Urteilskopf
2008/25
Auszug aus dem Urteil der Abteilung I i. S. A. gegen Eidgenössisches Finanzdepartement A-6550/2007
vom 29. April 2008
Regeste Deutsch
Bundespersonal. Feststellung der Rechtswidrigkeit
einer Kündigung. Verhältnismässigkeitsprinzip. Behindertengleichstellung. Art. 5
Abs. 2 BV. Art. 2 Abs. 1  und 2  und Art. 13 BehiG. Art. 4 BPG. Art. 8 Abs. 1 BPV. 1. Dem Verhältnismässigkeitsprinzip
entsprechend muss die Kündigung stets ultima ratio sein. Sie ist ausgeschlossen, wenn dem Arbeitgeber
mildere Massnahmen zur Verfügung stehen, um die eingetretene Störung des Arbeitsverhältnisses
in zumutbarer Weise zu beheben (E. 6). 2. Die Beschwerdeführerin fällt unter den Behindertenbegriff
gemäss Art. 2 Abs. 1 BehiG. Dem Arbeitgeber (Bundesamt für Bauten und Logistik [BBL]) kommt
gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Bst. f BPG, Art. 8 Abs. 1 BPV und Art. 13 BehiG eine erhöhte Fürsorgepflicht
zu (E. 6.3-6.5.2). 3. Die Einführung des neuen Reinigungskonzepts, welches an die Reinigungsmitarbeitenden
ganz allgemein hohe Anforderungen stellt, war für die Beschwerdeführerin eine besondere Heraus-
und teilweise Überforderung. Obwohl dies erkennbar war, wurden nicht genügend Unterstützungsmassnahmen
zu Gunsten der Beschwerdeführerin ergriffen. Damit hat das BBL seine erhöhte Fürsorgepflicht
verletzt und die Kündigung war nicht das einzige, letzte noch zur Verfügung stehende Mittel,
weshalb sie als unverhältnismässig zu qualifizieren ist (E. 6.6.2 ff.). 4. Da das neue
Reinigungskonzept unterschiedslos auf alle Mitarbeitenden gleich angewendet wurde - mithin auch auf die
Beschwerdeführerin als Behinderte -, ist die Kündigung auch aufgrund einer Verletzung von Art.
2 Abs. 2  BehiG zu beanstanden (E. 7).
Regeste en français
Personnel fédéral. Constatation de l'illégalité
d'une résiliation. Principe de la proportionnalité. Egalité pour les handicapés. Art.
5 al. 2 Cst. Art. 2 al. 1 et 2 et art. 13 LHand. Art. 4 LPers. Art. 8 al. 1 OPers. 1. En vertu du
principe de la proportionnalité, la résiliation du contrat de travail doit toujours être
l'ultima ratio. Elle est exclue lorsque l'employeur dispose de mesures plus conciliantes pouvant être
exigées de lui pour éliminer les perturbations intervenues dans la relation de travail (consid.
6). 2. La recourante correspond à la notion de personne handicapée de l'art. 2 al. 1 LHand.
L'art. 4 al. 1 let. f LPers, l'art. 8 al. 1 OPers et l'art. 13 LHand imposent à son employeur (Office
fédéral des constructions et de la logistique, OFCL) un devoir d'assistance particulier (consid.
6.3-6.5.2). 3. L'adoption du nouveau schéma de nettoyage, qui pose déjà d'une façon
générale de fortes exigences envers les collaborateurs chargés du nettoyage, a présenté
un défi spécial pour la recourante, partiellement au-dessus de ses forces. Bien que ce fait
fût visible, des mesures de soutien suffisantes n'ont pas été prises en faveur de la recourante.
L'OFCL n'a donc pas satisfait à son devoir particulier d'assistance; la résiliation n'était
pas l'unique et dernier moyen encore à disposition et doit donc être qualifiée de disproportionnée
(consid. 6.6.2 ss). 4. Le nouveau schéma de nettoyage ayant été appliqué sans
distinction à tous les collaborateurs - même à la recourante, personne handicapée
- la résiliation est entachée d'une violation de l'art. 2 al. 2 LHand (consid. 7).
Regesto in italiano
Personale federale. Constatazione dell'illiceità
di una disdetta. Principio della proporzionalità. Pari opportunità tra disabili e non disabili. Art.
5 cpv. 2 Cost. Art. 2 cpv. 1 e 2 e art. 13 LDis. Art. 4 LPers. Art. 8 cpv. 1 OPers. 1. Conformemente
al principio della proporzionalità la disdetta deve essere sempre considerata come ultima ratio.
La disdetta non è ammessa se il datore di lavoro dispone di misure meno severe per eliminare in
modo ragionevole il problema sorto nell'ambito del rapporto di lavoro (consid. 6). 2. La ricorrente
rientra nella definizione di disabile di cui all'art. 2 cpv. 1 LDis. In forza dell'art. 4 cpv. 1 lett.
f LPers, dell'art. 8 cpv. 1 OPers e dell'art. 13 LDis, al datore di lavoro (Ufficio federale delle costruzioni
e della logistica [UFCL]) spettano maggiori obblighi (consid. 6.3-6.5.2). 3. Il nuovo piano di pulizie,
che impone ai collaboratori addetti elevate esigenze, comportava per la ricorrente particolari difficoltà,
talvolta eccessive. Benché ciò fosse evidente, non sono state adottate sufficienti misure di
sostegno a favore della ricorrente. Poiché l'UFCL è venuto meno ai suoi maggiori obblighi e
la disdetta non costituiva l'unico e ultimo provvedimento a disposizione, la stessa deve essere ritenuta
sproporzionata (consid. 6.6.2 segg.). 4. Dato che il nuovo piano delle pulizie è stato applicato
indistintamente a tutti i collaboratori, e quindi anche alla ricorrente disabile, la disdetta va censurata
anche poiché viola l'art. 2 cpv. 2 LDis (consid. 7).
