Das
Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 31
VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33
VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32
VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens
des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105
AsylG; Art. 83
Bst. d Ziff. 1
BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1
BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG und Art. 6
AsylG).
1.3 Die
Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der
Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung
der Beschwerde legitimiert (Art. 105
und 108 Abs. 1
AsylG; Art. 48 Abs. 1
sowie Art. 52
Abs. 1
VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.4 Die
vorliegende Beschwerde richtet sich gemäss den Rechtsmittelbegehren ausdrücklich gegen den
verfügten Wegweisungsvollzug (Aufhebung der Dispositivziffern 4 und 5 der angefochtenen Verfügung
beziehungsweise Rückweisung an das SEM in diesem Umfang). Die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft,
die Ablehnung des Asylgesuchs und die Anordnung der Wegweisung des Beschwerdeführers (Dispositivziffern 1
bis 3 der Verfügung vom 3. Juli 2017) blieben hingegen unangefochten und sind damit in Rechtskraft
erwachsen.
2.
Bei
der Prüfung des Vorliegens von Wegweisungsvollzugshindernissen kommen ausschliesslich Bestimmungen
des Ausländer- und Integrationsgesetzes zur Anwendung, weshalb sich die Kognition der Beschwerdeinstanz
vorliegend aus Art. 112 Abs. 1 AIG (SR
142.20) in Verbindung mit Art. 49
VwVG ergibt.
Die zulässigen Rügen umfassen demzufolge die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige und
unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie die Unangemessenheit (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
3.
3.1 Ist
der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das
SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige
Aufnahme von Ausländern (Art. 44
AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).
3.2 Bezüglich
der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis das gleiche Beweismass
wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich
ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. Walter
Stöckli, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl.,
Basel 2009, Rz. 11.148).
4.
4.1 Das
SEM führte in der angefochtenen Verfügung hinsichtlich des Vollzugs der Wegweisung im Wesentlichen
an, dieser sei durchführbar. Der Grundsatz der Nichtrückschiebung gelange vorliegend gemäss
Art. 5 Abs. 1
AsylG nicht zur Anwendung, und es würden sich auch keine Anhaltspunkte dafür
ergeben, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3
EMRK verbotene Strafe oder Behandlung drohe. Im Grundsatzurteil
vom 16. Juni 2011 habe das Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass sich die Sicherheitslage
und die humanitäre Situation in Afghanistan derart verschlechtert hätten, dass - ausser
allenfalls in den Grossstädten - von einer existenzbedrohenden Situation im Sinne von Art. 83
Abs. 4 AIG auszugehen sei (vgl. BVGE 2011/7). Im Grundsatzurteil vom 30. Dezember 2011 habe
das Bundesverwaltungsgericht die Sicherheitslage in Mazar-i-Sharif als vergleichbar mit derjenigen in
der Hauptstadt Kabul erachtet (vgl. BVGE 2011/49). Seit dem kontinuierlichen Abzug der International
Security Assistance Force (ISAF) im Jahr 2014 sei zwar eine Zunahme von Sicherheitsvorfällen zu
beobachten, trotzdem könne nicht auf eine Situation allgemeiner Gewalt geschlossen werden. Eine
Rückkehr nach Mazar-i-Sharif sei somit nicht generell unzumutbar, sondern unter begünstigenden
Umständen - auch im Sinne einer allfälligen Aufenthaltsalternative - als zumutbar
zu erkennen. Der Vollzug der Wegweisung werde somit generell als zumutbar erachtet, zumal im Falle des
Beschwerdeführers begünstigende Umstände vorlägen. Da sich seine Ausführungen
insbesondere zum Tod seines Vaters und zu seinem familiären Hintergrund als unglaubhaft erwiesen
hätten, sei davon auszugehen, dass er in Afghanistan über ein tragfähiges Beziehungsnetz
verfüge. Dieses versuche er indessen zu verheimlichen, um eine allfällige Wegweisung nach Afghanistan
zu erschweren beziehungsweise zu verhindern. In der Annahme, dass in Afghanistan sehr wohl Familienmitglieder
leben würden und er mit diesen keine Probleme habe, sei es ihm zuzumuten, sich mit diesen in Kontakt
zu setzen und sich mit deren Hilfe im Heimatland wieder einzugliedern. Dies gelte umso mehr, als er anlässlich
der BzP festgehalten habe, sich etwa zwei Monate in Mazar-i-Sharif aufgehalten zu haben und dass sein
sehr vermögender Onkel dort leben würde. Auch würden seine Mutter und seine Geschwister
bei diesem Onkel leben. Weiter müsse angemerkt werden, dass auch sein örtliches Länderwissen
sowie sein Wissen über die landwirtschaftliche Tätigkeit sehr beschränkt seien, weshalb
davon ausgegangen werden müsse, dass er nicht nur sein Beziehungsnetz verheimliche, sondern auch,
wo er genau in Afghanistan gelebt und gearbeitet habe. Damit dränge sich der Schluss auf, dass er
nicht aus einem Dorf in der Nähe von C._______, sondern vielmehr aus Mazar-i-Sharif stamme. Somit
würden keine individuellen Gründe gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges nach Mazar-i-Sharif
sprechen. Schliesslich sei der Vollzug auch als möglich zu bezeichnen.
