Auszug aus dem Urteil der Abteilung III i. S. santésuisse gegen Regierungsrat des Kantons Bern
und A.
C-6570/2007 vom 29. Mai 2009
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt nach Art. 24 KVG (nachfolgend
wird das KVG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung zitiert, da betreffend das materielle
Recht auf den Zeitpunkt der Verfügung abzustellen ist [vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX
UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich u. a. 2006, Rz. 326 f.]) die Kosten für
die Leistungen gemäss Art. 25-Art. 31 KVG nach Massgabe der in den Art. 32-Art. 34 KVG festgelegten
Voraussetzungen. Nach Art. 43 Abs. 4 KVG sind die entsprechenden Tarife und Preise in Verträgen
zwischen Versicherern und Leistungserbringern (Tarifverträgen) zu vereinbaren oder werden in den
vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt. Dabei ist auf eine
betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten. Die Vertragspartner
und die zuständigen Behörden achten darauf, dass eine qualitativ hoch stehende und zweckmässige
gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht wird (Art. 43 Abs. 6 KVG).
2.2 Parteien eines Tarifvertrags sind nach Art. 46 Abs. 1 KVG einzelne oder mehrere Leistungserbringer
oder deren Verbände einerseits, sowie einzelne oder mehrere Versicherer oder deren Verbände
andererseits. Der Tarifvertrag bedarf gemäss Art. 46 Abs. 4 KVG der Genehmigung der zuständigen
Kantonsregierung oder, wenn er in der ganzen Schweiz gelten soll, des Bundesrats (BR). Die zuständige
Genehmigungsbehörde - vorliegend, da der streitige Tarifvertrag für im Kanton Bern durchgeführte
stationäre Behandlungen gelten soll, der Regierungsrat des Kantons Bern - prüft, ob der Tarifvertrag
mit dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit in Einklang steht.
2.3 Bevor die Legislative oder Exekutive des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde einen
Preis festsetzt oder genehmigt, der von den Beteiligten an einer Wettbewerbsabrede oder von einem marktmächtigen
Unternehmen beantragt wird, hört sie nach Art. 14 Abs. 1 des Preisüberwachungsgesetzes vom
20. Dezember 1985 (PüG, SR 942.20) die Preisüberwachung an. Diese kann empfehlen, auf eine
Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis
zu senken. Dies gilt namentlich auch für die Genehmigung von Tarifverträgen und die hoheitliche
Festsetzung von Tarifen gemäss den Bestimmungen des KVG (Kranken- und Unfallversicherung: Rechtsprechung
und Verwaltungspraxis [RKUV] 6/1997 348). Die Preisüberwachung ist nicht verpflichtet, zu jedem
ihr unterbreiteten Tarif eine Stellungnahme abzugeben.
Der Regierungsrat hat vor der Tariffestsetzung
die Preisüberwachung konsultiert. Diese hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 auf die Abgabe einer
Empfehlung verzichtet. Die Kantonsregierung ist damit ihrer Konsultationspflicht nachgekommen.
2.4 Nach Art. 37 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) richtet
sich das Verfahren vor dem BVGer nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren
(VwVG, SR 172.021), sofern das VGG nichts anderes bestimmt. Die Beschwerdeführerin kann im Rahmen
des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung
des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie die Unangemessenheit
des Entscheids beanstanden (Art. 49 VwVG).
2.5 Streitig und vom BVGer zu prüfen ist, ob der bernische Regierungsrat mit seinem Beschluss
vom 29. August 2007 dem Tarifvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und A. zu Recht die Genehmigung
versagt hat hinsichtlich der von den Leistungserbringern zu Handen der Versicherung bekannt zu gebenden
Diagnose in der Eintrittsmeldung gemäss Musterformular in Anhang 2 einerseits, der Diagnose und
des Eingriffcodes gemäss Musterformular in Anhang 3 andererseits.
3. Die Krankenversicherer gelten im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung als
Bundesorgane im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz
(DSG, SR 235.1) i.V.m. Art. 3 Bst. h DSG (vgl. BGE
133 V 359 E. 6.4 mit Hinweisen). Diese dürfen nach Art. 17 Abs. 2 DSG besonders schützenswerte
Personendaten wie insbesondere Daten über die Gesundheit (Art. 3 Bst. c Ziff. 2 DSG) grundsätzlich
nur dann bearbeiten, wenn ein Gesetz im formellen Sinn es ausdrücklich vorsieht (vgl. zu den Ausnahmen,
in denen [lediglich im Einzelfall] von einer formell-gesetzlichen Grundlage abgesehen werden kann, Art.
17 Abs. 2 Bst. a-c DSG und hierzu insbes. YVONNE JÖHRI/MARCEL STUDER, Art. 17, in: Urs Maurer-Lambrou/Nedim
Peter Vogt [Hrsg.], Datenschutzgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2006, Rz. 47 ff.).
In einem
ersten Schritt ist deshalb nachfolgend zu prüfen, ob vorliegend eine rechtsgenügliche formell-gesetzliche
Grundlage besteht, damit tarifvertraglich die systematische Weitergabe durch den Leistungserbringer an
den Versicherer, der Diagnose im Rahmen der Eintrittsmeldung, der Diagnose und des Eingriffscodes im
Rahmen der Rechnungsstellung, vorgesehen werden kann.
