Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss
Art. 31
VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33
VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32
VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens
des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105
AsylG [SR
142.31];
Art. 83 Bst. d Ziff. 1
BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d
Ziff. 1
BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Das
Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
VGG und Art. 6
AsylG).
1.3 Die
Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der
Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung
der Beschwerde legitimiert (Art. 105
und 108 Abs. 1
AsylG; Art. 48 Abs. 1
sowie Art. 52
Abs. 1
VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die am 26. September 2016 eingereichte Beschwerde richtet sich lediglich gegen die Dispositivziffern
4 - 5 der angefochtenen Verfügung.
3.
Die
Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Bereich des
Ausländerrechts nach Art. 49
VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5), da bei der Prüfung des Vorliegens
von Wegweisungsvollzugshindernissen ausschliesslich Bestimmungen des Ausländergesetzes zur Anwendung
gelangen. Gemäss Art. 112 Abs. 1
AuG in Verbindung mit Art. 49
VwVG umfassen die zulässigen
Rügen die Verletzung des Bundesrechts, die unrichtige und unvollständige Feststellung des Sachverhalts
sowie die Unangemessenheit.
4.
4.1 Zur
Begründung der angefochtenen Verfügung führte das SEM betreffend den Wegweisungsvollzug
im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer stamme aus D._______ in der Provinz Ghazni. Die Rückkehr
an diesen Ort sei aufgrund der dort herrschenden Lage als unzumutbar zu erachten. Es sei somit zu prüfen,
ob für ihn eine zumutbare innerstaatliche Wohnsitzalternative bestehe, was zu bejahen sei. Er habe
während seiner Kindheit während eines gewissen Zeitraums in Kabul gelebt. Derzeit würden
sowohl seine Mutter mit ihrem neuen Lebenspartner sowie seine ältere Schwester mit ihrer Schwiegerfamilie
dort wohnen. Der Beschwerdeführer habe sich zwar in der Anhörung betreffend den Wohnsitz der
Mutter widersprüchlich geäussert, wonach diese in C._______ in der Provinz Ghazni lebe. Diese
nachträgliche Änderung sei jedoch als unglaubhaft einzustufen. Folglich sei davon auszugehen,
dass er in Kabul über ein soziales Beziehungsnetz verfüge, das ihn bei einer Rückkehr
empfangen und bei der Wiedereingliederung unterstützen könne. Zudem sei er ein junger, gesunder
und alleinstehender Mann, der seine Arbeitsfähigkeit wiederholt unter Beweis gestellt habe. So habe
er auch angegeben, seit dem Tod des Vaters die Bewirtschaftung der Felder und so die Finanzierung des
gesamten Lebensunterhaltes bestritten zu haben. Um seine Reisekosten decken zu können, habe er danach
im Iran gearbeitet. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er auch in Afghanistan in der Lage sein werde,
eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und so ein regelmässiges Einkommen zu erzielen. Demzufolge
sei der Vollzug der Wegweisung als zumutbar zu erachten.
4.2 In
der Beschwerdeschrift hielt der Beschwerdeführer dem im Wesentlichen entgegen, die Vorinstanz verkenne,
dass seine Familie den Kontakt zu ihm abgebrochen habe, da seine Schwestern sowie die Mutter geheiratet
und ihn alleine gelassen hätten. Er gehöre weiter einer gefährdeten Minderheit an. Für
ihn sei es in Ghazni alleine zu gefährlich gewesen, weshalb er ausgereist sei. Bezüglich der
innerstaatlichen Wohnsitzalternative sei darauf hinzuweisen, dass er aus Afghanistan geflohen sei, da
er ganz auf sich alleine gestellt gewesen sei. Es sei unverständlich, wie die Vorinstanz darauf
komme, dass der Zwang zur Kinderarbeit die Arbeitsfähigkeit einer Person beweise. Er sei in den
Befragungen nicht danach gefragt worden, weshalb er keinen Kontakt mehr zur Mutter und zu den Schwestern
habe. Seine Mutter sei offensichtlich nicht willens, ihm bei der Wiedereingliederung zu helfen. Mit seiner
Schwester in Kabul habe er seit seiner Ausreise ein einziges Mal telefoniert. Gemäss dem Amt des
Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) müssten für die Beurteilung
des Wegweisungsvollzugs schlechte Werte der Indikatoren für die humanitäre und entwicklungsbezogene
Lage sowie die allgemeineren wirtschaftlichen Einschränkungen berücksichtigt werden. Das SEM
habe es aber unterlassen, die individuelle Situation der Familienmitglieder zu überprüfen.
Er könne somit nicht auf eine effiziente und funktionierende Schutzinfrastruktur vertrauen, zumal
die Lage im ganzen Land äusserst gefährlich und instabil sei. Er sei mit (...) Jahren,
als Angehöriger einer Minderheit, in einer extrem gefährlichen Region ganz auf sich alleine
gestellt gewesen und auch jetzt stark gefährdet, verfolgt und diskriminiert zu werden.
4.3 In
seiner Vernehmlassung führte das SEM im Wesentlichen aus, die Darstellungen in der Beschwerde bezüglich
der allgemeinen Verhältnisse würden grundsätzlich bezweifelt und es würden erhebliche
Vorbehalte gegenüber der gesamten Biographie des Beschwerdeführers bestehen. Er habe angegeben,
seit seinem zwölften Lebensjahr die landwirtschaftliche Arbeit selber verrichtet zu haben. Es sei
aber davon auszugehen, dass er entweder über weitere Familienmitglieder verfüge, welche ihn
bei der Arbeit unterstützt hätten, oder dass er deutlich älter sei, als er angebe. Es
sei zu bezweifeln, dass ihn die Mutter und die Schwestern alleine zurückgelassen und sich von ihm
abgewendet hätten. Stattdessen erhärte sich der Eindruck, dass er absichtlich Falschangaben
sowohl zu seinem familiären Umfeld, seinem Beziehungsstand sowie zu seinem Alter mache. Da anzunehmen
sei, dass er womöglich älter sei und über ein grösseres Beziehungsnetz verfüge,
sei der Vollzug der Wegweisung nach wie vor als zumutbar einzustufen. In der Anhörung habe er angegeben,
in regem Kontakt zu seiner Schwester in Kabul zu stehen. Es sei demnach nicht davon auszugehen, dass
auch diese keinen Kontakt zu ihm pflegen und ihn bei einer Rückkehr nicht unterstützen wolle
respektive könne. Die diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers seien vage, tendenziös
und wenig fundiert ausgefallen. Die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs sei zwar grundsätzlich
von Amtes wegen zu prüfen, wobei diese Untersuchungspflicht nach Treu und Glauben ihre vernünftigen
Grenzen an der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers finde, der im Übrigen auch die Substanziierungslast
trage. Es sei nicht Sache der Asylbehörden, bei fehlenden Hinweisen nach etwaigen Wegweisungsvollzugshindernissen
zu forschen. Er habe die Folgen seiner unglaubhaften Identitätsangaben und der Unglaubhaftigkeit
seines Sachverhaltsvortrages zu tragen, indem vermutungsweise davon auszugehen sei, es stünden einer
Wegweisung keine Vollzugshindernisse entgegen. Insgesamt gehe das SEM nach wie vor davon aus, dass der
Vollzug der Wegweisung nach Kabul für den Beschwerdeführer zumutbar sei, da er diese innerstaatliche
Wohnsitzalternative nicht glaubhaft zu widerlegen vermocht habe.
Zur aktuellen Lage in Afghanistan mit Fokus auf Kabul sei hervorzuheben, dass
seit dem kontinuierlichen
Abzug der Koalition der North Atlantic Treaty Organization (NATO) im Jahr 2014
eine Zunahme von Sicherheitsvorfällen
zu beobachten sei. Die Afghan National Security Forces (ANSF),
die seit dem Jahr 2015 für die Sicherheitsoperationen
verantwortlich seien, würden im Jahr 2016 besser funktionieren. Kabul stehe vollständig unter
deren Kontrolle. Dort sei auch ein Rückgang der den Aufständischen zugeschriebenen Sicherheitsvorfälle
zu beobachten. Die Zunahme der gewalttägigen Verbrechen in Kabul sei im Lichte der wirtschaftlichen
Krise und der inländischen Migration zu sehen. Obschon die komplexen und medienwirksamen Operationen
der Aufständischen, insbesondere in Kabul, teilweise viele Opfer fordern würden, könne
nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt gesprochen werden. Die aktuelle Situation bedürfe aber
einer genauen Beobachtung, um allfälligen weiteren Eskalationen Rechnung tragen zu können.