4.2 Der
Beschwerdeführer entgegnete in der Beschwerde im Wesentlichen, dass mit seiner mittlerweile eingetroffenen
Original-Tazkira bestätigt werden könne, dass er aus der Region C._______ stamme, wo er auch
aufgewachsen sei. Erst im Jahr 2015 sei er mit seiner Familie aufgrund der Ermordung seines Vaters zu
seinem Onkel nach Mazar-i-Sharif geflohen. Das SEM habe fälschlicherweise eine innerstaatliche Aufenthaltsalternative
in Mazar-i-Sharif bejaht. Zwar sei in BVGE 2011/49 die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs bejaht worden,
weil der dort betroffene Beschwerdeführer in Mazar-i-Sharif sowohl über ein nicht bestrittenes
und enges familiäres Beziehungsnetz als auch weitere zumutbarkeitsbegünstigende Voraussetzungen
verfügt habe - namentlich über eine überdurchschnittlich gute Schulbildung sowie
eineinhalb Jahre Berufserfahrung. Zudem habe dieser zwei Landessprachen beherrscht. Hingegen habe das
Bundesverwaltungsgericht in anderen Fällen, in welchen das SEM die Unzumutbarkeit verneint habe,
auch schon anders entschieden. Dass im Urteil D-1515/2017 vom 6. Juli 2017 die Beschwerde gegen
die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Mazar-i-Sharif trotz Vorhandenseins einiger begünstigender
Faktoren gutgeheissen worden sei, zeige die Tendenz des Gerichts, wonach bei der Prüfung der Zumutbarkeit
des Wegweisungsvollzugs nach Mazar-i-Sharif höchste Sorgfalt geboten sei. Die allenfalls vorhandenen
günstigen Voraussetzungen seien realitätsnah abzuschätzen. Bezüglich einer innerstaatlichen
Aufenthaltsalternative müsste zuerst geprüft werden, ob für ihn in Mazar-i-Sharif aufgrund
der Sprachkenntnisse, der Schul- und Berufsbildung und der Berufserfahrung das wirtschaftliche Existenzminimum
gesichert erscheine. Er sei beinahe Analphabet und habe in Afghanistan nur die Koranschule besucht. Er
könne deshalb nur einfache Wörter und Texte mühsam lesen und schreiben. Er habe ausser
den gelegentlichen Feldarbeiten auch keine Berufserfahrung sammeln können. Aufgrund dieser persönlichen
Voraussetzungen sei fraglich, inwiefern er sich in Mazar-i-Sharif ein gesichertes Existenzminimum aufbauen
könne. Weiter gelte es abzuklären, ob ein soziales und tragfähiges Beziehungsnetz bestehe,
welches sich aufgrund eines früheren Aufenthaltes und durch Verwandte beziehungsweise Bekannte in
diesem Gebiet ergeben könne. Er stamme aus B._______ in der Provinz C._______, wo er mit seiner
Familie ununterbrochen bis zu seiner Flucht nach Mazar-i-Sharif gelebt habe. In Mazar-i-Sharif habe er
lediglich etwa (...) Monate vor seiner Ausreise verbracht. Der bis Ende 2016 in Mazar-i-Sharif wohnhafte
Onkel mütterlicherseits habe mittlerweile aufgrund der Drohungen des Cousins alles verkaufen und
Afghanistan - zusammen mit der Mutter des Beschwerdeführers und seinen zwei jüngeren
Brüdern - verlassen müssen. Bis im (...) 2017 hätten sie sich im Iran befunden.
Seither habe er keinen Kontakt mehr mit ihnen gehabt. Andere nähere Verwandte habe er in Mazar-i-Sharif
nicht. Er habe dort somit kein soziales und tragfähiges Beziehungsnetz, welches ihn aufnehmen und
ihm bei der Eingliederung in das Berufsleben helfen könne.
Des Weiteren müsse die Sicherheitslage in Afghanistan als äusserst prekär bezeichnet
werden. Zur Lage in Mazar-i-Sharif habe die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) zuletzt im Oktober
2016 in einer Schnellrecherche festgestellt, dass sich die Sicherheitslage in und um die Stadt seit dem
Abzug der US-Kampftruppen aus der Stadt im Dezember 2014 massiv verschlechtert habe. Auch weitere Berichte
würden diese Einschätzung bestätigen. Es längen somit zahlreiche Wegweisungshindernisse
vor, welche eine Rückkehr nach Mazar-i-Sharif unzumutbar machen würden. Aufgrund des im Heimatland
fehlenden sozialen, familiären und tragfähigen Netzes sowie des Fehlens von weiteren für
eine Aufenthaltsalternative begünstigenden Faktoren sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen, dass er nicht in der Lage sei, sich eine Existenz aufzubauen. Deshalb wäre er
dort ernsthaft gefährdet.
4.3 In
der Vernehmlassung führte das SEM aus, dass die Beschwerdeschrift keine neuen erheblichen Tatsachen
oder Beweismittel enthalte, welche eine Änderung seines Standpunktes rechtfertigen könnten.
Betreffend der auf Beschwerdeebene eingereichten Tazkira müsse festgehalten werden, dass afghanische
Ausweise wie auch sonstige Beweismittel grundsätzlich käuflich erwerbbar seien und leicht gefälscht
werden könnten. So sei denn auch der Beweiswert besagter Tazkira nicht über alle Zweifel erhaben.
Hinzu komme, dass sowohl auf der anlässlich der Asylgesuchstellung eingereichten Kopie einer Tazkira,
als auch auf der auf Beschwerdeebene eingereichten Tazkira das Dorf beziehungsweise der Ort nicht zweifelsfrei
entziffert werden könnten. Auch könne beiden (unterschiedlichen) Tazkiras keine Seriennummer
entnommen werden.