3.1
3.1.1 Wie bereits erwähnt übernimmt nach Art. 24 KVG die obligatorische Krankenpflegeversicherung
nach Massgabe der in den Art. 32-Art. 34 KVG festgelegten Voraussetzungen die Kosten für Leistungen
gemäss Art. 25-Art. 31 KVG. Nach Art. 25 KVG trägt demnach der Versicherer namentlich die Kosten
für Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Ferner
übernimmt er unter jeweils bestimmten Voraussetzungen die Kosten für die medizinische Prävention
(Art. 26 KVG), für Geburtsgebrechen (Art. 27 KVG), Unfälle (Art. 28 KVG), Mutterschaft (Art.
29 KVG), straflosen Abbruch der Schwangerschaft (Art. 30 KVG) und für bestimmte zahnärztliche
Behandlungen (Art. 31 KVG).
Daraus ergibt sich, dass der Versicherer jeweils im Einzelfall prüfen
muss, ob er nach Art. 25 ff. KVG leistungspflichtig ist, und die entsprechenden Rechnungen zu kontrollieren
hat. Bei dieser Rechnungskontrolle geht es vor allem darum, die Übereinstimmung der einzelnen Positionen
der Honorarrechnungen mit den tarifvertraglichen Vereinbarungen sowie den für bestimmte Therapien
gesetzlich umschriebenen Vorgaben zu prüfen (Urteil des Bundesgerichts [BGer] K 39/95 vom 11. Juli
1996, teilweise veröffentlicht in: Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer [KSK] 1996,
S. 146). Darüber hinaus kann sich die Frage stellen, ob in Rechnung gestellte Leistungen überhaupt
erbracht worden sind, und ob allenfalls eine betrügerische Rechnungsstellung und damit ein strafbares
Verhalten vorliegt (zum Ganzen: GEBHARD EUGSTER, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher
Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 86 f.; siehe auch Urteil des BGer K 124/03 vom 16.
Juni 2004 E. 6.1.2).
3.1.2 Nach Art. 56 Abs. 1 KVG muss sich der Leistungserbringer in seinen Leistungen auf das
Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich
ist. Für Leistungen, die über dieses Mass hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden,
respektive kann eine zu Unrecht bezahlte Vergütung zurückgefordert werden (Art. 56 Abs. 2 KVG).
Entsprechend
setzt auch Art. 32 Abs. 1 KVG für die Übernahme der Kosten der im Rahmen der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung nach Art. 25-Art. 31 KVG erbrachten Leistungen neben der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit
auch deren Wirtschaftlichkeit voraus (siehe hierzu EUGSTER, a. a. O., S. 35 ff.; siehe auch GEBHARD EUGSTER,
Krankenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit,
2. Aufl., Basel u. a. 2007, insbes. Rz. 297 ff. [nachfolgend: Krankenversicherung]).
Der Versicherer
hat demnach die erbrachten Leistungen jeweils namentlich auf deren Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen.
3.2 Art. 84 Bst. c KVG befugt die mit der Durchführung, der Kontrolle oder der Beaufsichtigung
der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe, wozu auch die Krankenversicherer gehören
(siehe auch Botschaft des Bundesrates über die Anpassung und Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen
für die Bearbeitung von Personendaten in den Sozialversicherungen vom 24. November 1999 [BBl 2000
263]), die Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten und Persönlichkeitsprofile,
zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen, die sie benötigen, um die ihnen nach diesem Gesetz übertragenen
Aufgaben zu erfüllen, namentlich um Leistungsansprüche zu beurteilen sowie Leistungen zu berechnen
und zu gewähren. Gemäss Art. 84a Abs. 1 Bst. a KVG dürfen ferner Organe, die mit der Durchführung,
der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung des KVG betraut sind, Daten (in Abweichung
von Art. 33 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
[ATSG, SR 830.1) namentlich anderen entsprechend mit den Belangen des KVG betrauten Organen bekannt geben.
Hinsichtlich
der Weitergabe der Diagnose im Rahmen der Eintrittsmeldung (soweit vorhanden) erscheint damit - unter
der vorliegend erst im Rahmen der Verhältnismässigkeit zu prüfenden Voraussetzung, dass
die Diagnose im Sinne des Gesetzes benötigt wird, um die Leistungspflicht und die Wirtschaftlichkeit
zu beurteilen - eine formell-gesetzliche Grundlage gegeben.
3.3 Aufgrund von Art. 42 Abs. 3 KVG muss - spezialgesetzlich zu den oben erwähnten Bestimmungen
- der Leistungserbringer « dem Schuldner eine detaillierte und verständliche Rechnung zustellen.
Er muss ihm auch alle Angaben machen, die er benötigt, um die Berechnung der Vergütung und
die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen zu können. » Der Versicherer kann,
so sieht es Art. 42 Abs. 4 KVG vor, eine genaue Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer
Natur verlangen. Nach Art. 42 Abs. 5 KVG schliesslich ist der Leistungserbringer in begründeten
Fällen berechtigt und auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische
Angaben nur dem Vertrauensarzt des Versicherers nach Art. 57 KVG bekannt zu geben.
3.3.1 Die Vorinstanz - gestützt auf die Position des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten
(EDSB; ab 1. Juli 2006 Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter [EDÖB])
(siehe insbes. EDSB, TARMED und Datenschutz, Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten
vom 22. Juni 2004, S. 7 f. [im Folgenden: Bericht EDSB]; vgl. auch die Vernehmlassung des EDÖB vom
19. Juni 2008) - hatte dargelegt, dass der Gesetzgeber mit Art. 42 Abs. 3 und 4 KVG eine stufenweise
Bekanntgabe der Behandlungsdaten durch den Leistungserbringer vorgesehen habe. Mit Art. 42 Abs. 4 KVG
mache er deutlich, dass der Versicherer im Einzelfall, nach Eingang der Rechnung, über den Vertrauensarzt
zusätzliche Angaben einverlangen könne (siehe auch EDSB, 10. Tätigkeitsbericht 2002/2003,
S. 50 f.; BRUNO BAERISWYL, Entwicklungen und Perspektiven des Datenschutzes in öffentlich-rechtlichen
Krankenhäusern - Erfahrungen aus dem Kanton Zürich, in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas
Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001, S. 62; vgl. auch die entsprechenden
Hinweise bei GEBHARD EUGSTER/RUDOLF LUGINBÜHL, Datenschutz in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung,
in: Barbara Hürlimann/Reto Jacobs/Tomas Poledna [Hrsg.], Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich
2001, S. 102 f., sowie bei PETER MEIER, Wieviel muss oder darf die Krankenkasse wissen?, Schweizerische
Ärztezeitung 2004, S. 1164 f.).
