Öffentliches Beschaffungswesen. Aufhebung
eines Zuschlags. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer). Anspruch auf gerichtliche
Beurteilung aus Rechtsweggarantie und EMRK.
Art. 2 Abs. 3 Satz 4 und Art. 5 Abs. 1 Bst. b BoeB.
Art. 29a
und Art. 27
BV. Art. 6 Ziff. 1
EMRK.
1. Die Beschwerde an das BVGer ist nach der Konzeption
des BoeB nur in dessen Geltungsbereich zulässig (E. 2.1).
2. Anhang 1 Annex 4 des GATT/WTO-Übereinkommens
über das öffentliche Beschaffungswesen (nachfolgend: ÜoeB) enthält im Sinne einer
Positivliste eine abschliessende Aufzählung der Dienstleistungen, die dem ÜoeB und damit auch
dem BoeB unterstellt sind. Alle anderen Dienstleistungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des BoeB
(E. 2.2 und 2.3).
3. Zur Anwendbarkeit des BoeB genügt es nicht, wenn im Rahmen eines mehrere
Teildienstleistungen umfassenden Auftrags nur der kleinere Teil derselben in den Anwendungsbereich des
BoeB fällt. Ein dem BoeB unterstehender Dienstleistungsauftrag darf nicht mit einer nicht unterstellten
Dienstleistung kombiniert werden mit dem Ziel, den ganzen Auftrag dem Anwendungsbereich des BoeB zu entziehen
(E. 4.3 und 4.9).
4. Die Zuständigkeit des BVGer gestützt auf Art. 29a
BV kann aus intertemporalrechtlichen
Gründen nur bejaht werden für nach dem Inkrafttreten der Justizreform ergangene Zuschlagsverfügungen.
Dem BVGer ist es wohl grundsätzlich verwehrt, mit der Begründung, dies erscheine durch die
Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a
BV geboten, über den Anwendungsbereich des BoeB hinausgehend
seine Zuständigkeit zu bejahen; es gilt gemäss Art. 190
BV das Gebot der Anwendung von Bundesgesetzen
(E. 5.1-5.3).
5. Art. 6 Ziff. 1
EMRK verleiht ausserhalb des Anwendungsbereiches des BoeB keinen
Anspruch auf gerichtliche Beurteilung von Bundesvergaben. Aus der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27
BV) kann
kein Individualanspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung des BoeB hergeleitet werden (E. 5.4).
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen
(BoeB, SR 172.056.1) erfasst nur Beschaffungen, welche dem Übereinkommen vom 15. April 1994 über
das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422, nachfolgend: ÜoeB) unterstellt sind. Alle
übrigen Beschaffungen sind in der Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche
Beschaffungswesen (VoeB, SR 172.056.11) geregelt. Die Beschwerde an das BVGer gemäss dem 5. Abschn.
des BoeB ist nur zulässig gegen Beschaffungen, die in den Geltungsbereich das BoeB fallen (e contrario
Art. 2 Abs. 3 Satz 4 BoeB, vgl. auch Art. 39 VoeB; Entscheid der BRK vom 11. Oktober 2001, veröffentlicht
in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden VPB
66.4 E. 1b mit Hinweisen). Da das PSI im Anhang 1 Annex 1 ÜoeB als Vergabestelle im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 Bst. c BoeB ausdrücklich genannt ist und der für Dienstleistungen geltende Schwellenwert
gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. b BoeB mit Offertsummen von mehr als 900'000 Franken überschritten
ist, wird im Folgenden zu prüfen sein, ob eine in den Anwendungsbereich des BoeB fallende Dienstleistung
vorliegt.
2.2 Auftragsinhalt ist die Areal- und Gebäudebewachung des PSI. Dabei geht es gemäss
SHAB Nr. 149 vom 4. August 2006 um einen Areal- und Gebäudebewachungsauftrag mit Kontrollen in den
Arealen und Gebäuden, die Überwachung von Anlagen, Betriebseinrichtungen, Geräten und
Dauerversuchen nach Anweisung/Pflichtenheft auch in Strahlenschutzzonen, Reinräumen und Labors mit
verschiedenen Klassifizierungen. Hierbei handelt es sich unbestrittenermassen um eine öffentliche
Beschaffung sowie um eine Dienstleistung.