4.4 In
der Replik entgegnete der Beschwerdeführer, entgegen der Meinung des SEM liege mit der Tazkira im
Original ein neues Beweismittel vor, welches vom SEM auf seine Echtheit hin überprüft und im
Asylentscheid gewürdigt werden müsse. Beim vorliegenden Original handle es sich um ein wesentliches
Beweismittel, welches offensichtlich mache, dass er aus B._______ in der Nähe von C._______ stamme
und nicht aus Mazar-i-Sharif. Im persönlichen Gespräch mit der Rechtsvertreterin habe er bestätigt,
dass die originale Tazkira im Jahr 2010 verloren gegangen und eine Kopie davon zur Gesuchstellung eingereicht
worden sei. Entgegen den Ausführungen des SEM könne sowohl der originalen Tazkira als auch
der Kopie die Seriennummer entnommen werden. Zum Ersatz bei Verlust einer Tazkira habe die SFH im Jahr
2016 im Rahmen einer Schnellrecherche festgestellt, dass in einem solchen Fall ein Duplikat ausgestellt
werden könne. Dieses werde unter denselben Vorbedingungen wie die originale Tazkira vor Ort in Afghanistan
ausgestellt. Ein solches Duplikat könne ausgestellt werden, wenn die Tazkira zerbrochen oder unlesbar
geworden oder sie verbrannt oder verloren gegangen sei. Auch wenn der Beweiswert der eingereichten originalen
Tazkira als gering eingeschätzt werde, könne ohne Prüfung des Dokuments nicht von vornherein
davon ausgegangen werden, dass diese falsch sei. Die Tazkira im Original sei nicht gewürdigt worden,
womit der rechtserhebliche Sachverhalt nicht habe festgestellt werden können. Deshalb sei der Sachverhalt
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. An dieser Stelle werde auch die Überprüfung
des Dokuments durch einen Experten des SEM beantragt.
5.
5.1 Der
Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise
der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen
(Art. 83 Abs. 3 AIG). So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen
werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1
AsylG
gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1
AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1
FK). Gemäss Art. 25 Abs. 3
BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR
0.105) und der Praxis zu Art. 3
EMRK darf niemand
der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
5.2 Infolge
der auf den Vollzugspunkt beschränkten Anfechtung ist die Feststellung, dass der Beschwerdeführer
die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, in Rechtskraft erwachsen. Das Non-refoulement-Prinzip
im Sinne der vorgenannten flüchtlingsrechtlichen Bestimmungen ist daher nicht tangiert.
5.3 Sodann
ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür,
dass er für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
einer nach Art. 3
EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre.
Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des
UN-Anti-Folterausschlusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk")
nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche
Behandlung drohen würde (vgl. EGMR [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom 28. Februar
2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124-127, m.w.H.). Solches ist im vorliegenden
Fall nicht ersichtlich. Auch die allgemeine Menschenrechtssituation in Afghanistan lässt den Wegweisungsvollzug
zum heutigen Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung
sowohl im Sinne der asyl- als auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
6.
6.1 Gemäss
Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar
sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg,
allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung
festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG - die vorläufige
Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer
vom 8. März 2002, BBl 2002 3818).
6.2 In
seiner Verfügung vom 3. Juli 2017 beurteilte das SEM den Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers
nach Mazar-i-Sharif und erachtete diesen als zumutbar. Ob diese Einschätzung zutrifft, ist im Folgenden
zu prüfen.
6.2.1 In
Bezug auf die Lage in Mazar-i-Sharif wurde letztmals im Jahr 2011 eine Lageanalyse publiziert (BVGE 2011/49).
Das Bundesverwaltungsgericht hielt dannzumal fest, die Sicherheitslage und die humanitäre Situation
würden sich in der Stadt Mazar-i-Sharif weniger bedrohlich darstellen, als in den übrigen Landesteilen
Afghanistans. Unter der Voraussetzung begünstigender Umstände (insbesondere tragfähiges
Beziehungsnetz, Möglichkeit zur Sicherung des Existenzminimums, gesicherte Wohnsituation, guter
Gesundheitszustand) könne ein Vollzug der Wegweisung in die Stadt Mazar-i-Sharif zumutbar sein.
Zusätzlich ist auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-2060/2016 vom 2. August 2016
hinzuweisen. Darin wurde festgehalten, dass die Situation in Mazar-i-Sharif generell als ruhig und stabil
bezeichnet werden könne. Trotz der instabilen Sicherheitslage in den umliegenden Regionen und der
Zunahme der Anschläge in der Stadt selbst, gelte Mazar-i-Sharif nach wie vor als sicherste Stadt
Afghanistans (vgl. a.a.O. E. 9.2.2). Der Wegweisungsvollzug dorthin sei unter begünstigenden
Umständen als zumutbar zu erachten (vgl. a.a.O. E. 9.3.2).
6.2.2 Im
Sinne einer Aktualisierung der Beurteilung der Lage in Afghanistan im Allgemeinen sowie in Kabul im Besonderen
nahm das Bundesverwaltungsgericht im Referenzurteil D-5800/2016 vom 13. Oktober 2017 im Zusammenhang
mit der Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs eine Lageanalyse vor, welche jene vom Juni 2011
(BVGE 2011/7) aufdatiert. Dabei ergab sich, dass sich die Sicherheitslage gegenüber der letzten
Beurteilung in allen Regionen deutlich verschlechtert hat. Das Gericht kam zum Schluss, dass in weiten
Teilen Afghanistans unverändert eine derart schlechte Sicherheitslage und derart schwierige humanitäre
Bedingungen bestünden, dass die Situation als existenzbedrohend im Sinne von Art. 83 Abs. 4
AIG zu qualifizieren und der Wegweisungsvollzug nach wie vor als unzumutbar zu beurteilen sei (vgl. a.a.O.