Sachverhalt
A., Jahrgang (...), ist (...) Muttersprache. Sie besuchte in ihrer Kindheit bzw. Jugend eine sonderpädagogische
Einrichtung und absolvierte danach keine Berufslehre, weil ihr mehrfache Gebrechlichkeit und ein bescheidener
Intelligenzquotient (78) attestiert worden waren. Die Regionalstelle für berufliche Eingliederung
der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) hatte am 18. September 1970 eine (« ... »,
leichte Geistesschwäche und Sprachschwierigkeiten) festgestellt. Ein Invaliditätsgrad wurde
in der Folge nicht festgelegt. Im Jahr 1983 musste A. einen Gehirntumor operativ entfernen lassen, der
unter anderem zu psychischen Auffälligkeiten geführt hatte. A. wurde am 1. August 1985
vom Amt für Bundesbauten (heute: Bundesamt für Bauten und Logistik [BBL]) als Aufräumerin,
später als Reinigungsmitarbeiterin mit einem Beschäftigungsgrad von 62,5 % angestellt. Sie
arbeitete bis zum 3. Oktober 2005 (am ersten Arbeitsplatz). Gemäss den aus dieser Zeit verfügbaren
schriftlichen Leistungsbeurteilungen war ihre Arbeit zwischen dem 1. September 2003 und dem 31. August
2004 auf einer fünfteiligen Skala (A++, A+, A, B, C) gesamthaft mit einem A (d. h. « entspricht
den Anforderungen voll und ganz ») und jene vom 1. September 2004 bis 31. August 2005 mit einem
B (d. h. « entspricht den Anforderungen teilweise ») beurteilt worden. Mit Schreiben vom
Mai 2005 und September 2005 teilte das BBL A. mit, dass ihr Arbeitsort aufgrund der Einführung des
neuen Reinigungskonzepts « GERE 05 » per 3. Oktober 2005 an (den zweiten Arbeitsplatz) verlegt
werde. Am 6. Juni 2005 wandte sich der stellvertretende Generalsekretär des (...) (Departement)
zusammen mit (am ersten Arbeitsplatz) tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an das BBL mit der
Bitte, A. nicht zu versetzen. Sie seien sehr zufrieden mit ihrer Arbeit und es bestünden nach den
vielen Jahren ihrer Beschäftigung (am ersten Arbeitsplatz) äusserst gute Beziehungen zu ihr.
Man befürchte, dass die Versetzung negative Konsequenzen für die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit
von A. haben werde. Das BBL teilte mit Schreiben vom 20. Juni 2005 jedoch mit, dass es auf das Anliegen
der Büronutzerinnen und -nutzer nicht eingehen könne; aufgrund der Einführung des neuen
Reinigungskonzepts könnten nicht alle Wünsche und Interessen berücksichtigt werden. A.
nahm ihre Arbeit am neuen Arbeitsort am 31. Oktober 2005 auf. In der Folge wurde ihre Leistung und ihr
Verhalten in mehreren Qualitätskontrollen überprüft. Dabei wurde ihre Fachkompetenz (d.
h. die Reinigungsleistung) auf einer dreiteiligen Beurteilungsskala (A, B, C) zwar mehrheitlich entweder
mit A (« sauber gereinigt ») oder B (« teilweise sauber gereinigt ») beurteilt. Demgegenüber
erhielt sie bei der Selbstkompetenz, wofür insbesondere der Umgang mit der Arbeitskleidung, die
Arbeitstechnik und die Revierdokumentation als Kriterien bewertet wurden, überwiegend ein B oder
ein C. Die Sozialkompetenz (d. h. das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten) wurde jeweils mit einem
C bewertet (« Mitarbeiterin nimmt die Beurteilung nicht ernst, nimmt Änderungen nicht offen
auf, bleibt nicht sachlich »). Am 17. Februar 2006 ersuchte das BBL A. um eine Ermächtigung
für den Medical Service, um bei ihrem Hausarzt medizinische Auskünfte zu ihrer Arbeitsfähigkeit
einholen zu dürfen. Der entsprechende Antrag des Personaldienstes des BBL vom 12. Januar 2006 an
die zuständigen Vorgesetzten enthielt für dieses Vorgehen die Begründung, es liege die
Problematik « Vergesslichkeit (und als Folge Qualitätsmängel) » vor. A. lehnte eine
medizinische Untersuchung ab bzw. erteilte die dazu erforderliche Ermächtigung nicht. Am 16.
März 2006 ermahnte das BBL A. schriftlich, ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis besser
wahrzunehmen. Das BBL könne die festgestellten Mängel in Leistung und Verhalten nicht mehr
tolerieren; falls sich keine konkrete Verbesserung zeige, müssten « andere Massnahmen »
ergriffen werden. Mit Schreiben vom 25. April 2006 bat der Generalsekretär des (...) (Departement)
den Direktor des BBL im Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (am ersten Arbeitsplatz), eine Rückversetzung
von A. an ihren vorherigen Arbeitsort zu prüfen. Diese Bitte wurde am 12. Mai 2006 abschlägig
beantwortet; ein Arbeitseinsatz von A. (am ersten Arbeitsplatz) sei aufgrund der Umsetzung des Reinigungskonzepts
« GERE 05 » nicht mehr möglich. Am 19. Mai 2006 drohte das BBL A. formell den Erlass
einer Kündigungsverfügung an, da sich ihre ungenügende Leistung und ihr ungenügendes
Verhalten trotz der Mahnung vom 16. März 2006 nicht gebessert hätten. A. erhielt Gelegenheit,
sich zu der in Aussicht genommenen Kündigung zu äussern. Mit Verfügung vom 21. Juni
2006 löste das BBL das Arbeitsverhältnis per 31. Dezember 2006 auf. A. erhob am 24. August
2006 gegen die erwähnte Kündigungsverfügung Beschwerde beim Eidgenössischen Finanzdepartement
(EFD) und machte gleichzeitig gegenüber dem BBL die Nichtigkeit der Kündigung geltend. Die
aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen die Kündigung wurde nicht entzogen.
