, pas de contrôle du tarif lorsque cela semble nécessaire pour assurer le respect du système de fixation des tarifs prévu par le législateur pour l'assurance obligatoire des soins. Un fournisseur de prestations, qui n'a pas adhéré à la convention tarifaire de sa fédération et qui n'a fait aucune proposition constructive à son partenaire tarifaire quant à la fixation du tarif, ne peut prétendre à un tarif plus élevé que celui conclu par sa fédération; confirmation de la jurisprudence du Conseil fédéral (consid. 5-5.2.2.3).
3. Cette pratique est aussi applicable en cas de fixation du tarif par l'autorité dans le secteur ambulatoire; précision apportée à la jurisprudence (consid. 5.2.1).
4. Le TAF a pleine cognition pour examiner s'il eût fallu fixer un tarif moins élevé que celui convenu par la fédération (consid. 7).
5. La question de savoir si les avantages que peut retirer un fournisseur de prestations qui n'a pas adhéré à la convention conclue par sa fédération peuvent être compensés par un paiement forfaitaire plutôt que par une baisse de la valeur du point est laissée ouverte (consid. 7.3).
6. Pour un fournisseur de prestations qui n'a pas adhéré au tarif conclu par sa fédération, la valeur du point ne sera pas adaptée automatiquement aux modifications futures de ce tarif. Chaque modification de la valeur du point doit suivre la procédure prévue, avec consultation du Surveillant des prix (consid. 8.2).

Regesto in italiano

Assicurazione malattie. Fissazione delle tariffe. Obbligo di negoziare dei partner tariffali.
Art. 49, art. 62 cpv. 2 e 3 PA. Art. 43 cpv. 4 e 5, art. 46 cpv. 2 e art. 47 cpv. 1 LAMal.
1. Non è ammesso il ricorso adesivo davanti al Tribunale amministrativo federale (TAF). La controparte può domandare che la decisione impugnata venga modificata a pregiudizio del ricorrente unicamente sotto forma di domanda processuale (consid. 3.3).
2. Rifiuto per principio di controllare una tariffa secondo la LAMal quando ciò sembra necessario ad assicurare il rispetto del sistema di tariffazione previsto dal legislatore per l'assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie. Un fornitore di prestazioni che non ha aderito alla convenzione tariffaria della sua federazione e che non ha fatto alcuna proposta costruttiva al suo partner tariffario in merito alla tariffazione, non può rivendicare una tariffa superiore a quella conclusa dalla sua federazione; conferma della prassi del Consiglio federale (consid. 5-5.2.2.3).
3. Questa prassi è anche applicabile nei casi di fissazione delle tariffe da parte dell'autorità nel settore ambulatoriale; precisazione della giurisprudenza (consid. 5.2.1).
4. Il TAF ha un pieno potere di cognizione per esaminare se fosse stato necessario fissare una tariffa inferiore a quella conclusa dalla federazione (consid. 7).
5. Il TAF lascia aperta la questione di sapere se degli eventuali vantaggi per il fornitore di prestazioni che non ha aderito alla convenzione della federazione debbano essere compensati con un pagamento forfettario anziché con una diminuzione del valore del punto (consid. 7.3).
6. Per un fornitore di prestazioni che non ha aderito alla tariffa della federazione, il valore del punto non sarà adattato automaticamente alle modifiche future della tariffa della federazione. Ogni modifica del valore del punto deve avvenire secondo la procedura prevista, con la consultazione del Sorvegliante dei prezzi (consid. 8.2).

Sachverhalt

Santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer (nachfolgend: santésuisse), beantragte am 26. Juli 2005 beim Regierungsrat des Kantons Luzern (nachfolgend: Regierungsrat) rückwirkend seit dem 1. Juli 2004 die Festsetzung eines Taxpunktwerts von Fr. 0.72 für die Vergütung ambulanter Leistungen von A. (nachfolgend: Beschwerdegegner), Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, welcher in Luzern eine Praxis betreibt.
Der Regierungsrat beschloss am 7. September 2007, dass für die ambulante Behandlung von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner rückwirkend ab dem 1. Januar 2004 der jeweils gemäss dem kantonalen Anschlussvertrag zum Rahmenvertrag TARMED zwischen santésuisse und der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern (nachfolgend: kantonaler Anschlussvertrag) geltende Taxpunktwert zur Anwendung kommen solle.
Gegen diesen Beschluss erhob santésuisse am 28. September 2007 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) und beantragte, der Taxpunktwert für ambulante Behandlungen von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner sei rückwirkend ab dem 1. Januar 2004 auf Fr. 0.72 festzusetzen.
Mit Eingabe vom 14. November 2007 beantragte der Regierungsrat die Abweisung der Beschwerde.
Am 31. Januar 2008 beantragte der Beschwerdegegner, es sei für ihn rückwirkend per 1. Januar 2004 ein Taxpunktwert von mindestens Fr. 0.86 festzusetzen.
Auf Einladung des Instruktionsrichters liess sich die Ärztegesellschaft des Kantons Luzern am 19. Mai 2008 vernehmen und beantragte, den streitigen Taxpunktwert für ambulante Behandlungen des Beschwerdegegners auf Fr. 0.80 festzusetzen.
Mit Eingabe vom 18. Juni 2008 führte die Preisüberwachung (PUE) entsprechend ihrer Stellungnahme im Vorverfahren aus, dass der Taxpunktwert für den Beschwerdegegner gleich hoch sein solle, wie wenn er dem kantonalen Anschlussvertrag beigetreten wäre. Der Beschwerdegegner habe eine Entschädigung an diejenigen zu entrichten, welche die Kosten der Vertragsverhandlungen getragen hätten, also an die kantonale Ärztegesellschaft und an santésuisse.
Das Bundesamt für Gesundheit legte mit Eingabe vom 20. August 2008 dar, dass die Sache an den Regierungsrat zurückzuweisen sei mit der Anordnung, einen tieferen als den im kantonalen Anschlussvertrag vereinbarten Taxpunktwert festzusetzen.
Das BVGer heisst die Beschwerde teilweise gut.


Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Für die Umschreibung des Prozessthemas ist nach den Regeln über den Anfechtungs- und Streitgegenstand zu verfahren. Streitgegenstand im System der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege sind die Rechtsverhältnisse, welche - im Rahmen des durch die Verfügung bestimmten Anfechtungsgegenstandes - den auf Grund der Beschwerdebegehren effektiv angefochtenen Verfügungsgegenstand bilden. Anfechtungsgegenstand und Streitgegenstand sind identisch, wenn die Verfügung insgesamt angefochten wird. Bezieht sich demgegenüber die Beschwerde nur auf einzelne der durch die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisse, gehören die nicht beanstandeten Rechtsverhältnisse zwar wohl zum Anfechtungs-, nicht aber zum Streitgegenstand (BGE 130 V 501 E. 1.1, BGE 125 V 413 E. 1b und E. 2a, je mit Hinweisen).
Die begriffliche Unterscheidung von Streit- und Anfechtungsgegenstand erfolgt demnach auf der Ebene von Rechtsverhältnissen. Für die Umschreibung des Streitgegenstandes und seine Abgrenzung vom Anfechtungsgegenstand nicht von Bedeutung sind die bestimmenden Elemente (« Teilaspekte ») des verfügungsweise festgelegten Rechtsverhältnisses. Teilaspekte eines verfügungsweise festgelegten Rechtsverhältnisses dienen in der Regel lediglich der Begründung der Verfügung und sind daher grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar. Sie können folgerichtig erst als rechtskräftig beurteilt und damit der richterlichen Beurteilung entzogen gelten, wenn über den Streitgegenstand insgesamt rechtskräftig entschieden worden ist (BGE 125 V 413 E. 2b mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts [BGer] 2C_446/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.2, Urteil des BGer 8C_690/2007 vom 27. Februar 2008 E. 2.3; CHRISTOPH AUER, Streitgegenstand und Rügeprinzip im Spannungsfeld der verwaltungsrechtlichen Prozessmaximen, Bern 1997, S. 45 ff.).
Streitgegenstand im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist demnach die Festsetzung des Taxpunktwerts beziehungsweise der Taxpunktwerte für die ambulanten Behandlungen beim Beschwerdegegners ab dem 1. Januar 2004.

3.2 Das BVGer wendet das Recht von Amtes wegen an, das heisst es ist nicht an die Begründung der Parteien gebunden (Art. 62 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]). Es kann eine Verfügung zuungunsten einer Partei ändern, wenn die Verfügung Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht, wobei die angefochtene Verfügung nicht wegen Unangemessenheit zuungunsten einer Partei geändert werden darf, es sei denn, sie werde zugunsten einer Gegenpartei geändert (Art. 62 Abs. 2 VwVG).

3.3 Aufgrund der Zulässigkeit der reformatio in peius, darf die Gegenpartei eine Änderung der angefochtenen Verfügung zulasten der beschwerdeführenden Partei und zu ihren Gunsten beantragen. Da das VwVG jedoch keine Anschlussbeschwerde vorsieht, kommt einem solchen Antrag lediglich die Bedeutung einer prozessualen Anregung an die Beschwerdeinstanz zu. Solche Anträge können indessen Kostenfolgen nach sich ziehen (vgl. BGE 110 Ib 29 E. 2; Urteil des BGer 8C_256/2009 vom 8. Juni 2009, Urteil des BGer 2A.450/2005 vom 21. April 2006; THOMAS HÄBERLI, in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.] Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, Art. 62 N 26 f.; RENÉ RHINOW/HEINRICH KOLLER/CHRISTINA KISS, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel/Frankfurt am Main 1996, Rz. 1343; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 193 und 253). Vorliegend ist der Antrag des Beschwerdegegners, es sei ein Taxpunktwert von Fr. 0.86 festzusetzen, daher in diesem Rahmen zu seinen Gunsten mitzuerwägen (BGE 107 Ib 167 E. 1a).