Dies schliesse folglich die systematische Weitergabe von Behandlungsdaten
und Diagnosen in detaillierter Form an die Verwaltung des Versicherers aus.
3.3.2 Hinsichtlich der Weitergabe der Diagnose und des Eingriffscodes im Rahmen der Rechnungsstellung
ist deshalb fraglich, ob der spezialgesetzliche Art. 42 Abs. 4 KVG, wonach der Versicherer eine genaue
Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen kann, als Präzisierung
zu Art. 42 Abs. 3 KVG zu verstehen ist, wonach der Leistungserbringer dem Versicherer eine detaillierte
und verständliche Rechnung zustellen muss, und ihm alle Angaben machen muss, die dieser benötigt,
um die Berechnung der Vergütung und die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen zu
können - und somit eine formell-gesetzliche Grundlage für die systematische Weitergabe der
Diagnose und des Eingriffscodes mit der Rechnungsstellung an die Verwaltung des Versicherers besteht
- oder ob vielmehr entsprechende (medizinische) Auskünfte, soweit erforderlich, lediglich in einem
der Rechnungsstellung nachfolgenden zweiten Schritt, über den Vertrauensarzt des Versicherers, einverlangt
werden können.
3.3.3 Nach Art. 42 Abs. 5 KVG ist der Leistungserbringer in begründeten Fällen berechtigt
und auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische Angaben nur dem Vertrauensarzt
des Versicherers bekannt zu geben. Versicherer und Leistungserbringer können in den Tarifverträgen
laut Art. 59 Abs. 2 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV, SR 832.102)
vereinbaren, welche Angaben und Diagnosen in der Regel nur dem Vertrauensarzt des Versicherers bekannt
zu geben sind (vgl. auch Bericht EDSB, S. 8, wonach es sich empfehle, die Umsetzung gewisser gesetzlicher
Vorgaben des KVG in einem Tarifvertrag zu konkretisieren). Die Bekanntgabe der Diagnose richtet sich
- wie dies Art. 59 Abs. 2 KVV explizit festhält - im Übrigen nach Art. 42 Abs. 4 (und 5) KVG,
wonach der Versicherer eine Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen
kann.
Nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes stellt somit die Bekanntgabe medizinischer
Daten an den Vertrauensarzt den Ausnahmefall dar, die Weitergabe an die Verwaltung des Versicherers die
Regel (vgl. auch die Botschaft des Bundesrates über die Revision der Krankenversicherung vom 6.
November 1991 [BBl 1991 I 171]; EUGSTER/LUGINBÜHL, a. a. O., S. 100 f.). Entsprechend ist es zulässig,
dass die medizinischen Auskünfte - wie im hier zu beurteilenden Tarifvertrag - grundsätzlich
der Verwaltung des Versicherers bekannt zu geben sind, und nicht systematisch dem Vertrauensarzt.
3.3.4
3.3.4.1 Wie die Vorinstanz richtig darlegte, müssen die medizinischen Angaben, die der
Versicherer zur Prüfung des Leistungsanspruchs und der Wirtschaftlichkeit benötigt, von Gesetzes
wegen nicht zwingend auf der Rechnung figurieren; vielmehr genügt den Anforderungen des Gesetzes,
wenn die Daten nur auf Antrag, im Rahmen von Art. 42 Abs. 4 KVG, bekannt zu geben sind.
Umgekehrt
schliesst allerdings der Wortlaut von Art. 42 Abs. 3 und 4 KVG ein solches automatisiertes Vorgehen (soweit
es tarifvertraglich vereinbart wurde) auch nicht aus (EUGSTER/LUGINBÜHL, a. a. O., S. 101).
3.3.4.2 In Art. 59 KVV regelt der BR, entsprechend dem Auftrag von Art. 42 Abs. 3 KVG, die
Einzelheiten der Rechnungstellung. Nach Art. 59 Abs. 1 KVV haben die Leistungserbringer in ihren Rechnungen
folgende Angaben zu machen: a) Kalendarium der Behandlungen; b) erbrachte Leistungen im Detaillierungsgrad,
den der massgebliche Tarif vorsieht; c) Diagnosen im Rahmen von Abs. 2; dieser bestimmt seinerseits,
dass tarifvertraglich vereinbart werden kann, welche Angaben und Diagnosen in der Regel nur dem Vertrauensarzt
bekannt zu geben sind, und dass sich die Weitergabe der Diagnose ferner nach Art. 42 Abs. 4 und 5 KVG
richtet.
Somit geht die bundesrätliche Verordnung zu Art. 42 KVG - in Einklang mit dem gesetzlichen
Wortlaut - davon aus, dass die systematische Weitergabe bestimmter medizinischer Auskünfte, insbesondere
der Diagnose und der erbrachten Leistungen, tarifvertraglich vereinbart werden kann (siehe auch ISABELLE
HÄNER, Datenschutz in der Krankenversicherung, DIGMA 2003, S. 148; EUGSTER/LUGINBÜHL, a. a.