E. 7.6). Zur Lage in Kabul wurde festgehalten, dass sich die volatile und von zahlreichen Anschlägen
geprägte Sicherheitslage sowie auch die humanitäre Situation zum heutigen Zeitpunkt im Vergleich
zur Lageeinschätzung in BVGE 2011/7 als klar verschlechtert herausstellen würden. Die dortige
Situation sei demnach grundsätzlich als existenzbedrohend und somit unzumutbar im Sinne von Art. 83
Abs. 4 AIG zu qualifizieren. Nur wenn besonders begünstigende Faktoren vorlägen, könne
ausnahmsweise von der Zumutbarkeit des Vollzugs nach Kabul ausgegangen werden (vgl. a.a.O. E. 8.4).
Inwiefern sich die Lageeinschätzung und Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Herat und Mazar-i-Sharif
zum heutigen Zeitpunkt verändert hat und allenfalls Ähnliches wie zu Kabul gesagt werden könnte,
wurde im besagten Urteil offengelassen (vgl. a.a.O. E. 9).
6.2.3 In
Bezug aus die aktualisierte Lagebeurteilung zu Mazar-i-Sharif ist vorab darauf hinzuweisen, dass die
Informationen bezüglich der Sicherheitslage in Afghanistan aufgrund der Dynamik des Konflikts schnell
ihre Gültigkeit verlieren können (vgl. dazu Referenzurteil D-5800/2016 E. 6.3.1). Ebenfalls
ist festzuhalten, dass Opferzahlen im afghanischen Kontext aufgrund der strengen Statistikanforderungen
nur sehr schwierig zu erheben und deshalb kaum realitätsgetreu sind (vgl. a.a.O. E. 7.4.3).
Ferner ist bezüglich der Sicherheitslage nicht nur die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle
und ziviler Opfer zu beachten, sondern auch die Langzeit- und indirekten Auswirkungen der Gewalt insbesondere
auf die Menschenrechtslage (vgl. a.a.O. E. 7.4.1).
6.2.3.1 Für
die Analyse wurden neben einer Vielzahl an Medienberichten (insbesondere Neue Zürcher Zeitung, The
Guardian, British Broadcasting Corporation, Pajhwok News Agency, The New York Times, The Washington Post)
und Berichten des Afghanistan Analysts Networks (< www.afghanistan-analysts.org >) folgende
Quellen verwendet (jeweils zuletzt abgerufen am 31.10.2018):
-
Afghanistan Research and Evaluation Unit (AREU),The Resilient Oligopoly: A Political-Economy of
Northern Afghanistan 2001 and Onwards, 12.2012, < https://areu.org.af/wp-content/uploads/2016/02/
1213E-Resilient-Oligopoly-IP-Dec-2012_17-Jan.pdf > (zit. AREU, Resilient)
-
European Asylum Support Office (EASO), Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common
analysis, 06.2018, < https://easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf
> (zit. EASO, Guidance)
-
EASO, Country of origin Information Report: Afghanistan - Security Situation - Update,
05.2018, < https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan-security_situation_2018.pdf
>
-
Human Rights Watch (HRW), "Today We Shall All Die" - Afghanistan's Strongmen
and the Legacy of Impunity, 03.03.2015, https://www.hrw.org/report/2015/03/03/today-we-shall-all-die/afghanistans-strongmen-and-legacy-impunity >
(zit. HRW, Strongmen)
-
Landinfo, Temanotat Afghanistan: Generell sikkerhet og veisikkerhet, 20.11.2015, < http://www.landinfo.no/asset/3254/1/3254_1.pdf >
(zit. Landinfo)
-
Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), Afghanistan's Underbelly: The Exposed North, 02.07.2015,
< http://www.rferl.org/content/afghanistan-northdostam-balkh-noor/27106789.html > (zit.
RFE/RL, Underbelly)
-
RFE/RL, Blast At Afghan Buzkashi Match Kills Anti-Taliban Militia Leader, Two Others, 20.01.2017,
< http://www.rferl.org/a/afghanistan-buzkashi-bomb-attack/ 28247057.html >
-
RFE/RL, International Red Cross To 'Drastically' Cut Afghan Presence After Attacks, 09.10.2017,
< https://www.rferl.org/a/afghanistan-red-cross-drastically-cutpresence/28781839.html >
-
RFE/RL, Dozens Of Soldiers Killed In Taliban Attack On Afghan Army Camp, 19.10.2017, < https://www.rferl.org/a/afghanistan-army-base-taliban-attack/28803513.html >
-
RFE/RL, Afghan Governor's Dismissal Highlights Rift In Party, Risks To Unity Government, 19.12.2017,
< https://www.rferl.org/a/afghanistan-noor-dismissal-rift-unitygovernment-risks/28927431.html >
(zit. RFE/ RL, Dismissal)
-
Voice of America (VOA), Ousted Afghan Governor Postpones Much-Touted Anti-Government Rally, 25.02.2018,
< https://www.voanews. com/a/ousted-afghan-governor-postponesmuch-touted-anti-government-rally/4269609.html >
(zit. VOA, Ousted)
6.2.3.2 Mazar-i-Sharif
wurde basierend auf Lageinformationen bis zum Jahr 2016 zu den sichersten Städten Afghanistans gezählt.