4.

4.1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt nach Art. 24 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10) die Kosten für die Leistungen gemäss Art. 25-Art. 31 KVG nach Massgabe der in den Art. 32-Art. 34 KVG festgelegten Voraussetzungen. Nach Art. 43 Abs. 4 KVG sind die entsprechenden Tarife und Preise in Verträgen zwischen Versicherern und Leistungserbringern (Tarifvertrag) zu vereinbaren oder werden in den vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt. Dabei ist auf eine betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten. Die Vertragspartner und die zuständigen Behörden achten darauf, dass eine qualitativ hoch stehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht wird (Art. 43 Abs. 6 KVG).

4.2 Parteien eines Tarifvertrags sind nach Art. 46 Abs. 1 KVG einzelne oder mehrere Leistungserbringer oder deren Verbände einerseits, sowie einzelne oder mehrere Versicherer oder deren Verbände andererseits. Ist ein Verband Vertragspartei, so ist der Tarifvertrag für die Mitglieder des Verbandes nur verbindlich, wenn sie dem Vertrag beitreten. Die Art und Weise der Beitritts- sowie der Rücktrittserklärungen und ihre Bekanntgabe wird gemäss Art. 46 Abs. 2 KVG im Vertrag geregelt. Nach Art. 46 Abs. 4 KVG bedarf der Tarifvertrag der Genehmigung der zuständigen Kantonsregierung oder, wenn er in der ganzen Schweiz gelten soll, des Bundesrats (BR). Die Genehmigungsbehörde prüft, ob der Tarifvertrag mit dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit in Einklang steht (Art. 46 KVG).

4.3 Der Anwendungsfall der in Art. 43 Abs. 3 KVG vorgesehenen hoheitlichen Festsetzung eines Tarifs ist in Art. 47 Abs. 1 KVG geregelt. Demnach setzt die Kantonsregierung (nach Anhören der Beteiligten) dann einen Tarif fest, wenn zwischen Leistungserbringern und Versicherern kein Tarifvertrag zustande kommt. Die Bestimmung, wonach die Kantonsregierung bei der Genehmigung von Tarifverträgen zu prüfen hat, ob diese mit dem Gesetz und den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit im Einklang stehen (Art. 46 Abs. 4 KVG), gilt gemäss Praxis des BR, welcher bis zum Inkrafttreten der neuen Bundesrechtspflege gemäss Art. 53 Abs. 1 KVG (in der bis Ende Dezember 2006 gültigen Fassung) für die Beurteilung von Beschwerden gegen Beschlüsse im Sinne von Art. 47 Abs. 1 KVG zuständig war, auch bei der Tariffestsetzung im vertragslosen Zustand nach Art. 47 KVG (vgl. Kranken- und Unfallversicherung: Rechtsprechung und Verwaltungspraxis [RKUV] 6/2004 S. 502 ff. E 3.3). Diese Rechtsprechung ist beizubehalten.

5.

5.1 Soweit eine kantonale Vorinstanz als erste Instanz verfügt hat, steht dem BVGer grundsätzlich volle Prüfungsbefugnis in Sachverhalts- und Rechtsfragen zu; es kann insbesondere die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides prüfen (Art. 49 VwVG).