O., S. 109; UELI KIESER, Leistungserbringer in der Krankenversicherung, Schweizerische Juristen-Zeitung
2003, S. 581). Die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen Vereinbarung ergibt sich
folglich auch aus einer systematischen Zusammenschau des Gesetzes mit der Verordnung.
3.3.4.3 Die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelung erschliesst
sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des BGer in BGE
133 V 359 (zu diesem Urteil kurz URSULA UTTINGER, Empfehlungen des EDÖB vom 17. April 2007 und
Urteil des BGer K 12/06 vom 21. März 2007, Haftung und Versicherung 2007, S. 256 f.) und daran anschliessenden
Praktikabilitätsüberlegungen: Das BGer hielt in diesem Urteil fest, dass ein Krankenversicherer
zwecks Durchführung der Wirtschaftlichkeitskontrolle (in casu betreffend Pflegeheime) vom Leistungserbringer
die nicht bereits mit der Rechnung eingereichten medizinischen Auskünfte, die sich für die
Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer Leistung als notwendig erweisen, namentlich Pflegeberichte
und Vitalzeichenkontrollen zur Überprüfung der Einreihung in eine bestimmte Pflegebedarfsstufe,
einverlangen könne, ohne dass es hierzu einer Begründung bedürfte.
Erwiese sich -
wie nachfolgend im Rahmen der Ausführungen über das Verhältnismässigkeitsprinzip
noch zu prüfen sein wird - die Diagnose und der Eingriffscode zur Prüfung der Leistungspflicht
oder der Wirtschaftlichkeit regelmässig als notwendig, so stellte es vor dem Hintergrund dieser
Rechtsprechung für die Versicherer einen grossen und kaum zu begründenden administrativen Mehraufwand
dar, wenn diese Angaben zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben in jedem Einzelfall
(bzw. in jedem Fall, in dem sie eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen möchten, vgl. hierzu
nachfolgend) nachverlangt werden müssten, zumal diese Gesuche keiner Begründung bedürften.
Für
die Zulässigkeit einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelung sprechen somit auch Praktikabilitätsgründe.
3.3.4.4 Schliesslich spricht auch die Botschaft des Bundesrates über die Revision der
Krankenversicherung vom 6. November 1991 (BBl 1991 I 118) zumindest nicht gegen die tarifvertragliche
Vereinbarung der systematischen Weitergabe bestimmter medizinischer Auskünfte. Vielmehr wird darin
lediglich festgehalten, dass die Versicherungsträger das Recht (zu ergänzen wäre: und
auch die Pflicht) haben, die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit zu kontrollieren, namentlich
indem sie die Bekanntgabe der ärztlichen Diagnose verlangen können.
3.3.4.5 Eine entsprechende systematische Weitergabe der Diagnosen und von Tarifpositionen
sieht überdies auch der (auf denselben Rechtsgrundlagen beruhende) Rahmenvertrag TARMED zwischen
santésuisse und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte vom 5. Juni 2002 vor,
welcher vom BR am 30. September 2002 genehmigt worden ist. Gemäss dieser Vereinbarung müssen
die Rechnungen (unter anderem) ein Kalendarium der Leistungen, der äusserst detaillierten Tarifpositionen
mit Nummer und Bezeichnung, sowie die Diagnosen nach dem vereinbarten Diagnosecode (zur Zeit: Diagnosecode
für ambulante Behandlungen gemäss Anhang 4 zum Rahmenvertrag) enthalten.
3.3.4.6 Insgesamt ist somit Art. 42 Abs. 3 und 4 KVG i.V.m. Art. 84 und Art. 84a KVG - welche
(gemeinsam mit den weiteren einschlägigen unten zitierten Bestimmungen), wie nachfolgend dargestellt
wird, insbesondere auch die Verhältnismässigkeit der entsprechenden Massnahme erfordern - an
sich als genügende formell-gesetzliche Grundlage für die tarifvertragliche Vereinbarung der
systematischen Weitergabe der Diagnose und des Eingriffscodes mit der Rechnungsstellung zu erachten.
4. Der Gesetzgeber räumt den Vertragsparteien somit einen erheblichen Spielraum bei der
Ausgestaltung des Tarifvertrages ein und belässt ihnen namentlich die Möglichkeit, die systematische
Weitergabe bestimmter medizinischer Auskünfte mit der Eintrittsmeldung oder der Rechnungsstellung
zu vereinbaren. Dabei haben die Vertragsparteien jedoch - zusätzlich zu den zwingenden Bestimmungen
des KVG - insbesondere auch die allgemeinen verfassungs-, verwaltungs- und sozialversicherungsrechtlichen
Prinzipien zu respektieren, wozu (als Ausfluss des durch Art. 13 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101] grundrechtlich geschützten Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung der Versicherten) auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen gehören (siehe EUGSTER/LUGINBÜHL,
a. a. O., S. 101).
Insbesondere ist demnach bei der Bearbeitung von Personendaten der Grundsatz
der Verhältnismässigkeit zu beachten, wie dies auch in Art. 4 Abs. 2 DSG explizit festgehalten
ist (vgl. auch Art. 5 Abs. 2 BV und, hinsichtlich der Einschränkung von Grundrechten, Art. 36 Abs.
3 BV). Gemäss diesem Grundsatz muss eine Massnahme geeignet und notwendig sein, um das angestrebte
Ziel zu erreichen, und der angestrebte Zweck muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen
stehen, die den Privaten auferlegt werden (vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a. a. O., Rz. 581 ff.
mit Hinweisen).