Das BBL verlangte am 25. September 2006 die Feststellung der Gültigkeit der Kündigung. Das
EFD vereinigte am 20. Dezember 2006 das Beschwerde- und das Einspracheverfahren. (...). Ab dem 15.
Januar 2007 wurde A. an (den dritten Arbeitsplatz) versetzt, wo sie zwar ebenfalls Reinigungsarbeiten
zu verrichten hatte, jedoch keine Büroräume und Toiletten und nicht gemäss den Anforderungen
von « GERE 05 » zu putzen hatte. Das EFD wies die Beschwerde von A. am 29. August 2007
ab und hiess das Gesuch um Feststellung der Gültigkeit der Kündigungsverfügung vom 21.
Juni 2006 gut. Am 28. September 2007 hat A. (Beschwerdeführerin) gegen den Entscheid des EFD
(Vorinstanz) beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) Beschwerde einreichen lassen. Sie verlangt zusammengefasst
die Aufhebung des Entscheids der Vorinstanz (...); das Gesuch des BBL um Feststellung der Gültigkeit
der Kündigung vom 21. Juni 2006 sei abzuweisen. (...) Sie macht hauptsächlich geltend, dass
keiner der von der Vorinstanz bzw. dem BBL vorgebrachten Kündigungsgründe zutreffe. Das BBL
habe bei der Versetzung im Rahmen der Einführung von « GERE 05 » zu Unrecht nicht auf
ihre besondere Verletzlichkeit bzw. ihre geschwächte Gesundheit Rücksicht genommen. Mit
Vernehmlassung vom 5. Dezember 2007 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. In materieller
Hinsicht macht sie insbesondere geltend, dass die Beschwerdeführerin ihre Arbeits- und Treuepflicht
gegenüber dem BBL als Arbeitgeber verletzt habe, indem sie sich nicht an die Weisungen im Zusammenhang
mit dem Reinigungskonzept « GERE 05 » gehalten habe. Es hätten sodann Leistungs- und Verhaltensmängel
zur Kündigung geführt, die nicht in Verbindung mit dem gesundheitlichen Zustand der Beschwerdeführerin
gebracht werden könnten. Die Mängel hätten sich sodann trotz schriftlicher Mahnung wiederholt.
Der Beschwerdeführerin habe zudem die Bereitschaft gefehlt, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten
zu erfüllen. Das BVGer heisst die Beschwerde in der Hauptsache gut und weist das BBL an, die
Beschwerdeführerin mit einer zumutbaren Arbeit weiter zu beschäftigen und die dafür notwendigen
Unterstützungsmassnahmen zu treffen.
Aus den Erwägungen:
6. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit von Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) muss alles staatliche Handeln verhältnismässig
sein. Insbesondere muss eine Verwaltungsmassnahme geeignet und notwendig sein zur Verwirklichung des
im öffentlichen Interesse liegenden Zieles. Der angestrebte Zweck muss in einem vernünftigen
Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Privaten auferlegt werden (Ulrich Häfelin/Georg
Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 581). Nach
der Rechtsprechung wird dem Arbeitgeber bei der Wahl der angemessenen Sanktion ein gewisser Spielraum
zugestanden. Indes verlangt das Verhältnismässigkeitsprinzip, dass eine Verwaltungsmassnahme
das richtige Mittel zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles ist; der Eingriff
darf nicht schärfer sein, als der Zweck der Massnahme es verlangt. Lässt sich das im öffentlichen
Interesse liegende Ziel mit einem schonenderen Mittel erreichen, so ist dieses zu wählen. Dem Verhältnismässigkeitsprinzip
entsprechend muss die Kündigung deshalb stets ultima ratio sein. Sie ist ausgeschlossen, wenn dem
Arbeitgeber mildere Massnahmen zur Verfügung stehen, um die eingetretene Störung des Arbeitsverhältnisses
in zumutbarer Weise zu beheben (Entscheide des BVGer A-1508/2007 vom 15. November 2007 E. 3.4.5 und A-6609/2007
vom 17. Dezember 2007 E. 4.2.3). Diese Grundsätze sind auch für die ordentliche Auflösung
des Dienstverhältnisses zu beachten (statt vieler vgl. Entscheid der Eidgenössischen Personalrekurskommission
2004-002 vom 16. Juni 2004, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden 68.150,
E. 4e und 6b, je mit Hinweisen).
6.1 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unverhältnismässig
sei. Die Normen zum Persönlichkeitsschutz und eines sozialverträglichen Einsatzes der Arbeitnehmenden
seien verletzt, insbesondere im Zusammenhang mit gesundheitlich geschwächten und schutzbedürftigen
bzw. behinderten Mitarbeitenden. Art. 8 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3)
bestimme, dass behinderte Personen gezielt beschäftigt und nachhaltig beruflich eingegliedert werden
sollen. Aus den eingereichten Akten der IV gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin ein Geburtsgebrechen
(leichte Debilität, Agrammatismus) habe, das eine Sonderschulung in ihrer Kindheit und Jugend nötig
gemacht habe. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass später noch hartnäckige Hirntumore dazugekommen
seien, belegten, welche enorme Leistung die Beschwerdeführerin erbracht habe, indem sie während
Jahrzehnten zur Zufriedenheit aller (am ersten Arbeitsplatz) ihren Dienst versehen habe. Die erneut tadellosen
Arbeitsleistungen (am dritten Arbeitsplatz) belegten, dass die Beschwerdeführerin den Anforderungen
durchaus genügen könne, wenn sie angemessen geführt werde. Die Fakten über den Gesundheitszustand
der Beschwerdeführerin seien dem BBL spätestens nach den Bitten der Büronutzerinnen und
-nutzer (am erster Arbeitsplatz) um Verzicht auf eine Versetzung bzw. Rückversetzung bekannt gewesen.