2.3 Nach Art. 5 Abs. 1 Bst. b BoeB bedeutet der Begriff « Dienstleistungsauftrag »
einen Vertrag zwischen der Auftraggeberin und einem Anbieter oder einer Anbieterin über die Erbringung
einer Dienstleistung nach Anhang 1 Annex 4 ÜoeB. In diesem Anhang werden die unterstellten Dienstleistungen
im Sinne einer Positivliste abschliessend aufgeführt (vgl. Botschaft zu den für die Ratifizierung
der GATT/WTO-Übereinkommen [Uruguay-Runde] notwendigen Rechtsanpassungen - Öffentliches Beschaffungswesen
[GATT-Botschaft 2], in: BBl 1994 IV 1181; vgl. zum Ganzen den Entscheid der BRK vom 11. Oktober 2001,
veröffentlicht in VPB 66.4
E. 2b/cc). Gemäss Art. 3 Abs. 1 VoeB gelten als Dienstleistungen die in Anhang 1 zur VoeB aufgeführten
Leistungen. Die darin enthaltene Liste mit der Überschrift « Dem Gesetz unterstehende Dienstleistungen
» entspricht derjenigen des Anhangs 1 Annex 4 ÜoeB, indem sämtliche dort aufgeführten
Dienstleistungen durch die VoeB unverändert übernommen werden. Nur für solche dem Gesetz
unterstehenden Dienstleistungen steht der Rechtsmittelweg offen (Entscheid der BRK vom 30. November 2004,
veröffentlicht in VPB 69.32
E. 1c/aa; PETER GALLI/ANDRÉ MOSER/ELISABETH LANG/EVELYNE CLERC, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts,
Bd. 1, 2. Aufl., Zürich 2007, Rz. 132). Diese Rechtsprechung entspricht derjenigen des BVGer (BVGE
13/2007, nicht publizierte E. 1.1.2).
3. - 4.2 (...)
4.3 Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin zu Unrecht davon ausgeht, dass
es zur Begründung der Anwendbarkeit des BoeB genügt, wenn im Rahmen eines mehrere Teildienstleistungen
umfassenden Auftrags Teile desselben in den Anwendungsbereich des BoeB fallen. In diesem Sinne hat die
BRK mit Entscheid BRK 2001-009 vom 11. Oktober 2001 festgehalten, dass der in Frage stehende Auftrag
schwergewichtig dem Gesundheits- und Sozialbereich, also dem grundsätzlich nicht unterstellten Abschnitt
9 der Zentralen Produkteklassifikation, zugeordnet werden müsse (vgl. VPB
66.4 E. 2c/cc), und demnach die Zuständigkeit verneint. Gemäss Art. 7 Abs. 1 BoeB darf
ein (den Schwellenwert überschreitender) Auftrag nicht in der Absicht aufgeteilt werden, die Anwendbarkeit
dieses Gesetzes zu umgehen. Aus der Zwecksetzung dieser Bestimmung ergibt sich, dass es grundsätzlich
vergaberechtlich als ebenso verpönt gelten muss, wenn ein den Schwellenwert überschreitender
und dem BoeB unterstehender Dienstleistungsauftrag mit einer nicht unterstellten Dienstleistung kombiniert
wird, um den ganzen Auftrag aufgrund der Tatsache, dass ein Teil des Gesamtauftrages nicht unterstellt
ist, dem Anwendungsbereich des BoeB zu entziehen. Die Ausschreibung einer Kombination mehrerer Dienstleistungen
ist indessen auch vor diesem Hintergrund dann nicht zu beanstanden, wenn die nicht unterstehende Dienstleistung
den Gesamtauftrag entscheidend prägt und die Kombination verschiedener Dienstleistungen in einem
Auftrag sachlich geboten erscheint.
4.4 - 4.8 (...)