Seit dem Jahr 2016 verschlechterte sich allerdings auch im Norden Afghanistans die Sicherheitslage. Im
Folgenden werden unter Verweis auf die in E. 6.2.3.1 aufgeführten Quellen einige sicherheitsrelevante
Ereignisse in der Provinz Balkh und deren Hauptstadt Mazar-i-Sharif seit der letzten Lageaktualisierung
vom August 2016 aufgeführt. Im Oktober 2016 verübte der Islamische Staat (IS) einen Anschlag
auf eine schiitische Moschee in Mazar-i-Sharif, bei dem mindestens 14 Personen getötet und über
30 Personen verletzt wurden. Im November 2016 kam es durch die Taliban zu einem Anschlag auf das deutsche
Konsulat in Mazar-i-Sharif, wobei mindestens sechs Personen umkamen und über 120 Personen verletzt
wurden. Im Januar 2017 kamen bei einem Sprengstoffanschlag auf einen Buzkashi-Match (traditionelles Reiterspiel
[Anmerkung des Gerichts]) im Osten Mazar-i-Sharifs mindestens drei Personen ums Leben, darunter ein lokaler
Anti-Taliban Milizführer, sein Leibwächter und ein Zivilist. Im April 2017 verübten die
Taliban einen Anschlag auf den Militärstützpunkt Shaheen in der Nähe von Mazar-i-Sharif,
bei dem je nach Quelle mindestens 140 Soldaten ums Leben kamen und über 160 Soldaten verletzt
oder sogar über 250 Soldaten getötet wurden. In den Monaten April und Mai 2017 verübten
die Taliban Anschläge auf die Autobahn, welche Baghlan mit Mazar-i-Sharif verbindet. Den Taliban
gelang es dabei, vorübergehend Abschnitte der Autobahn unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Juni
2017 wurden bei Kämpfen der afghanischen Sicherheitskräfte mit den Taliban in Chamtal (Balkh)
und Faizabad (Jawzjan) 60 Taliban-Kämpfer getötet und 100 verletzt. Im gleichen Monat töteten
Taliban-Kämpfer bei einem Anschlag in Chamtal 13 lokale Milizionäre, welche sich den afghanischen
Sicherheitskräften im Kampf gegen die Taliban angeschlossen hatten. Im September 2017 wurde eine
Mitarbeiterin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Mazar-i-Sharif von einem Patienten
erschossen. In der Folge kündigte das IKRK an, seine Präsenz in Afghanistan drastisch zu reduzieren.
Im Oktober 2017 kamen bei einem Anschlag auf die Polizei in der Provinz Balkh sechs Polizisten ums Leben.
Im November 2017 wurden durch einen Selbstmordanschlag in Mazar-i-Sharif ein lokaler Führer getötet
und drei seiner Leibwächter verletzt. Im gleichen Monat starb eine Person durch einen Bombenanschlag
auf ein Auto. Im Dezember 2017 wurden bei einem Bombenanschlag auf einen Pickup in Mazar-i-Sharif 11
oder 12 Personen verletzt, und bei einem ähnlichen Anschlag gab es ein weiteres Todesopfer sowie
zwei Verletzte. Im Januar 2018 kam es in Mazar-i-Sharif zu mehrstündigen Schiessereien. Im gleichen
Monat wurden drei Frauen von Unbekannten in Mazar-i-Sharif erschossen. Die Armee meldete zudem, dass
sie ebenfalls im Januar 2018 im Distrikt Chahar Bolak über 20 Taliban-Kämpfer getötet
oder verletzt habe. Ende April 2018 wurde der Polizeichef des Distrikts bei Gefechten in Chahar Bolak
getötet. Im August 2018 kamen bei einer Explosion einer Mine im Sulghar Distrikt sechs Zivilisten
um, sieben wurden verletzt. Im September 2018 wurde ein Imam von Unbekannten in Mazar-i-Sharif erschossen.
Anfangs Oktober 2018 meldeten afghanische Sicherheitskräfte die Verhaftung von 33 mutmasslich
kriminellen Personen im Zuge einer Operation zur Verbesserung der Sicherheitslage in Mazar-i-Sharif.
Am 10. Oktober 2018 entkam der Justizdirektor einem Attentat.
6.2.3.3 Hinsichtlich
der Provinz Balkh und deren Hauptstadt Mazar-i-Sharif ist als Besonderheit zu beachten, dass deren Sicherheitslage
im Wesentlichen durch die Herrschaft des ehemaligen Kriegsfürsten Atta Muhammad Noor bestimmt wird,
welcher die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fäden in der Hand hält (vgl. u.a.
RFE/RL, Dismissal; RFE/RL, Underbelly; AREU, Resilient). Noor übernahm 2004 den Gouverneursposten
der Provinz Balkh und hielt sich trotz seiner Absetzung im Jahr 2014 durch die Zentralregierung bis zum
Jahr 2017 an der Macht. Im Februar 2017 wurde er von Präsident Ashraf Ghani wieder offiziell zum
Gouverneur der Provinz Balkh ernannt, bis er vom selben im Dezember 2017 erneut suspendiert wurde (vgl.
VOA, Ousted). Der Suspendierung widersetzte sich Noor vorerst und überliess den Gouverneursposten
erst im März 2018 seinem Nachfolger. De facto ist er indessen immer noch der Machthaber in der Region.
Noor gilt als Garant für die Sicherheit, indessen werden ihm Menschenrechtsverletzungen und die
Missachtung demokratischer Werte vorgeworfen (vgl. HRW, Strongmen). Er kontrolliert auch eine grosse
Anzahl Sicherheitskräfte und Paramilitärs und unterdrückt die Opposition konsequent (vgl.
u.a. Landinfo). Die Sicherheitslage und die Berichterstattung zu dieser sind somit zu sehr grossen Teilen
von Noor abhängig. Gleichzeitig wird von verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass die Zahl
legal und illegal bewaffneter Individuen und Gruppen - inklusive politischer Parteien - im
Norden Afghanistans und speziell um Mazar-i-Sharif in den letzten Jahren stark zugenommen habe. Falls
es zu einem Eklat bezüglich der aktuellen Machtverhältnisse in der Provinz Balkh käme,
könnte die momentane Stabilität in Mazar-i-Sharif schnell kippen und aufgrund der beschriebenen
Umstände ausser Kontrolle geraten. Es versteht sich von selbst, dass es im Falle einer solchen Destabilisierung
der Situation in Mazar-i-Sharif einer neuen Lageanalyse bedürfte, um die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs
in die Region zu beurteilen.
