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Abteilung V

E-4444/2018

 

 

 

 

 

Urteil vom 7. August 2020

Besetzung

 

Richterin Christa Luterbacher (Vorsitz),

Richterin Nina Spälti Giannakitsas,
Richterin Camilla Mariéthoz Wyssen,
 

Gerichtsschreiberin Tina Zumbühl.

 

 

 

Parteien

 

A._______,
geboren am (...),

Kongo (Brazzaville), 

vertreten durch MLaw Nora Maria Riss,
Freiplatzaktion (...), Rechtshilfe Asyl und Migration,
(...),

Beschwerdeführerin,

 

 

 

gegen

 

 

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

 

 

 

Gegenstand

 

Flüchtlingseigenschaft und Asyl (ohne Wegweisungsvollzug); Verfügung des SEM vom 29. Juni 2018 / N (...).

 

 

 


Sachverhalt:

A. 
Die Beschwerdeführerin hat ihren Heimatstaat eigenen Angaben zufolge am 25. November 2017 verlassen. Mit einem Schlepper und durch ihn organisierten Reisepapieren sei sie über Marokko nach Frankreich geflogen. Nach einem zweitägigen Aufenthalt in Frankreich sei sie am 27. November 2017 in die Schweiz gefahren. Am 29. November 2017 stellte sie im damaligen Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) in B._______ ein Asylgesuch. In Anwendung von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung über die Durchführung von Testphasen zu den Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich vom
4. September 2013 (TestV; SR 142.318.1) wurde sie dem damaligen Verfahrenszentrum in Zürich zugewiesen.

B. 
Am 5. Dezember 2017 fand eine Personalienaufnahme und am 8. Dezember 2017 ein Dublingespräch gemäss Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 statt, bei welchen sie summarisch zu ihrer Person, ihrem Reiseweg und ihrem Gesundheitszustand befragt wurde.

C. 
Die Rechtsvertretung reichte zwischen dem 3. Januar 2018 und 23. März 2018 diverse Formulare mit medizinischen Informationen des Ambulatoriums Kanonengasse, in welchem die Beschwerdeführerin zwischen dem 13. Dezember 2017 und dem 14. März 2018 elf Konsultationen hatte, ein. Aus den Formularen geht im Wesentlichen hervor, dass die Beschwerdeführerin an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach mehrmaliger Vergewaltigung leide.

D. 
Zur Begründung ihres Asylgesuchs brachte die Beschwerdeführerin anlässlich der Erstbefragung nach Art. 16 Abs. 3 TestV vom 12. April 2018 und der Anhörung nach Art. 17 Abs. 2 Bst. b TestV vom 25. April 2018 im Wesentlichen folgenden Sachverhalt vor:

Sie sei in C._______ geboren und aufgewachsen und habe im Jahr (...) das Gymnasium abgeschlossen. Danach habe sie an der Universität drei Jahre lang (...) und (...) studiert und habe ein Diplom erlangt. Später habe sie noch während einem weiteren Jahr (...) studiert und im Jahr (...) ein weiteres Diplom erhalten. Anschliessend habe sie Mühe gehabt, eine Stelle zu finden und habe im Jahr (...) begonnen, in einem Ort namens D._______ Handel zu betreiben. Zunächst habe sie bei einer Freundin gewohnt, habe dann aber einen Mann kennengelernt und von Februar bis Dezember 2016 mit ihm zusammengelebt. Der Mann sei ein ehemaliger Kämpfer, welche man Ninja-Kämpfer nenne, im Krieg von 1998 gewesen. Im April 2016 hätten die Ninja Brazzaville angegriffen, weshalb es zu politischen Unruhen und vermehrter Militärpräsenz, insbesondere auch in D._______, gekommen sei. Im Dezember 2016 sei ihr Freund deswegen in die Wälder geflohen. Nach seiner Flucht habe sie zunächst alleine in seinem Haus gelebt und sie habe ihm regelmässig Lebensmittel in den Wald gebracht. Nach einer Weile sei das Gerücht aufgekommen, Freundinnen der Ninjas würden diesen Lebensmittel in den Wald bringen und man solle sie verhaften, um die Ninjas im Wald aushungern zu lassen. Sie habe Angst bekommen, alleine im Haus ihres Freundes zu bleiben, und sei deswegen wieder zu ihrer Freundin gezogen. Am 1. Juli 2017 habe es früh morgens an der Türe geklopft und Personen des Militärs hätten nach ihr gesucht. Man habe sie auf ein Kommissariat gebracht und sie sei nach ihrem Freund gefragt worden. Man habe sie daraufhin in einem Raum mit anderen Frauen festgehalten. Am folgenden Tag seien sie zum Wald gebracht worden und man habe sie aufgefordert anzugeben, wo im Wald sich die Ninjas verstecken würden. Da sie die Frage nicht habe beantworten können, sei sie vergewaltigt und mit dem Tode bedroht worden. Dies sei während sechs Tagen, bis zum 6. Juli 2017, wiederholt worden, bis eine Person vom Militär ihr gegen Bezahlung geholfen habe, zu fliehen. Er habe sie zunächst zu ihrer Freundin gefahren, wo sie ihr Geld geholt habe und sie dann an einem anderen Ort abgesetzt. Sie habe dort einen Mann getroffen, welcher ihr über den Fluss in die Demokratische Republik Kongo geholfen habe, und habe sich bis September 2017 bei seiner Familie in E._______ aufgehalten. Danach habe der Mann sie zu seiner Schwester nach F._______ gebracht und habe ihr geholfen, die Ausreise zu organisieren.

Zum Nachweis ihrer Identität reichte sie ihre Identitätskarte von Kongo Brazzaville zu den Akten.

E. 
Mit Verfügung vom 2. Mai 2018 teilte das SEM der Beschwerdeführerin mit, dass weitere Abklärungen nötig seien und ihr Asylgesuch gemäss Art. 19 TestV im erweiterten Verfahren behandelt werde. Gleichzeitig wurde sie dem Kanton G._______ zugewiesen.

F. 
Mit Verfügung vom 29. Juni 2018, eröffnet am 4. Juli 2018, verneinte das SEM die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin, lehnte ihr Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an, schob den Vollzug der Wegweisung infolge Unzumutbarkeit indessen auf und ordnete eine vorläufige Aufnahme an.