Indem das BBL aber nicht einmal das Gespräch mit der Beschwerdeführerin gesucht habe und sie
gegen ihren Willen und jede Vernunft zwangsversetzt habe, habe es die Grenze des sozial Verantwortbaren
verletzt. Die Gleichbehandlung einer geschwächten und schutzbedürftigen Mitarbeiterin mit den
gesunden Mitarbeitenden des BBL verletze überdies den Grundsatz der Rechtsgleichheit (zu letzterem
vgl. unten E. 7).
6.2 Die Vorinstanz stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass die Kündigung
sorgfältig abgewogen worden sei. Sie sei wegen Leistungs- und Verhaltensmängeln ausgesprochen
worden, die nicht im Zusammenhang mit dem gesundheitlichen Zustand der Beschwerdeführerin stünden.
Die Beschwerdeführerin sei keine behinderte Person im Sinne der von ihr angeführten Gesetzesbestimmungen.
Sie habe aufgrund des im Jahr 1983 entfernten Hirntumors keine Schäden (wie z. B. verminderte Sehkraft
oder Mühe, Dimensionen zu erkennen) davon getragen, die sie an der Verrichtung ihrer Arbeit hindern
würden. Auch die später eingereichten Unterlagen der IV belegten nicht, dass sie aufgrund ihres
Zustands Mühe habe, Reinigungsarbeiten auszuführen. Sie könne aber erwiesenermassen nicht
mehr für jene Aufgaben eingesetzt werden, für die sie ursprünglich angestellt worden sei.
Eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses hätte nicht nur das gute Funktionieren des
Dienstes, sondern auch das Vertrauen des übrigen Reinigungspersonals in den Arbeitgeber in Frage
gestellt und ausserdem dem Gleichbehandlungsgebot widersprochen. Der Einsatz (am dritten Arbeitsplatz)
sei eine Behelfslösung, die dem BBL auf Dauer nicht zugemutet werden könne. Der Schutz der
Interessen des BBL als Arbeitgeber gehe den privaten Interessen der Beschwerdeführerin vor. Daher
sei die Kündigung verhältnismässig.
6.3 Nach dem oben (E. 6.1) Erwähnten ist vorliegend die Frage zu beantworten, ob die
Kündigung vom 21. Juni 2006 für den Arbeitgeber im damaligen Zeitpunkt das notwendige bzw.
das einzig mögliche Mittel war, um den Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit der Beschwerdeführerin
effektiv begegnen zu können. Bei der Frage der Notwendigkeit der Kündigung ist u.a. zu
berücksichtigen, dass sich aus Art. 4 Abs. 2 Bst. g des Bundespersonalgesetzes vom 24. März
2000 (BPG, SR 172.220.1) i.V.m. Art. 6 Abs. 2 BPG und Art. 328 des Obligationenrechts vom 30. März
1911 (OR, SR 220) für den Bund als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten
ergibt: Der Arbeitgeber hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach
dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind,
soweit es ihm mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung
billigerweise zugemutet werden kann. Ergreift der Arbeitgeber nicht alle zumutbaren Schutzmassnahmen
zu Gunsten der Gesundheit einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers oder auch etwa zur Lösung
eines Konflikts, die es ermöglichen würden, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, und spricht
er stattdessen die Kündigung aus, ist diese nicht rechtmässig (BGE
132 III 115 E. 2.2). Eine erhöhte Fürsorgepflicht gilt sodann im Fall, wenn eine Arbeitnehmerin
oder ein Arbeitnehmer bereits jahrzehntelang beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt war (BGE
132 III 115 E. 5.3 und 5.4).
6.4 Eine besondere Ausprägung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergibt sich zudem
aus dem Anspruch von Behinderten auf Gleichbehandlung (vgl. dazu auch ULLIN STREIFF/ADRIAN VON KAENEL,
Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 ?362 OR, 6. Aufl., Zürich 2006, N. 12 zu Art. 328 OR).
Bereits aus Art. 328 OR folgt, dass Behinderte im Arbeitsverhältnis geschützt sind, indem der
(privat- oder öffentlichrechtliche) Arbeitgeber insbesondere Verhaltensweisen entgegenzutreten hat,
welche gegenüber Menschen mit Behinderungen verletzend, abwertend oder ausgrenzend wirken (Botschaft
zur Volksinitiative « Gleiche Rechte für Behinderte » und zum Entwurf eines Bundesgesetzes
über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen vom 11. Dezember 2000, [BBl 2001
1715; im Folgenden: Botschaft BehiG], S. 1829 f.; STREIFF/VON KAENEL, a.a.O.). Für die Bundesverwaltung
bestehen ausserdem die folgenden besonderen Bestimmungen: Gemäss Art. 4 Abs. 2 Bst. f BPG sind die
Arbeitgeber des Bundes verpflichtet, geeignete Massnahmen für die Chancengleichheit der Behinderten
sowie zu deren Beschäftigung und Eingliederung zu treffen. Nach Art. 8 Abs. 1 BPV schaffen die Departemente
im Rahmen der bundesrätlichen Vorgaben geeignete Bedingungen, um gezielt behinderte Personen zu
beschäftigen und sorgen für deren nachhaltige berufliche Eingliederung. Des Weiteren muss der
Bund als Arbeitgeber nach Art. 13 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 2002
(BehiG, SR 151.3) alles daran setzen, Behinderten gleiche Chancen wie nicht Behinderten anzubieten; er
ist verpflichtet, bei allen Arbeitsverhältnissen und auf allen Ebenen, namentlich bei Anstellungen,
die zur Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Massnahmen zu treffen. Aus diesen Bestimmungen geht hervor,
dass der Bund im Bereich der Anstellung und Beschäftigung von Behinderten bzw. von Personen mit
eingeschränkter Leistungsfähigkeit eine Vorbildfunktion wahrnehmen will bzw. muss, gerade auch
um Abwertungstendenzen und Ausgrenzungsmechanismen entgegenzutreten (Botschaft BehiG, S. 1735 f. und
S. 1783, vgl. auch Art. 8 der Erläuterungen des EFD zur BPV [undatiert] sowie Art. 7 der Personalpolitischen
Leitsätze für die Bundesverwaltung vom 19. November 2003). Für den Bund als Arbeitgeber
besteht aus den genannten Gründen zusammengefasst eine erhöhte Fürsorgepflicht der Arbeitgeber
gegenüber behinderten Angestellten. Es ist daher nachfolgend zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin
- wie von ihr geltend gemacht - als Behinderte im Sinne der zitierten Bestimmungen gilt.