4.4 In
der Replik entgegnete der Beschwerdeführer im Wesentlichen, das SEM habe die Zweifel an seinen Aussagen
nur sehr vage begründet. In den Befragungen seien ihm bezüglich seiner Mutter nur sehr wenige
Fragen gestellt worden. Sein Alter sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht in Frage gestellt oder überprüft
worden. Seine Aussagen zum Schulbesuch, zum Lebensunterhalt und die dazugehörenden Daten seien hingegen
schlüssig. Kinderarbeit sei in Afghanistan weit verbreitet. Es sei auch in den meisten Familien
eine klare Vorgabe, dass der älteste Sohn die Familie ernähren müsse, wenn der Vater sterbe.
Hätte das SEM Zweifel an seinen Aussagen gehabt, hätte es bereits in der Anhörung genauer
nachfragen müssen. Auffällig sei, dass das SEM in der angefochtenen Verfügung für
die Zumutbarkeit auf seine Aussagen abgestellt habe und nun bei der erneuten Prüfung im Beschwerdeverfahren
geltend mache, die Aussagen seien nicht glaubhaft. In der Verfügung habe das SEM nur die Aussage
angezweifelt, dass seine Mutter in C._______ lebe. Es sei darauf hinzuweisen, dass in der Befragung die
Asyl- und Ausreisegründe nicht erfasst worden seien und er sich nur in der Anhörung dazu habe
äussern können. Das SEM habe weiter keine Angaben gemacht, wo und wann er ausgesagt habe, dass
er in regem Kontakt mit seiner Schwester stehe. Dies gehe jedenfalls aus den verfügbaren Akten nicht
hervor. Er wisse weder wo seine Schwester wohne, noch was oder ob sie arbeite. Auch deren Ehemann kenne
er nicht und es bestehe kein Kontakt zur Familie. Zudem wäre es die Aufgabe der Vorinstanz, nähere
Fragen dazu zu stellen. Das SEM habe es unterlassen zu prüfen, ob ein Beziehungsnetz in Kabul bestehe,
und habe ihn zur Beziehung zur Schwester nur sehr rudimentär befragt, obwohl Hinweise bestanden
hätten, dass kein tragfähiges Beziehungsnetz bestehe. Das Bundesverwaltungsgericht habe immer
wieder betont, dass die Zumutbarkeit der Wegweisung nach Kabul nach strengen Kriterien zu beurteilen
sei und jeder Einzelfall sorgfältig geprüft werden müsse. Ein tragfähiges soziales
Netz, im Hinblick auf Aufnahme und Wiedereingliederung, sei unabdingbar, da ohne Unterstützung die
schwierigen Lebensverhältnisse in Kabul unweigerlich eine existenzielle beziehungsweise lebensbedrohende
Situation herbeiführen würden. Speziell für Rückkehrende aus Europa bestehe ein erhöhtes
Risiko, entführt oder überfallen zu werden. Wenn die Person über keine genügenden
finanziellen Mittel verfüge, bestehe kaum Aussicht auf eine zumutbare Unterkunft und auch bei der
Arbeitssuche sei ein solches soziales Netz unabdingbar. Auch der Zugang zu genügend Nahrung, Trinkwasser
und sanitären Einrichtungen sei ohne tragfähiges Beziehungsnetz nicht gewährleistet. Die
Tatsache, dass es sich bei ihm um einen gesunden und jungen Mann handle, ändere daran nichts. Er
sei zudem nur zwei bis drei Jahre in die Schule gegangen und verfüge demnach über keine genügende
Ausbildung, um eine Stelle zu finden. Er sei zwar arbeitsfähig, wobei sich seine Arbeitserfahrung
auf die Landwirtschaft beschränke, was in Kabul nicht helfe. Er habe zudem nur als Kind kurz in
Kabul gelebt, sei aber sonst noch nie dort gewesen.
5.
5.1 Ist
der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das
Staatssekretariat das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige
Aufnahme (Art. 44
AsylG; Art. 83 Abs. 1
AuG [SR
142.20]).
5.2 Die
Bedingungen für einen Verzicht auf den Vollzug der Wegweisung (Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit,
Unmöglichkeit) sind alternativer Natur: Ist eine von ihnen erfüllt,
ist der Vollzug der Wegweisung als undurchführbar zu betrachten und die weitere Anwesenheit
in der Schweiz gemäss den Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme zu regeln. Gegen eine
allfällige Aufhebung der vorläufigen Aufnahme steht dem weggewiesenen Asylsuchenden wiederum
die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen (Art. 112
AuG
i.V.m. Art. 84 Abs. 2
AuG), wobei in jenem Verfahren die Vollzugshindernisse von Amtes wegen und
nach Massgabe der dannzumal herrschenden Verhältnisse von Neuem zu prüfen sind (vgl. BVGE 2009/51
E. 5.4 mit weiteren Hinweisen). Im Sinne der nachfolgenden Erwägungen erübrigen sich daher
Erwägungen zur Unzulässigkeit respektive Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs.
5.3 Beim
Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts
der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie
sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen
(vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
6.
6.1 Gemäss
Art. 83 Abs. 4
AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar
sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt,
ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7
AuG - die vorläufige Aufnahme zu
gewähren.
6.2 Im
Sinne einer Aktualisierung der Beurteilung der Lage in Afghanistan hat das Bundesverwaltungsgericht zwischen
Juni und Dezember 2011 im Zusammenhang mit der Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs drei Lageanalysen
vorgenommen (BVGE 2011/7; 2011/38; 2011/49). Dabei beurteilte es jeweils die Situation in verschiedenen
Landesteilen Afghanistans differenziert.
6.2.1 Mit
der Lageanalyse in BVGE 2011/7 gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass sich die Sicherheitslage
in Afghanistan über alle Regionen hinweg stetig verschlechtert habe (vgl. BVGE 2011/7 E. 9.1 - 9.7).
Zudem habe sich parallel zur allgemeinen Sicherheitslage auch die humanitäre Situation verschlechtert,
wobei aber erhebliche Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Gebieten festzustellen
seien. So wurden die Verhältnisse in den ländlichen Gebieten als grossmehrheitlich absolut
prekär beschrieben. In der Hauptstadt Kabul sei hingegen eine deutlich bessere Situation anzutreffen,
zumal Kabul im Vergleich zu den übrigen Landesteilen trotz vereinzelter Anschläge weiterhin
zu den relativ stabilen Landesteilen gehöre, die kaum von Anschlägen betroffen seien. Die afghanischen
Sicherheitskräfte seien dort besser in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und für die
Bevölkerung in Kabul ein vergleichsweise sicheres Umfeld zu schaffen. Unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände erachtete das Bundesverwaltungsgericht den Wegweisungsvollzug nach Kabul unter
sorgfältigen Prüfung im Einzelfall begünstigender Umstände (insbesondere tragfähiges
Beziehungsnetz, Möglichkeit zur Sicherung des Existenzminimums, gesicherte Wohnsituation, guter
Gesundheitszustand) als zumutbar (vgl. a.a.O. E. 9.7.5 - 9.9).
6.2.2 In
der zweiten Lageanalyse zu Afghanistan aus dem Jahr 2011 wurden die Sicherheitslage und die humanitäre
Situation in der Stadt Herat analysiert. Dabei kam das Gericht zum Schluss, dass die Situation in Herat
als verhältnismässig ruhig beschrieben werden könne, die Zahl der Angriffe relativ gering
sei und sich diese meist gegen afghanische und internationale Sicherheitskräfte richteten. Somit
sei diese Situation mit derjenigen in der Stadt Kabul vergleichbar und der Wegweisungsvollzug
dorthin grundsätzlich - vorbehältlich der in BVGE 2011/7 statuierten individuellen
Vor-aussetzungen - zumutbar (vgl. BVGE 2011/38 E. 4.3.3).
