Auszug aus dem Urteil der Abteilung I i. S. Unigaz S.A. gegen Bundesamt für Energie
A-5781/2007
vom 18. Juni 2008
Aus den Erwägungen:
1.3 Die Beschwerdeführerin stellt den Subeventualantrag, die Kosten der Studie über
Varianten der Leitungsverlegung seien von einem namentlich bezeichneten Dritten resp. von der Vorinstanz
zu tragen resp. das Geschäft sei an die Vorinstanz mit der verbindlichen Weisung zur Kostenverlegung
im vorerwähnten Sinne zurückzuweisen. Die Vorinstanz hält dem entgegen, dass sich die
angefochtene Verfügung zur Kostenverlegung gar nicht äussere.
1.3.1 Das Anfechtungsobjekt, das heisst die Verfügung beziehungsweise der Entscheid der
unteren Instanz, bildet den Rahmen, welcher den möglichen Umfang des Streitgegenstandes begrenzt.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann nur sein, was Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war
oder nach richtiger Gesetzesauslegung hätte sein sollen. Gegenstände, über welche die
erstinstanzlich verfügende Behörde nicht entschieden hat und über welche sie nicht entscheiden
musste, darf die obere Instanz nicht beurteilen, da sie sonst in die funktionelle Zuständigkeit
der Vorinstanz eingreifen würde (ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und
Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 149). Ein Antrag, der über das
hinausgeht, was von der Vorinstanz entschieden wurde, oder der mit dem Gegenstand der angefochtenen Verfügung
nichts zu tun hat, ist ungültig. Ausnahmsweise werden Antragsänderungen und -erweiterungen,
die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen, aus prozessökonomischen Gründen jedoch
zugelassen. Voraussetzung dafür ist, dass einerseits ein sehr enger Bezug zum bisherigen Streitgegenstand
besteht und anderseits die Verwaltung im Laufe des Verfahrens Gelegenheit hatte, sich zu dieser neuen
Streitfrage zu äussern (ANDRÉ MOSER in: André Moser/Peter Uebersax [Hrsg.], Prozessieren
vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frankfurt am Main 1998, S. 75 Rz. 2.82 ff.).
1.3.2 Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin in der angefochtenen Verfügung unter
anderem verpflichtet, eine Studie zu erstellen, in welcher Varianten der Verlegung ihrer Hochdruckgasleitung
aufgezeigt würden und welche die finanziellen Aspekte umfasse. In ihrer Vernehmlassung führt
sie ergänzend aus, sie habe sich damit nicht ausdrücklich zur Kostenverteilung geäussert,
sondern von der Beschwerdeführerin bloss eine Bezifferung der Kosten für die Erstellung der
Studie und für jede Verlegungsvariante verlangt.
1.3.3 Aus der Formulierung im Verfügungsdispositiv lässt sich in der Tat keine Auferlegung
der Kosten der Studie auf die Beschwerdeführerin entnehmen. Da dieser Aspekt somit nicht Gegenstand
der angefochtenen Verfügung war, darf das BVGer darüber grundsätzlich auch nicht entscheiden.
Die Vorinstanz hat jedoch im Rahmen ihrer Vernehmlassung ausführlich dazu Stellung bezogen und den
Standpunkt vertreten, die Beschwerdeführerin habe die Kosten der Studie und weitergehender Massnahmen
zu tragen. Es wäre aus prozessökonomischen Überlegungen daher nicht sinnvoll, die Beschwerdeführerin
- in Kenntnis der Auffassung der Vorinstanz - zwecks Erlass einer anfechtbaren Verfügung erneut
an letztere zu verweisen, zumal es sich bei der aufgeworfenen Frage der Kostentragungspflicht um einen
Aspekt handelt, welcher einen sehr engen Bezug zur Verpflichtung zur Erstellung einer Studie aufweist
und für die Beschwerdeführerin von zentraler Bedeutung ist.
1.3.4 (...)
1.4 (...)
2. Im vorliegenden Fall unbestritten ist, dass von der Hochdruckgasleitung der Beschwerdeführerin
in der Industriezone von Givisiez ein teilweise nicht mehr tolerierbares Sicherheitsrisiko ausgeht. Die
Beschwerdeführerin ist jedoch der Auffassung, die Vorinstanz sei weder unmittelbar gestützt
auf Art. 10 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 (USG, SR 814.01) noch auf Art. 1 Abs. 5 der
Störfallverordnung vom 27. Februar 1991 (StFV, SR 814.012) i. V. m. Art. 10 USG zum Erlass der angefochtenen
Verfügung berechtigt und somit sachlich auch nicht zuständig gewesen. Die ihr auferlegte Verpflichtung,
einen konkreten Vorschlag für Sicherheitsmassnahmen zu unterbreiten, beziehungsweise eine Studie
über Varianten der Verlegung der Hochdruckgasleitung zu erstellen, leite die Vorinstanz in unzulässiger
Weise direkt aus Art. 10 USG ab und verletze damit das Gesetzmässigkeitsprinzip.
3. Die Hochdruckgasleitung der Beschwerdeführerin ist eine Rohrleitungsanlage und fällt
als solche unter die Rohrleitungsgesetzgebung und deren Ausführungsbestimmungen (Art. 1 Abs. 1 des
Rohrleitungsgesetzes vom 4. Oktober 1963 [RLG, SR 746.1]; Art. 1 Abs. 2 Bst. a RLG i. V. m. Art. 2 Abs.