Die Auskunftspflicht der Leistungserbringer gegenüber den Versicherern kann
sich somit nur auf Angaben erstrecken, die objektiv erforderlich und geeignet sind, um die Leistungspflicht
und die Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen überprüfen zu können, und sie muss
ferner zu diesem Zweck in einer vernünftigen Relation stehen (siehe BGE
131 II 413 E. 2.5; Urteil des BGer K 90/01 vom 27. November 2001 E. 2c; EUGSTER/LUGINBÜHL, a.
a. O., S. 81; BAERISWYL, a. a. O., S. 62 f.; JEAN-LOUIS DUC, Quelques considérations sur le secret
médical, la collecte des données relatives à la santé ainsi qu'à l'incapacité
de travail et les médecins-conseils dans les assurances sociales, in: Jean-Louis Duc [Hrsg.], Etudes
de droit social, Genf 2001, S. 64; THOMAS EICHENBERGER, Löcher im Datenschutz der Krankenversicherer,
Schweizerische Ärztezeitung 2006, S. 505; HÄNER, a. a. O., S. 147).
4.1 Vorliegend kollidieren die Datenschutzinteressen der Versicherten mit dem Interesse der
Versicherer an der Verfügbarkeit medizinischer Daten zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen
Pflichten, insbesondere der Prüfung und Berechnung ihrer Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeitskontrolle.
Überdies kann auch der einzelne Versicherte als Patient über ein Interesse daran verfügen,
dass der Versicherer notwendigenfalls auf die medizinischen Leistungen Einfluss nehmen und beispielsweise
bei nicht erfolgsversprechenden (Über-)behandlungen eingreifen kann. Ferner besteht auch ein öffentliches
Interesse, den administrativen Aufwand der Leistungserbringer und der Versicherer in einem vernünftigen
Mass zu halten, und deren Leistungen auf den gesetzlich geschuldeten Umfang zu beschränken, um so
einen weiteren steten Anstieg der Krankenkassenprämien zu vermeiden (HÄNER, a. a. O., S. 146).
4.2
4.2.1 Die Vorinstanz bringt mit Verweis auf den EDÖB vor, dass im Rahmen der Eintrittsmeldung
die Diagnose beziehungsweise im Rahmen der Rechnungsstellung der Eingriffscode und die Diagnose grundsätzlich
nicht erforderlich seien. Wenn der Versicherer aufgrund der auf der Rechnung enthaltenen Informationen
zum Schluss komme, dass der Rechnungsbetrag ungewöhnlich hoch sei, könne er ja gemäss
Art. 42 Abs. 4 KVG von den Leistungserbringern die entsprechenden medizinischen Auskünfte einverlangen,
wobei diese Zusatzinformationen dem Vertrauensarzt bekannt zu geben seien. So werde sichergestellt, dass
keine Daten fliessen, welche die Versicherung nicht auch tatsächlich für die Prüfung der
Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit im Einzelfall benötige. Sobald es hingegen nicht mehr
um die Überprüfung der Rechnung gehe, sondern um die Abklärung der Frage, ob die Leistungserbringer
wirtschaftlich arbeiteten, brauche es keine personenbezogenen medizinischen Angaben mehr. Diese Beurteilung
könne auf der Basis pseudonymisierter Angaben erfolgen.
4.2.2 Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlichen Tätigkeit nach Art. 56
KVG kann einerseits nach einer statistischen Methode erfolgen (Durchschnittskostenvergleich), andererseits
aber auch nach einer analytischen Methode (Einzelfallprüfung), oder schliesslich nach einer Kombination
beider Methoden (BGE 119
V 454 E. 4d; vgl. auch CHRISTIAN SCHÜRER, Honorarrückforderung wegen Überarztung bei
ambulanter ärztlicher Behandlung - Materiellrechtliche Aspekte, in: René Schaffhauser/Ueli
Kieser [Hrsg.], Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, St. Gallen 2001, S. 78 ff.;
EUGSTER, a. a. O., insbes. S. 74 ff.). Nach der (anlässlich der Beurteilung ambulanter Leistungen)
etablierten Rechtsprechung des BGer ist die statistische Methode der analytischen wo möglich vorzuziehen.
Die analytische Methode gelangt im allgemeinen nur dann zur Anwendung, wenn es an zuverlässigen
Angaben für einen Durchschnittskostenvergleich fehlt (Urteil des BGer K 150/03 vom 18. Mai 2004
E. 6.1).
Die Methodenwahl ist jedoch letztlich eine Frage der Zweckmässigkeit und steht im
Ermessen der Prüfinstanzen (siehe nur EUGSTER, a. a. O., S. 87 mit Hinweisen auf Rechtsprechung
und Lehre).
4.2.3 Die Wirtschaftlichkeitskontrolle nach der statistischen Methode setzt namentlich voraus,
dass sich das Vergleichsmaterial hinreichend ähnlich zusammensetzt. Hinsichtlich der ambulanten
Behandlungen frei praktizierender Ärzte bedeutet dies, dass die wesentlichen Merkmale der Praxen
der Vergleichsgruppe untereinander und mit der Praxis des geprüften Arztes übereinstimmen müssen,
die Vergleichsgruppe eine Mindestgrösse mit einer Mindestzahl von Krankheitsfällen aufweisen
muss, der Vergleich sich über einen genügend langen Zeitraum erstrecken und beim geprüften
Arzt eine ausreichend grosse Zahl von Behandlungsfällen einbezogen werden muss (zum Ganzen ausführlich
EUGSTER, a. a. O., S. 138 ff.; siehe auch kurz EUGSTER, Krankenversicherung, Rz. 793 mit Hinweisen).