6.2.3 In
der dritten und bisher letzten Lageanalyse des Gerichts zu Afghanistan wurde die Lage in Mazar-i-Sharif
analysiert, wobei auch dort festgestellt wurde, dass die Situation als verhältnismässig ruhig
beschrieben werden könne, somit mit derjenigen in Kabul vergleichbar sei und der Wegweisungsvollzug
dorthin grundsätzlich - ebenfalls vorbehältlich der in BVGE 2011/7 statuierten
individuellen Voraussetzungen - zumutbar sei (vgl. BVGE 2011/49 E. 7.3.6 f.). Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
E-2060/2016 vom 2. August 2016 wurde die Lage in Mazar-i-Sharif näher betrachtet,
wobei festgestellt wurde, dass, trotz der unstabilen Sicherheitslage in den Regionen um die Stadt und
der Zunahme der Anschläge in Mazar-i-Sharif selbst, diese als ruhig und stabil bezeichnet werde
und Mazar-i-Sharif zu diesem Zeitpunkt (vgl. aber nachfolgend E. 7.4.3.4) als sicherste Stadt Afghanistans
gelte (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-2060/2016 vom 2. August 2016 E. 9.2.2).
6.3
6.3.1 Mit
vorliegendem Urteil nimmt das Bundesverwaltungsgericht eine ausführliche Lageanalyse vor, wobei
es eine Vielzahl von Länder- und Themenberichten staatlicher und nichtstaatlicher Körperschaften
aus dem In- und Ausland und internationaler Organisationen sowie zahlreiche ausländische und inländische
Presseberichte konsultiert hat. Es ist jedoch zu beachten, dass die Informationen bezüglich der
Sicherheitslage in Afghanistan aufgrund der Dynamik des Konflikts schnell ihre Gültigkeit verlieren
können. Zudem werden kritische Medienschaffende eher zum direkten Ziel von Anschlägen und geraten
gleichzeitig unter Druck der afghanischen Sicherheitskräfte. Weiter beeinflusst die Quellenlage
auch, dass durch die Geheimhaltung der nationalen und internationalen Sicherheitskräfte die diesbezüglichen
Informationen limitiert werden, weshalb unter anderem keine gesicherten Angaben zu Opferzahlen bestehen
(vgl. dazu E. 7.4.3).
Zahlreiche Berichte stützen sich ferner auf wenige, respektive eine einzige - wie beim Bericht
des European Asylum Support Office (EASO) von 2016 der Fall - anonymisierte Quelle, was an der
generellen Aussagekraft dieser Berichte zweifeln lässt (vgl. u.a. Human Rights Watch [HRW], Afghanistan:
Security Forces Assault Reporters, 01.09.2016, www.hrw.org/news/
2016/09/01/afghanistan-security-forces-assault-reporters >
abgerufen am 10.03.2017).
6.3.2 Für
die Analyse wurden im Urteil neben einer Vielzahl an Medienberichten (insbesondere Neue Zürcher
Zeitung, The Guardian, British Broadcasting Corporation, The New York Times) und Berichten des Afghanistan
Analysts Networks (< www.afghanistan-analysts.org >) folgende Quellen verwendet (aufgelistet
in alphabetischer Reihenfolge nach Herausgeberschaft und Chronologie, jeweils zuletzt abgerufen am 04.01.2017):
-
Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC), Report on Civilian Casualties in Afghanistan
in 1394, 01.08.2016, < www.aihrc.org.af/
media/files/Research%20Reports/english/Report%20on%20Civilian%20Casualties_1394_English.pdf >
(zit. AIHRC, Report)
-
Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD), ecoi.net-Themendossier
zu Afghanistan: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul, letzte Aktualisierung
16. November 2016, < www.ecoi.net/news/188769::afgha
nistan/101.allgemeine-sicherheitslage-in-afghanistan-chronologie-fuer-kabul.htm >
(zit. ACCORD, Chronologie)
-
ACCORD, Afghanistan; Dokumentation des Expertengespräches mit Thomas Ruttig und Michael Daxner
vom 4. Mai 2016, 06.2016, < www.ecoi.net/file_upload/90_1466684031_dokumentation-coi-seminar-afg-20160623.pdf >
(zit. ACCORD, Expertengespräch)
-
Bertelsmann Stiftung, BTI 2016 - Afghanistan Country Report, 29.02.2016, www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/
BTI_2016_Afghanistan.pdf >
(zit. BTI 2016)
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Central Statistics Organisation (CSO), Estimated Population of Kabul City by District and Sex
2016-17, undatiert, < www.cso.gov.af/en/page/demography
-and-socile-statistics/demograph-statistics/3897111 >
(zit. CSO)
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Danish Refugee Council, Understand and protect Afghan refugees, asylum seekers and migrants, 10.2016,
< drc.dk/media/2799644/understand-and-protect-afghan-refugees-asylum-seekers-and-immigrants-final-ny.pdf >
(zit. DRC, Understand)
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EASO, EASO Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, 11.2016, < www.ecoi.net/file_
upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf >
(zit. EASO 2016)
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Impunity, 03.2015, www.hrw.org/sites/default/files/report_pdf/
afghanistan0315_4up.pdf >
(zit. HRW, Strongmen)
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(zit. UN OCHA, KIS)
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(zit. UNHCR, Guidelines)
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(zit. UNHCR, KIS)
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UN-World Food Programm, WFP Afghanistan - Country Brief, 08.2016, reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Afghanistan%20CB%20August_OIM.pdf >
(zit. WFP Afghanistan)
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Worldbank, Afghanistan, Overview, 02.11.2016, < www.worldbank.org/
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(zit. Wordbank, Overview)
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(zit. Worldbank, Update)
7.
7.1 In
Afghanistan herrscht Krieg. Zu diesem Ergebnis kommt beispielsweise - wie bereits im Jahr 2011
- das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung in seinem Conflict Barometer
2016: Von den 402 Konflikten, die allein für das Jahr 2016 beobachtet und analysiert wurden, werten
die Politikwissenschaftler 38 als "hochgewaltsam" mit massivem Einsatz von organisierter Gewalt
und nachhaltigen Zerstörungen; lediglich 18 dieser "hochgewaltsamen" Konflikte werden
als Kriege eingestuft, darunter jener in Afghanistan (vgl. Conflict Barometer 2016, S. 13 und 171 ff.).
Die politische Entwicklung und die Veränderung der Sicherheitslage in Afghanistan seit 2011
ist vom Erbe Hamid Karzais, von Problemen der im Jahr 2014 gebildeten Regierungskoalition (National Unity
Government [NUG]) und der sich seit Ende des Kampfeinsatzes der International Security Assistance Force
(ISAF) verschlechternden Sicherheitslage geprägt. Seit 2013 wurde die Verantwortung für die
Sicherheit allmählich den ANSF übertragen, die seit dem 1. Januar 2015 alleine für die
Sicherheit verantwortlich sind. Neben diesen Entwicklungen, bestehen weiterhin insgesamt grosse Defizite
bezüglich der Rechtstaatlichkeit, in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte und in der Bekämpfung
der Korruption.
7.2 Nach
zwölfjähriger Amtszeit gab Hamid Karzai, der seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 Afghanistan
präsidierte und zweimal wiedergewählt wurde, im Juni 2014 aufgrund der verfassungsmässigen
Amtszeitbeschränkung seine Präsidentschaft auf. Durch die Einbindung von einflussreichen Vertretern
ethnischer Gruppen, darunter lokale Machthaber und Kriegsfürsten, denen teilweise schwere Menschenrechtsverletzungen
vorgeworfen werden, sicherte Karzai sich seinen Machterhalt und sorgte so für eine gewisse Stabilität
Afghanistans, wobei das Land zwar zusammengehalten, jedoch unter anderem die Korruption gefördert
wurde.
In der Wahl zum Präsidentenamt standen sich Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani in einer Stichwahl
gegenüber, welche beide nicht zur Machtclique Karzais zu zählen waren. Nach einem monatelangen
Streit über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen wurden am 29. September 2014 Ashraf Ghani
als Präsident und Abdullah Abdullah als Regierungsvorsitzender (Chief Executive [CE]) Afghanistans
vereidigt. Bis heute sind aber die Kompetenzen des CE unklar. In den letzten zwei Jahren haben denn auch
die Konflikte innerhalb der Regierung zugenommen, welche sich auch auf die Regierungsbildung und somit
indirekt auch auf die Sicherheitslage sowie auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung auswirken.