6.2.3.4 In
Bezug auf die humanitäre Situation in Mazar-i-Sharif ist insbesondere auf folgende Quellen neueren
Datums zu verweisen (jeweils zuletzt abgerufen am 31.10.2018):
-
EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan - Key socio-economic indicators,
state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City, 08.2017, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_COI_Afghanistan_IPA_August2017.pdf >
(zit. EASO, Key)
-
EASO, Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, 06.2018, < https://easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf
> (zit. EASO, Guidance)
-
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Fact Finding Mission Report Afghanistan, 04.2018,
< https://www.bfa.gv.at/files/berichte/ FFM_Bericht_Afghanistan.PDF > (zit. BFA)
Mazar-i-Sharif kann als Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan
bezeichnet werden.
Die Angaben zur Bevölkerungszahl variieren zwischen 368 000 und 693 000 (vgl. EASO, Key). Die Bevölkerung
der Provinz setzt sich aus diversen Ethnien zusammen, wobei Tadschiken und Paschtunen die grössten
Gruppen bilden. Die positive wirtschaftliche Entwicklung der Region verlangsamte sich in den letzten
Jahren deutlich durch die Schliessung von zwei internationalen Militärbasen, da sich dadurch zum
einen der Fluss internationaler Geldmittel verringerte und anderseits eine Vielzahl von Stellen verloren
gingen (vgl. EASO, Key; BFA). Hinzu kommt, dass sich die Anzahl intern Vertriebener - insbesondere
nach der Einnahme von Kunduz durch die Taliban - stark erhöhte (vgl. EASO, Guidance). Sodann
lebten gemäss Angaben aus dem Jahr 2015 lediglich etwa 15 Prozent der Stadtbevölkerung über
der Armutsgrenze (vgl. EASO, Key). Mazar-i-Sharif verfügt indessen über einen Flughafen, dessen
Ausbau nach internationalen Standards in Planung ist, was wiederum zur Entwicklung der Stadt und der
gesamten Region beiträgt. Angeflogen werden von Mazar-i-Sharif aus derzeit Indien, die Türkei,
Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi Arabien. Der Zugang zu Bildung zeigt sich in der Provinz
Balkh einfacher als in anderen Provinzen (vgl. EASO, Key). Mazar-i-Sharif verfügt über diverse
private und öffentliche Universitäten. Obschon Mazar-i-Sharif zusammen mit Kabul über
den höchsten Prozentsatz an Haushalten, die alle Kinder in die Schule schicken, verfügen soll,
ist dennoch nicht zu verkennen, dass vielen Personen eine formelle Bildung fehlt. Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung
ist anzumerken, dass die Stadt Mazar-i-Sharif über 10 bis 15 Krankenhäuser verfügt, sowohl
private wie öffentliche (vgl. BFA). Von zentraler Bedeutung ist dabei das Regionalkrankenhaus Balkh
im Zentrum der Stadt, welchem als akademischem Lehrkrankenhaus auch eine Schlüsselrolle bei der
Ausbildung des medizinischen und pflegerischen Nachwuchses zukommt. Weiter existieren in Mazar-i-Sharif
ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus.
6.2.3.5 Zusammenfassend
ist festzuhalten, dass sich die Sicherheitslage in der Stadt Mazar-i-Sharif in den letzten Jahren verschlechtert
hat, während sich im Bereich der humanitären Situation Verbesserungen und Rückschläge
wohl etwa die Waage halten dürften. Im Vergleich zu anderen Regionen und Städten Afghanistans
zählt die Stadt Mazar-i-Sharif immer noch zu den stabileren und ruhigeren Orten. Folglich rechtfertigt
es sich insgesamt nicht, aktuell eine generelle Unzumutbarkeit der Rückkehr dorthin anzunehmen.
Vielmehr ist daran festzuhalten, dass bei Vorliegen begünstigender Umstände weiterhin von der
Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in die Stadt Mazar-i-Sharif auszugehen ist. Allerdings ist mit Nachdruck
daran zu erinnern, dass nicht jeder noch so schwache Bezugspunkt zu Mazar-i-Sharif für die Annahme
begünstigender Umstände genügt. Vielmehr ist eine Gesamtbeurteilung der verschiedenen
Faktoren, wie sie bereits in BVGE 2011/49 erwähnt wurden, vorzunehmen. Diese gesamthafte Betrachtung
muss zum Schluss führen, im konkreten Einzelfall seien begünstigende Voraussetzungen für
eine Rückkehr nach Mazar-i-Sharif gegeben.
7.