4.9 Zusammenfassend steht demnach fest, dass sich der in Frage stehende Auftrag im Wesentlichen
nicht einer in Anhang 1 zur VoeB genannten Dienstleistung, die dem Gesetz untersteht, zuordnen lässt.
Da sich das Gericht der Beurteilung der Vergabestelle, wonach die Aufteilung des Auftrages insbesondere
deshalb nicht möglich ist, weil sich das eingesetzte Personal über die verschiedenen Teilbereiche
hinweg aushelfen muss, anschliesst, kann auch unter diesem Gesichtspunkt keine Rede davon sein, dass
die Vergabestelle sicherheitsrelevante und nicht sicherheitsrelevante Dienstleistungen mit dem Ziel kombiniert
hat, den Anwendungsbereich des BoeB zu umgehen. Sonst hätte sie den Zuschlag auch nicht fälschlicherweise
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Es liegt nach dem Gesagten somit weder ein « Dienstleistungsvertrag
» im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. b BoeB noch eine « Dienstleistung » im Sinne von Art.
3 Abs. 1 VoeB vor. Vielmehr steht eine so genannte « übrige Beschaffung » gemäss
Art. 1 Bst. b VoeB bzw. ein Auftrag nach Art. 32 Bst. a Ziff. 2 VoeB in Frage, der « aus anderen
Gründen » nicht unter das Gesetz fällt (vgl. PETER GALLI/DANIEL LEHMANN/PETER RECHSTEINER,
Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zürich 1996, Rz. 128 und 131 f.). Für
solche Beschaffungen stand und steht der Rechtsmittelweg an das BVGer nicht offen VPB
69.32 E. 1c/ee mit Hinweisen; vgl. hierzu de lege ferenda kritisch EVELYNE CLERC, in: Pierre Tercier/Christian
Bovet [Hrsg.], Commentaire romand, Droit de la concurrence, Genf/Basel/München 2002, Rz. 40 zu Art.
9 BGBM).
5.
5.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die mit Art. 29a der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) neu vorgesehene Rechtsweggarantie verschaffe ihr auch
ausserhalb des Anwendungsbereichs des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen
Anspruch auf die Beurteilung ihrer Beschwerde durch eine richterliche Behörde. Die Vergabestelle
bringt demgegenüber vor, dass aufgrund der Tatsache, dass das ganze Vergabeverfahren noch vor Inkrafttreten
des Art. 29a BV am 1. Januar 2007 abgewickelt worden sei, Art. 29a BV schon wegen der unzulässigen
« positiven Vorwirkung » nicht zur Anwendung kommen könne. Entsprechend äussert sich
die Vergabestelle nicht zur Frage, ob die Umschreibung des Anwendungsbereichs des Bundesgesetzes über
das öffentliche Beschaffungswesen vor Art. 29a BV standhält.
5.2 Art. 29a BV bestimmt, dass jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung
durch eine richterliche Behörde hat. In Ausnahmefällen können Bund und Kantone durch Gesetz
die richterliche Beurteilung ausschliessen. Dem durch Art. 29a BV eröffneten Rechtsweg sollen nur
in einem eng umgrenzten Rahmen Akte der Regierung und des Parlamentes entzogen werden (Botschaft über
eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 1 ff., insbes. S. 503 und S. 524; ANDREAS
KLEY, in: Ehrenzeller et alii [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St.
Gallen 2008, Rz. 18 ff. und insbes. Rz. 28 zu Art. 29a BV).
5.3 Am 12. März 2000 ist mit dem Justizreformpaket auch Art. 29a BV von Volk und Ständen
angenommen worden (BBl 2000 2990). Am 8. März 2005 hat das Parlament den Bundesbeschluss über
das vollständige Inkrafttreten der Justizreform vom 12. März 2000 verabschiedet (AS 2006 1059).