Der afghanische Staat vermag nur rund einen Drittel seiner Staatsausgaben durch Steuereinnahmen zu decken,
wobei 42% des ganzen Haushaltsbudgets für Sicherheitskräfte aufgewendet werden. Afghanistan
ist demnach auf grosszügige internationale Unterstützung angewiesen, was verschiedent-lich
zu Abhängigkeiten und Verpflichtungen führt.
Quasi gleichzeitig mit der Regierungsbildung beendete nach 13 Jahren im Dezember
2014 die ISAF ihren
Einsatz in Afghanistan und wurde von der NATO-geführten Resolute Support Mission abgelöst.
Während im Jahr 2011 noch 132'000 Soldaten der ISAF in ganz Afghanistan stationiert waren,
sind es 2016 noch 13'000. Nach Angaben der NATO befanden sich im Juni 2016 12 930 Soldaten
in Afghanistan, wobei über die Hälfte aus den Vereinigten Staaten von Amerika stammen. Die
verbleibenden Offiziere übernehmen lediglich Ausbildungsaufgaben und unterstützen die afghanischen
Truppen auf der taktischen Ebene (vgl. zum Ganzen, Strongmen, S. 41 ff.; DRC, Understand; ICG 2016;
Worldbank, Update, S. 5 ff.; NATO, Mission).
7.3 Im
Krieg in Afghanistan stehen im Wesentlichen zwei regierungsfeindliche Gruppierungen - die Taliban
und der Islamic State in Khorasan Province (ISKP), wie der IS in Afghanistan bezeichnet wird -
den staatlichen Sicherheitskräften gegenüber, wobei auch Kriegsherren respektive lokale Machthaber
und andere Parteien wie zum Beispiel Al Kaida den Krieg beeinflussen.
7.3.1 Im
Juli 2015 gaben die Taliban offiziell bekannt, dass ihr Gründer, Mullah Omar, bereits zwei Jahren
zuvor verstorben war, und liessen gleichzeitig verlautbaren, dass Mullah Akhtar Mansoor die Führung
übernommen habe. Der Führungswechsel verstärkte Spannungen zwischen verschiedenen rivalisierenden
Fraktionen innerhalb der Taliban und führte schliesslich zur Abspaltung einer Gruppe unter Mullah
Muhammad Rasool. In der Folge kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Fraktionen,
bei denen es auch zivile Opfer gab. Im Mai 2016 wurde Mullah Mansoor in der Provinz Belutschistan in
Pakistan getötet. Die Taliban wählten aber kurze Zeit später Maulawi Haibatullah Akhundzadah
als Nachfolger und bestimmten Sirajjudin Haqqani (auch Sirajuddin) und den Sohn von Mullah Omar, Maulawi
Muhammad Yaqoub (auch Yaqoob), zu dessen Stellvertretern (vgl. u.a. LWJ, Rival Taliban).
Trotz dieser Wechsel in der Führung und den Spannungen verzeichnen die Taliban - gemäss
unterschiedlichen Schätzungen heute zwischen 20 000 und 40 000 Mann stark -
seit dem Abzug der internationalen Schutztruppen grosse Gebietsgewinne. Während die Taliban ihre
Präsenz im Süden weiterhin ausbauen, kamen in den letzten zwei Jahren auch grössere Gebietsgewinne
in den nördlichen Provinzen hinzu. Seit 2016 kontrollieren sie nördlich von Kabul wichtige
strategische Gebiete in den Provinzen Balch und Kunduz, wobei sie diese Provinzhauptstadt im Herbst 2015
unerwarteterweise eroberten und zwei Wochen halten konnten. Zudem verübten sie mehrere komplexe
Angriffe in Kabul. Es existieren kaum klare Frontlinien. Die Taliban durchliefen zudem in den letzten
Jahren insbesondere auch auf militärischer Ebene eine Modernisierung respektive Entwicklung und
wandelten sich zu einer heute gut organisierten Bewegung. Die Taliban operierten zunehmend in grossen
Formationen, unterhalten parallele Verwaltungsstrukturen, einschliesslich einer (vergleichsweise populären)
Gerichtsbarkeit sowie eines Steuersystems. Aus diesen einzelnen Indizien und Faktoren lässt sich
schliessen, dass die Taliban in Afghanistan in den letzten Jahren an Einfluss, Macht und Stärke
gewonnen haben (vgl. u.a. ACCORD, Expertengespräch, S. 24 f.).
7.3.2 Neben
den Taliban ist im Zusammenhang mit regierungsfeindlichen Gruppierungen auch der ISKP zu nennen, welcher
zwar erstmals im Januar 2015 öffentlich in Erscheinung trat, sich jedoch bereits seit dem Jahr 2010
insbesondere aus Splittergruppen der Pakistanischen Taliban (TTP) gebildet hat. Seit Januar 2015 kam
es unter den Gruppen, gegenüber den afghanischen Sicherheitskräften sowie gegenüber den
Taliban zu Gefechten und zu Zusammenstössen, worunter auch die Zivilbevölkerung litt, insbesondere
da einzelne Gebiete in Nangarhar und Kunar nahe Kabul abwechselnd von den Taliban und dem ISKP kontrolliert
wurden. Die Vorgehensweise des IKSP ist durch eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber
seinen Gegnern als auch gegenüber der lokalen Bevölkerung und dabei insbesondere auch gegenüber
Frauen, Kindern und Älteren zu beschreiben. Abgesehen von Nangarhar, wohin der ISKP nach dem Eingreifen
von US-Truppen zurückgedrängt wurde, konnte der ISKP aber keine grösseren Gebiete unter
seine Kontrolle bringen. Einzelne Ableger des ISKP traten im Verlauf von 2016 in verschiedenen Provinzen,
wie Helmand, Loghar oder Zabul in Erscheinung, wurden jedoch jeweils von den lokalen Taliban zerschlagen.
Seit Auftreten des ISKP nehmen jedoch konfessionell motivierte Angriffe mit hohen Opferzahlen besonders
in urbanen Gebieten Afghanistans wie Kabul zu, was auch die Vorgehensweise des ISKP zum Ausdruck bringt
(vgl. u.a. Oxford; Landinfo, Hazara, S. 22 ff).
7.3.3 Weiter
konnten als Konfliktparteien lokale Machthaber wie Atta Noor im Norden, Sherzai im Süden und Osten,
sowie Ismail Khan im Westen ihren Einfluss unter der neuen Regierung seit dem Jahr 2014 konsolidieren.
Abdul Rashid Dostum, ein Milizenführer usbekischer Ethnie, bekleidet unter der neuen Regierung zwar
das Amt des Vizepräsidenten, handelt jedoch autonom. Diese lokalen Machthaber gehören auch
weiterhin zu den Antreibern der Gewalt in Afghanistan, wobei sie eigene lokale Milizen zum persönlichen
Machterhalt unterhalten (vgl. Qantara, Warlords).
7.3.4 Diesen
aufständischen Gruppierungen und lokalen Machthabern stehen die ANSF gegenüber, welche sich
aus der Afghan National Army (ANA), der Afghan National Police (ANP) und der Afghan Local Police (ALP)
zusammensetzen. Ende 2014 zählten diese afghanischen Sicherheitskräfte rund 350 000 Personen,
wobei die Anzahl der Truppenstärke sowie bezüglich der Anzahl Todesopfer je nach Quelle stark
variiert. Gemäss verschiedenen Berichten übersteigen jedoch die Opfer- und Desertionszahlen
die Rekrutierungszahlen deutlich (zwei- bis vierfach). Dementsprechend weisen die ANSF grosse Defizite
in den Bereichen Kommando und Kontrolle, Führung, Logistik und Koordination auf. Die Sicherheitskräfte
verstärken bei der Bevölkerung zudem den Eindruck der Verbreitung der Korruption und einer
Kultur der Straflosigkeit innerhalb der Polizei. Daraus schliesst sich, dass die afghanischen Sicherheitskräfte
den der Regierung feindlich gesinnten Konfliktparteien kaum in genügender Weise entgegenzuhalten,
diese zurückzudrängen oder zu kontrollieren vermögen (vgl. dazu auch BTI 2016, S. 5).