1 Bst. a der Rohrleitungsverordnung vom 2. Februar 2000 [RLV, SR 746.11]). Für den Bau, Unterhalt
und Betrieb der dem RLG unterstehenden Rohrleitungsanlagen ist das Bundesamt für Energie Aufsichtsbehörde
(Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 RLG; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung
vom 4. April 2007 über Sicherheitsvorschriften für Rohrleitungsanlagen [RLSV, SR 746.12]).
Es ordnet die zum Schutz von Personen, Sachen und wichtigen Rechtsgütern erforderlichen Massnahmen
an (Art. 18 RLG). Es darf jedoch im Rahmen seiner Betriebsaufsicht nur insoweit Anordnungen im Interesse
der Sicherheit treffen, als diese entweder vorläufiger Natur sind oder dadurch die Konzession in
ihren zentralen Punkten unberührt bleibt (Urteil des BGer 1A.24/1998 vom 28. Oktober 1998 E. 2c
in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 100/1999 S. 632 ff.). Die der
Beschwerdeführerin vorerst auferlegte Verpflichtung, einen konkreten Vorschlag für Sicherheitsmassnahmen
zu unterbreiten, beziehungsweise eine Studie über Varianten der Verlegung der Hochdruckgasleitung
zu erstellen, stellt zweifellos (noch) keinen schwerwiegenden Eingriff in das ihr erteilte Konzessionsrecht
dar. Die Vorinstanz ist somit - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - kraft ihrer Aufsichtsfunktion
zur Anordnung besagter Massnahmen sachlich zuständig.
4. Gemäss dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit dürfen Verwaltungstätigkeiten
einerseits nicht gegen das Gesetz verstossen, andererseits müssen sie sich auf das Gesetz stützen.
Verwaltungshandeln, welches nicht auf einem Gesetz beruht, ist - auch wenn es nicht im Widerspruch zu
einem Gesetz steht - unzulässig. Die durch das Gesetzmässigkeitsprinzip bewirkte Bindung der
Verwaltungsbehörden an das Gesetz dient sowohl der Rechtssicherheit, nämlich der Voraussehbarkeit
des Verwaltungshandelns, als auch der Rechtsgleichheit, indem durch die Bindung an eine generellabstrakte
Regelung gewährleistet ist, dass die Verwaltungsbehörden in ähnlich gelagerten Fällen
gleich entscheiden (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht,
5. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 368 ff.).
4.1 Art. 10 Abs. 1 USG regelt den Katastrophenschutz. Gemäss dieser Bestimmung trifft,
wer Anlagen betreibt oder betreiben will, die bei ausserordentlichen Ereignissen den Menschen oder seine
natürliche Umwelt schwer schädigen können, die zum Schutz der Bevölkerung und der
Umwelt notwendigen Massnahmen. Insbesondere sind die geeigneten Standorte zu wählen, die erforderlichen
Sicherheitsabstände einzuhalten, technische Sicherheitsvorkehren zu treffen sowie die Überwachung
des Betriebes und die Alarmorganisation zu gewährleisten. Vorliegend steht ausser Frage, dass die
Beschwerdeführerin mit ihrer Hochdruckgasleitung eine Anlage im Sinne vorerwähnter Gesetzesbestimmung
betreibt, welche bei einem Störfall zu schwerwiegenden Einwirkungen auf Mensch und Umwelt führen
kann; sie ist daher gehalten, die zur Reduktion des qualifizierten Schädigungs- oder Gefahrenpotentials
erforderlichen Schutzmassnahmen zu ergreifen (vgl. bezüglich den einzelnen Elementen zur Bestimmung
des Geltungsbereichs von Art. 10 USG auch GOTTLIEB WITZIG, Der Geltungsbereich von Art. 10 USG und die
Störfallverordnung, in: Umweltrecht in der Praxis [URP] 1992 S. 380 ff.).
4.2 Mit der StFV hat der Bundesrat (BR) am 27. Februar 1991 gestützt auf Art. 10 sowie
Art. 39 Abs. 1 USG Ausführungsbestimmungen zu Art. 10 USG erlassen (vgl. HANSJÖRG SEILER, Kommentar
zum Umweltschutzgesetz, März 2001 [nachfolgend: Kommentar USG], Rz. 10 zu Art. 10 USG).
4.2.1 Gemäss Art. 1 Abs. 1 StFV soll die besagte Verordnung die Bevölkerung und
die Umwelt vor schweren Schädigungen infolge von Störfällen schützen. Sie ist indessen
nicht anwendbar auf Rohrleitungsanlagen, die dem RLG unterstellt sind (Art. 1 Abs. 4 Bst. a StFV). Dieser
Ausschluss der StFV gilt jedoch nicht absolut: Für Rohrleitungsanlagen, welche nach Inkrafttreten
der StFV erstellt oder geändert werden, muss im Rahmen des Konzessions- und Plangenehmigungsverfahrens
gemäss der Rohrleitungsverordnung vom 11. September 1968 (aRLV, AS 1968 1120, zum vollständigen
Quellennachweis vgl. Art. 24 Ziff. 2 StFV) resp. des Plangenehmigungsverfahrens gemäss RLV eine
Einschätzung des möglichen Schadensausmasses infolge von Störfällen nach der StFV
sowie eine Risikoermittlung gemäss StFV erstellt werden (vgl. Art. 14 Ziff. 16 und Art. 26 Abs.