7.1 Der Beschwerdeführer machte geltend, aus B._______
in der Provinz C._______ zu stammen. Die Vorinstanz bezweifelte diese Herkunftsangabe. Tatsächlich
erscheinen die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Lebensumständen und Beschäftigungen
teilweise unsubstanziiert. Zwar reichte er bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Kopie einer Tazkira
ein, jedoch zeigen schon die eigenen Angaben des Beschwerdeführers, nämlich dass ein nicht
zutreffendes Alter aufgeführt sei (vgl. act. A6, Ziff. 4.03 und act. A14, F9), exemplarisch die
geringe Beweiskraft solcher Identitätspapiere auf. Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob der Beschwerdeführer
wie von ihm behauptet in der Provinz C._______ oder in Mazar-i-Sharif aufgewachsen ist (vgl. die nachfolgenden
Ausführungen unter E. 7.2 und 7.3.3-7.3.4). Der Antrag, die im Original auf Beschwerdeebene
eingereichte Tazkira sei durch einen Experten zu überprüfen, ist somit abzuweisen.
7.2 Gemäss der in der vorangehenden Erwägung E. 6.2.2
dargelegten aktuellen Rechtsprechung ist grundsätzlich - ausgenommen unter gewissen Umständen
die Grossstädte Kabul und Mazar-i-Sharif (die Frage des Wegweisungsvollzugs nach Herat wird vorliegend
ausdrücklich offen gelassen, nachdem der Beschwerdeführer keinerlei Bezug zu dieser Stadt hat)
- von der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Afghanistan und damit auch in den angeblichen
Herkunftsort des Beschwerdeführers (B._______ in der Provinz C._______) auszugehen. Ein Wegweisungsvollzug
dorthin käme somit ohnehin nicht in Frage, wovon im Übrigen auch die Vorinstanz ausging.
7.3 Im Folgenden ist somit zu prüfen, ob im Falle des
Beschwerdeführers die notwendigen begünstigenden Umstände vorliegen, die einen Wegweisungsvollzug
nach Mazar-i-Sharif für ihn als zumutbar erscheinen lassen.
7.3.1 Im Urteil BVGE 2011/7 hat das Bundesverwaltungsgericht
dargelegt, wann vom Vorliegen begünstigender Faktoren auszugehen ist (E. 9.9.2). Solche können
grundsätzlich namentlich dann gegeben sein, wenn es sich beim Rückkehrer um einen jungen, gesunden
Mann handelt. Ebenso ist entscheidrelevant, über welche Berufserfahrung die rückkehrende Person
verfügt beziehungsweise inwiefern eine wirtschaftliche Wiedereingliederung mit einer bezahlten Arbeit
im Zusammenspiel mit einem tragfähigen Beziehungsnetz begünstigt werden kann. Unabdingbar ist
in jedem Fall ausserdem ein soziales Netz, das sich im Hinblick auf die Aufnahme und Wiedereingliederung
des Rückkehrenden als tragfähig erweist. Dieses soziale Netz muss dem Rückkehrenden insbesondere
eine angemessene Unterkunft, Grundversorgung sowie Hilfe zur sozialen und wirtschaftlichen Reintegration
bieten können. Bei Personen, bei welchen Mazar-i-Sharif lediglich eine Aufenthaltsalternative darstellt
und die somit kaum oder nie dort gelebt haben, bedarf eine Bejahung eines solchen tragfähigen sozialen
Netzes grösserer Zurückhaltung.
7.3.2 Der Beschwerdeführer brachte vor, zwar zwei Monate
vor seiner Ausreise in Mazar-i-Sharif beziehungsweise in der Nähe von Mazar-i-Sharif bei seinem
Onkel zusammen mit seiner Mutter und seinen zwei jüngeren Geschwistern gelebt zu haben, allerdings
seien mittlerweile auch seine Familie und sein Onkel nicht mehr dort wohnhaft. Sie seien Ende 2016 in
den Iran gegangen und seit Anfang 2017 habe er den Kontakt zu ihnen ganz verloren, weshalb er nicht sagen
könne, wo sie sich gegenwärtig aufhalten würden. Er verfüge somit über keine
Verwandten mehr in Mazar-i-Sharif und könne dort auf keine Hilfe zählen. Das SEM hielt diese
Ausführungen für unglaubhaft und schloss, dass von Verwandten und deshalb von einem tragfähigen
Beziehungsnetz in Mazar-i-Sharif auszugehen sei.
7.3.3 Im Rahmen der BzP führte der Beschwerdeführer
aus, sein Onkel mütterlicherseits sei verheiratet und wohne in Mazar-i-Sharif. Zusammen mit seiner
Mutter und den beiden jüngeren Brüdern habe er sich in den zwei Monaten vor seiner Ausreise
bei diesem Onkel aufgehalten, die Familienangehörigen lebten nach wie vor dort (vgl. act. A6, S. 6,
Ziff. 3.01). Sein Onkel habe ihm das Geld für die Ausreise (3500 bis 4000 Dollar) gegeben, er sei
vermögend, habe zwei Häuser und ein Lebensmittelgeschäft (Supermarket), wirtschaftlich
gehe es ihm (dem Onkel) sehr gut (vgl. act. A6, S. 8, Ziff. 5.02). Anlässlich der
Anhörung brachte der Beschwerdeführer allerdings vor, mittlerweile sei sein Onkel zusammen
mit seiner Ehefrau und den Familienangehörigen des Beschwerdeführers ebenfalls aus Afghanistan
ausgereist, der Kontakt sei abgebrochen (vgl. act. A14, S. 2 f.). Diese Angaben vermögen
indessen nicht zu überzeugen, vielmehr erscheinen die Zweifel an der geltend gemachten Ausreise
der Verwandten aus Afghanistan begründet. So gab der Beschwerdeführer als Motiv für die
Ausreise seiner Angehörigen zu Protokoll, sie seien vom Cousin (väterlicherseits) wegen des
Landstreites selbst in Mazar-i-Sharif belästigt worden (vgl. act. A14, F21). Da die Asylvorbringen
indessen - die Verfolgung durch den Cousin - vom SEM als unglaubhaft eingestuft wurden und
der Beschwerdeführer dies in seiner Beschwerde nicht anfocht, entfällt das behauptete Motiv
für die Ausreise. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass die Verwandten aufgrund der Verfolgung
durch den Cousin weggezogen sind. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer den Weggang seiner Familie
nicht weiter belegen kann und dies offenbar auch nicht versuchte. Da auf dem auf Beschwerdeebene eingereichten
Zustellumschlag als Absender eine Adresse in Mazar-i-Sharif (Aufgabedatum: 23. Juli 2017) aufgeführt
ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sehr wohl noch über Kontakte
dorthin verfügt. Insofern müsste es auch möglich sein, über diese Person den Kontakt
zu den Familienangehörigen aufrecht zu erhalten, selbst wenn diese tatsächlich ausgereist wären.