5.2

5.2.1 Der BR übte in seiner Praxis Zurückhaltung, wenn nach Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Bestimmungen den kantonalen Behörden ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird. Einen weiten Ermessensspielraum der kantonalen Behörden hat der BR zwar für die Entscheidung anerkannt, ob diese die Geltung eines früher bestehenden Vertrags in Anwendung von Art. 47 Abs. 3 KVG verlängern wollen (RKUV 1997 S. 371 ff. E. 3 ff., RKUV 1997 S. 220 ff. E. 3). Setzte die Kantonsregierung aber einen Tarif nach Art. 47 Abs. 1 KVG fest, erachtete es der BR grundsätzlich für notwendig, dafür zu sorgen, dass die tarifrechtlichen Ziele und Grundsätze des Krankenversicherungsrechts eingehalten wurden; namentlich das Erreichen einer qualitativ hoch stehenden und zweckmässigen Versorgung zu möglichst günstigen Kosten sowie die Übereinstimmung der Tarife mit dem Gesetz und den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit (Botschaft zur Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 188, nachfolgend: Botschaft zur Krankenversicherung). Dass diesem Auftrag nur mit einer auch die Angemessenheit des Tarifes umfassenden Prüfung nachgekommen werden kann, versteht sich.
Der BR sah sich gemäss erwähnter Rechtsprechung aber dann veranlasst, auf die Überprüfung eines Tarifs sowohl in Bezug auf Angemessenheit als auch auf Rechtsverletzungen - einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens - hin zu verzichten, wenn dies zur Durchsetzung des vom Gesetzgeber vorgesehenen Systems der Tarifgestaltung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung notwendig erschien.
In diesem System kommt der autonomen Gestaltung der Tarife durch die Tarifpartner mittels Verträgen zwischen Leistungserbringern und Krankenversicherern gemäss Art. 43 Abs. 4 KVG die grundlegende Rolle zu (Botschaft zur Krankenversicherung, BBl 1992 I 172). Bloss für den Fall, dass auf diese Weise kein Tarif zustande kommt, hat der Gesetzgeber ein Tätigwerden der Kantonsregierung vorgesehen (Art. 47 Abs. 1 KVG). Diese setzt wie erwähnt erst dann einen Tarif fest, wenn trotz darauf zielender Verhandlungen oder Angebote kein Vertrag zustande gekommen ist, wenn für bestimmte Einzelfälle kein anwendbarer Vertrag existiert oder wenn die Erneuerung eines bestehenden, aber gekündigten Vertrages gescheitert ist (Botschaft zur Krankenversicherung, BBl 1992 I 180 f.).
Gemäss Art. 46 Abs. 2 KVG ist ein von einem Verband abgeschlossener Tarifvertrag für dessen Mitglieder zwar nur dann verbindlich, wenn sie diesem Vertrag beigetreten sind. Gemäss bundesrätlicher Praxis müssen Versicherer oder Leistungserbringer, die den Verträgen ihrer Verbände unter Berufung auf Art. 46 Abs. 2 KVG nicht beitreten, jedoch darum bemüht sein, dem Grundgedanken des Systems der Tarifgestaltung folgend zu entsprechenden Vereinbarungen mit der Gegenseite zu kommen. Dieses System würde ad absurdum geführt, wenn Tarifpartner, die sich der konstruktiven Mitarbeit in Vertragsverhandlungen verweigern, dadurch die ihnen zugedachte Rolle bei der Tariffindung beliebig auf die staatlichen Behörden überwälzen könnten. Die Botschaft des BR, der in diesem Punkt weder im Stände- noch im Nationalrat widersprochen worden ist, stellt die Absicht des Gesetzgebers klar, dass Tarife nur in Ausnahmesituationen hoheitlich festzulegen sind (RKUV 5/1998 S. 410 ff. E. 3, RKUV 2/1999 S. 174 ff. E. 3 und 4, RKUV 1/2004 E. 3).
Da selbst ein überzeugend berechneter alternativer Tarifvorschlag nicht unbedingt zum Ziel führen wird, steht als Ausweg nach dem Scheitern der Verhandlungen der Weg zur hoheitlichen Tariffestsetzung offen. Allerdings kann gemäss erwähnter bundesrätlicher Rechtsprechung nur derjenige Tarifpartner mit dem Erlass eines für ihn günstigeren Tarifs rechnen, der sich nicht bloss darauf beschränkt darzulegen, was gegen den vom Verband abgeschlossenen Vertrag einzuwenden sei, sondern konstruktive und substanziierte Vorschläge zur Tarifgestaltung vorlegt.
Nach der Praxis des BR wird daher ein Leistungserbringer, der dem Verbandsvertrag nicht beigetreten ist und gegenüber dem Tarifpartner keine konstruktiven und substanziierten Vorschläge zur Tarifgestaltung gemacht hat, für sich keinen höheren als den von seinem Verband abgeschlossenen Tarif beanspruchen können (RKUV 1/2004 S. 2 ff. E. 3 ff.). Nur wenn der Tariferlass offensichtlich fehlerhaft ist, überwiegt das öffentliche Interesse an der Korrektur des angefochtenen Tariferlasses jenes an der Aufrechterhaltung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Art und Weise des Zustandekommens von Tarifen. Insoweit hielt der BR eine materielle Überprüfung des Tariferlasses auch dann für angebracht, wenn die Versicherer oder Leistungserbringer, welche dem von ihrem Verband abgeschlossenen Tarifvertrag nicht beigetreten sind, der vom BR geforderten Pflicht, mit der Gegenseite zu verhandeln, nicht nachgekommen waren. Wenn zum Beispiel im Verbandsvertrag festgelegt wurde, dass die Versicherer den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung direkt schulden (System des Tiers payant), und die Kantonsregierung die Geltung des vom Verband abgeschlossenen Vertrags umfassend auf die Krankenversicherer ausdehnt, die dem Verbandsvertrag nicht beigetreten sind, weicht er von der Regelung des Tiers garant, wonach die Versicherten den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung schulden, ab und verstösst damit offensichtlich gegen Art. 42 Abs. 1 KVG. Das in Art. 42 Abs. 1 KVG verankerte System des Tiers garant kann nämlich nur mit Zustimmung der Tarifparteien und insbesondere der Versicherer geändert werden, weshalb die Kantonsregierung als Tariffestsetzungsbehörde nicht einseitig von dieser Regel abweichen kann. Art. 42 Abs. 1 KVG verwehrt somit dem Regierungsrat klar den Spielraum, über den er bei der Festsetzung der Höhe des Tarifs, aber auch bei der Festlegung des Tarifierungssystems und der Regelung anderer Modalitäten im vertragslosen Zustand aufgrund von Art. 47 Abs. 1 KVG verfügt (RKUV 1/2004 S. 20 f. E. 7).
Von dieser Praxis abzuweichen, besteht kein Anlass, vor allem auch mit Blick auf den Umstand, dass die Kantonsregierung bei der Genehmigung des vom Verband abgeschlossenen Tarifs diesen für rechtmässig und angemessen erklärt hat. An dieser Sichtweise vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die zitierte Rechtsprechung im Zusammenhang mit autoritativen Festlegungen stationärer Tarife entwickelt wurde, es vorliegend jedoch eine hoheitliche Tariffestsetzung im ambulanten Bereich zu beurteilen gilt.