1 Ziff. 9 aRLV sowie Art. 7 Bst. b und c RLV). Keine Anwendung findet dieser Verweis auf die Hochdruckgasleitung
der Beschwerdeführerin, da diese bereits im Jahre 1978 konzessioniert und in den Jahren 1979 und
1980 gebaut wurde.
4.2.2 Art. 1 Abs. 5 StFV sieht für Betriebe oder Verkehrswege, die bei ausserordentlichen
Ereignissen die Bevölkerung oder die Umwelt auf eine andere Weise als auf Grund ihrer Stoffe, Zubereitungen,
Sonderabfälle, gefährlichen Güter oder auf Grund gentechnisch veränderter oder pathogener
Mikroorganismen schwer schädigen könnten, eine direkte Anwendbarkeit der Vorschriften von Art.
10 USG vor. Diese Bestimmung ist hauptsächlich relevant für Anlagen mit Stoffen, die zwar grundsätzlich
ungefährlich sind, aber bei besonderen Ereignissen, namentlich im Brandfall, zu erheblichen Umwelteinwirkungen
führen können (SEILER, Kommentar USG, Rz. 36 zu Art. 10 USG). Bei Erdgas handelt es sich bereits
von seiner Konsistenz her um einen umweltgefährdenden Stoff. Zudem ergibt sich auch aus der Systematik
der Verordnung, dass Rohrleitungsanlagen von besagtem Absatz nicht erfasst sein können, nachdem
sie zuvor vom Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich ausgenommen worden sind.
4.2.3 Es kann somit festgehalten werden, dass die Ausführungsbestimmungen der StFV auf
die hier in Frage stehende Hochdruckgasleitung keine Anwendung finden. Bei diesem Ergebnis kann zwar
an sich offen bleiben, ob Art. 1 Abs. 5 StFV in abschliessender Art und Weise bestimmt, in welchen Fällen
Art. 10 USG direkt anwendbar ist. Trotzdem sei auf das Folgende hingewiesen: Eine Vollziehungsverordnung
beschränkt sich im Verhältnis zum zugehörigen Gesetz auf sekundäres Recht und darf
damit - im Gegensatz zur gesetzesvertretenden Verordnung - keine grundsätzlich neuen Rechte und
Pflichten einführen (PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern
2005, § 14 Rz. 20 ff.). Aufgrund dieser Normenhierarchie kann daher durch eine Vollziehungsverordnung
eine Gesetzesbestimmung weder aufgehoben noch abgeändert werden (vgl. auch ULRICH HÄFELIN/WALTER
HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2005, Rz. 1860). Daraus ist
zu schliessen, dass der ausdrückliche Verweis in Art. 1 Abs. 5 StFV auf Art. 10 USG nicht dahingehend
auszulegen ist, in sämtlichen anders gelagerten Fällen, namentlich in denjenigen, welche vom
Geltungsbereich der Störfallverordnung ausgenommen sind, dürfe Art. 10 USG nicht mehr direkt
angewendet werden.
4.3 Art. 10 Abs. 1 USG auferlegt dem Betreiber von Anlagen, von welchen ein schweres Schädigungspotential
für Mensch und Umwelt ausgeht, die Pflicht zum Ergreifen der notwendigen Schutzmassnahmen (vgl.
E. 4.1). Das BGer hat in einem älteren Entscheid (BGE
113 Ib 60 E. 3) festgehalten, dass diese Bestimmung ihren sachlichen Geltungsbereich und die Pflichten
des Betreibers zwar mit relativ hoher Abstraktheit definiere, dies indessen ihre unmittelbare Anwendbarkeit
nicht hindere. Es bedürfe daher keiner gestützt auf Art. 10 Abs. 4 USG und allenfalls Art.
39 Abs. 1 USG erlassenen Ausführungsvorschriften auf Verordnungsebene. Die Beschwerdeführerin
bringt vor, dass die vom BGer in BGE
113 Ib 60 wiedergegebene Auffassung überholt sei. Mit dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der
Störfallverordnung bleibe kein Raum mehr für eine direkte Anwendbarkeit von Art. 10 Abs. 1
USG. Ihre Hochdruckgasleitung werde vom Anwendungsbereich der StFV vollumfänglich ausgenommen und
allfällige zu ergreifende Sicherheitsmassnahmen würden in der RLSV resp. der Verordnung vom
20. April 1983 über Sicherheitsvorschriften für Rohrleitungsanlagen (aRLSV, AS 1983 579, AS
1996 2422) hinreichend konkretisiert und abschliessend geregelt. Die Vorinstanz ihrerseits vertritt den
Standpunkt, Art. 10 USG sei - ungeachtet der StFV - auch auf Rohrleitungsanlagen unmittelbar anwendbar
und sehe im Vergleich zur RLSV weitergehende Schutzmassnahmen vor.
4.3.1 Gemäss Art. 52 Abs. 2 Ziff. 2 RLG erlässt der BR Ausführungsvorschriften
über die Sicherheitsanforderungen für Rohrleitungsanlagen. Diesem Rechtsetzungsauftrag ist
er unter anderem mit Erlass der aRLSV resp. der RLSV (welche am 1. Mai 2007 in Kraft getreten ist) nachgekommen.