7.4
7.4.1 Im
Folgenden wird die Sicherheitslage in Afghanistan genauer beleuchtet, wobei an dieser Stelle anzumerken
ist, dass der Begriff "Sicherheitslage" insbesondere im Afghanistan-Kontext schnell zu Missverständnissen
führen kann, da dieser meist die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle und ziviler Opfer beleuchtet.
Diese Zahl stellt jedoch nur einen Aspekt der Sicherheitslage dar, zu berücksichtigen sind aber
auch die Langzeit- und indirekten Auswirkungen der Gewalt insbesondere auf die Menschenrechtslage. Weiter
erweist es sich als schwierig, von "der" Sicherheitslage in Afghanistan zu sprechen, da sich
die Lage von Provinz zu Provinz unterschiedlich präsentiert, als sehr volatil zu bezeichnen ist
und auch innerhalb einer Provinz stark divergiert (vgl. UNHCR Guidelines, S. 16; KAS, S. 76).
7.4.2 Im
Allgemeinen ist festzustellen, dass sich die Sicherheitslage seit Rückzug der ISAF in allen Landesteilen
verschlechtert hat. Der afghanische Staat hat keine vollständige Kontrolle über sein Territorium.
Insbesondere ist die Lage in den Provinzen Helmand, Nangarhar, Ghazni, Kunduz und Badghis als besonders
fragil zu bezeichnen, wobei aber auch die Taliban in diesen Provinzen nicht über das Gewaltmonopol
verfügen (vgl. BTI 2016, S. 5). Das Jahr 2016 wurde verschiedentlich als das Jahr mit den meisten
sicherheitsrelevanten Zwischenfällen beschrieben, wobei bewaffnete Auseinandersetzungen sowie Explosionen
dabei den grössten Teil ausmachen. Zuvor wurde bereits das Jahr 2015 als das gewaltreichste bezeichnet
(UN GA, Report I und II). Seit dem Übergang der Kontrolle von den ISAF-Kampftruppen auf die ANSF
hat der Konflikt mehr und mehr den Charakter eines Bürgerkrieges angenommen, wovon grosse Teile
des Staatsgebiets direkt von Kampfhandlungen betroffen sind. Hinzu kommen terroristische Anschläge
in den von offenen Gefechten weitgehend ausgenommenen urbanen Zentren. Im Visier stehen vor allem die
Grossstädte Kabul und Kandahar, aber auch kleinere Städte wie Dschalalabad und Kunduz. Im Jahr
2015 nahmen die Taliban 23 von etwa 400 Distriktzentren zeitweilig oder dauerhaft ein - mehr als
in jedem Jahr seit 2001. Zusätzlich ist ihre de-facto-Kontrolle ausgedehnter Gebiete in den meisten
anderen Provinzen schon so ausgeprägt, dass es dort gar nicht mehr zu intensiveren Kämpfen
kommt, wozu die dortige Schwäche der Regierungstruppen und in vielen Distrikten die nur noch symbolische
Präsenz einer Regierungsverwaltung beitragen. In einigen Distrikten verzichten die Taliban darauf,
den letzten Vorstoss zu unternehmen, um keine grösseren Gegenoperationen zu provozieren, oder greifen
auf Bitten der örtlichen Bevölkerung nicht an, um Zerstörungen zu vermeiden. Insgesamt
liegt die Zahl der von Taliban kontrollierten oder akut bedrohten Distrikte schätzungsweise zwischen
60 und 100 Distrikten. Es kann somit ohne Weiteres festgestellt werden, dass die afghanischen Sicherheitskräfte
nicht in der Lage sind, den Taliban standzuhalten. Diesbezüglich ist auch anzumerken, dass ein Grossteil
des Gebietes Afghanistans humanitären Organisationen nicht respektive nur der Afghan Red Crescent
Society (ARCS) zugänglich ist, was die prekäre Situation aufzeigt. Auch die UN verfügt
nur zu den Provinzen Samangan und Bamyan sowie im Wesentlichen in engen Bereichen um die grösseren
Städte herum Zugang zum Territorium (vgl. KAS, S. 89; ACCORD, Expertengespräch, S. 25,
UN OCHA, Acces).
7.4.3 Aufgrund
der strikten Erhebungsstandards der UN, wonach jedes Opfer, um in der Statistik aufgeführt zu werden,
von drei unabhängigen Quellen verifiziert werden muss, können Opferzahlen kaum realitätsgetreu
erfasst werden, da sie insbesondere in ländlichen Gebieten nicht registriert werden. Zudem könnten
diese aufgrund der fehlenden Statistiken kaum in Relation zur Gesamtbevölkerung gesetzt werden.
So ist lediglich festzustellen, dass gemäss verschiedenen Berichten die Opferzahlen in den letzten
Jahren kontinuierlich stiegen und noch nie so hoch gewesen sind. Seit dem Jahr 2009 hat es noch nie so
viele zivile Opfer gegeben wie im Jahr 2016. Verschiedentlich werden zivile Opferzahlen (getötet
und verletzt) zwischen 8000 und 9000 genannt, wobei wie gesagt aufgrund der strengen Statistikanforderungen
und der eingeschränkten gesundheitlichen Versorgungsmöglichkeiten von Verletzten von einer
deutlich höheren Opferzahl ausgegangen werden muss. Auf die blosse Anzahl ist daher kein besonderer
Fokus zu legen (vgl. UNAMA/OHCHR, Annual Report 2016, S. 10 ff., 17; UNAMA, Chief; AIHRC, Report,
S. 12 f.).
7.5
7.5.1 Bezüglich
der humanitären Lage in Afghanistan ist festzustellen, dass es nach wie vor zu Vertreibungen und
grossen Fluchtbewegungen kommt. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und der Zugang zu medizinischer
Versorgung und Bildung ist sehr problematisch. Angriffe auf medizinische Einrichtungen wie zuletzt im
März 2017 in Kabul haben zugenommen. Frauen und Mädchen sind nach wie vor weitgehend von Bildung,
Gesundheitswesen, Einkommensgenerierung und Besitz von Vermögenswerten ausgeschlossen. Darüber
hinaus ist in Afghanistan - soweit messbar - insbesondere nach dem Rückzug der ISAF,
auf deren Versorgung sich ein Grossteil des afghanischen Wirtschaftssystems abstützte, in den Jahren
2014 und 2015 ein Anstieg der Arbeitslosenquote sowie eine sinkende Wachstumsrate zu verzeichnen. Zahlreiche
Sicherheitsbeamte, Übersetzer, Fahrer, Führer und Köche verloren ihre Arbeit, wobei darauf
hinzuweisen ist, dass in Afghanistan ein Erwerbstätiger acht bis zehn Personen unterstützt.
Es muss von einer immensen Arbeitslosenquote ausgegangen werden, wobei diese aufgrund fehlender Daten
kaum erhoben werden kann. Es ist zu erwarten, dass die Zahlen diesen Negativtrend auch für die Jahre
2015 und 2016 bestätigen werden (vgl. ICG 2016; UNAMA/OHCHR, Annual Report 2016, S. 34 f.)
7.5.2 Zudem
ist in Afghanistan von rund 1,2 Millionen intern Vertriebenen auszugehen, wobei allein im Jahr 2015 380'000
Personen neu vertrieben worden sind. Darüber hinaus hat in der zweiten Jahreshälfte 2016 die
Anzahl der Rückkehrenden aus Pakistan aber auch derer aus dem Iran stark zugenommen, wobei bis Ende
2016 mit rund 400 000 bis 600 000 Rückkehrenden aus Pakistan gerechnet wurde, was die
Versorgungslage verschärft und damit die Sicherheitslage verschlechtert haben dürfte. Pakistan
und der Iran stellen seit Jahrzehnten ein Hauptziel für geflohene Afghaninnen und Afghanen dar.