6.5 Als Mensch mit Behinderung gilt gemäss Art. 2 Abs. 1 BehiG eine Person, der es eine
voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder
verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen,
sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
6.5.1 Der genannte Begriff der Behinderung geht weiter als jener der Invalidität im Bereich
der IV, der an die Erwerbsunfähigkeit anknüpft (Botschaft BehiG, S. 1776). Daher ist der Begriff
der Behinderung nach BehiG nicht gleichzusetzen mit Erwerbsbehinderung oder mit ökonomischer Unselbständigkeit
(Botschaft BehiG, S. 1725). Eine Behinderung im so verstandenen Sinne ist als Resultat eines komplexen
Zusammenwirkens von individuellen, familiären, sozialen, ökonomischen, kulturellen und juristischen
Gegebenheiten und Kräften zu sehen. Dies ist im Bereich des Arbeitsmarkts von besonderer Bedeutung,
ist doch dieser für Menschen mit Behinderungen « ein Kristallisationspunkt der gesellschaftlichen
Akzeptanz » (Botschaft BehiG, S. 1726). Die erhöhte Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers
des Bundes gegenüber behinderten Angestellten bedeutet im Hinblick auf den Behindertenbegriff von
Art. 2 Abs. 1 BehiG demzufolge, dass die gesamte Arbeits- und Lebenssituation der behinderten Person
in die arbeitgeberischen Entscheidungen einbezogen werden müssen. In Art. 12 Abs. 1 der Behindertengleichstellungsverordnung
vom 19. November 2003 (BehiV, SR 151.31) ist weiter konkret vorgesehen, dass der Arbeitgeber das berufliche
Umfeld entsprechend den Bedürfnissen der behinderten Angestellten gestalten muss. Gefordert sind
demnach je nach den Umständen ganz bestimmte Unterstützungsmassnahmen zu Gunsten des behinderten
Personals, die auch darin bestehen könne, dass die Anforderungen hinsichtlich Leistung und Verhalten
angepasst werden.
6.5.2 Es ist aufgrund des geringen Intelligenzquotienten der Beschwerdeführerin belegt,
dass diese über beschränkte geistige bzw. logisch-abstrakte Fähigkeiten verfügt.
Dies ist eine geistige Beeinträchtigung, die dauerhaft ist. An dieser Einschätzung ändert
daher die Tatsache, dass die entsprechenden Abklärungen bereits Jahrzehnte zurückliegen, nichts.
Aufgrund ihrer geringen Auffassungsgabe war es der Beschwerdeführerin auch nicht möglich, sich
aus- bzw. weiterzubilden; so konnte sie etwa keine Lehre absolvieren (...). Aus den konkreten Umständen
geht ebenfalls hervor, dass sie auch heute nur beschränkt fähig ist, anspruchsvollere Tätigkeiten
selbständig auszuführen, besonders wenn dafür v.a. logische Fähigkeiten gefragt wären.
Dieser Umstand erschwert der Beschwerdeführerin die Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Unbestritten
sind auch die Sprachschwierigkeiten bzw. die angeborene Einschränkung der Fähigkeit der Beschwerdeführerin,
sich klar auszudrücken. Es versteht sich von selbst, dass sich daraus auch gewisse Schwierigkeiten
bzw. Einschränkungen bei der Pflege sozialer Kontakte ergeben. Die Beschwerdeführerin erfüllt
aus diesen Gründen die Kriterien von Art. 2 Abs. 1 BehiG und ist daher eine Behinderte im Sinne
dieses Gesetzes. Diese Schlussfolgerung widerspricht - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht
der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die Arbeit als Reinigungskraft bereits seit mehr als zwanzig
Jahren ausgeübt hat, für sie kein Invaliditätsgrad festgelegt und ihre Stelle nicht als
besondere Behindertenstelle definiert worden ist: Wie erwähnt, setzt das BehiG für seine Anwendbarkeit
keine (teilweise oder ganze) Erwerbsunfähigkeit oder bereits bestehende Fördermassnahmen voraus. Ob
die Beschwerdeführerin über ihre geistige Beeinträchtigung hinaus wegen der später
hinzugekommenen Hirntumore mit zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigungen, etwa ihrer
Sehkraft, zu kämpfen hat, die allenfalls zu weiteren Einschränkungen etwa ihrer Leistungsfähigkeit
geführt haben könnten, ist damit im vorliegenden Zusammenhang gar nicht von Bedeutung und braucht
nicht weiter geprüft zu werden.
6.6 Nach dem Gesagten kommt dem BBL mit Bezug auf die Beschwerdeführerin eine erhöhte
Fürsorgepflicht zu. Es ist im Folgenden zu untersuchen, wie die angefochtene Kündigung unter
diesem Aspekt zu beurteilen und was daraus für die Frage der Verhältnismässigkeit abzuleiten
ist.