Es begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass ihre Vorbringen, sie habe mit einem Ninja-Kämpfer eine Liebschaft gehabt und sei aufgrund dessen im Juli 2017 vom Militär während einigen Tagen festgehalten und dabei mehrfach vergewaltigt worden, nicht glaubhaft seien. Sie habe sich widersprüchlich zu den angeblichen Hintergründen der Festnahme geäussert. Sie habe einerseits zu Protokoll gegeben, sie sei von den Soldaten aufgefordert worden, den Aufenthaltsort des Ninjas, mit welchem sie eine Liebschaft gehabt habe, zu verraten. Demgegenüber habe sie gesagt, das Ziel der Soldaten sei es nicht gewesen, den Ort des Verstecks der Ninjas in Erfahrung zu bringen, sondern sie zu misshandeln und ihre Wut an ihr auszulassen. Ausserdem habe sie zu zentralen Punkten lediglich unsubstantiierte Angaben gemacht. Zum Ablauf der Tage während der Inhaftierung habe sie stereotype und pauschale Aussagen gemacht. Sie habe lediglich angegeben, man habe ihr ein Stück Brot und Ingwer sowie eine Flasche Wasser gebracht und es sei in dem Raum erstickend gewesen. Ihre Schilderungen würden kein Bild ermitteln, wie ein durchschnittlicher Tag während der Inhaftierung ausgesehen habe. Auch auf die Frage, ob sie jeweils von der gleichen oder von verschiedenen Personen vergewaltigt worden sei, habe sie ausweichend zur Antwort gegeben, es sei schwierig dies zu beantworten, da es jeweils in der Nacht geschehen sei und sie nicht gewagt habe, die Soldaten anzuschauen. Sie wisse nur noch, dass diese bewaffnet und in Militärkleidung gewesen seien. Diese Antwort sei als Schutzbehauptung zu qualifizieren, da man sich bei einem solchen Übergriff nahe komme und erwartet werden könne, dass sie konkrete Angaben hätte machen können. Des Weiteren habe sie auch keine Angaben zu den Frauen, welche mit ihr während der mehrtätigen Haft im gleichen Raum festgehalten worden seien, machen können. Sie habe weder deren Namen noch die Hintergründe deren Inhaftierung gekannt. Sie habe diesbezüglich angegeben, sie habe sich nie mit den Frauen unterhalten, da es sich nicht gehöre, in einer solchen Situation Fragen zu stellen. Diese Aussagen seien realitätsfremd und es wäre zu erwarten gewesen, dass sie sich mit den anderen beiden Frauen, welche ihr Schicksal geteilt hätten, ausgetauscht hätte. Schliesslich habe sie auch keine ungefähren Angaben zur Höhe der Geldsumme, welche sie einem Soldaten für ihre Freilassung bezahlt habe, machen können. Nicht nachvollziehbar sei in diesem Zusammenhang ihre Aussage, dass der sie freilassende Soldat mit ihr nicht über eine konkrete Geldsumme als Gegenleistung für die Freilassung diskutiert oder verhandelt habe, zumal es für diesen von grundlegendem Interesse hätte sein müssen zu wissen, für welche Summe er ihretwegen seine Anstellung und auch allfällige strafrechtliche Konsequenzen und Sanktionen riskiert hätte. Hinzukommend liessen ihre Schilderungen über die mehrtägige Haft und die massiven Übergriffe auf ihre Integrität gänzlich die Wiedergabe von Emotionen und inneren psychischen Vorgängen vermissen, was im Fall von effektiven Erlebnissen der angeführten Art jedoch zwingend wäre. Aufgrund dessen seien die mehrtägige Inhaftierung und die Vergewaltigungen nicht glaubhaft.

Des Weiteren sei ihr Vorbringen, die allgemeine Situation in Kongo Brazzaville sei instabil und unsicher, nicht asylrelevant. Die schwierige Sicherheitslage in ihrem Heimatstaat sei die Folge der allgemeinen politischen und sozialen Verhältnisse, wie sie sich für einen Grossteil der Bevölkerung präsentiere, und stelle keine gezielte asylbeachtliche Verfolgung im Sinne des Art. 3 AsylG dar.

Ihr Vorbringen würden insgesamt weder den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG noch den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG standhalten.

G. 
Die Beschwerdeführerin liess diese Verfügung mit Beschwerde vom         31. Juli 2018 durch ihre Rechtsvertreterin anfechten und beantragte, die angefochtene Verfügung sei in den Ziffern 1 bis 3 aufzuheben, es sei ihre Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen und ihr Asyl zu gewähren, eventualiter sei die Beschwerdeführerin als Flüchtling vorläufig aufzunehmen, subeventualiter sei die Sache zur erneuten Feststellung des Sachverhalts und zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und die Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin zu bestellen.

Sie begründete die Rechtsmitteleingabe dahingehend, dass ihre Aussagen trotz ihrer traumatischen Erlebnisse und der Tatsache, dass die erste Anhörung nicht in einem Frauenteam durchgeführt worden sei, nachvollziehbar und detailliert ausgefallen seien. Die Beschwerdeführerin habe mehrfach angegeben, dass sie den Soldaten alles, was sie über die Ninjas gewusst habe, gesagt hätte, dennoch hätten diese nicht aufgehört, sie zu misshandeln. Sie sei deswegen davon ausgegangen, dass die Soldaten sie quälen wollten und gar nicht an den Informationen interessiert gewesen seien. Es handle sich dabei jedoch um eine Annahme ihrerseits, sie könne nicht wissen, warum die Soldaten sie so lange festgehalten und misshandelt hätten und es sei in ihren Aussagen kein Widerspruch zu erkennen. Ob sie noch weitere Informationen über die Ninjas gehabt habe, habe die Soldaten anscheinend nicht interessiert. Der Soldat, welcher sie freigelassen habe, habe ihr zudem gesagt, dass die Personen im Normalfall nicht länger als eine Woche in Haft überleben würden.

In der Beschwerde wird weiter ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin detaillierte Angaben zu ihrer Verhaftung, zum Polizeikommissariat und zum Ablauf, wie sie in die Zelle gebracht worden sei, wie auch zum Aussehen der Zelle gemacht habe. Sie habe auch erklärt, wie sie die Notdurft verrichtet habe, sich nicht habe waschen können und Stimmen gehört habe. Daneben habe sie auch die Abläufe der Vergewaltigungen und den Transport sehr detailliert geschildert. Es würden sich in beiden Anhörungsprotokollen keine pauschalen und stereotypen Aussagen befinden und sie habe auch glaubhaft geschildert, wie sie sich in Haft gefühlt habe. Ausserdem sei anzumerken, dass die Ansicht der Vorinstanz, man komme sich bei einer Vergewaltigung sehr nahe und müsse daher Eindrücke über die Umrisse, Statur, Körpergerüche und die individuelle Verhaltens- und Vorgehensweise des Täters bekommen, eine sehr plakative und vereinfachte Vorstellung einer Vergewaltigung darstelle und nicht der Realität entspreche.