Auch nach dem Ende der Taliban-Herrschaft lebten immer noch mehrere Millionen Menschen aus Afghanistan
im Iran und in Pakistan, wobei es sich heute oftmals auch um zirkuläre Flüchtlinge sowie im
Exil geborene Personen handelt. Der Druck auf sie nimmt insbesondere auch aufgrund politischer Verstimmungen
zwischen den Ländern zu. Aus Pakistan war ein erster Anstieg an Rückkehrenden nach einem von
pakistanischen Taliban in Afghanistan vorbereiteten Terroranschlag an einer Schule in Peshawar Ende 2014
zu verzeichnen. Seither drängten pakistanische Sicherheitskräfte afghanische Flüchtlinge
massiv zur Rückkehr. Der Iran wiederum schickt Tausende Afghanen zum Kampf nach Syrien, wobei die
iranische Regierung afghanischen Flüchtlingen im Gegenzug das Bleiberecht im Iran oder finanzielle
Anreize anbietet. Anderen Flüchtlingen wird aber auch direkt mit Abschiebung gedroht. Die afghanischen
Provinzen Kabul, Kunduz, Baghlan, Laghman und Nangarhar sind besonders von dieser Problematik betroffen.
Da es zudem immer wieder zu Angriffen auf Mitarbeitende von internationalen Hilfswerken kommt, werden
vermehrt nicht-afghanische Mitarbeitende aus Sorge um ihre Sicherheit aus Afghanistan zurückgeholt
und/oder Projekte eingestellt, was als klarer Hinweis auf die prekäre Sicherheitslage gewertet werden
muss. Erst im Februar 2017 wurden bei einem Anschlag auf einen Konvoi des Internationalen Komitees vom
Roten Kreuz (IKRK) sechs Mitarbeitende getötet, woraufhin das IKRK die Arbeit in Afghanistan kurzzeitig
aussetzte (vgl. HRW, World Report, S. 1 ff.; UNAMA/OHCHR, Annual Report 2016, S. 12, S. 43
ff.; HRW, Return, S. 55 ff.; UN GA, Report II, Ziff. 42 ff.; WFP Afghanistan).
7.5.3 Das
Gesundheitssystem Afghanistans ist gezeichnet durch unzureichende Infrastrukturen mit maroden Einrichtungen,
beeinträchtigtem Zugang zu Gesundheitszentren aufgrund der Sicherheitslage, einem chronischen Mangel
an qualifiziertem Personal (vor allem an Frauen), einem schlechten Informationssystem und einer schwachen
Umsetzung der nationalen Gesundheitspolitik. Auch wenn in den letzten Jahren durchaus einige Fortschritte
zu verzeichnen waren, bleibt die afghanische Gesundheitsversorgung unter dem Durchschnitt für Länder
mit niedrigem Einkommen. Neben dem Zugang zur adäquaten Versorgung - wobei viele Afghanen
sich in Pakistan versorgen lassen - sind auch die Kosten der Gesundheitsversorgung, sowohl Medikamentenpreise
als auch Korruption ein Hauptproblem des afghanischen Gesundheitswesens. Letzteres gilt insbesondere
für die Provinzen Kabul und Kunduz (Wordbank, Overview)
7.6 Zusammenfassend
ergibt sich eine deutliche Verschlechterung der Sicherheitslage seit dem letzten Länderurteil des
Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2011 über alle Regionen hinweg. Das Gericht kommt demnach zum
Schluss, dass in weiten Teilen von Afghanistan unverändert eine derart schlechte Sicherheitslage
und derart schwierige humanitäre Bedingungen bestehen, dass die Situation als existenzbedrohend
im Sinne von Art. 83 Abs. 4
AuG zu qualifizieren ist und somit der Wegweisungsvollzug nach wie vor als
unzumutbar zu beurteilen ist.
8.
8.1 Hingegen
sind die Sicherheitslage und die allgemeine humanitäre Situation in Kabul aus verschiedenen Gründen
differenziert und gesondert zu analysieren. Zunächst kam Kabul bereits in der bisherigen Rechtsprechung
ein Sonderstatuts zu, indem der Wegweisungsvollzug bei begünstigenden Umständen als zumutbar
erachtet wurde. Zudem ist Kabul mit Abstand die grösste Stadt Afghanistans und weist auch die grösste
Bevölkerungsdichte auf, was Auswirkungen auf die Einschätzung der Sicherheitslage hat. Die
genaue Bevölkerungszahl Kabuls ist unbekannt, da seit 1979 keine Volkszählung mehr durchgeführt
wurde (wobei auch zu diesem Zeitpunkt nur rund 60% der Distrikte zugänglich waren) und zudem die
Bevölkerung durch die intern Vertriebenen und die Rückkehrenden unkontrolliert wächst
und variiert. So liegen unterschiedliche Schätzungen zwischen 3,8 und 7 Millionen Einwohnerinnen
und Einwohnern vor, wobei Kabul als eine der schnellst wachsenden Städte der Welt gilt. Diese Tatsache
lässt auch die Berechnung von Opferzahlen sowie die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, Opfer eines
sicherheitsrelevanten Vorfalls zu werden, ins Absurde gleiten, weshalb fortfolgend darauf verzichtet
wird (vgl. CSO).
8.2
8.2.1 Die
Sicherheitslage in Kabul unterscheidet sich gegenüber derjenigen in anderen Teilen Afghanistans
dahingehend, dass Kabul wegen der Anzahl Regierungsgebäude, internationaler Organisationen, diplomatischer
Dienste, nationaler und internationaler Sicherheitskräfte sowie aufgrund seiner Urbanität wiederholt
Ziel von medienwirksamen Anschlägen wird. Der ISKP, die Taliban, aber auch andere extremistische
Gruppen machen Kabul zum Ziel komplexer Angriffe oder von Selbstmordanschlägen. In den letzten Jahren
ist denn auch eine deutliche Zunahme von Anschlägen in den urbanen Zentren und dabei insbesondere
in Kabul zu verzeichnen, wobei oft eine hohe Anzahl Zivilpersonen den Anschlägen zum Opfer fallen.
Im Jahr 2016 verging kein Monat ohne grössere Anschläge. So liegt die Hauptgefahr von Zivilisten
in Kabul auch darin, Opfer von Anschlägen gegen eine nationale oder internationale Institution zu
werden (vgl. u.a. Landinfo, S. 10).
8.2.2 An
dieser Stelle wird beispielhaft und in nicht abschliessender Weise auf einige Anschläge seit Juli
2016 in Kabul verwiesen, um die Intensität, Beliebigkeit und Varietät dieser Anschläge
und deren Opfer darzustellen (vgl. insb. ACCORD, Chronologie):
Am 23. Juli 2016 wurden bei zwei Bombenanschlägen auf eine Grossdemonstration schiitischer
Hazara mindestens 80 Personen getötet und 231 weitere verletzt. Es handelt sich dabei um den tödlichsten
Anschlag in Kabul seit dem Jahr 2001. Der IS bekannte sich zu dem Anschlag.
Bei einer Explosion einer Autobombe und einer anschliessenden Schiesserei am 25. August 2016 in
der Amerikanischen Universität in Kabul wurden zwölf Personen getötet. Niemand bekannte
sich zu dem Anschlag.
Am 5. September 2016 wurden bei zwei Bombenanschlägen durch die Taliban mindestens 41 Personen
getötet und 110 verletzt. Am nächsten Tag verübten ebenfalls Taliban einen mehrstündigen
Angriff auf das Kabuler Büro der internationalen Hilfsorganisation CARE, welches sich direkt neben
dem Büro des ehemaligen Geheimdienstchefs befindet. Welchem Ziel der Angriff galt, ist unklar. Mehrere
Personen wurden verletzt.
Am 11. Oktober 2016 eröffnete ein Bewaffneter in einer Uniform der afghanischen Sicherheitskräfte
auf dem schiitischen Karte-Sachi-Schrein das Feuer auf schiitische Gläubige der Volksgruppe Hazara.
Dabei wurden 18 Tote und 54 Verletzte verzeichnet. Der IS bekannte sich zu dieser Tat.
Am 21. November 2016 sprengte sich ein Selbstmordattentäter bei einer schiitischen Moschee
in die Luft. Dabei wurden 32 Tote und 50 Verletzte verzeichnet. Der IS bekannte sich zu dieser Tat.
Am 22. Dezember 2016 griffen bewaffnete Taliban das Haus eines Parlamentsabgeordneten an. Dabei
wurden acht Menschen getötet sowie sechs weitere verletzt, darunter der Parlamentarier und seine
Frau. Nach einer zehnstündigen Belagerung töteten Sicherheitskräfte die drei Angreifer
und befreiten 18 Geiseln.