Dieser sieht vor, dass die Rechtsweggarantie zusammen mit dem Bundesgerichtsgesetz in Kraft tritt. Nach
dem Willen des Gesetzgebers soll das Übergangsrecht zu Art. 29a BV und zum Bundesgerichtsgesetz
in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden (vgl. zum Ganzen die Botschaft zum Bundesgesetz über
die Bereinigung und Aktualisierung der Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 1. März 2006, BBl
2006 3067, S. 3075 f. insbes. in Bezug auf Art. 130 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]). Damit ist in der Regelung betreffend die Übergangsbestimmungen gemäss Art. 132
BGG und gemäss dem dieser Norm nachgebildeten Art. 53 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 (VGG, SR 173.32) auch die Antwort auf die Frage nach der zeitlichen Geltung von Art. 29a BV zu sehen.
Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist das Bundesgerichtsgesetz auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid
nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist, wobei das Entscheiddatum und nicht dasjenige der
Eröffnung massgebend ist (vgl. zum Ganzen YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral,
Commentaire, Bern 2008, Rz. 4800 f. mit Hinweisen). Entsprechend ist auch Art. 53 VGG zu verstehen. Ist
ein vor dem 1. Januar 2007 ergangener Zuschlag angefochten, wird das BVGer nicht dadurch gestützt
auf Art. 29a BV zuständig, dass es gemäss Art. 53 Abs. 2 VGG das Verfahren von der BRK übernimmt.
In diesen Fällen ist das BVGer nur soweit zuständig, als auch die BRK zuständig gewesen
ist. Die Zuständigkeit des BVGer gestützt auf Art. 29a BV kann also aus intertemporalrechtlichen
Gründen nur behauptet werden für nach dem Inkrafttreten der Justizreform ergangene Zuschlagsverfügungen.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die im SHAB Nr. 196 vom 10. Oktober 2006 veröffentlichte
Zuschlagsverfügung vom 5. Oktober 2006 mit Beschwerde vom 20. Oktober 2006 vor der BRK angefochten.
Damit fällt die Zuständigkeit des BVGer ausserhalb des Anwendungsbereichs des BoeB gestützt
auf Art. 29a BV aus intertemporalrechtlichen Gründen ausser Betracht. Demnach kann offen bleiben,
ob der Ausschluss öffentlicher Beschaffungen, welche nicht in den Anwendungsbereich des BoeB fallen,
in Bezug auf nach dem 1. Januar 2007 ergangene Zuschlagsverfügungen vor Art. 29a BV standhält.
Dasselbe gilt auch bezüglich der Frage, ob ausserhalb des Anwendungsbereichs des BoeB eine Verfügung
gestützt auf Art. 25a VwVG erwirkt werden kann, was nach der Kommentarliteratur zum Bundesgerichtsgesetz
denkbar erscheint (HANSJÖRG SEILER, in: Hansjörg Seiler/Nicolas von Werdt/Andreas Güngerich
[Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz (BGG), Bern 2007, Rz. 47 zu Art. 83 BGG; vgl. auch THOMAS HÄBERLI,
in: Marcel Alexander Niggli/Peter Uebersax/Hans Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz,
Basel 2008, Rz. 162 zu Art. 83 BGG), ohne dass aus den Materialien indessen eine entsprechende Absicht
des Gesetzgebers hervorgehen würde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Bundesgesetze
gemäss Art. 190 BV für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend
sind. Demnach ist es dem BVGer - unabhängig von der intertemporalrechtlichen Beurteilung des vorliegenden
Falles - wohl grundsätzlich verwehrt, mit der Begründung, dies erscheine durch die Rechtsweggarantie
gemäss Art. 29a BV geboten, über den Anwendungsbereich des BoeB hinausgehend seine Zuständigkeit
zu bejahen; es gilt das Gebot der Anwendung von Bundesgesetzen (vgl. zum Ganzen KLEY, a. a. O., Rz. 39
zu Art. 29a BV sowie YVO HANGARTNER, in: Bernhard Ehrenzeller et alii [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung,
Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2008, Rz. 8 zu Art. 190 BV).