5.2.2

5.2.2.1 Nach der zitierten Rechtsprechung ist ein Verhandlungen einleitender Vorschlag konstruktiv, wenn er dem Verhandlungspartner nach Treu und Glauben einen Anreiz zur Führung weiterer Verhandlungen bietet, und er ist substanziiert, wenn er auf einer Auseinandersetzung mit der konkreten Situation unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften beruht, wobei allerdings nur substanziierte Vorschläge nach Treu und Glauben Anreiz zur Führung weiterer Verhandlungen bieten können, so dass es genügt zu verlangen, dass Alternativvorschläge konstruktiv sein müssen (hierzu: RKUV 1/2004 S. 2 ff. E. 5.1).
Eine Auseinandersetzung mit der konkreten Kostensituation bedingt in der Regel, dass sich der Leistungserbringer, welcher dem vom Verband abgeschlossenen Tarif nicht beigetreten ist, auch mit dem Verbandsvertrag auseinanderzusetzen hat, indem er dessen Mängel aufzeigt. Eine entsprechende Rüge ist nur dann nicht nötig, wenn der Leistungserbringer einen Versicherer mit besonderen Argumenten zum Abschluss eines für ihn günstigeren Vertrages als dem mit dem Verband abgeschlossenen bewegen möchte (vgl. so hinsichtlich dem Verbandsvertrag nicht beigetretener Versicherer RKUV 1/2004 S. 2 ff. E. 5.1).

5.2.2.2 Gemäss Rechtsprechung des BR, die auch in dieser Hinsicht fortzuführen ist, gelten alternative Tarifvorschläge und Vorbehalte gegen das Vertragswerk der Verbände als verspätet, wenn sie erst im Tariffestsetzungsverfahren gegenüber der Kantonsregierung oder gar erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht werden, ist doch die Infragestellung des Verbandsvertrags Voraussetzung dafür, dass ein Verhandlungen einleitender Vorschlag als konstruktiv betrachtet werden kann (RKUV 1/2004 S. 2 ff. E. 6.2).

5.2.2.3 Aus dem Gebot der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) folgt der Anspruch auf Abnahme der von einer Partei angebotenen Beweise, soweit diese erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind (BGE 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen; vgl. auch Art. 33 Abs. 1 VwVG). Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn eine Behörde auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil sie auf Grund der bereits abgenommenen Beweise ihre Überzeugung gebildet hat, wenn die Tatsachen bereits aus den Akten genügend ersichtlich sind und in vorweggenommener, antizipierter Beweiswürdigung angenommen werden kann, dass die Durchführung des Beweises im Ergebnis nichts ändern wird (BGE 131 I 153 E. 3, BGE 124 I 208 E. 4a, BGE 122 II 464 E. 4a, je mit Hinweisen; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 3.124 ff.).

6.

6.1 Vorliegend argumentiert der Beschwerdegegner, dass er seiner Obliegenheit, einen konstruktiven Tarifvorschlag vorzulegen, nachgekommen sei.

6.1.1 Der Beschwerdegegner macht namentlich geltend, dass die Tarifstruktur ungerechtfertigte (nicht weiter substanziierte) Umverteilungen beinhalte. Mit Blick auf den Umstand, dass der Einzelleistungstarif TARMED nach Art. 43 Abs. 5 KVG auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen muss, kann der Beschwerdegegner mit diesem Vorbringen seiner Verhandlungspflicht nur schon deshalb nicht genügen, weil Rügen gegen diese Tarifstruktur nicht im Rahmen der Festlegung eines Taxpunktwerts vorgebracht werden können; allfällige strukturelle Mängel können selbstredend nicht durch die Festsetzung eines (überhöhten) Taxpunktwerts kompensiert werden. Im Übrigen hat sich der Beschwerdegegner dieser Tarifstruktur zumindest implizit unterworfen, hat er doch ab dem 1. Januar 2004, wie er selbst darlegt, stets nach dieser Struktur abgerechnet. Da sich auch das insbesondere im Rahmen der Stellungnahme an den Regierungsrat vom 30. Dezember 2005 (in dessen Rahmen er einen Taxpunktwert von Fr. 1.08 rückwirkend seit 1. Januar 2004 beantragt hatte) vorgebrachte Argument, er sei Spezialist mit langjähriger Erfahrung, und zudem beinhalte sein Beruf eine sehr technische Leistung mit hohen Unkosten, um eine Kritik an der Tarifstruktur und nicht am Taxpunktwert selbst handelt, braucht auch dieses Vorbringen nicht weiter geprüft zu werden, zumal es aufgrund der Akten auch verspätet erscheint.