6.6.1 Dem BBL ist es während der mehr als zwanzigjährigen Beschäftigungsdauer
der Beschwerdeführerin bis zum Entscheid über die Versetzung (an den zweiten Arbeitsplatz)
keineswegs entgangen, dass die Beschwerdeführerin über sehr beschränkte intellektuelle
bzw. logische und soziale Fähigkeiten und über eine geringe Auffassungsgabe verfügt. Ebenfalls
ist den früheren Vorgesetzten aufgefallen, dass die Beschwerdeführerin schon seit jeher Mühe
hatte, sich auf Veränderungen ihres Arbeitsrhythmus und ihres gewohnten Arbeitsumfeldes einzustellen.
Dies geht aus den Befragungen ihrer früheren Vorgesetzten (am ersten Arbeitsplatz) eindeutig hervor:
So erwähnt der Leiter des (...) (Dienststelle), dass der Beschwerdeführerin eine frühere
Versetzung auf eine andere Etage innerhalb (des ersten Arbeitsplatzes) sehr schwergefallen sei. Ebenfalls
ergibt sich aus dessen Aussage, dass die Beschwerdeführerin die zu dieser Zeit eingeführten
Reinigungspläne nur mit Mühe und Unterstützung umsetzen konnte. Beide damaligen Vorgesetzten
hatten erkannt, dass die Beschwerdeführerin Ausführungsschwierigkeiten hatte und bei der Arbeit
begleitet werden musste. Auch die sprachlichen Schwierigkeiten waren ihnen bewusst. Die Beschwerdeführerin
hat während ihrer Tätigkeit (am ersten Arbeitsplatz) trotzdem keine gravierenden Probleme in
der Zusammenarbeit mit ihren Vorgesetzten verursacht. Zwar hat der eine ihrer früheren Vorgesetzten
Verbesserungsbedarf bei der Umgangssprache mit Team und Vorgesetzten festgestellt (...). Da er aber gleichzeitig
das Verhalten der Beschwerdeführerin insgesamt mit einem A bewertet hatte und - wie er selbst ausgesagt
hat - gewisse Schwierigkeiten aufgrund sprachlicher Missverständnisse entstanden sind, ist es keineswegs
angezeigt, daraus auf einen revoltierenden Charakter oder mangelnde Kooperationsbereitschaft der Beschwerdeführerin
zu schliessen, wie es das BBL und die Vorinstanz getan haben. Auch die Büronutzerinnen und -nutzer
waren mit der Leistung und dem Verhalten der Beschwerdeführerin insgesamt zufrieden oder sogar sehr
zufrieden, weil sie ihre Hauptaufgabe, die Reinigungsarbeit, stets gut erfüllt hat (...). Auch
wenn vorliegend nicht bekannt ist, ob den für die Einführung von « GERE 05 » Verantwortlichen
die persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin zu Beginn ihrer Planungsarbeit bekannt
waren, wussten diese doch spätestens seit der ersten Bitte der Benutzerinnen und Benutzer (am ersten
Arbeitsplatz) um Nichtversetzung am 6. Juni 2005 darum. Offenbar wurden diesbezüglich aber keine
näheren Abklärungen getroffen, denn das BBL beantwortete die Bitte, wie erwähnt, abschlägig
mit der pauschalen Begründung, man könne nicht alle Interessen berücksichtigen (...).
Schon ein Gespräch mit den früheren Vorgesetzten hätte hingegen gezeigt, dass die anstehenden
Veränderungen für die Beschwerdeführerin ohne Begleitmassnahmen zu Schwierigkeiten führen
würden.
6.6.2 Aus den in den Qualitätsbeurteilungen geprüften Kriterien ergibt sich, dass
« GERE 05 » an die Reinigungsmitarbeitenden ganz allgemein hohe Anforderungen stellt, so hinsichtlich
der korrekten bzw. systematischen Reinigungsabfolge, der planmässigen Verwendung der vorgesehenen
Putzmaterialien, der Dokumentation etc. Erst recht war die Einführung des Reinigungssystems mit
vollkommen neuen Abläufen und Anforderungen, kombiniert mit einem neuen Arbeitsort in einem unbekannten
Gebäude, das gemäss Vorinstanz kompliziert ist und dessen Pläne schwer zu lesen sind (...),
für die Beschwerdeführerin eine besondere Heraus- bzw. teilweise Überforderung. Die
neuen Vorgesetzten haben die Überforderung der Beschwerdeführerin nach der Versetzung (an den
zweiten Arbeitsplatz) jedenfalls recht schnell erkannt (...). Trotzdem brachten sie aufgrund der (aus
ihrer Sicht für alle geltenden) Anforderungen von « GERE 05 » kein Verständnis für
die Probleme der Beschwerdeführerin auf. So schrieb die Reinigungsinspektorin, die mit der Beschwerdeführerin
als einzige der neuen Vorgesetzten auf (... [Sprache]) kommunizieren konnte, bereits ungefähr einen
Monat nach Arbeitsaufnahme (am zweiten Arbeitsplatz) (und laut eigener Aussage nach einer Woche seit
Einsatz der neuen Arbeitspläne) an ihre eigene Vorgesetzte, dass die Beschwerdeführerin anscheinend
Betreuung nötig habe. Diese könne sie bzw. das BBL ihr aber nicht bieten. Sie habe keine Erfahrung
mit Menschen, die eine « Beeinträchtigung im Hirn » hätten. Sie habe sich entschieden,
dass « das » (d. h. die bisherigen Erläuterungen, Anweisungen und Begleitungen) «
die letzte Investition » gegenüber der Beschwerdeführerin gewesen sei. Bei der Beschwerdeführerin
wurden in der Folge dieselben Qualitätssicherungskriterien angewendet, wie sie auch für die
übrigen Mitarbeitenden ohne besondere intellektuelle oder sprachliche Behinderungen erfolgten. Es
wurden keine Unterstützungsmassnahmen zu Gunsten der Beschwerdeführerin ergriffen - im Gegenteil:
Bereits in diesem Zeitpunkt war man offenbar zum Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin den
gestellten Anforderungen nicht würde genügen können. In einem späteren Mail der Reinigungsinspektorin
vom 24. Januar 2006 wurde sodann eine Art Kündigungsplanung skizziert: Diese hielt fest, dass es
im Rahmen eines ersten formellen Standortbestimmungsgesprächs « Ziel wäre », der
Beschwerdeführerin « eine C Beurteilung zu geben » und dass sie beim zweiten Standortbestimmungsgespräch
voraussichtlich nochmal eine solche erhalten werde. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang
auch, dass bereits die Vorinstanz festgestellt hat, der Ton der Aktennotizen und Notizen der Vorgesetzten
(am zweiten Arbeitsplatz) sei oftmals nicht adäquat gewesen und habe manchmal polizeilichen Charakter
aufgewiesen. Diese Einschätzung teilt das BVGer aufgrund der Art und Weise, wie auch kleinere Fehler
oder Eigenheiten der Beschwerdeführerin äusserst detailliert festgehalten und den nächsthöheren
Vorgesetzten rapportiert worden sind (z. B. « ... ist Frau X. und mir beinahe die Luft weg geblieben,
da um Frau A. eine starke Parfumwolke war. » ..., « die Begriffe ? Mo ? + ? Mi ? hat sie ebenfalls
nicht gekannt » ..., « in der einen Hand hatte sie das blaue Mikrofasertuch und im anderen
die Fransen des Minimop » ...). Es ist davon auszugehen, dass die schriftlichen Zeugnisse zumindest
teilweise einen Spiegel des konkreten Umgangs der Vorgesetzten mit der Beschwerdeführerin darstellen.