Die der Beschwerdeführerin auferlegte Verpflichtung, einen konkreten Vorschlag für Sicherheitsmassnahmen
zu unterbreiten, beziehungsweise eine Studie über Varianten der Verlegung der Hochdruckgasleitung
zu erstellen, ist in besagter Verordnung nicht ausdrücklich vorgesehen.
4.3.2 HANSJÖRG SEILER hat früher die Auffassung vertreten, dass eine Anlage als
sicher genug im Sinne von Art. 10 USG gelte, falls die Sicherheitsvorschriften gemäss der aRLSV
eingehalten würden. Die Rechtssicherheit würde zu stark leiden, wenn trotz Einhaltung der geltenden
Sicherheitsvorschriften im Einzelfall zusätzliche Massnahmen verlangt würden (HANSJÖRG
SEILER, Staats- und verwaltungsrechtliche Fragen der Bewertung technischer Risiken, insbesondere am Beispiel
des Vollzugs von Art. 10 USG, in: Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 130/1994, S. 22 f.). Diese
Meinung hat er zwischenzeitlich revidiert: Art. 10 USG sei eine Auffangvorschrift und kumulativ anwendbar
zu spezialgesetzlichen Vorschriften. Auch die Einhaltung aller spezialgesetzlich vorgeschriebenen Massnahmen
bewirke nicht unbedingt eine genügende Risikoreduktion. Weise eine Anlage gemäss den Kriterien
von Art. 10 Abs. 1 USG ein zu hohes Risiko auf, verlange letztere Bestimmung zusätzliche Massnahmen
(SEILER, Kommentar USG, Rz. 17 sowie Rz. 67 ff. zu Art. 10 USG). Die gleiche Ansicht wird auch an anderer
Stelle vertreten: Mit Blick auf das Vorsorgeprinzip (Art. 1 Abs. 2 USG) verpflichteten Art. 10 USG und
die StFV die Inhaber beziehungsweise die Vollzugsbehörden, umfassende Risikobeurteilungen vorzunehmen
und gestützt darauf auch dann noch (zusätzliche) Massnahmen zu treffen beziehungsweise anzuordnen,
wenn formell die einzelnen Anforderungen der anwendbaren Spezialgesetzgebungen an die Anlage bereits
erfüllt seien (WITZIG, a. a. O., S. 389).
4.3.3 Die StFV findet auf (vor ihrem Inkrafttreten bereits bestehende) Rohrleitungsanlagen
keine Anwendung. Die RLSV ihrerseits enthält keine Ausführungsbestimmungen zu Art. 10 USG,
sondern konkretisiert einzig die Rohrleitungsgesetzgebung im Bereich der zu beachtenden Sicherheitsvorschriften.
Dies tut sie jedoch nicht in abschliessender Art und Weise: So kann gemäss Art. 6 Abs. 1 RLSV die
Aufsichtsbehörde im Einzelfall zum Schutz von Personen und Sachen zusätzliche Massnahmen anordnen,
die über die von ihr aufgestellten Anforderungen hinausgehen.
4.3.4 Angesichts der vielfach komplexen und ungewissen Situationen, welche im Rahmen des Katastrophenschutzes
auftreten können, lässt es sich nicht vermeiden, dass - zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit
- auf Gesetzes- oder Verordnungsebene bei der Rechtssicherheit und der damit verbundenen Voraussehbarkeit
und Berechenbarkeit des Verwaltungshandelns Abstriche gemacht werden müssen (vgl. zum Spannungsfeld
zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit auch: TSCHANNEN/ZIMMERLI, a. a. O., § 19 Rz.
26 ff.). Es muss daher zulässig sein, gestützt auf eine Generalklausel auf Gesetzesebene (Art.
10 Abs. 1 USG) zusätzliche Schutzmassnahmen anzuordnen, falls - wie vorliegend - die entsprechende
Vollziehungsverordnung (StFV) nicht anwendbar ist und die Ausführungsbestimmungen zur Rohrleitungsgesetzgebung
(RLSV) das zur Risikobehebung als geeignet und erforderlich eingestufte Instrumentarium nicht zur Verfügung
stellen. Dies hat umso mehr zu gelten, wenn die anwendbare Verordnung - wie dies bei der RLSV der Fall
ist - die zu ergreifenden Schutzmassnahmen nicht abschliessend regelt.
4.4 Die Vorinstanz war somit grundsätzlich berechtigt, unmittelbar gestützt auf
Art. 10 Abs. 1 USG Schutzmassnahmen beziehungsweise Vorabklärungen dazu anzuordnen. Art. 10 Abs.
1 USG schreibt bloss ein zu erreichendes Ziel (tragbares Risiko) vor, ohne festzulegen, auf welchem Weg
dieses Ziel zu erreichen ist; er enthält bloss eine exemplarische Aufzählung von Massnahmen,
die aber weder abschliessend noch in jeder Hinsicht verbindlich ist (SEILER, Kommentar USG, Rz. 71 zu
Art. 10 USG; vgl. auch E. 4.1). Risikoreduzierende Massnahmen können neben Sicherheitsvorkehrungen
technischer und/oder anderer Natur als ultima ratio sowohl die Einstellung des Betriebs als auch eine
Versetzung der gefährlichen Anlage beinhalten. Die Anordnungen, einen konkreten Vorschlag für
Sicherheitsmassnahmen zu unterbreiten beziehungsweise eine Studie über Varianten der Leitungsverlegung
zu erstellen, werden daher als entsprechende Vorbereitungshandlungen zu vorerwähnten Massnahmen
ohne weiteres von Art. 10 Abs. 1 USG miterfasst (zur Verlegungspflicht vgl. E. 6).