Die Vorinstanz habe sich überdies in keiner Weise mit der psychischen Verfassung der Beschwerdeführerin und dem Aussageverhalten von Opfern von sexueller Gewalt im Allgemeinen auseinandergesetzt. Gemäss dem Istanbul-Protokoll könnten Personen, welche an einer PTBS leiden, unfähig sein, gewisse Details der Folterung in Erinnerung zu rufen und sie würden sich nur noch an die wichtigsten Ereignisse dieses Erlebnisses erinnern. Die Unfähigkeit der Beschwerdeführerin, sich an gewisse Details erinnern zu können, bestärke somit vielmehr ihre Glaubhaftigkeit. Des Weiteren sei eine vom Bundesverwaltungsgericht anerkannte Theorie der wissenschaftlichen Traumaforschung zu berücksichtigen, welche besage, dass traumatisierte Asylsuchende häufig nicht in der Lage seien, präzise, vollständige und widerspruchsfreie Angaben zu erlittenen Misshandlungen zu machen. Sie würden dazu neigen, Gedanken, Gefühle und Gespräche die sich auf traumatische Ereignisse beziehen würden, zu vermeiden. Die damalige Asylrekurskommission (ARK) habe im Urteil EMARK 2003 Nr. 17 E.4b festgehalten, dass jenen Selbstschutz- und Verdrängungsmechanismen im Rahmen der Beurteilung von Aussagen potentieller Traumaopfer hinreichend Rechnung zu tragen sei.

In Bezug auf die anderen beiden Frauen, welche mit der Beschwerdeführerin im selben Raum festgehalten worden seien, habe sie gesagt, die beiden Frauen seien bereits im Raum gewesen, als sie gekommen sei. So wie sie sich verhalten hätten, habe jede auf ihre Weise Angst gehabt. Sie seien jeweils zusammen abgeholt und wieder zurückgebracht worden. Es sei alles sehr beschämend gewesen und sie habe nicht sprechen können, da es so schlimm gewesen sei. Sie hätten alle geweint und man habe nicht einfach fragen können, was los sei, da man ja nicht wisse, was der anderen Person passiert sei. Es wäre für sie etwas anderes gewesen, wenn die Frauen sie zuerst angesprochen hätten, sie habe aber nicht von sich aus Fragen stellen wollen. Es sei im Übrigen herabwürdigend, von solchen Ereignissen zu erzählen, auch wenn die andere Person dasselbe erlebt habe. Es sei zudem anzumerken, dass sie nicht erst auf Nachfrage des SEM erwähnt habe, dass sie nicht mit den anderen beiden Frauen gesprochen habe. Es sei nicht möglich anzugeben, welches Verhalten in einer solchen Situation mit fremden Personen zu erwarten wäre, wenn man so etwas nicht selber erlebt habe. Sie und die beiden anderen Frauen hätten sich zutiefst dafür geschämt, was ihnen angetan worden sei, und es sei absolut verständlich, dass sich die Frauen untereinander geschämt und nicht gesprochen hätten.

Des Weiteren habe die Beschwerdeführerin ausführlich erklärt, weshalb der Soldat nicht mit ihr über den Geldbetrag verhandelt habe und sie habe in der Eile auch nicht nachgeschaut, wie viel sie ihm konkret gegeben habe. Sie habe erklärt, die Soldaten würden bis zu ihrem 30. Lebensjahr kein Gehalt erhalten, weshalb sie gewusst habe, dass er das Geld annehmen würde. Bereits mit kleinsten Beträgen könne man in ihrer Heimat jemanden bestechen.

In der Beschwerde wird zudem moniert, dass die Argumentation des SEM, ihre Aussagen hätten die Wiedergabe von Emotionen und inneren psychischen Vorgängen vermissen lassen, in keiner Weise zutreffend sei. Sie habe in der ersten Anhörung sehr ausführlich ihre Verhaftung und die ersten Übergriffe geschildert und habe so fest weinen müssen, dass die Dolmetscherin sie nicht mehr richtig habe verstehen können. Auch bei der zweiten Anhörung habe sie geweint, als sie von der Vergewaltigung erzählt habe und sie habe geschildert, wie sie sich aufgrund des Geschehenen fühle. Sie habe auch gesagt, dass sie keinerlei Bedürfnis mehr habe, mit einem Mann zusammen zu sein, und sie nichts mehr empfinde. Es sei für sie schwierig, immer wieder darüber sprechen zu müssen und sie könne jeweils danach nicht schlafen, da es sie sehr bewege. In einer Anhörungspause habe sie ausserdem einen heftigen Weinkrampf gehabt. Sie habe auch mehrfach angegeben, dass sie sich vorgenommen habe, sich an der Anhörung zu beherrschen. Die Argumentation des SEM sei nicht nachvollziehbar.

Insgesamt habe es die Vorinstanz unterlassen, eine Gesamtbetrachtung der Aussagen vorzunehmen und keine Abwägung aller Elemente, welche für oder gegen die Richtigkeit ihrer Aussagen sprechen würden, vorgenommen. Auch die zahlreichen Hinweise auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht berücksichtigt worden. Die Vorinstanz habe dadurch den Untersuchungsgrundsatz und das rechtliche Gehör verletzt, weshalb die Sache eventualiter an die Vorinstanz zur erneuten Abklärung zurückzuweisen sei.

H. 
Am 6. August 2018 reichte die Rechtsvertretung eine Vollmacht der Beschwerdeführerin im Original zu den Akten.

I. 
Mit Instruktionsverfügung vom 9. August 2018 bestätigte die Instruktionsrichterin den Eingang der Beschwerde und hielt fest, die Beschwerdeführerin dürfe den Abschluss des Verfahrens in der Schweiz abwarten, zumal sie vorläufig in der Schweiz aufgenommen worden sei.

J. 
Mit Zwischenverfügung vom 14. August 2018 stufte die Instruktionsrichterin die Beschwerde als aussichtslos ein, wies das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Beiordnung eines amtlichen Rechtsbeistands ab und forderte die Beschwerdeführerin auf, einen Kostenvorschuss zu bezahlen.

K. 
Am 29. August 2018 bezahlte die Beschwerdeführerin fristgerecht den verlangten Kostenvorschuss ein.

L. 
Mit Eingabe vom 29. August 2018 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie beabsichtige, in Kürze eine Beschwerdeergänzung einzureichen und bat das Gericht mit dem Erlass eines Urteils zuzuwarten.

M. 
Am 5. September 2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie beim Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des psychiatrischen Universitätsspitals G._______ einen Termin mit einer spezialisierten Psychiaterin habe und beabsichtige, einen detaillierten Arztbericht einzureichen, welcher jedoch noch nicht fertig gestellt worden sei, weshalb sie erneut das Gericht bat, mit dem Erlass des Urteils zuzuwarten.

N. 
Am 10. September 2018 reichte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der Klinik für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik des Universitätsspitals G._______ ein, gemäss welchem sie am 13. September 2018 ein erstes Gespräch in der Klinik habe.

O. 
Mit Instruktionsverfügung vom 11. September 2018 wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit geboten, innert Frist den in Aussicht gestellten detaillierten Arztbericht einzureichen.