5.4 Im Weiteren stützt die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf gerichtliche Beurteilung
der vorliegenden Streitsache auf Art. 6 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101). Es handle sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Damit sei die Frage, ob eine Dienstleistung im Sinne der Definition des Anwendungsbereichs
des BoeB vorliege, ohne Belang. Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass
über Streitigkeiten in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche von einem unabhängigen und
unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht entschieden wird. Die BRK ist stets davon ausgegangen,
dass es sich bei Rechtsstreitigkeiten im Anwendungsbereich des BoeB, die im Beschwerdeverfahren nach
Art. 27 ff. BoeB zu beurteilen sind, um zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
handelt. Dies gilt indessen nicht für Streitigkeiten betreffend Bundesvergaben ausserhalb des Anwendungsbereichs
des BoeB VPB 66.4 E. 4 mit
Hinweisen; GALLI/MOSER/LANG/CLERC, a. a. O., Rz. 772 mit Hinweisen; vgl. dazu kritisch BERNHARD WALDMANN,
Rechtsmittelwege und Rechtsweggarantien im öffentlichen Vergabeverfahren, in: Baurecht 2002, S.
143 ff., insbes. S. 146 f. und S. 150). Die Anwendung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Zusammenhang mit zivilrechtlichen
Ansprüchen setzt voraus, dass das in Frage stehende Recht innerstaatlich gewährt wird (EGMR,
Roche gegen Vereinigtes Königreich, Urteil vom 19. Oktober 2005, Recueil des arrêts et décisions
CEDH 2005-X, Ziff. 117; CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl.,
München/Basel/Wien 2008, S. 310). Denn nur wenn und soweit Rechtsmittel gegeben sind, müssen
im Rechtsmittelverfahren die Garantien der genannten Bestimmung nach Massgabe der Besonderheiten dieses
Verfahrens beachtet werden (vgl. VPB
66.4 E. 4; JOCHEN ABRAHAM FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, Europäische Menschenrechts-Konvention, EMRK-Kommentar,
2. Aufl., Kehl u. a. 1996, Art. 6 Rz. 68). Das innerstaatliche Recht kann den Rechtsschutzanspruch ausschliessen,
indem es die gerichtliche Durchsetzung des Rechts untersagt. Vorausgesetzt wird allerdings, dass die
Durchsetzung generell-abstrakt ausgeschlossen wird (MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen
Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Zürich 1999, S. 242 und 273, je mit Hinweisen). Das Beschaffungsrecht
des Bundes schliesst denn auch nicht dem BoeB unterstehende Beschaffungen sowohl in Art. 2 Abs. 3 Satz
4 BoeB als auch in Art. 39 VoeB von der gerichtlichen Beurteilung aus. Soweit WALDMANN (a. a. O., S.
150) dazu angemerkt hat, dass Art. 34 ff. VoeB den Anbieterinnen, die nicht in den Geltungsbereich des
BoeB fallen, materielle Rechtspositionen zugesteht, ist darauf hinzuweisen, dass auch ein öffentliches
Interesse daran besteht, dass die richtige Verfahrensart gewählt und das wirtschaftlich günstigste
Angebot berücksichtigt wird. Demnach sind Art. 34 ff. VoeB i. V. m. Art. 39 VoeB materiell so zu
verstehen, dass durch diese Bestimmungen keine Rechtsposition verliehen werden soll. Auch die Wirtschaftsfreiheit
(Art. 27 BV) verleiht keinen bedingten allgemeinen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung des Beschaffungsrechts
des Bundes. Vorliegend steht weder die Binnenmarktkomponente der Wirtschaftsfreiheit noch eine Verletzung
des Gebots der Wettbewerbsneutralität in Frage, womit in der Lehre teilweise postulierte Individualrechtspositionen
hier von vornherein nicht von Bedeutung sind (vgl. zum Ganzen MATTHIAS HAUSER, Zuschlagskriterien im
Submissionsrecht, in: Aktuelle juristische Praxis 2001, S. 1405 ff., insbes. S. 1407). Demnach lässt
sich aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch im vorliegenden Fall kein Anspruch auf Beurteilung der Streitsache
durch eine verwaltungsunabhängige gerichtliche Instanz herleiten.