5. - 5.2 (...)
6. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, dass es keine gesetzliche Grundlage gebe,
um sie zur Verlegung ihrer Hochdruckgasleitung zu verpflichten, und daher von ihr auch nicht verlangt
werden könne, eine Studie über Varianten der Leitungsverlegung zu erstellen. Aufgrund des Prioritätsprinzips
gemäss Art. 29 Abs. 1 RLG müsse ihre Leitung gegenüber neuen Anlagen nicht weichen. Die
Vorinstanz hält dem entgegen, dass Art. 29 Abs. 1 RLG nur die Kostenauferlegung regle; die Verpflichtung
der Beschwerdeführerin, eine Studie zu erstellen, ergebe sich unmittelbar aus Art. 10 USG resp.
dem Störerprinzip.
6.1 Art. 29 Abs. 1 RLG sieht vor, dass - wenn eine neue Rohrleitungsanlage bestehende Verkehrswege,
Leitungen oder andere Anlagen beeinträchtigt oder neue derartige Anlagen eine bestehende Rohrleitungsanlage
beeinträchtigen - unter Vorbehalt abweichender Vereinbarungen die Kosten aller Massnahmen, die zur
Behebung der Beeinträchtigung erforderlich sind, auf die neue Anlage fallen. Gemäss diesem
sogenannten Prioritätsprinzip sind somit sämtliche Kosten vom neu Hinzutretenden zu tragen
(vgl. Botschaft des Bundesrates betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über Rohrleitungsanlagen
zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- und Treibstoffe vom 28. September 1962,
BBl 1962 II 791).
6.2 Das Störerprinzip, welches sich aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip ableitet,
besagt, dass der unmittelbare Verursacher eines polizeiwidrigen Zustandes einen polizeilichen Eingriff
zu dulden oder die Massnahmen zu treffen hat, die zur Behebung dieses Zustandes erforderlich sind. Als
Zustandsstörer gilt dabei, wer die rechtliche oder tatsächliche Herrschaft über eine Sache
hat, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit unmittelbar stört oder gefährdet (vgl.
SEILER, Kommentar USG, Rz. 9 zu Art. 2 USG; TSCHANNEN/ZIMMERLI, a. a. O., § 54 Rz. 17 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN,
a. a. O., Rz. 2488 ff.).
6.3 Nach Art. 10 Abs. 1 USG muss der Inhaber einer gefährlichen Anlage für die erforderlichen
Sicherheitsmassnahmen sorgen. Weil nur er Normadressat dieser Bestimmung ist, kann die Vollzugsbehörde
Massnahmen nur von ihm verlangen. Aus dem Störerprinzip ergibt sich, dass betroffene Dritte (Nachbarn
einer gefährlichen Anlage) grundsätzlich nicht verpflichtet sind, Massnahmen zu treffen, die
erforderlich sind, um die Risiken zu reduzieren, die von der Anlage ausgehen. Dies gilt auch dann, wenn
Sicherheitsmassnahmen nur deshalb erforderlich werden, weil das Nachbargrundstück überbaut
oder intensiver als bisher genutzt wird und das Risiko in der Umgebung zunimmt. Anders verhält es
sich nur in Fällen, in welchen eine besondere gesetzliche Grundlage besteht, wonach in der Nachbarschaft
belastender Anlagen bestimmte Bauten nicht oder nur eingeschränkt zulässig sind oder Dritte
bestimmte Schutzmassnahmen treffen müssen. Eine solche Regelung findet sich beispielsweise in den
Art. 20 bis 22 USG, gemäss welchen von übermässigen Lärmimmissionen betroffene Grundeigentümer
anstelle des Lärmverursachers Schutzmassnahmen an ihren Bauten zu ergreifen haben (SEILER, Kommentar
USG, Rz. 37 und Rz. 41 zu Art. 10 USG sowie Rz. 33 zu Art. 2 USG; HANSJÖRG SEILER, Rechtsgutachten
zu Handen des Bundesamtes für Verkehr zu Fragen betreffend Störfallvorsorge und Raumplanung,
Münsingen 2005, S. 10 ff.).
6.4 Die Beschwerdeführerin ist als Eigentümerin und Betreiberin der Hochdruckgasleitung
Zustandsstörerin und hat als solche grundsätzlich gestützt auf Art. 10 Abs. 1 USG die
erforderlichen Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen. Daran würde sich nur dann etwas ändern,
wenn diese Massnahmenpflicht kraft einer besonderen gesetzlichen Regelung (ausnahmsweise) einem Dritten
auferlegt würde. Eine solche ist jedoch auch im von der Beschwerdeführerin angeführten
Art. 29 Abs. 1 RLG (zu dessen Anwendbarkeit vgl. E. 7) nicht ersichtlich, regelt diese Bestimmung - entsprechend
ihrem Randtitel - doch ausdrücklich nur die Tragung der Kosten allfälliger Massnahmen.