P. 
Am 8. Oktober 2018 reichte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Bericht des Ambulatoriums für Folter- und Kriegsopfer, datierend vom 3. Oktober 2018, ein. Aus dem Bericht geht im Wesentlichen hervor, dass die Beschwerdeführerin nach wiederholter Vergewaltigung Depersonalisationssymptome und eine Bewusstseinseinengung, hinweisend auf eine akute Belastungsreaktion mit peri-traumatischer Dissoziation (unwillkürliche Abspaltung des Bewusstseins und Verminderung der Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt als Reaktion auf Stressüberflutung) beschreibe. Sie habe nachfolgend eine PTBS entwickelt mit den Kernsymptomen in Form von belastendem Wiedererleben, negativen Veränderungen von Stimmung und Kognitionen, vegetativer Überregung und Vermeidungssymptomen. Im Bericht wird ferner darauf hingewiesen, dass - ohne die beschriebenen Erfahrungen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts überprüfen zu können - sich die subjektiven Angaben und objektiven Beobachtungen klinisch widerspruchsfrei mit den geltend gemachten traumatischen Erfahrungen vereinbaren liessen. Des Weiteren wird festgehalten, dass sie sich als Folge einer Panikattacke im Rahmen der PTBS und der psychosozialen Belastung durch Wohnortswechsel vom (...) 2018 bis (...) 2018 in einer stationären Krisenintervention aufgehalten habe.

Im Begleitschreiben wies die Rechtvertreterin darauf hin, dass die Diagnose auch zu den Aussagen der Beschwerdeführerin während der Anhörung passe. Sie habe beispielsweise gesagt, sie habe ihren ganzen Körper nicht mehr gefühlt, sie habe die Kontrolle verloren und habe nicht mehr gewusst, wer sie sei und was ihr passiere. Sie habe auch gesagt, sie sei dort nicht mehr sich selbst gewesen und habe ihren Kopf nicht an der richtigen Stelle gehabt. Die Diagnose erkläre das Aussageverhalten und die teilweise vorhandenen Lücken in ihrer Erinnerung. Es sei zudem auch ein Hinweis auf die Ursache, weshalb sie nicht mit den Mitinsassinnen gesprochen habe.

Q. 
In seiner Vernehmlassung vom 15. November 2018 hielt das SEM fest, die Beschwerdeschrift enthalte keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel, welche eine Änderung seines Standpunktes rechtfertigen könnten. Das SEM halte an seiner Einschätzung fest, dass die geltend gemachte Verfolgung im Heimatstaat nicht glaubhaft geworden sei. Das SEM verkenne dabei nicht, dass die Beschwerdeführerin offenkundig an psychischen Problemen leide, rechne diese jedoch einem anderen Kontext zu. In Bezug auf den eingereichten Arztbericht sei festzuhalten, dass das medizinische Fachpersonal nicht verpflichtet sei, die Angaben eines Patienten auf deren Glaubhaftigkeit zu prüfen. Ausserdem falle auf, dass in dem Arztbericht vermerkt sei, die Beschwerdeführerin habe bis anhin keine Partnerschaft gehabt, was ihren Angaben im Asylverfahren, sie habe eine Beziehung mit einem Ninja-Kämpfer geführt, widerspreche.

R. 
Mit Replik vom 3. Dezember 2018 monierte die Beschwerdeführerin, dass das SEM den psychischen Zustand im Hinblick auf dessen Einfluss auf ihr Aussageverhalten und bei der Glaubhaftigkeitsprüfung in seiner Verfügung nicht berücksichtigt habe. Es lasse sich überdies nicht erklären, warum die Vorinstanz zunächst in der Verfügung die sexuellen Übergriffe an sich für unglaubhaft gehalten habe, in der Vernehmlassung dann nur den Kontext der Übergriffe als nicht glaubwürdig eingestuft habe. Die im eingereichten Arztbericht gestellte Diagnose erkläre die vermeintlichen Widersprüche in den Aussagen beziehungsweise die Tatsache, dass sie sich an gewisse Dinge nicht habe erinnern können. Im Weiteren sei es natürlich korrekt, dass das medizinische Personal nicht verpflichtet sei, die Angaben einer Patientin auf ihre Glaubhaftigkeit hin zu überprüfen. Das Ambulatorium habe aber festgehalten, dass sich die subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin und die objektiven Beobachtungen klinisch widerspruchsfrei mit den geltend gemachten traumatischen Erfahrungen vereinbaren liessen. Der eingereichte Arztbericht sei als Parteigutachten im Sinne von Art. 12 Bst. c VwVG zu betrachten. Zudem sei auf das Urteil BVGE 2015/11 zu verweisen, in welchem das Bundesverwaltungsgericht festgehalten habe, dass sich zwar aus der Diagnose einer PTBS nicht auf die Ursache einer Traumatisierung schliessen lasse, aber gleichwohl die Einschätzung eines Facharztes in Bezug auf die Plausibilität von Vorkommnissen oder Ereignissen, welche als Ursache für die PTBS in Betracht kommen, ein Indiz bilde, welches bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Verfolgungsvorbringen zu berücksichtigen sei. Abschliessend sei darauf hinzuweisen, dass eine Partnerschaft umgangssprachlich mehr als nur eine Liebesbeziehung sei und auf eine lange und gefestigte Beziehung hinweise. Bei der kurzen Beziehung mit dem Ninja-Kämpfer habe es sich nicht um eine Partnerschaft gehandelt, weshalb hier kein Widerspruch auszumachen sei.

S. 
Mit Instruktionsverfügung vom 28. Mai 2020 informierte die Instruktionsrichterin die Beschwerdeführerin, dass das Gericht beabsichtige, das vorliegende Verfahren in Kürze abzuschliessen und bot der Beschwerdeführerin Gelegenheit, allfällige letzte ergänzende Ausführungen einzureichen. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, einen aktuellen ärztlichen Bericht zu den Akten zu reichen.

T. 
Am 22. Juni 2020 wurde ein ärztlicher Bericht, datiert auf den 18. Juni 2020, sowie eine Erklärung betreffend Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu den Akten gereicht. Aus dem Bericht der behandelnden Therapeutin Dr. phil. H._______ geht hervor, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor an einer PTBS leide. Sie habe sogenannte flash backs, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten und leide an häufigen Kopfschmerzen. Die Psychotherapie werde in Abständen von drei bis vier Wochen weitergeführt.  

 


Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.   

1.1  Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

1.2  Am 1. März 2019 ist die Teilrevision (AS 2016 3101) des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).

1.3  Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

1.4  Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; sie ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt.  108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. 
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.   

3.1  Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2 AsylG).