An
die qualitative Zusammensetzung der Vergleichsgruppe sind - da sich sonst eben kein aussagekräftiger
Vergleich anstellen lässt - hohe Ansprüche zu stellen. In quantitativer Hinsicht wird in der
Literatur - im Gegensatz zur Praxis des BGer, die in den Erwartungen an die Grösse einer Vergleichsgruppe
bescheidener ist - gut begründet vertreten, dass die Zahl von zehn Vergleichspraxen in keinem Fall
unterschritten werden sollte (EUGSTER, a. a. O., S. 169 ff. mit zahlreichen Hinweisen, auch zur Praxis
des BGer).
4.2.4 Im stationären Bereich setzt die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit mittels statistischer
Methode nach Ansicht des BVGer in qualitativer Hinsicht namentlich voraus, dass die Vergleichsgruppen
insbesondere ein vergleichbares Leistungsangebot und Patientengut umfassen (vgl. RKUV 3/2002 195). So
gebietet doch der Grundsatz der Rechtsgleichheit, dass die Leistungen und Kosten innerhalb der Vergleichsgruppe
der Spitäler (derselben Versorgungsstufe) anhand bestimmter Kriterien fassbar und vergleichbar sind,
so insbesondere hinsichtlich Diagnostik und Therapie, Zahl und Art sowie Schweregrad der Fälle.
Die Erfahrung mit Vergleichen zwischen Spitälern zeigt, dass sich daraus schlüssige Vergleiche
nicht durch eine blosse Gegenüberstellung der Tarife gewinnen lassen (vgl. hinsichtlich des [diesbezüglich
vergleichbaren] Benchmarkings gestützt auf Art. 43 Abs. 4 und 6 KVG in: RKUV 3/2005 159).
4.2.5 Aufgrund der wie aufgezeigt hohen Anforderungen insbesondere an die hinreichende Vergleichbarkeit
geht das BVGer davon aus, dass bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit stationärer Leistungen
grundsätzlich nach der analytischen Methode (Einzelfallprüfung), allenfalls durch eine genügend
grosse Anzahl von (gezielten) Stichproben (zur Stichprobenkontrolle vgl. BGE
133 V 359 E. 8.1), vorgegangen werden muss, und die aufwändige statistische Methode nur im Ausnahmefall
anwendbar ist.
4.2.6 Entsprechend hat die vorliegend zu beurteilende Prüfung der Wirtschaftlichkeit
(sowie die Prüfung der Rechnungsstellung) im Einzelfall nach Ansicht des BVGer regelmässig
bereits im Rahmen der Eintrittsmeldung respektive der Rechnungsstellung zu erfolgen.
Laut Art. 5
des hier zu beurteilenden Tarifvertrags melden die Leistungserbringer den Versicherern die Eintritte,
Wiedereintritte und Verlängerungen der Spitalaufenthalte der Patienten auf dem durch die Vertragsparteien
vereinbarten Formular gemäss Anhang 2 und verlangen eine Kostengutsprache. Die Versicherer können
innerhalb von drei Arbeitstagen gegenüber dem Spital eine Kostengutsprache schriftlich begründet
ablehnen. Nach dieser Frist gilt die Kostengutsprache als erteilt (unter Vorbehalt von Nichtpflichtleistungen).
Ohne anders lautende Informationen des Versicherers wird Kostengutsprache für 30 Tage erteilt.
Gemäss
dieser hier zu beurteilenden vertraglichen Vereinbarung soll demnach die Wirtschaftlichkeitskontrolle
(nach der analytischen Methode) - in Einklang mit den oben aufgezeigten Grundlagen - wo möglich
bereits im Stadium der Eintrittsmeldung durchgeführt werden.
4.2.7 Eine Einzelfallprüfung anhand der in einem bestimmten Zeitraum ergangenen Rechnungen
kann sich nach der Rechtsprechung des BGer nicht auf eine blosse Rechnungskontrolle beschränken,
sondern hat sich auch darauf zu erstrecken, ob der Behandlungsaufwand unter Berücksichtigung des
Krankheitsbildes und des angestrebten Heilerfolges notwendig und vertretbar war (Urteil des BGer K 39/95
vom 11. Juli 1996, teilweise veröffentlicht in: KSK 1996 S. 146; vgl. auch SCHÜRER, a. a. O.,
S. 78).
Sie setzt nach der Rechtsprechung des BGer voraus, dass für jeden Einzelfall Kenntnis
über die Diagnose, die durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen sowie das angestrebte
diagnostische und therapeutische Ziel besteht (so explizit Urteil des BGer K 108/01 vom 15. Juli 2003
E. 6.2, Urteil des BGer K 107/01 vom 13. Mai 2003 E. 6.2.1 mit Hinweisen). In BGE
133 V 359 schliesslich erachtete das BGer (hinsichtlich der Pflegebedarfseinstufung in Pflegeheimen)
Pflegeberichte und Vitalzeichenkontrollen als adäquate Grundlage zur Wirtschaftlichkeitskontrolle.
Nach
Ansicht des BVGer erweisen sich die Diagnose und der Eingriffscode somit als geeigneter und adäquater
Ausgangspunkt zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit (siehe auch die Ausführungen von EUGSTER,
a. a. O., S. 82 f., zur « gemilderten Einzelfallprüfung »).
Sollte sich anhand dieser
Ausgangsinformationen zeigen, dass weitere medizinische Auskünfte erforderlich sind, so könnten
diese im Rahmen von Art. 42 Abs. 4 und 5 KVG - gegebenenfalls über den Vertrauensarzt - einverlangt
werden.