6.1.2 Was den kantonalen Anschlussvertrag angeht, rügte der Beschwerdegegner die Höhe des darin vereinbarten Taxpunktwerts: Es sei nicht ersichtlich, weshalb die technischen Leistungen in der Zentralschweiz bis zu 14 % billiger seien als in anderen Kantonen und gemäss anderen Abrechnungssystemen innerhalb des Kantons Luzern. Ausserdem sei bei der Einführung von TARMED am 1. Januar 2004 von einem zu tiefen Starttaxpunktwert ausgegangen worden, sei doch dieser seit 1992/1993 nicht angepasst worden.
Auch hierin kann keine genügende Auseinandersetzung mit der konkreten Kostensituation im Sinne der Rechtsprechung erblickt werden. Ebenso wenig ist eine solche darin zu sehen, dass gemäss der Darstellung des Beschwerdegegners am 17. Januar 2005 ein Treffen mit einem Vertreter von santésuisse stattgefunden habe, zumal in diesem Rahmen ein Taxpunktwert in der Höhe gemäss dem Starttaxpunktwert vereinbart worden sei. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners nur im Sinne von Art. 46 Abs. 4 KVG genehmigte Verträge die Tarifpartner rechtlich binden können; konkludent geschlossene Verträge gibt es im Tarifrecht der obligatorischen Krankenversicherung nicht (vgl. Bundesratsentscheid [BRE] 97-146 vom 14. April 1999 betreffend Tariffestsetzung im Kanton Basel-Landschaft). Dies gilt selbstredend nicht nur für Tarifverträge mit santésuisse, sondern auch mit einzelnen Versicherern.

6.1.3 Hinzu kommt, dass sich aus dem Prinzip der betriebswirtschaftlichen Bemessung ohnehin keine Garantie für ein ärztliches Mindesteinkommen ableiten lässt. Gemäss bundesrätlicher Rechtsprechung, die fortzuführen ist, gilt der frei praktizierende Arzt als Einzelunternehmer mit finanzieller Eigenverantwortung. Einkommen von Ärzten in anderen Kantonen, Vergleiche von Ärztekategorien untereinander oder mit anderen Leistungserbringern im Bereich der Krankenversicherung können zwar Indikatoren für die Angemessenheit eines bestimmten Einkommens sein, begründen indes keinen Anspruch auf entsprechende Anhebung des eigenen Einkommens (RKUV 2/1997 S. 122 ff. E. 4); das Vorbringen solcher Vergleiche vermag somit für sich allein keinen Anreiz zur Führung weiterer Verhandlungen zu bieten.

6.1.4 Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, dass der dem kantonalen Anschlussvertrag nicht beigetretene Beschwerdegegner seiner Obliegenheit, konstruktive Vorschläge zur Tarifgestaltung vorzulegen, nicht nachgekommen ist. Gemäss Rechtsprechung hat er daher keinen Anspruch auf einen höheren als den vom Verband abgeschlossenen Tarif (vgl. E. 5.2.1).

6.1.5 Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern der verfahrensrechtliche Antrag des Beschwerdegegners dieses Ergebnis zu ändern vermag, so dass in antizipierter Beweiswürdigung von der erneuten Einholung einer Stellungnahme der Ärztegesellschaft Luzern abgesehen und der entsprechende Beweisantrag abgewiesen werden kann (vgl. E. 5.2.3.3).

7. Damit verbleibt zu prüfen, ob vorliegend allenfalls jeweils ein tieferer als vom Verband abgeschlossener Tarif festzusetzen ist. Diese Frage überprüft das BVGer umfassend, also sowohl auf Rechtsverletzungen - einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens - als auch auf Angemessenheit hin (vgl. E. 5.1).
Wenn ein Leistungserbringer dem Vertrag seines Verbandes nicht beigetreten ist, muss in erster Linie der Leistungserbringer darum bemüht sein, zu Vereinbarungen mit der Gegenseite zu kommen, und nicht santésuisse oder einzelne Versicherer, welche dem Verbandsvertrag beigetreten sind. Diese haben a priori kein Interesse an Separatverträgen, und es kann von ihnen somit auch nicht verlangt werden, dass sie den ersten Schritt tun. Santésuisse ist demnach erst dann verpflichtet, weitere Verhandlungen zu führen, wenn ihr von den dem Verbandsvertrag nicht beigetretenen Leistungserbringern ein Verhandlungen einleitender Vorschlag unterbreitet worden ist, und zwar ein konstruktiver, was - wie vorne dargelegt - vorliegend nicht der Fall war.
Wird von einem Leistungserbringer, welcher dem Verbandsvertrag nicht beigetreten ist, zwar manifestiert, dass er (weiterhin) ambulante ärztliche Leistungen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung abrechnen möchte, jedoch nicht das Seine getan hat, um zu einem Vertrag zu kommen, ist es santésuisse daher nicht verwehrt - auch ohne weitere Verhandlungen angeboten oder geführt zu haben - beim Regierungsrat Antrag auf Tariffestsetzung zu stellen.