3.2  Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Die Flüchtlingseigenschaft ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält (Art. 7 Abs. 1 und 2 AsylG). Glaubhaftmachung bedeutet im Gegensatz zum strikten Beweis ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus Raum für gewisse Einwände und Zweifel an den Vorbringen. Eine Behauptung gilt bereits als glaubhaft gemacht, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit nicht völlig überzeugt ist, sie aber überwiegend für wahr hält, obwohl nicht alle Zweifel beseitigt sind. Demgegenüber reicht es für die Glaubhaftmachung nicht aus, wenn der Inhalt der Vorbringen zwar möglich ist, aber in Würdigung der gesamten Aspekte wesentliche und überwiegende Umstände gegen die vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung sprechen. Entscheidend ist im Sinne einer Gesamtwürdigung, ob die Gründe, die für eine Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht; dabei ist auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen (BVGE 2015/3 E. 6.5.1). Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 Abs. 3 AsylG).

3.3  Die Glaubhaftigkeit von Aussagen asylsuchender Personen kann im Rahmen eines inhaltsorientierten Ansatzes aufgrund sogenannter Realkennzeichen beurteilt werden. Die Realkennzeichen ermöglichen eine Differenzierung zwischen erlebnisbasierten und erfundenen respektive verfälschten Aussagen. Je mehr Realkennzeichen eine Aussage enthält, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Aussage auf eigenem Erleben beruht. Dabei sind immer die Fähigkeiten der aussagenden Person und die Komplexität des vorgebrachten Geschehens zu berücksichtigen. Zu den Realkennzeichen gehören insbesondere die logische Konsistenz, die ungeordnete, aber inhaltlich letztlich stimmige Darstellung, der quantitative Detailreichtum, raum-zeitliche Verknüpfungen, die Wiedergabe von Gesprächen, ausgefallene Einzelheiten, spontane Verbesserungen der eigenen Aussagen, das Eingeständnis von Erinnerungslücken sowie die Schilderung von Interaktionen, Komplikationen, Nebensächlichkeiten, unverstandenen Handlungselementen und eigenen psychischen Vorgängen (vgl. Angelika Birck, Traumatisierte Flüchtlinge, Wie glaubhaft sind ihre Aussagen?, Heidelberg 2002, S. 82 ff. und S. 139 ff.; Revital Ludewig/Daphna Tavor/Sonja Baumer, Wie können aussagepsychologische Erkenntnisse Richtern, Staatsanwälten und Anwälten helfen?, in: AJP 11/2011, S. 1423 ff.; vgl. auch BGE 129 I 49 E. 5 sowie BVGE 2015/3 E. 6.5.1; 2013/11 E. 5.1 und 2012/5 E. 2.2, jeweils m.w.H.).

4. 
In Beachtung dieser Grundsätze und nach Durchsicht der Akten kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass es sich den vorinstanzlichen Erwägungen in Bezug auf die Glaubhaftigkeit der Vorbringen aus folgenden Überlegungen nicht anschliessen kann:

4.1  Das SEM führt in seiner Verfügung zunächst aus, die Beschwerdeführerin habe sich zu den angeblichen Hintergründen ihrer Verhaftung durch die Soldaten widersprüchlich geäussert. Sie habe einerseits angegeben, die Soldaten hätten von ihr den Aufenthaltsort der Ninjas wissen wollen. Andererseits habe sie gesagt, dass Ziel der Soldaten sei es nicht gewesen, den Aufenthaltsort der Ninjas zu erfahren, zumal sie diesbezüglich bereits alle Informationen gehabt hätten, sondern sie hätten sie misshandeln und die Wut an ihr auslassen wollen (Verfügung vom 29. Juni 2018 E.II.1.).

In Anbetracht der an beiden Befragungen übereinstimmenden umfangreichen Ausführungen der Beschwerdeführerin fällt dieser vom SEM hervorgehobene Widerspruch einerseits nicht derart ins Gewicht, dass man daraus die Unglaubhaftigkeit der Inhaftierung ableiten könnte. Andererseits fällt nach Durchsicht der Protokolle auf, dass es sich dabei nicht um einen erheblichen Widerspruch handelt. Die Beschwerdeführerin hat an beiden Befragungen angegeben, die Soldaten hätten den Aufenthaltsort der Ninjas wissen wollen und sie hätten die inhaftierten Frauen der Ninjas zerstören wollen (SEM Akten A28, F80; A31, F21, F41). Sie hat auch an beiden Befragungen übereinstimmend ausgeführt, dass sie zugegeben habe, dass ein Ninja ihr Freund gewesen sei und sie ihm Essen in den Wald gebracht habe (SEM Akten A28, F80; A31, F21). Die übereinstimmenden Aussagen hat das SEM in seiner Glaubhaftigkeitsprüfung nicht erwähnt, sondern lediglich hervorgehoben, dass die Beschwerdeführerin zu einem späteren Zeitpunkt angegeben habe, das Ziel sei es nicht gewesen, den Ort zu erfahren, sondern sie zu misshandeln (SEM Akte A31, F110). Die Beschwerdeführerin hat sich bei dieser Aussage darauf bezogen, dass sie bereit gewesen wäre, den Soldaten anzugeben, wo sie die Nahurngsmittel für die Ninjas jeweils deponiert habe, dieser Ort habe die Soldaten indes nicht interessiert (a.a.O.). Darin einen entscheidenden Widerspruch zu sehen, erscheint zu überspitzt. Vielmehr lassen ihre Aussagen darauf schliessen, dass die Soldaten die Frauen der Ninjas festgenommen haben, um einerseits den Aufenthaltsort der Männer zu erfahren, aber andererseits auch, um sie zu misshandeln und einzuschüchtern. Die Beschwerdeführerin führte aus, man habe ihr gesagt, man werde die Frauen der Ninjas töten. Man bleibe nur eine Woche dort (in Haft), danach werde man getötet (SEM Akten A28, F80; A31, F75). Da die Soldaten die Ninjas nicht hätten finden können, hätten sie es an den Frauen ausgelassen (SEM Akte A31, F44). Der vom SEM ausgemachte Widerspruch vermag somit insgesamt nicht zu überzeugen.

4.2  Des Weiteren führt die Vorinstanz aus, die Beschwerdeführerin habe zu den zentralen Punkten der Vorbringen durchwegs stereotype und pauschale Aussagen gemacht, insbesondere zum Ablauf der Tage während der Inhaftierung und zu den Personen, welche sie vergewaltigt hätten. In Bezug auf den Tagesablauf der Inhaftierung hat die Beschwerdeführerin tatsächlich eher knappe Aussagen gemacht, sie wurde jedoch zum Tagesablauf auch nicht ausführlich befragt (SEM Akte A31, F36). Immerhin beschrieb sie jedoch den Raum, in welchem sie festgehalten worden sei, und hat angegeben, es sei erstickend gewesen. Sie habe jeweils nur Brot und Ingwer und manchmal auch nur eine Flasche Wasser für den gesamten Tag erhalten (SEM Akte A31, F29ff.). Inwiefern es sich dabei um stereotype Aussagen handeln sollte, erschliesst sich nicht.