Am 10. Januar 2017 wurden bei zwei Bombenexplosionen in der Nähe des Parlamentsgebäudes
mindestens 38 Menschen getötet. Mehr als 70 weitere Personen wurden bei diesem offenbar koordinierten
Anschlag getötet, für den sich die Taliban als verantwortlich bezeichneten.
Am 7. Februar 2017 wurden bei einem Selbstmordattentat auf den obersten Gerichtshof mindestens
20 Personen getötet und 41 weitere zum Teil schwer verletzt. Die Taliban bekannten sich zu dieser
Tat.
Am 8. März 2017 drangen mehrere als Ärzte verkleidete IS-Kämpfer in ein Spital
ein und eröffneten das Feuer. 38 Personen starben, Dutzende wurden verletzt.
Am 11. April 2017 wurden mindestens fünf Personen bei einem Selbstmordanschlag des IS auf
eine Polizeistation in Kabul getötet und mehrere weitere verletzt.
Am 3. Mai 2017 wurden bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der Nato-Mission in Afghanistan
mindestens acht Zivilpersonen getötet und rund 25 weitere Personen, darunter drei US-Soldaten, verletzt.
Der IS bekannten sich zu dieser Tat.
Am 31. Mai 2017 wurden bei einem Bombenanschlag im Diplomatenviertel mindestens 90 Personen getötet
und 400 weitere verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich niemand, weder vonseiten der Taliban noch des
IS.
Am 2. Juni 2017 wurden bei gewaltsamen Ausschreitungen bei Protesten als Reaktion auf den Anschlag
vom 31. Mai 2017 mehrere Demonstrierende von der Polizei getötet. Am darauf folgenden Tag kam
es bei einem Begräbnis für einen bei der Demonstration getöteten Mann zu Explosionen,
bei denen mindestens 20 Personen getötet und 119 weitere verletzt wurden.
8.2.3 Bereits
seit August 2008 tragen die ANSF die Hauptverantwortung für die Sicherheit in Kabul. Zum Schutz
vor Anschlägen wurde zwar eine Kette von Polizei- und Militärposten aufgestellt - der
sogenannte "ring of
steel" -, an denen Fahrzeuge, welche ins
Zentrum von Kabul fahren, geprüft werden. Wie an den zahlreichen Anschlägen abgeleitet werden
kann, gelang es Extremisten in der Vergangenheit jedoch, mehrmals ungehindert die Absperrungen mit Sprengstoff
beladenen Fahrzeugen zu passieren. Zudem gibt es Berichte darüber, dass diese Checkpoints zwar am
Tag in Betrieb, in der Nacht jedoch nicht besetzt sind. Anschläge auf vermeintlich sichere Quartiere
in Kabul haben für die extremistischen Gruppen denn auch einen grossen propagandistischen Nutzen.
Es wird davon ausgegangen, dass zumindest die Taliban für die Anschläge in Kabul eine Spezialeinheit
ausgebildet haben und eine solide Präsenz in Kabul aufweisen, wobei sie insbesondere in den Aussenquartieren
an Macht und Handlungsspielraum gewinnen und auch ihre Versorgungswege ins Zentrum sichergestellt sind.
Dies zeigt deutlich, welche grosse Bedeutung Anschlägen in Kabul zukommt. Die Sicherheitslage ist
demnach in Kabul - auch ohne derzeitige direkte Kampfhandlungen - durch die Vielzahl und
die Intensität der Anschläge als äusserst prekär zu bezeichnen (vgl. Landinfo, S. 10;
UNAMA, Midyear Report, S. 7; ISW, Resurgent, S. 19)
8.3
8.3.1 Bezüglich
der humanitären Situation in Kabul ist festzustellen, dass rund 70% der Bevölkerung Kabuls
in "informal settlements" leben, wobei sich die Bezeichnung "informal" in erster
Linie auf die Stadtplanung bezieht und viele dieser Behausungen durch Vereinbarungen zwischen Bewohnern
und Landbesitzern relativ nachhaltig sind. Viele dieser Siedlungen weisen aber einen schlechten oder
keinen Zugang zur grundlegenden Infrastruktur (Strom, Trinkwasser, Abwasser, Verkehrssystem, Bildung
usw.) und eine marode Bauweise auf, welche nur bedingt Schutz vor den klimatischen Bedingungen Kabuls
bietet. Die Lebensbedingungen in diesen "informal settlements" sind insbesondere auch im
Vergleich zu anderen Gebieten Afghanistans allgemein als schlecht zu bezeichnen. Daneben bestehen in
Kabul 51 sogenannte "Kabul Informal Settlements" (KIS), welche verschiedentlich als Slums
im Sinne der UN-HABITAT Definition qualifiziert werden. Knapp die Hälfte aller KIS-Bewohnenden hat
keinen Zugang zu Trinkwasser und genügend Nahrung. Eine überwiegende Mehrheit der KIS-Bewohnenden
sind Rückkehrende aus Pakistan oder dem Iran. Dazu kommt, dass die schwierige wirtschaftliche Lage,
welche das ganze Land seit Abzug der internationalen Truppen betrifft, auch in den urbanen Gebieten wie
Kabul deutlich zu spüren ist.
8.3.2 Ferner
hat auch die generell schlechte verkehrstechnische Versorgungslage wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung
in Kabul, wobei die Distanz zu einem geeigneten Gesundheitszentrum als eine der wichtigsten Hürden
zur Gesundheitsversorgung angegeben wird. Im Jahr 2015 wurden zudem aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen
der afghanischen Regierung und der Weltbank in öffentlichen Spitälern in Kabul mehrere Monate
keine Medikamente an die Patientinnen und Patienten mehr ausgeben. Darüber hinaus schloss das Gesundheitsministerium
wegen schlechter medizinischer Einrichtung neun private Kliniken. Ein Grossteil der Patientinnen und
Patienten kann sich in Kabul aufgrund finanzieller Probleme nicht behandeln lassen (vgl. auch oben E. 7.5.3;
NRC, Urban, S. 10; UNHCR, KIS, S. 2; UN OCHA, KIS, S. 2; RFE/RL, Changing; HRW, Return,
S. 55 ff.).
8.3.3 Kabul
verzeichnete in den letzten Jahren einen sehr grossen Bevölkerungszuwachs, wobei ein Grossteil der
Einwohner nicht in Kabul geboren wurde, sondern aufgrund der Sicherheitslage aus anderen Landesteilen
Afghanistans, aus Pakistan oder dem Iran nach Kabul geflüchtet respektive zurückgekehrt ist.
Dazu kommen Personen, welche sich in Kabul ein besseres wirtschaftliches Fortkommen erhoffen. Die Anzahl
der Rückkehrenden und Internally Displaced People (IDP) ist wie die Gesamtbevölkerung kaum
zu beziffern; allein im Oktober 2016 sollen sich 11 018 Personen neu in Kabul registriert haben,
wobei die Anzahl der unregistrierten Neuankommenden nicht geschätzt werden kann. Zwar haben registrierte
Flüchtlinge grundsätzlich die Möglichkeit von finanziellen und medizinischen Hilfeleistungen
durch UNHCR. Für unregistrierte Flüchtlinge ist die IOM zuständig, wobei diese nur 20-30%
aller Personen mit ihrer Unterstützung erreicht. Zudem erhalten Rückkehrende rund 50 Dollar
vom afghanischen Staat. Keine der Unterstützungsleistungen ermöglicht jedoch die finanzielle
Sicherstellung von Unterkunft und Grundversorgung, weshalb die Mehrzahl dieser Rückkehrenden und
intern Vertriebenen in den KIS lebt. Nichtsdestotrotz haben in Afghanistan Städte wie Kabul generell
eine hohe Anziehungskraft für IDP, die afghanischen Behörden haben jedoch nicht die nötigen
Strategien entwickelt, um mit dieser Entwicklung umzugehen. Rückkehrende und IDP stellen demnach
die Stadtverwaltung neben der prekären Sicherheitslage zusätzlich vor grosse Probleme, nicht
nur in Bezug auf verfügbare Unterkünfte, sondern auch hinsichtlich der sonst schon knapp vorhandenen
Angebote für Arbeitsstellen, Gesundheit, Bildung, Zugang zu sanitären Einrichtungen, Trinkwasser
und so weiter. Diese Zugangsschwierigkeiten bergen unter anderem auch die Gefahr von sozialen Unruhen,
was extremistischen Gruppierungen wiederum in die Hände spielen dürfte. Projekte für die
Unterbringung der Rückkehrenden und IDP seitens der afghanischen Regierung und Stadtverwaltung werden
von lokalen Machthabern und durch die hohe Korruption vereitelt (vgl. E. 7.5.2;
HRW, World Report, S. 1 f.; HRW, Return, S. 55 ff.; UNHCR, Guidelines, S. 29 f.; RFE/RL, Changing;
UN OCHA, IDP).