6.5 Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin
kraft ihrer allgemeinen Massnahmenpflicht von der Vorinstanz auch verpflichtet werden kann, eine Studie
über Varianten der Leitungsverlegung zu erstellen.
7. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass es an einer gesetzlichen Grundlage
fehle, um ihr die Kosten einer allfälligen Verlegung ihrer Hochdruckgasleitung und einer Studie
über Varianten der Leitungsverlegung aufzuerlegen. Vielmehr hätten diese Kosten gestützt
auf Art. 29 Abs. 1 RLG diejenigen zu tragen, welche die Industriezone von Givisiez zu überbauen
beabsichtigen. Die Vorinstanz wendet ein, die Beschwerdeführerin habe als Betreiberin der Anlage
die Kosten der Studie und allfälliger Massnahmen zu tragen, gelte im Anwendungsbereich von Art.
10 USG doch das Verursacherprinzip und nicht das Prioritätsprinzip gemäss Art. 29 Abs. 1 RLG.
7.1 Gemäss dem im Bereich des Umweltrechts allgemein gültigen und in Art. 2 USG
ausdrücklich normierten Verursacherprinzip hat die Kosten von Massnahmen zu tragen, wer sie verursacht
hat. Diese Kostentragungspflicht ist von der durch das Störerprinzip geregelten Realleistungs- und
Duldungspflicht auseinanderzuhalten. Das Verursacherprinzip besagt nur, dass der Verursacher einer Massnahme
deren Kosten trägt, legt aber nicht fest, ob und durch wen Massnahmen zu treffen sind. Immerhin
ist die Person des Störers häufig mit jener des Verursachers identisch, das heisst der Störer
trägt grundsätzlich auch die Durchführungs- und Duldungskosten der Massnahmen. Auch die
Rechtsprechung knüpft häufig an den Störerbegriff an, wenn zu bestimmen ist, wer die Kosten
für Massnahmen zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands zu tragen hat (TSCHANNEN/ZIMMERLI,
a. a. O., § 54 Rz. 25 ff.; SEILER, Kommentar USG, Rz. 9, Rz. 30 sowie Rz. 65 [mit Hinweisen] zu
Art. 2 USG). Andere bundesrechtliche Bestimmungen, die Ausnahmen vom Verursacherprinzip enthalten, gehen
Art. 2 USG vor, wenn sie dem USG in der Normenhierarchie übergeordnet sind oder auf gleicher Stufe
stehen und gegenüber dem USG leges posteriores oder speciales sind (SEILER, Kommentar USG, Rz. 28
zu Art. 2 USG). Eine solche anderweitige Bestimmung sieht die Beschwerdeführerin in Art. 29 Abs.
1 RLG, wonach bei einem Zusammentreffen einer neuen Anlage mit einer bestehenden Rohrleitung sämtliche
damit verbundenen Kosten von der neuen Anlage zu tragen sind (sogenanntes Prioritätsprinzip; vgl.
E. 6.1).
7.2 Für die Rangordnung zwischen Normen der gleichen Erlassstufe sind zwei Regeln massgebend:
Der Vorrang der lex posterior gegenüber der lex prior sowie der Vorrang der lex specialis gegenüber
der lex generalis. Diese beiden Regeln führen im Falle eines älteren Spezialgesetzes zu widersprüchlichen
Ergebnissen; diesfalls muss durch Auslegung ermittelt werden, ob die lex-specialis-Regel oder die lex-posterior-Regel
Anwendung findet (SEILER, Kommentar USG, Rz. 8 zu Art. 3 USG). Eine solche Normenkollision setzt jedoch
in der Regel voraus, dass die betrachteten Normen die gleiche Regelungsstruktur haben; daran fehlt es,
wenn eine blosse Finalnorm mit einer unmittelbar anwendbaren Rechtsregel in Widerspruch steht, geht doch
diesfalls grundsätzlich letztere vor (SEILER, Kommentar USG, Rz. 15 ff. zu Art. 3 USG).
Art.
2 USG ist keine unmittelbar anwendbare Bestimmung, sondern bedarf einer gesetzlichen Konkretisierung,
um einem Verursacher Kosten auferlegen zu können. Spezialgesetzliche Ausnahmen vom Verursacherprinzip
gehen deshalb vor, auch wenn sie älter sind (SEILER, Kommentar USG, Rz. 31 zu Art. 3 USG). Soweit
jedoch das Umweltschutzgesetz jemandem die Pflicht zur Ergreifung der notwendigen Massnahmen auferlegt,
gilt dieser als Verursacher und hat nach Art. 2 USG die Kosten dieser Massnahmen grundsätzlich selber
zu tragen (URP 1996 S. 331, URP 1993 S. 87). Aus der der Beschwerdeführerin durch Art. 10 Abs. 1
USG auferlegten Massnahmenpflicht (vgl. E. 6.4) lässt sich daher (unter Vorbehalt anderweitiger,
dem Verursacherprinzip allenfalls vorgehender Kostenregelungen) in Verbindung mit Art. 2 USG eine hinreichend
konkrete Kostentragungspflicht ableiten.
7.3 Art. 2 USG und Art. 29 Abs. 1 RLG stehen somit in einem Normkonflikt, welcher gemäss
der lex-posterior-Regel grundsätzlich zugunsten des USG als dem jüngeren Erlass ausfallen muss.