Daneben hat das SEM nicht erwähnt, dass sich in den übrigen Aussagen der Beschwerdeführerin mehrere Realkennzeichen und insbesondere ein quantitativer Detailreichtum befinden. In der Beschwerde wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin zum Ablauf der Inhaftierung an beiden Befragungen detaillierte Angaben gemacht hat. Sie gab an, dass der Mann der Freundin, bei welcher sie zu jener Zeit wieder gewohnt habe, die Tür geöffnet habe und sie selbst sich im Wohnzimmer befunden habe, da sie dort geschlafen habe (SEM Akten A28, F80; A31, F21-F26). Sie erwähnte auch weitere Nebensächlichkeiten, wie, dass sie bei der Verhaftung lediglich ihr Telefon mitgenommen habe (SEM Akte A31, F21). Später bezog sie sich nochmals darauf und gab an, dass sie bei der Ankunft im Kommissariat einer Leibesvisitation unterzogen worden sei und man ihr dabei das Telefon abgenommen habe (a.a.O., F27, F40). Bereits an der Erstbefragung gab sie an, dass man ihr das Telefon abgenommen habe (SEM Akte A28, F80). Sie beschrieb auch an einigen Stellen ihre Gefühle und gab an, sie sei während der Autofahrt ins Kommissariat nicht in der Lage gewesen, mit den Soldaten zu sprechen, da sie am ganzen Körper gezittert und Angst gehabt habe. Sie habe sich zum ersten Mal in einem Polizeiauto befunden (SEM Akte A31, F25). Das Gericht teilt die Einschätzung nicht, dass sie durchwegs stereotype und pauschale Aussagen gemacht hat, auch wenn einzelne Abläufe vage geblieben sein mögen.

4.3  Das SEM hält der Beschwerdeführerin ferner vor, dass sie nicht habe angeben können, ob sie immer von derselben Person oder von verschiedenen Personen vergewaltigt worden sei. Sie habe ausweichende und pauschale Antworten gegeben und es wäre zu erwarten gewesen, dass sie konkrete Angaben zu den Vergewaltigungen hätte machen können. Die Beschwerdeführerin moniert zu Recht, dass sich das SEM diesbezüglich nicht mit ihrem psychischen Zustand und der bereits aus den Berichten des Ambulatoriums feststellbaren PTBS auseinandergesetzt hat. Aus den dem SEM zu Beginn des Asylverfahrens vorgelegen Berichten geht hervor, dass die Beschwerdeführerin beim Erzählen der traumatischen Ereignisse (gegenüber dem Arzt) eine deutliche affektive Beteiligung, Intrusionen und eine Tendenz zur Dissoziation zeige (SEM Akte A19). Die Ausführungen des SEM, es wäre zu erwarten gewesen, dass die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den Vergewaltigungen Angaben zu Umrissen der Statur, zu Körpergerüchen und der individuellen Verhaltens- und Vorgehensweise des Täters hätte machen können, da man sich bei solchen Übergriffen sehr nahe komme, sind vor diesem Hintergrund umso mehr unangemessen.

Bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Vorbringen ist der von fachlich qualifizierter Seite festgestellten Traumatisierung angemessen Rechnung zu tragen. Aus dem auf Beschwerdestufe eingereichten Bericht des Ambulatoriums für Folter- und Kriegsopfer vom 3. Oktober 2018 geht hervor, dass die Beschwerdeführerin an einer PTBS (ICD-10: F43.1) leide und ihr ein Antidepressivum verschrieben worden sei. Sie leide an einem Trauma nach wiederholter Vergewaltigung. Des Weiteren wird in dem Bericht festgehalten, dass sie Depersonalisationssymptome und eine Bewusstseinseinengung, hinweisend auf eine akute Belastungsreaktion mit peritraumatischer Dissoziation (unwillkürliche Abspaltung des Bewusstseins und Verminderung der Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt als Reaktion auf Stressüberflutung) beschreibe. Im Bericht wird ferner darauf hingewiesen, dass ohne die beschriebenen Erfahrungen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts überprüfen zu können, sich die subjektiven Angaben und objektiven Beobachtungen klinisch widerspruchsfrei mit den geltend gemachten traumatischen Erfahrungen vereinbaren liessen. Gegenüber den Ärzten hat die Beschwerdeführerin die Hintergründe der traumatischen Erlebnisse beziehungsweise der Vergewaltigungen ausführlich und mit den Angaben im Asylverfahren übereinstimmend beschrieben, was ein gewichtiges Element für die Glaubhaftigkeit der Vorbringen darstellt. Der Bericht des Ambulatoriums für Folter- und Kriegsopfer wurde basierend auf fünf Gesprächen mit der Beschwerdeführerin verfasst. Mit dem SEM ist zwar festzuhalten, dass ärztliches Personal von seinem Auftrag her nicht verpflichtet ist, Aussagen auf seine Glaubhaftigkeit zu prüfen. Ein Arztbericht gibt lediglich über einen Befund Auskunft, kann jedoch keinen Beweis für das geltend gemachte traumatisierende Ereignis bilden (vgl. BVGE 2015/11 E. 7.2.1 und 7.2.2). Die ärztlichen Unterlagen und die Aussagen gegenüber einem Arzt können jedoch als Indiz für die Glaubhaftigkeit der Vorbringen beigezogen werden. In dem Bericht wird einerseits festgehalten, dass sich die subjektiven Angaben und objektiven Beobachtungen mit den geltend gemachten traumatischen Ereignissen aus klinischer Sicht vereinbaren lassen. Andererseits wird beschrieben, dass die Beschwerdeführerin eine peritraumatische Dissoziation aufweist, was vorliegend die vom SEM vorgehaltenen unkonkreten Angaben zu den Vergewaltigungen erklären kann. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen, dass das SEM die psychischen Probleme in seiner Verfügung nicht gewürdigt beziehungsweise bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Gemäss dem aktuellen Arztbericht vom 18. Juni 2020 leide die Beschwerdeführerin auch heute noch an den Folgen des traumatischen Erlebnisses und an einer PTBS und sie ist nach wie vor in psychotherapeutischer Behandlung. Es kann anhand der Aktenlage somit durchaus angenommen werden, dass die Traumatisierung der Beschwerdeführerin Einfluss auf ihr Aussageverhalten gehabt hat. Es ist bekannt, dass Opfer von sexueller Gewalt in der Regel Mühe haben, umfassend über das Erlebte zu sprechen. Der Grund dafür liegt im oft vorkommenden Vermeidungsverhalten hinsichtlich Gedanken, Gefühlen und Gesprächen mit Bezug auf die traumatischen Erlebnisse. Dies kann dazu führen, dass man sich an wesentliche Aspekte nicht zu erinnern vermag (vgl. EMARK 2003 Nr. 17, E. 4b). Aus den Befragungsprotokollen geht an diversen Stellen hervor, dass es für die Beschwerdeführerin schwierig war, über das Erlebte zu sprechen (bspw. SEM Akten A31, Anmerkung der Rechtsvertretung auf S. 4 und F77f., 81; A28, F10, F81, F97f.). Nach dem Gesagten lassen sich aus den Äusserungen der Beschwerdeführerin zu dem sexuellen Missbrauch keine Unglaubhaftigkeitselemente ableiten.