8.4
8.4.1 Nach
dem Gesagten stellt sich zum heutigen Zeitpunkt sowohl die Sicherheitslage, welche als volatil und von
zahlreichen Anschlägen geprägt zu bezeichnen ist, als auch die humanitäre Situation in
Kabul im Vergleich zu der in BVGE 2011/7 beschriebenen Situation klar verschlechtert dar. Die Lage in
Kabul ist daher grundsätzlich als existenzbedrohend und somit unzumutbar im Sinne von Art. 83 Abs.
4
AuG zu qualifizieren. Von dieser Regel kann abgewichen werden, falls besonders begünstigende Faktoren
vorliegen, aufgrund derer ausnahmsweise von der Zumutbarkeit des Vollzugs ausgegangen werden kann.
Wie bereits in BVGE 2011/7 festgestellt, kann der Vollzug der Wegweisung zumutbar
sein, wenn im Einzelfall
besonders günstige Voraussetzungen vorliegen, und die nach Kabul zurückkehrende Person demnach
ausnahmsweise nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Solche günstigen Voraussetzungen
können grundsätzlich namentlich dann gegeben sein, wenn es sich beim Rückkehrer um einen
jungen, gesunden Mann handelt. Unabdingbar ist in jedem Fall ein soziales Netz, das sich im Hinblick
auf die Aufnahme und Wiedereingliederung des Rückkehrenden als tragfähig erweist. Dieses soziale
Netz muss dem Rückkehrenden insbesondere eine angemessene Unterkunft, Grundversorgung sowie Hilfe
zur sozialen und wirtschaftlichen Reintegration bieten können. Allein aufgrund von losen Kontakten
zu Bekannten, Verwandten oder auch Mitgliedern der Kernfamilie, bei welchen insbesondere das wirtschaftliche
Fortkommen sowie die Unterbringung ungeklärt sind, ist nicht von einem tragfähigen sozialen
Beziehungsnetz auszugehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Personen, bei welchen Kabul lediglich
eine Aufenthaltsalternative darstellt und die somit kaum oder nie in Kabul gelebt haben, eine Bejahung
eines solchen tragfähigen sozialen Netzes noch grösserer Zurückhaltung bedarf. Ebenso
ist entscheidrelevant, über welche Berufserfahrung die rückkehrende Person verfügt beziehungsweise
inwiefern eine wirtschaftliche Wiedereingliederung mit einer bezahlten Arbeit im Zusammenspiel mit dem
Beziehungsnetz begünstigt werden kann. Angesichts der festgestellten Verschlechterung der Lage in
Kabul, versteht es sich von selbst, dass das Vorliegen dieser strengen Anforderungen in jedem Einzelfall
sorgfältig geprüft wird und diese erfüllt sein müssen, um einen Wegweisungsvollzug
nach Kabul als zumutbar zu qualifizieren.
8.4.2 Zusammenfassend
ergibt sich, dass eine Wegweisung nach Kabul lediglich bei Vorliegen besonders günstiger Voraussetzungen
- so insbesondere alleinstehende, gesunde Männer mit einem tragfähigen Beziehungsnetz,
einer Möglichkeit zur Sicherung des Existenzminimums und einer gesicherten Wohnsituation -
als zumutbar zu qualifizieren ist.
9.
Die
Frage, ob hinsichtlich der im Norden gelegenen Stadt Mazar-i-Sharif sowie der zweitgrössten Stadt
Afghanistans, Herat, in Bezug auf die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs Ähnliches gesagt
werden
könnte wie zu Kabul, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, weil der Beschwerdeführer
keinerlei
Bezug zu diesen Städten Afghanistans hat.
10.
10.1 Der
Beschwerdeführer macht geltend, er sei in der Provinz Ghazni aufgewachsen, wobei er ein Jahr im
frühesten Kindesalter in Kabul gelebt habe, er sich jedoch daran nicht mehr erinnere. Seine diesbezüglichen
Antworten auf die Herkunftsfragen erscheinen insbesondere aufgrund der Substanziiertheit und des Detailierungsgrades
denn auch als glaubhaft (vgl. unter anderem act. SEM A17/19 F30 ff, F62 ff., F78 ff.). Die Vorbehalte
des SEM bezüglich seines Alters und seines familiären Umfelds, welche dieses erst im Rahmen
des Schriftenwechsels äussert, sind insofern nicht von Belang, als es dabei um das Bestehen eines
tragfähigen Beziehungsnetzes in der Provinz Ghazni geht, wohin sich ein Wegweisungsvollzug als generell
unzumutbar erweist (vgl. oben E. 7.6).
10.2 Aber
auch die vom SEM genannte Aufenthaltsalternative in Kabul erweist sich nach dem Gesagten im vorliegenden
Fall als unzumutbar, wobei offengelassen werden kann, ob die Mutter des Beschwerdeführers in Kabul
oder in C._______ lebt und ob und wie häufig ein Kontakt zur Schwester in Kabul besteht. Glaubhaft
ist, dass sowohl die Mutter als auch die Schwester in den Familien ihrer Ehemänner leben. Von einer
Unterkunftsmöglichkeit und Reintegrationshilfe für den volljährigen Sohn respektive Bruder
kann ohne weitere diesbezügliche Hinweise in casu nicht ausgegangen werden. Ferner ist beachtlich,
dass Kabul für den Beschwerdeführer lediglich als Aufenthaltsalternative in Betracht zu ziehen
wäre, da er sich nie wissentlich in Kabul aufgehalten hat. Weitere soziale Kontakte zu in Kabul
lebenden Personen bestehen demnach nicht. Vorliegend ist daher bereits das Bestehen eines tragfähigen
sozialen Netzes zu verneinen. Auch seine beschränkte Berufserfahrung als Landwirt vermag im Falle
des Beschwerdeführers den Wegweisungsvollzug in der Gesamtabwägung nicht als zumutbar erscheinen
zu lassen. Andere individuelle besonders günstige Vor-aussetzungen sind nicht ersichtlich.
10.3 Daraus
folgt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Kabul aufgrund des ungenügenden
sozialen Netzes in Kabul, der fehlenden Berufserfahrung sowie dem Fehlen von anderen besonders günstigen
Vor-ausserzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.
Der Wegweisungsvollzug ist demnach als unzumutbar im Sinne von Art. 83 Abs. 4
AuG zu qualifizieren. Der
Antrag, die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, ist bei diesem Verfahrensausgang
abzuweisen.
10.4 Den
Akten lassen sich keinerlei Hinweise entnehmen, wonach der Beschwerdeführer einen der Tatbestände
von Art. 83 Abs. 7
AuG (Ausschluss von der vorläufigen Aufnahme) erfüllen würde.
11.
Die
Beschwerde ist demnach gutzuheissen, die Dispositivziffern 4 und 5 der Verfügung vom 24. August
2016 sind aufzuheben und das SEM ist anzuweisen, den Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges
in der Schweiz vorläufig aufzunehmen.
12.
12.1 Bei
diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1
VwVG).
12.2 Dem
vertretenen Beschwerdeführer ist angesichts seines Obsiegens in Anwendung von Art. 64
VwVG
und Art. 7 Abs. 1
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR
173.320.2) eine Entschädigung für die ihm notwendigerweise
erwachsenen Parteikosten zuzusprechen. Es wurde keine Kostennote zu den Akten gereicht. Der notwendige
Vertretungsaufwand lässt sich indes aufgrund der Aktenlage zuverlässig abschätzen, weshalb
auf die Einholung einer solchen verzichtet werden kann (Art. 14 Abs. 2
in fine VGKE). Gestützt
auf die in Betracht zu ziehenden Bemessungsfaktoren (Art. 9
-13
VGKE) ist das SEM anzuweisen,
dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1300.- auszurichten.
(Dispositiv nächste Seite)