7.1 Im angefochtenen Beschluss hat der Regierungsrat verfügt, dass für die ambulante Behandlung von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner ab dem 1. Januar 2004 der jeweils gemäss kantonalem Anschlussvertrag zur Anwendung gekommene beziehungsweise kommende Taxpunktwert gelte. Dieser lag bis zum 31. Dezember 2005 bei Fr. 0.86 und seit dem 1. Januar 2006 bei Fr. 0.80 (vgl. Regionaler, Zentralschweizer Anschlussvertrag zum Rahmenvertrag TARMED zwischen santésuisse und der Vereinigung Zentralschweizer Ärztegesellschaften vom 5. Dezember 2003; BRE 06-12 vom 23. August 2006 betreffend Tarifvertragsverlängerung i. S. santésuisse gegen den Regierungsrat des Kantons Luzern und die Ärztegesellschaft des Kantons Luzern; kantonaler Anschlussvertrag zum Rahmenvertrag TARMED zwischen santésuisse und der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern vom 10. Januar 2007). Santésuisse verlangt nun beschwerdeweise, den fraglichen Taxpunktwert für den Beschwerdegegner rückwirkend ab dem 1. Januar 2004 auf Fr. 0.72, eventualiter nach richterlichem Ermessen auf einen Taxpunktwert unter Fr. 0.80 festzusetzen.

7.2 Der BR hat sich im Entscheid vom 22. August 2007 betreffend Tarif für Apotheker im Kanton Wallis [06-46], die dem Tarifvertrag über die leistungsorientierte Abgeltung nicht beigetreten waren, erstmals mit der Frage befasst, ob ein tieferer Taxpunkt als vom Kanton beschlossen, festgelegt werden kann. Dabei schützte der BR den Beschluss des Staatsrats des Kantons Wallis vom 23. August 2006, mit dem dieser den Taxpunktwert für Leistungen von dem Verbandsvertrag nicht beigetretenen Apothekern anstatt auf den Verbandstarif von Fr. 1.08 auf lediglich Fr. 0.97 festgesetzt hatte, weil diese Apotheker dem tarifvertraglich vereinbarten Kostenstabilisierungsbeitrag nicht unterworfen seien, und somit - würde für sie ebenfalls der im Verbandstarif vereinbarte Taxpunktwert festgesetzt - in den Genuss einer gesetzlich unerwünschten höheren Gewinnmarge kämen.