4.4  Andererseits ergeben sich aus den Aussagen der Beschwerdeführerin auch einige Ungereimtheiten. So überrascht die Angabe, dass sie sich in Haft nicht mit den anderen Frauen ausgetauscht habe (SEM Akte A31, F46f., F72-F74). Das SEM hat diesbezüglich in der Verfügung zu Recht aufgeführt, dass zu erwarten gewesen wäre, dass sich die inhaftierten Frauen, welche dasselbe Schicksal geteilt haben, ausgetauscht hätten. Es erstaunt, dass die drei Frauen während den sechs Tagen in Haft zu keinem Zeitpunkt miteinander gesprochen haben sollen und sich beispielsweise Trost zugesprochen oder die Hintergründe der jeweils anderen Frauen zu erfahren versucht hätten. Die Ausführungen in der Beschwerde, dass es eine schambehaftete Situation gewesen sei und die Beschwerdeführerin nicht von sich aus die anderen beiden Frauen habe ansprechen wollen, kann als mögliche Erklärung dienen, auch wenn sie nicht restlos überzeugt.

4.5   

4.5.1  Des Weiteren erscheint es tatsächlich seltsam, dass - wie vom SEM in der angefochtenen Verfügung ausgeführt - die Beschwerdeführerin keine ungefähre Angabe der Geldsumme, welche sie dem Soldaten gegeben habe, der ihr zur Flucht verholfen habe, hat machen können (SEM Akte A31, F59ff.). Die Begründung der Beschwerdeführerin, dass die Soldaten nicht von Beginn an einen Sold erhalten würden und sie darum gewusst habe, dass er das Geld annehmen werde, leuchtet nicht gänzlich ein. Es wäre nichtsdestotrotz zu erwarten gewesen, dass der Soldat zumindest eine ungefähre Angabe der in Aussicht gestellten Geldsumme hätte haben wollen angesichts der Risiken, welche er mit der Freilassung einer Gefangenen auf sich genommen hat.

4.5.2  Ihre übrigen Aussagen zur Flucht lassen ihre Darstellung indes nicht gesamthaft unglaubhaft erscheinen. In den Ausführungen der Beschwerdeführerin sind zahlreiche Realkennzeichen ersichtlich. Beispielsweise hat sie wiederholt angegeben, sie habe den Soldaten gebeten, sie zum Markt zu fahren, da sie sich dort habe orientieren und das Haus der Freundin finden könne (SEM Akte A31, F48, F53). Daneben berichtet sie auch weitere Nebensächlichkeiten, wie, dass sie den Soldaten an den Kleidern gezogen habe (SEM Akten A31, F48; A28, F80). Daneben gab sie wiederholt an, sie habe sich an jenem Tag schmutzig gefühlt und habe schlecht gerochen (SEM Akten A31, F48; A28, F80). Auch in ihren darauffolgenden Erzählungen bezieht sie sich darauf, dass sie gestunken habe (SEM Akte A28, F80, A31, F61) und gibt an, wann sie sich das erste Mal wieder habe waschen können (SEM Akte A31, F62).

4.5.3  Die darauffolgende Flucht von Kongo Brazzaville über den Fluss nach Kongo Kinshasa konnte die Beschwerdeführerin äusserst detailliert und erlebnisgeprägt wiedergeben. Dabei gab sie ausgefallene Einzelheiten an, wie, dass sie bei der Überfahrt über den Fluss Blutungen gehabt habe und die Frau des Fluchthelfers ihr traditionelle Bäder gemacht habe (SEM Akte A31, F62f.). Bereits an der Erstbefragung führte sie aus, die Frau des Mannes, welcher sie über den Fluss gebracht und zu sich nach Hause genommen habe, habe eine traditionelle Behandlung für sie gemacht mit traditionellen Massagen. Die Frau habe Bananenpflanzen erwärmt und sie damit eingerieben, danach habe diese ihren Körper damit abgeklopft. Sie habe ihr auch Kräuter-Tees gemacht und habe versucht, sie mit Singen und anderen Dingen abzulenken. Sie habe dabei jedoch immer Tränen in den Augen gehabt, da sie die Stimme ihrer Mutter gehört habe (SEM Akte A28, F80). Insgesamt ergibt sich aus ihren Erzählungen ein erlebnisgeprägtes Bild ihrer Flucht.

4.5.4  Einzig die Aussage der Beschwerdeführerin, sie habe ihre Schwester nicht mehr kontaktieren können, leuchtet nicht ein. Zunächst gab sie an, sie habe - als sie sich in F._______ bei der Schwester des Fluchthelfers befunden habe - ihre Schwester kontaktiert (SEM Akte A31, F91). Später führte sie hingegen aus, sie habe nach ihrer Ankunft in Europa ihre Schwester nicht kontaktieren können, da sie keine Telefonnummer der Schwester gehabt habe (a.a.O., F93, F100ff.). Demgegenüber gab sie jedoch auch Einzelheiten in Bezug auf die Kontaktaufnahme mit der Schwester an, welche wiederum für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen sprechen. Sie erklärte bereits an der Erstbefragung, dass sie mehrmals die Nummer der Schwester habe wählen müssen, bis sie die richtige Nummer eingegeben habe (SEM Akte A28, F80). Sie habe eigentlich die Nummer der Schwester gekannt, aber angesichts des Erlebten habe sie mehrere Versuche benötigt, bis sie die richtige Nummer eingetippt habe (a.a.O., F104). In der Anhörung wiederholte sie diesen Sachverhalt (SEM Akte A31, F91). Des Weiteren gab sie auch an beiden Befragungen übereinstimmend an, dass sie zum Zeitpunkt des Anrufs sehr emotional gewesen sei und geweint habe, weshalb sie sich nicht in der Lage gesehen habe, mit ihrer Schwester persönlich zu sprechen und ihr das Erlebte zu schildern (SEM Akten A28, F80; A31, F99f.)

4.6  Nach den obigen Erwägungen kann festgestellt werden, dass die Aussagen der Beschwerdeführerin mehrheitlich substantiiert ausgefallen sind, einige ihrer Aussagen jedoch unplausibel erscheinen. Bei einer Gesamtbetrachtung des Aussageverhaltens der Beschwerdeführerin fällt gleichwohl grundsätzlich auf, dass kein Bruch in ihrem Erzählstil erfolgte. Beispielsweise berichtet sie über ihr anfängliches Leben in D._______ und über die dortigen Unruhen ab April 2016 in einer ähnlichen Erzähldichte wie über die Inhaftierung und die Flucht nach Kongo Kinshasa (SEM Akte A28, F80). Der Strukturvergleich kann somit als ein weiteres Element, welches für die Glaubhaftigkeit der Vorbringen spricht, herangezogen werden.