Fest steht aufgrund der Bezeugung von unbeteiligter Seite (...) auch, dass es zwischen der Beschwerdeführerin
und ihren Vorgesetzten mehrfach zu teils lautstarken Konflikten gekommen ist, bei dem bei der befragten
Person der Eindruck entstanden ist, die Beschwerdeführerin werde von ihren Vorgesetzten « geplagt
». Aus dieser Perspektive ergibt sich, dass das Verhalten der direkten Vorgesetzten selber zum Konflikt
und zum mangelhaften Verhalten der Beschwerdeführerin beigetragen hat. Der Beschwerdeführerin
wurde es auf jeden Fall noch zusätzlich erschwert, sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Einige
Monate nach der Versetzung, am 4. Mai 2006, wurde in einer internen Besprechung zwischen den Vorgesetzten,
dem Personalleiter des BBL sowie weiteren Personen Folgendes festgehalten: Ein Einsatz an einem anderen
Ort gemäss (erneutem) Vorschlag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (am ersten Arbeitsplatz) sei
« theoretisch möglich, jedoch mit Schwierigkeiten im Betriebsablauf und erheblichem Aufwand
verbunden (Einarbeitung, Führungsaufwand, Integration, etc.) » (...). Aus dieser Belegstelle
ergibt sich zweifelsfrei, dass in jenem Zeitpunkt selbst für die Verantwortlichen nach wie vor eine
Alternative zu einer Kündigung existierte; stattdessen beschlossen sie noch am gleichen Tag die
Einleitung des formellen Kündigungsverfahrens (...). Die später ermöglichte Beschäftigung
der Beschwerdeführerin (am dritten Arbeitsplatz) während des Beschwerdeverfahrens, die zur
Zufriedenheit der zuständigen neuen Vorgesetzten ausgefallen ist, hat wenigstens im Nachhinein belegt,
dass gerade ein Versetzungsversuch unter veränderten Arbeitsbedingungen keineswegs im Vornherein
hätte ausgeschlossen werden dürfen - unabhängig davon, ob das entsprechende Stellenprofil
speziell für die Beschwerdeführerin geschaffen worden ist oder nicht. Erst recht ist es wahrscheinlich,
dass andere Unterstützungsmassnahmen wie eine besondere Begleitung durch eine dafür geeignete
Person oder die Herabsetzung der Anforderungen zu einer Verbesserung der Situation hätte beitragen
können. Damit wäre es der Beschwerdeführerin ermöglicht worden, sich besser in die
neuen betriebsorganisatorischen Strukturen zu integrieren und sich leichter an die neuen Arbeitsanforderungen
anzupassen. Aus damaliger Optik hätte zumindest berücksichtigt werden müssen, dass die
Beschwerdeführerin bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten beim BBL tätig gewesen ist und sie
in dieser Zeit gesamthaft gute Arbeit geleistet hat. Schon allein diese Tatsache hätte die Fürsorgepflicht
des Arbeitgebers erhöht. Am besagten Gespräch waren sodann auch Personen anwesend, die nicht
selber in die verschiedenen Konflikte und Probleme mit der Beschwerdeführerin involviert gewesen
waren und dadurch eine objektivere Sicht hätten einbringen können. Auch fällt auf, dass
nicht danach gefragt worden ist, ob allenfalls auch die direkten Vorgesetzten der Beschwerdeführerin
einen gewissen Anteil an den negativen Entwicklungen beigetragen haben könnten. Ebenfalls wurde
nicht berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin trotz der Konflikte mit ihren Vorgesetzten
(am zweiten Arbeitsplatz) keine grundsätzlich negative Einstellung zu ihrer Arbeit als Reinigungskraft
entwickelt zu haben scheint. Dies zeigte sich beispielsweise darin, dass sie weiterhin immer pünktlich
zur Arbeit erschien. Ebenfalls hatte sie es abgelehnt, sich invalidisieren zu lassen. Ausserdem hätte
in die Überlegungen einfliessen müssen, dass die Beschwerdeführerin kaum eine andere Arbeitsstelle
finden könnte und die realistische Alternative zu einer Weiterbeschäftigung beim BBL der Bezug
einer Invalidenrente, allenfalls auch von Sozialhilfegeldern wäre. Insgesamt ist es unter den
gegebenen Umständen nicht nachvollziehbar, warum anfangs Mai 2006 nicht ein Versuch zu einer Verbesserung
der Situation, etwa durch besondere Begleitmassnahmen, eine (längerfristige) örtliche Versetzung
oder einen Einsatz der Beschwerdeführerin ausserhalb des Reinigungsplans « GERE 05 » unternommen
und stattdessen das Kündigungsverfahren eingeleitet worden ist. Der pauschale Verweis des BBL auf
den als zu gross empfundenen Aufwand und das Risiko einer Signalwirkung für andere Mitarbeitende
als Begründung für einen Verzicht auf solche Schritte vermag jedenfalls nicht zu genügen.