Art. 29 Abs. 1 RLG kann jedoch unter Umständen Art. 2 USG vorgehen, wenn es sich um ein älteres
Spezialgesetz handelt. Ob das der Fall ist, kann nicht nach einer allgemeinen Regel beurteilt werden;
vielmehr ist insbesondere aufgrund einer Auslegung des neueren USG zu bestimmen, ob dadurch die ältere
Bestimmung von Art. 29 Abs. 1 RLG ausser Kraft gesetzt werden sollte oder nicht (vgl. auch BGE
123 II 534 E. 2c und E. 2d sowie BGE
96 I 485 E. 4 und E. 5).
7.3.1 Beim Vorrang der lex specialis ist zu beachten, dass die Feststellung, in welchem inhaltlichen
Verhältnis zwei Rechtsnormen zueinander stehen, oft bereits Ausdruck einer Wertung ist. Es handelt
sich dabei nicht um ein schematisch anwendbares Prinzip; massgeblich ist es nur, wenn aus dem Sinnzusammenhang
heraus eine Rechtsnorm im Verhältnis zu einer anderen Rechtsnorm als Sonderregelung zu verstehen
und zu behandeln ist (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a. a. O., Rz. 220). Art. 2 USG regelt (im Anwendungsbereich
von Art. 10 Abs. 1 USG) die Auferlegung von Kosten, welche durch Massnahmen zum Schutz der Umwelt anfallen,
und ist insofern lex specialis. Art. 29 Abs. 1 RLG wiederum betrifft zwar nur die Kostentragung bei einem
Zusammentreffen von Rohrleitungen mit anderen Anlagen (lex specialis), erfasst aber neben den Kosten
für Massnahmen zum Schutz der Umwelt auch solche zur Behebung von Beeinträchtigungen allgemeiner
(wohl vor allem baulicher) Natur (lex generalis). Unter diesen Umständen vermag aber die lex-specialis-Regel
zur Lösung des Normkonfliktes nichts beizutragen.
7.3.2 Sinn und Zweck des Umweltschutzgesetzes ist der Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen
und lästigen Einwirkungen. Im Sinne der Vorsorge sind diese Einwirkungen frühzeitig zu begrenzen
(vgl. Art. 1 USG). Dieses sogenannte Vorsorgeprinzip hat der Gesetzgeber im Bereich des Katastrophenschutzes
in Art. 10 Abs. 1 USG konkretisiert. Das Verursacherprinzip gemäss Art. 2 USG stellt zwar zunächst
ein Prinzip zur Anlastung der Kosten von Umweltschutzmassnahmen dar, entfaltet aber mittelbar auch verhaltenslenkende
Wirkung: Wer damit rechnen muss, für Massnahmen zur Begrenzung von Einwirkungen zur Kasse gebeten
zu werden, dürfte vermehrt darauf achten, schon die Einwirkungen zu vermeiden. Insofern wirkt das
Verursacherprinzip als Ergänzung zum Vorsorgeprinzip (PIERRE TSCHANNEN, Kommentar zum Umweltschutzgesetz,
Januar 2003 [nachfolgend: Kommentar USG], Rz. 42 zu Art. 1 USG). Unter diesem Blickwinkel entspricht
es auch Sinn und Zweck des USG, im Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1 USG das Verursacherprinzip gemäss
Art. 2 USG anzuwenden, um damit dem Vorsorgeprinzip zusätzlich Nachachtung zu verschaffen. Auch
Lehre und Rechtsprechung folgen (im Ergebnis) dieser Auffassung, betrachten sie doch die Kostentragungspflicht
als in der Massnahmenpflicht des Inhabers einer gefährlichen Anlage gemäss Art. 10 Abs. 1 USG
mitenthalten (vgl. E. 7.1 sowie E. 7.2.1 sowie SEILER, Kommentar USG, Rz. 35 ff. zu Art. 2 USG sowie
Rz. 39 und Rz. 141 zu Art. 10 USG).
7.4 Von diesem Ergebnis wäre allenfalls dann abzuweichen, wenn das jüngere USG ausdrücklich
andere Gesetze vorbehält oder darauf verweist (vgl. BGE
124 I 176 E. 5 c/bb). Art. 3 Abs. 1 USG besagt, dass strengere Vorschriften in anderen Gesetzen vorbehalten
bleiben. Daraus ergibt sich als Umkehrschluss, dass das USG vorgeht, wenn die andere (ältere) Norm
weniger streng ist. Diese Bestimmung enthält somit eine gesetzgeberische Grundentscheidung für
einen möglichst strengen Umweltschutz (vgl. auch SEILER, Kommentar USG, Rz. 9 f. zu Art. 3 USG).
Das Verursacherprinzip gemäss Art. 2 USG dient - wie vorstehend ausgeführt - im Anwendungsbereich
von Art. 10 Abs. 1 USG unter anderem der indirekten Verhaltenslenkung durch Kostenauferlegung und führt
damit zu einem besseren Katastrophenschutz als die Regelung in Art. 29 Abs. 1 RLG (welche die Kosten
gemäss dem Grundsatz der Priorität unter Umständen externalisiert, indem diese dem Betreiber
der neuen und nicht zwingend dem Inhaber der gefährlichen Rohrleitungsanlage auferlegt werden).