7.3 Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdegegner, indem er den kantonalen Anschlussverträgen nicht beigetreten ist, relevante finanzielle Vorteile geniessen soll, die zu einer höheren Gewinnmarge führen, und ihm somit die hoheitliche Festsetzung des im Verbandstarif vereinbarten Taxpunktwerts eine aufgrund von Sinn und Zweck des Gesetzes unerwünschte Bevorteilung zu bringen vermag. Insbesondere ist ein solcher Vorteil entgegen der Darstellung von santésuisse auch nicht darin zu sehen, dass der Beschwerdegegner den übrigen vertraglichen Vereinbarungen des kantonalen Anschlussvertrages nicht unterworfen ist. Zwar wäre dem Regierungsrat die Möglichkeit offen gestanden, entsprechende Massnahmen vorzusehen, sofern diese nicht ausschliesslich vertraglich vereinbart werden können wie beispielsweise das System des Tiers payant gemäss Art. 42 Abs. 2 KVG (vgl. E. 5.2.1). Vorliegend hat er jedoch ausschliesslich den Taxpunktwert fixiert. Jene Bereiche, in denen nun für den Beschwerdegegner keine speziellen Regelungen festgelegt worden sind, richten sich deshalb nach den gesetzlichen Bestimmungen, welche sich, wie beispielsweise Art. 44 KVG hinsichtlich des Tarifschutzes oder des Qualitätsschutzes, als genügend und nicht als Vorteil für den Beschwerdegegner erweisen.
Was santésuisse vorbringt, um darzulegen, inwiefern der Beschwerdegegner durch seinen Nichtbeitritt zum kantonalen Anschlussvertrag relevante finanzielle Vorteile geniesse, respektive die Versicherer hierdurch relevante finanzielle Nachteile erlitten, welche die Festsetzung eines tieferen als den im kantonalen Anschlussvertrag vereinbarten Taxpunktwerts begründeten, vermag nicht zu überzeugen. So wird insbesondere gemäss Art. 3 des kantonalen Anschlussvertrages in Verbindung mit dessen Anhang A lediglich von Ärzten, die nicht Verbandsmitglieder der kantonalen Ärztegesellschaften sind, eine einmalige Beitrittsgebühr und ein jährlicher Unkostenbeitrag verlangt, da - wie die kantonale Ärztegesellschaft dargelegt hat - die entsprechenden Kosten (insbes. die Kosten der Vertragsverhandlungen und des Vertragsabschlusses, vgl. Anhang A Ziff. 2 e contrario) durch den Mitgliederbeitrag beglichen seien. Ein entsprechender Abzug kann auch nicht damit begründet werden, dass der Beschwerdegegner durch seinen Nichtbeitritt zum kantonalen Anschlussvertrag der Leistungs- und Kostenvereinbarung (LeiKoV), welche integrierender Bestandteil des kantonalen Anschlussvertrags bildet, nicht unterstehe, und sich somit der Kontrolle und Steuerung der Leistungen und Kosten im Bereich des TARMED, wie dies durch die LeiKoV vereinbart wurde, entziehe, sind doch auch hierdurch keine relevanten finanziellen Vorteile des Beschwerdegegners respektive Nachteile der santésuisse zu erwarten, zumal auch der Taxpunktwert des Beschwerdegegners bei einer relevanten Veränderung der Situation zukünftig angepasst werden kann.
Damit kann die Frage offen gelassen werden, ob die (relevanten) Vorteile für einen dem Verbandsvertrag nicht beigetretenen Leistungserbringer, anstatt durch eine Reduktion des Taxpunktwerts (welcher in aller Regel für eine unbestimmte Dauer gilt) durch eine einmalige Entschädigung kompensiert werden sollten, wie dies von der PUE vorgeschlagen wurde.

8.

8.1 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Regierungsrat für die Zeit seit dem 1. Januar 2004 bis zur heute geltenden Regelung zu Recht entschieden hat, dass für die ambulante Behandlung von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner jeweils derjenige Taxpunktwert zu gelten hat, wie der gemäss dem jeweiligem kantonalen Anschlussvertrag zur Anwendung gekommene Taxpunktwert, zumal zu dieser Festsetzung der entsprechenden Taxpunktwerte auch die PUE im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (PüG, SR 942.20) hat Stellung nehmen können.

8.2 Weiter soll jedoch gemäss angefochtenem Beschluss des Regierungsrats für ambulante Behandlungen von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner der jeweils gemäss kantonalem Anschlussvertrag zu TARMED zur Anwendung kommende Taxpunktwert gelten, das heisst der fragliche Taxpunktwert soll - bei zukünftigen Änderungen des Taxpunktwerts gemäss dem kantonalen Anschlussvertrag - automatisch an diesen angepasst werden. Ein solcher Automatismus erweist sich bereits deshalb als nicht rechtmässig, als zu solchen allfälligen zukünftigen Taxpunktanpassungen für den Beschwerdegegner - entgegen Art. 14 PüG - keine Stellungnahme der PUE eingeholt werden kann (vgl. RKUV 2/1997 S. 122 ff. E. 10).
Insofern als der Regierungsrat beschloss, den hier streitigen Taxpunktwert bei einer künftigen Veränderung des Taxpunktwerts gemäss dem kantonalen Anschlussvertrag automatisch an diesen anzupassen, erweist sich der angefochtene Beschluss daher als rechtswidrig. Jede Änderung des fraglichen Taxpunktwerts hat vielmehr nach dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren zu erfolgen, wobei insbesondere auch die PUE anzuhören ist.

9. Zusammengefasst erweist sich der angefochtene Beschluss des Regierungsrates insofern als rechtmässig, als für die ambulante Behandlung von obligatorisch krankenpflegeversicherten Patientinnen und Patienten beim Beschwerdegegner ab dem 1. Januar 2004 der jeweils gemäss dem kantonalen Anschlussvertrag zur Anwendung gekommene Taxpunktwert gilt, das heisst ab dem 1. Januar 2004 Fr. 0.86 und ab dem 1. Januar 2006 Fr. 0.80. Die Beschwerde ist insoweit abzuweisen.
Bei allfälligen zukünftigen Änderung des Taxpunktwerts gemäss dem kantonalen Anschlussvertrag kann jedoch keine automatische Anpassung des für den Beschwerdegegner geltenden Taxpunktwerts an jenen Wert erfolgen, so dass sich die Beschwerde, soweit damit implizit die Festsetzung eines fixen Taxpunktwerts beantragt worden war, insofern als begründet erweist und gutzuheissen sowie der angefochtene Beschluss aufzuheben ist.

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