4.7  Hinzukommend erscheinen die Aussagen der Beschwerdeführerin auch im länderspezifischen Kontext nachvollziehbar. Im Zuge der Präsidentschaftswahlen vom März 2016 ist es in der Pool-Region ab April 2016 zu Konflikten zwischen dem Staat und den sogenannten Ninja-Rebellen gekommen. Es habe militärische Operationen in der Region gegeben, da die Ninja-Rebellen sich in den Wäldern von Pool versteckt hätten. Es wird auch von Gewalt gegen Frauen und durch die UNO dokumentierte Vergewaltigungen im Zeitraum zwischen April und September 2017 berichtet (The new humanitarian, Updated: Congo-Brazzaville's hidden war, 18. Juni 2018, https://www.thenewhumanitarian.org/special-report/2018/06/18/updated-congo-brazzaville-s-hidden-war, abgerufen am 8. Juli 2020). Die Vorbringen der Beschwerdeführerin betten sich somit in die damalige Konfliktsituation in D._______ plausibel ein.

4.8  Insgesamt ist festzustellen, dass die Vorinstanz in ihrer Beurteilung der Glaubhaftigkeit keine sorgfältige Abwägung aller Elemente, welche für oder gegen die Glaubhaftigkeit der Vorbringen der Beschwerdeführerin sprechen, vorgenommen hat. Das Gericht kommt nach den obigen Erwägungen zum Schluss, dass - insbesondere auch unter Berücksichtigung des Arztberichtes des Ambulatoriums für Folter- und Kriegsopfer - insgesamt die positiven Elemente überwiegen, auch wenn einige der Aussagen mit Zweifeln behaftet bleiben und wenig nachvollziehbar erscheinen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin von kongolesischen Soldaten inhaftiert und vergewaltigt worden ist und sie in der Folge Kongo Brazzaville verlassen hat.

5. 
Im Folgenden bleibt zu prüfen, ob die als überwiegend glaubhaft befundenen Vorbringen, namentlich die sexuellen Übergriffe durch die Soldaten und die Inhaftierung, flüchtlingsrechtlich relevant im Sinne des Asylgesetzes sind.

5.1  Die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG erfüllt eine asylsuchende Person nach Lehre und Rechtsprechung dann, wenn sie Nachteile von bestimmter Intensität erlitten hat beziehungsweise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft begründeterweise befürchten muss, welche ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive durch Organe des Heimatstaates oder durch nichtstaatliche Akteure zu-gefügt worden sind beziehungsweise zugefügt zu werden drohen (vgl. BVGE 2008/4 E. 5.2 S. 37).

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Frage nach der im Zeitpunkt der Ausreise vorhandenen Verfolgung oder begründeten Furcht vor einer solchen. Die Situation im Zeitpunkt des Asylentscheids ist jedoch im Rahmen der Prüfung nach der Aktualität der Verfolgungsfurcht ebenfalls wesentlich. Veränderungen der objektiven Situation im Heimatstaat zwischen Ausreise und Asylentscheid sind deshalb zugunsten und zulasten der das Asylgesuch stellenden Person zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BVGE 2011/51 E. 6.1, 2011/50 E. 3.1.1 und 3.1.2, jeweils m.w.H.).

5.2  Die Beschwerdeführerin hat glaubhaft gemacht, dass sie vom Militär ihres Heimatstaates inhaftiert und mehrfach von Soldaten vergewaltigt worden ist, bevor ihr die Flucht gelang; danach habe sie das Heimatland unmittelbar verlassen. Ihr wurden somit von staatlichen Organen erhebliche Nachteile im Sinne des Art. 3 AsylG zugefügt. Ein sachlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung und der Flucht ist gegeben. Die erlittenen Benachteiligungen weisen ausserdem ein asylrelevantes Motiv auf. Die Übergriffe waren politisch motiviert und hatten im Sinne einer Reflexverfolgung zum Zweck, Informationen über die Ninja-Kämpfer zu erhalten beziehungsweise diese zu einer Rückkehr aus dem Wald durch Nahrungsentzug zu zwingen. Schliesslich bestand angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin Verfolgung seitens staatlicher Kräfte erlebt hat, auch keine innerstaatliche Fluchtalternative. Demnach ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Ausreise einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

5.3  Praxisgemäss besteht die Regelvermutung, dass von erlittener, mit der Ausreise in Kausalzusammenhang stehender Vorverfolgung ohne weiteres auf das Bestehen einer begründeten Furcht vor weiterer, zukünftiger Verfolgung zu schliessen ist (vgl. BVGE 2009/51 E. 4.2.5 m.w.H.). Vorliegend besteht kein Grund, von dieser Regelvermutung abzuweichen, zumal sich die Situation im Heimatland der Beschwerdeführerin seit ihrer Ausreise nicht in einem entscheidrelevanten Ausmass verändert respektive verbessert hat.

5.4  Zusammenfassend erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG. Aus den Akten ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Asylunwürdigkeit im Sinne von Art. 53 AsylG. Der Beschwerdeführerin ist somit Asyl zu gewähren.

6. 
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und die angefochtene Verfügung vom 29. Juni 2018 ist aufzuheben. Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 3 AsylG als Flüchtling anzuerkennen und das SEM ist anzuweisen, ihr Asyl zu gewähren.

7.   

7.1  Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Der am 29. August 2018 geleistet Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 750. - ist der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten.

7.2  Der vertretenen Beschwerdeführerin ist angesichts ihres Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihr notwendigerweise erwachsenen Parteikosten zuzusprechen.

Es wurde keine Kostennote eingereicht. Der notwendige Vertretungsaufwand lässt sich aufgrund der Aktenlage zuverlässig abschätzen, weshalb auf die Einholung einer Honorarnote verzichtet werden kann (Art. 14 Abs. 2 in fine VGKE). Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden Bemessungsfaktoren sowie der Entschädigungspraxis in vergleichbaren Fällen (Art. 9-13 VGKE) ist der Beschwerdeführerin zulasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1900.- (inkl. Auslagen) zuzusprechen. Das SEM ist anzuweisen, der Beschwerdeführerin diesen Betrag zu entrichten.

 

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2. 
Die Verfügung vom 29. Juni 2018 wird aufgehoben Die Beschwerdeführerin wird als Flüchtling anerkannt und das SEM ist anzuweisen, ihr Asyl zu gewähren

3. 
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4. 
Der am 29. August 2018 geleistet Kostenvorschuss in der Höhe von            Fr. 750.- wird der Beschwerdeführerin rückerstattet.

5. 
Das SEM wird angewiesen, der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1900.- auszurichten.

6. 
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

 

Die vorsitzende Richterin:

Die Gerichtsschreiberin:

 

 

Christa Luterbacher

Tina Zumbühl

 

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