6.6.3 Das BBL nicht zu entlasten vermag im Weiteren, dass es einen Einsatz der Beschwerdeführerin
in einem anderen Reinigungszentrum auch aufgrund ihrer (...) Muttersprache ausgeschlossen hat, dies offenbar
weil zuwenig Führungskräfte im BBL (...) (Sprache) sprechen und daher der Führungsaufwand
« unverhältnismässig hoch und unzumutbar » gewesen wäre (...). (...)
6.6.4 Gesamthaft ergibt sich, dass das BBL nicht alle notwendigen und ihm zumutbaren Massnahmen
ergriffen hat, um für die Probleme im Arbeitsverhältnis mit der Beschwerdeführerin eine
Lösung zu finden. Damit hat das BBL seine erhöhte Fürsorgepflicht gegenüber der Beschwerdeführerin
verletzt. Die Kündigung war nicht das einzige, letzte noch zur Verfügung stehende Mittel und
ist deshalb als unverhältnismässig zu qualifizieren.
7. Eine Benachteiligung von Behinderten im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BehiG liegt vor, wenn diese
rechtlich oder tatsächlich anders als nicht Behinderte behandelt und dabei ohne sachliche Rechtfertigung
schlechter gestellt werden, oder wenn eine unterschiedliche Behandlung fehlt, die zur tatsächlichen
Gleichstellung Behinderter und nicht Behinderter notwendig ist. Erfasst sind somit insbesondere auch
rechtliche oder tatsächliche Schlechterstellungen, die sich aufgrund einer Gleichbehandlung von
Behinderten und nicht Behinderten ergeben, obwohl eine sachliche Differenzierung angezeigt wäre
(Botschaft BehiG, S. 1777; BGE
131 V 9 E. 3.5.1.3). Der Anspruch auf tatsächliche Gleichstellung von Behinderten konkretisiert
damit den besonderen Gesetzgebungsauftrag von Art. 8 Abs. 4 BV (Botschaft BehiG, a.a.O.; zur Abgrenzung
gegenüber den Diskriminierungstatbeständen nach Art. 8 Abs. 2 BV siehe BGE
131 V 9 E. 3.5.1.2, BGE
126 II 377 E. 6.a). Aus verschiedenen Äusserungen der Verantwortlichen ergibt sich, dass
sie « GERE 05 » aus prinzipiellen Gründen unterschiedslos auf alle Mitarbeitenden gleich
anwenden wollten, weil sie bei Ausnahmen Abgrenzungsprobleme und eine unerwünschte präjudizielle
Wirkung befürchteten (...). Zwar ist es durchaus nachvollziehbar, dass das Funktionieren eines Systems
wie « GERE 05 » mit einer umfangreichen, detaillierten Arbeitsorganisation nicht im Vornherein
durch zu viele Ausnahmen vereitelt werden soll. Im Fall der Beschwerdeführerin lag jedoch ein tatsächlicher
und erheblicher Unterschied im Vergleich zu den nichtbehinderten Mitarbeitenden vor, die sich in neuen
Situationen wie der Einführung eines neuen Reinigungssystems und einem neuen Arbeitsort gut zurechtfinden
und ein neues Arbeitskonzept selbständig und systematisch umsetzen konnten. Dieser wesentliche und
sachliche Unterschied musste den Zuständigen, wie zuvor erläutert, auch bekannt sein. Dennoch
haben sie das Reinigungskonzept « GERE 05 » holzschnittartig, d. h. undifferenziert, auf alle
Reinigungsmitarbeitenden gleich angewendet. Die Beschwerdeführerin als Behinderte wurde damit zu
Unrecht nach den gleichen strengen Kriterien beurteilt wie ihre nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen.
Darin zeigt sich infolgedessen eine tatsächliche Benachteiligung der Beschwerdeführerin nach
Art. 2 Abs. 2 BehiG. Die ausgesprochene Kündigung ist auch unter diesem Aspekt zu beanstanden.
8. Zusammenfassend erweist sich das Vorgehen des BBL und damit die von ihm ausgesprochene
Kündigung als rechtswidrig. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und der vorinstanzliche Entscheid
aufzuheben. Das BBL hat die Beschwerdeführerin demnach mit einer ihr zumutbaren Arbeit wie beispielsweise
jener, die sie zuvor (am ersten Arbeitsplatz) oder zuletzt (am dritten Arbeitsplatz) ausgeübt hat,
weiter zu beschäftigen und die dafür notwendigen Unterstützungsmassnahmen zu treffen.
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Wichtiger Hinweis: Die Liste der vorgeschlagenen Entscheide wird automatisch, ohne jegliche intellektuelle Bearbeitung, generiert. |
kündigung
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vorinstanz
person
arbeit
verhalten
entscheid
efd
arbeitnehmer
verhältnismässigkeit
dritter
treffen
arbeitsort
iv
umstände
tätigkeit
weiler
geeignetheit
frage
schriftlichkeit
rechtsgleiche behandlung
öffentliches interesse
begriff
angemessenheit
zustand
gründer
zuständigkeit
rahm
departement
invalidität
erfahrung
mitarbeiter
gesetz
erheblichkeit
geisteskrankheit
geistige behinderung
erwerbsunfähigkeit
stelle
leiter
geburtsgebrechen
dauer
schriftstück
sanktion |
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