4.3 Bereits aufgrund der gleichzeitigen Übermittlung der Eintrittsmeldung und der Diagnose
respektive der Rechnung und der Diagnose und dem Eingriffscode dürfte sich eine Anonymisierung beziehungsweise
Pseudonymisierung der medizinischen Daten in der Regel als nicht praktikabel erweisen. Zudem ist der
Versicherer insbesondere in einem System von Fallkostenpauschalen darauf angewiesen, über eventuelle
mehrfache Hospitalisationen in ein und demselben Fall orientiert zu sein, was bedingt, dass der Versicherte
identifizierbar sein muss. Eine entsprechende Notwendigkeit wiesen auch die in das Gutachten des Datenschützers
eingebundenen Krankenversicherer nach (Bericht EDSB, S. 10 f.).
Anders stellt sich die Lage bei
der vom Bundesamt für Statistik erstellten medizinischen Statistik der Krankenhäuser nach Art.
43 Abs. 4 und 6 KVG dar, welche den Tarifpartnern und den zuständigen Behörden die Durchführung
von Vergleichen zwischen den Spitälern ermöglicht, um im Rahmen von Tariffestsetzungsverfahren
die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungen (global) zu überprüfen (E. 4.2.4).
Vor dem Hintergrund des « patientenübergreifenden » Zwecks dieser Statistik erweist sich
hierbei eine Anonymisierung der Personendaten aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips als
angebracht und ohne weiteres möglich (vgl. hierzu kurz BAERISWYL, a. a. O., S. 64 f.). Aufgrund
des unterschiedlichen Zwecks und Hintergrunds dieser Statistik kann jedoch hieraus für den vorliegend
zu beurteilenden Fall, der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Rechnungskontrolle im Einzelfall,
gerade nicht derselbe Schluss gezogen werden.
4.4 Aus diesen Gründen erweist sich somit die tarifvertragliche Vereinbarung der systematischen
Weitergabe von Diagnosen mit der Eintrittsmeldung respektive von Diagnosen und von Eingriffscodes mit
der Rechnung, in der Regel in nicht anonymisierter Form (zumindest hinsichtlich Einzelfallprüfungen),
an sich nicht als unverhältnismässig.
5. Im vorliegend zu prüfenden Vertrag haben die Tarifpartner vereinbart, dass die Leistungserbringer
im Rahmen der Eintrittsmeldung die (Eintrittsindikation oder) -diagnose anzugeben und dem Versicherer
weiterzugeben haben, sowie im Rahmen der Rechnungsstellung die « Diagnose gemäss Artikel 42
Absatz 4 KVG » sowie den « Eingriffs-Code gemäss ICD-9-Code (CHOP-2) ». Nachfolgend
ist deshalb zu prüfen, ob hiermit eine genügend präzise vertragliche Vereinbarung besteht,
welche in concreto den Ansprüchen des Verhältnismässigkeitsprinzips und insbesondere dem
Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs genügt.
5.1
5.1.1 Nach dem Wortlaut von Art. 42 Abs. 5 KVG ist der Leistungserbringer in begründeten
Fällen berechtigt und auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische
Angaben nur dem Vertrauensarzt bekannt zu geben. Entgegen dem Wortlaut der ersten Tatbestandsvariante
ist aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips davon auszugehen, dass - sofern notwendig -
die medizinischen Auskünfte zwingend an den Vertrauensarzt erfolgen müssen.
Als notwendig
erweist sich die Weitergabe medizinischer Auskünfte an den Vertrauensarzt bei « heiklen »
beziehungsweise von einem (erheblichen) Teil der Bevölkerung als stigmatisierend empfundenen Krankheiten.
So drängt sich die Weitergabe an den Vertrauensarzt beispielsweise auf bei bestimmten psychischen
Erkrankungen, Geschlechtskrankheiten oder bei Folgeschäden nach Suizidversuchen. Den Leistungserbringern
kommt hierbei ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. In Zweifelsfällen ist der Weg über
den Vertrauensarzt einzuschlagen (siehe auch betreffend TARMED MEIER, a. a. O., S. 1160).
5.1.2 Der Versicherte muss - bspw. im Rahmen der von ihm auszufüllenden Eintrittsdokumentation
- ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er gemäss Art. 42 Abs. 5 KVG die Weitergabe
der medizinischen Angaben an den Vertrauensarzt verlangen kann (siehe auch EUGSTER/LUGINBÜHL, a.
a. O., S. 99, wonach der Leistungserbringer verpflichtet ist, den Patienten über die Anfrage des
Krankenversicherers zu informieren, wenn der Patient ein mögliches Interesse an der Weitergabe der
Information nur an den Vertrauensarzt haben könnte).
5.1.3 Um Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung zu vermeiden, erweist es sich als zwingend,
die Modalitäten hinsichtlich der Weitergabe bestimmter Daten an den Vertrauensarzt (bspw. durch
die Etablierung einer nicht abschliessenden Aufzählung) sowie der Information der Patienten über
ihre diesbezüglichen Rechte auf tarifvertraglicher Ebene, gemäss beziehungsweise in Analogie
zu Art. 59 Abs. 2 KVV, zu regeln.
5.2 Ferner regelt der hier zu beurteilende Vertrag nicht, ob, gegebenenfalls in welcher Form
und wie lange die fraglichen medizinischen Daten aufbewahrt werden sollen. Dem BVGer erscheint es jedoch
unverhältnismässig, die personenbezogenen medizinischen Daten unbeschränkt und in der
ursprünglichen Form aufzubewahren, so dass die Vertragsparteien entsprechende Regelungen vorzusehen
haben (vgl. auch Art. 59 Abs. 1ter KVV in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung).