Art. 2 USG muss daher auch in dieser Hinsicht Vorrang haben.
7.5 Gestützt auf vorstehende Erwägungen hat das Verursacherprinzip gemäss Art.
2 USG im Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1 USG daher der Bestimmung von Art. 29 Abs. 1 RLG vorzugehen.
Die Beschwerdeführerin ist somit nicht nur verpflichtet, eine Studie über Varianten der Leitungsverlegung
zu erstellen, sondern muss auch die damit verbundenen Kosten tragen.
7.6 Anzufügen bleibt noch Folgendes: Die Beschwerdeführerin akzeptierte im Rahmen
des Plangenehmigungsverfahrens für den Bau der Hochdruckgasleitung im Februar 1979 die von der CIG
(Consortium de la nouvelle zone industrielle du Grand Fribourg [welchem auch die Gemeinde Givisiez angehört])
aufgestellten Forderungen, wonach sie die Kosten für die notwendigen Sicherheitsmassnahmen sowie
die aufgrund der Bautätigkeit der CIG allenfalls erforderliche Leitungsverlegung zu übernehmen
habe und sich der zukünftigen Planung in der Industriezone nicht widersetze (vgl. Plangenehmigungsverfügung
vom 27. Februar 1979, Ziff. 2.12). Auch die Privaten sind im Rechtsverkehr mit den staatlichen Behörden
an den Grundsatz von Treu und Glauben gebunden und dürfen sich nicht widersprüchlich verhalten;
entsprechendes Verhalten bleibt ohne Rechtsschutz (Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a. a. O., Rz. 712;
TSCHANNEN/ZIMMERLI, a. a. O., § 22 Rz. 19). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin ihre Zusagen
zwar nicht gegenüber einer Behörde, sondern gegenüber einem Dritten getätigt; weiter
kann nicht abschliessend beurteilt werden, ob damit auch Zusicherungen bezüglich der Industriezone
von Givisiez abgegeben wurden. Dessen ungeachtet zeigt das Verhalten der Beschwerdeführerin auf,
dass sie sich im Zeitpunkt des Baus ihrer Hochdruckgasleitung der Problematik der zukünftigen Bautätigkeit
in der näheren Umgebung der Leitung und der damit verbundenen Mehrkosten für zusätzliche
Schutzmassnahmen durchaus bewusst war. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Auferlegung der
Kosten auf sie gerechtfertigt.
8. Die Beschwerdeführerin kann jedoch nur dann zur Unterbreitung eines konkreten Vorschlages
für Sicherheitsmassnahmen technischer und/oder anderer Natur sowie zur Erstellung einer Studie über
Varianten der Leitungsverlegung und zur Übernahme der damit verbundenen Kosten verpflichtet werden,
wenn sich diese angeordneten Massnahmen als verhältnismässig erweisen.
8.1 Eine Verwaltungsmassnahme ist dann verhältnismässig, wenn sie geeignet und erforderlich
ist und in einem vernünftigen Verhältnis zu den Einschränkungen steht, die den Privaten
allenfalls auferlegt werden (TSCHANNEN/ZIMMERLI, a. a. O., § 21 Rz. 1). Angesichts der erheblichen
Unbestimmtheit von Art. 10 USG (vgl. E. 4.4) kommt dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit in
dessen Anwendungsbereich entscheidende Bedeutung zu. Als zusätzliche Sicherheitsmassnahmen können
Massnahmen angeordnet werden, welche geeignet und erforderlich sind, um das von einer Anlage ausgehende
Risiko auf ein tragbares Mass zu reduzieren. Die Behörde wird mit Vorteil Vorschläge des Anlageninhabers
einholen, da bei komplexen Anlagen ohne dessen spezifisches Fachwissen kaum erfolgsversprechende Detailanordnungen
durch Aussenstehende möglich sind (SEILER, Kommentar USG, Rz. 66 und Rz. 104 zu Art. 10 USG).
8.2 Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin in der angefochtenen Verfügung vorerst
nur verpflichtet, einen konkreten Vorschlag für eine Reduktion des von ihrer Anlage ausgehenden
Risikos zu unterbreiten, und in einem zweiten Schritt, unter Einbezug der involvierten Fachbehörden
eine Studie über Varianten der Leitungsverlegung zu erstellen. Bei diesen angeordneten Vorabklärungen
handelt es sich ohne weiteres um geeignete Vorkehren, um - zumindest mittelbar - eine Risikoreduktion
herbeizuführen, können doch gestützt auf die erzielten Ergebnisse konkrete Schutzmassnahmen
eingeleitet werden. Zugleich stellen diese Anordnungen eine mildere Massnahme dar, als wenn die Vorinstanz
von Anfang an und in verbindlicher Art und Weise konkrete (für die Beschwerdeführerin kostenintensivere)
Sicherheitsmassnahmen anordnen würde; damit sind auch die Anforderungen an die Eignung und Zumutbarkeit
eingehalten. Ob eine allfällige Verlegung der Hochdruckgasleitung (als ultima ratio) eine verhältnismässige
Lösung darstellt, braucht im vorliegenden Stadium, in welchem es nur die Verhältnismässigkeit
der angeordneten Vorabklärungen zu untersuchen gilt, nicht weiter geprüft zu werden.
9. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.