Auffallend ist im Übrigen, dass der Beschwerdeführer zunächst auf die Frage, welche seiner
nahen Verwandten heute noch in Afghanistan lebten, spontan antwortete, seine Mutter, seine zwei jüngeren
Brüder, sein Onkel mütterlicherseits und dessen Frau. Erst nach dieser spontanen Antwort korrigierte
er sich, wonach diese sich auf den Weg in Richtung Türkei gemacht hätten (vgl. act. A14, S. 3,
F15). Gesamthaft betrachtet ist den Zweifeln des SEM zuzustimmen und anzunehmen, der Beschwerdeführer
verfüge nach wie vor über Verwandte in Mazar-i-Sharif. Gestützt auf seine Angaben zu den
finanziellen Verhältnissen seines Onkels rechtfertigt sich sodann die Annahme, dass der Beschwerdeführer
von diesem nach seiner Rückkehr Unterstützung wird erhalten können. Auch sind seine Mutter
und seine zwei mittlerweile zehn- und siebzehn Jahre alten Brüder in der Stadt. Sodann scheint er,
wie vorstehend gesehen, über ein weiteres soziales Beziehungsnetz zu verfügen, welches ihm
ebenfalls bei der Eingliederung in das Leben dort behilflich sein kann. Damit ist für den Beschwerdeführer
in Mazar-i-Sharif ein tragfähiges Beziehungsnetz vorhanden. Dieses kann auch das Fehlen weiterer
begünstigender Faktoren ausgleichen, da er trotz sehr geringer Schulbildung und wenig Berufserfahrung
auf familiäre Unterstützung zählen und somit ein Leben mit zumindest vorübergehend
gesichertem Existenzminimum führen kann. Er ist ein junger und - soweit aus den Akten ersichtlich
- gesunder Mann, welchem folglich zugemutet werden kann, sich mit Hilfe seines Beziehungsnetzes
seine Existenz in Mazar-i-Sharif aufzubauen. Der Antrag, die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen, ist abzuweisen.
7.3.4 Nach dem Gesagten ist von begünstigenden Umständen
im Sinne der Praxis des Gerichts auszugehen und der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers
nach Mazar-i-Sharif erweist sich als zumutbar. Es erübrigt sich bei dieser Sachlage, auf die in
der Beschwerde vorgebrachten weiteren Ausführungen einzugehen.
8.
Nach Art. 83 Abs. 2 AIG ist
der Vollzug auch als möglich zu bezeichnen, weil es dem Beschwerdeführer obliegt, sich bei
der zuständigen Vertretung seines Heimatstaats die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente
zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4
AsylG; vgl. dazu BVGE 2008/34 E. 12).
9.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den
Wegweisungsvollzug im Ergebnis zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine
Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4
AIG).
10.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich,
dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1
AsylG) und - soweit diesbezüglich
überprüfbar - angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
11.
11.1
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
63 Abs. 1
VwVG; Art. 1
-3
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR
173.320.2]). Da ihm mit Zwischenverfügung vom 31. August
2017 jedoch die unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1
VwVG gewährt worden
und nicht von einer Veränderung in den finanziellen Verhältnissen auszugehen ist, sind trotz
Unterliegens keine Verfahrenskosten zu erheben.
11.2 Nachdem dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom
31. August 2017 MLaw (heute: Dr. iur.) Sonia Lopez Hormigo als amtliche Rechtsbeiständin beigeordnet
wurde, ist dieser ein angemessenes Honorar auszurichten. Die Rechtsvertreterin reichte zusammen mit der
Beschwerde eine erste und am 4. Oktober 2017 eine aktualisierte Kostennote zu den Akten. Letztere
weist einen Aufwand von 6.5 Stunden auf. In der Beschwerde vom 31. Juli 2017 wurde das Stundenhonorar
von Fr. 194.40 (inkl. Mehrwertsteuer) plus eine einmalige Pauschale von Fr. 54.- als
Auslagenersatz erwähnt. Der geltend gemachte zeitliche Aufwand erscheint angemessen, Pauschalen
für generelle Auslagen werden praxisgemäss jedoch nicht vergütet. Wie in der Zwischenverfügung
vom 31. August 2017 angekündigt, wird bei amtlicher Vertretung in der Regel von einem Stundenansatz
von Fr. 100.- bis Fr. 150.- für nicht-anwaltliche Vertreterinnen und Vertreter
ausgegangen (vgl. Art. 12
i.V.m. Art. 10 Abs. 2
VGKE). Dementsprechend wird der Stundenansatz
vorliegend auf Fr. 150.- festgesetzt. Der amtlichen Rechtsbeiständin ist somit zulasten
der Gerichtskasse ein amtliches Honorar von insgesamt Fr. 975.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag
im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Bst. c
VGKE) zuzusprechen.
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