5.3 Das Verhältnismässigkeitsprinzip erfordert ferner, dass die Diagnosen nur in
der Art und dem Detaillierungsgrad weitergegeben werden, wie dies der Zweck, das heisst namentlich die
Prüfung der Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit durch die Versicherer im Hinblick auf ein
wirtschaftliches Gesundheitssystem, erfordert.
5.3.1 Weitergegeben dürfen deshalb insbesondere nur Diagnosen, die im Rahmen der erbrachten
Leistung relevant sind, die also im Zusammenhang mit der Behandlung stehen (vgl. auch die entsprechende
Stellungnahme des EDSB im Bericht EDSB, S. 10).
5.3.2 Die Codierung von Diagnosen hat - im Gegensatz zu Klartextdiagnosen - den Vorteil, dass
damit eine Standardisierung erreicht werden kann, und somit insbesondere auch Vergleiche ermöglicht
werden (siehe EUGSTER/LUGINBÜHL, a. a. O., S. 106). Ferner könnten nicht mit den Dossiers betraute
Personen aus den Codes weniger leicht auf die entsprechende Diagnose schliessen. Aus datenschützerischer
Sicht ist deshalb eine Codierung vorzusehen.
5.3.3 Durch die Weitergabe sehr unbestimmter, allgemeiner Diagnosen (beispielsweise: «
orthopädische Erkrankung ») können die Versicherer die ihnen gesetzlich übertragenen
Aufgaben, die Prüfung ihrer Leistungspflicht und der Wirtschaftlichkeit, nicht erfüllen. Hingegen
könnte durch die Weitergabe sehr präziser Diagnosen, insbesondere soweit sie Rückschlüsse
auf die soziale Situation erlauben, bestimmte Verhaltensweisen kennzeichnen oder von einem Teil der Bevölkerung
als stigmatisierend empfunden werden, das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt werden. Namentlich
enthalten auch diverse Diagnosen der ICD-Codierung Angaben über Einflüsse aus dem familiären
oder beruflichen Umfeld (vgl. auch EUGSTER/LUGINBÜHL, a. a. O., S. 106 f.; HÄNER, a. a. O.,
S. 149).
5.3.4 Es obliegt deshalb den Tarifpartnern, im Vertrag die Art und den Detaillierungsgrad
der Diagnosen - bspw. entsprechend dem Diagnosecode, wie er für die ambulanten Behandlungen in Anhang
4 zum TARMED Rahmenvertrag vereinbart und aktuell verwendet wird - umfassend zu regeln. Generell lässt
sich diesbezüglich sagen, dass, je höher der Detaillierungsgrad einer Diagnose ist, desto höhere
Anforderungen auch an die « flankierenden Massnahmen » wie beispielsweise die Weitergabe der
Daten an den Vertrauensarzt zu stellen sind.
5.3.5 Analog ist auch die Weitergabe des Eingriffscodes gemäss der Schweizerischen Operationsklassifikation
ICD-9 (CHOP-2) vertraglich zu präzisieren, insbesondere hinsichtlich des Einbezugs des Vertrauensarztes
und der Aufbewahrung der Daten.
Die Zulässigkeit der Weitergabe des Eingriffscodes in der Form
des ICD-9 (CHOP-2), welcher (wie jedoch namentlich auch die mit dem TARMED eingeführte Tarifstruktur)
eine sehr detaillierte und präzise Struktur vorgibt, wird nur dann bejaht werden können, wenn
sie von entsprechend gut greifenden flankierenden Massnahmen begleitet wird.
6. Es ergibt sich somit aufgrund der vorstehenden Erwägungen, dass die Weitergabe der
Diagnose und des Eingriffscodes mit der Eintrittsmeldung respektive mit der Rechnungsstellung - im Rahmen
insbesondere des Verhältnismässigkeitsprinzips und der übrigen datenschutzrelevanten Bestimmungen
- nur dann zulässig ist, wenn deren genaue Ausgestaltung gemäss dem Prinzip des geringstmöglichen
Eingriffs von den Parteien tarifvertraglich geregelt wird.
7. Vorliegend besteht kein Anlass, den vom Regierungsrat mit Beschluss vom 29. August 2007
genehmigten Teil des Vertrages (zur Zulässigkeit einer Teilgenehmigung, soweit dies zwischen den
Parteien unbestritten ist, vgl. den [unveröffentlichten] Entscheid des BR vom 1. Juli 1998 i. S.
Festsetzung eines Pflegeheimtarifs im Kanton Thurgau, E. 2) einer fundierten gerichtlichen Prüfung
zu unterziehen, so dass dieser genehmigte Teil mit dem vorliegenden Urteil in Rechtskraft erwachsen wird.
8. Zusammengefasst erweist sich somit der angefochtene Regierungsratsbeschluss Nr. 1445 vom
29. August 2007, mit dem insbesondere die fraglichen Bestimmungen zur Weitergabe der Diagnose beziehungsweise
des Eingriffscodes an die Versicherer nicht genehmigt worden sind, im Ergebnis (nicht aber in der Begründung)
als richtig. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
9. - 9.2 (...)
10. Aufgrund von Art. 83 Bst. r des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110)
kann gegen diesen Entscheid keine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das BGer
geführt werden (wobei sich der dortige Verweis auf Art. 34 VGG als gesetzgeberisches Versehen erweist,
wurde doch diese Bestimmung per 1. Januar 2009 durch Ziff. II des BG vom 21. Dezember 2007 [Spitalfinanzierung]
aufgehoben und durch Art. 53 Abs. 1 KVG und Art. 90a KVG abgelöst [beide eingefügt gemäss
Ziff. I des BG vom 21. Dezember 2007]).